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Donnerstag, 18. Mai 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #30

Ein gesegnetes Hochfest Christi Himmelfahrt, Leser! Im aktuellen Wochenbriefing gibt es wieder allerlei Spannendes zu berichten; daher will ich mich gar nicht lange mit der Vorrede aufhalten. Wie es sich fügt, lassen sich die herausragenden Ereignisse der zurückliegenden Woche recht stimmig den Hauptrubriken des Wochenbriefings zuordnen, und das sogar ziemlich weitgehend in chronologischer Reihenfolge. Na dann mal los! 

Himmelfahrt Christi, Fresko von Gebhard Fugel in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist, Obereschach, Stadt Ravensburg (1893/94), nachbearbeitet 


Spandau oder Portugal 

Zunächst einmal freue ich mich zu Protokoll geben zu können, dass das Engagement meiner Familie in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland erhebliche Fortschritte macht. Hat ja eine Weile gedauert und mehrere Anläufe gebraucht, aber jetzt tut sich allmählich was. Es begann am Freitag mit unserer Maiandacht in St. Stephanus; die Vorbereitung ging mir einigermaßen leicht von der Hand, schließlich hatten wir – wie schon mal erwähnt – schon in unserer Zeit in der Tegeler Pfarrei vier Maiandachten gestaltet, dazu Kreuzweg- und Rosenkranzandachten, mehrere Novenen, einmal im Monat die Vesper und (fast) jede Woche eine halbe Stunde "Lobpreis mit dem Stundenbuch". Etwas aufgeregt war ich angesichts der Aussicht, erstmals in dieser Gemeinde eine selbst gestaltete Andacht zu leiten, aber doch. – Wesentliche Bausteine für die Maiandacht entnahm ich dem Buch "Gib mir deinen Glauben – Gespräche mit Maria von Nazareth" von Carlo Carretto; dazu kamen eine biblische Lesung, ein Gesätz des Rosenkranzes, freie Fürbitten, das Schlussgebet aus der Vesper zum Tag und zum Abschluss die Regina caeli. Und natürlich Lobpreismusik

Außer uns erschienen zur Maiandacht der leitende Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie, der auch die anschließende Abendmesse zelebrierte, der Lektor der Abendmesse, der auch den Küsterdienst versah, der Gemeindereferent und eine Handvoll weitere Gemeindemitglieder, überwiegend Frauen; diejenigen griesgrämigen alten Damen, die uns immer böse angucken, wenn unsere Kinder in der Messe nicht mucksmäuschenstill sind, waren jedoch, anders als befürchtet, nicht darunter – dabei konnten die eigentlich gar nicht wissen, wer die Maiandacht gestaltete, vermeldet worden war es jedenfalls nicht. 

Übrigens war es der Gedenktag der Hll. Nereus und Achilleus sowie des Hl. Pankratius, und der Pfarrer, der auch Kustos der Reliquien im Erzbistum Berlin ist, hatte eine Reliquie des Hl. Pankratius zur Messe mitgebracht und spendete mit ihr den Entlassungssegen. Das bewegte mich deshalb besonders, weil der Hl. Pankratius in der Kirche meines Heimatdorfes – der Kirche, in der ich sozusagen "religiös aufgewachsen" bin – auf einem Buntglasfenster dargestellt ist, zur Erinnerung daran, dass er der Patron der in den 1870er Jahren abgerissenen mittelalterlichen Dorfkirche war. (Ein leider nur mäßig gelungenes Foto dieses Buntglasfensters ist in diesem älteren Blogartikel zu finden.) 

