Abermals Grüße aus dem Urlaub, Leser! Es ist seit Jahren meine Überzeugung, dass jeder Urlaub gewisse Unbequemlichkeiten mit sich bringt, die man nicht hätte, wenn man zu Hause geblieben wäre, müsse so sein, damit man sich am Ende des Urlaubs wieder auf zu Hause freut. In dieser Hinsicht war die Woche auf dem Reiterhof fast schon zu gut; die zweite Urlaubswoche hat das aber tendenziell wieder ausgeglichen. Näheres dazu unten! Urlaubsbedingt gibt es diese Woche ein paar Sonderrubriken, dafür fallen einige der gewohnten Rubriken aus – darunter auch die "Blogvorschau", denn da wüsste ich gerade wirklich nichts zu schreiben, was ich nicht schon vorige Woche geschrieben habe. – Die angekündigte Rubrik "Aus meinem Wichtelbuch" verschiebe ich nochmals um eine Woche, da dieses Wochenbriefing sonst nicht rechtzeitig fertig wird und es auch ohnedies mehr als genug zu berichten gibt.
Zum Gedenken an alle Embolismen, die beim Vaterunser in der Messliturgie "aus pastoralen Gründen" weggelassen wurden. |
Weiteres aus dem Urlaub in Ostfriesland
Am Freitag, dem letzten vollen Tag unseres Aufenthalts auf dem Reiterhof Kleine Mücke, wollte meine Liebste sich erkundigen, ob unsere Kinder am Nachmittag noch eine Reitstunde bekommen könnten, und passte zu diesem Zweck das Ende des Mittagessens der Ferienmädchen ab. Unser Jüngster begleitete sie nach unten, und als beide zurück in unsere Ferienwohnung kamen, verkündete er freudestrahlend: "Toffel!" Tatsächlich, meine Liebste brachte eine Schüssel Kartoffelbrei mit. Die war beim Mittagessen der Ferienmädchen übrig geblieben, und jetzt durften wir den Kartoffelbrei aufessen. Nebenbei war meiner Liebsten mitgeteilt worden, unsere Ferienwohnung sei noch für ein paar weitere Tage frei. Gut zu wissen, dass man uns gern noch länger dabehalten hätte. Ein paar Tage zuvor hatte ich beim Frühstück den Satz fallen lassen "Von mir aus können wir hier jedes Jahr Urlaub machen", worauf das Tochterkind prompt erwidert hatte: "Von mir aus können wir hier einziehen."
– So ist das, wenn das Leben ein Ponyhof ist. Die Frage nach dem Reitunterricht für die Kinder wurde übrigens dahingehend beantwortet, dass die beiden am Nachmittag einen geführten Ausritt machen durften. Am Samstagmorgen hieß es dann Abschied nehmen vom Reiterhof Kleine Mücke, und somit war der schöne Teil des Urlaubs erst mal vorbei. Für die folgenden sieben Tage hatte meine Liebste eine Ferienwohnung in Norddeich gebucht – theoretisch eine gute Idee: Ein paar Dörfer weiter wohnen meine Schwester und mein Schwager, die wir bei der Gelegenheit mal besuchen wollten, und meine Mutter wollte auch für ein paar Tage dazustoßen; davon abgesehen hat Norddeich einerseits einen Strand, andererseits aber auch das Erlebnisbad OceanWave, ein Kinderspielhaus, eine Seehundstation und ein Waloseum, sodass wir annahmen, einigermaßen wetterunabhängig zu sein – es war nämlich Dauerregen angekündigt.
