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Donnerstag, 4. Mai 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #28

Schnallt Euch an, Leser: Hinter mir liegt eine außerordentlich ereignisreiche Woche, und vor Euch folglich das wohl mit einigem Abstand spektakulärste Wochenbriefing seit der Wiederaufnahme dieses Artikelformats vor sieben Wochen, wenn nicht sogar darüber hinaus. 


Da es so viel Stoff für die einzelnen Rubriken gibt, stelle ich die "Tagesreste" erst einmal zurück und beginne, der chronologischen Reihenfolge entsprechend, gleich mit 

Neues aus Synodalien 

Ich hatte es ja bereits mehrfach angekündigt: Am vorigen Donnerstag, dem 27. April, fand im Gemeindezentrum St. Konrad in Falkensee (Landkreis Havelland) eine Veranstaltung mit dem Titel "Synodaler Weg – wie weiter in Bistum und Pfarrei?" statt, mit dem Generalvikar des Erzbistums Berlin, Pater Manfred Kollig SSCC, als Hauptredner. Da fuhr ich natürlich hin – und schrieb einen Bericht für die Tagespost darüber, der in der gedruckten Ausgabe just heute erschienen ist; ich bin mal optimistisch, dass er in Kürze auch online verfügbar sein wird. Und was ich da – und zwar nicht nur aus Platzgründen – nicht geschrieben habe, das schreibe ich jetzt hier

Zunächst einmal: Ich war zuvor noch nie in Falkensee gewesen, es ist ein hübsches, gepflegtes Kleinstädtchen – man könnt' sich fast vorstellen, dort zu leben, wenn die Kirchengemeinde nicht so wäre, wie sie nun mal ist. Wobei die Gruppe "Synodale Gemeinde/Maria 2.0 in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland", die hier ihren Schwerpunkt hat, vielleicht nicht unbedingt repräsentativ für die ganze Gemeinde ist, aber dazu später. 


ü

Die Kirche St. Konrad in Falkensee ist äußerlich baugleich (oder annähernd baugleich) mit der Kirche St. Marien Maternitas in Berlin-Heiligensee; die beiden Kirchen sind auch ziemlich kurz nacheinander, 1934 respektive '36, erbaut worden. Die Innenraumgestaltung ist in der Falkenseer Kirche allerdings erheblich geschmackvoller geraten. 



In den Jahren 2010/11 wurde ein betont modern-futuristisch anmutendes Gemeindezentrum an die Kirche angebaut, das durch eine Glasschiebetür direkt mit dem Kirchenraum verbunden ist; das wirkt ein wenig so, als wäre ein UFO neben der Kirche gelandet und habe begonnen, das ältere Gebäude zu assimilieren. Sehr symbolisch irgendwie. Einigermaßen überrascht war ich, im Schaukasten und am Schriftenstand Plakate und Flyer von Maria 1.0 vorzufinden. Das mal als Indiz dafür, dass die Gemeinde noch nicht komplett in der Hand der postchristlichen Kryptoschismatiker ist. 


