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Samstag, 22. Juni 2024

Creative Minority Report Nr. 35

Grüße aus dem verregneten Berlin, Freunde! Nachdem die zurückliegende Woche nicht so besonders reich an blogrelevanten Ereignissen bzw. Erlebnissen war, habe ich die Gelegenheit genutzt, im aktuellen Wochenbriefing etwas mehr thematische Vielfalt jenseits des Selbsterlebten einzubringen; und zwar vorrangig in Form der neuen Rubrik "Vermischtes aus verschiedenen Pfarreien". Dem einen oder anderen Leser dürfte das gefallen. Ob dieser Trend sich über den Sommer fortsetzen wird, kann ich indes noch nicht versprechen... 

Was bisher geschah 

Hatte ich nicht im vorigen Wochenbriefing geschrieben, ich ginge "nicht unbedingt davon aus", dass der "Straßenfest-Crawl" des vergangenen Samstags Stoff für einen eigenständigen Artikel abgeben würde? Tja, so kann man sich irren. Ich würde sagen, der Artikel "Klima und Pizza, Suppe und Mucke" ist sogar gehaltvoller geraten als einige meiner früheren Artikel zum "Suppe & Mucke"-Festival, die größtenteils aus Fotos bestanden. – Am Sonntag gingen wir früh in St. Stephanus Haselhorst in die Messe und fuhren anschließend zum "Haus des Rundfunks", wo es ein Kinderkonzert gab: Ein Bläserensemble des Deutschen Symphonie-Orchesters (Querflöte, Oboe, Klarinette, Waldhorn und Fagott) spielte Auszüge aus Mendelssohns "Sommernachtstraum", dazwischen stellten Viertklässler einer Spandauer Grundschule selbst komponierte Percussion-Stücke vor. Musikalisch war's klasse, hingegen fand ich das erzählerische Element – die Erläuterungen zur Handlung des "Sommernachtstraums" – nicht so gelungen. Neben dem rbb-Moderator Christian Schruff agierte auf der Bühne der Musiklehrer der schlagzeugspielenden Grundschulkinder in der Rolle des Puck; und während ich an seinen musikpädagogischen Fähigkeiten, soweit man diese an der Darbietung seiner Schüler messen kann, keinerlei Zweifel habe, fand ich seine schauspielerische Darbietung erheblich zu dick aufgetragen; ich fühlte mich teilweise stark an Produktionen des Nordenhamer "Theater Fatale" aus den Nuller Jahren erinnert (über das heutige Niveau dieser Truppe kann ich indes nicht urteilen).  

Am Montag war mal wieder ein "ganz normaler" Omatag; am Dienstag besuchte das Tochterkind nach der Schule eine Freundin (eine andere als die, bei der sie vor zwei Wochen übernachtet hat), kam aber, anders als zunächst geplant, zum Schlafen doch wieder nach Hause. Dadurch wurde es insgesamt recht spät, und so war es kein Wunder, dass die Kinder am nächsten Morgen schwer wach zu kriegen waren. Wir schafften es aber trotzdem, rechtzeitig zum üblichen Mittwochsprogramm aufzubrechen – das diesmal wieder eine Wortgottesfeier unter Leitung des berüchtigten Diakons beinhaltete. Was der Diakon zum Evangelium des Tages zu sagen hatte, werde ich diesmal aus kompositorischen Gründen gemeinsam mit der Predigt vom Sonntag in der Rubrik "Predigtnotizen" würdigen. Nachmittags waren wir beim JAM, und was es darüber zu sagen gibt, folgt unter der Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo"

