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Donnerstag, 12. Dezember 2024

DOSSIER: Warum eigentlich "Punkpastoral"? (Teil 1)

Als ich unlängst unter der Überschrift "Hl. Simon und Hl. Judas, bittet für uns!" eine "Drei-Jahres-Bilanz in Sachen Punkpastoral" veröffentlichte, wurde mal wieder – wie es mir früher schon häufiger gegangen ist – die Frage an mich herangetragen, wieso ich die von mir betriebene und auf meinem Blog propagierte Spielart des Laienapostolats eigentlich ausgerechnet Punkpastoral nenne. Nun bin ich einerseits eigentlich der Meinung, dazu schon öfter etwas gesagt zu haben, aber andererseits erinnern mich solche Anfragen immer daran, dass ich eigentlich schon längst mal vorhatte, diese Frage mal gründlich und systematisch zu beantworten – nämlich in Form eines "Dossier"-Artikels, wie ich auch schon zum Thema "Erstkommunion" einen vorgelegt habe. 

Tatsächlich hatte ich auch schon seit längerer Zeit einen Entwurf zu einem solchen Dossier "Warum eigentlich Punkpastoral?" in der digitalen Schublade; dass dieser Entwurf allerdings so lange halbfertig liegen geblieben ist, hat wohl wesentlich damit zu tun, dass er thematisch viel zu breit angelegt war (was wohl insgesamt nicht untypisch für mich ist). Ich habe mich daher bemüht, das Konzept für diesen Dossier-Artikel gründlich zu entrümpeln – und habe dabei aus dem ursprünglich dafür zusammengetragenen Material ausreichend Stoff für noch zwei weitere Dossiers gewonnen, nämlich eins zum Thema "Gemeindeaufbau Gemeindeerneuerung" und eins zum Thema "Pfarrhausfamilie".

Aber fangen wir mal vorne an – also chronologisch. Das Schlagwort "Punkpastoral", in einem Wort geschrieben, taucht in meinem Blog erstmals im Mai 2017 auf; mit Bindestrich, also als "Punk-Pastoral", schon deutlich früher, nämlich im September 2016, unmittelbar nachdem meine Liebste und ich von unserem gemeinsamen Jakobsweg nach Berlin zurückgekehrt waren. Die Ansätze zu dem mit diesem Schlagwort bezeichneten Konzept sind aber nochmals um einige Monate älter; ich würde sagen, es ist wohl ganz normal, dass, wenn man anfängt, Konzeptideen (welcher Art auch immer) zu sammeln, ein griffiger Name für das Konzept nicht das allererste ist, was man sich überlegt.

Einen recht brauchbaren Überblick über die Anfänge des Konzepts und seiner praktischen Umsetzung bietet allerdings der Artikel "Drei Jahre Punkpastoral!" von 2019, den man insofern schon als eine Vorstufe zu diesem Dossier betrachten kann. Allerdings ist dieser Artikel ausgesprochen "theorieschwach": Man erfährt kaum etwas darüber, was meine Liebste und ich uns unter "Punkpastoral" vorstell(t)en und was es mit dieser Bezeichnung auf sich hat. Immerhin verweist er aber auf eine Reihe anderer thematisch relevanter Artikel, darunter drei aus dem Juni/Juli 2016, von denen man sagen kann, dass sie den Beginn der Punkpastoral-Saga dokumentieren.

An erster Stelle ist hier "Wer, wenn nicht wir?" vom 11. Juni 2016 zu nennen. Darin schildere ich, wie meine Liebste und ich am Wochenende zuvor drei Straßenfeste, darunter vor allem die in der Hausbesetzerszene verwurzelte "Fiesta Kreutziga", besuchten und dabei unwillkürlich Vergleiche mit dem Katholikentag in Leipzig anstellten, dem wir kurz zuvor einen Besuch abgestattet hatten. Diese Vergleiche liefen im Kern darauf hinaus, sich angesichts der "sehr aktive[n] und enorm gut vernetzte[n] linksautonome[n] Subkultur Berlins – mit ihren Kneipen, 'Volxküchen',  Tauschbörsen, Schuh- und Fahrradwerkstätten undsoweiter undsoweiter" die Frage zu stellen: "Warum gibt es so etwas nicht auch 'auf katholisch'?" Woran sich einigermaßen folgerichtig  der Gedanke anschloss, dass "Graswurzelinitiativen [...] per definitionem davon [leben], dass man nicht darauf wartet, dass es ein Anderer macht. Sondern einfach mal selbst damit anfängt."

