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Samstag, 25. Juli 2015

Entkernte Spiritualität oder Das Dienstagsgrauen

Man frage mich bitte nicht, wie um alles in der Welt ich an das Buch "Die Dienstagsfrauen" von Monika Peetz gekommen bin. Fakt ist, ich habe vor einigen Tagen begonnen, dieses Buch zu lesen; und obwohl es mich schon nach zweieinhalb Seiten unausdenkbar langweilte und ich nach fünfzehn Seiten Mitleid mit dem Papier hatte, auf dem es gedruckt ist, bin ich inzwischen auf Seite 80 angekommen. Was übrigens nicht bedeutet, dass es inzwischen besser geworden wäre. Ich habe jedoch entdeckt, dass man trotzdem Spaß mit diesem Buch haben kann. Zum Beispiel, in dem man versuchsweise mal innerhalb eines Satzes die Adjektive vertauscht. (Das ist dann so ähnlich, wie wenn man in NGL-Liedtexten jedes zweite oder dritte Verb durch "schlumpfen" ersetzt.) Beispiele gefällig? 
"Düstere Schritte unterbrachen ihre lauten Gedankengänge" (S. 25);
"familienfreundlicher Besitzer eines stolzen Eigenheims" (S. 41);
"Der kühle Bachlauf mit dem idyllischen Trinkwasser" (S. 68);
"Ein trübes Geräusch zerschnitt ihre penetranten Gedanken" (S. 69).  
Dass die Autorin die Adjektive mit der Gießkanne über ihren Text verteilt, ist aber noch nicht alles. Auch mit Zeitformen tut sie sich schwer: Insbesondere bei der Schilderung der Vorgeschichte der Handlung geraten ihr permanent Präteritum und Plusquamperfekt durcheinander, was die Chronologie der Ereignisse praktisch undurchschaubar macht. Den sprachlich feinfühligen Leser irritiert zudem Frau Peetz' ausgeprägte Vorliebe für den von Bastian Sick so benannten "Vonitiv" - die Konstruktion "von" + Dativ zur Vermeidung des Genitivs: Allein auf S. 73 ist ist die Rede vom "Vermächtnis von Arne", dem "Tagebuch von Arne", der "Kappe von Arnes Füller" - okay, Letzteres lasse ich Frau Peetz durchgehen. Arnes Füllers Kappe hätte wirklich etwas gestelzt und schwer verständlich geklungen. Aber das Vermächtnis von Arne, das klingt ja  so, als wäre Arne keine Person, sondern ein Ort. In gewisser Weise ist das aber wohl tatsächlich so. Arne, das Ziel der Pilgerreise der Dienstagsfrauen. Doch ich will mir nicht vorgreifen. 

Fest steht: Würden sich alle Leser lediglich, so wie ich, darüber amüsieren, wie grottenschlecht dieses Buch geschrieben ist, wäre es wohl kaum ein Millionenbestseller geworden. Es muss wohl Menschen geben, die dieses Machwerk wirklich gut finden. Und richtig - in einer Kundinnenrezension bei Amazon liest man : 
"Der Schreibstil der Autorin spricht mich an, er ist flüssig und gut verständlich. Die Geschichte ist sehr realitätsnah und einfühlsam geschrieben. [...] Die Protagonisten habe ich alle sehr sympathisch empfunden, sie sind nicht überzeichnet und man wünscht sich Mitglied dieser Dienstagsrunde zu sein."
Ich möchte die Person, die diese Rezension geschrieben hat, niemals kennenlernen. 

Kein Wort davon ist wahr: Zum Schreibstil habe ich mich schon geäußert, die Handlung ist weder realitätsnah noch einfühlsam geschildert, und die Hauptfiguren sind durchweg reine Karikaturen, klischeehafte Zicken, deren Vorstellung von Freundschaft offenbar beinhaltet, einander nicht das Schwarze unter den Fingernägeln zu gönnen. So besteht der Roman denn auch zu einem bemerkenswert hohen Prozentsatz aus schnippischen Dialogen, aus Gekeife und Lästerei. Außerdem ist die Charakterzeichnung, wenn man sie denn so nennen will, ausgesprochen inkonsistent, und keine der fünf Protagonistinnen verhält sich auch nur annähernd so, wie man es von einem halbwegs vernunft- und empathiebegabten Menschen erwarten würde. Die frisch verwitwete Judith etwa, die von ihren Freundinnen mitfühlenderweise als "die Dramaqueen der Dienstagsfrauen" (S. 75) betitelt wird, ist am Sterbebett ihres Mannes Arne geradezu erleichtert, als eine ihrer tollen Freundinnen hereinplatzt, während er gerade seine letzten Worte hervorzuwürgen versucht - so erleichtert, dass sie Arnes Ableben gar nicht mitbekommt und erst von besagter Freundin darauf aufmerksam gemacht werden muss. 

Aber worum geht es überhaupt? - Fragen wir den Klappentext: 
"Seit 15 Jahren sind sie beste Freundinnen. Jeden ersten Dienstag im Monat treffen sich die fünf Frauen bei ihrem Lieblingsfranzosen, und einmal im Jahr vergnügen sie sich auf einem gemeinsamen Wochenendtrip. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Judith, frisch verwitwet, will auf den Spuren ihres verstorbenen Mannes nach Lourdes [!] pilgern. Besorgt um die trauernde Freundin, beschließen die Dienstagsfrauen, Judith auf dem Jakobsweg [!] zu begleiten." 
Äh, Moment. 

Ich behaupte mal, man muss noch nicht mal katholisch sein, um an dieser Stelle auszurufen: "Hä? Der Jakobsweg führt doch nicht nach Lourdes!" 

Sondern nach Santiago de Compostela, natürlich. Okay, also das weiß die Autorin auch, oder es hat sie jemand noch rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht, damit sie sich eine verzwickte Erklärung dafür zurechtlegen konnte, warum die Fünf Freundinnen (ohne Timmy den Hund, leider) ausgerechnet auf dem Jakobsweg nach Lourdes pilgern. Wo die beiweitem gängigste Route, der Camino Francés, da nicht einmal annähernd dran vorbeiführt. Wohl aber der weit unbekanntere Chemin du Piémont Pyrénéen, wie uns die Autorin auf S. 51 verrät. Und das stimmt sogar. Aber wozu das Ganze? - Ich meine nicht aus Sicht der Charaktere. Für die ist das einfach die Strecke, auf der Arne gewandert ist. Weil er, schon vom Krebs gezeichnet, Santiago de Compostela nicht mehr erreichen zu können glaubte und sich deshalb Lourdes als "Ersatzziel" gesetzt hatte - "[w]egen dem heilenden Wasser" (S.32) -, aber auch dort niemals ankam. Nein, ich meine: aus Sicht der Autorin. Wozu denkt man sich so etwas aus? Nur um einen Vorwand zu haben, Lourdes und den Jakobsweg in einem Atemzug zu nennen? Weil beide Begriffe assoziativ mit "Pilgern" zu tun haben und somit irgendwie "Spiritualität" evozieren? 

Ja, sehr wahrscheinlich ist genau das der Grund. Was "Spiritualität" angeht, geht der Autorin nämlich auch sonst so Einiges durcheinander. Zum Beispiel bei ihrer trauernden Witwe Judith. Die hat ihren Arne einst "in der Buchhandlung zwischen Feng-Shui und Buddhismus" (S. 15) kennengelernt; wen soll es da noch wundern, dass Arne, der verhinderte Jakobsweg- und Lourdes-Pilger, nebenbei auch "ein geübter Wolkenleser" (S. 74) war "und ihr glaubhaft versichert" hatte, "das die Wolken aussahen wie Schwarzwälder Kirschtorte": "Fette, süße Jahre kommen auf uns zu" (ebd.). Von so etwas fühlt Judith sich angesprochen, während sie zum Katholizismus ein eher gespanntes Verhältnis hat: Mit Unbehagen denkt sie an den "Pfarrer von Arnes Beerdigung", der ihr den Rat gegeben hat: "Haben Sie es einmal mit Beichten probiert?" (S. 32). "Das hasste sie am Katholizismus. Man fühlte sich dauernd schuldig. Für alles Mögliche. Und das Unmögliche gleich dazu" (ebd.). Arne war da jedoch anderer Meinung: "Unsinn. Der Katholizismus verzeiht alles. Das beruhigt ungemein" (ebd.).

Angesichts solcher halbgarer Weisheiten überrascht es kaum, dass Arne zum Thema Katholizismus auch sonst nur Platitüden und Klischeebilder zu bieten hatte. "Wenn du auf den Wegen des Sankt Jacobus wanderst, kannst du nicht planen", hat er in sein Pilgertagebuch geschrieben. "Du musst offen sein für die Dinge, die dir auf dem Weg begegnen" (S. 58). Nur dass es gar nicht die Wege des Sankt Jacobus sind - nach Lourdes schon grad mal gar nicht, und nach Santiago ist der Apostel der Legende nach auf dem Seeweg gelangt - außerdem war er schon tot, als er die Reise antrat. Also genau wie Arne, im Grunde. - Recht klischeehaft kommt auch die Schilderung einer Benediktinerabtei in Arnes Pilgertagebuch daher: "Er berichtete in allen Einzelheiten, wie herzlich die Bedediktinermönche ihn empfingen und mit Brot, Ziegenkäse und selbst angebautem Wein bewirteten. In den Messestunden erfüllten gregorianische Gesänge die Luft." (Dass die Dienstagsfrauen dieses Kloster, obwohl sie strikt Arnes Wegbeschreibung folgen, nicht finden, nährt zudem den Verdacht, dass er sich dieses Kloster nur ausgedacht hat.)

Judith jedenfalls sucht auf der Pilgerreise den "Kontakt mit dem Höheren, dem Göttlichen": "Sie war offen dafür. Genau wie Arne würde sie sich bewusst dem Weg hingeben. Eins sein mit der Schöpfung, und wieder eins werden mit sich selbst" (S. 53). Um dieses Ziel zu erreichen, sitzt sie auch schon mal "im Lotussitz ein Stück abseits, die Innenflächen der Hände zum Himmel gewandt, die Augen geschlossen" (S. 75). Was Wunder, dass ihre "Freundin" Estelle, das Luxusweib mit der bösen Zunge (und, wie es scheint, eine Lieblingsfigur der Autorin), nicht recht zu unterscheiden vermag, ob es hier um Katholizismus oder um Buddhismus geht, ob Lourdes das Ziel der Reise ist oder doch eher Kathmandu oder Xanadu oder Shangri-La oder was auch immer. So verlangt sie angesichts der zu überwindenden Berge einen "Sherpa" (S. 54): "Eine spirituelle Reise würde mir leichter fallen, wenn man mich von den äußeren Lasten befreite" (ebd.). Wenn Judith sie belehrt, sie müsse "bewusst gehen" - "Dann stellt der Körper sich auf natürliche Weise auf das neue Lebenstempo ein. Nur dann entdeckst du dich neu" (S. 73), empfindet Estelle das als "esoterische[n] Singsang" - wer wollte es ihr verübeln? Schon vor Antritt der Reise zitiert sie ostentativ Mao, denn: "Judith solle nicht meinen, sie sei die Einzige, die sich mit fernöstlichem Gedankengut auskannte" (S. 46). Angesichts einer "Gottesanbeterin" witzelt Estelle: "Typisch Jakobsweg. Hier sind sogar die Insekten katholisch" (S. 67). - Warum aber nimmt eine so durch und durch nicht-spirituelle Person wie Estelle überhaupt an dieser Pilgerreise teil? - Weil's in ist. "Pilgern ist das neue Schwarz", erklärt sie "ihrem Mann voll Überzeugung": "Soll ich die Einzige sein, die unerleuchtet bleibt?" (S. 44) Ja, sie beauftragt sogar ihren Personal Shopper, ihr ein passendes "Outfit  für das kontemplative Begehen jahrhundertealter Pilgerpfade" (S. 45) zusammenzustellen - einen Look, "der dem angestaubten Pfadfinderimage von Pilgerfahrten einen ironischen Twist gibt" (ebd.).

"Pilgern, Katholizismus, Marienverehrung, Wunderheilungen: Alles Quatsch" (S. 34), meint die von der Autorin erkennbar als "die Vernünftige" unter den Dienstagsfrauen gedachte bzw. gemeinte Anwältin Caroline - weshalb auch ihr Mann nicht versteht, warum sie sich auf diese Pilgerreise einlässt: "Seit wann nimmst du so was ernst, Caroline?" (S. 37) Ihre pragmatische Antwort lautet: "Ich pilgere nicht. Ich begleite Judith" (ebd.). Nicht viel weniger pragmatisch denkt Kiki, mit Mitte 30 das Küken unter den Dienstagsfrauen: Sie hofft auf Inspirationen, die ihrer Designerkarriere endlich Schwung verleihen. "Göttliches Design", so sollen die Hochglanzmagazine titeln: "Die Ideen entstanden während meiner Pilgerreise" - "so ein Satz machte sich gut in einem 'Schöner Wohnen'-Interview" (S. 66). Kiki bezeichnet sich als "nicht gläubig" (ebd.), aber an Eines glaubt sie doch: dass ihre "Pilgerreise nach Lourdes [...] den Wendepunkt in [ihrer] Karriere" bringen könne (S. 67).