Als wir in Norddeich ankamen (es gibt übrigens mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine sinnvolle Direktverbindung von Aurich nach Norden, wir mussten über Emden fahren, was, wenn man es sich auf der Landkarte ansieht, ein grotesker Umweg ist), regnete es recht beharrlich, und da wir noch fast zwei Stunden Zeit hatten, bis wir in die Unterkunft konnten, flüchteten wir vom Bahnhof erst einmal in eine Eisdiele namens Frieseneis. Da war's super:
So begann der Aufenthalt in Norddeich also mit einer positiven Note; es blieb aber vorläufig die letzte. Zuerst stellten wir fest, dass wir uns bei der Adresse unserer Ferienwohnung in der Hausnummer geirrt hatten und die Unterkunft zwar nah am Hafen und am Bahnhof, aber längst nicht so dicht am Zentrum von Norddeich lag, wie wir gedacht hatten; dann stellte sich heraus, dass wir uns erst einmal den Schlüssel im Büro der Ferienhausverwaltung abholen mussten, das abermals ganz woanders (sprich: einen gut 20minütigen Fußweg entfernt) lag; und die Ferienwohnung selbst erwies sich, als wir endlich hineinkonnten, auch nicht gerade als komfortabel. Ich sag mal so: Auf unserem gemeinsamen Jakobsweg vor sieben Jahren haben meine Liebste und ich einmal in einer Pension in León übernachtet, die so aussah, als wäre sie seit den Tagen von Generalissimus Franco nicht renoviert worden, und auch so roch, und nachts wurde man vom Gebrüll des besoffen Fußball guckenden Mannes der Pensionswirtin wach gehalten; und über Weihnachten 2019 waren wir in Nordenham in einer Ferienwohnung, die sonst meist als Monteurswohnung genutzt wurde und in der die Möbel eine bedenkliche Neigung zeigten, auseinanderzufallen. Aber eine Bronzemedaille im Kampf um den Titel der miesesten Ferienunterkunft hat diese Norddeicher Ferienwohnung sich allemal verdient. Meine Liebste versichert indes, es sei die einzige einigermaßen bezahlbare Unterkunft für eine vierköpfige Familie gewesen, die zu dieser Jahreszeit in Norddeich zu finden war.
Was mich zum nächsten Punkt auf der Liste der Ärgernisse bringt: Norddeich ist sehr touristisch. Wenn man zuvor eine Woche an einem Ort verbracht hat, an dem Reiterferien die dominierende Form des Tourismus darstellen (okay: Auf dem Tannenhauser See kann man auch wakeboarden. Dafür kann man in Norddeich aber kite-surfen – und tut das auch, und zwar nicht zu knapp), ist das schon ein kleiner Kulturschock. Das fiel mir schon auf dem Weg von unserer Unterkunft zur Ferienhausverwaltung und zurück auf, als ich Leuten begegnete, die miteinander Schwäbisch sprachen. Bitte nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Schwaben, einige meiner besten Freunde sind – aber das ist einfach nicht das, was man als gebürtiges Nordlicht erwartet, wenn man von Berlin nach Ostfriesland reist.
Der größte Minuspunkt von Norddeich ist, dass es keine öffentlichen Mülleimer gibt. Im Ernst, ich habe im ganzen Ort keinen einzigen gesehen. Und im Übrigen werden um 21 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt. Einige wenige Lokale haben bis 22 Uhr geöffnet, und danach nur noch Metas Musikschuppen – aber nur samstags. Die einmalige Chance, diese Kult-Location des frühen deutschen Rock'n'Roll und Beat, wo sowohl Otto Waalkes (als Sänger und Leadgitarrist einer Beatband) als auch Howard Carpendale (als Elvis-Imitator, kein Witz) ihre Karrieren begannen, von innen zu sehen, verpasste ich, weil ich am Abend unseres Ankunftstags so erschöpft war, dass ich froh war, endlich ins Bett gehen zu dürfen.
Trotz alledem entwickelte sich unser Aufenthalt in Norddeich in den folgenden Tagen besser, als man nach dem schlechten Start hätte erwarten mögen. Zu den Highlights gehörte es, dass wir zusammen mit meiner Schwester und meiner Mutter die Seehundstation besuchten:
Ins OceanWave gingen wir natürlich auch, und auch das Wetter besserte sich so weit, dass wir mehrmals an den Strand gehen konnten. – Übrigens eine kleine Beobachtung aus dem OceanWave: Eltern, die ihre Kinder #kitafrei aufziehen, stehen ja häufig im Ruf, überfürsorgliche Helikoptereltern zu sein. Ich persönlich halte das für Quatsch. Ich kann nicht für alle kitafreien Eltern sprechen und will auch die Auswirkungen der KiTa-Betreuung auf das Verhalten von Kindern nicht verallgemeinern, möchte aber behaupten, unsere Kinder agieren für ihr Alter ziemlich souverän und selbstsicher; und zumindest zu einem gewissen Grad, so denke ich, rührt das gerade daher, dass sie mit der Erfahrung aufwachsen, dass mindestens ein Elternteil jederzeit für sie da ist, wenn sie uns brauchen. – Was nun aber wirklich überforsorgliche Eltern angeht, so habe ich im OceanWave sogar im Kleinkinder-Planschbecken zahlreiche Kinder gesehen, die mit Schwimmflügeln, Schwimmwesten oder so komischen Schwimmgürteln ausgerüstet waren, mit denen man aussieht wie ein Selbstmordattentäter. Einige Kinder trugen sogar mehrere solcher Teile gleichzeitig. Bei einer Wassertiefe von maximal 20 Zentimetern, wo selbst ein Kleinkind höchstens dann ertrinken kann, wenn es mit dem Gesicht nach unten im Wasser liegt – und genau dann nützen auch solche Schwimmhilfen nichts.