Tags darauf war Samstag und zudem der Gedenktag Unserer Lieben Frau in Fatima, und die erste Schnupperstunde der Wichtelgruppe stand an. Vorher hatte unser Tochterkind aber noch ihren zweiten Inline-Skating-Kurs, und zwar in der Eissporthalle im Olympiapark. Ich muss sagen, ich war recht beeindruckt von den Lernfortschritten, die das Kind in so kurzer Zeit machte – auch wenn das thematisch eigentlich nicht in diese Rubrik gehört. Am frühen Nachmittag trafen wir uns dann bei schönstem Wetter mit der Co-Leiterin der Wichtelgruppe und ihrer Tochter, die ungefähr so alt ist wie unsere, im Garten von St. Stephanus zu letzten Vorbereitungen. Bis kurz vor der festgesetzten Anfangszeit der Schnupperstunde sah es so aus, als würde außer uns keiner mehr kommen, aber gerade als wir uns schon mit dem Gedanken anfreunden wollten, diesen ersten Termin als internes Kennenlerntreffen unserer Familien zu nutzen, tauchten doch noch drei weitere Kinder auf. Und von da an lief es dann richtig gut. Auch in Hinblick auf mein Vertrauen in meine eigene Leitungskompetenz. Um die inhaltliche Gestaltung der ersten Gruppenstunde hatte meine Co-Leiterin sich nahezu allein gekümmert, was mir einerseits durchaus recht gewesen war, andererseits aber doch dazu geführt hatte, dass ich mir ein bisschen nutzlos vorkam. Aber als dann der Moment da war, wo es hieß "So, jetzt sind die Kinder da, jetzt müssen wir loslegen und was machen", nahm ich spontan und intuitiv doch die Zügel in die Hand. War ein gutes Gefühl. 


Im Mittelteil der Gruppenstunde ergab sich übrigens die klassische Situation, dass die Mädchen malen und die Jungs Fußball spielen wollten. Eigentlich hätten wir auch noch Muttertagsgeschenke basteln sollen... 

Jedenfalls war das, wie ich finde, ein gelungener Einstand für die Wichtelgruppe, und ich freue mich aufs nächste Mal – am 3. Juni um 15 Uhr, wieder im Garten von St. Stephanus in Berlin-Haselhorst. Wenn Ihr Kinder im Alter von 4-7 Jahren habt und der Weg nicht zu weit für Euch ist, kommt vorbei! 


Neues aus Synodalien 

Am Sonntag wurde erst einmal der Inline-Skating-Kurs des Tochterkindes fortgesetzt, und danach stand ich vor der Entscheidung,  zu der schon mehrfach angekündigten "Synodale Gemeinde"-Veranstaltung nach Kreuzberg zu fahren oder eben nicht. Interessiert hätte es mich ja durchaus, aber andererseits stellte ich auch fest, dass ich nach einer Woche, in der ich kaum Gelegenheit zum Ausruhen gehabt hatte, sehr erschöpft war, und obendrein musste zu Hause die Wäsche aufgehängt werden. Als ich dann via Facebook erfuhr, dass Bloggerkollegin Claudia vorhatte, zu der Veranstaltung zu gehen und darüber zu berichten, sagte ich mir: Okay, dann muss ich ja nicht. Arbeitsteilung. 

Claudias Bericht erschien am nächsten Tag und überzeugte mich endgültig, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, da nicht hinzugehen und mich stattdessen zu Hause um die Wäsche zu kümmern. Offenkundig handelte es sich noch eindeutiger und entschiedener, als es ein paar Wochen zuvor in Falkensee der Fall gewesen war, um eine Veranstaltung für Gleichgesinnte, bei der Personen, die den Synodalen Weg prinzipiell kritisch sehen – und zwar nicht deshalb, weil ihnen die Beschlüsse der Synodalversammlungen nicht weit genug gehen –, gar nicht vorgesehen, geschweige denn erwünscht waren. Die von Claudia aus gutem Grund schon in der Überschrift ihres Berichts zitierte Äußerung der Diözesanratsvorsitzenden Karlies Abmeier, man müsse "ganz hartnäckig bleiben" und dürfe sich "nicht von Argumenten abschrecken lassen, die von anderen Seiten hervorgebracht werden", sagt da im Grunde schon alles; ebenso auch die Tatsache, dass es beim einleitenden "Berichtsteil" der Veranstaltung explizit "keinen Raum für Diskussion und Fragen" geben sollte. (Dass beim abschließenden, der "Vernetzung und Begegnung" gewidmeten Teil der Veranstaltung erst recht vorrangig an Vernetzung und Begegnung unter Gleichgesinnten gedacht war, liegt wohl in der Natur der Sache und finde ich auch grundsätzlich legitim.) Natürlich könnte man sagen, es sei gerade wichtig, bei solchen Veranstaltungen Präsenz zu zeigen, um den Kryptoschismatikern zu demonstrieren, dass sie eben nicht "unter sich" sind. Denjenigen, die das so sehen und praktizieren, sende ich hiermit solidarische Grüße; aber ich habe zunehmend Zweifel, ob das etwas bringt. Es ist ja nicht so, als wüssten die Anhänger des Schismatischen Wegs nicht, dass es Andersdenkende gibt. In gewissem Sinne ist es sogar wesentlich für ihr Selbstverständnis, dass sie Gegner haben. Dass sie oft so ausgesprochen weinerlich auf Widerspruch reagieren, heißt ja nicht, dass sie sich durch diesen Widerspruch nicht gleichzeitig auf gewisse Weise auch bestätigt fühlten. 