"Jungärztin Eva" (S. 11) indes tritt die Reise mit tiefen Schuldgefühlen an, weil sie ihre Mann und ihre vier Kinder im Stich zu lassen meint; da trifft es sich gut, dass sie auf der Pilgerreise ihre "Sünden" (S. 60) büßen kann - vor allem jene, die sie "nachts am Kühlschrank" zu begehen pflegt (ebd.). Dabei denkt sie daran, dass ihre Mutter Regine, eine durchgeknallte '68er-Flower-Power-Trine, "es großartig finden" würde, "dass Eva auf Selbstfindungspfaden wandelte" S. 61): Mutter Regine selbst war nämlich in Evas Kindheit mehrfach in einen Ashram nach Indien verschwunden. Für Eva waren das die besten Zeiten, denn dann kam sie zu ihrer Oma: "Oma Lores fester Regelkatalog, zu dem auch der sonntägliche Kirchgang gehörte, war für Eva ein wohltuendes Kontrastprogramm. Eva liebte die Verlässlichkeit, das Aufgehobensein, selbst die Verbote. Und die Kirche sowieso" (S. 61). Folgerichtig hat Eva sich später einen Mann gesucht, der "praktizierendes Mitglied einer katholischen Gemeinde" ist (ebd.), und einer ihrer Söhne hat "Ministrantendienst" ( S. 41). -- Was lernen wir daraus? Was dem Einen die Spiritualität Indiens, ist dem Anderen die Katholische Kirche. Auf die Unterschiede kommt's nicht so an. Wie bei Arne und Judith im Grunde.

Wahrscheinlich sollte man sich über Dergleichen weder wundern noch ärgern. Spätestens seit Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" liegt der Jakobsweg einfach im Trend, gern auch ohne Bezug zum eigentlichen christlichen Hintergrund, und Pilgern ganz allgemein kann man im Sinne einer undogmatischen Wellness-Spiritualität jederzeit Jedem als "Selbstfindungs"-Erfahrung verkaufen. Das ist wie mit dem Fasten. Da verwundert es dann auch nicht, dass es zu den "Dienstagsfrauen" eine Fortsetzung gibt, in der die Fünf Freundinnen, eben, genau, fasten. Oder es zumindest versuchen. Nicht sieben Wochen lang, aber immerhin sieben Tage.

Könnte man nun aber nicht vielleicht sagen, mit der (oben wohl zur Genüge dargestellten) karikaturhaften Darstellung ihrer Protagonistinnen und deren jeweiligen Motivationen zum Pilgern mache die Autorin sich gerade über diese modische Wellness-Spiritualität lustig, und das müsse, da ich das schließlich auch gern tue, eigentlich ganz in meinem Sinne sein? - Sicher. Könnte man. Wäre aber nicht ganz richtig. Denn bei all dieser Veralberung kommt es überhaupt nicht in den Blick, dass es auch so etwas wie eine ernsthafte Religiosität geben könnte. Oder anders ausgedrückt, die wird gleich mitveralbert. Gänzlich lässt die Autorin etwa schon auf S. 18 ausgerechnet der ansonsten gar nicht zum Scherzen aufgelegten Judith - deren Mann eine halbe Seite später stirbt - die folgenden Gedanken über die letzten Worte Jesu am Kreuz durch den Kopf gehen: "'Es ist vollbracht', soll er am Kreuz verkündet haben, bevor er zu seinem himmlischen Vater heimkehrte. In Judiths Ohren klang das, als hätten fünf Marketingexperten lange darüber gebrütet, welche letzten Worte sich bei einer Kreuzigung am wirkungsvollsten machten." Humor ist hier offensichtlich, wenn man trotzdem lacht.

Für die Zukunft könnte ich den Dienstagsfrauen, wenn es sie denn "in echt" gäbe, oder gegebenenfalls ihrer Schöpferin Monika Peetz nur raten, mal zu den Franziskanerinnen von Lüdinghausen zu fahren, oder noch besser, gleich zum "GASThaus" bzw. zur "GASTkirche" Recklinghausen. Da ist, so wirkt es jedenfalls in diesem Interview, die Spiritualität so schwammig, wie kein Selbstfindungs-Töpferkurs es schöner bieten könnte; da ist jeder irgendwie auf dem Weg, auf seinem ganz persönlichen, da ist jedes Leben irgendwie Gott geweiht, aber nicht zu sehr; da gibt es "Geistkraft" und Engagement, und "Fundamentalismus" muss draußen bleiben. So schön kann Spiritualität sein.

Und so nichtssagend.


Dienstag, 14. Juli 2015

Anröchter Stein ist ein bestimmter Kalkstein

...oder: Arbeiten bei der Märkischen Allgemeinen eigentlich auch richtige Journalisten? 

Im Landkreis Havelland, der sich vom nordwestlichen Ende Berlins bis zur Landesgrenze von Sachsen-Anhalt erstreckt, liegt die Stadt Rathenow, die von der Einwohnerzahl her ungefähr mit meiner Heimatstadt vergleichbar ist. Dort gibt es eine katholische Pfarrgemeinde, die auch das benachbarte Städtchen Premnitz umfasst und insgesamt rund 2000 Mitglieder hat. In der Pfarrkirche St. Georg wurde jüngst der Altarraum neu gestaltet, und am Sonntag war Altarweihe. Darüber berichtete tags darauf die Märkische Allgemeine Zeitung unter der Überschrift "Sankt Georg wird neu belebt" - und das Erzbistum Berlin verlinkte den Artikel auf seiner Facebook-Seite. Sonst hätte ich ihn wohl kaum je zu Gesicht bekommen.  

Noch oberhalb der eigentlichen Überschrift springt den Leser die Information "Umbau kostete 50.000 Euro" an. Na toll, dachte ich, da gibt es eine Altarweihe, aber die Presse interessiert sich vor allem für die Kosten. Ich sollte jedoch bald feststellen, dass das nicht der entscheidende Mangel dieses Presseberichts war. 

Wie bereits erwähnt, habe ich lange genug in einer Stadt von der ungefähren Größe Rathenows gelebt und habe daher gewisse Erfahrungen damit, wie an solchen Orten Pressearbeit gemacht wird. Die Lokalredaktionen auf dem platten Land sind unterbesetzt und schlecht ausgestattet, und auch wenn so gut wie nie wirklich was Großes passiert: irgendwie muss man ja doch jeden Tag die Zeitung (bzw. den Platz zwischen den Anzeigen) füllen. Man berichtet also über allerlei Nachbarschafts-Klein-Klein, und dummerweise gewöhnen sich die Leser daran und erwarten genau dies von ihrer Lokalzeitung. Da die wenigen Redaktionsmitglieder aber nicht überall sein können, sind sie in ihrem Berufsalltag auf die Zuarbeit so genannter 'freier Mitarbeiter' angewiesen. Das können Schüler sein, Rentner, Hausfrauen, aber auch Lehrer oder andere Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes. Und zu den Terminen, zu denen niemand Zeit und/oder Lust hat, schickt man eben irgendwen. Zur Altarweihe in St. Georg zu Rathenow schickte die Märkische Allgemeine Norbert S.

Ich muss betonen, dass ich den Mann überhaupt nicht kenne. Ich weiß nicht, was er sonst so macht, wenn er nicht gerade Artikel für die Märkische Allgemeine schreibt. Wahrscheinlich ist er ein grundanständiger Rathenower Bürger, ein ehren-, wenn nicht sogar liebenswertes Mitglied der Gesellschaft. So viel kann man aber doch sagen, dass seine Liebe zum geschriebenen Wort eher eine unerwiderte Liebe ist. -- Den einleitenden Absatz seines Berichts beginnt Herr S. mit einem etwas geschraubten Plusquamperfekt:
"Die katholische Kirchengemeinde St. Georg in der Friesacker Straße hatte am Sonntag zu einem festlichen Programm mit Gottesdienst geladen." 
Hatte geladen? Am Sonntag? Oder vielleicht doch eher zum oder für den Sonntag, denn da sollte der Festgottesdienst ja schon stattfinden, da wäre es sicherlich ratsam, die Einladung nicht erst am selben Tag auszusprechen. Auch könnte man über die Gewichtung zwischen "Gottesdienst" und "festlichem Programm" diskutieren, also was davon nun Bestandteil wovon sei bzw. was Haupt- und was Nebensache. Aber mal weiter im Text. Im nächsten Satz verrät Herr S. seinen Lesern den Anlass der Feier, aber den kennen wir ja nun schon. Gleich darauf entgleist dem Hobbyjournalisten erst-, aber nicht letztmals komplett die Syntax:
"Zelebriert wurde am Wochenende die Altarweihe von Weihbischof Matthias Heinrich im Rahmen der Eucharistiefeier." 
Ich sag mal so: In den Unterrichtsmaterialien für meine Deutsch-Nachhilfeschüler nennt man so etwas "Umstellprobe". Man verschiebt einfach mal spaßeshalber alle Satzglieder (bis auf das Prädikat) woanders hin, als wo sie normalerweise stehen würden. Was die Kinder dabei lernen sollen, ist, dass der Satz dann immer noch grammatikalisch korrekt ist, vorausgesetzt, das Prädikat bleibt an der richtigen Stelle. Die Verständlichkeit des Satzes kann unter so einer Umstellung allerdings erheblich leiden. Hier zum Beispiel kann der Leser sich am Ende nicht mehr ganz sicher sein, ob der Bischof den Altar geweiht hat oder vielleicht doch der Altar den Bischof. 
„Kirchen sind Treffpunkte auf Pilgerwegen“, sagte der Weihbischof zu den Besuchern des Gottesdienstes „und ihre Altäre Tische, um die wir uns versammeln“. 
Na gut, irgend sowas in der Art wird Weihbischof Heinrich schon gesagt haben, ist ja auch nichts verkehrt dran. Vermutlich hat er auch noch Anderes, weniger Banales gesagt, aber man will seine Leser ja nicht überfordern (beliebte Ausrede von Presseleuten, wenn sie selbst überfordert sind). Lassen wir also die Theologie beiseite und wenden uns wieder dem physischen Geschehen zu. 
"Später bedeckte er den neuen Altartisch der St. Georg-Kirche mit einem schlichten weißen Tuch, auf dem eine Blume gestellt wurde." 
Huch! Die arme Blume! Was hat sie denn verbrochen, dass sie gestellt werden musste? Und das auch noch auf dem Altar! Allzu sehr scheint dieser Zwischenfall, der bei genauerem Hinsehen vielleicht doch nur eine Verwechslung von Akkusativ und Dativ war, die Feier aber nicht gestört zu haben, denn: 
"Der Kirchchor sang dem Anlass gebührend festliche Lieder."
Da kann man nur sagen: Vorsicht beim Gebrauch von Adverbien! Sind die Lieder dem Anlass gebührend, dann bräuchte man hier ein Adjektiv, es müsste also "gebührende" heißen. Sind sie aber gebührend festlich, dann benötigt der "Anlass" eine Präposition: "zu diesem Anlass", "für diesen Anlass" - "anlässlich dieses Anlasses" wäre vielleicht schon wieder zu maniriert. - Soll der Satz jedoch aussagen, die Tatsache, dass festliche Lieder gesungen worden seien, sei "dem Anlass gebührend", dann ist er grammatikalisch korrekt, klingt aber trotzdem irgendwie doof. "Entsprechend" oder "angemessen" hätte hier besser, weil natürlicher geklungen. 
"Im Anschluss an den Gottesdienst traf sich die Gemeinde mit ihren Gästen im Kirchgarten, wo mit Sekt auf den neuen Altar angestoßen wurde." 
Bloß gut, dass die Sektflasche nicht gleich gegen den Altar geworfen wurde... 
"Es gab etwas zu essen" 
- na, da hat sich der Besuch der Veranstaltung ja richtig gelohnt, auch und gerade für den Mann von der Presse! -
"und die Mädchen und Jungen des katholischen Kindergartens führten" 
- na was wohl?
" ein Programm auf." 
Ah ja. - Nun aber mal zum Altar, denn um den geht es ja schließlich! 
"Die künstlerische Vorstellung des neu geschaffenen Altarraums übernahm am Nachmittag Robert M. Weber. Der Künstler aus Grafingen bei München hatte den 2014 von der Kirchengemeinde ausgerufenen Wettbewerb für die Neugestaltung des Altarraums unter 30 Teilnehmern gewonnen."
Muss anstrengend gewesen sein, den Altarraum unter 30 Teilnehmern neu zu gestalten. Was hatten die da überhaupt zu suchen?
"Daraufhin wurde er mit der Ausführung beauftragt." 
Fair enough.
"Eine siebenköpfige Jury um Pfarrer Bernhard Scholtz hatte im vergangenen Jahr den Entwurf von Robert M. Weber zu den [!] besten des Wettbewerb [!] gewählt." 
Nee, das kommentiere ich nicht, das lasse ich so stehen. 
"Weber überzeugte die Jury mit schlichter Eleganz." 
Hat er sich wohl einen schicken Anzug angezogen zur Präsentation. Clever. Aber auch sein Entwurf scheint überzeugt zu haben:
"Pfarrer Scholtz lobte damals [!], dass damit ein ruhiges Gesamtbild vermittelt werden kann." 

Und genau das brauchen wir ja in der Kirche - ein ruhiges Gesamtbild. Wie las ich erst kürzlich auf Facebook: "Eine gute Bekannte von mir formulierte ihre [...] Haltung gegenüber Gottesdiensten´mal so: 'Ich erwarte eigentlich nur, dass ich da nicht einschlafe' - da hätte sie in vielen Gottesdiensten schlechte Chancen." -- Indirekte Rede kann Herr S. übrigens offenbar auch nicht. Aber das nur am Rande. Wie sieht er denn nun aus, der neu gestaltete Altarraum? 
"Ein 7,20 Meter hohes Retabel" - 
(bemerkenswert, dass dieser terminus technicus nicht erläutert wird, aber vielleicht wusste Herr Stein einfach nicht, wie er das erläutern soll) -
"zeigt eine zeitgenössische Kreuzdarstellung" - 
(Erschrecken Sie nicht. Herr S. meint vermutlich zeitgemäß -- was auch immer man sich darunter nun wieder vorzustellen hat.)
"und belebt den Sakralbau mit kraftvollen und energiegeladenen Grüntönen." 
Belebend, kraftvoll energiegeladen - und das ergibt dann "ein ruhiges Gesamtbild". Interessant, die Rathenower Farbenlehre.
"Die Neugestaltung fügt sich gut ein in die Farbigkeit der vorhandenen Substanz der Kirche. Altar, Ambo und Tabernakelstele aus schimmernden [!] Anröchter Stein fertigte der Künstler in einer Werkstatt eines ortsansässigen Unternehmens in Rathenow. Anröchter Stein ist ein bestimmter Kalkstein." 
Na, ein Glück! Man stelle sich vor, der Altar wäre aus unbestimmtem Kalkstein gebaut worden! 
"Die Neugestaltung des Altarraumes hat der [!] Gemeinde mehr als 50.000 Euro gekostet. Möglich wurden die umfassenden Arbeiten durch die Unterstützung des Erzbistums Berlin und des Münchener Vereins Ausstellungshaus für christliche Kunst. Neu gestaltet wurde der Altarraum, weil seine bisherige Ausstattung aus den 70er-Jahren nicht mehr den Zukunftsansprüchen der Gemeinde St. Georg genügte." 