Die Veranstaltung selbst war allerdings erwartungsgemäß gruselig. Die gastgebende Gruppe "Synodale Gemeinde/Maria 2.0 in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland" hatte ein echtes Heimspiel und gebärdete sich entsprechend arrogant, allen voran der "Moderator" der Veranstaltung, der Journalist Benno König. Die wenigen Diskussionsteilnehmer, die grundsätzliche Kritik am Synodalen Weg äußerten und Positionen des kirchlichen Lehramts bekräftigten, kamen durchweg aus Siemensstadt; das sagt wohl auch was aus. Angesichts dieses Publikums fand ich es – wie ich schon in der Tagespost angedeutet habe – im Grunde erstaunlich, wie viel Mühe Generalvikar Kollig sich gab, den Anliegen und den Beschlüssen des Synodalen Wegs eine moderate und rechtgläubige Ausdeutung zu geben. Man muss daher wohl davon ausgehen, dass das nicht nur seine Taktik für diese Veranstaltung war, sondern tatsächlich den Kurs des Erzbistums Berlin bei der Umsetzung des Synodalen Wegs widerspiegelt. Das erscheint insofern halbwegs plausibel, als das Erzbistum Berlin – auch wenn Außenstehende einen immer etwas ungläubig anschauen, wenn man das sagt – im bundesweiten Vergleich einen relativ konservativen Klerus und auch relativ konservative Gläubige hat. Aber mit "halbwegs plausibel" meine ich ausdrücklich nicht, dass ich diese Strategie für überzeugend und erfolgverheißend hielte. – Ich zweifle nicht an den guten Absichten unseres Erzbischofs und unterstelle auch seinem Generalvikar keine bösen, aber ich muss dennoch sagen, dass ich das Ansinnen, bei der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Wegs einen moderaten Kurs zu steuern, für vom Ansatz her verfehlt halte. Man sieht sich "als Kirche" (wie es so unschön heißt) mit Forderungen konfrontiert, von denen man weiß, dass sie unannehmbar sind, zu denen man aber nicht einfach Nein sagen will oder zu können glaubt; also probiert man aus, wie weit man sich mit Hilfe von arg weit hergeholten theologischen und linguistischen Argumenten verbiegen kann, um den Fordernden wenigstens ein bisschen entgegenzukommen. Damit macht man sich nur unglaubwürdig, und es ist niemandem damit gedient – letztlich auch den Fordernden nicht, die entweder versuchen werden, statt des kleinen Fingers, den man ihnen hinhält, gleich die ganze Hand zu ergreifen, oder sich enttäuscht und beleidigt abwenden. 

Ebenfalls bereits beiläufig in der Tagespost angesprochen habe ich den Umstand, dass die Besucher dieser Veranstaltung überwiegend recht betagt waren. Präziser gesagt war die einzige anwesende Person, die eindeutig jünger als ich war, die "Maria 2.0"-Vertreterin Martina Freisinger, die, wie sie selbst sagte, die örtliche Zwonuller-Gruppe am Küchentisch ihrer Eltern gegründet hatte. Außer durch die in meinem Tagespost-Bericht erwähnte Äußerung über "das zu erwartende Nö aus dem Vatikan" fiel sie vor allem dadurch auf, dass sie – als Zwischenruf zur Wortmeldung einer anderen Teilnehmerin – vehement darauf bestand, die Aussage, es gebe nur zwei Geschlechter, sei "wissenschaftlich widerlegt"; und dann noch durch eine Anekdote, die illustrieren sollte, wie schlecht sie und ihre Gesinnungsgenossinnen von ihren Gegnern behandelt werden; eine Anekdote, die mir besonders gefiel, weil Bloggerkollegin Claudia, wenn auch ohne namentlich genannt zu werden, darin die zentrale Antagonistenrolle spielte. Worum ging's? Um eine von "Maria 2.0" gestaltete Rosenkranzandacht, die schon im Vorfeld Proteste ausgelöst hatte. Frau Freisinger konnte gar nicht g'nug betonen, wie abstrus sie es fand, dass gerade eine Rosenkranzandacht solche Aversionen bei strenggläubigen Katholiken auslöste; der Einwand "Satanisten feiern auch Messen" fiel mir erst im Nachhinein ein – war vielleicht auch besser so. Jedenfalls erwähnte sie, "dankenswerterweise" habe sich eine Person, die "ihren Positionen nach" vermutlich Maria 1.0 zuzurechnen gewesen sei, "in die Diskussion hineinbegeben"; aber ach: "Was wir aber als Gruppe hinterher feststellen mussten, war, dass sie auf einem Blog, den sie im Internet betreibt, in einer dermaßen despektierlichen Art und Weise [...] und auch in einer verzerrenden Art und Weise über diese Veranstaltung geschrieben hat"; ja, das ist natürlich sehr, sehr schlimm. – Nun gut: Damit, dass das Bloggen in gewissen Kreisen als eine irgendwie unehrenhafte Form des Journalismus wahrgenommen wird, habe ich ja auch so meine Erfahrungen gemacht, und dass man, wenn man die "offiziellen" Medien im Großen und Ganzen auf seiner Seite weiß, die Existenz einer kritischen Gegenöffentlichkeit als einen schmerzhaften Stachel im Fleisch empfindet, ist ja auch irgendwie verständlich. Da ich die besagte Rosenkranzandacht (im Oktober '21) nicht miterlebt habe, kann ich streng genommen nicht darüber urteilen, inwieweit Claudias Artikel "verzerrend" ist; ich kann nur sagen, auf mich macht er den Eindruck einer geradezu akribischen Transparenz, was die Trennung zwischen sachlichem Bericht und subjektiver Wertung angeht. Würde ich mir so nicht zutrauen. – Was Martina Freisinger neben ihrem Engagement für "Maria 2.0" noch so macht, kann man zwei Artikeln des Landkreismagazins "Unser Havelland" entnehmen. Ich will das gar nicht weiter kommentieren, außer vielleicht mit der Feststellung: Wäre sie eine fiktive Figur, würde man sie für übertrieben klischeehaft halten. 