Soweit erst einmal die Grund- und, wenn man so will, Gründungsidee. Wie in dem Punkpastoral-Jubiläumsartikel von 2019 dokumentiert ist, fing ich nahezu unmittelbar darauf damit an, ein Konzept für eine informelle Laieninitiative zu entwickeln – unter dem vorläufigen Namen "Donnerstagsclub". Der chronologisch nächste Blogartikel, in dem sich diese Überlegungen niederschlugen, erschien am 1. Juli und trug den Titel "Der Heilige Geist und der eigene Vogel". Vorrangig geht es darin um die kurz zuvor veröffentlichte Instruktion "Iuvenescit Ecclesia" der Glaubenskongregation "über die Beziehung zwischen hierarchischen und charismatischen Gaben im Leben und in der Sendung der Kirche",  allerdings betone ich darin auch gleich einleitend, dass ich dieses Dokument vor allem in dem Interesse gelesen habe, daraus Impulse "für den theoretischen Über- und Unterbau" meiner eigenen Überlegungen zu gewinnen, die sich darum drehen, "wie man durch 'Graswurzelinitiativen' etwas frischen Wind in die hierzulande oft doch etwas müde, satt und spießig wirkende katholische Kirchenlandschaft bringen könnte. Irgendwas mit Suppe, Fahrradreparatur und Punkrock, war so in etwa der Stand meiner Überlegungen" – und das, "obwohl ich nicht das Charisma der Fahrradreparatur besitze".

Ein interessantes Detail dieses Artikels ist die Bemerkung, mit dem Adjektiv "charismatisch" hätte ich bisher vor allem Gruppierungen assoziiert, "deren Mitglieder zu uncooler Musik entrückt mit den Armen wedeln, in Zungen reden und live vor Publikum Dämonen austreiben". Das war wohlgemerkt VOR meinem ersten Besuch der MEHR-Konferenz, und wer weiß, möglicherweise hat diese Bemerkung sogar dazu beigetragen, dass mich einige Monate später ein Leser meines Blogs zu diesem charismatischen Event einlud. Aber dazu später.

Gegen Ende des Artikels ist dann noch vom Nightfever die Rede – und davon, dass meine Erfahrungen mit diesem Format  mich davon überzeugt hätten,