Ach, guck an: Die Gemeinde St. Georg hat Zukunftsansprüche! Fragt sich lediglich, auf was für eine Zukunft die Gemeinde Anspruch erhebt. Den Bildern nach zu urteilen, die das Erzbistum Berlin auf Facebook geteilt hat, handelt es sich um eine Zukunft, in der der Altarraum einer Kirche den Charme einer Badeanstalt versprüht und in der der Tabernakel aussieht wie eine Osterinselskulptur, die einen Astronauten darstellt (Erich von Däniken, übernehmen Sie!). Das gefällt, wie Kommentare auf Facebook zeigen, nicht Jedem: "Meine Güte, wie hässlich und uninspirierend!", liest man da, und: "Und inwiefern ist die Neugestaltung jetzt zukunftsfähiger?". Auch Norbert S.' zwar exponierte, aber noch nicht einmal explizit kritische Erwähnung der Kosten von 50.000 Euro fällt bei den Facebook-Nutzern auf fruchtbaren Boden: "Was hat daran fünfzigtausend Euro gekostet? Ganz schön viel Geld für ein bisschen Stein und Farbe!" - "So teuer, und dann auch noch Mädchen als Ministranten!" - "Mein Fazit: 50.000,00 € rausgeschmissenes Geld!" Es wird sogar der Bildbeweis angetreten, dass die Kirche vor dem Umbau schöner war. Aber um die Kirche der Zukunft zu schaffen, muss man eben Opfer bringen. Und zum Trost der Unzufriedenen sei gesagt: Wenn man sich so die Entwürfe ansieht, hätte es noch sehr viel schlimmer kommen können...


Montag, 13. Juli 2015

Das ZDF errichtet einen Gottesstaat und Twitter ist voll mit christlichen Fundamentalisten

Niemand hatte die Absicht, einen Shitstorm auszulösen. Also, ich zumindest nicht. 

Man muss sich das wohl ungefähr so vorstellen: Sonntagmorgen, irgendwann zwischen 9:30 und 10:30 Uhr. Christopher Lauer, 31, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses für die Piratenpartei (aus der er gleichwohl 2014 ausgetreten ist, nachdem er kurz zuvor noch Berliner Landesvorsitzender hatte werden wollen) und außerdem "Leiter Strategische Innovation" bei der Axel Springer SE, zappt sich durchs Fernsehprogramm und bleibt beim ZDF hängen. Dort läuft nämlich die Live-Übertragung eines bizarren, fremdartigen Rituals - laut Programmauskunft handelt es sich um einen "katholischen Gottesdienst mit Pater Oliver Ruggenthaler aus der Kirche der Barmherzigen Brüder in Graz/Österreich". Lauer, aus einer Laune heraus oder vielleicht auch, weil er (was ihm öfter zu passieren scheint) irrtümlich glaubt, er sei witzig, greift zu Twitter und schreibt
"Im ZDF kommt ne christliche Messe. Wie in sonem [sic] Gottesstaat." 
Na klar: Übelste theokratische Tyrannei, wenn ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender seinem Publikum sonntagsmorgens eine volle Stunde lang den Gottesdienst einer Glaubensgemeinschaft zumutet, der nur ein knappes Drittel der Bevölkerung angehört. Noch dazu im wöchentlichen Wechsel mit Gottesdiensten einer anderen Glaubensgemeinschaft, der ein weiteres knappes Drittel der Bevölkerung angehört. Und wer denkt bitte an das dritte Drittel, an all die Anders- und Nichtgläubigen? Was sollen die machen? - Nun ja: vielleicht ein anderes Programm einschalten, gibt ja noch ein paar mehr, habe ich mir sagen lassen. Solange sonntagsmorgens nicht auf allen Kanälen Gottesdienste laufen oder, noch besser, der Bildschirm während der Gottesdienstzeiten schwarz bleibt, damit die Bürger ihren Hintern gefälligst in die Kirche bewegen statt vor der Glotze abzuhängen, kann es mit dem Gottesstaat wohl noch nicht so weit gekommen sein. - Erinnern wir uns, dass Lauers Ex-Partei sich von jeher auf die Fahnen geschrieben hat, Religion solle "Privatsache" sein. Von dieser Forderung kann man halten, was man will, aber: Was kann denn bitte privater sein als die Entscheidung, welches Fernsehprogramm man bei sich zu Hause anschauen möchte? 

Ungeachtet dessen kommt der Tweet gut an, sammelt in rascher Folge "Fav"-Sternchen und Retweets. Auf diese Weise verirrt er sich rund eine Stunde später auch in meine Timeline. Und ich bin irgendwie weniger amüsiert. Verbreite Herrn Lauers Einlassung auf Twitter wie auch auf Facebook weiter, ergänzt um den Hinweis, der Verfasser selbst halte das vermutlich für witzig. Reaktionen bleiben nicht aus. Verschiedene christliche Social-Media-Nutzer geben zu verstehen, dass sie von der Gleichsetzung "Gottesdienstübertragung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen = Gottesstaat" eher (wie Erzblogger Alipius es formuliert) "mittelbegeistert", jedenfalls alles Andere als überzeugt sind; Bloggerkollegin Claudia empfindet die Verwendung des Begriffs "Gottesstaat" in diesem Zusammenhang als Verhöhnung von Christen, die in tatsächlichen - islamischen - Gottesstaaten (wie dem Iran oder dem vom so genannten Islamischen Staat kontrollierten Territorium) leben; dies teilt sie Herrn Lauer unverblümt mit, benutzt dabei einen nicht ganz stubenreinen Begriff - woraufhin der Expirat und Springer-Stratege ihr anstandslos mit "Post vom Anwalt" droht. Dies wiederum kommentiere ich mit den Worten: 
"Sind wir ein bisschen dünnhäutig, wenn's um die eigene kostbare Person geht?" 
Daraufhin blockiert mich Lauer auf Twitter. Das darf man dann wohl als "ja" auf meine Frage verstehen. 

Nicht weniger witzig ist es, dass er Claudia vorwirft, sie verhalte sich "nicht sehr christlich". Derlei Anwürfe hört und liest man in vergleichbaren Auseinandersetzungen ja öfter, aber ich frage mich immer, was man eigentlich davon halten soll, wenn das aus dem Mund von jemandem kommt, der das Christentum offenkundig verachtet. 

Andere Teilnehmer der Debatte graben einen Mitschnitt eines Auftritts von Christopher Lauer im ZDF(!)-Morgenmagazin von anno 2012 aus, in dem der Berliner Piraten-Abgeordnete sich für ein Verbot der Ausstrahlung eines geschmacklosen Mohammed-Videos aussprach - mit der Begründung, Meinungsfreiheit solle nicht dazu missbraucht werden, 
"Glaubensbekenntnisse zu beleidigen [!] oder [s]ich über andere Leute lustig zu machen". 
Interessant, dass das dem christlichen Glauben gegenüber offenbar nicht gilt. Vielleicht gibt es in Deutschland einfach noch zu viele Christen, als dass sie als Minderheit durchgingen und somit Anspruch auf Rücksichtnahme auf ihre so genannten "religiösen Gefühle" hätten. Oder vielleicht sind sie auch einfach nicht gefährlich, sprich gewaltbereit genug, als dass man sich vor ihnen in Acht nehmen müsste.

Gleichwohl prophezeit Facebook-Nutzerin Julia S. bereits um 13 Uhr: "Wahrscheinlich fühlt er [=Lauer] sich jetzt von fanatischen Fundichristen verfolgt. Man kennt das ja." Und richtig, keine drei Stunden später klagt Lauer auf Twitter


Ja, es ist tragisch: Der Gottesstaat ist einfach überall. - Aber ich will mich hier gar nicht länger über Herrn Lauer lustig machen - das wäre einerseits zu einfach, und andererseits: Laut eigenen Angaben leidet er an ADHS, das kann man eventuell als mildernden Umstand gelten lassen. Ärgerlicher ist es, wie viel Beifall Leute wie er in den Sozialen Netzwerken (und vermutlich auch außerhalb dieser) für ausgesprochen dumme und beleidigende Aussagen bekommen, solange diese sich gegen das Christentum und/oder die Kirche richten. Das macht ein wenig ratlos. 

Die Barmherzigen Brüder in Graz, deren Festgottesdienst zum 400jährigen Bestehen von ZDF und ORF übertragen wurde und auf diese Weise beim nichts Böses ahnend vor sich hin zappenden Christopher Lauer die Angst vor dem Gottesstaat schürte, widmen sich übrigens seit anno 1615 der Krankenpflege. Ihr Motto lautet "Gutes tun und es gut tun". Und was motiviert sie dazu, das zu tun? - Ihr christlicher Glaube. Vielleicht doch ganz gut, dass der nicht nur "Privatsache" ist. 


Samstag, 11. Juli 2015

Straßenfest-Crawl

Nach einer arbeitsreichen Woche endlich mal ein ganz und gar freier Tag - da stellte sich natürlich die Frage: Was kann man denn da mal Schönes machen? Zwar war ich schon vor Wochen von Freunden aus der links-alternativen Szene zum Kreutziger-Straßenfest (alias "Fiesta Kreutziga") eingeladen worden, aber irgendwie war ich ein wenig unentschlossen, ob ich da wirklich hin wollte. Nach einige Abwägen schlug schließlich der Schatz vor: "Wir könnten auch zum Deutsch-Französischen Volksfest gehen." Meine spontane Reaktion: "Au ja, ich hab Bock auf Fritten." 

Der Ausflug zum Zentralen ("zentral", ha ha) Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm war somit beschossene Sache, und was den Punkt mit den Fritten anging, wurde ich auch nicht enttäuscht. Davon abgesehen entpuppte sich das Deutsch-Französische Volksfest als ein Rummel wie tausend andere auch, aber das war okay - ich war schon ewig auf keinem Rummel mehr gewesen. 

(Und für die nächsten Jahre habe ich jetzt auch erst mal wieder genug davon.) 

Ein Ort des Grauens.

Im "Schlagerdorf" war, als wir es erreichten, gerade niemand auf der Bühne: keine Claudia Jung, kein Andreas Martin, kein Christian Anders, keine Ireen Sheer und auch sonst niemand, der zum Playback die Lippen bewegte (mehr als das wäre wohl ohnehin nicht zu erwarten gewesen). Also nochmal Glück gehabt. 

Bald erreichten wir Gefilde, wo ich mich stilistisch doch erheblich mehr zu Hause fühle

Wieder auf der guten Seite der Macht. Peace, Brothers & Sisters!
Hinein ins Hippieparadies gingen wir dann aber doch nicht. Der zu überwindende Hindernisparcour (geschrieben "Parkur") schreckte mich, ich hatte nämlich keine Lust, nass zu werden. Dafür war das Wetter nicht gut genug. 

Der ultimative Flucht-Grund.
Nachdem wir ca. dreimal das Festgelände umrundet, uns an Fritten und Crèpes gütlich getan hatten und einmal sogar Achterbahn gefahren waren, schlug uns die flagrante Gefahr, an der Losbude versehentlich ein Paris-Hilton-Hündchen gratis zu bekommen (Hand aufs Herz: Hätten Sie gewusst, dass das eine eigenständige Hunderasse ist??), zielsicher in die Flucht. 
"Und was machen wir jetzt?"
"Keine Ahnung."
"Wir könnten ja doch noch zum Kreutziger-Straßenfest gehen. Als Kontrastproramm."
"Könnten wir. Hast du Lust?"
"Jetzt ja." 
Na dann los! Umsteigen mussten wir an einer Station, an der wir im Fall eines längeren Verweilens im "Schlagerdorf" wohl auch gleich hätten bleiben können: 


Die Fiesta Kreutziga erwies sich in der Tat als exzellentes Kontrastprogramm zum Deutsch-Französischen Volksfest. 
Paddington Bär auf der Flucht.
Ich traf annähernd alle Bekannten, die ich dort zu treffen erwartet hatte, und ein paar Unerwartete dazu - darunter einen früheren Arbeitskollegen, der verkündete: "Noch hat niemand vor die Bühne gekotzt, aber da findet sich bestimmt noch jemand. Und dann können wir zugucken, wie die Hunde das aufessen." -- 

Needless to say, war auch die Musik erheblich besser. Und die Stimmung sowieso. 

Lebensfreude & Gesundheit zwischen "Bleiberechts-Soliwaffeln" und "Kollektivbier".

Riesenspaß: Kinder bauen, an einem Kran hängend, Türme aus Getränkekisten.

Ein besonderes Schmankerl habe ich noch für diejenigen, die sich fragen, warum dieser Artikel auf einem Katholen-Blog erscheint: 


Keine Sorge, ich habe mir keins dieser T-Shirts gekauft. Aber hätte ich eine Ukulele zur Hand gehabt, hätte mich dieses Motiv womöglich zum spontanen Dichten eines NGL aus der Kategorie "Ein Kessel Rotes" inspiriert - Arbeitstitel: "Comandante Maria". Hasta la victoria siempre! 

Nachdem wir uns eine Weile in der Kreutzigerstraße aufgehalten hatten, fiel uns ein bzw. auf, dass zeitgleich ja auch in der recht nahe gelegenen Rigaer Straße ein linksalternatives Straßenfest war - die "Lange Woche der Rigaer Straße". Also entschieden wir kurzerhand,  auch da noch hinzugehen. 

Erdgeschoss vs. Bel-Etage: Gentrifizierung live in der Rigaer Straße. 