Am Donnerstag erschien die neueste Folge meiner Tagespost-Kolumne "Klein.Kram" – die sich mit dem bemerkenswerten Faktum auseinandersetzt, dass die Katholische Hochschulgemeinde an der Universität Tübingen ein linkes Bündnis "gegen Missionierung auf dem Campus" unterstützt; seit heute Morgen ist der Text auch online. Im Übrigen musste meine Liebste am Donnerstag zum Abiball der Schule, an der sie arbeitet, und ich hatte etwas Sorge, wie ich wohl am Abend allein mit beiden Kindern zurecht kommen und sie zu einer vernünftigen Zeit ins Bett kriegen würde, aber es klappte alles in allem besser als erwartet. Am Freitag, also gestern, war Fête de la Musique, und wir unternahmen den schon im vorigen Wochenbriefing schon angekündigten wagemutigen Versuch, an einem Schul- und Arbeitstag einen Straßenfest-Crawl durchzuziehen – jedenfalls einen kleinen. Zu berichten, wir es uns bei diesem Versuch ergangen ist, würde hier und jetzt den Rahmen sprengen, andererseits habe ich aber auch Zweifel, ob ein eigenständiger Artikel zu diesem Thema sich lohnen würde. Vielleicht warte ich daher erst mal ab, was das Wochenende sonst noch so bringt... 

Das für heute Vormittag geplante Wichtelgruppentreffen ist erneut ausgefallen. Ein paar grundsätzliche Erwägungen dazu, wie (bzw. ob) es mit der Wichtelgruppe weitergehen soll, werden wohl in der nächsten Woche fällig. 

Hingegen freue ich mich zu Protokoll geben zu können, dass mein Jüngster und ich in der zurückliegenden Woche ganze drei Lobpreisandachten in St. Joseph Tegel abgehalten haben – am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Am Dienstag war ich entzückt, wie engagiert mein Jüngster das bluesrockige "Alles was atmet" von Johannes Falk mitsang und dabei Luftgitarre spielte; am Mittwoch schaffte er es, ich weiß nicht wie, mein Mobilgerät so einzustellen, dass der Bildschirm zwischen der Musik-App und der Stundenbuch-App geteilt war. Das sah dann so aus: 


Was ansteht 

Heute sind wir beim Geburtstagspicknick einer hier schon mehrfach, wenn auch nicht namentlich, erwähnten Künstlerfreundin eingeladen; morgen steht dann ein erneutes Kinderkonzert auf dem Programm, nämlich "Peer Gynt" im Kammermusiksaal der Philharmonie, dargeboten von der Deutsch-Skandinavischen Jugend-Philharmonie. Die Anfangszeit des Konzerts (11:30 Uhr) bringt allerdings Schwierigkeiten für den Messbesuch mit sich, zumal angesichts des besagten Picknicks auch eine Vorabendmesse keine realistische Option zu sein scheint. Nach umfangreichen Recherchen sehe ich derzeit zwei mögliche Wege, die Erfüllung der Sonntagspflicht zu gewährleisten: früh aufstehen und in St. Matthias am Winterfeldtplatz in die Familienmesse gehen; oder in den sauren Apfel beißen und in die Abendmesse in Herz Jesu Tegel gehen. Letztere wird laut Wochenplan von dem netten, kinderfreundlichen "Pater Brody" zelebriert und die meisten uns nicht wohlgesonnenen Leute in der Gemeinde gehen wohl ohnehin eher morgens in die Messe, aber ich habe trotzdem erhebliche Zweifel, ob meine Liebste sich dazu bewegen lässt, noch einmal einen Fuß in diese Kirche zu setzen. – Am Montag ist kein Omatag, daher böte sich dieser Tag möglicherweise dazu an, mal wieder einen Regionalbahn-Ausflug mit dem Jüngsten zu unternehmen; ich hätte auch schon eine Idee für ein interessantes Ziel, aber das verrate ich erst, wenn es soweit ist. Im weiteren Verlauf der Woche hat meine Liebste, wenn nicht noch irgendwelche Vertretungsstunden 'reinkommen, einen freien Tag und muss an einem bis zwei weiteren Tagen nur ganz kurz zur Arbeit erscheinen; besondere Pläne haben wir für diese Tage allerdings noch nicht. Irgendwann im Laufe der Woche werde ich mich dann auch noch um die Vorbereitung des letzten Kinderwortgottesdienstes der Saison kümmern müssen, und am Wochenende ist im Baumhaus nicht bloß die übliche allmonatliche Community Networking Night, sondern ein "Urgent Action Summit" unter dem, wie ich den Initiator Scott Bolden kenne, durchaus augenzwinkernd gemeinten Motto "Can Berlin Save the World?". Mal sehen, ob wir da hingehen... 


