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Dienstag, 31. Oktober 2023

Neues aus Synodalien: Das große Zappeln

I. 

27 Bistümer hat die katholische Kirche auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland, sieben davon sind Erzbistümer. Derzeit sind allerdings die erzbischöflichen Stühle von Paderborn und Bamberg sowie der Bischofssitz von Osnabrück unbesetzt, auch der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, erreicht in Kürze die übliche Altersgrenze und hat bereits seinen Rücktritt eingereicht. Eine solche Zahl gleichzeitig vakanter Bischofsstühle in einem Land ist vielleicht nicht gerade häufig, aber ein singulärer Fall ist es nun auch nicht gerade; ebenso wenig, dass es schon mal ein Jahr oder länger dauern kann, bis ein Bischofsstuhl neu besetzt wird. Man kann jedoch gut nachvollziehen, dass in der derzeitigen kirchenpolitischen Lage in Deutschland das Warten auf neue Bischofsernennungen von besonderer (An-)Spannung geprägt ist; denn wie, d.h. mit wem die leeren Stühle besetzt werden, könnte sich als Richtungsentscheidung darüber erweisen, wie es mit dem Schismatischen Weg in Deutschland weitergeht. 

Symbolbild: Wie der Synodale Weg von seinen Anhängern gesehen wird vs. Wie der Rest der Welt ihn sieht.

Bei häretisch.de, der führenden Propagandapostille der Synodalschismatiker, verliert man jedenfalls allmählich die Geduld. In jüngster Zeit sind dort einige Artikel erschienen, in denen eine baldige Neuvergabe der betreffenden Bischofstitel angemahnt wird; den vorläufigen Höhepunkt dieser Kampagne stellt ein in der prestigeträchtigen Rubrik "Standpunkt" erschienener Kommentar des Redaktionsmitglieds Tobias Glenz dar, dessen vorwurfsvoll tönende Überschrift lautet: "Keine neuen Bischöfe – Der Papst lässt Deutschland zappeln". Der Text beginnt mit einem Einblick in den beruflichen Alltag eines für eine "kirchliche Nachrichtenseite" tätigen Journalisten, zu dessen täglicher Routine es gehöre, das "Bollettino Sala Stampa della Santa Sede" zu konsultieren. Das lange, bislang vergebliche Warten darauf, dass in dieser Quelle Bischofsernennungen für Deutschland bekanntgegeben werden, veranlasst Glenz zu der Frage: "Worauf wartet Papst Franziskus?" – Der häretisch.de-Redakteur räumt zwar ein, "[a]ufgrund des Mitspracherechts der Ortskirchen durch die Konkordate" dauere es "hierzulande häufig länger mit den Bischofsernennungen"; gleichwohl findet er, "in der Summe" wirkten "die päpstlichen Nicht-Entscheidungen dann doch verdächtig". Das ist eine interessante Wortwahl; aber wie lautet der finstere Verdacht, den Glenz gegen den Nachfolger Petri im Herzen trägt, denn nun konkret? Halte dich fest, Leser – er lautet: 

"Hat er [= Papst Franziskus] gar etwas gegen die Kirche in Deutschland?" 

Nein!! 
Doch!!! 
Ohhh!!!! 

Es wird daran erinnert, dass "das Verhältnis von Rom und deutscher Kirche zuletzt nicht spannungsfrei" gewesen sei: "Man denke an die zahlreichen vatikanischen Stoppschilder zu Reformideen des Synodalen Wegs. Dazu zählte übrigens auch die der Laienbeteiligung an Bischofswahlen." Ach guck. "Will der Papst also die Kirche in Deutschland abstrafen? Will er sie handlungsunfähig machen?" Wär ja mal was. "Oder finden sich schlicht keine geeigneten Kandidaten? Gut möglich wäre, dass der Vatikan eine Neuausrichtung oder zumindest eine liberal-konservative Ausgewogenheit des deutschen Episkopats im Blick hat" – und das wäre natürlich fatal! – Im Ernst: An der einen oder anderen dieser Spekulationen mag wohl etwas dran sein, auch wenn ich das durchaus nicht für zwingend halte. Dass Glenz indes so überzeugt scheint, dass es aus synodalbewegter Sicht nur Schlechtes bedeuten könne, wenn die Ernennung neuer Bischöfe für die vakanten deutschen Diözesen so lange auf sich warten lässt, könnte man einerseits durchaus als Zeichen der Hoffnung für glaubenstreue Katholiken betrachten; andererseits gibt es zu denken, wie unverhohlen ein Nachrichtenportal, das sich katholisch nennt, den Papst schlechtzumachen sucht. Einen Papst wohlgemerkt, der lange Zeit als Hoffnungsträger der "Progressiven" wahrgenommen wurde. Wenn Glenz anmerkt "Freunde macht sich Franziskus nicht, wenn er die deutsche Kirche weiterhin zappeln lässt", klingt das schon mehr als nur ein bisschen nach dem Versuch einer Drohung: Hübsche Weltkirche haben Sie da. Wäre doch ein Jammer, wenn ihr etwas zustieße. 


II. 

Derweil ist das Erzbistum Berlin offenkundig fleißig dabei, die Ergebnisse der Synodalversammlungen des Schismatischem Weges mit seinem very own "Pastoralen Prozess Wo Glauben Raum gewinnt" (der heiklerweise noch vom inzwischen zum Erzfeind der Synodalbewegten gewandelten Kardinal Woelki angestoßen wurde) zu synchronisieren; und diesem Anliegen ist offenbar auch die Zeitschrift "Auf dem Weg" gewidmet, deren neueste Ausgabe (mit dem Titel-Motto "Über den Kirchturm hinaus") ich neulich in Herz Jesu Tegel habe ausliegen sehen. Mitgenommen habe ich mir das Heft zunächst vor allem deshalb, weil ich es interessant fand, für was für Zwecke das krisengeplagte Erzbistum dann doch Geld übrig hat; inhaltlich findet sich darin indes durchaus auch Manches, was einen Kommentar verdient – so z.B. ein Artikel über die "Entwicklung eines modernen Ehrenamtsmanagements für eine Engagement-freundliche Kirche" –, aber dazu lieber ein andermal; vorerst möchte ich mich mal auf einen vom Generalvikar des Erzbistums, Pater Manfred Kollig SSCC, verfassten Leitartikel konzentrieren. 

Wie mancher Leser sich erinnern wird, war ich Ende April bei einer Veranstaltung in Falkensee, bei der Pater Kollig auf Einladung der Gruppe "Synodale Gemeinde/Maria 2.0 in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland" über die Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Wegs im Erzbistum Berlin sprach. Wie ich seinerzeit notierte, präsentierte sich der Generalvikar bei dieser Veranstaltung einerseits als engagierter Fürsprecher des Synodalen Wegs, zeigte sich andererseits aber erkennbar bemüht, "den Anliegen und den Beschlüssen des Synodalen Wegs eine moderate und rechtgläubige Ausdeutung zu geben" – eine Strategie, von der ich festhielt, dass ich sie nicht als sonderlich "überzeugend und erfolgverheißend" betrachtete. – "Ich zweifle nicht an den guten Absichten unseres Erzbischofs und unterstelle auch seinem Generalvikar keine bösen", fügte ich hinzu; die letztere Aussage möchte ich nun etwas zu präzisieren: Ich bin bereit zu glauben, dass Generalvikar Kollig selbst seine Absichten für gut hält, aber ich halte das für einen Irrtum. 

"Auf die Hinterbeine – Ein leiser Zwischenruf" ist sein Leitartikel auf S. 20 des Hefts "Auf dem Weg – Über den Kirchturm hinaus" betitelt; und das mit dem "leisen Zwischenruf" ist ja schon mal Quatsch. Der Mann ist der Verwaltungschef des ganzen Erzbistums; wenn der mit dem Gestus auftritt, in aller Bescheidenheit nur mal etwas zu bedenken geben zu wollen, dann muss man sich schon fragen, wem er damit eigentlich etwas vormachen will. Und was hat es nun mit den "Hinterbeinen" auf sich? Nun ja: Im einleitenden Absatz entdeckt P. Kollig seinen inneren Hermann Löns und schildert, wie er "[a]uf dem morgendlichen Weg zur U-Bahn" (Oh, er fährt U-Bahn! Wie volksnah und zugleich unweltbewusst!) "zwei Wildhasen" beobachtet,  "die, auf zwei Beinen stehend, sich ausstrecken nach den über ihnen hängenden grünen Blättern". Was man halt so schreibt, wenn man gern einen induktiven Einstieg bringen möchte, einem aber nichts Gescheites einfällt und die Deadline näher rückt. – "Vielleicht ist das ein gutes Bild für das, was in unserer Kirche weltweit ansteht." Ach so? 

"Vielerorts haben sich die Mitglieder der Katholischen Kirche gut eingerichtet", führt P. Kollig aus. "Die grünen Äste der Finanzen hingen tief genug, um im Sitzen heranzukommen. Seit Kaiser Konstantin und der Mailänder Vereinbarung aus dem Jahr 313 lebt die Kirche in vielen Ländern dieser Welt in einer gewissen Komfortzone." Wollte man den Generalvikar hier beim Wort nehmen, müsste man ihm hier ein bizarr übersimplifiziertes Geschichtsbild vorwerfen – als hätte es die Völkerwanderung, den Investiturstreit, die Reformation, die Säkularisationen – um nur mal ein paar Stichworte zu nennen – nie gegeben. Aber seien wir mal nicht so kleinlich und konzentrieren wir uns darauf, was P. Kollig eigentlich sagen will, nämlich: "Diese komfortable Situation bricht derzeit weg." Auch da könnte man sagen, ganz so neu sei es ja nun nicht, dass die Kirche, gerade in der westlichen Welt, an Prestige und gesellschaftlichem Einfluss verliert; aber es mag schon sein, dass dieser Niedergang der alten Herrlichkeit erst neuerdings ein Ausmaß erreicht hat, das den Herren in den Führungsetagen der Bistümer ungemütlich wird. In solchen Zeiten, so meint P. Kollig, kann die Kirche nicht gemütlich auf dem Hosenboden sitzen bleiben, sondern muss sich wie die eingangs geschilderten Hasen auf die Hinterbeine stellen

Klingt soweit ganz vernünftig? Nun ja: 's kommt halt, wie immer, drauf an, was man konkret darunter versteht. Mir zum Beispiel fiel dazu direkt die Freiburger Konzerthausrede Papst Benedikts XVI. ein: Dort hieß es, gegen die "Tendenz, dass die Kirche zufrieden wird mit sich selbst, sich in dieser Welt einrichtet, selbstgenügsam ist und sich den Maßstäben der Welt angleicht", komme "[d]ie Geschichte [...] der Kirche in gewisser Weise durch die verschiedenen Epochen der Säkularisierung zur Hilfe, die zu ihrer Läuterung und inneren Reform wesentlich beigetragen haben": 

"Die Säkularisierungen – sei es die Enteignung von Kirchengütern, sei es die Streichung von Privilegien oder ähnliches – bedeuteten nämlich jedesmal eine tiefgreifende Entweltlichung der Kirche, die sich dabei gleichsam ihres weltlichen Reichtums entblößt und wieder ganz ihre weltliche Armut annimmt. [...] Die geschichtlichen Beispiele zeigen: Das missionarische Zeugnis der entweltlichten Kirche tritt klarer zutage. Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein." 