Auch noch lustig: Als der Generalvikar sich nach dem Ende der Veranstaltung sehr freundlich und souverän von mir als dem wohl einzigen anwesenden Pressevertreter verabschieden wollte, überraschte ich ihn mit der Mitteilung "Ich glaube, wir haben eine gemeinsame Mitfahrgelegenheit." Tatsächlich hatte nämlich der für die Gemeindestandorte Siemensstadt und Haselhorst zuständige Pfarrvikar der Pfarrei Heilige Familie die Aufgabe übernommen (oder zugewiesen bekommen?), den Generalvikar zurück nach Berlin-Charlottenburg zu bringen, sich andererseits aber auch spontan bereiterklärt, mich bis Siemensstadt mitzunehmen. Es war eine ausgesprochen interessante Fahrt, nicht zuletzt, weil der Pfarrvikar die Gelegenheit nutzte, dem Generalvikar einige Einblicke in die Situation in der neuen Großpfarrei zu  vermitteln; aber da werde ich jetzt nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Kommen wir lieber zur nächsten Rubrik: 


Währenddessen in Tegel 

Am Montag, dem 1955 von Pius XII. gestifteten Fest "Hl. Josef der Arbeiter", feierte die Tegeler St.-Joseph-Kirche ihr Patronatsfest, und da die Gemeinde in diesem Jahr zudem ihr 90jähriges Bestehen feiert, wurde dieses Fest besonders groß aufgezogen. Das Tochterkind und ich waren uns einig, dass wir da hin mussten – ich, um darüber zu bloggen, und sie, weil es eine Hüpfburg gab –, wohingegen meine Liebste mit dem Jüngsten zu Hause blieb, da sie keine Lust auf eine Begegnung mit Leuten hatte, die wir aus unserer aktiven Zeit in der Tegeler Pfarrei kennen. Hatte ich eigentlich auch nicht, aber dazu später. – Ursprünglich hatte ich erwogen, um 10 Uhr in St. Joseph zur Messe zu gehen, die den Auftakt zum Gemeindefest bildete; aber dann gab ich doch einem gemütlichen Frühstück im Familienkreis den Vorzug. Als das Tochterkind und ich kurz nach elf Uhr am Ort des Geschehens ankamen, war die Hüpfburg noch nicht aufgebaut, also machten wir erst mal noch einen Abstecher ins Naturschutzgebiet am Tegeler Fließ, wo offenbar gerade Froschhochzeit war; und als wir dann wieder zum Festgelände zurückkehrten, war auch da inzwischen eine ganze Menge los. Ganz ehrlich, ich war überrascht, um nicht zu sagen beeindruckt, was der Förderverein und/oder der Lokalausschuss von St. Joseph da auf die Beine gestellt haben. Verglichen damit muss man die beiden letzten Gemeindefeste in Herz Jesu Tegel, an denen meine Liebste und ich beteiligt waren, geradezu als kläglich bezeichnen. Und das, obwohl Herz Jesu die Pfarrkirche ist und im Zentrum von Tegel liegt, wohingegen der Gemeindestandort St. Joseph noch vor nicht allzu langer Zeit als gewissermaßen vom Aussterben bedroht galt. Was mag sich da in der Zwischenzeit verändert haben? – Die fromme Antwort auf diese Frage würde wohl lauten: Das intensive Beten für den Standort hat offenbar gewirkt. Eine pragmatischere Antwort wäre, dass der von mir seinerzeit skeptisch beurteilte Ansatz, die Nachbarschaft zur von der Pfarrei getragenen Kita für die Neubelebung des Gemeindestandorts St. Joseph zu nutzen, allmählich doch Früchte trägt. Begonnen hat das damit, dass einige Kita-Eltern regelmäßig "Familienandachten" in St. Joseph gestalten (an der ersten Veranstaltung dieser Art habe ich mit meiner Familie teilgenommen, ich habe berichtet), und inzwischen sind einige dieser Familien anscheinend auch darüber hinaus im Lokalausschuss und/oder im Förderverein von St. Joseph aktiv. 