Predigtnotizen 

Am Sonntag waren wir, wie erwähnt, im "Sommernachtstraum", wenn auch nicht in einer Aufführung der Shakespeareschen Komödie, sondern lediglich in einer konzertanten Darbietung von Mendelssohns Bühnenmusik; gleichwohl fiel mir bei der Anmoderation zum Marsch der Handwerker eine Passage des Stücktexts ein, die ich einfach wunderschön formuliert finde: In der 1. Szene des V. Aktes wird die Darbietung der Handwerker als "A tedious brief scene of young Pyramus / And his love Thisby; very tragical mirth" (V/1, V. 56f.; in der deutschen Fassung von August Wilhelm Schlegel: "Ein kurz langweilger Akt vom jungen Pyramus / Und Thisbe, seinem Lieb. Spaßhafte Tragödie") angekündigt, und als Herzog Theseus sich wundert, wie das zusammenpassen soll, erläutert der Zeremonienmeister Philostrat:

"A play there is, my lord, some ten words long,
Which is as brief as I have known a play;
But by ten words, my lord, it is too long,
Which makes it tedious" 

– bzw. auf Deutsch: 

"Es ist ein Stück, ein Dutzend Worte lang,
Und also kurz, wie ich nur eines weiß;
Langweilig wird es, weils ein Dutzend Worte
Zu lang ist, gnädger Fürst" (V/1, V. 61-64). 

Tja, und so ungefähr ging's mir mit der Predigt an diesem Sonntag. Wir waren ja, um es rechtzeitig zum Konzert zu schaffen, in St. Stephanus in Haselhorst zur Messe gegangen; diese Messe zelebrierte, wohl als Urlaubsvertretung, ein mir nicht bekannter Priester, der wohl eigentlich schon im Ruhestand ist, eine Frisur hatte wie Gilderoy Lockhart (nur mit silbernem statt güldenem Haar) und mit leichtem polnischem Akzent sprach. Die Predigt, die er vortrug, war mit sechs Minuten wirklich kurz, aber ich langweilte mich dabei trotzdem, zumal ich partout nicht dahinter kam, was der Priester eigentlich sagen wollte. Vielleicht wusste er es selbst nicht – denn wie ich im Nachhinein herausfand, war die Predigt nicht sein eigenes Werk, sondern stammt von einem Dr. Max Angermann und kann auf der von der Provinz Wien-München des Redemptoristenordens betriebenen Website "Predigtforum" nachgelesen werden. Urteile also selber, Leser; was mich betrifft, finde ich diese Predigt wirklich bemerkenswert schlecht. Alle möglichen Gedanken werden darin angerissen, aber kein einziger näher ausgeführt, und dann ist sie plötzlich vorbei. Besonders ärgerlich ist der Mittelteil der Predigt, die mit den Worten eingeleitet wird "Teresa von Avila (1515-1582), Karmelitin, spanische Mystikerin, schreibt in einem Brief an engagierte Christen...". Ich habe nicht herausfinden können, woher der darauf folgende Textabschnitt stammt, aber es ist schon eine ziemliche Frechheit, so zu tun, als stamme er tatsächlich von der großen Kirchenlehrerin des 16. Jahrhunderts. Mancher mag jetzt beschwichtigend einwenden wollen, es werde ja wohl niemand ernsthaft glauben, die Hl. Teresa habe wirklich aus dem Jenseits einen Brief an Christen von heute verfasst; aber ich muss leider gestehen, ich bin mir da nicht so sicher. Selbst bei zweifelsfrei rechtgläubigen Predigten kann es passieren, dass die Leut' nicht so genau hinhören, nur die Hälfte verstehen und die Leerstellen mit selbst zusammengereimtem hanebüchenen Unsinn auffüllen; aber dafür ist dann wenigstens nicht der Prediger verantwortlich zu machen. 

