Mich brennt's in meinen Reiseschuh'n, Leser! – Es mag zum Teil am Wetter liegen, dass es mich zur Zeit nur schwer in meinen vier Wänden (oder überhaupt zwischen irgendwelchen Wänden) hält; aber sicherlich liegt es nicht nur daran. Als ich meinem Tochterkind unlängst den Hobbit als Bettlektüre vorlas – darauf wird selbstverständlich in der Sommerausgabe der Artikelreihe "Vorlesestoff fürs Tochterkind" zurückzukommen sein –, verspürte ich schon so ein gewisses Zucken von Wanderlust; und dann war ich letzten Sonntag am Potsdamer Platz und sah diesen bemalten Stromkasten:
Ich hätte am liebsten sofort meinen Rucksack gepackt und wäre losgepilgert, kein Witz. Ein paar Tage später versuchte mich dann auch noch dieses Plakat auf den Jakobsweg zu locken:
Zufall? Schwer zu sagen! – Nun, bis zu den Sommerferien sind es noch ein paar Wochen, und dann noch ein paar mehr, bis wir verreisen – aber das wird wieder einmal eher der Camino de Willehado als jener nach Santiago. Für den Jakobsweg müssen die Kinder wohl noch ein paar Jahre älter werden. Aber dann nehme ich sie mit!
– Nach dieser Einstimmung sei gesagt, dass das vorliegende Wochenbriefing – nachdem die beiden vorigen Ausgaben des Creative Minority Report ja thematisch etwas breiter und damit tendenziell untypischer aufgestellt waren – wieder einen klaren Schwerpunkt in Sachen Basisarbeit und Familienpastoral hat; oder, wenn man so will, zwei solche Schwerpunkte, nämlich zum einen die Wichtelgruppe und zum anderen den Schwarzen Gürtel in KiWoGo. Und damit genug der Vorrede!
Was bisher geschah
Am vergangenen Samstag waren wir vom Nachmittag bis zum frühen Abend beim Geburtstagspicknick einer Künstlerfreundin, mit der ich in den Nuller und Zehner Jahren bei einer Vielzahl von Bühnenprogrammen, Kurzfilmen und Hörspielen zusammengearbeitet habe; die Party war sehr schön, auch den Kindern gefiel es dort ausgezeichnet, vielleicht komme ich an anderer Stelle noch ausführlicher darauf zurück, mal sehen. – Am Sonntag gingen wir vormittags zu einem Kinderkonzert im Kammermusiksaal der Philharmonie: Die Deutsch-Skandinavische Jugend-Philharmonie spielte "Peer Gynt". Stell dir vor, es gibt Grieg, und keiner geht hin. Nee, blöder Witz, das Konzert war gut besucht – und mir gefiel es noch erheblich besser als das rbb-Kinderkonzert am Sonntag zuvor. Was die musikalische Darbietung angeht, macht so ein Kammerorchester nun mal einfach mehr Eindruck als ein fünfköpfiges Bläserensemble, und in Hinblick auf die erzählerische Gestaltung war's erst recht eine ganz andere Liga als der "Sommernachtstraum" im "Haus des Rundfunks". Im Anschluss an das Konzert durften die Kinder im Foyer noch verschiedene Orchesterinstrumente ausprobieren, unter fachkundiger Anleitung, versteht sich.