Wie bei so ziemlich jedem Pfarrfest, auf dem ich jemals war, gab es von Gemeindemitgliedern gespendete Kuchen und Salate, außerdem eine Bratwurst- und eine Bierbude sowie, man höre und staune, ein Coffeebike. Nun ist es ja bekanntlich ein pet peeve von mir, dass es bei Pfiarrfesten für alle Speisen und Getränke festgelegte Preise gibt, anstatt dass zumindest diejenigen Speisen, die sowieso gespendet werden und den Veranstalter also gar nichts kosten, gegen freiwillige Spende ausgegeben würden. Hier kam noch hinzu, dass man an einem separaten Stand erst mal Wertmarken kaufen musste, um damit dann an den anderen Ständen etwas zu essen oder zu trinken zu bekommen. Sogar der Glaspfand an der Bierbude musste in Form solcher Wertmarken entrichtet werden. – 

Und habe ich sonst nichts zu bekritteln? Oh doch: Den DJ. Gegen halb Eins wurde vor dem offenen Kirchenportal eine Musikanlage aufgebaut, und ein älterer Herr mit Bart und Baseballkappe schlug einen mehr oder weniger eleganten Bogen von Ballermann-Hits zu Bad-Taste-Schlagerparty (und zurück). France Gall mit "Poupée de cire, poupée de son", Udo Jürgens mit "Griechischer Wein", ABBA mit "Dancing Queen", Tom Jones mit "Delilah" und Albert Hammond mit "It Never Rains in Southern California" waren da noch die Highlights; bei der letzteren Nummer sang ich vor lauter Erleichterung sogar mit. 