Die Predigt des Diakons bei der Wortgottesfeier in St. Marien Maternitas am Mittwoch wies ebenfalls einen assoziativen Bezug zu der Sommernachtstraum-Darbietung vom Sonntag auf, nämlich unter dem Aspekt der allzu dick aufgetragenen Schauspielerei. Mit seinem Hang zu Überbetonung, Kunstpausen und ähnlichen Stilmitteln, bis hin dazu, sich mit theatralischem Seufzen und versonnen in die Ferne schweifenden Blicken selbst zu unterbrechen, bewegt der Diakon von St. Klara sich oft hart an der Grenze zur unfreiwilligen Selbstparodie und nicht selten jenseits dieser Grenze. Im vorliegenden Fall stand dieser Predigtstil – den Otto Waalkes schon vor rund einem halben Jahrhundert so treffend karikiert hat, dass man sich eigentlich wundern muss, ihn immer noch in freier Wildbahn anzutreffen – in besonders augenfälligem Kontrast zum Inhalt der Predigt: Das Tagesevangelium war Matthäus 6,1-6.16-18 – die Passagen aus der Bergpredigt über das Almosengeben, das Beten und das Fasten –, und die offenkundige Lehre dieser Perikope ist ja schließlich, dass es beim Almosengeben, Beten und Fasten auf die innere Haltung ankomme und nicht auf die Außendarstellung. Da wirkte das dick aufgetragene Pathos des Diakons gleich doppelt bizarr. – Bei den alten Leuten in der Gemeinde kam dieses Schmierentheater indes gut an, wie ich den Gesprächen beim anschließenden Gemeindefrühstück entnehmen konnte (an dem der Diakon selbst übrigens nicht teilnahm). 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

In der zurückliegenden Woche war zwar kein Kinderwortgottesdienst in St. Joseph Siemensstadt und auch kein Planungstreffen für einen solchen; aber es war JAM, und da war der katechetische Teil diesmal auf eine Weise gestaltet, die ich – zumindest in Teilen – nachahmenswert fand. Und damit ich diese Gestaltungselemente nicht wieder vergesse, ehe ich mal die Gelegenheit habe, etwas Ähnliches selbst in Szene zu setzen, will ich sie hier mal schnell festhalten. 

Inhaltlich ging es um das 27. Kapitel der Apostelgeschichte: Der Apostel Paulus soll als Gefangener nach Rom gebracht werden. Zur interaktiven Gestaltung dieser Erzählung waren an den Wänden des Raumes Ortsschilder angebracht, die die Stationen der Reise (Caesarea, Kreta, Malta, Rom) angaben, und auf dem Fußboden waren mit Kreppband die Umrisse eines Schiffes markiert. Zu Beginn der Erzählung sollten sich alle Kinder in dieses "Schiff" setzen. Aus dem Über-Bord-Werfen der Ladung im Seesturm vor Kreta (V. 18f.) wurde ein Spiel gemacht: Die Kinder wurden in zwei Teams eingeteilt, von denen eins die Schiffsbesatzung darstellte, die die Ladung (dargestellt durch Luftballons) über Bord werfen musste, während das andere Team den Sturm darstellte und die Ballons zurück in den als "Schiff" markierten Bereich werfen musste. Nach 90 Sekunden tauschten die Teams ihre Rollen, und gewonnen hatte am Ende die Mannschaft, bei der nach Ablauf der 90 Sekunden weniger Luftballons innerhalb des "Schiffes" lagen. Dieses Spiel könnte sicherlich auch im Zusammenhang mit biblischen Erzählungen zum Einsatz kommen; ich denke da etwa an das Buch Jona. – Der Schiffbruch vor Malta wurde ebenfalls interaktiv gestaltet, indem die Kinder dazu animiert wurden, Sturmgeräusche zu imitieren; dann mussten alle das "Schiff" verlassen und sich in der als "Malta" gekennzeichneten Ecke des Raumes versammeln, und dort endete die Erzählung mit einem "Cliffhanger" – ausgerechnet an der Stelle, als eine giftige Schlange Paulus in die Hand beißt. Wie's weitergeht, erfahren die Kinder nächste Woche... 