Die Frage, wo und wann wir an diesem Sonntag in die Kirche gehen sollten, hatten wir dann übrigens doch zugunsten der Abendmesse in Herz Jesu Tegel entschieden. Zelebriert wurde diese Messe, wie ich vorsorglich dem Wochenplan entnommen hatte, von "Pater Brody", und was die Gemeinde angeht: Die einzige Person, die erkennbar von unserem Auftauchen in der Kirche Notiz nahm, war eine alte Dame philippinischer Herkunft, die uns immer gern gemocht hatte und sich folgerichtig über das Wiedersehen freute. Unser Jüngster schlief ziemlich bald nach Beginn der Messe an Mamis Brust ein, die Große war in etwas quengeliger Stimmung und nicht so recht bei der Sache, aber das hielt sich – gemessen daran, dass die Kinder abends eigentlich immer schwerer zu bändigen sind als morgens, was wohl auch nicht besonders verwunderlich ist – noch in erträglichen Grenzen. Meine Liebste, die jahrelang keinen Fuß in dieses Gotteshaus gesetzt hatte, meinte hinterher, sie könne über diesen Gottesdienstbesuch nichts Negatives sagen. Das würde ich selbst auch gern behaupten, aber ich muss doch etwas zum Orgelvorspiel anmerken: Dieses begann nämlich mit der Melodie von "Eine Seefahrt, die ist lustig", ehe es allmählich zum Einzugslied "Wer unterm Schutz des Höchsten steht" (GL 423) hinübermodulierte. Ist denn schon wieder Karneval?, dachte ich etwas indigniert. Tatsächlich hatte nicht etwa der Organist, sondern der Zelebrant selbst die Idee zu dieser Ouvertüre gehabt; was das sollte, erläuterte er in der Predigt: Im Rahmen des Ehrenamtsdanks der Pfarrei hatte es am selben Tag eine Dampferfahrt auf dem Tegeler See für engagierte Gemeindemitglieder gegeben, und das, so meinte Pater Brody, passe ja auch gut zum Evangelium vom Tag – Markus 4,35-41, Jesus stillt den Sturm auf dem See Genezareth. – Was es über die Predigt in dieser Messe sonst noch zu sagen gibt, folgt unter der Rubrik "Predigtnotizen".
Am Montag, dem Hochfest der Geburt Johannes des Täufers (noch ein halbes Jahr bis Weihnachten!) fiel der sonst übliche "Omatag" aus, weil meine Schwiegermütter verreist waren; wie schon angedacht, nutzte ich dies als Gelegenheit, mal wieder mit dem Jüngsten einen Regionalbahn-Ausflug ins Umland zu unternehmen – und ich darf wohl sagen, dass dies der bislang spannendste Ausflug dieser Art war: Unser Ziel war diesmal Märkisch Wilmersdorf, ein Ortsteil von Trebbin im Landkreis Teltow-Fläming, wo der Verein Achor e.V. auf einem denkmalgeschützten Dreiseitenhof eine Begegnungsstätte und einen sogenannten Ort kirchlichen Lebens betreibt. Ein sehr inspirierender Besuch – so inspirierend, dass ich dazu einen eigenständigen Artikel verfasst habe, der bereits gestern auf Patreon veröffentlicht worden ist, mit der üblichen Verzögerung aber auch hier erscheinen soll.
Am Dienstag fand das Vorbereitungstreffen für den anstehenden Kinderwortgottesdienst statt, das ich unter der Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo" zu schildern gedenke. Am Mittwoch gelang es mir mit einiger Mühe, die Kinder früh genug wach zu kriegen, um rechtzeitig zum üblichen Mittwochsprogramm aufzubrechen. Die Messe in St. Marien Maternitas hielt der leitende Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd; zum Einzug ließ er "Wohl denen, die da wandeln" (GL 543) singen und erzählte anschließend erst mal ein paar Witze. Genauer gesagt handelte es sich um scherzhafte Bemerkungen zu den Titeln populärer Gemeindelieder: So gelte "Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt" unter pastoralen Mitarbeitern als "das Lied der Gemeindereferentinnen" – "wenn die mal wieder jemanden suchen, der einen ehrenamtlichen Dienst in der Gemeinde übernehmen sollen"; das "Lied der Priester" sei hingegen eben das zuvor gesungene "Wohl denen, die da wandeln". – "Und das" – nämlich wandeln – "mache ich jetzt seit 31 Jahren", fügte der Pfarrer hinzu. Was sich hinter dieser Andeutung verbarg, war der Umstand, dass der Pfarrer an diesem Tag sein 31jähriges Primizjubiläum feierte; und dass das eine reichlich krumme Jahreszahl war, hielt ihn nicht davon ab, beim Gemeindefrühstück nach der Messe eine Runde Sekt zu spendieren. – Wohl wegen dieses Jubiläums waren auch zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen des Gemeindeteils St. Joseph Tegel anwesend, die man normalerweise nicht in der Werktagsmesse in Heiligensee antrifft: die schon mehrfach erwähnte pensionierte Gemeindereferentin und die Blumenfrau, die mein Jüngster und ich in letzter Zeit ein paarmal getroffen haben. Die Letztere saß in der Messe hinter uns, und unter anderem deshalb fand ich es recht lustig, dass mein Jüngster, als er beim Blättern im in den Kirchenbänken ausgelegten Pfarrbrief ein Foto der Kirche St. Joseph entdeckte, laut und freudig ausrief: "Da gehen wir doch immer beten mit Musik!"