Was den oben angesprochenen Aspekt der Begegnung mit Leuten betrifft, die wir aus unserer aktiven Zeit in der Tegeler Pfarrei kennen, ist zu berichten: Von den hauptamtlichen Mitarbeitern waren der Pfarrer, "Pater Mephisto", der Diakon, der Hausmeister (der mich sehr herzlich begrüßte), der Organist und die Pfarrsekretärin bei dem Fest, darüber hinaus vielleicht eine Handvoll Gemeindemitglieder, die ich persönlich kannte – mit zweien von diesen sprach ich etwas mehr als ein paar Worte im Vorbeigehen. Ansonsten waren bemerkenswert viele Leute da, die ich nicht kannte; darunter auffallend viele junge Familien. – Den sich dabei (zugegebenermaßen auch bei mir) reflexartig aufdrängenden Gedanken "Na, und wie viele von denen lassen sich wohl mal im Gottesdienst blicken?" möchte ich erst einmal zurückweisen; schließlich habe ich in meiner aktiven Zeit in der Tegeler Pfarrei mehr als einmal darüber geklagt, "dass selbst die Gutwilligen unter den aktiven Gemeindemitgliedern ganz grundsätzlich nicht auf die Idee kommen, Angebote für Leute zu machen, die nicht sowieso schon zur Kerngemeinde gehören". Da kann ich mich ja nun wohl schlecht auch über das Gegenteil beklagen. Nein: Wenn man mit einem Pfarrfest ein Publikum erreicht, das ansonsten eher nicht von sich aus den Kontakt zur Kirche suchen würde, dann kann man das mit einigem Recht als Erfolg betrachten. Aber etwas zwiespältig sehe ich die Sache doch; denn ich frage mich, wie nachhaltig dieser Erfolg sein kann, wenn dieses Fest sich (abgesehen von der Tatsache, dass auf dem Grundstück, auf dem es stattfindet, zufällig auch eine Kirche steht) praktisch nicht von einem Fest unterscheidet, das auch ein beliebiger Nachbarschafts- oder Kleingartenverein hätte ausrichten können. – Mir ist klar, dass die konventionelle Weisheit der volkskirchlich Engagierten in solchen Fällen lautet, es gehe bei derartigen "niederschwelligen Angeboten" darum, dass Leute überhaupt erst einmal positive Erfahrungen "mit Kirche" machen, wie man so unschön sagt. Das ist ja auch nicht unbedingt verkehrt, aber die Frage, die mir dabei immer auf der Zunge liegt, lautet: "Und dann?" Ich könnte mich täuschen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass die Organisatoren dieses Fests mit ihrem Engagement in der Kirche höhere oder weitere Ziele verbinden als das, die Kirchengemeinde als Institution am Leben zu erhalten. Wohlgemerkt: Dieses Ziel ist an sich gut und lobenswert – aber eben nicht als Selbstzweck

Spandau oder Portugal 

In dieser Rubrik geht's erneut nicht um Portugal, sondern um Spandau; oder, präziser gesagt, eigentlich um den Spandauer Ortsteil Haselhorst. Hier gibt es zwei Neuigkeiten zu vermelden: Erstens, meine Liebste und ich dürfen endlich mal wieder – offiziell und nicht "guerillamäßig" – eine Andacht gestalten, nämlich eine Maiandacht in der Haselhorster St.-Stephanus-Kirche. Am Sonntag in der Messe war vermeldet worden, es seien noch zwei Termine zu vergeben, und es lägen Listen aus, in die man sich eintragen könne. Da ich jedoch keine ausliegende Liste entdecken konnte, marschierte ich nach der Messe kurzentschlossen in die Sakristei und sprach den Lektor an. Er freute sich offenkundig, einen weiteren Termin "loszuwerden"; und ich freue mich auch. In Herz Jesu Tegel haben wir von 2018-21 jedes Jahr eine Maiandacht gestaltet; vor drei Jahren war unsere Maiandacht sogar die allererste gottesdienstliche Feier, die nach dem Ende des Corona-Lockdowns in dieser Kirche stattfand. Nun können wir diese Tradition also nach einem Jahr Unterbrechung an einem neuen Ort fortsetzen, und zwar am Freitag, dem 12. Mai, um 17:30 Uhr (vor der Abendmesse). In Kenntnis der typischen Zielgruppe von Maiandachten habe ich zwar ein bisschen Bammel, dass zu unserer Andacht genau die griesgrämigen alten Damen kommen, die uns immer böse angucken, wenn unsere Kinder in der Messe nicht mucksmäuschenstill sind, aber warten wir's mal ab – wer weiß, wofür es gut ist. 


Und am Tag nach dieser Andacht, also am 13. Mai, um 15 Uhr steht dann die erste "Schnupperstunde" für die "Wichtelgruppe" der Haselhorster Pfadfinder an. Gestern hatte ich das erste Vorbereitungstreffen mit meiner Co-Gruppenleiterin: Im Gegensatz zu mir hat sie schon aus ihrer eigenen Jugend Erfahrungen mit Pfadfinderarbeit und ist entsprechend erpicht darauf, der Gruppe einen entschieden pfadfinderischen Anstrich zu geben, gleichzeitig und andererseits pflegt sie in Sachen Planung und Vorbereitung einen recht unbekümmerten "Das wird schon"-Ansatz. Ich bin mal gespannt, wie gut wir uns mit unseren unterschiedlichen Temperamenten ergänzen werden. 