In der Rigaer Straße, die ebenso wie die Kreutzigerstraße das 25jährige Jubiläum der dort stattgefundenen Hausbesetzungen feierte, war es vergleichsweise ruhig, nachdem es dort am Abend zuvor zu massiven Ausschreitungen zwischen Autonomen und Polizei gekommen war - über die man so, aber auch so berichten könnte. 

Und das war dann das böse Erwachen. 
In den Innenhöfen einiger einschlägiger Häuser gab es Infostände, veganes Essen und Soli-Schnaps, aber auf der Straße selbst war von Straßenfestatmosphäre nicht viel zu spüren. Dafür gab es schöne Plakate sowie Graffiti- und Fotokunst zu bewundern. 





Die - natürlich evangelische - Galiläakirche in der Rigaer Straße beherbergt jetzt das Jugend[widerstands]museum. Das ist tatsächlich recht interessant, und außerdem spielte, als wir hereinkamen, jemand sehr schön Cello.
Auf dem Heimweg begegneten wir allerlei farbverschmierten jungen Menschen und stellten auf diese Weise fest, dass wir, wo wir schon dabei gewesen waren, eigentlich noch zu einem weiteren Fest hätten gehen können: Auf dem Gelände der Kulturbrauerei fand das United Colours Holi Open Air statt. Aber irgendwie reichte es auch für einen Tag. Gleichwohl meinte mein Schatz: 
"Beim nächsten Mal wird das generalstabsmäßig geplant. Fünf Straßenfeste an einem Tag müssen doch drin sein!" 
Na, schauen wir mal. Angepeilt für den nächsten "Sraßenfest-Crawl" ist vorläufig der 8. August: Da ist das Internationale Straßentheaterfestival "Berlin lacht", das 55. Deutsch-Amerikanische Volksfest und Internationale Berliner Bierfestival... und das "alternative" Kontrastprogramm zum Tage finden wir sicherlich im Stressfaktor

(Gibt's den eigentlich auch als App?)

Warum Pater Hagenkord zu den Guten gehört und die Bösen die Anderen sind

Als ich letzten Montag launig und spontan meinen kurzen Beitrag "Igitt - die knutschen" in die virtuelle Welt hinaussandte, dachte ich nicht, dass ich wenig später noch einmal auf dieses Thema würde zurückkommen müssen. Muss ich nun aber doch - aus Gründen, die mit dem inkriminierten Knutschfoto an sich immer weniger zu tun haben. 

Was das Foto als solches betrifft, ist meine Meinung unverändert: Ich finde grundsätzlich nichts Empörendes am Anblick zweier Frauen, die sich küssen. (Disclaimer: Ich würde auch am Anblick zweier Männer, die sich küssen, grundsätzlich nichts Empörendes finden.) Ich finde - offenbar im Gegensatz zu manchen anderen Teilnehmern dieser Debatte -, dass eine Abbildung von Menschen, die sich küssen, nichts mit Pornographie zu tun hat. An dem Umstand, dass Radio Vatikan gerade so ein Bild ausgewählt hat, um damit einen Artikel über Perspektiven katholischer Sexualmoral zu illustrieren, kann man gleichwohl legitime Kritik üben; in einigen Wortmeldungen hat die Empörung über das Foto jedoch ein Ausmaß erreicht, das ich als unverhältnismäßig und kontraproduktiv empfinde. (Und dabei habe ich, wie es scheint, die heftigsten Reaktionen gar nicht mitbekommen, wohl weil sie auf Websites erschienen, die ich im Allgemeinen meide.) 

Bleiben wir mal beim Stichwort "kontraproduktiv": Reaktionen, die darauf hinauslaufen, ein Bild von sich küssenden Frauen sei, zumindest wenn es in einem katholischen Medium erscheint, einfach "bäh", finde ich persönlich nicht nur albern, sondern war und bin auch der Auffassung, sie seien zu nichts Anderem geeignet als dazu, das Anliegen moraltheologisch konservativer Katholiken zu diskreditieren. Und in dieser Einschätzung darf ich mich nun wohl bestätigt fühlen. Noch im Laufe des Montagnachmittags bezog Pater Bernd Hagenkord SJ, seines Zeichens Leiter der deutschsprachigen Sektion von Radio Vatikan, auf seinem Blog zu der Knutschfoto-Affäre Stellung. Er räumte ein, die Auswahl des Bildes sei "[v]ielleicht nicht allzu klug" gewesen, tadelte jedoch die Überzogenheit einiger Reaktionen: "Und da wundern wir uns noch [...], dass homosexuelle Menschen sich diskriminiert fühlen?" 

Soweit, könnte man sagen, unterschied sich Pater Hagenkords Stellungnahme gar nicht mal so sehr von meiner eigenen. Aber natürlich lag schon ein erheblicher Unterschied darin, dass Pater Hagenkord in dieser Angelegenheit ja in einer ganz anderen Position war bzw. ist als ich. Als Sektionschef bei Radio Vatikan war er ja letztlich verantwortlich für die Veröffentlichung dieses Artikels mit diesem Bild, also hatte er Grund, die heftigen Reaktionen darauf zu einem gewissen Grad als Angriffe auf ihn selbst aufzufassen. Und das merkt man seiner Replik an. 

Als exemplarisch für die Reaktionen, die das Knutschfoto ausgelöst habe, zitiert P. Hagenkord die Schlagworte "Homo-Perversion", "seid ihr noch katholisch?", "widerliche Porno-Bilder" - und resümiert: "Da sind einige Menschen da draußen wirklich ganz übel fixiert". Und was für Menschen mögen das sein? - Offenkundig "super-katholische Anzeige-Christen". Gab es denn gar keine maßvollere, sachlichere Kritik? Anscheinend nicht: "Am Niveau lag es nicht, da war keines". Deswegen muss man inhaltlich auch gar nicht auf Einwände gegen das Foto oder den dazugehörigen Artikel eingehen, denn: "Um die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geht es gar nicht, es geht darum, sich künstlich aufzuregen und (ich sage es bewusst) sich zu erregen und sich maßlos über andere zu erhaben". Etwas, was P. Hagenkord und seine Leute selbstverständlich nie tun würden, denn: "[S]elbst wenn wir hier oder da mal Fehler machen, sind wir nicht bereit, dieses Spiel mitzumachen." 

Jetzt mal dialektisch gefragt: wenn das kein "Sich über Andere Erheben" ist - was ist es dann? - Aber wenn das schon Alles wäre, würde ich gar nicht meckern. Wie es jedoch konkret aussieht, "dieses Spiel nicht mitzumachen", das kann man in den Kommentaren zu P. Hagenkords Artikel beobachten. 

Die kaum noch unterschwellig zu nennende Pathologisierung der Knutschfoto-Kritiker als sabbernde, schwitzende Klemmis fällt bei nicht wenigen Lesern des Radio-Vatikan-Blogs auf fruchtbaren Boden: "Das schöne Foto der beiden glücklich sich küssenden Frauen" könne lediglich bei "Fetischisten katholischer Katechismusmoral" negative Reaktionen auslösen, wird da konstatiert: "Diese Leute [...] sind einfach ein Fall für den Psychiater", und: "Die kirchliche Sexuallehre züchtet sich ihre Gemütskranken selbst". Schließlich seien "[a]lle Menschen [...] bisexuell, die einen mehr, die anderen weniger", bzw. es gebe "im Grunde soviele Sexualitäten wie es Menschen gibt". Anderen ist Pathologisierung noch nicht genug: Für sie ist das "widerliche Hetze", "rechtsradikal faschistisch rassistisch", weshalb man "diesen Leuten" - gemeint sind offenbar kath.net und einige nicht namentlich genannte Blogger - "das Handwerk legen" müsse. Ein "Wikipedianer" mit dem Nutzernamen "suennerklaas" bietet P. Hagenkord sogar nachdrücklich praktische Hilfe für dieses Ansinnen an. Das geht dem Pater denn doch ein wenig zu weit, weshalb er betont: 
"Ich glaube nicht, dass das rechtsradikal ist. Ich verstehe Ihr Argument, glaube aber, dass das einfach nur krank ist."
Sehr nett! Und warum gibt P. Hagenkord dieser Deutung den Vorzug? 
"Rechtsradikal würde ja bedeuten, dass das irgendwie auch politisch oder gesellschaftlich relevant ist. Ist es aber nicht." 
Bestechende Argumentation, muss man schon sagen. - In den Kommentaren zum Blogartikel findet sich durchaus auch Kritik an P. Hagenkord und an den oben auszugsweise zitierten Kommentaren einiger Leser; empfindlich reagiert der Pater allerdings, als ein Leser ihm eine "Hetzkampagne" vorwirft: 
"Das ist keine Hetzkampagne, ich verbitte mir so ein Wort." 
Schon klar, denn "hetzen" tun ja immer nur die Anderen. Die dafür aber pausenlos.

Im Ganzen gleicht P. Hagenkords Umgang mit Kritik frappierend einer Strategie, für die ich an anderer Stelle einmal einem ebenfalls bloggenden Jugendseelsorger den Titel "MacGyver der Rhetorik" verliehen habe: die Kritik gegen den Kritiker wenden, indem man ihm niedere Beweggründe und/oder einen psychischen Defekt unterstellt; sich selbst zum Opfer von "Hetze" stilisieren; sachliche Auseinandersetzung verweigern, weil "die Anderen" ja auch nicht sachlich argumentieren. Oder, kürzer ausgedrückt: "Ich bin schon deshalb einer von den Guten, weil meine Gegner so gemein zu mir sind". Dergleichen konnte man in P. Hagenkords Blog schon öfter beobachten, zuletzt in einem "Spaltung!" betitelten Artikel, mit dem er auf die Kritik an der so genannten "Schattensynode" reagierte, an der er als Moderator teilgenommen hatte. Seine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik an dieser Veranstaltung beschränkt sich auf den Satz "Das ist natürlich totaler Stuss"; dann fährt er fort: 
"Dem will ich auch gar nicht weiter Aufmerksamkeit schenken, der Schaum vor dem Mund interessierter Kreise ist so schon schlimm genug. Es gibt Menschen, die können sich gar nicht genug aufregen."
Wie sich die Bilder gleichen! Interessant ist allerdings, was für Kriterien P. Hagenkord seinen Lesern zur "Unterscheidung" - "das Wort Unterscheidung' geistlich gebaucht" (!) von Stellungnahmen verschiedener Seiten empfiehlt; es sind u.a. diese: 
"Wer macht Vorwürfe und wer nicht?"
"Wer (be)schimpft und wer nicht?"
"Wer urteilt und wer nicht?"
Nun sitze ich da und wundere mich, dass P. Hagenkord offenbar so überzeugt davon ist, ein Guter zu sein, dass er gar nicht auf die Idee kommt, man könnte diese Sätze gegen ihn verwenden. 

Okay: Offenkundig ist er wirklich so überzeugt davon. Heuchelei würde ich ihm daher nicht vorwerfen. Hier wie so oft empfiehlt es sich, von der Goldenen Regel "Geh von guten Absichten aus" Gebrauch zu machen: Es ist anzunehmen, dass P. Hagenkord ehrlich davon überzeugt ist, im Recht zu sein und für die Kirche, der zu dienen er sich als Priester, Jesuit und nicht zuletzt auch als hochrangiger Journalist bei Radio Vatikan verpflichtet hat, nur das Beste im Sinn zu haben. Diese Überzeugung zu haben und auch zu äußern, ist selbstverständlich sein gutes Recht, ebenso wie es mein Recht ist, ihn zu kritisieren. Fragen sollte P. Hagenkord sich allerdings vielleicht, ob es statthaft ist, seine persönlichen Anschauungen auf einem Blog zu verbreiten, der zur offiziellen Webpräsenz von Radio Vatikan gehört. 


Dienstag, 7. Juli 2015

Closed Doors

Montagabend, man lümmelt mit dem Schatz auf dem Sofa herum und überfliegt nebenbei die Twitter-Timeline. -- Ach, guck an: Eine Stellenausschreibung. Von Open Doors. "Referent für Öffentlichkeitsarbeit (m/w)", das klingt ja gar nicht so uninteressant -- zumal das Bistum Münster noch nichts von sich hat hören lassen. Und Open Doors, das sind doch die mit dem Weltverfolgungsindex. Auf weltweite Christenverfolgung aufmerksam machen: Gute Sache. Und das als Beruf? Warum nicht! Andererseits glaube ich, die sind eher evangelikal ausgerichtet... Weiß ich aber nicht genau. Schauen wir einfach mal rein in die Stellenausschreibung. 

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir Referenten für Öffentlichkeitsarbeit (m/w), vor allem für die Großräume Kassel-Braunschweig-Erfurt, Berlin-Magdeburg-Rostock, Bodensee-Allgäu.
Na bitte, da geht doch was. Bodensee-Allgäu ist jetzt nicht gerade vor der Haustür, aber muss ja auch nicht. Ist doch schön, wenn man mal ein bisschen 'rumkommt. Alle anderen genannten Orte liegen ja mehr oder weniger noch in Tagespendler-Reichweite. - Dann mal weiter zum Anforderungsprofil. 
Sie sind: 

- ein Nachfolger Jesu, 
ich sag's doch: evangelikal. Oder charismatisch, könnte auch sein. 
der mit Hingabe und ganzem Einsatz seinen verfolgten Geschwistern zur Seite stehen möchte. 
Na okay. 
- vielfach bewährt im Halten von Vorträgen. 
Aber sowas von. 
- befähigt, Gottes Wort auszulegen, 
Was soll das heißen, "befähigt"? Wodurch befähigt? Etwa durch unmittelbares Einwirken des Heiligen Geistes? Also doch Charismatiker. Als Katholik müsste ich hier einwenden: Nein, ich bin nicht befähigt, Gottes Wort auszulegen, denn mir fehlt die Weihe dazu. Außerdem dachte ich, es geht hier um Öffentlichkeitsarbeit. Lobbyarbeit für verfolgte Christen gewissermaßen. Aber da habe ich mich wohl getäuscht...
und können bereits auf eine Reihe von Predigtdiensten zurückblicken. 
Möp-mööp-mööööp. Nein, kann ich nicht. Zu den Gründen siehe oben. 
- kontaktfreudig, 
aber hallo. 
zuverlässig, 
doch, ja. 
sehr gut organisiert 
äähhmm... geht so. 
und versiert im Umgang mit PC und Präsentationstechnik. 
Klar. 