Vermischtes aus verschiedenen Pfarreien 

  • Zeit wird's derweil auch, dass wir mal einen Blick in den aktuellen Pfarrbrief von St. Klara Reinickendorf-Süd werfen; denn "aktuell" bedeutet in diesem Fall "die Ausgabe für die Monate Juni bis August", und der Juni ist ja schon größtenteils rum. Der Pfarrbrief enthält u.a. einen reich bebilderten Bericht zum Patronats- und Siedlungsfest in St. Joseph am 1. Mai, den der geneigte Leser gern mal mit dem meinen abgleichen darf; man beachte besonders die Erwähnung von Besuchern, die "nicht zu den 'Stammgottesdienstbesuchern' unserer Kirche zählen". 
  • Auf den der Gemeinde St. Rita gewidmeten Seiten des Pfarrbriefs findet sich eine Fotocollage mit dem Titel "Gemeinde-Impressionen", und eins der dort zusammengestellten Bilder zeigt eine "Handwaschung zum Gründonnerstag". Äh – Handwaschung? Hat da jemand Johannes 13,9f. nicht gründlich gelesen? – Na, ehrlich gesagt kann ich mir schon vorstellen, wie das zustande gekommen ist: Immer wieder gibt es Schwierigkeiten, genug Freiwillige für eine Fußwaschung zusammenzubekommen, weil es den Leuten irgendwie peinlich ist, sich in der Öffentlichkeit die Füße waschen zu lassen, und dann auch noch vom Priester. Man könnte sagen, die Überwindung dieser Hemmungen ist Teil des Rituals, schließlich wollte Petrus sich zuerst auch nicht von Jesus die Füße waschen lassen. Aber wenn sich nun mal nicht genug Leute finden, die bereit sind, diese Hemmungen zu überwinden – was dann? In St. Rita hat man sich offenbar gedacht "Dann machen wir eben eine Handwaschung, da findet man leichter Leute, die mitmachen"; und diese Handwaschung nahm obendrein kein Priester vor, sondern, soweit man es dem Foto entnehmen kann, eine altgediente "Erzlaiin" der Gemeinde, die ich aus meiner Zeit in der Pfarrbriefredaktion in unguter Erinnerung habe. Im Hintergrund des Bildes ist der Diakon der Pfarrei zu sehen, und ich kann mir gut vorstellen, dass er salbungsvolle Worte gefunden hat, um die Ersetzung der Fußwaschung durch eine Handwaschung pastoraltheologisch zu legitimieren, aber ich kann dazu nur sagen: Ach, geh mir doch weg. 
  • Ein weiterer Beitrag dieses Pfarrbriefs ist einem "Technologie-Workshop" gewidmet, der ebenfalls in St. Rita stattfand. Konkret ging es dabei um eine Einführung in "die Funktionsweise und den Gebrauch" eines "Multimedia Boards", darüber hinaus aber auch darum, "Berührungsängste abzubauen" gegenüber "Technologie" in einem breiteren Sinne. Folgerichtig ist der Beitrag mit einem im Rahmen dieses Workshops aufgenommenen Foto illustriert, auf dem man auf dem besagten Multimedia-Board das Statement lesen kann: "Technologie ist nur ein Werkzeug. Was zählt ist, wie wir sie nutzen." Was ich an dieser Aussage alles problematisch finde, könnte ich in wenigen Zeilen gar nicht ausdrücken; das wäre eher mal Stoff für einen eigenständigen Artikel oder vielleicht einen Tagespost-Essay. Hier erst mal nur soviel: Lautete der erste Satz "Das Multimedia-Board ist nur ein Werkzeug", hätte ich daran schon erheblich weniger auszusetzen. Aber "Technologie" als Sammelbegriff für "neumodische Erfindungen, mit denen wir im Alltag umgehehen, obwohl wir nicht so richtig verstehen, wie sie funktionieren" einzusetzen, greift einfach zu kurz. Wer das 10. Kapitel der "Benedikt-Option" (oder wahlweise auch Neil Postmans "Technopol") gelesen hat, der weiß, dass Technologie – wie es der Wortbestandteil "-logie" ja schon nahelegt – nicht zuletzt eine Weltanschauung ist; man könnte auch sagen: eine Art der Weltaneignung. In diesem Sinne kann man sie durchaus auch als Werkzeug bezeichnen; aber die Vorstellung, ein Werkzeug sei etwas, das man benutzen kann wie man will, ist eine Illusion: Tatsächlich hat jedes Werkzeug seine eigenen Regeln, denen sich der Nutzer zu einem gewissen Grad unterwerfen muss. Wenn einem, wie es hier offenbar intendiert ist, suggeriert werden soll, ein Werkzeug sei grundsätzlich ethisch neutral und es liege allein in der Verantwortung des individuellen Nutzers, es zum Guten oder zum Bösen zu nutzen, würde ich ja gern mal provokant dazwischenfragen: Und wie ist das mit der Atombombe? – Wie gesagt, das ist ein weites Feld. 
  • Bei unseren Nachbarn in der Ökumene – sprich: der evangelischen Landeskirche – dreht sich derweil "alles um den Ball"; das ist keine Polemik von mir, sondern das kann man so in einem Artikel des Online-Terminkalenders "Churchdesk" lesen. "Zur Fußball-EM vom 14. Juni bis zum 14. Juli öffnen Kirchen ihre Türen zum Public Viewing, Fußball-Hymnen singen, zu Live-Konzerten, Mitfiebern und so manches mehr. Alle Veranstaltungen sind kostenfrei." Mit der Fülle an Veranstaltungen rund um die Fußball-EM, die dieser Übersichtsartikel aufführt, kann die katholische Kirche nicht ganz mithalten, aber Public Viewing bieten auch diesseits des konfessionellen Grabens einige Pfarrgemeinden an – darunter auch meine Wahlpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland: Im Gemeindesaal von Maria, Hilfe der Christen werden "alle Spiele und Tore der deutschen Mannschaft, sowie das Finale auf der Großbildleinwand" gezeigt; "Alter, Nationalität oder Religionszugehörigkeit spielen dabei keine Rolle", na ein Glück. "Für Getränke zu fairen Preisen [!] ist gesorgt." – Im Prinzip ist diese Unterwerfung der Kirche(n) unter den Kult des Fußballgottes natürlich überhaupt nichts Neues; dennoch frage ich mich: Sollte man nicht denken, die Kirche täte besser daran, Angebote für Menschen zu machen, die sich nicht für Fußball interessieren (und es in diesen Wochen daher ohnehin schon schwer genug haben)? Beinahe hätte ich das zum Thema meiner Tagespost-Kolumne gemacht, denn im Grunde betrifft das nicht nur König Fußball, sondern ist vielmehr exemplarisch für die sonderbare fixe Idee der institutionellen Kirche in unserem Lande, "gesellschaftliche Relevanz" bedeute, über dasselbe zu reden, worüber alle anderen reden. Dass ich es lieber sähe, wenn die Kirche mehr auf Differenz und Kontrast setzte, ist durchaus nicht nur eine taktische Überlegung (etwa im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals auf dem Markt der Sinnangebote); es berührt vielmehr grundlegende Fragen des Selbstverständnisses und des Auftrags der Kirche: Wie kann man denn Salz der Erde sein, wenn man so sehr bestrebt ist, sich dem Geschmack der Welt anzugleichen? 