"dass es ein enormes Potential gibt, (nicht nur, aber besonders) junge Menschen, die 'ein besonderes Bedürfnis nach dem Heiligen-, eine Sehnsucht nach Spiritualität haben – die eine Antwort auf diese Sehnsucht aber von sich aus nicht unbedingt in der Katholischen Kirche suchen würden –, an Dinge wie Beichte, Stundengebet und Eucharistische Anbetung heranzuführen. Um dieses Potential auszuschöpfen, braucht es aber unkonventionelle Herangehensweisen – die durchaus auch etwas mit Suppe, Fahrradreparatur und Punkrock zu tun haben können. In diese Richtung möchte ich etwas unternehmen – nach den Sommerferien, gemeinsam mit meiner Liebsten."
Nur vier Tage später folgte ein Artikel mit dem Titel "Zahle 5 Euro, um deine Nachbarn zu treffen"; diese Überschrift bezieht sich im Grunde nur auf ein anekdotisches Detail des Artikelinhalts, in der Hauptsache geht es in dem Artikel um einen Vergleich zwischen den Veranstaltungsangeboten in den Pfarrbriefen verschiedener Berliner Pfarreien und denen im linksalternativen Terminkalender "Stressfaktor". Dabei wird ausdrücklich hervorgehoben, dieser Vergleich dazu dienen soll, "die Lage [zu] sondieren [...] in Hinblick auf gewisse noch im Ideenstadium befindliche subversive Pastoralprojekte" ; und es wird bekräftigt, "strukturell könne man für das Projekt einer subversiven Pastoral eine ganze Menge von der linken Szene lernen". Als "[r]ichtungsweisend" wird dabei "die Beobachtung" hervorgehoben,
"dass ein großer Teil des Programmangebots - von allerlei Do-It-Yourself-Workshops etwa für Siebdruck, Tischlerei, Schmiede- und Schweißarbeiten, aber auch weniger spektakulären Angeboten wie Koch- und Gitarrenkursen bis hin zu Schulungen in marxistischer oder anarchistischer Theorie - darauf abzielt, die Teilnehmer zu eigenen Initiativen zu befähigen. Davon kann man tatsächlich lernen! (Mutatis mutandis, versteht sich.)"
In den chronologisch nächsten Artikeln geht es erst einmal um andere Themen. Einen wichtigen Schritt auf dem Weg von der Idee zur praktischen Umsetzung stellte die gemeinsame Jakobsweg-Pilgerreise dar, zu der meine Liebste und ich Ende Juli antraten. Als Schlüsselereignis ist hier besonders das gemeinsame Kochen und Essen mit anderen Pilgern in der Herberge in Zubiri (Navarra) zu erwähnen, das im Artikel "Ich bin ein Pilger – Holt mich hier raus!" (vom 02.09.2016) geschildert wird. Im Grunde war das schon die Geburtsstunde des Veranstaltungsformats "Dinner mit Gott", das wir drei Jahre lang in der Pfarrei Herz Jesu Tegel anboten und das man vielleicht allmählich mal wiederbeleben sollte. Darauf wird an anderer Stelle noch zurückzukommen sein.

Kurze Zeit nach unserer Rückkehr vom Jakobsweg, nämlich am 12.09.2016, erschien dann der Artikel "Der Feind am eigenen Suppentopf", in dem nicht nur erstmals explizit das Schlagwort "Punk-Pastoral" verwendet wird, sondern der auch sonst ausgesprochen aufschlussreich für den damaligen Stand unserer konzeptionellen Überlegungen ist. Auf dem Suppe & Mucke-Festival in Berlin-Friedrichshain  betrieben wir "Feldstudien in Sachen Suppe und Aktivismus" ("Schließlich haben wir da so ein Projekt in Planung. Wobei 'in Planung' derzeit noch ein bisschen übertrieben ist - das Projekt befindet sich eher noch im Ideenstadium, aber es entwickelt sich so allmählich)" und träumten davon, "im nächsten Jahr bereits mit einem eigenen Suppenstand auf dem Fest vertreten" zu sein – waren uns dabei allerdings der Problematik bewusst, dass "die Veranstalter finden" könnten, "ein dunkelkatholisches Pastoralprojekt passe da nicht so richtig ins Profil. Zumal der Dunkelkathole als solcher zu bestimmten Themen ja bekanntlich Positionen vertritt, die sich im linken Spektrum keiner allzu großen Akzeptanz erfreuen." Weitere Anregungen sammelten wir beim Sonne über Berlin Festival im Kulturzentrum Zukunft am Ostkreuz, und zum Abschluss des Artikels heißt es über die Aussichten für unser Projekt:
"Im Grunde brauchen wir fast nur noch eine Kirchengemeinde, die uns einen angemessen großen Raum (mit Küche) zur Verfügung stellt – vorläufig vielleicht einmal im Monat oder so –, und dann kann's losgehen."
(Festzuhalten ist, dass unsere Vorstellungen zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht in Richtung Gemeindeaufbau / Gemeindeerneuerung gingen: Die Pfarrei sollte lediglich einen Raum zur Verfügung stellen. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, vielleicht wäre das Format "Dinner mit Gott" besser gelaufen, wenn wir diesen Ansatz beibehalten hätten. Aber wer weiß, vielleicht auch nicht.)