Dass unser Jüngster großes Interesse an Musik zeigt, habe ich in den letzten Wochen ja schon ein paarmal erwähnt, und in diesem Urlaub hat es sich einmal mehr bestätigt. Am späten Nachmittag unseres Ankunftstags in Norddeich dachte ich, ich könnte mich vielleicht kurz mal ein bisschen ausruhen, aber die Kinder waren nicht dieser Meinung und sprangen ausgelassen um mich herum. Der Jüngste brabbelte dabei teils mehr, teils weniger unverständlich vor sich hin, und ein Wort, das er mehrmals wiederholte, klang für mein Ohr so ähnlich wie Papageno. "Papageno? Kann ich dir zeigen", sagte ich spontan, zückte mein Handy und suchte bei YouTube eine Aufnahme von "Der Vogelfänger bin ich ja" heraus – als Auszug aus einer Zauberflöten-Aufführung an der Opéra Nationale de Paris aus dem Jahr 2001 mit Detlef Roth als Papageno. Ehrlich gesagt entschied ich mich für diese Version hauptsächlich deshalb, weil mir das Kostüm gefiel bzw. ich annahm, dass es meinen Kindern gefallen würde. Ich wurde nicht enttäuscht: Die Kinder waren absolut gefesselt, und insbesondere der Jüngste kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Die Folge war, dass ich den Kindern noch diverse weitere Papageno-Auftritte aus derselben Zauberflöten-Aufführung zeigen musste. Besonders gut kam das Papageno-Papagena-Duett an, auch wenn der Jüngste mit kindlicher Logik überzeugt war, Pagagena müsse "Mama-Geno" heißen. (Wie Heinz Erhardt dichtete: Aus der Ferne grüßen Fata und Mutta Morgana.) Zu diesem Duett übrigens eine inhaltliche Anmerkung: Papageno und Papagena sind endlich vereint, hatten einander verloren und haben sich wiedergefunden – und widmen dieser Tatsache gerade mal zwei Verse pro Person, ehe sie dazu übergehen, von den Kindern zu singen, die sie zusammen bekommen wollen. Das nämlich, so meinen sie, sei "das Höchste der Gefühle". Mit Blick auf meine eigenen Kinder möchte ich da nicht widersprechen, aber bemerkenswert finde ich diese Prioritätensetzung schon.
Am Dienstag stand ich am Strand von Norddeich am Coffee-Bike an und ärgerte mich, dass die Warteschlange vor mir nicht kürzer wurde (was nicht unwesentlich daran lag, dass der Barista telefonierte, statt die Kunden zu bedienen), als eine Lautsprecherdurchsage meine Aufmerksamkeit auf sich zog: Eine Frau, die sich als Almut vorstellte, lud die anwesenden Kinder für 15 Uhr zur "Kinderkirche" am Kirchenstrandkorb ein. Der Kirchenstrandkorb war dank einer blau-weißen Fahne mit der Aufschrift "Kirche" weithin zu erkennen; ich ließ die Hoffnung auf einen frischen Kaffee fahren, kehrte zu meiner Familie zurück und fragte das Tochterkind (da der Jüngste gerade auf Mamis Schoß Mittagsschlaf hielt), ob sie Lust habe, mit mir zur Kinderkirche zu gehen. Sie bejahte ohne Zögern, also stiefelten wir los.
Bei diesem "Kirchenstrandkorb" handelt es sich um eine Einrichtung der "Ökumenischen Urlauber*innenseelsorge [sic] Norden/Norddeich"; Almut entpuppte sich als freundliche ältere Dame von der evangelischen Kirchengemeinde, die den ca. zehn zu ihren Füßen versammelten Kindern (fast ausschließlich Mädchen) eine freie Nacherzählung der Geschichte von Jona und dem Wal präsentierte, teilweise szenisch illustriert mit Playmobil-Figuren.
Ich fand es übrigens recht charakteristisch, dass von allen anwesenden Kinder einzig meine Tochter Anstalten machte, das Programm ein bisschen interaktiver zu gestalten, indem sie auf die in die Erzählung eingestreuten rhetorischen Fragen tatsächlich Antworten gab.