Geistlicher Impuls der Woche 

Und nun bitten wir den Hl. Josef um ein weiteres kleines Wunder. Unsere Bargeldkasse ist leer. Wir haben gerade die letzten Pennies für eine Rolle Zwirn und Briefmarken zusammengekratzt, und eine Anweisung über 25 Cent, die gerade hereingekommen ist, werden wir für einen Eintopf zum Abendessen verwenden. Aber die Druckereirechnung, die 165 Dollar, die davon noch unbezahlt sind, starrt uns an und versucht uns einzuschüchtern. 

Doch was sind 165 Dollar für den Hl. Josef, oder auch für die Hl. Teresa von Avila! Wir weigern uns, verzagt zu sein. (Auch wenn der Drucker es vielleicht ist – o, dieser Kleingläubige!) 

Don Bosco erzählt von vielen Fällen, wo diese oder jene Summe benötigt wurde, um die Miete oder andere Rechnungen zu bezahlen, und wie das Geld auf wundersame Weise genau rechtzeitig von irgendwoher auftauchte. Auch er war stets bedürftig, hat stets gebeten und stets erhalten. 

Viele unserer Freunde drängen uns, unsere Geschäfte auf eine geschäftsmäßige Grundlage zu stellen. Aber wir betreiben kein Geschäft, sondern eine Bewegung, und vom Geschäft verstehen wir hier ohnehin nichts. 