Zu Claudias Bericht möchte ich noch anmerken, dass ich ihn bemerkenswert moderat und sachlich finde, sehr zurückhaltend mit Wertungen oder gar mit Polemik, und für mein Empfinden fast schon zu wohlwollend den Veranstaltern gegenüber. Wie die Leserkommentare auf ihrem Blog zeigen (vgl. auch diesen Artikel), ändert jedoch auch größtmögliche Konzilianz nichts daran, dass manche Leute jedwede kritische Berichterstattung über diese Art von Veranstaltung schlichtweg als Unverschämtheit empfinden. Das versorgt mich mal wieder mit Stoff für einen angedachten Artikel zum Thema "Bloggen als unehrenhafte Form des Journalismus"... 

Bei einem "digitalen Gesprächsabend" unter dem Motto "Quo vadis Synodaler Weg?", zu dem der Diözesanrat des Bistums Würzburg eingeladen hatte, ging es dem Vernehmen nach ähnlich zu

Im Bistum Aachen wurde derweil der "IDAHOBIT" – der "Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie" – gefeiert. Wird der demnächst auch als Eigenfest in den liturgischen Kalender aufgenommen? Ich frag ja nur. Auf der Facebook-Seite der Diözese wurden Nutzer jedenfalls aufgefordert, "mit einem 'Like-Herzchen' ein klares Zeichen gegen Hass" zu setzen und "die Liebe in all ihren Farben" zu feiern. Die Resonanz fiel, soweit ich gesehen habe, eher mager aus. 


Währenddessen in Tegel 

Hier mal nur eine kleine Anekdote: Angesichts gewisser terminlicher Komplikationen am Wochenende, die u.a. mit dem bereits erwähnten Inline-Skating-Kurs des Tochterkindes, der Notwendigkeit des Wäschewaschens und des Badens der Kinder zu tun hatte, erwog ich zwischenzeitlich, meine Sonntagspflicht dadurch zu erfüllen, dass ich in die Sonntagabendmesse in Herz Jesu Tegel ging. Ein Blick in den Zelebrationsplan offenbarte allerdings ein Worst-Case-Szenario: Es war "Jugendmesse", zelebriert vom leitenden Pfarrer persönlich. "Da gehst du nicht hin", sagte meine Liebste streng. "Der bringt es fertig und baut in seine Predigt eine Bemerkung ein wie 'Ach, unser bekannter Blogger traut sich auch mal wieder hierher." – "Na jaaa", erwiderte ich und wollte gerade anfangen, an dieser Vorstellung Gefallen zu finden, da erklärte meine Liebste kategorisch: "Ich verbiete dir, da hinzugehen!" 

Wohl dem, der so eine Ehefrau hat, ich sag's Dir ohne Quatsch, Leser. (Ich ging dann stattdessen in die "Ersatzkathedrale" St. Joseph Wedding.) 

P.S.: Gestern um die Mittagszeit spazierte ich an St. Joseph Tegel vorbei und traf dort den Hausmeister der Gemeinde, der gerade im Garten arbeitete. Er hatte seinerzeit sehr engagiert in der kurzlebigen "AG Neuevangelisierung" des Pastoralausschusses mitgearbeitet, und nun unterhielten wir uns ausgesprochen angeregt – nicht so sehr über konkrete Vorgänge in der Pfarrei oder gar über einzelne Personen, sondern eher über Themen wie Bibelteilen, Andachten mit Kindern bzw. für Kinder, Hauskreise, Erfahrungen mit dem Rosenkranzgebet und die Frage, was Neuevangelisierung und Missbrauchsprävention miteinander zu tun haben. Ich glaube, hauptsächlich redete er, und ich hörte zu; und ich kann sagen, ich habe so allerlei aus diesem Gespräch "mitgenommen". Gerne mal wieder...! 


