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Samstag, 28. September 2024

Creative Minority Report Nr. 44

Schon wieder eine Woche rum! Manchmal, o Leser, geht es mir wie dem Protagonisten des Romans "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman" von Lawrence Sterne, dem bei dem Versuch, seine Autobiographie zu schreiben, der Stoßseufzer entfährt: "The more I write, the more I shall have to write!" Die Liste der Themen, die ich außerhalb der Wochenbriefing-Reihe werde abarbeiten müssen, ist jedenfalls nicht kürzer geworden; aber konzentrieren wir uns trotzdem erst mal auf das, was in der zurückliegenden Woche so los war... 

Ein Blick aufs Fensterbrett bei der "Rumpelberggruppe" 


Was bisher geschah

Am vergangenen Samstag war Marsch für das Lebendarüber habe ich ja bereits berichtet. Am Sonntag stand in St. Joseph Siemensstadt der erste Kinderwortgottesdienst der neuen Saison an – den ich im Vorfeld als "spektakulär unvorbereitet" bezeichnet hatte, was sich jedoch nur darauf bezog, dass ich kurzfristig verhindert gewesen war, am Vorbereitungstreffen teilzunehmen. Wie's tatsächlich gelaufen ist, erfährst du weiter unten in der Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo", Leser. – Darauf, was ich im Laufe der Schul- und Arbeitswoche so alles mit unserem Jüngsten unternommen habe, komme ich unter "Wenn der Vater mit dem Sohne" zu sprechen; am Mittwoch waren wir wieder beim JAM, worüber es diesmal aber nicht viel zu berichten gibt, weil ich weder zur Kinderkatechese noch zum Elterncafé ging, sondern stattdessen im Foyer saß und meinen Bericht über den Marsch für das Leben fertigstellte. Am Donnerstag war an der Schule des Tochterkindes Tag der offenen Tür; da gingen wir hin, um interessierten Eltern von den Erfahrungen zu berichten, die wir aus der Elternperspektive mit dieser Schule gemacht haben. Wir hatten auch tatsächlich ein paar ganz gute Gespräche, und währenddessen saßen unsere Kinder – beide! – zusammen mit einer der besten Freundinnen unserer Großen ruhig und friedlich in einem der Lernangebotsräume und beschäftigten sich fast drei Stunden lang selbständig und bemerkenswert konzentriert mit den Lernmaterialien für den Grundschulbereich. Im Grunde war das der beste Beweis dafür, dass ein auf selbstorganisiertes Lernen und Eigenmotivation ausgerichtetes Schulkonzept tatsächlich funktionieren kann (woran einige Leute, die ich kenne, erhebliche Zweifel haben). So richtig ging mir das Herz auf, als ich zwischendrin mal bei den Kindern nach dem Rechten schaute und meine Tochter mir sehr ernst erklärte: "Wenn Leute reinkommen und was wissen wollen, erklären wir ihnen alles. Und wenn keiner reinkommt, hab ich Zeit, Gedichte zu schreiben."


Was ansteht

Ob wir heute Abend bei der Community Networking Night im Baumhaus sein werden, die zum ersten Mal nach der Sommerpause stattfindet, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest; ich hoffe es aber. Am morgigen Sonntag werden wir wohl früh in St. Stephanus Haselhorst in die Messe gehen "müssen", da wir für den späteren Vormittag Kinokarten haben (Näheres hierzu unter "Wenn der Vater mit dem Sohne"); aber ich spiele mit dem Gedanken, zusätzlich die Abendmesse in Herz Jesu Tegel zu besuchen – denn da soll es einen Themengottesdienst unter dem Motto "Luftpumpe – Wärmepumpe – Heiliger Geist" geben, und seit ich das gelesen habe, spüre ich, wie die Faszination des Grauens mich mächtig anzieht. Um "Kirche und Technik" soll es da laut Ankündigung gehen, "mit praktischen Anwendungen"; was natürlich Fragen aufwirft, und zwar allen voran die Frage "Weh Tee Eff?". Dies umso mehr, als nicht allein die Abendmesse in Herz Jesu als ein solcher Themengottesdienst gestaltet wird, sondern auch die Morgenmesse am selben Ort sowie dazwischen auch noch die Messe in St. Marien Maternitas Heiligensee; womit sich das Angebot normaler, firlefanzfreier Heiliger Messen in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd an diesem Sonntag drastisch reduziert. 

Damit niemand denkt, ich hätte mir das ausgedacht.