Neues aus Synodalien
Am vergangenen Freitag fand in der Kirche St. Canisius in Berlin-Charlottenburg ein von der "Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V" ausgerichteter "Ökumenischer CSD-Gottesdienst" unter dem Motto "Mit Gottes Segen - für mehr Solidarität und Empathie" statt; darüber informierte mich eine Pressemitteilung, die mich per eMail erreichte. Es zelebrierten Pater Georg Maria Roers SJ und Thomas Beckmann, die Predigt hielt Veronika Gräwe von der Initiative #OutinChurch, und, nun die Pointe: "An der Orgel begleitet[e] den Gottesdienst Anna Vavilkina, Hausorganistin im Kino Babylon". Sic. Das lasse ich einfach mal so stehen.
Derweil habe ich auch diesmal wieder ein paar Beobachtungen aus der Diaspora des vakanten Bistums Osnabrück mitzuteilen. In Norddeich gibt es zwar keine katholische Kirche, wohl aber in Norden, und diese heißt ebenso wie die in Aurich St. Ludgerus. Um die Verwirrung komplett zu machen, heißt auch die evangelische Hauptkirche von Norden Ludgerikirche; genauer gesagt ist dies eigentlich die erste dem Hl. Ludger geweihte Kirche des Ortes, sie wurde bereits im 13. Jh. errichtet, die heutige katholische Kirche Nordens hingegen erst 1885. Die erstere habe ich bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nur von außen gesehen, war aber beeindruckt von ihrer mittelalterlichen Wuchtigkeit und schieren Größe; die letztere kann da nicht mithalten, ist aber größer und prächtiger als die gleichnamige Kirche in Aurich – was zwar insofern überrascht, als Norden eine deutlich kleinere Stadt als Aurich ist, aber, wie ich bei Tante Wikipedia gelesen habe, der großzügigen Stiftung eines Münsteraner Pelzhändlers zu verdanken sein soll.
Bedenklich erscheint indes, dass im Schaukasten der Kirche die Thesen von Maria 2.0 aushängen. Einen "Frauenstammtisch" gibt es in der Gemeinde auch, aber der veranstaltet eher so Sachen wie Kartenspielabende, "Weihnachtsmarktbesuch oder [!] Plätzchenbacken" und, besonders hübsch, "Gewürzabenteuer: Heilmittel-Curryduft-Kompositionen sehen, riechen, schmecken" ("Wir probieren Chutney und Papadam und machen uns eine eigene Gewürzmischung zum Mitnehmen").
À propos Mitnehmen: Natürlich nahm ich mir auch hier wieder den Pfarrbrief mit – ein 72 Seiten starkes, bunt bebildertes Heft, das ich hier nicht umfassend rezensieren kann und will, aber ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind, will ich doch festhalten. Im Bericht über die Konstituierung des neugewählten Pfarrgemeinderates heißt es: "Gerade heute in den Zeiten des Umbruchs und Neuanfangs im Bistum Osnabrück und in der kath. Kirche Deutschlands müssen wir zusammenstehen und weitere Umstrukturierungen und neue Ansätze bzw. Möglichkeiten einfordern." Diejenigen Beiträge, in denen es um "Seelsorge am Meer", die Urlauberseelsorge des Bistums Osnabrück, geht – aber, soweit ich gesehen habe, nur diese –, sind gespickt mit Gender-Sternchen, sogar beim Wort "Gott*". Ansonsten wirkt der Großteil des Pfarrbriefs auf den ersten Blick recht "normalkatholisch", im Guten wie im Bösen; kurz vor Schluss folgt dann aber eine Doppelseite über den "Synodalen Weg". Irritierenderweise ist dieser Beitrag zwar in Ich-Form geschrieben und enthält dezidiert subjektive Einschätzungen, ist aber dennoch nicht namentlich gezeichnet, sodass man sich wie Susi Sorglos fragen möchte: "He, wer spricht'n da?". Jedenfalls liest man da unter anderem:
"Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass dieser Weg richtig und wichtig war und ist. Meine anfängliche Euphorie, dass wir bahnbrechende Veränderungen erlangen, hat sich im Laufe der Versammlungen sicherlich verändert. Und ja, kritische Stimmen bemerken zu recht, dass wir die Jahrzehnte diskutierten Hauptthemen: frauenweihe, Pflichtzölibat und Sexualmoral nur angekratzt haben. Aber dieses hartnäckige Kratzen und Füße scharren war und ist fruchtbar. Mit dem Synodalen Weg haben wir deutliche Spuren hinterlassen vielleicht sogar in Rom".