Das taten wir diese Woche übrigens auch wieder, allerdings kamen wir erst am Donnerstag nach dem Mittagsschlaf des Knaben dazu und mussten die Andacht etwas kürzer halten, da wir direkt im Anschluss die Große von der Schule abholen mussten. Am Freitag waren wir dann wieder bei der Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg – bzw. "auf dem Rumpelberg", wie der Jüngste mit Vorliebe sagt. Irgendwann werde ich über diese Gruppe mal mehr und Genaueres schreiben müssen; aber nicht diese Woche...
Was ansteht
Heute ist das Hochfest Peter und Paul, gleichzeitig aber auch Baumfest in Panketal; und wenn alles läuft wie geplant, sind wir gerade dort, wenn dieser Artikel online geht. Ob wir im Anschluss noch zum Community Dinner im Baumhaus fahren, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Morgen, am 13. Sonntag im Jahreskreis, findet dann in St. Joseph Siemensstadt der letzte Kinderwortgottesdienst der Saison statt, und außerdem hat meine Liebste Geburtstag. Wozu ich anmerken möchte, dass auch sie sich über neue Abonnenten unserer gemeinsamen Patreon-Seite "Mittwochsklub" freuen würde – ab 5 Euro im Monat könnt Ihr dabei sein!
Die erste Juliwoche ist – der volkstümlichen Weisheit zum Trotz, derzufolge "nach Peter und Paul [...] die Pfarrer faul" werden – im Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet gespickt mit liturgisch signifikanten Daten: Am 2. ist das Fest Mariä Heimsuchung, am 3. das Fest des Apostels Thomas und dann an jedem weiteren Tag der Woche mindestens ein (nicht-gebotener) Heiligengedenktag. Was an diesen Tagen sonst noch so los sein wird, ist größtenteils noch ungewiss; aber am Freitag, dem Gedenktag des Hl. Antonius Maria Zaccaria, feiert die Schule, an der unser Tochterkind demnächst das erste Schuljahr abgeschlossen haben wird, ein Schulfest, und am nächsten Samstag, dem Gedenktag der Hl. Maria Goretti, steht das letzte Wichtelgruppentreffen der Saison an – ein Umstand, der nun sehr passend dazu überleitet, dass ich ein paar Überlegungen dazu anstellen möchte, wie es nach den Sommerferien mit der Wichtelgruppe weitergehen kann und sollte.
Symbolbild: Quo vadis, Wichtel? |
Aus meinem Wichtelbuch
Man könnte vielleicht der Meinung sein, für eine Bilanz der Wichtel-Saison sei es noch zu früh, da ja schließlich noch ein Termin für ein Gruppentreffen bevorsteht; ich denke jedoch, es liegt schon jetzt auf der Hand, dass es meinen Teamkolleginnen und mir im Laufe eines vollen Jahres nicht gelungen ist, die Wichtelgruppe richtig zum Laufen zu bringen. Nun wäre es möglicherweise eine naheliegende Konsequenz, zu sagen: Dann lassen wir's eben. Dass man sich Misserfolge erlauben und eingestehen soll, sich nicht an Projekten festklammern, die nicht funktionieren, sondern lieber etwas anderes machen, steht sogar in der Benedikt-Option. Dann wäre aber immer noch zu fragen, was dieses Andere denn sein sollte oder könnte (mal abgesehen von dem Projekt "Kinder-Lobpreis-Disco", für das ich allerdings keinen besonders großen Rückhalt in der Gemeinde sehe. Wobei das mit dem Rückhalt in der Gemeinde sowieso ein Problem ist, aber darauf komme ich noch).
Fangen wir vielleicht zunächst damit an, warum es schade wäre, die Wichtelgruppe nach der Sommerpause nicht weiterzuführen. Und da muss ich ehrlicherweise erst einmal von meinem Eigeninteresse ausgehen und sagen: Es ist mir für meine eigenen Kinder wichtig, dass es ein regelmäßiges Freizeitangebot für sie gibt, das mit der Kirche verknüpft ist und inhaltlich auch einen gewissen Anteil Glaubensvermittlung umfasst. Nun könnte man sagen, für den letzteren Aspekt gehen wir ja einmal in der Woche zum JAM; aber da fehlt eben der Aspekt der Anbindung an die Kirche, bzw. es ist eben an eine andere Kirche angebunden. Ich halte es für unschwer einsichtig, dass es eine wichtige Funktion kirchlicher Kinder- und Jugendgruppen ist, den Kindern einen Kontakt zu Gleichaltrigen zu vermitteln, die auch in der Kirche sind. Wenn ein Kind die Erfahrung macht, dass unter seinen gleichaltrigen Freunden und Bekannten alle diejenigen, die überhaupt irgendwie religiös interessiert sind, einer anderen Glaubensrichtung angehören als die eigene Familie, kann das durchaus problematische Auswirkungen haben.