Was ich gerade lese 
Dieses Buch, das als Spende für das derzeit auf Eis liegende Büchereiprojekt in meinen Besitz gelangt ist, habe ich vor knapp eineinhalb Jahren schon einmal durchgearbeitet, aber da man einen Blogartikel zur Würzburger Synode von mir erwartet, bin ich derzeit dabei, meine Exzerpte aus diesem Buch sowie meine Notizen dazu noch einmal gründlich durchzugehen. Auf die Früchte dieser Lektüre wird in dem besagten Artikel noch einigermaßen ausführlich einzugehen sein; aber ein Fundstück, das ich auch unabhängig vom Kontext der Würzburger Synode bezeichnend und erhellend finde, möchte ich schon jetzt und hier präsentieren: 
"Was hat der Glaube an Jesus Christus aus Nazareth für einen Sinn? Seine Verkündigung damals – unser Leben heute: wo gibt es eine Brücke, eine Verbindungslinie? Und wenn wir überzeugt sind, dass Jesus auch uns Menschen des 20. Jahrhunderts noch etwas zu sagen hat: was hat er uns zu sagen? Und welche Geltung haben in dieser Suche nach dem Inhalt der christlichen Botschaft die überlieferten Interpretationen [...]?" (S. 66) 
Wofür finde ich das bezeichnend? Für eine im Grunde "postreligiöse" Schwundstufe des Christentums, die sich in den rund fünf Jahrzehnten, seit Plate diese Zeilen schrieb, in der Kirche ausgebreitet hat wie ein parasitärer Pilz. – Dass der "Mensch des 20. Jahrhunderts" – und neuerdings auch der des 21. – dazu neigt, sich für ein ganz besonderes Exemplar der Spezies Mensch zu halten, ist uns schon öfter aufgefallen; aber davon mal ganz abgesehen macht der Umstand, dass eine Frage wie die hier formulierte überhaupt auftreten kann, deutlich, dass Christus primär als jemand wahrgenommen wird, der vor 2.000 Jahren gelebt und der Nachwelt eine Lehre, eine Botschaft, eine Message hinterlassen hat, und nicht so sehr als jemand, der heute in Seiner Kirche lebt und wirkt. Einem solchen Mangel an lebendiger Gotteserfahrung kann aber auch dadurch nicht abgeholfen werden, dass man versucht, die "Message" des Glaubens in eine der Denk- und Sprechweise des modernen Menschen angepasste Form zu "übersetzen". Bezeichnend ist auch, wie hier versucht wird, sich der historisch gewachsenen Lehrentwicklung der Kirche zu entledigen, indem man sie lediglich als ein Bündel von "Interpretationen" auffasst, die in ihrer jeweiligen Zeit sinnvoll und relevant gewesen sein mögen, den heutigen Menschen aber nichts mehr sagen. Dass nach dem "Inhalt der christlichen Botschaft" gefragt wird, ist geradezu eine doppelte Abstraktion: Das Christentum wird auf seine "Botschaft" reduziert und diese wiederum auf ihren "Inhalt". Dieses Thema hat uns hier schon öfter beschäftigt und wird es wohl auch zukünftig noch tun. 