Gemessen an dem in diesem Artikel zum Ausdruck gebrachten Tatendrang passierte in den nächsten Monaten allerdings wenig – außer natürlich, dass meine Liebste und ich heirateten und uns um eine familiengründungstaugliche Wohnung bemühten. Das nächste zündende Ereignis war dann zweifellos die MEHR-Konferenz im Januar 2017. Bevor ich dorthin aufbrach, schrieb ich im Artikel "Zeit für MEHR!":
"Abgesehen davon, dass ich darauf hoffe, bei der MEHR 2017 meine [...] erst kürzlich entdeckte charismatische Ader zu stärken und mich vom Heiligen Geist in Brand setzen zu lassen (was ich sehr viel weniger ironisch meine, als es vielleicht klingt), freue ich mich besonders auf die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und Anregungen zu sammeln für mein noch im Ideenfindungsstadium befindliches Projekt zur Punk-Pastoral in Berlin." 
Weiterhin merkte ich an, es wäre womöglich "hilfreich, die Ideen, die ich dazu bereits habe, etwas systematischer auszuarbeiten – damit ich, wenn mich jemand fragt, was mir denn so vorschwebt, nicht ins Stottern gerate"; man könnte hier einwenden, so richtig sei mir das bis heute nicht gelungen, aber diesem Missstand abzuhelfen, ist ja schließlich ein wesentliches Anliegen dieses Dossiers. Von den Impulsen, die meine Liebste und ich von der MEHR 2017 mitbrachten – und die in der Hauptsache in dem Artikel "Zeit für einen geistlichen Klimawandel! (Teil 2") dargelegt sind – könnte man allerdings sagen, dass sie gerade nicht zu mehr Theoriefindung beitragen: Vielmehr findet sich in dem besagten Artikel die fettgedruckte Zwischenüberschrift "Nicht ewig herumtheoretisieren, sondern einfach mal anfangen". Tatsächlich finden sich unter dieser Zwischenüberschrift dann sehr wohl Aussagen dazu, was der "Grundgedanke" der Idee "Punk-Pastoral" sei, nämlich "Anlaufpunkte zu schaffen, um auf eine zwanglose Art Leute zu erreichen, die zwar auf der Suche nach Sinn und Orientierung sind [...], die aber von sich aus eher nicht auf die Idee kommen würden, dass sie die ausgerechnet im christlichen Glauben und konkret in der Katholischen Kirche finden können"; gefolgt von dem Einverständnis, abgesehen von ein "paar Ansätze[n] dazu, wie so etwas aussehen könnte", hätten wir "noch kein richtiges Konzept". Die Pointe ist, dass ich als eine wichtige Frucht der MEHR-Konferenz die Erkenntnis hervorhebe, dass das gar nicht unbedingt ein Mangel ist:
"Vorher war ich noch auf dem Standpunkt gewesen: 'Das muss alles noch zu Ende gedacht werden'. Jetzt sage ich: Nö, muss es GAR nicht! Lass uns einfach irgendwie anfangen, dann werden wir schon sehen, wohin sich das entwickelt."
Das ist nicht einfach Theoriefeindlichkeit oder Theoriefaulheit; tatsächlich möchte ich behaupten, es handelt sich um eine richtungsweisende Erkenntnis, die für das eigentlich Wesentliche an der Punkpastoral-Idee aussagekräftiger ist als die zuvor skizzierte "Grundidee", die man wohl besser als "Ausgangspunkt unserer Überlegungen" hätte bezeichnen sollen. "Einfach irgendwie anfangen und dann sehen, wohin sich das entwickelt", kann man – ob man es "Primat der Praxis" nennt oder "erst schießen, dann fragen" geradezu als eins der Prinzipien der Punkpastoral bezeichnen. Und jetzt wird es wohl Zeit, bei der Betrachtung der Punkpastoral-relevanten Blogartikel von einer chronologischen zu einer systematischen Vorgehensweise zu wechseln. 