Sie haben

- eine stabile Lebenssituation 
bitte??? 
und einen Lebenslauf, der Kontinuität und Weiterentwicklung erkennen lässt. 
Ich bin raus. 
Wir suchen Menschen demütigen Herzens, die nicht sich selbst oder ihre Gaben in den Vordergrund stellen, sondern mit ihren Gaben dienen und damit Jesus die Ehre geben. 
Klar. Genau solche Menschen sind ja geradezu prädestiniert dazu, einen Lebenslauf zu haben, der "Kontinuität und Weiterentwicklung erkennen lässt".
die bereit und fähig sind, in einem zugewiesenen Gebiet Gemeinden aller Konfessionen zu kontaktieren, 
Ich bin schon wieder raus. 
in Gottesdiensten und Veranstaltungen über die Situation verfolgter Christen zu informieren und zum Gebet aufzurufen. Dadurch soll die verfolgte Gemeinde Jesu ermutigt und gestärkt werden.

Wir bieten:

eine herausfordernde, interessante Tätigkeit in einem engagierten überkonfessionellen Team, gelegentliche Reisen in Länder mit eingeschränkter Religionsfreiheit
Au ja! 
intensives Training und eine angemessene Vergütung.

Haben wir Ihr Interesse geweckt und spüren Sie eine Berufung
"Berufung"?? 
sich aktiv für unsere verfolgten Geschwister einzusetzen? Dann lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen, bestehend aus Motivationsschreiben
pfff. 
Lebenslauf, geistlichem Lebenslauf 
WTF?
sowie Zeugnissen [...] zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! 
Könnta vajessen, wie der Berliner so sacht. Da versuch ich's dann vielleicht doch lieber bei Kirche in Not. -- Haben die nicht auch gerade eine Stellenausschreibung? 

Montag, 6. Juli 2015

Igitt - die knutschen!

Zum Welttag des Kusses muss ich, bevor ich mich wieder umfangreicheren Aufgaben zuwende, mal einen kleinen Schnellschuss aus der Hüfte feuern: Wie ich über die einschlägigen Sozialen Netzwerke verfolgt habe, gab es in den letzten Tagen erhebliche Aufregung über einen Artikel auf der Website von Radio Vatikan (der inzwischen entfernt wurde, aber hier trotzdem noch zu sehen ist - das Internet vergisst nichts): Unter der Überschrift "Kirchliche Sexualmoral ist in Bewegung" wurde da ein Interview der österreichischen Wochenzeitung Die Furche mit dem  Moraltheologen Martin Lintner OSM referiert. - Ärgerlich fand ich den Artikel durchaus auch - schon allein, weil bereits die Überschrift geeignet ist, verbreitete Vorurteile darüber zu verfestigen, dass die (bisherige) Sexualmoral der Katholischen Kirche "vorgestrig", wo nicht gar "mittelalterlich" sei und dringend der "Modernisierung" bedürfe - und dann auch, weil sie im Vorfeld der Bischofssynode zu Ehe und Familie suggeriert, diese Modernisierung stehe unmittelbar bevor. 

Befremdlich fand (und finde) ich es jedoch, dass die zu erwartende Kritik von konservativer Seite sich weit weniger am Text des Artikels entzündete als an dem Agenturfoto, mit dem Radio Vatikan den Artikel schmückte. Während der Vatikanist Edward Pentin sich in einem Tweet über den "uncritical article on Vatican Radio" noch zurückhaltend-ironisch äußerte ("remarkable choice of photo"), donnerte Publizist Mathias von Gersdorff auf seinem Blog: "Radio Vatikan bebilderte den Text mit einem schamlosen Foto, das niemals in einem katholischen Nachrichtendienst erscheinen dürfte." Und nachdem Radio Vatikan den Artikel zurückgezogen hat, frohlockt kath.net heute, ausgerechnet am Tag des Kusses: "Radio Vatikan musste Gay-Foto von Website entfernen". Vom Inhalt des Artikels, der an dem Bild noch mit dranhing, ist überhaupt keine Rede mehr. Über das Foto schrieb kath.net
"Das von der AFP gekaufte Foto zeigt zwei lesbische Frauen beim Zungenkuss." 
Ernsthaft?? - Hier nochmal der Link zum Originalartikel

Man muss schon sehr genau hinschauen, um die Zunge der einen jungen Dame zwischen ihren Lippen hervorlugen zu sehen. (Das hat wohl auch kath.net inzwischen eingesehen und den "Zungenkuss" im Text durch einen schlichten "Kuss" ersetzt.) Mit etwas weniger Willen zur Empörung könnte man in dem Bild auch einfach zwei junge Mädchen sehen, die sich zur Begrüßung ein Küsschen geben - für mein Empfinden durchaus kein ungewöhnlicher Anblick. Dass das Ganze irgend etwas mit Homosexualität zu tun haben könnte, wird letztlich nur durch das Regenbogen-Armband des einen Mädchens angedeutet. 

Zugegeben: Das Bild muss einem nicht gefallen. Man kann es unangemessen finden. Man kann kritisch hinterfragen, was die Verantwortlichen bei Radio Vatikan damit bezwecken wollten, diesen Artikel gerade mit diesem Bild zu schmücken. Aber sich lautstark über das Foto zu erregen und es als "schamlos" zu verschreien, ist kontraproduktiv. Das ist zu nichts Anderem gut als dazu, Diejenigen in ihrer Auffassung zu bestärken, die schon immer der Meinung waren, Katholiken - konservative Katholiken zumal - seien prüde, verklemmt, ja leibfeindlich - und "homophob" sowieso. Ein positives Bild von der katholischen Sexualmoral vermittelt man mit solchen Reaktionen gewiss nicht. 

Schon gar nicht am Welttag des Kusses. 


Samstag, 4. Juli 2015

Jubilate Deo - Teil II: Ein Kessel Rotes

Wenn man es unternimmt - wie ich es jüngst unternommen habe und noch lange nicht damit fertig bin -, sich mit dem Neuen Geistlichen Lied auseinanderzusetzen und dabei, bei aller Lust am Sarkasmus und an der Polemik, nicht bei der bloßen Veralberung platter und plumper Liedtexte stehen bleiben will, dann kommt man früher oder später nicht darum herum, auch die zeitgeschichtlichen Entstehungsbedingungen dieses speziellen musikalischen Genres ins Auge zu fassen. Konkret gesagt, man kommt nicht darum herum, zu berücksichtigen, dass das NGL aus dem "Geist von '68" hervorgegangen ist - der seinerseits wiederum in einer engen Beziehung zum viel beschworenen "Geist des Konzils" stand (worunter natürlich das II. Vatikanische zu verstehen ist). Auf diese Zeit zurückblickend, schreibt Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., im Vorwort zur 2000er Neuausgabe seiner erstmals just 1968 erschienenen Einführung in das Christentum:
"Für den Stand des Christentums in der Zeit wurde vor allem der Gedanke eines neuen Verhältnisses von Kirche und Welt wirksam [...:] das Überspringen der Unterschiede, das Zugehen auf die Welt, das Sich-Einlassen auf sie. Schon auf den Pariser Barrikaden von 1968 zeigte sich, wie schnell diese Gedanken aus den Gesprächen kirchlicher Akademien heraustraten und ganz praktisch werden konnten: Man feierte eine Revolutionseucharistie und praktizierte damit eine neue Verschmelzung von Kirche und Welt im Zeichen der Revolution, die endlich den Aufbruch zu einer besseren Zeit bringen sollte. Die führende Beteiligung katholischer und evangelischer Studentengemeinden an den revolutionären Umbrüchen in europäischen und außereuropäischen Universitäten bestätigte dieselbe Richtung." (Ratzinger, S. 11f.)
Halten wir fest: Dies war das - wenn man so will - "geistesgeschichtliche" Klima, aus dem heraus das NGL entstand; und im Folgenden werden wir sehen, in welchem Maße sich das auswirkte. -- In jedem Fall kann man dem seinerzeit von der US-Bürgerrechtsbewegung übernommenen Genre des folk-orientierten Protestsongs erheblichen Einfluss auf den ab den späten 60er Jahren um sich greifenden Klampfenkatholizismus attestieren. Es ist durchaus bezeichnend, dass sich in dem von mir untersuchten Liederbuch "Jubilate Deo" unter Nr. 227 Bob Dylans Protestsong-Klassiker "Blowin' In The Wind" (in einer freien Nachdichtung von Hans Bradtke u.d.T. "Die Antwort weiß allein der Wind") findet - wobei es besonders auffällt, dass der Refrain "Die Antwort, mein Freund, weiß ganz allein der Wind" - der sich eng an Dylans Originalformulierung anlehnt und auch im Titel der deutschen Fassung präsent ist - durch eine erheblich aktivistischere Wendung ersetzt wird:
"Die Antwort, mein Freund, sie will gefunden sein,
Die Antwort muss unser Leben sein." 
Der Abschnitt "Gospel und Spiritual" des Liederbuches - den ich ansonsten aus meiner Evaluation ausgeklammert habe - enthält als Nr. 398 sogar die Mutter aller Protestsongs, "We Shall Overcome" - ein Lied, dessen Text zwar angeblich auf eine Dichtung des schwarzen US-amerikanischen Pfarrers Charles Albert Tindley von Anfang des 20. Jhs. zurückgeht und dessen Melodie von einer alten baptistischen Hymne adaptiert sein soll (während andere Quellen auf die vielleicht nicht ganz zufällige melodische Ähnlichkeit zu "O du fröhliche" hinweisen) und das 1952 auf einem Schallplattenlabel für "Negro Spirituals" veröffentlicht wurde, in dem man einen christlichen Inhalt aber nur mit sehr viel Phantasie entdecken kann; bekannt wurde es jedenfalls als Protestsong, besonders ab 1963 in den Versionen der Folk-Ikonen Pete Seeger und Joan Baez, und in besonderem Maße wird es mit der Bewegung zur Emanzipation der Schwarzen in den USA assoziiert.

Als einen "Meilenstein in der Geschichte" des NGL bezeichnet René Frank, seines Zeichens selbst NGL-Komponist, in seiner pädagogischen Examensarbeit Das Neue Geistliche Lied. Neue Impulse für die Kirchenmusik (Marburg 2003; S. 62) das Bundestreffen der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG) in Fulda 1972. Im Interesse einer "zeitgemäßere[n] liturgische[n] Gestaltung" (ebd.) dieses Treffens wurden im Auftrag der KjG elf neue Lieder geschrieben, "die sich als Standart[sic!]liedgut für das NGL erweisen sollten" (Frank, S. 63) und die bei zwei Gottesdiensten im Rahmen des Bundestreffens uraufgeführt wurden. Für die Liedtexte zeichnete eine "Gottesdienst-Kommission" unter Federführung des Pfarrers Alois Albrecht verantwortlich, mit der Komposition hatte man den unvermeidlichen Peter Janssens betraut. Wie Alois Albrecht, neben Wilhelm Willms einer der führenden Textdichter der "ersten Generation" des katholischen NGL, sich in einem Interview aus dem Jahr 1995 erinnert, stießen die Fuldaer NGL-Gottesdienste zunächst auf heftige Kritik: "Da wurde gesagt: Der Albrecht überschreitet sämtliche Grenzen. Und ich habe Prügel bezogen, die nicht von Pappe waren" (zit. n. Frank, S. 63). -- Letztlich konnten diese (vermutlich nur verbalen) Prügel aber nicht hindern, dass das NGL einen Siegeszug durch die Liederbücher kirchlicher Verbände antrat, noch auch, dass der gescholtene Albrecht es bis zum Generalvikar der Erzdiözese Bamberg (1990-2006) brachte.

Die KjG, die nach Einschätzung René Franks "[s]eit der Gründung im Jahre 1969 [...] für progressive Meinungen und Aktionen in der Katholischen Kirche" steht (Frank, S. 62), spielte auch weiterhin eine herausragende Rolle für die Popularisierung des NGL, vor allem durch im (1996 aufgelösten) verbandseigenen Verlag publizierte "NGL-Songbücher". 1983 löste das "Rote Songbuch" der KjG eine heftige kircheninterne Kontroverse aus, an die der Verband auf seiner Website mit erkennbarem Stolz erinnert: Die Liedersammlung
"enthielt u.a. Lieder, die sexuelle Verfehlungen von Geistlichen thematisierten (z.B. das Lied "Es wollt' ein Bauer früh aufstehn"), dazu Lieder aus der Arbeiterbewegung ("Brüder, zur Sonne, zur Freiheit"), aber auch moderne Lieder, die sich kritisch mit Religion auseinandersetzen ("Wenn et Bedde sich lohne dääd" von BAP) oder eine befreite Sexualität fordern ("Denn ich will" von André Heller), 
womit die Redaktoren des Songbuchs neben einem entschiedenen Willen zur Provokation auch einen ausgeprägt schlechten Geschmack unter Beweis stellten. Die Deutsche Bischofskonferenz, allen voran der erst kurz zuvor neu ins Amt gekommene Bischof von Fulda, Johannes Dyba, forderte nach wenigen Wochen einen Verkaufsstopp des Songbuchs, "begleitet von der Drohung, die KjG andernfalls aufzulösen bzw. nicht mehr als katholische Jugendorganisation anzuerkennen". Tatsächlich wurde die Liedersammlung vom Markt genommen, konnte sich jedoch "als Schwarzkopie rasch verbreiten". -- Der Name "Rotes Songbuch" bezog sich vordergründig sicherlich auf die Einbandfarbe, ist aber wohl - nicht zuletzt in Hinblick auf die darin enthaltenen "Lieder aus der Arbeiterbewegung" - auch in anderer Hinsicht durchaus passend; etwas heikel ist es in diesem Zusammenhang allerdings, dass nach dem Verkaufsstopp des "Roten Songbuchs" als entschärfte Ersatzversion ein "Braunes Songbuch" veröffentlicht wurde. 