Will also auch P. Kollig auf ein Programm der Entweltlichung hinaus? Nein, ganz im Gegenteil. Wenn er den "Katholikinnen und Katholiken" rät, sie müssten sich "auf die Hibterbeine stellen" wie die Hasen, meint er damit, sie sollten sich dorthin "ausstrecken [...], wo an weltlichen Bäumen frisches Grün wächst". Konkret heißt das, es sei "wichtiger, dass sich Katholikinnen und Katholiken in der Feuerwehr und beim Roten Kreuz, in Sportvereinem und politischen Bewegungen oder Parteien engagieren, als eigene Gruppen zu gründen oder zu erhalten". Die reinste "Anti-Benedikt-Option" also; aber neu sind solche Ideen durchaus nicht: Ziemlich genau dasselbe sagte der Theologe Norbert Greinacher schon 1968 in einem Vortrag mit dem Titel "Ja zur weltlichen Welt" beim Katholikentag in Essen. Dem Ansinnen, "eine katholisch-kirchliche Sonderwelt inmitten der übrigen Welt errichten zu wollen, angefangen vom katholischen Sportverein über ein katholisches Ferienwerk und eine katholische Tageszeitung bis hin zu einem katholischen Briefmarkenclub", setzt Greinacher die Forderung nach einer "säkulare[n] Diakonie" (!) entgegen, einem "Dienst der Kirche an dieser Welt und diesen Menschen"; "zunächst und vor allem", so meint er, müsse es dee Kirche "um die Interessen aller Menschen gehen, mit denen wir heute in diesem Lande zusammenleben", ja "um die Interessen und das Glück aller unserer Mitmenschen". 

Der Vergleich mit diesem Vortrag aus dem Jahr 1968 macht deutlich, wie anachronistisch und damit im Grunde realitätsfern Pater Kolligs Forderungen sind. Kurz nach dem II. Vatikanischen Konzil konnte die These, die Kirche habe bisher (oder bis vor kurzem) zu sehr in einer Eigenwelt abseits der säkularen Gesellschaft gelebt, vielleicht noch eine gewisse Plausibilität beanspruchen; aber heute? Kann man sich die Kirche in ihrem heutigen Zustand ansehen und ernsthaft zu dem Schluss kommen, was sie nötig habe, sei, noch weltlicher zu werden? Hier wie auch sonst des öfteren drängt sich der Eindruck auf, dass vieles, was in der Kirche als "progressiv" gilt, tatsächlich ein Relikt der 60er und 70er Jahre ist; aber auch davon abgesehen müssten sich sowohl Greinacher als auch Kollig fragen lassen: Wie sollte die Kirche in der Lage sein, "das Weltliche zu beeinflussen", wenn sie sich selbst den Maßstäben der Welt angleicht? Ist nicht, "damit Kirche in der Welt wirkt", gerade die Differenzerfahrung zwischen Kirche und Welt wesentlich? Und wie sollte man missionarisch wirken können, wenn man eingestandenermaßen nicht weiß, "was man glauben muss oder woran man zweifeln sollte", bzw. wenn man schon die Prämisse, dass ein solches Wissen geben könne und müsse, als Anmaßung zurückweist? Was könnte bei diesem Programm der entschlossenen Verweltlichung überhaupt anderes herauskommen als eine Kirche, die sich im Säurebad der säkularen Gesellschaft rückstandsfrei auflöst? 

Ich habe schon ein paarmal von verschiedenen Personen die Einschätzung gehört, Pater Kollig betreibe sein Amt als Generalvikar vorrangig mit der Abrissbirne, aber allmählich muss man sich doch mal fragen, was er überhaupt noch von der Kirche übrig zu lassen gedenkt. Natürlich hat es eine gewisse Folgerichtigkeit, dass man, wenn man den Auftrag der Kirche darauf reduziert, eine zivilgesellschaftliche Institution unter vielen zu sein, früher oder später zu der Erkenntnis kommt, dass sie als solche eigentlich niemand braucht; aber wie soll man mit einer solchen Einstellung sinnvoll ein kirchliches Amt ausüben können? Und wozu dann überhaupt noch diese gewiss nicht billige Image-Broschüre? Wie erwähnt, gibt es in diesem Heft auch einen Beitrag über die "Entwicklung eines modernen Ehrenamtsmanagements für eine Engagement-freundliche Kirche"; den werde ich mir ein andermal genauer ansehen müssen, möchte aber doch jetzt schon prognostizieren, dass es in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Intention dieses Artikels stehen dürfte, wenn der Generalvikar den Lesern nonchalant zu verstehen gibt, sie sollten sich lieber woanders engagieren als in der Kirche. 


III. 

Abschließend sei noch eine Kuriosität erwähnt: Während ich an diesem Blogartikel arbeitete, schlug mir Google einen weiteren Beitrag aus der Standpunkt-Rubrik von häretisch.de vor – verfasst von Dominik Blum, Pastoraler Koordinator in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück, den ich auf meinem Blog schon ein paarmal am Wickel hatte; als er noch für das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta arbeitete, hatte ich sogar mal persönlich das Vergnügen mit ihm, bei einer Pfarrversammlung in Nordenham. – "Die Kirche braucht dringend mehr heilige Ehepaare", lautete die Überschrift von Blumes "Standpunkt" – und ich dachte etwas verblüfft: Ja, stimmt. Aber wie man sich wohl hätte denken können, meint Dominik Blum diesen Satz anders, als ich ihn spontan verstanden habe. Ihm geht es nicht darum, katholische Ehepaare zu einem verstärkten Streben nach Heiligkeit zu motivieren, sondern er meint, die Kirche solle mehr Ehepaare heiligsprechen. Heiliggesprochene Ehepaare gebe es insgesamt zu wenige, und die wenigen, die es gebe – als Beispiele nennt Blum die Hll. Chrysanthus und Daria und die Hll. Louis und Zélie Martin – seien zudem als Vorbilder für ein normales Eheleben ungeeignet. 

Tja. Ich muss sagen, ich finde diese Differenz zwischen meinem Verständnis dieser Überschrift und dem, was Blum tatsächlich damit meint, ausgesprochen illustrativ dafür, wie weit die Vorstellungen darüber, wer oder was "die Kirche" ist, was sie "dringend braucht" und was "heilig" bedeutet, auseinandergehen. Ich würde noch weiter gehen und sagen, es zeigt, wie vernagelt die Leut' auf der mittleren Funktionärsebene der Kirche sind, in was für verkehrten Strukturen und Kategorien ihr Denken gefangen ist. Wobei man wohl sagen muss, dass dieses "mindset", wie der Angloamerikaner sagt, durchaus nicht auf die mittlere Funktionärsebene beschränkt ist: Nicht selten setzt es sich auch in den unteren Ebenen fort, bis hin zu den (haupt- wie ehrenamtlichen) Mitarbeitern der Pfarreien; das hat mir nicht zuletzt das jüngst durchlittene Pfarrbrief-Krisengespräch in Tegel wieder einmal in aller Deutlichkeit gezeigt, aber dazu demnächst mehr. Jedenfalls braucht man sich kaum zu wundern, dass diese Leute einen anschauen wie der Ochs vorm Berg, wenn man versucht, mit ihnen über Inhalte der katholischen Glaubenslehre, über den Verkündigungsauftrag der Kirche oder gar über so etwas wie Neuevangelisierung zu sprechen: Genausogut könnte man chinesisch mit ihnen sprechen. – Aber auch das wird man, wie schon angedeutet, mal an anderer Stelle vertiefen müssen... 



Samstag, 28. Oktober 2023

Creative Minority Report Nr. 1

Herzlich willkommen beim neuen Wochenbriefing, Leser! Heute ist das Fest der Apostel Simon und Judas, und das ist für meine Liebste und mich insofern ein bedeutsames Datum, als wir heute vor zwei Jahren einvernehmlich den Entschluss gefasst haben, hinsichtlich unseres Engagements in Sachen Laienapostolat den Staub der Pfarrei Herz Jesu Tegel (jetzt St. Klara Reinickendorf-Süd) von unseren Schuhen zu schütteln und uns ein neues Feld für unsere Aktivitäten zu suchen. Darüber, wie viel wir damit in den seither ins Land gegangenen zwei Jahren erreicht haben, mag sich der geneigte Leser selbs8t ein Urteil bilden; unabhängig davon habe ich seit Beginn des Rosenkranzmonats so eine eigentümliche Vorahnung, dass große Dinge bevorstehen, und da trifft es sich ja wohl ganz gut, unter einem neuen Reihentitel eine neue Ära der Wochenbriefings einzuläuten. Also zur Sache! 


Was bisher geschah 

Am Sonntag wurde unser Tochterkind sechs Jahre alt, und die Vorbereitungen auf diesen großen Tag hielten uns schon einige Tage vorher ordentlich auf Trab (s. "Ein offenes Haus – reloaded"). Am selben Tag hatten meine Liebste und ich äußerdem Kupferne Hochzeit, aber das ging im Kindergeburtstags-Trubel ein bisschen unter. Ist aber nicht schlimm: Eh' man sich's versieht, sind die Kinder so groß, dass sie ihren Geburtstag lieber ohne die Eltern feiern wollen, und dann werden wir unsere Hochzeitstage in trauter Zweisamkeit feiern, wie sich das gehört. – Im Übrigen sind in Berlin und Brandenburg jetzt erst mal Herbstferien, das heißt, meine Liebste muss nicht zur Arbeit und das Tochterkind nicht zur Schule (wobei von "zur Schule müssen" bei ihr ja eigentlich gar keine Rede sein kann, im Gegenteil, wir können schon froh sein, wenn sie nicht allzu traurig darüber ist, in den Ferien nicht zur Schule zu dürfen). Wir haben in den zurückliegenden Tagen also ziemlich viel "Familienzeit" gehabt; zu besonders herausragenden Aktivitäten waren wir nach der großen Kindergeburtstags-Action erst mal nicht aufgelegt, außer dass die Liebste und die Kinder am Mittwoch in den Zirkus gingen – da ging ich aber nicht mit. Am Donnerstag vormittag war ich mit dem Tochterkind in Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee/Eberswalder Straße/Kastanienallee) unterwegs und sah dabei erstmals im öffentlichen Raum ein Rekrutierungsplakat der "Letzten Generation" (vulgo "Klima-Kleber") – woran wohl deutlich wird, dass ich nicht mehr so oft in solchen Gegenden unterwegs bin wie früher... Auf einige Gedanken, die sich mir beim Anblick dieses Plakats aufdrängten, werde ich aus Platz- und Zeitgründen wohl nächste Woche zurückkommen müssen. – Am Freitag, also gestern, stand dann mal wieder etwas Spannendes in meinem Terminkalender: In Herz Jesu Tegel gibt es – ich bin geneigt zu sagen: wieder einmal – Streit um die Ausrichtung des Pfarrbriefs; nun war ein Krisengespräch anberaumt worden, und eine der Konfliktparteien hatte mich eingeladen, daran teilzunehmen, da sie sich von mir Unterstützung für ihre Position erhoffte. Da ich ja nun auch so meine Erfahrungen mit dieser Pfarrbriefredaktion habe, nahm ich diese Einladung gern an; aber auch darauf werde ich aus den besagten Platz- und Zeitgründen im nächsten Wochenbriefing zurückkommen müssen, und auf die tieferen Hintergründe vielleicht sogar in einem separaten Artikel. Vorerst nur soviel: Das Ergebnis der Sitzung war zwar vorhersehbar – die Pfarrbriefredaktion ist überzeugt, dass sie alles richtig macht und sich von niemandem reinreden zu lassen braucht –, aber der Verlauf der Debatte war absurdes Theater vom Feinsten, einschließlich eines Auftritts des Pfarrers als Springteufelchen aus der Kiste. (Das kann ich umso ungenierter schreiben, als der Pfarrer mir bei dieser Gelegenheit versicherte, er lese meinen Blog "sowieso nicht". Dass er diese Mitteilung so wichtig fand, dass er dafür mitten in seinem dramatischen Abgang noch einmal umkehrte, wirft nun auch wieder Fragen auf, aber dazu, wie gesagt, demnächst mehr.) 