Bis hierhin sind das natürlich alles lediglich Argumente dafür, überhaupt eine kirchliche Kindergruppe zu betreiben; das müsste nun nicht zwingend die Wichtelgruppe sein. Kommen wir also mal dazu, was das Spezifische an der Wichtelgruppe ist – und das lässt sich eigentlich ganz schlicht auf den Punkt bringen: Die Wichtelgruppe ist von ihrer Grundidee her darauf ausgerichtet, Kinder dafür zu interessieren und darauf vorzubereiten, später bei den Pfadfindern einzutreten (und zwar möglichst nicht bei den "woken" DPSG-Pfadfindern, aber lassen wir das vorerst mal beiseite – das ist ein Thema für sich). Und auch wenn ich – wie ich ja vor gut einem Jahr schon einmal ausgeführt habe – mit bestimmten einigermaßen paramilitärisch anmutenden Stilelementen des Pfadfinderwesens durchaus fremdle, finde ich doch die natur- und erlebnispädagogischen Aspekte der Pfadfinderarbeit ausgesprochen prima und kann mir gerade auch bei meinen eigenen Kindern sehr gut vorstellen, dass das etwas für sie wäre. In etwas mehr als einem Jahr wäre meine Tochter alt genug, um Wölfling zu werden, und sie hat auch Interesse daran; allerdings befürchte ich, dass dieses Interesse erlahmen könnte, wenn es nicht durch die Wichtelgruppe wachgehalten wird.
Derweil muss man feststellen, dass die Pfadfinder – die verbandsunabhängigen Katholischen Pfadfinder Haselhorst nicht weniger als die DPSG-Stämme in den anderen Gemeindeteilen – auch Probleme haben, ihre Leute zu binden und zu halten. Auch da fallen mal Gruppentreffen mangels Beteiligung aus. Zum Teil wirkt sich da die Konkurrenz der Sportvereine aus, zum Teil haben die Pfadfinder, wenn sie im Teenageralter ankommen, auch einfach pubertätstypisch "kein' Bock mehr". Man hört auch immer wieder, dass es heute insgesamt, unabhängig von der inhaltlichen Gestaltung, schwierig sei, eine Kinder- oder Jugendgruppe aufzubauen und aufrecht zu erhalten, weil die Kinder und Jugendlichen die ganze Woche so eingespannt in schulische und außerschulische Aktivitäten sind, dass sie froh sind, auch mal nichts zu tun zu haben.
Gleichwohl kann man natürlich sagen, die Nachwuchsprobleme der Pfadfinder sind gerade ein Argument dafür, dass die Wichtelgruppe eine wichtige Aufgabe hat: nämlich das Interesse an der Pfadfinderarbeit frühzeitig zu wecken und zu erhalten. In jedem Fall bleibt unter dem Strich festzuhalten: Wenn wir wollen, dass die Wichtelgruppe weiterläuft, müssen wir uns überlegen, was man dafür tun kann, dass sie in Zukunft besser läuft. –
Dazu möchte ich zunächst keineswegs in Abrede stellen, dass ich selbst mehr dafür hätte tun können und sollen, dass die Gruppe besser läuft. Es wäre sicherlich ratsam gewesen, die einzelnen Gruppenstunden gründlicher vorzubereiten, stärker konzeptionell zu arbeiten, was mir doch eigentlich liegt. Und auch um die Werbung hätte ich mich wohl in einem größeren Maß persönlich kümmern sollen. Aber immerhin mache ich das Ganze nur ehrenamtlich und habe auch noch andere Dinge zu tun. Ich gebe zu, dass unter all den Dingen, die ich im Laufe des letzten Jahres so unternommen habe, die Wichtelgruppe nicht sehr weit oben auf meiner Prioritätenliste stand, aber das lag eben auch daran, dass die Gesamtsituation nicht sehr motivierend war.