Die führende Rolle, die dieser Jugendverband bei der Etablierung des Neuen Geistlichen Liedes in der Katholischen Kirche spielte, erklärt wohl auch so halbwegs, wie und warum sich eine KjG-Hymne in das Liederbuch "Jubilate Deo" verirrt hat: Nr. 200, "KjG olé" (Text und Musik: Lambert Zumbrägel; Text überarbeitet von Achim Reußwig), beglückt uns mit Weisheiten wie "Der KjG ist ein Verband im BDKJ, / Drum ist unser Chef auch der liebe Gott. / Das K steht für katholisch, das j, das steht für jung, / Das G steht für Gemeinde und alles steht für Schwung". -- Nun gut: Jede Jugendgruppe braucht wohl ihren Schlachtgesang, und der darf auch ruhig albern sein; man mag sogar versucht sein zu sagen: Je alberner, desto besser. Dieses Lied jedoch in ein Liederbuch aufzunehmen, das laut einem Hinweis auf der Einbandinnenseite ausdrücklich und ausschließlich "für die Gestaltung der Gottesdienste bestimmt" ist, ist schon eine bemerkenswerte Fehlleistung. -- In den weiteren Strophen wird in bescheidenem Umfang auch inhaltlich auf die Arbeit der KjG eingegangen...
"3.
Bei Satzung und Struktur ist KjG ziemlich fit,
Im Pädagogiksektor mischt sie ständig vorne mit,
Politisches und inhaltliches meidet sie auch nicht
Und alles dann für Frau und Mann aus spezifischer Sicht.
4.
Ganz eindeutig erkennt man KjG im ganzen Land:
Ein Fallschirm, tausend Kinder und 'ne Klampfe in der Hand
Gewusel und Gegacker, Spiel, Gesang und Aktion
Und am Ende machen alle eine schöne Reflexion."
...wobei sich mir auch wieder die Nackenhaare aufstellen; aber Kritik an den Gepflogenheiten des leidigen deutschen Gremien- und Verbandskatholizismus zu üben ist hier und jetzt nicht mein Thema. 

Bleiben wir trotzdem noch kurz bei der institutionalisierten Jugendarbeit, indem wir uns einer weitere Verbandshymne zuwenden, die es aus unerfindlichen Gründen in ein Liederbuch für die Gottesdienstgestaltung geschafft hat: Nr. 202, "Wir fangen an, bau mit", von Norbert Petau (Text) und the one and only Ludger Edelkötter (Musik), erinnert ja schon vom Titel her stark an die FDJ-Hymne "Jugend erwach" ("Bau auf, bau auf, Freie Deutsche Jugend, bau auf"); und das ist natürlich kein Zufall, denn das Lied erfüllt durchaus eine vergleichbare Funktion, nur eben für die Kolpingjugend. Im Refrain ("Was Adolph Kolping damals tat ist heut noch gut") und den ersten beiden Strophen wird der Gründer des Kolpingwerks abgefeiert; Strophe 3 und 4 widmen sich dem Blick auf Gegenwart und Zukunft, auf das eigene Tun zur Schaffung einer besseren Welt. -- Ich kann mir nicht helfen, vor meinem geistigen Ohr ertönt unwillkürlich eine Kolping-Version des Arbeiterkampfliedes "Auf, auf zum Kampf"
"Auf, auf zum Kampf, zum Kampf,
Zum Kampf sind wir geboren!
Auf, auf zum Kampf, zum Kampf,
Zum Kampf sind wir bereit!
Dem Adolph Kolping haben wir's geschworen,
Dem Adolph Kolping reichen wir die Hand."
Anzuerkennen ist, dass Kolping im Liedtext nicht als bloßer Sozialreformer, sondern explizit als Mann des Glaubens apostrophiert wird: So erkennt er in Strophe 1 als eine Ursache des Elends der armen Bevölkerungsschichten, dass sie "ohne Glauben" leben. In Strophe 2 aber ruft er den Elenden zu: "Nehmt vom Glauben das Gute, die Kraft". Das scheint zu implizieren, dass Glaube auch Aspekte habe, die nicht gut seien und die man daher nicht "nehmen" müsse oder solle. Folgerichtig ist in Strophe 3 und 4 vom Glauben überhaupt keine Rede mehr.

Die hier aufscheinende Tendenz, den Glauben nicht (mehr) als ein Gut an sich zu betrachten, sondern ihn nur insoweit als "gut" anzuerkennen, wie er einem Ziel dient - nämlich der Schaffung einer besseren, gerechteren, menschenwürdigeren Zukunft -, ist durchaus charakteristisch für einen ganzen Strang von NGL-Texten, von denen ich einige, die in meiner Evaluation des Liederbuches "Jubilate Deo" in Kategorie D ("Flieht, ihr Narren!") gelandet sind, im Folgenden vorstellen werde. Vorausschicken möchte ich jedoch einige theoretische Erwägungen - abermals anknüpfend an Joseph Ratzingers Einführung in das Christentum bzw. an das Vorwort zur Neuausgabe von 2000.

In seinen einführenden Notizen zum Glauben in der Welt von heute - die, das muss man sich immer wieder bewusst machen, zeitlich zwischen dem II. Vaticanum und dem "Revolutionsjahr" 1968 entstanden - beschreibt Ratzinger einen Paradigmenwechsel im Verhältnis zwischen Mensch und Welt, der zu dieser Zeit auch in die Theologie Einzug hielt, nachdem er in der Philosophie schon seit Mitte des 19. Jh. vorbereitet worden war - vor allem durch Karl Marx, der diesen Paradigmenwechsel in seiner 11. These über Feuerbach programmatisch auf den Punkt brachte:
"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern." 
Professor Ratzinger kommentiert:
"[D]ie Wahrheit, um die es fortan geht, ist die Machbarkeit. [...] Die Wahrheit, mit der der Mensch zu tun hat, [...] ist die Wahrheit der Weltveränderung, der Weltgestaltung - eine auf Zukunft und Aktion bezogene Wahrheit." (S. 57)  
"War der Mensch zuerst, in Antike und Mittelalter, dem Ewigen zugewandt gewesen, dann in der kurzen Herrschaft des Historismus dem Vergangenen, so verweist ihn nun [...] die Machbarkeit auf die Zukunft dessen, was er selbst erschaffen kann. Wenn er vordem, etwa durch die Ergebnisse der Abstammungslehre, resigniert festgestellt haben mochte, dass er von seiner Vergangenheit her nur Erde, bloßer Zufall der Entwicklung ist, so braucht ihn das jetzt nicht mehr zu stören, denn nun kann er [...] entschlossen seiner Zukunft entgegen sehen, um sich selbst zu dem zu erschaffen, was er will; es braucht ihm nicht mehr als Unmöglichkeit zu erscheinen, sich selbst zum Gott zu erschaffen, der nun als Faciendum, als das Machbare, am Ende und nicht mehr als Logos, als Sinn, am Anfang steht." (S. 58f.) 
In der Rückschau des Jahres 2000 sieht der nunmehrige Kardinal Ratzinger das Bemühen, dieser neuen Weltsicht auch theologisch Rechnung zu tragen, idealtypisch in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie verwirklicht. Diese habe den Versuch unternommen, die Philosophie Marx' für das Christentum zu adaptieren, ähnlich wie es die Scholastik des Hochmittelalters mit Aristoteles gemacht habe.
"Wer aber Marx (in welchen neomarxistischen Variationen auch immer) als den Vertreter der Weltvernunft aufnimmt, der nimmt nicht einfach eine Philosophie, eine Vision über Herkunft und Sinn des Daseins an, sondern der übernimmt vor allem eine Praxis. [...] Wer Marx zum Philosophen der Theologie macht, der übernimmt den Primat des Politischen und der Wirtschaft, die nun die eigentlichen Heilsmächte (und, wenn falsch angewendet, Unheilsmächte) sind. Die Erlösung des Menschen geschieht in solcher Sicht durch die Politik und die Wirtschaft, in der die Gestalt der Zukunft bestimmt wird." (S. 12f.) 
Die enorme Wirkung, die solche Vorstellungen in den 70ern und bis in die 80er Jahre hinein entfalteten, erklärt u.a. auch, warum in einem bestimmten Strang von NGL-Texten so auffallend wenig von Gott die Rede ist:
"Die Rede von Gott gehört in solcher Sicht weder zum Bereich des Praktischen noch zu dem der Realität. Man musste sie - wenn schon - verschieben, bis das Wichtigste getan sein würde. Es blieb die Gestalt Jesu, der nun freilich nicht mehr als der Christus erschien, sondern als die Verkörperung aller Leidenden und Unterdrückten und als deren Stimme, die zu Umbruch, zur großen Veränderung ruft." (S. 13) 
Keine Frage: Ein Glaube, der das Heil nicht als Geschenk, sondern als Aufgabe betrachtet, als etwas selbst zu Schaffendes, dessen Verwirlichung in der Zukunft liegt, hat für Gott keinen sinnvollen Platz. - Ein besonders naiv-plump daher kommendes Beispiel für einen solchen Glauben, dem der Adressat abhanden gekommenen ist, bietet Lied Nr. 195 von "Jubilate Deo": "Wir singen diesen Wunsch" von Hans-Jürgen Netz (Text) und the one and only Ludger Edelkötter (Musik). Jede Strophe des Liedes besteht aus einem Satz: "Wir wünschen, dass jedes Kind auf der Welt lachen kann"; "Wir wünschen, dass jeder Mensch auf der Welt Freude hat"; "Wir wünschen, dass jedes Volk auf der Welt Frieden hat" - und dazu der Refrain: "Wir singen diesen Wunsch,bis er sich erfüllt". - Das wirkt schon arg infantil-trotzig, so als könne man die Erfüllung des Wunsches "herbeisingen"; zudem bleibt offen, von wem die Erfüllung des Wunsches eigentlich auf diese Weise erzwungen werden soll. Von Gott jedenfalls ist keine Rede.

Im Grunde ist dieser Text so schlecht, dass er unter jeder Kritik steht; aber da ist er beileibe nicht der einzige der Sammlung. Nr. 201 etwa, "Leben im Dorf" (Verfasser unbekannt), sorgt erst einmal für Fragezeichen über meinem Kopf. "Leben im Dorf, das ist unser Weg" - was soll das heißen? Ist das ein Aufruf zur Bildung von Landkommunen, eine Art neue "Zurück-zur-Natur"-Bewegung, Abkehr von der dekadenten Großstadt? Oder was? Der Liedtext klingt vage nach politischem Aktivismus, bleibt aber inhaltlich unscharf. In der zweiten Strophe geht es um den "Frieden im Dorf": "Wir hören auf mit kaltem Krieg, / Singen beide dieses Lied". - Der einzige zaghafte Hinweis auf einen religiösen Hintergrund ist ein "Halleluja" am Ende jeder Strophe; ansonsten könnte das Lied ebensogut von jeder beliebigen humanistischen, sozialistischen, anthroposophischen oder grünen Klampfenwandertruppe gesungen werden.

Nicht viel weniger schwammig ist die message der Lieder Nr. 180 und 278, beide aus der Feder von Thomas Laubach (Text) und Thomas Quast (Musik) von der Kölner Gruppe Ruhama, die seit 1984 besteht und somit zur "zweiten Generation" des NGL gerechnet werden kann. Benannt ist Ruhama laut eigener Aussage nach der Tochter des alttestamentarischen Propheten Hosea, deren Name "Erbarmen finden" bedeuten soll; laut Hosea 1,6 hieß das arme Mädchen allerdings zunächst Lo-Ruhama, "kein Erbarmen", wohingegen in Vers 2,2f. die Aufforderung an die "Söhne Judas und die Söhne Israels" ergeht: "Nennt [...] eure Schwestern: Ruhama". - Aber davon mal ganz ab: Die Gruppe Ruhama, "12 Frauen und Männer an Instrumenten und Gesangsmikrophonen, an Ton und Licht, bei Verkauf und Logistik", ist seit 1986 "bei jedem Kirchen- und Katholikentag in Deutschland mit dabei" und macht laut Eigenbeschreibung "liturgische und spirituelle Rock- und Popmusik", "Lieder, die die christliche Botschaft in die Sprache von heute bringen", "Musik, die ins Herz trifft und in die Beine geht", ja: "Christliche Popmusik mit Tiefgang ". - Klingt schlimm, nicht wahr? Aber nicht so schlimm wie ihre Songtexte.

Nr. 278, "Wir machen uns auf den Weg", klingt vage aktivistisch, vor allem aber stark redundant: "Wir machen uns auf den weg auf den weg wir machen uns auf den weg auf den weg wir machen uns auf den weg auf den weg wir machen uns auf den weg" - ja, wohin denn? - "ins leben". Soweit der Refrain; man beachte übrigens die hoch modern-poetische Kleinschreibung. Die vier Strophen richten sich, wer hätte es gedacht, an Gott (bzw. "gott"), indem sie Ihm antragen, was Er tun solle, damit "wir uns auf den weg machen": "mach unsren herzen beine gott ", "zieh du mit uns an einem strang", "bleib du uns auf den fersen gott ", "bau du uns  goldne brücken gott". Mal abgesehen von der eher grobschlächtigen Wortwahl kann man wohl konstatieren, dass das Gottesbild wie auch die Auffassung vom Verhältnis zwischen Gott und Mensch hier recht nebulös bleiben. Aber immerhin kommt Gott überhaupt im Liedtext vor - anders als z.B. in Nr. 180, "Ihr seid der Heimat Gesicht". Dieses Lied feiert den "Beginn einer neuen Welt, einer Welt, die leben lässt" - und imaginiert somit einen zukünftigen Heilszustand, der von den Menschen selbst zu schaffen sei.