Was ansteht 

Im Baumhaus, wo wir schon wieder allzu lange nicht mehr waren, ist heute "Community Day & Night", und es steht durchaus die Möglichkeit im Raum, dass wir da nach der Veröffentlichung dieses Artikels noch hinfahren, zum Abendessen und um an der "News You Can Use"-Runde teilzunehmen; vielleicht aber auch nicht – in den nächsten Wochen folgen noch ein paar weitere interessante Gelegenheiten für einen Besuch dieser Location. Ansonsten ist die kommende Woche geprägt vom "Herbst-Triduum" (Halloween, Allerheiligen, Allerseelen); detaillierte Pläne haben wir noch nicht gemacht, allerdings hoffe ich, dass wir es schaffen werden, an mindestens zwei dieser drei Tage in Haselhorst und/oder Siemensstadt zur Messe zu gehen. Im Übrigen sei hier einmal mehr auf die Bedingungen zur Erlangung des Allerseelenablasses hingewiesen. – Was die Woche sonst noch bringt, wird sich zeigen; aber dass mir der Stoff zum Bloggen ausgehen könnte, steht definitiv nicht zu befürchten... 


Ein offenes Haus – reloaded 

Langjährige Leser werden sich vielleicht noch an den Artikel über unsere Wohnungseinweihung vor über sechs Jahren erinnern; darin bezeichnete ich es gleich einleitend als eine besonders erfreuliche Eigenschaft unserer damals neuen Wohnung, dass wir darin "Besuch empfangen können", was "in der alten Wohnung schon aus Platzgründen schlechterdings nicht möglich" gewesen sei. Im weiteren Verlauf des Artikels folgten dann noch einige Anmerkungen dazu, dass Gastfreundschaft nicht von ungefähr ein wichtiger Bestandteil der Benedikt-Option sei und wie sehr wir uns, nachdem uns der "Wohnungseinweihungs-Tag ausgesprochen viel Freude bereitet" habe, darauf freuten, in Zukunft öfter Gäste zu empfangen. Gemessen daran muss man feststellen, dass wir in den zurückliegenden Jahren längst nicht so viel Besuch in unserer Wohnung empfangen haben, wie man denken könnte und wie wir uns das wohl auch selbst vorgestellt hätten. Zum Teil lag das sicherlich daran, dass ein nicht ganz geringer Teil dieser Zeitspanne von der Corona-Pandemie geprägt war; zu einem anderen und vielleicht noch entscheidenderen Teil aber daran, dass weder meine Liebste noch ich besonders gut darin sind, die Unordnung, die in einem Haushalt mit zwei kleinen Kindern nahezu unvermeidlich entsteht, in annähernd demselben Tempo, wie sie entsteht, wieder zu beseitigen – und infolgedessen befand sich die Wohnung schon seit längerer Zeit in einem Zustand, den man Gästen nicht gern zumuten möchte. 

Aber dann stand, wie oben erwähnt, der 6. Geburtstag unseres Tochterkindes an. Zeitweilig überlegten wir, die ganze Feier auf den Waldspielplatz Hermsdorf zu verlegen; aber dann wurde es ab ca. Mitte Oktober so kalt und regnerisch, dass wir diese Idee fallen ließen und die Gäste doch zu uns nach Hause einluden. Was bedeutete, dass wir im Vorfeld erst mal gründlich aufräumen und putzen mussten. Damit beschäftigten wir uns in der Woche vor dem Kindergeburtstag immer dann, wenn gerade etwas Zeit war, und am Samstag dann den ganzen Tag und mit Unterstützung meiner Schwiegermütter. Mitten in der Arbeit stellte ich zu meiner großen Überraschung fest, dass ich sogar Spaß daran hatte. Und ich darf sagen, das Ergebnis kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen

Gut sortiert ist auch das Regalfach für großformatige Kinderbücher.

Diese Flyer-Kombination habe ich tatsächlich so beim Aufräumen gefunden und erst auf den zweiten Blick bemerkt, dass das "nicht so gehört". 

Diese hier habe ich daraufhin allerdings absichtlich so arrangiert. 

Schön am Aufräumen ist ja auch, dass man in der Wohnung Dinge wiederfindet, von denen man allenfalls noch dunkel ahnt, dass man sie mal besessen hat. Dazu gehörten bei dieser Aufräumaktion etwa: 
Ich schätze, diese Dinge werde ich – vielleicht mit Ausnahme des Besucherzählers, aber warten wir's mal ab – in naher Zukunft gut gebrauchen können; das Arbeitsbuch zum Thema Leiterschaft stammt offenbar aus der charismatischen Ecke, aber das spricht ja nicht unbedingt gegen seine Brauchbarkeit. 

Beim Kindergeburtstag tummelten sich in unserer Wohnung jedenfalls, uns selbst eingeschlossen, sieben Kinder und fünf Erwachsene; von drei weiteren Freundinnen unserer Tochter war eine krank, eine verreist und eine anderweitig verhindert, aber jedenfalls war es eine sehr fröhliche Feier, alle verstanden sich gut miteinander – auch die Erwachsenen –, und wir haben definitiv Lust bekommen, uns demnächst öfter Gäste nach Hause einzuladen. 

Als schwierig erwies sich inmitten des ganzen Kindergeburtstags-Trubels allerdings die Erfüllung der Sonntagspflicht. Zwischenzeitlich hatten wir erwogen, es wäre wohl am praktischsten, am Samstag zur Vorabendmesse zu gehen, aber dann ließ uns der Großputz keine Zeit dazu; am Sonntagvormittag standen dann noch letzte Vorbereitungen für die Party an, wozu es u.a. gehörte, zusammen mit den Kindern einen Kuchen zu backen. Richtige Frühmessen – um 8 Uhr oder früher – scheint es nicht mehr zu geben, wahrscheinlich weil es keine Dienstboten mehr gibt, die ihren Kirchgang vor der Herrschaft erledigen mussten, damit, wenn die Herrschaft aus der Kirche nach Hause kommt, der Sonntagsbraten auf dem Tisch steht. Zeitweilig erwog ich als Notlösung, nach der Geburtstagsfeier zur Abendmesse in Herz Jesu Tegel zu gehen; immerhin standen die Chancen nicht schlecht, dass die üblichen Verdächtigen aus der Gemeinde, denen man lieber nicht begegnen wollte, schon morgens gegangen sein würden. Ein Minuspunkt war es hingegen, dass, wie der online veröffentlichte Zelebrationsplan verriet, der leitende Pfarrer der Großpfarrei St. Klara diese Messe hielt. Na gut, sagte ich mir, schauen wir erst mal, welche Lesungen diesen Sonntag dran sind. Aber ach – wie sich zeigte, sah die Leseordnung für diesen Sonntag Matthäus 22,15-21 als Evangelium vor: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist". Und so leid es mir tut: Eine Predigt dieses Pfarrers über diese Perikope tue ich mir nicht an. Ich kann mir nur allzu lebhaft vorstellen, was er daraus machen würde. – Zur selben Zeit hätte es auch in St. Clemens am Anhalter Bahnhof eine Abendmesse gegeben, aber letzten Endes ging die Geburtstagsfeier so lange, dass wir es in überhaupt keine Kirche mehr schafften. So bedauerlich ich das finde, bin ich aber doch immerhin der Meinung, man kann uns nicht nachsagen, wir hätten die Sonntagspflicht leichtfertig und schuldhaft missachtet... 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Wer hätte gedacht, wie schwer es ist, in Berlin gebrauchte, gut erhaltene Kinderkleidung loszuwerden? Beim JAM hatte man uns den Tipp gegeben, es beim "Fairkaufhaus" in Spandau zu versuchen; ich erkundigte mich also online nach den Öffnungs- bzw. Warenannahmezeiten und brach am Donnerstag vor der großen Kindergeburtstags-Action mit einem Wanderrucksack voller Kinderklamotten dorthin auf. Unseren Jüngsten nahm ich mit, damit meine Liebste, die noch krankgeschrieben war, zu Hause etwas Ruhe hatte. Es war früher Nachmittag, das Wetter war mies und der Bus kämpfte sich quälend langsam durch den Verkehr; zudem war der Jüngste einmal mehr in recht rebellischer Stimmung. Ich war also schon reichlich gestresst, als ich an der Haltestelle Rathaus Spandau ankam; und als wir nach knapp zehn Minuten Fußweg im Regen schließlich vor einem Aushang stand, der darüber informierte, dass der Laden (einschließlich der Spendenannahme) an ausgerechnet diesem Tag geschlossen war, hatte ich do richtig den Kanal voll. Wir traten sofort den Rückweg an, aber während der Busfahrt regte sich bei mir dann doch der Wunsch, wenigstens noch einen Versuch zu unternehmen, nicht unverrichteter Dinge nacu Hause zurückzukehren. Quasi gerade noch rechtzeitig fand ich mittels einer raschen Online-Recherche heraus, dass der Kiezladen der Stadtmission in Tegel-Süd so gut wie auf dem Weg lag, also unterbrachen Sohnemann und ich unsere Heimfahrt, um diesem Laden die Klamotten aus meinem Rucksack anzubieten. – 

Der Weg von der Bushaltestelle Kamener Weg zum Kiezladen der Stadtmission führte geradewegs durch die Hinterhöfe einer Plattenbausiedlung, vorbei an einem "Stadtteilladen" (mit Büchertauschregal) und einem "Nahkauf", und mir ging wieder durch den Kopf, was ich vor gut zwei Jahren schon einmal festgehalten hatte: "Gegenüber dem von Altbauten geprägten, fast kleinstädtisch anmutenden Alt-Tegel wirkt Tegel-Süd wirklich wie eine andere Welt". Bei dieser Gelegenheit hatte ich auch die Einschätzung festgehalten, das Plattenbau-Ghetto von Tegel-Süd könnte "[e]igentlich ein ganz interessantes Pflaster für Neuevangelisierung" sein. Die Stadtmission scheint das ja durchaus ähnlich zu sehen, aber was macht eigentlich die inzwischen zur Großpfarrei St. Klara gehörende Gemeinde St. Bernhard in dieser Hinsicht? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht; was ich hingegen weiß, ist, dass im ehemaligen Pfarrhaus von St. Bernhard eine Wohnung frei sein müsste, da der Pfarrvikar, der dort bisher seine Dienstwohnung hatte, sich gerade ans andere Ende Berlins hat versetzen lassen. Theoretisch wäre da also wohl Platz für einen "Kiezpastoral"-Standort (wie ich das mal so ad hoc nennen würde); aber unter dem derzeitigen Pfarrer wird das wohl nichts... 