Und abschließend:
"Und nein, mit dieser 5. Versammlung ist der Synodale Weg nicht beendet, können wir uns nicht wieder bequem zurück lehnen, können und dürfen wir nicht mehr hinter dem zurück, was wir angestoßen haben! Für mich beginnt der Synodale Weg jetzt erst richtig!
Es ist nun an uns, dass wir die oft sperrigen Texte in unserem Bistum, Gemeinden und Verbänden mit Leben füllen. Mit der sofortigen Umsetzung der Beschlüsse, die unser Bistum direkt angekündigt hat: Taufspendung und Predigtdienst durch befähigte Lai*innen" – da ist er also doch noch einmal, der Genderstern – "und Segensfeiern für alle, setzen wir erste konkrete und ermutigende Zeichen für einen für mich [!] notwendigen Veränderungsprozess – für mehr Menschlichkeit – für mehr Veränderungswillen – für ein Mehr in Kirche!"
Schöner kann man's fast nicht sagen: Die hier schreibende Person findet die auf dem Synodalen Weg propagierten Veränderungen für sich notwendig, und der Rest der Kirche hat da gefälligst mitzuziehen. Das hat etwas von einer Geiselnahme, einer Flugzeugentführung.
Dies ist eine Premiere, Leser: das erste Wochenbriefing, in dem es in der Rubrik "Spandau oder Portugal" nicht um Spandau geht, sondern um Portugal! Verantwortlich dafür ist natürlich der Weltjugendtag in Lissabon. Dieser hat zwar noch nicht begonnen, aber wie mich eine eMail der Pressestelle des Erzbistums Berlin informierte, sind bereits am gestrigen Mittwoch "180 junge Menschen aus 13 Pfarreien aus dem Erzbistum Berlin gemeinsam mit 28 Betreuer:innen [sic] zum 38. Weltjugendtag (WJT) nach Portugal" aufgebrochen. Zum Programm bis zur eigentlichen Eröffnung des Weltjugendtags heißt es da:
"Zunächst geht es zu den Tagen der Begegnung im Vorfeld des Weltjugendtages nach Marinha Grande. Der knapp einwöchige Aufenthalt in der Pfarrei bietet Gelegenheit, die Bevölkerung und die Jugend vor Ort kennenzulernen. Außerdem werden hunderte weitere Jugendliche aus aller Welt mit vor Ort sein. Zu den Programmpunkten gehört ein Ausflug ins nahe gelegene Fatima, dem Ort der berühmten Marienerscheinungen von 1917, deren zentrales Thema das Gebet für den Frieden ist. Von Samstag, 29. bis Montag, 31. Juli wird der Berliner Erzbischof Heiner Koch zur Gruppe dazu stoßen."
Gender-Doppelpunkt und Fatima: eine brisante Mischung, könnte man meinen. Aber wie ich immer gern sage, im Erzbistum Berlin macht der BDKJ sogar beim Nightfever mit. Auf den zweiten Blick fiel mir die Aussage ins Auge, das "zentrale Thema" der Marienerscheinungen von Fatima sei "das Gebet für den Frieden". Ach so, na dann: Das findet natürlich jeder jut, "gerade heute", wie man im Pastoralsprech so sagt. Ich muss sagen: Auf die Idee, dass man die Erscheinungen von Fatima politisch korrekt "framen" könnte, wäre ich nicht gekommen.
Die Söhne des Zebedäus bedrängten Jesus mit den folgenden Worten: "Lass in deinem Reich den einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen." Was antwortet Jesus? Er weist darauf hin, dass sie etwas Ungeistliches erbeten haben und dass sie es nicht gewagt hätten zu bitten, hätten sie gewusst, um was sie bitten. Dann fährt er fort: "Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?" Er will damit sagen: Ihr sprecht von Ehren und Kränzen, ich aber rede von Kampf und Schweiß. Denn noch ist nicht die Zeit für den Siegerpreis, noch erscheint meine Herrlichkeit nicht. Die Gegenwart ist eine Zeit von Mord, Kampf und Gefahr. Sie antworteten ihm: "Wir können es."
In der Bereitwilligkeit ihres Herzens versprechen sie es sogleich, ohne zu wissen, was sie da sagen, und erwarten die Gewährung ihrer Bitte. Und was sagt Jesus? "Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde." Eine große und schöne Verheißung gibt er ihnen, nämlich, ihr werdet des Martyriums gewürdigt und müsst ebenso leiden wie ich. Mit einem gewaltsamen Tod werdet ihr euer Leben beschließen, und darin werdet ihr meine Gefährten sein.
(Johannes Chrysostomus, Homilie zum Matthäusevangelium)
Julien Bam: Mach die Robbe