Tendenziell noch deutlicher kommt dies in zwei Liedern aus dem Repertoire der Gruppe Gen Rosso - Nr. 59, "Frieden in unseren Händen", und Nr. 60, "Warum bauen wir nicht Brücken" - zum Ausdruck. -- Die Gruppe Gen Rosso könnte man als den musikalischen Arm der Fokolarbewegung bezeichnen: Ins Leben gerufen wurde sie 1966 von deren Gründerin Chiara Lubich, die einer Gruppe musikbegeisterter Jugendlicher eine Gitarre und ein Schlagzeug schenkte. Seither hat Gen Rosso - in wechselnden Besetzungen, versteht sich - 70 Alben mit insgesamt 380 Songs veröffentlicht und auf 230 Tourneen durch 49 Länder auf fünf Kontinenten 2.500 Auftritte absolviert. Im Laufe der Jahre haben über 200 Personen als Musiker oder Techniker bei Gen Rosso mitgewirkt; die aktuelle Besetzung besteht aus 18 Mitgliedern aus neun Ländern. - Das Kurzwort Gen, abgeleitet von " generazione (nuova)", also "(neue) Generation", bezeichnet die Jugend innerhalb der Fokolarbewegung; den Bandnamen "Gen Rosso" könnte man demnach als Rote Generation übersetzen - allerdings rührt dieser Name offiziell von dem roten Schlagzeug her, das Chiara Lubich der ersten Besetzung der Band schenkte. Zu der rein männlich besetzten Gruppe Gen Rosso gibt es auch ein weibliches Pendant namens Gen Verde - eine Mädchenband, die folgerichtig ein grünes Schlagzeug besitzt.  - Laut Eigenbeschreibung (Website) verbreitet Gen Rosso "mit ihrer Musik die Botschaft von Frieden und Geschwisterlichkeit und will zum Aufbau einer geeinten Welt beitragen". Im Songtext Nr. 59 hört sich das dann beispielsweise so an:
"Immer stärker ist er schon zu spüren, dieser Herzschlag einer neuen Zeit" -
diesen Sprachduktus kennt man aus der Jugendbewegung des frühen 20. Jhs. und in der Folge dann aus den Jugendorganisationen der verschiedenen politischen "Bewegungen"; man vergleiche die zitierte Passage nur einmal mit Liedtexten wie "Wann wir schreiten Seit' an Seit'" (Hermann Claudius) oder "Es zittern die morschen Knochen" (Hans Baumann)! - Und ehe mir nun jemand unreflektierte Nazivergleiche vorwirft, sei darauf hingewiesen, dass die beiden genannten Lieder zwar zum Gesangsrepertoire der Hitlerjugend gehörten, aber beide ursprünglich keine Nazi-Hymnen waren: Claudius veröffentlichte sein "Wann wir schreiten Seit' an Seit'" zunächst in einer sozialdemokratischen Jugendzeitschrift, und während der Weimarer Republik wurde das Lied - teilweise mit variierten Texten und in mindestens zwei verschiedenen Vertonungen - von Jugendverbänden unterschiedlichster Couleur gesungen - von katholischen Verbänden wie von kommunistischen, von den Sozialdemokraten bis zur HJ. In der DDR gehörte es zum Liedrepertoire der FDJ, in der Bundesrepublik wird es bis heute auf SPD-Parteitagen, von den JuSos, der Arbeiterwohlfahrt und der IG Metall gesungen. Und als Hans Baumann sein berüchtigtes "Es zittern die morschen Knochen" schrieb, war er noch Mitglied im katholischen "Bund Neudeutschland", und der Text wurde zunächst von einem katholischen Verlag publiziert. - Ende des Exkurses. Bei "Frieden in unseren Händen" verrät ja schon der Titel, wohin der Hase läuft: In unseren Händen soll es liegen, Frieden zu schaffen; das ist eine politische Forderung, aber kein christlicher Glaube, denn der glaubt, dass es den wahren Frieden - "nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt" (Johannes 14,27) - nur aus Gottes Hand gibt. Songtext Nr. 60 imaginiert ebenfalls einen innerweltlichen, vom Menschen selbst zu schaffenden Heilszustand - ohne jede explizite Bezugnahme auf Gott oder Christus und noch dazu in enervierend plump-banalen Sprachbildern:
"Überall auf der Welt gibt es viele Barrieren. Flüsse, Ströme und Meere halten Menschen getrennt. Von weit her schauen wir uns gegenseitig an, doch keiner kennt den andern." 
In der zweiten Strophe wird es tendenziell politischer, es werden Gegensatzpaare genannt: jung und alt, arm und reich, die "farb'gen Völker" und "ihre weißen Brüder". Die Gesamttendenz bleibt aber, wie es in Lessings Emilia Galotti heißt, "verzweifelt naiv".

 Auf die beiden Gen Rosso-Songs folgt im "Jubilate Deo"-Liederbuch als Nr. 61 "Die Zeit zu beginnen ist jetzt" von Christa Peikert-Flaspöhler (Text; von wem die Vertonung ist, habe ich nicht herausfinden können, aber es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn da mal wieder der unvermeidliche Peter Janssens dahintersteckte). Der 1982 entstandene Text changiert zwischen dem Jargon der so genannten Neuen Friedensbewegung ("Schmelzen die Waffen und Gitter, / Rüsten das Leben auf) und allseits beliebten NGL-Klischees ("Pflanzen den Friedensbaum", "Decken den Tisch der Versöhnung, / Feiern das Friedensfest"). Ein interessantes, ja fast schon lustiges Phänomen ist es, dass Nr. 61 durch diese Wortwahl um Nuancen "christlicher" wirkt als die zuvor genannten Lieder, und das, obwohl es auch hier keinen expliziten Gottesbezug gibt. - Es ist wohl kaum besonders überraschend, dass die Autorin Peikert-Flaspöhler (der Name allein!) laut Wikipedia "für ihre feministischen Positionen und ihr Engagement auf Evangelischen Kirchentagen" bekannt ist. Allenfalls ist es vor dem Hintergrund ihres Feminismus auffällig, dass sie in Strophe 2 von einem "brüderlichen Gruß" schreibt; das Liederbuch bietet allerdings, in Klammern, die Alternative "geschwisterlichen" an, aber das würde metrisch natürlich ganz erheblich holpern.

Ähnlich wie die Lieder Nr. 59-61 bilden auch die Nummern 280-282 einen thematisch mehr oder weniger deutlich zusammenhängenden Block; ob das nun Absicht oder Zufall ist, sei mal dahingestellt. Nr. 280, "Wenn das Rote Meer grüne Welle hat" - hier kurz "Grüne Welle" genannt - stammt aus der Feder von Wilhelm Willms, die Vertonung von dem unvermeidlichen Peter Janssens sowie Hans-Jörg Böckeler, und es gehört zu denjenigen NGL-Schlagern, die ich seit meiner Kindheit in- und auswendig kann. Das Titel-Wortspiel mit der "grünen Welle" fand ich allerdings schon damals fragwürdig. - Offenkundig ist, dass der Text des 1. Refrains sich auf das Buch Exodus, Kapitel 14, bezieht:
"Wenn das Rote Meer grüne Welle hat,
Dann ziehen wir frei,
Dann ziehen wir frei heim
Aus dem Land der Sklaverei."
Es gibt jedoch auch noch einen zweiten Refrain:
"Wenn das Land für uns eine Bleibe hat,
Dann bleiben wir hier,
Dann bleiben wir hier weil
Sich das Land gewandelt hat." 
In den fünf Strophen geht's dann nur noch um die Bedingungen dafür, "hier zu bleiben": "Wenn unsre Tränen rückwärts fließen", "Wenn der Stacheldraht rote Rosen trägt", "Wenn unsre Träume Früchte tragen", "Wenn vor jedem Kind Macht die Waffen streckt", "Wenn es dreizehn schlägt und die Zeit zerbricht". - Einmal ganz abgesehen von der Unbeholfenheit dieser Sprachbilder (Wie soll es sich anfühlen, wenn Tränen rückwärts fließen? Wieso sollte das etwas Erstrebenswertes sein?) gilt es zu betonen, dass der im ersten Refrain angesprochene Exodus im weiteren Verlauf des Liedtexts in den Hintergrund gedrängt wird von der Vorstellung, die Zustände im "Land der Sklaverei" könnten sich derart wandeln, dass man aus ihm nicht mehr ausziehen muss. Das Motiv des Aufbruchs ins Ungewisse, bei dem man sich ganz der Führung Gottes anvertraut - ein Leitmotiv der Geschichte Gottes mit seinem Volk, von Abraham über Moses bis hin zu den Jüngern Jesu - wird verabschiedet zugunsten der Vision eines Paradieses auf Erden, für das Gott offenbar nicht mehr gebraucht wird. Folgerichtig wird Er im Liedtext mit keiner Silbe erwähnt.
-- Angemerkt sei noch, dass die zweite Strophe - "Wenn der Stacheldraht rote Rosen trägt" - auch aus marxistischer Sicht unzulänglich ist. Genauer gesagt spielt sie geradewegs der Marxschen Religionskritik in die Hände - warf Marx doch der Religion vor, die Ketten, an die der Mensch geschmiedet sei, mit imaginären Blumen zu schmücken:
"Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche."
Dass in "Wenn das Rote Meer grüne Welle hat" ein paar rote Rosen am Stacheldraht schon genügen, aus dem Land der Sklaverei gar nicht mehr ausziehen zu wollen, wirkt vor diesem Hintergrund bedenklich.

Lied Nr. 281, "Wir ziehen aus" von Eckart Bücken (Text) und Oskar Gottlieb Blarr (Musik) greift ebenfalls die Exodus-Motivik auf - aber ebenfalls ohne expliziten Gottesbezug. Besonders bezeichnend ist die erste Strophe, in der es heißt:
"Wir ziehen aus aus der Brotlosigkeit
In das Land, wo Milch und Honig fließt".
Nun ist die Verheißung eines Landes, in dem Milch und Honig fließen, zwar tatsächlich wesentlicher Bestandteil der Exoduserzählung (vgl. Exodus 3,8.17 u.  33,3); zur "Brotlosigkeit" ist jedoch anzumerken, dass die Israeliten sich in der Wüste sogar zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurücksehnten (vgl. Exodus 16,3). Was sagt uns das? - Wer sich mit Gott auf den Weg macht, der muss damit rechnen, dass dieser Weg ihn erst einmal in die Wüste führt. Davon will Bückens Liedtext aber nichts wissen: Auch wenn die folgenden zwei Strophen, in denen anstelle von "Brotlosigkeit" von "Mutlosigkeit" und "Trostlosigkeit" die Rede ist, den Eindruck einer Verengung der Heilserwartung auf rein materielles Wohlergehen zumindest relativieren, bleibt die Perspektive des Liedes doch ganz dem Diesseitigen zugewandt. Ich fühlte mich spontan an Fritz Hochwälders Drama Das heilige Experiment (1942) über die Aufhebung der südamerikanischen Jesuitenreduktionen im Jahr 1767 erinnert: Im Stück wird den Jesuiten vorgeworfen, durch den relativen Wohlstand, den die Reduktionen gewährleisteten, würden die Eingeborenen nicht zu Christen, sondern zu Materialisten erzogen; ja, das Projekt laufe auf den Versuch der Schaffung eines Paradieses auf Erden hinaus, und das sei im Ansatz häretisch. In der 5. Szene des IV. Aktes befragt der nachdenklich gewordene Jesuiten-Provinzial die Indio-Häuptlinge Candia und Naguacu, die für sich und ihren ganzen Stamm um die Taufe ersucht haben, nach den Motiven für diesen Wunsch - und dafür, dass sie sich damit an die Jesuiten und nicht an den zuständigen Ortsbischof wenden. Die Eingeborenen erwidern:
"[D]er Christus, den wir haben wollen, [...] gibt uns zu essen. [...] Er bekleidet uns. [...] Er schützt uns vor den Sklavenjägern. [...] Er baut uns Häuser. Er gibt uns Waffen. Er macht uns mächtig. [...] Wenn man ihn verehrt, wird man belohnt." 
Erschüttert erkennt der Provinzial:
"Das ist der Christus, den wir euch gebracht haben. Oh - ihr seid von uns getäuscht worden. Christus verleiht keine Sicherheit, ernährt nicht, bekleidet nicht - er selbst ist arm und bloß..." 
Wenngleich kaum zu leugnen ist, dass die Sympathien des Autors Hochwälder in erster Linie jenen Jesuiten gehören, deren an Marx' 11. Feuerbach-These gemahnendes Credo lautet "Gott will, dass die Welt verändert werde!", haben doch auch die Einwände der Gegenseite - besonders des zunächst inkognito auftretenden Ordensemissärs Querini - ihr unbestreitbares Gewicht; in einigen Passagen wirkt das Drama somit wie eine bemerkenswert scharfsichtige Kritik der Befreiungstheologie avant la lettre. Aber dazu vielleicht ein Andermal mehr.

Nr. 282, "Was wir bieten, sind wir selbst", gehört zu den elf Liedern, die anlässlich des oben erwähnten KjG-Bundestreffens 1972 geschrieben wurden: der Text ist von Alois Albrecht, die Vertonung vom unvermeidlichen Peter Janssens. Der Refrain zitiert Ezechiel 36,26: "So spricht der Herr: Ich reiß' euch das Herz von Stein aus und schenk' euch ein Herz aus Fleisch." - Die Drastik des "Ausreißens", wo in der Einheitsübersetzung lediglich von "Herausnehmen" die Rede ist, darf wohl als zeittypisch betrachtet werden; im Vergleich zu den bisher besprochenen Liedtexten ist es aber ja schon ganz beachtlich, das hier einmal Gott zu Wort - und auch zum Handeln - kommt. Der Text der drei Strophen des Liedes ist jedoch vollends vom seinerzeitigen links-alternativen Politjargon geprägt: "Tausend Türme aber machen noch keine wohnliche Stadt", "Tausend Pläne aber machen noch keine menschliche Erde", "Tausend Verträge aber machen noch keine friedliche Zukunft" - das hätte man damals wohl an jede Häuserwand sprühen können. - Im Zusammenhang mit dem Refrain könnte man die Strophen mit etwas gutem Willen dahingegend deuten, dass der Mensch aus eigener Kraft nicht in der Lage sei, eine bessere Zukunft zu schaffen, wenn er sich nicht auf die von Ezechiel beschriebene Weise von Gott verwandeln lässt; aber diese Andeutung ist zu unklar, um dem Endruck entgegenzuwirken, das angestrebte Ziel sei auch hier wieder nur ein innerweltlicher Heilszustand - eine "menschliche Erde" eben.