Was ich gerade lese 
  • zu Studienzwecken: 
Es mag komisch klingen, aber in meiner Lektüre des offiziellen Dokumentationsbands zum Katholikentag 1968 in Essen bin ich erst jetzt zu den Ansprachen bei der Eröffnungsfeier vorgedrungen. Die beginnen nämlich erst auf S. 148 des Bandes. Weitgehend einig sind sich die verschiedenen Redner darüber, welche aktuellen Themen den Katholikentag in erster Linie prägen, um nicht zu sagen überschatten: die Enzyklika Humanae vitae und der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei. Vietnam, Biafra und die Studentenrevolte spielen auch eine Rolle, scheinen aber vergleichsweise nachrangig. – Präsident des Katholikentags war übrigens der damalige rheinland-pfälzische Kultusminister Bernhard Vogel, später (1976-88) Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und noch später (1992-2003) von Thüringen. Seine Ansprache ist durchaus interessant, wird aber – überraschenderweise, wie ich finde – deutlich in den Schatten gestellt vom Grußwort des damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Heinz Kühn (SPD). Ich möchte sogar sagen, Kühns Ansprache ist gehaltvoller, als man es von einem Pflicht-Grußwort eines politischen Amtsträgers bei einer solchen Veranstaltung eigentlich erwarten sollte. Damit will ich wohlgemerkt nicht sagen, dass ich mit Kühns oder Vogels Ausführungen inhaltlich einverstanden wäre: Beide gehen von der Vorstellung einer Art "Sozialpartnerschaft" zwischen den institutionellen Kirchen und der säkularen Gesellschaft aus, die so prägend für die "Bonner Republik" war und an der nicht wenige Kirchenvertreter bis heute festhalten. Immerhin kann man aber beiden Rednern – und, wie gesagt, Kühn noch mehr als Vogel – attestieren, dass ihre Ausführungen deutlich mehr Substanz haben, mehr Sachkenntnis und Reflexionsvermögen verraten als das meiste, was heutige Politiker zu kirchlichen Belangen äußern, und das schließt zahlreiche deutsche Bischöfe mit ein. – Noch nicht gelesen habe ich den Hauptvortrag der Eröffnungsveranstaltung des '68er Katholikentags, gehalten von Klaus Hemmerle, damals Geistlicher Direktor des "ZdK", später Bischof von Aachen. Darauf komme ich dann wohl nächste Woche zurück. 

Ein Zufallsfund aus der Kinder- und Jugendbuchabteilung unserer örtlichen Stadtteilbibliothek. Ich bin mir nicht sicher, welches meiner Kinder es angeschleppt hat oder ob ich es am Ende selber war. Dass wir es in der zurückliegenden Woche als Gute-Nacht-Lektüre gelesen haben, war jedenfalls die Entscheidung des Tochterkindes, und ich finde, das passte thematisch ausgezeichnet zum Start der Wichtelgruppe: In dem Buch veranstaltet nämlich ein Lehrer in den Sommerferien ein "Naturcamp" im Wald, an dem sieben Zweitklässler (drei Mädchen, vier Jungen) teilnehmen. "Jeder Mensch, egal aus welcher Schulklasse, sollte wenigstens einmal im Leben mit dem Wald, dem Fluss, dem See, der Wiese und dem Moor Bekanntschaft machen", verkündet der Lehrer. "Ohne Wald, Fluss, See, Wiese und Moor gäbe es nämlich kein Leben, und weil das so ist, müssen wir sie beschützen und bewahren. Mutter Natur ist verständnisvoll und freigebig, aber auch anspruchsvoll und streng. Wir müssen sie respektieren und ihre Ratschläge beherzigen, aber wir werden dafür auch belohnt. Wir wollen in dieser Woche lernen, in der Natur und mit der Natur zu leben. Wir werden ein Camp aufbauen und ein Lagerfeuer machen, wir werden Pflanzen und Tiere bestimmen, Fische fangen und Beeren und Pilze sammeln, all solche Sachen, aber vor allem werden wir üben, uns ohne Karte in der Wildnis zurechtzufinden. Dabei werden wir viel über die Natur lernen, aber mindestens genauso viel über uns selbst. Wir sind ein Teil der Natur, aber genauso ist sie ein Teil von uns" (S. 22f.). An einer Stelle heißt es sogar von einem Kind, das sich einen falschen Bart aus Flechten vors Gesicht gebunden hat, sein Aussehen erinnere "an einen Wichtel [!] in den Sommerferien" (S. 50). – Bewegung kommt in die Handlung, als die Kinder erfahren, dass mitten im Wald eine Ferienhaussiedlung mit Schwimmbad errichtet werden soll, und gemeinsam mit ihrem Lehrer versuchen, diese Pläne zu sabotieren – u.a., um den Lebensraum einer Otterfamilie zu erhalten. 