Das aber mal nur zwischendurch. Im Kiezladen der Stadtmission empfingen uns zwei ältere Damen, die mir bedauernd mitteilten, der Laden nehme keine Kinderkleidung mehr an, denn die Erfahrung habe gezeigt, dass sie sich nicht verkaufe: "Die Leute kaufen lieber neue Sachen billig bei Kik." Immerhin gaben sie mir noch den Tipp, ich solle es mal bei der NochMall in der Auguste-Viktoria-Allee versuchen; dorthin schaffte ich es aber nicht mehr sm selben Tag, denn ich musste das Tochterkind von der Schule abholen. 

Am Freitagvormittag, während das Tochterkind in der Schule und die Liebste bei einer Fortbildung war, erledigte ich zusammen mit dem Jüngsten eine Reihe von Besorgungen, die mehr oder weniger direkt mit dem bevorstehenden Kindergeburtstag zusammenhingen, und als letzten Punkt unserer "Zu-erledigen-Liste" steuerten wir die NochMall an. Dort ging es anders zu als bei den Läden, die wir tags zuvor vergeblich aufgesucht hatten: Bei der Warenannahme waren zwei Mitarbeiter beschäftigt, von denen einer mich ohne Umschweife fragte, ob ich etwas abgeben wolle; als ich bejahte und erklärte, ich hätte den Rucksack voll mit Kinderkleidung, reichte er mir eine Plastikbox, in die der Inhalt des Rucksacks bemerkenswert exakt hineinpasste; dann fragte er mich, ob ich einen Einkaufsgutschein möchte, ich bejahte, er gab mir einen, und damit war die Transaktion erfolgreich abgeschlossen. Cool, ich glaube, da gehe ich bei Gelegenheit nochmal(l) hin. Höhö. 

Übrigens ist es von der NochMall nicht weit nach St. Rita, daher dachte ich mir, man könnte zum feierlichen Abschluss der erfolgreich erledigten Besorgungen des Tages in der dortigen Kapelle eine kleine Lobpreisandacht abhalten. 


Der Jüngste war dieser Idee auch durchaus nicht abgeneigt, nur leider in allzu aufgekratzter Stimmung: Nachdem er es trotz mehrfacher Ermahnung nicht lassen konnte oder wollte, auf den Kirchenbänken herumzuklettern, sah ich mich genötigt, die Andacht nach zwei Liedern und zwei Psalm-Abschnitten abzubrechen. Eine recht frustrierende Erfahrung – aber ehrlicherweise muss man sagen, angesichts der Tatsache, dass der junge Mann gerade im klassischen Trotzalter ist, kann man froh sein, dass dieses Benehmen bei ihm nicht öfter vorkommt. 


Neues aus Synodalien 

Während von der Weltsynode über Synodalität nur wenig Berichtenswertes an die Öffentlichkeit dringt, sorgt häretisch.de sich um die vakanten deutschen Bistümer. "Keine neuen Bischöfe – Der Papst lässt Deutschland zappeln" ist ein "Standpunkt"-Kommentar des Redaktionsmitglieds Tobias Glenz überschrieben, den man wohl als vorläufigen Höhepunkt der Befassung des umstrittenen Portals mit diesem Thema bezeichnen darf. "Verdächtig viel Zeit", meint Glenz, lasse der Papst sich mit der Neubesetzung verwaister deutscher Bischofsstühle. Dass Glenz hier das Wort "verdächtig" benutzt, ist nicht nur eine Redensart; er meint das tatsächlich so. Wessen genau der häretisch.de-Redakteur den Nachfolger Petri verdächtigt, ist durchaus eine nähere Betrachtung wert; dasselbe gilt für einen Leitartikel von Pater Manfred Kollig SSCC, dem Generalvikar des Erzbistums Berlin, in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift "Auf dem Weg – Das Magazin für die Pfarreien und Pastoralen Räume", die ich unlängst in Herz Jesu Tegel habe ausliegen sehen. Zu diesen beiden Themen folgt also demnächst – erstmals! – eine aus dem Wochenbriefing ausgegliederte Folge von "Neues aus Synodalien"...! 


Aktuelle (Bett-)Lektüre 

Diese Rubrik böte sich eigentlich mehr als jede andere dazu an, aus dem Wochenbriefing ausgegliedert zu werden, aber erst einmal bin ich meinen Lesern noch ein abschließendes Urteil zu dem Buch "Ruby Fairygale – Der Ruf der Fabelwesen" von Kira Gembri schuldig. Nachdem ich das Buch zu Ende gelesen habe, muss ich sagen, dass ich dieses Buch nicht ganz so gut finde, wie ich eigentlich möchte; oder andersherum ausgedrückt, ich finde es gut genug, um mir zu wünschen, es wäre noch etwas besser. Wie sich wohl schon in meiner Teil-Besprechung von voriger Woche abgezeichnet hat, entzündet sich meine Kritik – einmal abgesehen von Kleinigkeiten wie etwa, dass die (österreichische) Autorin "ekelig" und "nebelig" schreibt und wiederholt das Wort "Gehorsamkeit" benutzt, das es schlichtweg nicht gibt – hauptsächlich an dem unausgewogenen Verhältnis zwischen den realistischen und den phantastischen Elementen der Handlung. Ich erwähnte ja bereits, dass die Entwicklung der Freundschaft zwischen Ruby und Noah der Teil der Handlung ist, der mich am meisten interessiert und der mir auch am gelungensten erscheint; der Umstand, dass es in einer kleinen Bucht am nördlichen Ufer der Insel eine "magische Pflegestation" gibt, in der Ruby und ihre "Nana" kranke und verletzte Fabelwesen betreuen, ist mit dieser Handlung durchaus sinnvoll verknüpft, aber ich werde dennoch den Eindruck nicht los, man hätte dieses Element getrost weglassen bzw. hinsichtlich seiner dramaturgischen Funktion im Handlungsverlauf durch etwas Anderes ersetzen können, und das wäre unter dem Strich besser für das Buch gewesen. 

Das heißt nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen phantastische Elemente in Kinder- und Jugendbüchern hätte. Vom Großmeister des Genres, Michael Ende, gibt es mehrere fulminante Essays zur Verteidigung des Phantastischen in der Kinder- und Jugendliteratur, aber die brillanteste und zitierwürdigste Apologie findet sich in seiner Unendlichen Geschichte – wo er seinen Protagonisten Bastian Balthasar Bux sinnieren lässt: 

"Er mochte keine Bücher, in denen ihm auf eine schlechtgelaunte und miesepetrige Art die ganz alltäglichen Begebenheiten aus dem ganz alltäglichen Leben irgendwelcher ganz alltäglichen Leute erzählt wurden. Davon hatte er ja schon in Wirklichkeit genug, wozu sollte er auch noch davon lesen? Außerdem hasste er es, wenn er merkte, dass man ihn zu was kriegen wollte. Und in dieser Art von Büchern sollte man immer, mehr oder weniger deutlich, zu was gekriegt werden.

Was ich an "Ruby Fairygale – Der Ruf der Fabelwesen" kritisiere, ist nicht, dass darin Kobolde und Feen vorkommen, sondern dass sie so unnötig, so verzichtbar wirken. Um es paradox auszudrücken: Gerade die phantastischen Elemente des Romans wirken wenig phantasievoll; es hätte erheblich mehr Kreativität erfordert, die Geschichte ohne sie zu erzählen. Dabei bringt der Roman eigentlich alle Voraussetzungen mit, um auch ohne übernatürliche Elemente eine spannende, anrührende und amüsante Handlung in malerischer Kulisse und mit skurrilen, liebevoll gezeichneten Charakteren zu bieten – ähnlich wie es, da wiederhole ich mich gern, in "Ein Baum voller Geheimnisse" von Natalie Standiford oder "Dumme Ideen für einen guten Sommer" von Kiera Stewart der Fall ist. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass es im "Baum voller Geheimnisse" effektvoll in der Schwebe bleibt, ob in dem titelgebenden Baum tatsächlich ein Geist lebt, der sich von den Geheimnissen der Leute ernährt, oder ob das nur ein lokaler Aberglaube ist. So etwas wäre in "Ruby Fairygale" auch möglich gewesen; in gewissem Sinne gehört der Glaube an Feen und Kobolde im ländlichen Irland ja zum Lokalkolorit. 

Bei aller Kritik muss man aber doch sagen, dass das Buch nicht nur dem Tochterkind, sondern auch mir gut genug gefallen hat, dass wir uns demnächst mal in der Bücherei nach der Fortsetzung "Ruby Fairygale – Die Hüter der magischen Bucht" umschauen wollen. Zum Ende von Band I hin hat nämlich der Verdacht, Ruby besitze selbst magische Fähigkeiten, von denen sie nichts weiß, neue Nahrung erhalten... 


Geistlicher Impuls der Woche 

"Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch." (Joh 20,21) Mit diesen Worten erwählte unser Herr Jesus Christus die Führer und Lehrer des Erdkreises, die Verwalter seiner göttlichen Mysterien. Er befahl ihnen, wie Lampen zu leuchten. Unser Herr Jesus Christus berief zu der ruhmvollen Sendung vor allen andern seine Jünger. Von ihnen sagt der Herr, er sende sie, wie ihn der Vater gesandt hat. Damit betont er die Würde der Sendung und den makellosen Glanz der ihnen verliehenen Vollmacht. Zugleich deutet er ihnen damit offenbar den Weg der apostolischen Aufgabe an. Denn wenn er es für gut hielt, seine Jünger so auszusenden, wie ihn der Vater gesandt hat, mussten sie dann nicht notwendig beachten, mit welchem Auftrag der Vater den Sohn sandte, da sie doch zu dem nämlichen Tun bestimmt waren? Der Herr hat uns die Art seiner Sendung auf vielerlei Weise erklärt. Einmal sagt er: "Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten" (Mt 9,13), ein andermal: "Ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat" (Joh 6,38). Und wieder: "Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird" (Joh 3,17). In wenigen Worten fasst er das Ziel der Sendung zusammen, wenn er sagt, er sende sie so wie der Vater ihn. Von da aus sollten die Jünger die Pflicht erkennen, die Sünder zur Umkehr zu rufen, alle zu heilen, die an Leib und Geist erkrankt sind, in der Ausübung ihres Amtes nicht ihren eigenen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der sie gesandt hat, und, soweit wie möglich, durch ihre Lehre die Welt zu retten. Wir werden finden, wie sich die heiligen Jünger in all dem durch Eifer auszeichneten.  