Das geht schon mit der Situation im Team los. Von der Papierform her war es ursprünglich eigentlich so gedacht, dass eine Teamkollegin, die ich daher gewohnheitsmäßig als "meine Co-Leiterin" zu bezeichnen pflege, und ich die Gruppe gleichrangig und gleichberechtigt leiten sollten; praktisch zeigte sich aber schnell, dass die eigentliche Leitungsverantwortung an mir allein hängen blieb (womit ich der Kollegin indes nicht das Verdienst schmälern will, dass sie inhaltlich immer wieder gute Impulse einbringt, Bastelmaterialien beschafft, sehr viel besser Gitarre spielen kann als ich und auch sehr schön singt). Ein eher inoffizielles Teammitglied ist meine Liebste; Aussichten auf weitere Verstärkung in der Leitung gab es im Laufe des zurückliegenden Jahres mehrmals, aber aus unterschiedlichen Gründen wurde da dann jeweils doch nichts draus, mit einer Ausnahme: Eine Mutter von drei Kindern, die auch im KiWoGo-Arbeitskreis mitmacht, kam mit ihrer jüngsten Tochter recht regelmäßig zur Wichtelgruppe und fing bald auch an, Leitungsaufgaben mitzuübernehmen. Diese Kollegin hat allerdings kürzlich angekündigt dafür in Zukunft nicht mehr zur Verfügung zu stehen – zum Teil aus Zeitgründen und wegen allzu vieler anderer, insbesondere familiärer Verpflichtungen, zum Teil aber auch infolge einer gewissen Unzufriedenheit damit, wie die Gruppe sich entwickelt bzw. nicht entwickelt. Beides kann ich ihr absolut nicht verübeln.
Und dann wäre da der bereits angesprochene heikle Punkt des Rückhalts in der Gemeinde. Wie langjährige Leser wissen werden, bin ich ziemlich nachhaltig geprägt durch die Erfahrungen in der Tegeler Gemeinde, wo das höchste Maß an Unterstützung seitens der Pfarreileitung, das man erwarten durfte, darin bestand, kostenlos einen Raum für eine monatliche Veranstaltung zur Verfügung gestellt zu bekommen und ansonsten in Ruhe gelassen zu werden; teils unterschwellig, teils bemerkenswert offen wurde meiner Liebsten und mir vermittelt, im Grunde müssten wir dankbar sein, dass die Pfarrei unser Engagement toleriert. Das ist, das kann man gar nicht deutlich genug betonen, in St. Joseph Siemensstadt/St. Stephanus Haselhorst entschieden anders; schon weil es hier einen Gemeindereferenten gibt, der unser Engagement aktiv fördert, aber das ist nicht der einzige Grund – ich würde auch das Klima in der Gemeinde insgesamt als deutlich "engagementfreundlicher" bezeichnen. Dennoch sehe ich da, gerade was die Wichtelgruppe angeht, noch deutlich Luft nach oben. Um's mal auf den Punkt zu bringen: Ich bin nicht gänzlich überzeugt davon, dass es den Verantwortlichen der Gemeinde St. Joseph/St. Stephanus in der Großpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland wirklich ein Herzensanliegen ist, eine Gruppe für Kinder im Vorschulalter zu haben (ob als Wichtelgruppe oder mit einem anderen Konzept); oder ob sie sich nicht vielleicht denken "Wir haben schließlich eine KiTa, was will man mehr?" und die Wichtelgruppe daher eher als eine Privatinitiative ansehen, die die beteiligten Eltern im Wesentlichen für sich selbst bzw. ihre Kinder betreiben. Man mag hier einwenden "Ja, aber faktisch ist sie doch genau das"; worauf ich erwidern möchte: Ja eben – und wenn man der Meinung ist, das sei richtig so und solle so sein, dann ist es auch kein Wunder, wenn nichts Anderes daraus wird. Zum Beispiel, weil dann nicht konsequent und gezielt dafür geworben wird.
(Ganz allgemein gesprochen habe ich den Eindruck, es ist "bei Kirchens" ziemlich weit verbreitet, Gemeindekreise und -gruppen als etwas anzusehen, was die jeweiligen Aktiven im Wesentlichen für sich selber machen, oder zumindest wird erwartet, dass sie ihre Zielgruppe selbst mitbringen. Diese Einstellung betrachte ich als eine wesentliche Ursache dafür, dass Pfarrgemeinden nicht missionarisch sind.)