Ein Fundstück aus einer Büchertelefonzelle – der 27. (!) Band einer Pferdemädchen-Buchreihe namens "Vollblut" (Originaltitel: "Thoroughbred"). Christina Reese lebt auf einem von ihren Eltern geleiteten Gestüt in Kentucky, träumt von einer Karriere als Vielseitigkeitsreiterin und trainiert daher unermüdlich mit ihrer Stute Sterling Dream, einem ehemaligen Rennpferd, das von seinen Vorbesitzern schlecht behandelt wurde und darum traumatisiert ist. Im vorliegenden Band der Reihe gibt es Probleme, weil Sterling Angst vor Wasser hat und folglich Sprünge über Wassergräben verweigert; obendrein gibt es Konflikte zwischen Christina und ihrer Mutter, die erwartet, dass sie in ihren Sommerferien auf dem Gestüt mithilft: Insbesondere soll Christina sich um die Erziehung eines störrischen Fohlens kümmern, wozu sie aber keine Zeit zu haben meint. Als wichtige Nebenfigur agiert Christinas etwas flippige und rebellische Cousine Melanie aus New York, die den Sommer auf dem Gestüt verbringt; und ein bisschen verliebt – in einen Jungen namens Dylan – ist Christina auch, aber nicht so sehr, dass ihr das Reiten nicht wichtiger wäre. – Die Reihe "Vollblut" hat eine markante Gemeinsamkeit mit den vorige Woche besprochenen Buchreihen "Sternenschweif" und "Sternenfohlen", nämlich dass die Bücher ab einem bestimmten Punkt der Serie nicht mehr von der Originalautorin verfasst sind, deren Name aber dennoch weiterhin auf dem Buchdeckel prangt; wobei im vorliegenden Fall "Joanna Campbell" von vornherein ein Pseudonym war, nämlich für Jo Ann Simon (* 1946). Da ich aus der Reihe "Vollblut" nur dieses eine Buch kenne, kann ich über die Serie als Ganze natürlich kein Urteil abgeben, aber "Neue Hürden für Christina" ist jedenfalls erheblich anspruchsvoller als die "Sternenschweif"- und "Sternenfohlen"-Bücher (oder auch, beispielsweise, als "Bibi & Tina"). Die Handlung ist konfliktreicher und sozusagen "realitätshaltiger", und nebenbei vermittelt das Buch erheblich mehr echtes Wissen über Reitsport und Pferdepflege. Meiner Tochter gefällt es jedenfalls so gut, dass wir es schon zum zweiten Mal lesen. 

Aus dem Stundenbuch 

Sind wir mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden. Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn. Denn durch sein Sterben ist er ein für allemal gestorben für die Sünde, sein Leben aber lebt er für Gott. So sollt auch ihr euch als Menschen begreifen, die für die Sünde tot sind, aber für Gott leben in Christus Jesus. 

(Römer 6,8-11


Ohrwurm der Woche 

Moloko: The Time is Now 

Hättet Ihr jetzt nicht von mir gedacht, stimmt's? Aber ich hab schließlich mal rund fünf Jahre lang als DJ gearbeitet, und ich sag euch eins, Leser: Da wird man nicht glücklich, wenn man nicht einen einigermaßen breit gefächerten Musikgeschmack hat. Zudem ist diese Nummer, wenn man es genau betrachtet, gar nicht mal sooo weit weg von dem, "was ich sonst so höre", wie man im ersten Moment denken könnte – und wie ich ehrlich gesagt sogar selbst gedacht habe, bevor ich mir das Stück nach langer Zeit mal wieder bewusst und aufmerksam angehört habe. 


Blogvorschau

Tja, was soll ich sagen. Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass seit dem letzten Wochenbriefing auf diesem Blog kein neuer Artikel außer eben dieses Wochenbriefings erschienen ist. Das liegt zum Teil daran, dass ich in der zurückliegenden Woche – wie man ja oben sieht – mehr als genug anderes zu tun hatte; zum Teil aber auch daran, dass der anstehende Artikel zur Würzburger Synode richtig viel Arbeit macht. Ich muss mich zwischendrin immer wieder ermahnen, dass es "nur" ein Blogartikel werden soll und keine Doktorarbeit. Aber wie dem auch sei, der Artikel ist in Arbeit und ich komme auch voran damit, aber ein paar Tage wird er schon noch brauchen. Dann ist "Der Geist und die Synodalen" dran, voraussichtlich auch wieder ein dicker Brocken; dann dürft Ihr Euch auf die Fortsetzung der Saga um die eingekerkerte Nonne freuen, und dann auf einen Artikel zum Thema "Kochen für die Familie". Ein paar Ideen für die nächste Themenauswahl-Runde habe ich auch schon, aber die verrate ich wohl erst im nächsten Wochenbriefing. Und nebenbei muss ich noch meine Liebste bearbeiten, dass sie ihre Blogschulden einlöst... 