(Cyrill von Alexandrien, Kommentar zum Johannesevangelium) 


Ohrwurm der Woche 

Georgia Satellites: Keep Your Hands to Yourself

Auch ein bemerkenswertes Fundstück bei der großen Aufräumaktion war eine knapp 30 Jahre alte Audio-Kassette, auf deren einer Seite ein Mitschnitt einer Probe meiner damaligen Band zu hören war (u.a. mit drei noch sehr unausgereiften Eigenkompositionen, die wir, soweit ich mich erinnere, nie so richtig ausgearbeitet haben, was schade ist, da ich finde, sie hätten durchaus Potential gehabt), und auf der anderen Seite "Inspirationsmusik", die unser Gitarrist zusammengestellt hatte, gewissermaßen als Muster für seine Vorstellungen davon, in welche Richtung sich unsere Musik stilistisch entwickeln sollte. Neben ein paar Stücken vom damals aktuellen Aerosmith-Album "Get a Grip" und älteren Bon-Jovi-Nummern (aus der Zeit, "als die noch cool waren") findet sich in dieser Sammlung auch dieser überraschend countrymäßig tönende Song. Na ja, sagen wir: country-punkig. Sofern es so etwas überhaupt geben kann. Ich hatte den Song inzwischen total vergessen, was dafür spricht, dass ich ihn in den letzten drei Jahrzehnten weder in Bars oder auf Partys noch im Radio gehört habe; dabei war er zu seiner Zeit ein Riesenhit, der es in den US-Singlecharts anno 1986 bis auf den zweiten Platz brachte. Hinter Bon Jovi, übrigens. 


Donnerstag, 26. Oktober 2023

52mal Ansichtssache aus Wolfsburg: Ein Rück- und Ausblick

Ich nehme an, der harte Kern meiner Stammleserschaft wartet bereits voller Spannung auf das angekündigte Wochenbriefing in neuer Gestalt; allerdings bin ich mit mir übereingekommen, den Start einer neuen Wochenbriefing-Reihe auch als Gelegenheit dazu zu nutzen, den in letzter Zeit etwas unbequem gewordenen Veröffentlichungstermin zu verlegen – von Donnerstag auf Samstag. Zwei Tage müsst Ihr Euch also noch gedulden, Freunde – aber damit Euch die Zeit nicht zu lang wird, nutze ich den "alten" Termin für einen Rück- und Ausblick

Symbolbild: Einsamer Wolf in Berlin-Tegel. Winter is coming, oder so. 

Vorweg aber mal die Frage: Hast Du bei der Überschrift gestutzt, Leser? – Man soll ja Witze eigentlich nicht nachträglich erläutern, aber "Ansichtssache aus Wolfsburg" ist der Titel, den die in der vorigen Woche nach 52 Ausgaben abgeschlossene Artikelserie getragen hätte, wenn's nach der automatischen Wortvervollständigung meines Mobilgeräts gegangen wäre. Irgendwie fand ich das ganz lustig, und deshalb dachte ich mir, anlässlich des Rückblick-Artikels kann man diese Titelvariante ruhig mal bringen. Zumal sie mich an eine Textstelle aus dem Song "Aktionseinheit" von Floh de Cologne erinnert: Der Text dieses auf dem 1972 aufgenommenen Live-Album "Lucky Streik" erschienenen Liedes besteht im Wesentlichen aus einer Aufzählung verschiedenster Typen von Werktätigen und Nicht-Werktätigen, die bei all ihren Unterschieden doch das eine gemeinsam haben, dass sie "für die Aktionseinheit" sind (womit ein Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten gemeint ist), und in diesem Zusammenhang fällt auch der Satz "Er mag in Wolfsburg Jugendpfarrer sein". Das klingt ja nun, wie der Angloamerikaner sagen würde, "oddly specific": Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dahinter die Vorstellung steckt, ein Jugendseelsorger in Wolfsburg habe unter seinen Schäfchen sicherlich viele VW-Azubis und könne dadurch Einblicke in die Situation der Arbeiterklasse gewinnen, aber interessieren tät mich ja doch, ob der Song an dieser Stelle auf einen konkreten, real existierenden Wolfsburger Jugendpfarrer anspielt. 

Das aber mal nur am Rande (und evtl. als Vorschau auf eine zukünftige Wochenbriefing-Unterrubrik, die ich vielleicht "Werkstattbericht" nennen werde oder so ähnlich). Jetzt erst mal von vorne: Die Geschichte der Artikelserie "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" begann in der ersten Fastenwoche des Jahres 2020 als Nachfolgeprojekt meines ursprünglichen Wochenbriefing-Formats "Kaffee & Laudes", das in der ersten Fastenwoche des Jahres 2019 gestartet und dann das ganze Kirchenjahr hindurch allwöchentlich montags morgens erschienen war. Dass die "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" diese Konstanz nicht erreichten, war zunächst durch den ersten Corona-Lockdown bedingt, der der von meiner Liebsten und mir betriebenen Basisarbeit in unserer damaligen Pfarrei Herz Jesu Tegel, die ein Hauptthema der Artikelserie hätte sein sollen, für längere Zeit einen Riegel vorschob. Nach nur drei Ausgaben wurden die "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" daher zunächst durch die Lockdown-Wochenbriefing-Reihe "Grüße aus dem Corona-Park" ersetzt, die ihrerseits aber auch nur drei Ausgaben erreichte, ehe ich schlichtweg die Lust verlor und für volle vier Monate ganz mit dem Bloggen aufhörte. Auch danach dauerte es noch eine ganze Weile, bis in meinem Blog wieder eine gewisse Regelmäßigkeit einkehrte. Die "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" nahm ich erst im Sommer 2021 wieder auf, und diesmal lief die Serie immerhin 17 Wochen bis zur nächsten Zäsur – die dadurch gesetzt wurde, dass meine Liebste und ich die Basisarbeit in Herz Jesu Tegel frustriert an den Nagel hängten. Mithin ist die im März des laufenden Kalenderjahres begonnene dritte, von der Basisarbeit in St. Joseph Siemensstadt und St. Stephanus Haselhorst geprägte Phase der "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" mit stolzen 32 Folgen die mit Abstand längste. 

Gleichzeitig muss man sagen, dass diese dritte Phase sich konzeptionell stärker von den beiden vorherigen unterscheidet als diese von der Vorgängerreihe "Kaffee & Laudes". Ein paar Beispiele mögen das illustrieren: Eine wesentliche Neuerung der "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" gegenüber "Kaffee & Laudes" sollte der Ausbau der Rubrik "Linktipps" sein; in der dritten Phase kam diese Rubrik dann überhaupt nicht mehr vor. Umgekehrt wurde die "Kaffee & Laudes"-Rubrik "aktuelle Lektüre" in der ersten "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim"-Phase abgeschafft, in der dritten war sie wieder da. Eine Neuerung, die sich als nachhaltig erwiesen hat, ist hingegen die Rubrik "Ohrwurm der Woche"; die wird auch zukünftig beibehalten werden. 

Interessant ist auch, dass ich gegen Ende der zweiten Phase der "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim", nämlich in einem Artikel anlässlich meines zehnjährigen Bloggerjubiläums, die Beobachtung notierte, das Wochenbriefing-Format habe sich "seit der Wiederaufnahme" zunehmend dahin entwickelt hat, dass "die Schilderungen der Ereignisse der jeweils zurückliegenden und der Pläne für die jeweils bevorstehende Woche [...] auch [...] als Anknüpfungspunkte für programmatische und strategische Überlegungen in Sachen Neuevangelisierung/Gemeindeerneuerung/#BenOp/Punkpastoral dienen". Ich würde sagen, diese Tendenz hat sich in der dritten Phase weiter fortgesetzt und verstärkt, und auch das gedenke ich in der neuen Wochenbriefing-Reihe fortzuführen. Zwar birgt diese Form des Bloggens möglicherweise die Gefahr, dass die so dargebotenen Reflexionen einen Teil der potentiell dafür empfänglichen Leserschaft schlichtweg deshalb nicht erreichen, weil er sich nicht für die anekdotischen Erzählungen aus dem Alltag einer Kleinfamilie im Nordwesten Berlins interessiert, in die diese Exkurse eingebettet sind. Auf der anderen Seite denke ich aber, dass es sicherlich auch Leser gibt, die für die besagten "programmatischen und strategischen Überlegungen" in dieser anekdotischen "Darreichungsform" eher zugänglich sind als in Form systematischer und rein theoretischer Abhandlungen. Mal ganz abgesehen davon, dass mir diese Form einfach mehr liegt

Im Übrigen macht das bis hierher über die Entwicklung der "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" Gesagte wohl deutlich, dass alles, was ich über eine konzeptionelle Neugestaltung der Wochenbriefings sagen könnte, unter Vorbehalt steht: Jedwede Neuerungen müssen sich erst in der Praxis bewähren und können früher oder später zurückgenommen oder noch weiter verändert werden. Gleichwohl möchte ich hier mal ein paar Eckpunkte festhalten: 

Zunächst gedenke ich die Rubriken "Was bisher geschah" und "Was ansteht" wieder einzuführen, allerdings in "abgespeckter" Form, als möglichst kurzgefasste Wochenübersicht; einzelne Themen oder Ereignisse, über die es mehr als ein paar Sätze zu sagen gibt, werden dann weiter unten in Extra-Abschnitten vertieft. Da es absehbar ist, dass hierbei bestimmte Themen einigermaßen regelmäßig "drankommen" werden, beabsichtige ich für diese auch weiterhin feste Rubrikentitel zu verwenden, wie zum Beispiel: 

Neues vom Schulkind 
Wenn der Vater mit dem Sohne 
Predigtnotizen 
Aus meinem Wichtelbuch 
Der Schwarze Gürtel in KiWoGo 
Auf der anderen Straßenseite 

Dabei ist allerdings nicht zu erwarten, dass es zu allen diesen Rubriken jede Woche etwas zu schreiben geben wird. Je nachdem, wieviel Material da im Einzelnen anfällt, möchte ich mir versuchsweise auch die Option offenhalten, im Wochenbriefing unter dem einen oder anderen dieser Rubrikentitel nur einen "Teaser"-Absatz zu bringen und alles Weitere in einen eigenständigen Blogartikel auszulagern. Mal sehen, ob sich das in der Praxis bewährt; ähnlich könnte man auch mit der Rubrik "Neues aus Synodalien" und mit der Bettlektüre-Rubrik verfahren. Die bisherige Rubrik "Aus dem Stundenbuch" wird umbenannt in "Geistlicher Impuls der Woche", um – bei aller Liebe zum Stundenbuch – die Freiheit zu haben, auch mal aus anderen Quellen zu schöpfen; gleichzeitig mag mir das als Ansporn dienen, mal ein bisschen mehr in der breiten Auswahl an geistlicher Literatur zu stöbern, die ich im heimischen Bücherregal "zu stehen habe", wie der Berliner sagt. 