Dabei gilt es zunächst ein Missverständnis auszuräumen, das mir immer mal wieder begegnet: Der Wortbestandteil "Punk" in "Punkpastoral" bezieht sich – jedenfalls vorrangig – nicht auf die Zielgruppe dieser Pastoral, sondern auf die Methode. Nicht "Pastoral für Punks" ist also damit gemeint, sondern "Pastoral nach Punk-Art". Nach dieser Klarstellung möchte ich meinen Versuch einer systematischen Übersicht darüber, was ich auf meinem Blog schon so alles zu diesem Thema geschrieben habe, in zwei Hauptabschnitte einteilen; den einen nenne ich "Warum gerade Punk?", den zweiten "Prinzipien der Punkpastoral oder Was würde ein Punk tun?"

Der grundlegende Text für den erstgenannten Abschnitt ist zweifellos der Artikel "Punk und Askese" aus dem Juni 2017. Im vierten Teil einer Artikelserie über Rod Drehers "Benedikt-Option" hatte ich einen Artikel zu diesem Thema angekündigt, und zwar mit dem Hinweis, in einem Kommentar zu einer früheren Folge jener Artikelserie habe ein Leser die Frage aufgeworfen, "wie sich Rod Drehers Thesen denn wohl mit dem von mir schon früher ins Gespräch gebrachten Schlagwort 'Punk-Pastoral' vertrügen": 

"Mein spontaner Impuls dazu lautete: Wieso, die Benedict Option IST doch im Grunde Punk-Pastoral! Aber ich sehe ein, dass das nicht unbedingt intuitiv ersichtlich ist. Gerade beim Thema 'Askese' nicht. Ich denke aber, gerade hierzu ließe sich eine Menge sagen; seit ich die betreffenden Passagen von Drehers Buch gelesen habe, brütet in meinem Hinterstübchen die Idee zu einem Artikel mit dem Arbeitstitel 'Punk und Askese' vor [s]ich hin, aber ich weiß noch nicht, wann der reif sein wird, niedergeschrieben zu werden. Ich könnte jetzt sagen, ich müsste darüber noch nachdenken, aber ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Ich muss vielmehr darauf warten, dass ich mal in der Stimmung bin, den Artikel 'runterzuschreiben, ohne dabei viel nachzudenken. Solche Artikel gelingen mir in der Regel am besten." 

Tja, und nur fünf Tage später war es soweit. Ich kann jedem, der verstehen möchte, was ich mit dem Schlagwort "Punkpastoral" meine, nur dringend empfehlen, den Artikel "Punk und Askese" zur Gänze zu lesen; aber ein paar bezeichnende – und provokante – Passagen seien hier dennoch zitiert: 

"Was ich – im positiv-wertschätzenden Sinne – unter 'Punk' verstehe, ist eine bestimmte Art von Verweigerungshaltung gegenüber bürgerlichen Vorstellungen von Solidität und Wohlanständigkeit. Das ist natürlich ein weites Feld; eine solche Verweigerungshaltung kann in der Praxis allerlei unterschiedliche Formen annehmen, die ich durchaus nicht durchweg sympathisch und lobenswert finde. Einen gewissen Sympathievorschuss haben Punks bei mir aber doch." 

"Man kann sagen: Punk bedeutet, ein Konzept von Freiheit zu leben, für das man auf viele Annehmlichkeiten verzichtet. In gewissem Sinne ist es ein asketischer Lebensstil."

"Was Stichworte wie 'intensives Gemeinschaftsleben unter Gleichgesinnten', 'freiwillige Armut' und 'Gastfreundschaft' angeht, hat so eine Punk-WG durchaus etwas 'Benediktinisches' im Sinne der Benedict Option an sich. Bei allen Unterschieden, die es selbstverständlich auch gibt." 