(Dorothy Day, Februar 1934; eigene Übersetzung) 


Ohrwurm der Woche 

Ritter Rost: Paolo mit dem Pizza-Blitz 

Dankt mir später: Dies ist wirklich der hartnäckigste Ohrwurm seit langem. Und zu verdanken habe ich ihn meinem Jüngsten, zu dessen Lieblings-Fernsehserien "Ritter Rost" gehört – auch wenn er den Namen des Protagonisten "Ritter Horst" ausspricht. Die Serie basiert auf einer Kinderbuchreihe von Jörg Hilbert mit Liedern von Felix Janosa, und die Lieder aus den Büchern werden gern auch in der Serie verwendet – zum Teil auch mehrmals in verschiedenen Folgen, was natürlich erfordert, sie in einen anderen Handlungszusammenhang einzubetten als in der Vorlage. Dafür eignet sich ein Lied über einen fahrenden Pizzaboten natürlich gut, denn dass im Laufe einer Serienepisode mal jemand eine Pizza bestellt, ist ja nun wirklich ein Handlungselement, das man ohne Probleme öfter verwenden kann. Was mich übrigens irgendwie an eins meiner Lieblingszitate aus Lessings "Hamburgischer Dramaturgie" erinnert: 

"Was kostet es denn nun auch für große Mühe, aus drei Aufzügen fünfe zu machen? Man lässt in einem andern Zimmer einmal Kaffee trinken; man schlägt einen Spaziergang im Garten vor; und wenn Not an den Mann gehet, so kann ja auch der Lichtputzer herauskommen und sagen: 'Meine Damen und Herren, treten Sie ein wenig ab; die Zwischenakte sind des Putzens wegen erfunden, und was hilft Ihr Spielen, wenn das Parterre nicht sehen kann?'" (13. Stück) 

Isse egal, die Pizza schmeckte gut! 


2 Kommentare:

  1. Nun, zum Fußball kann man sie eine oder andere Meinung haben oder vielleicht auch nur die eine oder eine ein wenig weniger andere - dazu später mehr (und wenn „später“ „später dann im Himmel mal“ heißen sollte).

    Aber das Mitmachen bei einer sündenlosen (wir verstehen uns: vom Prinzip her, nicht daß das alles heilige Engel wären) Unterhaltung, nur weil sie zufällig die Mehrheit mitreißt, „Unterwerfung der Kirchen unter den Kult des Fußballgottes“ zu nennen, als ob hier irgendwie das Erste Gebot tangiert wäre: das ist falsch und geht nicht. Sorry für die Schärfe.

    (Und egal, welche problematischen Floskeln zum Jargon der Sportreporter gehören.)

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  2. Zum liturgischen Begehen des Gründonnerstags:
    Ich erinnere mich noch immer sehr gerne u.a. an die Schreiben des Hl. Johannes Paul II. an die Priester anlässlich des Gründonnerstags – bei Franziskus I. leider keine Spur mehr davon.
    Dabei ist doch gerade der Gründonnerstag der Tag der Einsetzung der Hl. Eucharistie durch den Herrn und nach *wahrem* kathol. Verständnis der eigentliche Priesterdonnerstag!
    Eine Laifußwaschung hat der Herr da eben nicht eingesetzt, sondern Er hat seinen 12 Aposteln die Füße gewaschen, also den künftigen Leitern Seiner Kirche.
    Insofern sehe ich die heute allgemein an diesem Tag praktizierte rituelle LAIENfußwaschung durch den Zelebranten als ein Ritual, welches in der heutigen Form strenggenommen unbiblisch ist.
    Es wird weiter auch in den Pfarreien munter drauflos gewaschen. Ist natürlich ein reines Spektakel und allenfalls symbolisch.
    Die Füße sind natürlich i.d.R. sauber und gar vorher pedikürt – der waschende Priester hat x Helfer zur Seite, die ihm Schüsseln, Wasser und Handtücher zureichen und auch wieder abtragen.
    Was echte Fußwaschungen allein von der Zeit, dem Aufwand und der körperlichen Anstrengung her bedeuten, erlebe und praktiziere ich gerade mit meiner kranken Frau – dagegen sind die kirchlichen Fußwaschungen am Gründonnerstag einfach lachhaft.
    Ich selbst habe mich nie und werde mich auch nie als ein kath. Laie für dieses in meinen Augen ärgerliche Spektakel her(ge)geben

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