Nun wird es aber wohl mal Zeit, zu enthüllen, wie ich die neue Wochenbriefing-Reihe zu nennen geruhe, nämlich... (Trommelwirbel!) 

Creative Minority Report! 

Die Idee zu diesem Titel hatte ich schon vor längerer Zeit; als ich im vergangenen Frühjahr nach meiner langen Blogpause die Wochenbriefings neu belebte, hatte ich diese Titelidee wohl gerade vergessen, vielleicht gab es aber auch andere Erwägungen (an die ich mich jetzt nicht mehr erinnere), die mich veranlassten, vorerst nochmals auf den alten Reihentitel "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" zurückzugreifen. Eine gewisse Rolle könnte dabei z.B. der Wunsch gespielt haben, diese Reihe solle es auf mindestens so viele Ausgaben bringen wie seinerzeit "Kaffee & Laudes". – Wie dem auch sei: Der neue Reihentitel bezieht sich einerseits auf den von dem Historiker Arnold Toynbee geprägten Begriff der "kreativen Minderheit", den kein Geringerer als Papst Benedikt XVI. auf die Rolle des Christentums in der säkularisierten Welt bezogen hat, und andererseits auf den Titel eines Science-Fiction-Thrillers mit Tom Cruise, den ich allerdings nie gesehen habe (und die gleichnamige Erzählung von Philip K. Dick, auf der der Film basiert, habe ich zu allem Überfluss ebenfalls nicht gelesen –aber es dürfte ja einigermaßen offensichtlich sein, dass es darum nicht geht.). Der Begriff der "kreativen Minderheit" in dem Sinne, wie Papst Benedikt XVI. ihn unter Berufung auf Toynbee verwendete, ist auch für die "Benedikt-Option" wesentlich; dort heißt es an Ende des 4. Kapitels

"Wir glaubenstreuen Christen haben uns das innere Exil in einem Land, von dem wir dachten, es wäre das unsere, nicht  ausgesucht, aber so ist die Situation nun einmal. Wir sind jetzt eine Minderheit, also lasst uns eine kreative Minderheit sein – eine, die warme, lebendige, lichterfüllte Alternativen zu einer zunehmend kalten, toten und dunklen Welt anbietet." 

In dem Kapitel, aus dem ich diese Sätze zitiert habe, geht es um Politik, und mit dem "Land, von dem wir dachten, es wäre das unsere", meint Freund Rod in erster Linie die USA; in der gegenwärtigen Situation in Deutschland lassen sich diese Worte jedoch auch auf die ins "schmutzige Schisma" schlitternde institutionelle Kirche beziehen. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Artikelserie "Creative Minority Report" als Erfahrungsbericht und Leitfaden zum "kreative-Minderheit-Sein": Es geht letztlich um nichts Geringeres als darum, Wege zu erkunden, wie man durch Basisarbeit in der lokalen Kirchengemeinde, aber auch in Familie und Nachbarschaft zu einer Erneuerung der Kirche von innen heraus beitragen kann – oder anders ausgedrückt: zum Wachsen einer neuen Sozialgestalt der Kirche "in der Hülle der alten", wie Peter Maurin, der Begründer der Catholic Worker-Bewegung, in Anlehnung an das Motto der anarcho-syndikalistischen Industrial Workers of the World zu sagen pflegte. 

Abschließend sei noch auf einen Kommentar eingegangen, den mein kritischer Leser Egidius unter demjenigen Artikel hinterließ, in dem ich ankündigte, meine Wochenbriefings unter neuem Reihentitel und mit leicht verändertem Konzept fortzuführen: Egidius merkte  an, es wäre vielleicht ratsam, "mit der Einführung eines neuen Konzepts und eines neuen Titels bis zum Beginn des neuen Kirchenjahres [zu] warten: "Das wäre wahrhaft 'sentire cum ecclesia'". Nun ja, irgendwie hat er damit ja nicht ganz Unrecht; vor zwei Jahren bin ich bei der Einführung der kurzlebigen Reihe "Spandau oder Portugal" (die Überschrift verwendete ich später bekanntlich für eine Unterrubrik der wiederbelebten "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" weiter) tatsächlich so verfahren. Ich habe daher erwogen, mir kurzfristig noch eine Übergangslösung für die verbleibenden fünf Wochen bis zum 1. Advent aus den Rippen zu schneiden, habe mich schließlich aber doch dagegen entschieden. Ich denke, die Zeit ist einfach reif, eine neue Ära der Wochenbriefings einzuläuten. Alles Weitere dann, wie gesagt, übermorgen!  


Donnerstag, 19. Oktober 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #52

Wohlan, Leser: Heute ist der Gedenktag der Hll. Jean de Brébeuf, Isaac Jogues und Gefährten, Märtyrer in Nordamerika, und erstmals seit sechs Wochen, also seit Nr. 46, erscheinen die "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" wieder pünktlich zum vor gut acht Monaten eingeführten Termin, donnerstags um 18 Uhr. 52 Ausgaben hat diese Artikelserie jetzt erreicht; und fällt uns an dieser Zahl etwas auf? 52 Wochen hat das Jahr; das heißt, wären die "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" von ihrer ersten Folge an ohne Unterbrechung jede Woche erschienen, hätte sie innerhalb eines Jahres so viele Folgen erreicht, wie es tatsächlich erst jetzt, mehr als dreieinhalb Jahre nach der Einführung des Reihentitels, der Fall ist. Aber egal wie lange es gedauert hat, ich denke, Ausgabe Nr. 52 ist ein passender Anlass, um zu sagen: Der Reihentitel hat jetzt mal ausgedient, ab nächster Woche werden die Wochenbriefings unter einem neuen Titel, mit leicht verändertem Konzept und teilweise neuen Rubriken fortgesetzt. Mehr wird noch nicht verraten! 


Aus meinem Wichtelbuch 

Am Samstag, dem Gedenktag des Hl. Papstes Calixtus I., war mal wieder Wichtelgruppentreffen, und im Vergleich zum vorigen Treffen drei Wochen zuvor glänzte dieses durch erheblich vollständigere Besetzung und bessere Vorbereitung. Mit Ausnahme einer der beiden neuen Praktikantinnen, die krank war, war das Leitungsteam vollzählig erschienen, und dazu vier Kinder im Wichtelalter – ja okay, das waren meine eigenen Kinder und die meiner Teamkolleginnen, aber auch wenn es auf mittlere Sicht ohne Zweifel wünschenswert ist, dass noch weitere Kinder "von außen" hinzukommen, sind vier Kinder doch für den Anfang eine ganz gute Gruppengröße. Und an "Programm" hatten wir ebenfalls genug vorbereitet: Mit einem Ballspiel, einer Geschichte, dem Sammeln von Kastanien und anderen Naturmaterialien im Pfarrgarten sowie vor allem mit dem Basteln lustiger Figuren aus diesen Fundstücken verging die Zeit schneller, als wir erwartet hätten, zum Abschluss gab's noch ein Lied, und das war's dann auch schon. 

Dieser Wichtel war bereits bei der Schatzsuche beim Gemeindefest dabei gewesen...

...die anderen hier gezeigten Figuren wurden jedoch live in der Gruppenstunde gebastelt. 



Ab demnächst sind dann erst mal Herbstferien, dann kommt St. Martin, und die nächste Wichtelgruppenstunde ist dann erst in fünf (!) Wochen; vielleicht sollte ich diesen Umstand als Gelegenheit zu ein bisschen mehr konzeptioneller Vorarbeit auffassen und nutzen. Ich habe immer noch das Gefühl, die Wichtelgruppenstunden könnten etwas mehr Struktur gebrauchen, auch wenn das mit Kindern im Vorschulalter schwer zu realisieren sein mag. Na, ich habe ja einiges an anregendem Lesestoff zu diesem Thema; ich müsste nur mal dazu kommen... 

Spandau oder Portugal 

Am 28. Sonntag im Jahreskreis hatte ich meinen ersten Einsatz als Kinderwortgottesdienst-Mitarbeiter. Vorweg möchte ich erwähnen, dass ich finde, die intern gebräuchliche Abkürzung für "Kinderwortgottesdienst", KiWoGo, klinge wie eine Kampfsportart. Ich würde daher gern von mir behaupten "Ich habe den Schwarzen Gürtel in KiWoGo", aber wenn ich ehrlich bin, habe ich bisher wohl eher nur den weißen – der nur dafür da ist, dass diese Hose nicht rutscht. Dies vorausgeschickt habend, finde ich aber doch, dass mein Einstand einigermaßen gelungen ist; zu verbessern gibt es für die Zukunft zweifellos noch genug, aber irgendwie muss man ja mal anfangen. Das Evangelium vom Tag war das Gleichnis vom Hochzeitsmahl (Mt 22,1-14); im Internet hatte ich eine, wie ich fand, recht brauchbare Vorlage für eine kindgerechte Präsentation und Auslegung dieser Perikope gefunden, diese jedoch in Absprache mit dem Gemeindereferenten etwas interaktiver gestaltet und mit ein paar Rollenspiel-Elementen angereichert. Außerdem hatte ich angedacht, das Lied "Einfach spitze" von Daniel Kallauch in den Kinderwortgottesdienst einzubauen, da ich mir dachte: "Einfach spitze, dass du da bist", das passt einigermaßen zum Thema "Gott lädt uns ein", man kann es schön interaktiv als Bewegungslied gestalten, und außerdem ist es so einfach, dass ich es mir zutrauen würde, es selbst auf der Gitarre zu begleiten, wenn kein anderer da ist, der das machen könnte. - - - 

Dazu übrigens ein Exkurs: Wie ich unlängst noch einmal nachgelesen habe, ist es schon fast vier Jahre her, dass ich für schmales Geld eine beim KiTa-Flohmarkt in St. Rita übriggebliebene rosa Gitarre erworben und dies zum Anlass genommen habe, in meinem Alter noch mit dem Gitarrelernen anzufangen. Und sagen wir mal so: Hätte ich es geschafft, seither jeden Tag (oder wenigstens fast jeden) eine Stunde lang zu üben, dann wäre ich inzwischen wahrscheinlich ziemlich gut darin – umso mehr, als ich einige Zeit später im Rahmen einer Haushaltsauflösung auch noch eine größere und somit besser zu meinen klobigen Fingern passende Gitarre für lau abgegriffen habe. Leider hatte ich nie genug Zeit zum Üben, dass ich jemals über das Anfängerstadium hinausgekommen wäre; und ehe ich ins KiWoGo-Team einstieg, hatte ich das Gitarrespielen so lange ganz und gar vernachlässigt, dass ich schon dachte, ich hätte alles wieder verlernt und müsste wieder bei Null anfangen. Das allerdings hat sich immerhin als Irrtum erwiesen: Es ist so ähnlich wie mit dem Fahrradfahren, das motorische Gedächtnis bewahrt Dinge, die der Kopf schon längst vergessen zu haben meint. Es besteht somit durchaus noch Hoffnung, dass ich in diesem Leben noch gut genug Gitarre spielen lerne, dass es für den Schwarzen Gürtel in KiWoGo reicht; wenn ich endlich mal zum Üben komme... 