Nun gut: Halten wir einstweilen fest, dass es mehr als genug Stoff zum Nachdenken darüber gibt, was man dafür tun kann, dass die Wichtelgruppe nach der Sommerpause einen neuen und besseren Anlauf hinkriegt. Ich schätze, anfangen sollte man damit, genauer ins Auge zu fassen, was für eine Zielgruppe wir erreichen wollen, und daraus dann Konsequenzen etwa in Hinblick darauf zu ziehen, wie wir für dieses Gruppenangebot werben und wie wir die Termine für die Gruppentreffen ansetzen (wie oft, wie lange, an welchem Wochentag und zu welcher Uhrzeit). Ein paar Einzelideen hätte ich dazu schon, aber ich denke, nachdem ich mich hier so lange in Grundsatzfragen vertieft habe, nehme ich die konkreten Handlungsperspektiven lieber mit in die nächste Woche. Je nachdem, ob das letzte Gruppentreffen der Saison stattfindet oder auch wieder ausfällt, gibt es dann vielleicht schon ein paar neue Impulse.
Predigtnotizen
Wie bereits erwähnt, war das Evangelium des vergangenen Sonntags die Stillung des Sturms auf dem See Genezareth (Mk 4,35-41); und "Pater Brody" legte besonderen Wert darauf, diese Perikope in den erzählerischen Kontext des Markusevangeliums einzuordnen. So sagt Jesus in V. 35 – nachdem Er zuvor am Ufer des Sees gepredigt und Gleichnisse erzählt hat – zu Seinen Jüngern: "Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren." Was aber befindet sich eigentlich am anderen Ufer? Pater Brody verriet es: die Dekapolis, ein Gebiet, das von Heiden bewohnt wird. (Nicht umsonst stoßen Jesus und die Jünger dort in Kap. 5 prompt auf eine Schweineherde; das wäre ihnen auf jüdischem Territorium wohl nicht passiert, schließlich sind Schweine für die Juden unreine Tiere.) Vor diesem Hintergrund setzte der Prediger die Angst der Jünger vor dem Sturm (im Kontrast zu Jesus, der so entspannt ist, dass er sogar im Sturm schläft) in Beziehung zu ihrer Furcht davor, sich durch den Kontakt mit den Heiden zu verunreinigen – was mit Blick auf die kultischen Reinheitsvorschriften im damaligen Judentum eine durchaus ernstzunehmende Befürchtung war.
"Nun war Jesus, dem Juden, dieser Gedanke offensichtlich ganz egal. Er sagt: Wir gehen auf die andere Seite. Wir lassen das, was wir gewohnt sind und was wir 'immer so gemacht haben', hinter uns."
Man kann zwar bemängeln, der manifeste Inhalt der Perikope – nämlich, dass Jesus einer ist, dem "sogar der Wind und das Meer gehorchen" (V. 41) – komme in dieser Auslegung ein bisschen kurz; gleichwohl ist schon etwas dran an der Feststellung, dass Jesus derjenige ist, der die Dinge anders macht, als die Leut' es gewohnt sind, und dasselbe auch von Seinen Jüngern erwartet (vgl. "Werft das Netz an der anderen Seite aus", Joh 21,6). Und das ist auch eine durchaus wichtige "Take-Home-Message", nicht zuletzt wegen des in vielen Pfarrgemeinden verbreiteten Hangs zu einer "Das haben wir schon immer so gemacht"-Haltung und zu Berührungsängsten gegenüber allem Ungewohnten. Indes wird das Narrativ vom "unkonventionellen" Jesus, der alles anders macht, sich über Regeln und Traditionen hinwegsetzt und damit bei den religiösen Autoritäten Seiner Zeit aneckt, von liberalen und progressiven Predigern gern dazu genutzt, Tradition und Autorität in der Kirche insgesamt ins Zwielicht zu rücken und letztlich, wenigstens unterschwellig, die gesamte überlieferte Glaubenslehre und -praxis der Kirche zur Disposition zu stellen. Und da wird's dann absurd. Jesus ist "nicht gekommen, das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen" (vgl. Mt 5,17); und Er hat die Vollmacht dazu, weil Er Gottes Sohn ist: "Der Menschensohn ist Herr auch über den Sabbat" (Mk 2,28); Er kann sich über Regeln und Vorschriften, die dadurch, dass sie auf kleinliche Weise verabsolutiert werden, in Widerspruch zu ihrem eigentlichen Sinn und Zweck geraten sind, ebenso hinwegsetzen, wie Er übers Wasser gehen und den Sturm stillen kann. Das heißt aber nicht, dass jeder Hansel in der Kirche alles auf den Kopf stellen kann und darf, weil er sich von einem Geist dazu getrieben wähnt, der, wenn man genauer hinsieht, wohl eher nicht von Gott kommt.