Der chronologisch nächste Artikel auf meinem Blog, der einen wesentlichen Beitrag zu den konzeptionellem Grundlagen der Punkpastoral liefert, erschien ein paar Wochen nach "Punk und Askese", heißt "Punk-Pastoral anno 1935" und enthält als Kernstück eine "rasch zusammengeschusterte, leicht gekürzte Arbeitsübersetzung" eines Artikels von Dorothy Day mit dem Titel "Security" , der im Sommer 1935 in der Zeitschrift Catholic Worker erschien und von dem ich anmerkte, ich fände ihn "unglaublich aktuell". Im Kern erteilt Dorothy Day darin jungen Leuten den Rat, statt zu versuchen, sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen, sollten sie lieber radikal Jesus nachfolgen

Erwähnen sollte ich wohl auch, dass es über die Geschichte der Punk-Subkultur von 1976-86 ein Buch mit dem vielversprechenden Titel "Die heiligen Narren" gibt, das ich eigentlich mal lesen wollte und mir auch tatsächlich mal per Fernleihe besorgt hatte, dann aber doch nicht dazu kam, darin mehr als nur ein bisschen kreuz und quer zu lesen, ehe ich es wieder abgeben musste. Was bei mir allerdings hängen geblieben ist, ist der Umstand, dass der Autor Thomas Lau darin allen Ernstes Parallelen zwischen der Punk-Bewegung und den im 13. Jahrhundert entstandenen christlichen Bettelorden zieht und in diesem Zusammenhang auch im Archiv eines Franziskanerklosters recherchiert hat. Irgendwann werde ich das Buch doch noch lesen müssen. In der Zwischenzeit kann ich auf G.K. Chestertons Biographie über Franz von Assisi verweisen, die ich in Etappe 3 meiner unvollendeten "100-Bücher-Challenge" rezensiert habe. Über das revolutionär Neue der Bettelorden gegenüber den klösterlichen Orden fand ich bei Chesterton u.a. die folgende spannende Passage: 

"Den alten Gemeinschaften [...] haftete die Beschränktheit eines gewöhnlichen Haushalts an. Wie einfach sie auch lebten, benötigten sie doch eine gewisse Zahl von Zellen oder wenigstens Betten, in jedem Fall jedoch einen gewissen Raum für die jeweilige Anzahl von Mitbrüdern. Die Zahl der Mönche hing deshalb ab vom Landbesitz und vom Baumaterial. Franziskaner konnte man hingegen durch das bloße Versprechen werden, mit Glück am Wegesrand Beeren zu finden oder eine Brotrinde aus einer Küche zu erbetteln, unter einer Hecke zu schlafen oder geduldig an einer Türschwelle zu sitzen." 

Auch noch zu erwähnen wäre hier der Artikel "Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie diese Hausbesetzer" aus dem Oktober 2020, der unter denjenigen meiner Blogartikel, in denen meine Sympathie für die Punk-Subkultur zum Ausdruck kommt, ziemlich sicher der kontroverseste ist. Veranlasst wurde dieser Artikel durch die Räumung des besetzten Hauses Liebig34 in Berlin-Friedrichshain, oder genauer gesagt durch meine Verärgerung über manche hämischen Reaktionen aus dem konservativen Spektrum auf diese Räumung. Der Artikel gipfelte in der provokanten These, 

"dass die Hausbesetzer konsequenter für das eintreten, woran sie glauben, und mehr Opfer dafür bringen, als 'wir' das in aller Regel tun. Und das halte ich für einen Umstand, den 'wir' mit Demut betrachten sollten." 

Okay: So viel erst mal grundsätzlich zu der Frage, was es mit dem Wortbestandteil "Punk" in "Punkpastoral" auf sich hat. Viel spannender und auch wichtiger ist aber doch der zweite der oben angekündigten Hauptabschnitte, den ich "Prinzipien der Punkpastoral oder Was würde ein Punk tun?" genannt habe. Die Aussage, man könne von der Punk-Subkultur viel für das Laienapostolat lernen, zieht schließlich einigermaßen zwingend die Frage nach sich: "Was denn, und wie könnte/sollte das in der Praxis aussehen?". Damit dieser Artikel aber nicht übermäßig lang wird, widme ich dieser Frage lieber einen Extra-Artikel. 


(Teil 2 erscheint in Kürze auf Patreon – und in rd. einer Woche dann auch hier!) 


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