Wie dem auch sei: "Einfach spitze" kann ich jetzt (wenn ich mich ein bisschen um den H-Moll-Akkord herumschummle). Zum Einsatz kam das Lied an diesem Sonntag aber doch noch nicht, weil die Zeit dafür nicht ausreichte; aber ich würde sagen, das lässt sich verschmerzen: Es werden sich sicherlich andere Gelegenheiten ergeben. – Etwas ironisch fand ich's aber doch, dass zum Beginn der Messe – mit Orgelbegleitung, wohlgemerkt – das Lied "Wir feiern heut ein Fest" von Rolf Krenzer (Text) und Ludger Edelkötter (Melodie) gesungen wurde: gewissermaßen das volkskirchliche Pendant zu "Einfach spitze", noch anspruchsloser in Text und Komposition, wenn auch mit schwierigeren Gitarrengriffen. Für Gitarre ist es demnach wohl nicht geschrieben, erst recht nicht für Gitarren-Anfänger, schließlich hat man in der Volkskirche hauptamtliche Kirchenmusiker. 

Auf den ersten Blick konnte ich in der Kirche übrigens kaum Kinder entdecken (abgesehen von meinen eigenen), aber als nach dem Tagesgebet angesagt wurde, die Kinder sollten zum Kinderwortgottesdienst in den Pfarrsaal gehen, kamen doch so ungefähr zehn zusammen; wie viele davon zum Erstkommunionkurs gehörten, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber es waren wohl die meisten. Wie oben bereits angedeutet, lief der KiWoGo alles in allem gut und machte Spaß, und ich hatte den Eindruck, einen recht guten Draht zu den Kindern zu haben. Meine grundsätzliche Skepsis gegenüber dem Format "separater Kinderwortgottesdienst während der Messe" hat diese Erfahrung indes nicht besiegen können; eher könnte man sagen, sie hat mir präziser gezeigt, wo die Probleme mit diesem Format liegen. Und das ist ja auch schon was wert. Daher möchte ich meinen Lesern diese Einsichten gern mitteilen: 

Die Bezeichnung "Kinderwortgottesdienst" deutet bereits an, dass dieses separate Kinderprogramm sich nur auf den Wortgottesdienst-Teil der Messe erstreckt, und meiner Erfahrung in verschiedenen Pfarreien zufolge ist es in der katholischen Kirche wohl tatsächlich allgemein üblich, dass die Kinder zum eucharistischen Teil der Messe, nach Möglichkeit pünktlich zur Gabenbereitung, wieder in den Kirchenraum zurückgeführt werden. Der für Siemensstadt und Haselhorst zuständige Gemeindereferent legt großen Wert darauf, dass insbesondere den Erstkommunionkindern die Gelegenheit, sich mit der Liturgie der Eucharistiefeier vertraut zu machen, nicht genommen wird, und das finde ich auch absolut richtig. Probleme verursacht es dennoch. An meinen eigenen Kindern habe ich beobachtet, dass es ihnen erheblich schwerer fällt, während der Eucharistiefeier ruhig und aufmerksam zu sein, wenn sie vom Kinderwortgottesdienst kommen, als wenn sie die ganze Zeit auf ihrem Platz in der Kirchenbank geblieben wären. Okay, das ist nicht unbedingt verallgemeinerbar und sicherlich auch von der Tagesform abhängig. Ein anderes Problem ist, dass es schwierig ist, eine Kinderkatechese vernünftig zu planen und zu einem stimmigen, runden Abschluss zu bringen, wenn man nicht weiß, wie viel Zeit man zur Verfügung hat – weil man sich eben nach der Länge des Erwachsenen-Wortgottesdienstes richten muss, und die kann erheblich variieren, insbesondere dank der kaum vorhersehbaren Länge der Predigt. Im Allgemeinen kann man wohl davon ausgehen, dass man um die 20 Minuten zur Verfügung hat, aber das ist eigentlich zu wenig: Auf Fragen der Kinder – oder auch und erst recht auf Antworten, die die Kinder auf an sie gerichtete Fragen geben und in denen sich Missverständnisse oder falsche Vorstellungen ausdrücken können, die man eigentlich korrigieren müsste – kann man so kaum sinnvoll eingehen, schon gar nicht, wenn man gegen Ende der veranschlagten Zeit praktisch jede Sekunde damit rechnen muss, dass der Küster hereinkommt und Bescheid gibt, dass man wieder in die Kirche rüberkommen soll. 

Dass die Freikirchler solche Probleme nicht haben, ergibt sich recht schlüssig aus ihrem Gottesdienstverständnis. Ein bisschen zugespitzt gesagt, ist ein freikirchlicher Gottesdienst im Wesentlichen eine Predigt mit ein bisschen Rahmenprogramm drumherum. Da ist es ausgesprochen naheliegend, für die Kinder ein Alternativangebot zu machen, das ihrem Verständnishorizont entspricht. Die sakramentale Dimension des Gottesdienstes fehlt in diesem Konzept völlig, und deshalb gibt es da auch nichts, was Kinder und Erwachsene unabhängig von ihrer Fähigkeit, es mit dem Verstand zu erfassen, miterleben und mitvollziehen sollten. Obendrein ist die Predigt im freikirchlichen Gottesdienst meist so lang, dass man währenddessen mehr als genug Zeit für eine Kinderkatechese hat und die Kinder danach noch spielen können. In eine katholische Messe passt so eine parallele Kinderkatechese dagegen nur mit Ach und Krach hinein und bleibt zu einem gewissen Grad immer ein störender Fremdkörper. Ich muss da einmal mehr an Lothar Zenettis Klage darüber denken, dass in die Sonntagsmesse alles Mögliche hineingestopft wird, wovon man fürchtet, böte man es als separaten Termin außerhalb der Messe an, würde da niemand hingehen

Dazu passt übrigens ein Kommentar, den mir ein ungenannter Leser meines Blogs unlängst mündlich mitteilte: Ich könne doch das Gemeindeleben in Freikirchen nicht mit dem in der Volkskirche vergleichen. Eine so intensiv gelebte intentionale Gemeinschaft wie in Freikirchen gebe es vielleicht beim Neokatechumenalen Weg oder bei der Charismatischen Erneuerung, aber nicht in der "normalen" Pfarrgemeinde: "Die Leute kommen schließlich nicht freiwillig in die Messe, sondern weil es eine Sonntagspflicht gibt. Und wenn die Leute ihre Pflicht erfüllt haben, wollen sie eben nach Hause." – Nun, diesem Befund würde ich, auch wenn er sicherlich polemisch zugespitzt ist, nicht direkt widersprechen wollen; ich halte es jedoch für falsch, diesen Zustand mit einem achselzuckenden "So ist das nun mal" hinzunehmen. Um's noch deutlicher zu sagen, ich halte diese Art von volkskirchlicher Mentalität für nicht zukunftsfähig – ja im Grunde nicht einmal mehr für gegenwartsfähig

– Ohne Zweifel wird auf dieses Thema noch zurückzukommen sein; so ist mir, während ich den vorletzten Absatz niederschrieb, ein- bzw. aufgefallen, dass ich wohl auch noch etwas zum Verhältnis zwischen Kinderwortgottesdienst und Erstkommunionunterricht sagen sollte, zumal sich die Zielgruppen beider Formate ja stark überschneiden. Aber das hebe ich mir lieber bis nächste Woche auf – oder vielleicht auch bis zum nächsten KiWoGo in St. Joseph Siemensstadt, der Ende November (nämlich an Christkönig) ansteht. 


Währenddessen in Tegel 

Habe ich eigentlich mal erwähnt, was aus der früheren Pastoralreferentin der Tegeler Pfarrei geworden ist? Nun, Pastoralreferentin ist sie immer noch, jetzt allerdings in der Pfarrei St. Mauritius Lichtenberg/Friedrichshain. Vor ein paar Wochen habe ich sie am Bahnsteig der S-Bahn getroffen, als ich gerade auf dem Weg war, das Tochterkind zur Schule zu bringen, und habe während der Wartezeit auf die Bahn ein recht nettes, wenn auch inhaltlich nicht gerade weltbewegendes Gespräch mit ihr geführt. Der Grund, weshalb ich das jetzt erwähne, ist, dass sie am vergangenen Sonntag in St. Mauritius eine Rosenkranzandacht für Kinder veranstaltete, und eigentlich hatte ich vorgehabt, da mit der ganzen Familie hinzugehen. Am Sonntag nach der Messe klagte meine Liebste allerdings über eine arge Erkältung und meinte, sie müsse sich am Nachmittag dringend etwas ausruhen, ehe die neue Arbeitswoche beginne. Hinzu kam, dass unser Jüngster (wie so oft in letzter Zeit) recht spät Mittagsschlaf hielt; er wachte zwar noch rechtzeitig auf, dass er noch zum Kinderrosenkranz hätte mitkommen können, und sagte zunächst auch, er wolle, aber dann konnte er sich doch ganz buchstäblich nicht von der Mami losreißen. Und das Tochterkind zeigt in jüngster Zeit ohnehin vermehrt Anwandlungen von "Null-Bock"-Stimmung. Ich habe mir sagen lassen, pubertätsähnliche Verhaltensmuster seien in ihrem Alter nicht gerade selten (man spricht auch von der "Wackelzahnpubertät"). Ohne Kinder zum Kinderrosenkranz zu gehen wäre aber wohl auch nicht so ganz Sinn der Sache gewesen, also fiel für uns die ganze Aktion flach, und das fand ich doch recht ärgerlich. 