Man sieht, diese Predigt enthielt einige interessante Denkanstöße, die man in durchaus unterschiedlicher Weise weiterentwickeln könnte, je nachdem, ob man sie auf den Synodalen Weg beziehen oder aber die Frage "Was muss sich in der Kirche ändern?" eher im Sinne Mutter Teresas mit "Sie und ich!" beantworten möchte. Pater Brody indes machte weder in die eine noch in die andere Richtung sonderlich viel aus diesen Ansätzen, sondern ließ mehr oder weniger alles in der Schwebe. Letztendlich war dies eine jener Predigten, die als Tiger abspringen und dann doch als Bettvorleger landen; aber vielleicht sollte man damit ganz zufrieden sein und sich sagen: Es hätte schlimmer kommen können.
Schwarzer Gürtel in KiWoGo
Der am morgigen Sonntag anstehende Kinderwortgottesdienst in St. Joseph Siemensstadt zeichnet sich dadurch aus, dass es der letzte vor der Sommerpause ist; das heißt, ich habe demnächst meine erste Saison als KiWoGo-Mitarbeiter hinter mich gebracht, erfolgreich, darf ich wohl sagen. Eine weitere Besonderheit dieses KiWoGo ist es, dass eine Teamkollegin und ich ihn ohne Mitwirkung oder auch nur Aufsicht eines hauptamtlichen Mitarbeiters konzipiert und vorbereitet haben, da der Gemeindereferent gerade in Urlaub ist. Bei der Teamkollegin handelt es sich um dieselbe, die bisher auch bei der Wichtelgruppe mitgearbeitet hat, aber angekündigt hat, dafür zukünftig und bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Im KiWoGo-Team macht sie aber weiter mit, und darüber bin ich sehr froh.
Zu dem Zweck, gemeinsam ein Konzept für den letzten Kinderwortgottesdienst der Saison auszuhecken, hatten wir uns für Dienstag um 18 Uhr in St. Stephanus verabredet. Da im dortigen Gemeindehaus gleichzeitig – oder richtiger gesagt: leicht zeitversetzt – die Trommelgruppe probte und ein Gruppentreffen der Neokatechumenalen Gemeinschaft stattfand, nahmen wir uns kurzerhand zwei Stühle aus einem der Kellerräume und setzten uns in den Garten.
Das Evangelium des kommenden Sonntags ist Markus 5,21-43 – die Auferweckung der Tochter des Jaïrus und die Heilung der blutflüssigen Frau. Wir einigten uns recht schnell darauf, die Heilung der blutflüssigen Frau wegzulassen: Um mit Kindern über Menstruation zu reden, ist ein Kinderwortgottesdienst nicht unbedingt der ideale Rahmen. Ich konnte meine Teamkollegin auch ohne große Mühe von meiner Idee überzeugen, die Auferweckung der Tochter des Jaïrus als Rollenspiel zu gestalten; hinsichtlich der Auslegung der Perikope war hingegen erst mal Brainstorming angesagt. Ich werde nächste Woche berichten, welche von den Ideen, die wir im Laufe dieses Vorbereitungsgesprächs gehabt haben, wir tatsächlich verwendet haben und wie das gelaufen ist; ein paar zentrale Gedanken möchte ich hier aber schon mal festhalten:
- Auch wenn nach menschlichem Ermessen schon alles zu spät zu sein scheint, kann Gott immer noch helfen.
- Woran erkennt man ein Wunder? Ist ein Wunder zwingend etwas Spektakuläres, Außergewöhnliches, ja sogar etwas, was man normalerweise für unmöglich halten würde – oder kann auch ein ganz "gewöhnliches", unauffälliges Ereignis ein Wunder sein, insofern, als Gott sich darin offenbart? (Hierzu wären Beispiele aus dem eigenen Erfahrungsbereich wünschenswert.)