Was diese Inhaltsangabe und auch die zitierten Passagen nicht zu erkennen geben, ist, dass das Buch sich durch einen überkandidelt satirischen, zuweilen ins Surreale lappenden Erzählstil auszeichnet, den ich irgendwo zwischen "Lemony Snicket – Eine Reihe betrüblicher Ereignisse" und den Kommissar-Schneider-Romanen von Helge Schneider einordnen würde; in dieser Hinsicht unterscheidet sich "Ella" doch erheblich von den Kinderbüchern, die ich meiner Tochter sonst vorlese. Auf die Dauer würde mir dieser Stil möglicherweise auf die Nerven gehen, aber "für mal" habe ich durchaus Spaß daran, und das Tochterkind auch. – Als charakteristisch für die Gratwanderung, die überdrehte Komik der Erzählung selbst dann noch aufrecht zu erhalten, wenn es eine eigentlich durchaus ernst gemeinte Message 'rüberzubringen gilt, sei eine Passage von kurz vor Schluss erwähnt, in der der Lehrer eine höchst pathetische Rede über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur hält: Diese Ansprache lehnt sich eng an die berühmte "Rede des Häuptlings Seattle" an (genauer gesagt allerdings an die fiktionale Version dieser Rede, die seit den 1970er Jahren in der Umwelt- und Alternativbewegung populär geworden ist, jedoch mit der zuerst – nämlich 1887 – publizierten Fassung dieser 1854 gehaltenen Rede nur marginale Ähnlichkeit hat); – und dabei sieht der Lehrer "mit dem Schlafsack, den er noch um die Schultern gewickelt hatte, [...] ein bisschen wie ein Indianerhäuptling aus" (S. 146). 

Zusammenfassend gesagt, mir hat das Buch gut gefallen und meiner Tochter auch, aber wenn mir jemand sagt, er finde es total doof, habe ich auch dafür Verständnis. Als nächstes lesen wir "Pembo – Halb und halb macht doppelt glücklich" von Ayşe Bosse. 


Aus dem Stundenbuch 
Heute ist unser Herr Jesus Christus in den Himmel aufgestiegen. Mit ihm steige auch unser Herz empor. Er ist aufgestiegen, aber nicht von uns gegangen. So sind auch wir mit ihm schon dort, wenn unser Leib auch noch nicht erfahren hat, was uns verheißen ist. Er ist schon über die Himmel erhoben. Dennoch leidet er noch auf Erden alle Mühen und Plagen, die wir, seine Glieder, empfinden. Warum mühen nicht auch wir uns so auf der Erde, daß wir durch Glauben, Hoffnung und Liebe, die uns mit ihm verbinden, schon jetzt mit ihm im Himmelreich ausruhen? Obwohl er dort ist, ist er bei uns, und obwohl wir noch hier sind, sind wir auch bei ihm. Das gilt bei ihm für seine Gottheit, seine Macht und seine Liebe. Wir vermögen es nicht wie er durch die Gottheit, aber wir vermögen es mit der Liebe, mit der Liebe zu ihm. Er verließ den Himmel nicht, als er von dort zu uns herabstieg. Auch ist er von uns nicht fortgegangen, als er wieder zum Himmel zurückkehrte.  
(Augustinus, Predigt zu Christi Himmelfahrt) 