Montags kommt meine Liebste normalerweise schon so früh von der Arbeit nach Hause, dass ich bis dahin meist keine großen Aktivitäten mit unserem Jüngsten in Angriff nehme. Diese Woche hingegen stand am Montag nach Unterrichtsschluss noch eine Konferenz an, also richtete ich mich auf einen längeren Vater-Sohn-Tag ein. Nachdem wir das Tochterkind zur Schule gebracht hatten, wollte der Knabe erst mal Roller fahren; dann holten wir zusammen ein Paket vom DHL-Shop ab; und dann ließ ich ihn entscheiden, ob wir einen Spaziergang zur Hundewiese machen oder zwecks "Beten mit Musik" in eine Kirche gehen sollten. Er entschied sich für Letzteres, also steuerten wir einmal mehr St. Joseph Tegel an. Wie sich zeigte, war der Kleene in ausgesprochen lobpreisfreudiger Stimmung: Normalerweise baue ich in eine Lobpreisandacht zu den kleinen Horen (Terz, Sext oder Non) drei Lieder ein, eins zur Eröffnung (also anstelle des Hymnus), eins zwischen Psalmodie und Lesung und eins zum Abschluss. Diesmal forderte mein Junior aber schon nach dem Eröffnungslied "noch'n Lied!"; den Wunsch gewährte ich ihm und ging dann nach dem üblichen Ablauf vor, aber am Schluss der Andacht verlangte mein Sohn nicht nur eine, sondern drei weitere Zugaben. Hier die vollständige Playlist dieser Andacht: 

Am liebsten hätte mein Jüngster wohl noch mehr Lieder gehört, aber ich fand dann doch, so langsam sei es mal genug, und überredete ihn dazu, die Kirche zu verlassen und eine Snackpause zu machen. – Etwas später am selben Tag kamen wir in der Nähe der Hallen am Borsigturm an einer Gruppe von Leuten vorbei, die im Kreis standen und zu gedämpfter musikalischer Untermalung Bewegungen vollführten, von denen ich auf den ersten Blick nicht ganz sicher war, ob das Pantomimetheater oder eher sowas wie Qi Gong sein sollte. "Was die machen?", fragte auch mein Jüngster, und nach einiger Überlegung antworte ich: "Ich glaube, die meditieren, oder beten, oder sowas Ähnliches." – "Ja, ich glaube, das Jesus", erwiderte der Knabe zuversichtlich. Im nächsten Moment bemerkte ich am Rande der Fläche, auf der diese Gruppenmeditation stattfand, einen Flyerständer, und aus den Flyern ging hervor, dass es sich bei der hier praktizierten Meditationstechnik um Falun Dafa handle – aus den Nachrichten besser bekannt unter dem Namen Falun Gong. Interessant. Vielleicht komme ich mal auf dieses Thema zurück, wenn ich demnächst noch einmal an so einer Meditationsgruppe vorbeikomme. 

Die Erkältung, die meine Liebste schon am Sonntag geplagt hatte, verschlimmerte sich im Laufe des Montag übrigens so sehr, dass meine Liebste sich für die nächsten drei Tage krank meldete. Am Dienstag blieb unser Jüngster morgens mit ihr zu Hause, aber am Mittwoch – dem Fest des Evangelisten Lukas – nahm ich ihn wieder mit, als ich seine große Schwester zur Schule brachte, und ging danach wieder mit ihm in Heiligensee zur Messe. Auf dem Weg dorthin fiel mir auf, dass dieser Messebesuch nur dadurch möglich war, dass der Schornsteinfeger, der sich eigentlich für diesen Vormittag angekündigt hatte, infolge einer Terminverwechslung schon einen Tag früher bei uns gewesen war. Sonderbare Fügung... Die Messe in St. Marien Maternitas hatte diesmal wieder der Pfarrer; aus Gründen, die er wohl selbst am besten kennt, ließ er zum Einzug "Ins Wasser fällt ein Stein" und zum Auszug das aus der Frühzeit des NGL-Genres stammende "Herr, gib uns Mut zum Hören" von Kurt Rommel singen. So viel zum Thema Seniorengottesdienst. – Gewiss, diese Lieder stammen aus der Zeit, als die heutigen Senioren jung waren; aber dasselbe trifft auf zahlreiche Gotteslob-Klassiker von den Thurmairs, Erhard Quack, Heinrich Rohr, Josef Seuffert etc. zu, und ich schätze, die Leute, die den harten Kern der Gottesdienstgemeinde am Mittwochvormittag in St. Marien Maternitas bilden, sind dann doch eher "Team Thurmair" als "Team NGL". – In seinen einführenden Worten erwähnte der Pfarrer, aus den Briefen des Apostels Paulus erfahre man mancherlei über dessen Weggefährten, von denen er "mit einigen immer wieder Schwierigkeiten hatte und für andere doch sehr dankbar war. So geht es uns wohl auch oft, dass wir zu manchen Menschen sagen: Gut, dass du da bist, und von anderen denken: Oh nee, der schon wieder." Tja, so ist das wohl. 

Aktuelle (Bett-)Lektüre 

Kira Gembri: Ruby Fairygale – Der Ruf der Fabelwesen. Bindlach: Loewe, 2021. 

Wie dieses Buch auf die Auswahlliste für die Gutenachtlektüre gekommen ist, ist im Grunde eine Geschichte für sich: Schon vor den Sommerferien hatte das Tochterkind ein "Ruby Fairygale"-Buch – allerdings nicht genau dieses – in einem Sonderregal der Stadtteilbibliothek entdeckt und hatte sich offenbar von den leuchtend roten Haaren der Titelfigur magisch angezogen gefühlt; allerdings hatte sich herausgestellt, dass die Bücher in diesem Sonderregal für eine Ferienaktion der Bücherei reserviert und daher für die Dauer der Sommerferien nicht entleihbar waren. Für alle Fälle machte ich ein Foto vom Titelbild des Buches, um es gegebenenfalls später wiederfinden zu können, dachte dann aber nicht weiter daran, bis das Tochterkind unlängst auf die Idee kam, nachdem die Sommerferien ja nun vorbei seien, müsse das Buch doch jetzt entleihbar sein. Bei unserem jüngsten gemeinsamen Büchereibesuch machten wir uns also auf die Suche danach; dabei stellte ich fest, dass es eine ganze Buchreihe über die rothaarige Heldin gibt, und meine Tochter ließ sich überzeugen, dass es sinnvoll sei, mit dem ersten Band anzufangen. 

Bevor ich mit der Lektüre anfing, lautete meine Einschätzung – auf der Basis des Titels, des Klappentexts und einiger punktueller Eindrücke beim Durchblättern –, "Ruby Fairygale" sei von der Grundidee her vergleichbar mit Reihen wie "Mariella Meermädchen" oder "Stardust", aber erzählerisch komplexer und anspruchsvoller, eher auf einem Niveau mit Natalie Standifords "Ein Baum voller Geheimnisse" oder Kiera Stewarts "Dumme Ideen für einen guten Sommer". Die ersten Kapitel bestätigten diese Einschätzung ziemlich punktgenau: Die Handlung spielt auf einer kleinen Insel vor der Westküste Irlands, die Protagonistin ist ein Findelkind, das als Baby von der Tierärztin der Insel aus dem Meer gefischt und von ihr aufgezogen wurde. Inzwischen ist Ruby ungefähr vierzehn, assistiert ihrer Ziehmutter – die sie "Nana", also Großmutter, nennt – bei deren Arbeit als Tierärztin und teilt mit ihr das Geheimnis, dass zu "Nanas" Patienten nicht nur die Hunde, Katzen, Hühner und Schafe der Inselbewohner zählen, sondern auch Kobolde, Feen, Meerjungfrauen und andere Fabelwesen. Zudem lässt Rubys geheimnisvolle Herkunft beim geübten Leser den Verdacht aufkommen, sie sei womöglich, ohne es zu ahnen, selbst eine Art Fabelwesen; aber das bleibt vorerst in der Schwebe. Bewegung kommt in die Handlung, als zwei Fremde auf der Insel auftauchen: der schwererziehbare Teenager Noah, dem sein reicher und berühmter Vater eine Auszeit an diesem abgeschiedenen Ort verordnet hat, und dessen Betreuer. – Diejenigen Kapitel, die sich vorrangig darum drehen, wie Ruby und Noah sich trotz anfänglicher Vorbehalte auf beiden Seiten allmählich miteinander anfreunden, haben mir ausgesprochen gut gefallen; ich möchte sagen, sie erreichen definitiv das Niveau von "Ein Baum voller Geheimnisse" oder "Dumme Ideen für einen guten Sommer", und das ist derzeit das größte Lob, das ich für zeitgenössische Kinder- und Jugendliteratur zu vergeben habe. Gleichzeitig ging es mir bei diesem Teil der Handlung in einer speziellen Hinsicht so wie schon mit manchen anderen Büchern über magische Kreaturen, die ich meiner Tochter habe vorlesen dürfen: Ich hatte zeitweilig den Eindruck, für das, was das eigentlich Interessante an der Handlung ausmacht, seien die phantastischen Elemente im Grunde nebensächlich bis verzichtbar. Im Umkehrschluss heißt das leider, dass mich die Passagen, in denen die Fabelwesen im Mittelpunkt stehen, erheblich weniger begeistern. Mein Gesamturteil steht somit noch nicht fest; im Laufe der nächsten Woche werden wir das Buch wohl durch kriegen. 


Aus dem Stundenbuch 
Der Herr ist König. Die Erde frohlocke! *
Freuen sollen sich die vielen Inseln.
Rings um ihn her sind Wolken und Dunkel, *
Gerechtigkeit und Recht sind die Stützen seines Throns.
Verzehrendes Feuer läuft vor ihm her *
und frisst seine Gegner ringsum.
Seine Blitze erhellen den Erdkreis; *
die Erde sieht es und bebt.
Berge schmelzen wie Wachs vor dem Herrn, *
vor dem Antlitz des Herrschers aller Welt.
Seine Gerechtigkeit verkünden die Himmel, *
seine Herrlichkeit schauen alle Völker. 

(Psalm 97,1-6


Ohrwurm der Woche 

The Cardigans: My Favourite Game 


In der sehr empfehlenswerten YouTube-Reihe "One Hit Wonderland" meines Lieblings-Popmusikkritikers Todd in the Shadows gibt es eine Episode über die Cardigans, in der natürlich die durch den Film "Romeo + Julia" mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes zum Hit gewordene Single "Lovefool" im Mittelpunkt steht; von den Versuchen der Band, einen weiteren internationalen Hit zu landen, wird "My Favourite Game" von Todd in the Shadows mit dem Satz "It sounds like Garbage" bedacht – ein schönes Wortspiel, denn er meint damit (vermutlich) nicht "Es klingt wie Schrott", sondern eher "Es klingt, als wäre es von der Band Garbage". Und da hat er Recht. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich tatsächlich mal gedacht habe, der Song wäre von Garbage oder vielleicht auch von Republica. Für eine schwedische Band, die sich "Die Strickjacken" nennt und insgesamt den Eindruck erweckt, einem Ikea-Werbespot entsprungen zu sein, ist das natürlich ein ziemlicher Stilbruch; aber ich mag den Song. Ehrlich gesagt finde ich ihn nicht nur besser als "typischere" Cardigans-Nummern wie "Carnival" oder eben "Lovefool", sondern auch besser als das mit ihm leicht verwechselbare "Only Happy When it Rains" von Garbage

Eine Vorschau auf die nächste Ausgabe gibt es diesmal nicht, Freunde. In einer Woche erfahrt Ihr mehr über die zukünftige Gestalt der Wochenbriefings! Bleibt mir gewogen!