Auch über die Planung für den anstehenden KiWoGo hinaus war unser Gespräch ausgesprochen ertragreich und anregend. Erwähnen möchte ich noch, dass meine Teamkollegin einige Fragen zum JAM an mich richtete – da ich bei früheren Gelegenheiten schon ein paarmal erwähnt hatte, dass ich da mit meinen Kindern regelmäßig hingehe. Nun wollte sie wissen, wie da der Ablauf sei, wie lange das gehe und wie viele Kinder da so im Durchschnitt kämen; und je mehr ich davon erzählte, desto größer wurden ihre Augen. "Und wieso funktioniert das bei denen?", fragte sie schließlich – worauf ich spontan und ohne nachzudenken antwortete: "Ich glaube, die beten einfach mehr."
Als ich dann noch ausführte, dass in der EFG The Rock Christuskirche in den ersten zwei Wochen des Jahres annähernd alle Gemeindeveranstaltungen ausfallen, weil die Mitarbeiter in dieser Zeit auf einem Gebets-"Retreat" sind, meinte die Kollegin, so etwas könnten oder sollten wir vielleicht auch mal machen – zwar nicht unbedingt zwei Wochen lang, aber vielleicht an einem Wochenende oder so. Ich wäre natürlich dafür. Na, übernächste Woche ist Saison-Abschlussessen mit dem KiWoGo-Team (Pizza essen auf Kosten des Kirchensteuerzahlers, harr harr!), da kann man das ja mal ansprechen...
Auf das JAM-Programm vom Mittwoch der zurückliegenden Woche möchte ich übrigens auch noch kurz eingehen, denn da wurde die Geschichte von Paulus zu Ende erzählt. Oder jedenfalls so "zu Ende", wie es unter den Bedingungen von "sola scriptura" eben geht – denn bekanntlich bricht die Apostelgeschichte des Lukas ab, ehe Paulus in Rom vor Gericht gestellt wird. Und da es für eine evangelisch-freikirchliche Gemeinde wohl nicht in Frage kommt, sich auf außerbiblische Überlieferungen zu berufen, konnten die JAM-Mitarbeiter sich nur auf Passagen aus den Briefen des Paulus stützen, aus denen hervorgeht, dass er damit rechnete, zum Tode verurteilt zu werden. Tja, schade: In einem katholischen Pendant zu diesem katechetischen Format hätten die Kinder erfahren können, dass Paulus unter der Herrschaft von Kaiser Nero mit dem Schwert hingerichtet wurde und dass über seinem Grab die Basilika St. Paul vor den Mauern errichtet wurde.
Geistlicher Impuls der Woche
Wir müssen im Gedächtnis behalten, dass der Tempel in vieler Hinsicht ein Sinnbild ist. Er bedeutet jede auserwählte Seele, die ein Haus und Tempel des Heiligen Geistes Christi ist, weil der Geist Christi in ihr wohnt. Der Tempel bedeutet auch die ganze Kirche, das heißt, die Versammlung aller Auserwählten, der Engel wie der Menschen. Er ist zudem auch ein Bild für den Leib des Herrn selbst, der aus der Jungfrau geboren wurde, ohne Sünde in der Welt lebte, von den Gottlosen getötet wurde, aber aus eigener Kraft am dritten Tag von den Toten erstand. Wie schon öfter gesagt wurde, bedeutet der Wiederaufbau des Tempels nach der Gefangenschaft auch die Besserung des Menschen, der eben erst den Weg der Wahrheit betreten hat und schon durch die Sünde in die Irre gegangen ist. Sehr richtig ist, dass ein solcher Tempel von den Priestern, Leviten und den anderen Heimkehrern in Freuden geweiht wird. Denn wenn sich die Sünder bessern, herrscht im Himmel große Freude bei den Engeln Gottes (vgl. Lk 15,10), bei den Lehrern, die für das Heil der Verirrten gearbeitet haben, und bei allen, die aus Babylon, das heißt aus der Verwirrung und der Sünde, mit Herz und Tat zur Hochburg der Tugend, zum Land der Verheißung gelangten.
(Beda Venerabilis, Auslegung zu den Büchern Esra und Nehemia)
Ohrwurm der Woche
Ataris: The Boys of Summer
Was "The Boys of Summer" zu einem unsterblichen Klassiker macht, ist übrigens nicht zuletzt der Text. Wer Lust hat, der möge mal den ersten Vers der dritten und letzten Strophe – "Out on the road today, I saw a Deadhead sticker on a Cadillac" – bei Google eingeben und staunen, was für tiefgründige Interpretationen man da allein zu diesem einen Vers findet. In der Version der Ataris ist der "Deadhead sticker" übrigens durchaus kongenial durch einen "Black Flag sticker" ersetzt worden.