Ohrwurm der Woche 

Skillet: Locked in a Cage 


Der eine oder andere wird's wohl mitbekommen haben: Die Gruppe Skillet ist vor zwei Wochen im Wiesbadener Schlachthof aufgetreten (wie Max Goldt mal irgendwo schrieb – ich zitiere aus dem Gedächtnis –: "Lokalitäten, in denen ich auftrete, heißen erstaunlich oft Schlachthof. Wenn man meinen Tourneeplan liest, könnte man denken, da ist ein Metzger unterwegs"), wofür das seinem Selbstverständnis nach in der linksalternativen Szene verwurzelte Kulturzentrum heftige Kritik einstecken musste, weil es "christlichen Fundamentalisten" eine Bühne geboten habe. Nachdem ich bei den Kollegen von idea von diesem Vorfall erfahren hatte, schlug ich der Redaktion der Tagespost vor, etwas dazu zu schreiben; vorerst ist nur eine kurze Meldung daraus geworden, aber da soll demnächst noch mehr nachkommen. So wie das menschliche Gehirn nun mal funktioniert, hat der Fall vermutlich hauptsächlich deshalb meine Aufmerksamkeit erregt, weil ich die Gruppe kenne – im Sinne von "schon mal was von ihr gehört habe". Nämlich eben den obigen Song; der war auf einer Compilation-CD drauf, die ich im Sommer 1999 im Zuge einer Evangelisierungs-Aktion auf dem Campus der Humboldt-Uni geschenkt bekommen habe und die ich schon in einem früheren Blogartikel mal gewürdigt habe. "Locked in a Cage" stammt vom 1998 erschienenen dritten Skillet-Album "Hey You, I Love Your Soul"; seither hat die Gruppe mehrere Umbesetzungen erlebt und sich nach Meinung von Kritikern auch "stilistisch weiterentwickelt", was immer das konkret heißen mag. Der Song ist also nicht unbedingt repräsentativ dafür, was die Gruppe heute so macht, aber ich finde, er hat was. 


Blogvorschau 

Hier gibt's nicht sonderlich viel Neues zu berichten: Die Arbeit an dem Artikel "Der Geist und die Synodalen" geht zäher voran als gehofft, aber ich bin dran und hoffe übers verlängerte Wochenende entscheidende Fortschritte zu machen. Mit ein bisschen Glück wird sich dasselbe auch über meine Liebste und ihren versprochenen Blogartikel zum Thema "Mit Kindern im Gottesdienst" sagen lassen, jedenfalls bei einer einigermaßen ausgewogenen Arbeitsteilung nach dem Prinzip "der eine bloggt, während sich der andere um die Kinder kümmert"

Im Übrigen bin ich optimistisch, dass ich, wenn "Der Geist und die Synodalen" erst einmal geschafft ist, die Frequenz der Blogartikel-Neuerscheinungen wieder werde erhöhen können; dann ist es auch wieder Zeit für eine Umfrage zu den nächsten Themen, auch wenn die nächsten drei Artikel bereits feststehen, nämlich "Der seltsame Fall der eingekerkerten Nonne, Teil 17", ein noch zu benennender Artikel zum Thema "Kochen für die Familie" und das "Dossier Erstkommunion". – Damit das Prinzip "Take the Customer into the Organisation" jedoch nicht zu lange brach liegt, habe ich auf Facebook und Twitter erst mal eine Umfrage dazu erstellt, welche von zwei seit längerer Zeit brachliegenden Artikelreihen ich als nächstes wieder aufgreifen soll: "God Gave Rock'n'Roll to You" oder die "100-Bücher-Challenge". Schauen wir mal... 


2 Kommentare:

  1. Herzlichen Dank für die lobenden Worte. Ich bin über den wilden Kritikus immer noch etwas verblüfft.

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  2. Na, sauber. Die Publikumsbeschimpfung von Kirchgängern durch Newcomer geht nun auch in Spandau weiter. Dabei hat der Autor offenbar eine ausgeprägte Gerontophobie ("griesgrämige alte Damen, die uns immer böse angucken") wie bereits bei dem Abend in Falkensee, wo er das höhere Alter der Teilnehmer negativ konnotierte und zusätzlich die Krankheit einer jüngeren Teilnehmerin glaubte erwähnen zu müssen. Mit der Nächsten- und Feindesliebe, die Jesus uns nahelegte, hat das nichts mehr zu tun. Ich lese die meisten Hassstriraden und Wahrheitsverdrehungen zurzeit in fundamentalistischen Blogs und digitalen Kommentarspalten.

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