Ähnliche Tendenzen lassen sich in Lied Nr. 184, "Ich sehe eine Kirche", feststellen; der Text ist von Hermann Schulze-Berndt, die Vertonung vom unvermeidlichen Peter Janssens. Allmählich dürfte wohl auch deutlich werden, warum ich ihn den "Unvermeidlichen" nenne: Je länger man sich mit dem Thema NGL befasst, umso mehr verfestigt sich der Eindruck, Peter Janssens habe in den 70er und 80er Jahren alles vertont, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Wenn Verfasser von Liedtexten Peter Janssens zum Tee einluden, mussten sie alles Geschriebene verstecken, sonst konnten sich, wenn sie aus der Küche oder vom Klo zurückkamen, Szenen wie die folgende abspielen:
"Äh, Peter... das sollte eigentlich gar kein Lied werden." -
"Egal! Jetzt IST es eins!" 
"Ich sehe eine Kirche" jedenfalls ist ein Stück aus dem Musical "Elisabeth von Thüringen", das 1984 beim Katholikentag in München uraufgeführt wurde. Und was für eine Kirche "sieht" das lyrische ich das Liedes da? - Schlagwortartig gesagt: eine arme Kirche für die Armen. Das ist insofern stimmig, als die Vita der Hl. Elisabeth von Thüringen, der dieses Musical gewidmet ist, tatsächlich in engem Zusammenhang mit der religiösen Armutsbewegung des Hochmittelalters zu sehen ist; die Aufnahme dieses Themas in einem Musical aus den frühen 80ern wiederum ist sicherlich im Zusammenhang mit der euphorischen Rezeption der Befreiungstheologie zu sehen. Hierzu sei es mir gestattet, abermals Ratzinger (S. 13) zu zitieren:
"Es verwundert nicht, dass die sozialistischen Staaten dieser Bewegung freundlich gegenüber standen. Bemerkenswerter ist, dass auch in den 'kapitalistischen' Ländern die Befreiungstheologie das Hätschelkind der öffentlichen Meinung war, dem zu widersprechen geradezu als Versündigung gegen die Menschlichkeit und die Menschheit angesehen wurde, auch wenn man die praktischen Anweisungen im eigenen Bereich natürlich nicht angewendet sehen wollte, weil man ja bereits bei einer gerechten Sozialordnung angekommen sei." 
Neuerdings erfreut sich das Schlagwort der "armen Kirche für die Armen" vor allem dank Papst Franziskus erneut großer Popularität; nach Einschätzung des Online-Portals katholisch.de ist es sogar "ein Leitwort, das heute aktueller denn je ist". Somit würde es mich nicht wundern, wenn auch das Lied "Ich sehe eine Kirche" heute wieder en vogue wäre. Zu betonen ist dabei aber Verschiedenes. Zum Einen: Aus der Armutsbewegung des Hochmittelalters gingen einerseits innerkirchliche Ordensgemeinschaften wie die Franziskaner und die Dominikaner hervor, andererseits aber auch häretische Gruppierungen wie die Katharer und die Waldenser. Und zum Anderen: Wenn Papst Franziskus von Armut spricht, meint er damit, ebenso wie seine Vorgänger, nicht bloß materielle Armut; der Begriff hat auch und nicht zuletzt eine spirituelle Dimension. Diese fehlt dem Liedtext aber ganz und gar. Der Auftrag der Kirche in der Welt und für die Welt wird ganz und gar auf das Sozial-Caritative und damit Diesseitige verengt; es gibt nicht den geringsten Transzendenzbezug. Von "Kirche" ist die Rede und von einem "Bischof", aber nicht von Gott; wieder einmal bleibt es dem Menschen selbst überlassen, das Paradies auf Erden zu schaffen:
"Ich seh die Gesellschaft, die alle Güter teilt,
[...]
Ich seh einen Staatsmann, der endlich Frieden wagt,
Einen Fürsten, der die Waffen zum Teufel jagt". 
Derweil versorgt mich YouTube mit einer exzellenten Überleitung: Während ich nach Videos zu den hier besprochenen Liedern suchte, war die Website so freundlich, mir weitere Videos vorzuschlagen, nach denen ich nicht gesucht hatte. Darunter befand sich Carlos Pueblas Lied "Comandante Che Guevara" in einer deutschen Nachdichtung von Wolf Biermann,  und auch von letzterem gesungen. Ich horchte auf, als in der letzten Strophe Guevara wie folgt beschrieben wurde:
"Den roten Stern an der Jacke,
Im schwarzen Bart die Zigarre,
Jesus Christus mit 'ner Knarre,
So führt dein Bild uns zur Attacke." 
Nun gut, dieses Lied ist nicht in "Jubilate Deo" enthalten - aber großartig gewundert hätte mich das mittlerweile auch nicht mehr. Zumal sich ein anderes Biermann-Lied sehr wohl in der Sammlung findet - eines, das der Liedermacher selbst augenzwinkernd als "rote[s] Kirchenlied" bezeichnet hat:  "Ermutigung" (Nr. 250). Wozu das 1968 in der DDR entstandene Lied ermutigen will, ist passiver Widerstand gegen "die Herrschenden". Besonders pikant ist es, dass der Liedtext sich in Reimschema, Versmaß und Satzbau eng an Bertolt Brechts explizit antireligiöses Gedicht Gegen Verführung (aus der Hauspostille) anlehnt.

Wem die Hereinnahme dieses Liedes in die Sammlung "Jubilate Deo" noch nicht genug darüber verrät, wes Geistes Kind die Redaktoren des Liederbuchs offenbar gewesen sind, dem gibt Nr. 254 endgültig den Rest: "Unter dem Pflaster liegt der Strand" von Angi Domdey, 1978 auf dem Album "Zerschlag deinen gläsernen Sarg" der radikal-feministischen Rockgruppe Schneewittchen veröffentlicht. Der Liedtext beginnt als eine Art Antwort auf Biermanns "Ermutigung": Heißt es bei Biermann "Du, lass dich nicht verhärten / In dieser harten Zeit", singt Angi Domdey: "Komm, lass dich nicht erweichen, / Bleib hart an deinem Kern". Man kann wohl behaupten, damit sei das feministische Kampflied noch weiter von einer christlichen Botschaft entfernt als Biermanns "rote[s] Kirchenlied". - Der Titel des Liedes zitiert einen "Sponti-Spruch", der im Mai 1968 bei den Studentenprotesten in Paris geprägt worden sein soll; in Berlin erschien von 1974 bis 1985 eine anarchistische Kulturzeitschrift gleichen Namens, in Frankfurt a.M. von 1976 bis 1990 das von Daniel Cohn-Bendit herausgegebene Magazin Pflasterstrand, dessen Name ebenfalls auf den Slogan anspielt. - Der Refrain des Liedes geht übrigens weiter mit dem Vers "Reiß auch du ein paar Steine aus dem Sand" - was sich unschwer als Aufruf zur Gewalt interpretieren lässt, weshalb der damalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg 1978 nach einem Auftritt der Gruppe Schneewittchen in der Kieler Oststeehalle dieses Lied dafür (mit-)verantwortlich machte, dass bei einer Demonstration in Frankfurt Polizisten mit Pflastersteinen beworfen worden seien, wobei es über 100 Verletzte gab. Die Behauptung eines konkreten und unmittelbaren Zusammenhangs - nach dem Motto: Die Leute, die auf dem Konzert in Kiel dieses Lied gehört haben, sind anschließend (und zwar deshalb) nach Frankfurt gefahren, um dort Polizisten zu steinigen - erscheint zweifellos arg konstruiert und war vermutlich auch von Stoltenberg so nicht intendiert; aber dass das Lied und seine Metaphorik ihren Ort im Umfeld der gewaltbereiten Anarchistenszene haben bzw. hatten, lässt sich wohl kaum leugnen.

Wiederholen wir ruhig noch einmal: Das Liederbuch "Jubilate Deo" ist "ausschließlich zum internen Gebrauch in unserer Kirche für die Gestaltung der Gottesdienste bestimmt". Da staunt der Fachmann, und der Basischrist wundert sich. Zum Beispiel auch über Lied Nr. 29, "Leben wird es geben", von Friedrich Karl Barth / Peter Horst (Text) und, man ahnt es schon, dem unvermeidlichen Peter Janssens (Musik). Der Text beginnt, durchaus genretypisch, mit Variationen über das gute alte Hippie-Credo "Turn On, Tune in, Drop Out":
"Spielt nicht mehr die Rolle, die man euch verpasst,
Schminkt nicht eure Masken, bis der Tod euch fasst.
Springt ihm von der Schippe, macht euch unbekannt,
Sucht das eigne Leben, nehmt euch in die Hand." 
Und dann verkündet der Refrain:
"Leben wird es geben, Leben vor dem Tod." 
Die Heilserwartung wird also ostentativ ganz und gar ins Diesseits verlagert, und natürlich ist das ein Heil, das zu schaffen dem Menschen selbst aufgetragen ist:
"Mensch, du hast die Zukunnft noch in deiner Hand.
[...]
Wasch das Bild der Erde frei von Blut und Not,
Dass sie Heimat werde, schön und unbedroht." 
Von Gott oder gar von Christus ist keine Rede, dafür ist wohl auch gar kein Platz in dieser innerweltlichen Heilsvision - weshalb es in Strophe 2 auch heißt "lasst das Missionieren". Christus mit seinem lästigen Missionsauftrag gehört offenbar auch zu den Autoritäten, von denen es sich frei zu machen gilt. - Sagen wir mal so: In einem Liederbuch der Grünen Jugend oder der Jungen Piraten (sofern die so etwas Altmodisches wie Liederbücher überhaupt noch haben) würde ich mich über diesen Song nicht sonderlich wundern; in einem kirchlichen Liederbuch hingegen ist er, das kann man kaum anders sagen, ein Schlag in die Fresse.

In einem anderen Beitrag zu diesem Liederbuch zielt Friedrich Karl Barth - seines Zeichens immerhin (evangelischer) Pfarrer - ein gutes Stück tiefer, etwa so in die Magengegend. Lied Nr. 286, "Unser Traum ist der Weg", ist eines der wenigen in dieser Sammlung, die eine Verfasserangabe tragen: Originaltext und Melodie sollen von jemandem namens Domingos de Santos sein, der deutsche Text jedoch ist von Barth. Und dessen Wortwahl liegt teilweise deutlich jenseits der Grenzen des guten Geschmacks:
"Sieh, sie ziehen auf den Straßen dieser beutegeilen Zeit." (Strophe 1)
"Gerade darum werd' ich immer wieder singen meinen irren Traum" (Refrain)
"Ihre Lunge schreit zum Himmel. Und die fett sind, stört das nicht." (Strophe 2)
"Caterpillar frisst sich weiter, frisst bald alles, will noch mehr" (ebd.). 
Angemerkt sei hier übrigens, dass das englische Wort caterpillar, sowohl in der Bedeutung "Schmetterlingslarve" als auch in der (hier gemeinten) Bedeutung "Kettenfahrzeug", auf Deutsch schlicht "Raupe" heißt, aber ich nehme mal an, das weiß Friedrich Karl Barth auch selber. - Eine Internetrecherche hat mich mit der Information versorgt, dass das Lied - wenn es nicht zufällig ein anderes Lied mit demselben Titel ist - zum Repertoire der brasilianischen Band Terra Sem Males ("Land ohne Übel") gehört, die von einem evangelischen Pfarrer namens Dorival Ristoff geleitet wird. Seinen Charakter als geistliches Lied dokumentiert "Unser Traum ist der Weg" deutlicher als viele andere Lieder der Sammlung durch Formulierungen wie "Jesu Kinder werden eure Freunde sein" (Strophe 2) oder "Gott, da geht dein Segen auf" (Strophe 3); aber davon abgesehen erweckt der Text eher den Eindruck eines Kampfliedes der Landlosen-Bewegung. Dem sozial-politischen Agitprop-Charakter des Liedtexts gegenüber wirken die religiösen Bezüge wie angeklebt - und bleiben letztlich auch unklar in den Aussage. Und bei dem Vers "Unsre Spur im Universum wird ein Weg der Güte sein" rollen sich mir die Fußnägel auf: Vielleicht ist es eine sonderbare Idiosynkrasie von mir, aber für mich steht die Verwendung des Begriffs "Universum" in einem nicht-naturwissenschaftlichen Kontext pauschal unter Esoterikverdacht.

Letzeres ist übrigens ein gutes Stichwort, um zum Ende dieses (ohnehin schon extrem lang geratenen) Artikels und zur Ankündigung der Fortsetzung überzuleiten. Wir wissen schließlich alle aus eigener Anschauung, dass der "Geist des Konzils" und der "Geist von '68" nicht nur politischen Aktivismus hervorgebracht hat, sondern auch noch ganz andere Früchte. Dafür hat die Desillusionierung über das zumindest kurzfristige Scheitern politischer Weltveränderungspläne wohl ebenso gesorgt wie der Umstand, dass die Generation der '68er ziemlich bald das Kiffen für sich entdeckt hat. So machten sich in Deutschlands Wohngemeinschaften und besetzten Häusern alsbald - teils Hand in Hand mit dem politischen Aktivismus, teils in Abgrenzung davon - Neue Innerlichkeit, Öko-Romantik und eben nicht zuletzt auch Esoterik breit; und welche Spuren das im Neuen Geistlichen Lied hinterlassen hat, davon soll in der Fortsetzung meiner "Jubilate Deo"-Evaluation die Rede sein.