6 Kommentare:

  1. Als jemand, der seit Jahr und Tag unter "Sternenfohlen" leidet, nutze ich die Gelegenheit und rate dringend davon ab, sich diese Serie einzuschleppen. Man wird sie nicht los und darf dann stapelweise eine schlecht verbrämte Internatsgeschichte mit Zaubereinhörner als Schüler/innen lesen, die zwar aus Eimern Haferbrei fressen, aber in ihrer Freizeit Memory spielen. Anscheinend kein Thema, die Memorykärtchen in den Hufen zu halten, aber was weiß ich schon.
    Gegen "Sternenfohlen" ist "Sternenschweif" geradezu harschester Realismus.

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  2. Da war ja ein sauberer Macho in Falkensee, um von dem Abend zum Synodalen Weg zu berichten. Genüßlich führte er die jüngste Teilnehmerin vor, inclusive Namensnennung und Informationen über ihre Erkrankungen. Der Macho hat zudem gepflegte Feindbilder und lässt keinen Zweifel daran, dass er die Katholiken in dem "hübschen, gepflegten Kleinstädtchen" mit der gräßlichen Kirchengemeinde von ganz, ganz oben herab verachtet.
    Überhaupt muss man wohl in der Pfarrgemeinde Heilige Familie Spandau - Havelland jetzt damit rechnen, dass Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen von übelwollenden Bloggern ausgespäht und an den Pranger gestellt werden, wie der Verweis auf "Bloggerkollegin Claudia" und ihren Besuch in einer Rosenkranzandacht zeigt. Ist das die zukunftsweisende Form der Kirche Jesu Christi im digitalen Zeitalter? Nein, danke. Dann lieber synodal.

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  3. Das war ja ein feiner Macho, der da den Abend zum Synodalen Weg mit Generalvikar P. Kollig literarisch aufspießt und eine junge Frau im Publikum genüsslich vorführt, inclusive Namensnennung und Hinweis auf ihre Erkrankungen. Gleichzeitig zelebriert er seinen urbanen Hochmut über das "hübsche, gepflegte Kleinstädtchen" Falkensee mit einer unmöglichen Kirchengemeinde. Achtung! Wie der Hinweis auf "Bloggerkollegin Claudia" und ihren Besuch in einer Rosenkranzandacht in Spandau zeigt, müssen sich die Katholiken in der Pfarrei Heilige Familie Spandau - Havelland darauf einstellen, dass Blogger sich in ihre Gottesdienste und andere Veranstaltungen begeben und diese dann süffisant an den Pranger stellen. Ist das die Zukunft der Kirche Jesu Christi im digitalen Zeitalter? Nein. danke. Dann lieber synodal.

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    1. Machen Sie es doch um Gottes Willen wie Ihr Vorbild St Ägidius. Gehen Sie in eine Höhle in Südfrankreich.

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  4. Wenn du selbst ein erfahrener DJ bist, wäre es da nicht was, wenn du dich selber in Zukunft freiwillig meldest als DJ bei Pfarrfesten? ;-)

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  5. Zumindest die fünf Lieder, die Du allerdings als Highlights herausstellst, passen doch (gut, Poupée de cire vielleicht weniger). Allerdings ist "It never rains" davon tatsächlich das beste.

    Apropos Musik: Ich war ja die Woche auf einer Karaokeparty, wo einer sich das grandios faszinierende (und leider abgrundfalsche) "Hurra, die Welt geht unter" ausgewählt hatte. Zum Glück konnte ich danach einen frommen Gegenpunkt setzen (das war schon vorher geplant). *Fast* hätte ich das auch dazugesagt, daß das so gemeint war (aber ich war nicht unmittelbar danach und was der Ausreden mehr sind).

    Was der fromme Gegenpunkt war? Genau. "Zehn kleine Jägermeister." (Übrigens ein tatsächlich ziemlich fordernder Song, wenn man die Geschwindigkeit einhalten und zugleich noch Leute, die falsch mitsingen, übertönen muß.)

    (Der Ohrwurm der Woche ist aber auch wirklich grandios.)

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