Kurz und gut, Stoff zum Bloggen wäre da wohl auf jeden Fall drin, aber ich muss mir noch sehr gründlich überlegen, ob ich mir das wirklich antun will. – Am kommenden Mittwoch ist einerseits JAM, andererseits gibt es in der Gemeinde auf dem Weg einen Vortrag zum Thema Sexualaufklärung, und da möchte ich eigentlich sehr gerne hin. Mit ein bisschen Glück müsste sich das eigentlich beides zeitlich unter einen Hut bringen lassen... schauen wir mal. Danach ist jedenfalls langes Wochenende, dank Tag des 3. Oktobers plus Brückentag. Besondere Pläne haben wir für diese Tage noch nicht, aber da wird sich schon noch was ergeben. 

Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Der Einstieg in die neue Kinderwortgottesdienst-Saison gestaltete sich, wie bereits erwähnt, etwas holprig – jedenfalls aus meiner persönlichen Sicht. Drei KiWoGo-Termine waren für den Zeitraum zwischen Sommerferien und Advent angesetzt worden, und der erste davon stand schon am 22. September an. – Man kann finden, "schon" sei ja wohl relativ, immerhin waren die Ferien zu diesem Zeitpunkt schon seit drei Wochen vorbei, da hätte man ja denken können, es gäbe ausreichend Zeit für die Vorbereitung. Tatsächlich stellte es sich jedoch als ausgesprochen schwierig heraus, in diesem Zeitraum einen Termin für ein Vorbereitungstreffen zu finden, und als wir uns endlich auf einen geeinigt hatten, musste ich – wie im vorigen Wochenbriefing geschildert – meine Teilnahme kurzfristig absagen. Hinzu kam, dass das Evangelium dieses 25. Sonntag im Jahreskreis (im Lesejahr B) nicht gerade einfach war; wer am vergangenen Sonntag eine Messe in der ordentlichen Form des Römischen Ritus besucht hat, der wird es ja selbst gehört haben: Es handelte sich um Markus 9,30-37 – eine Perikope, die sich in drei thematische Abschnitte unterteilen lässt: 

a) Jesu Ankündigung Seines Leidens und Sterbens (V. 30-32);
b) der Rangstreit der Jünger (V. 33-35)
c) Jesus stellt ein Kind in ihre Mitte (V. 36f.)

Mein erster Eindruck war, das sei ein bisschen viel Stoff für einen Kinderwortgottesdienst und man sollte sich lieber auf einen Teilaspekt konzentrieren. Nun mag es ja naheliegend erscheinen, sich für eine kindgerechte Präsentation dieses Evangeliums auf das Thema "Jesus und die Kinder" zu konzentrieren, aber mein Bauchgefühl sagte mir, das sei ein bisschen zu naheliegend und gewissermaßen the easy way out. Zudem gibt die Markus-Perikope zu genau diesem Aspekt gar nicht so viel her, jedenfalls deutlich weniger als die Parallelstellen Matthäus 18,1-5 und Lukas 18,15ff. 

Als ich jedoch mit meiner Liebsten über die Evangelienstelle sprach, hatte sie prompt einen Denkanstoß parat – dazu, warum es so sinnfällig ist, dass Jesus den Rangstreit der Jünger kommentiert, indem Er ein Kind in ihre Mitte stellt: Im Grunde benehmen sich die Jünger wie Kinder. Jesus hat ihnen gerade gesagt, dass Er sterben wird, und sie haben daraufhin nichts Wichtigeres zu tun, als sich zu streiten, wer von ihnen der Größte ist. Das ist ein ähnliches Verhaltensmuster, wie wenn sich Geschwister darüber streiten, wer bei einer Autofahrt am Fenster sitzen darf: Das ist ihnen wichtiger, als wo die Fahrt eigentlich hingeht. Oder: Wer beim Essen den blauen und wer den roten Teller bekommt, ist wichtiger, als was es zu essen gibt. Diese Beispiele spiegeln zwar nicht die Dramatik der vorausgegangenen Ankündigung des Leidens und Sterbens Jesu wider, aber dafür sind sie geeignet, die Kinder bei ihrem eigenen Erfahrungshorizont "abzuholen". 

Diese Idee hätte nun natürlich noch der konkreten Ausgestaltung bedurft, aber ich denke mal, eine solche wäre uns wohl noch eingefallen, wenn das Vorbereitungstreffen wie geplant stattgefunden hätte. Da es dazu aber wie gesagt nicht kam, konzipierte der Gemeindereferent den KiWoGo im Alleingang – damit hat er ja Erfahrung, denn bis zur Gründung des KiWoGo-Arbeitskreises vor gut einem Jahr war er generell allein für dieses Aufgabe zuständig gewesen. Sein Konzept für diesen KiWoGo bestand im Wesentlichen darin, den biblischen Text abschnittsweise vortragen zu lassen (diese Aufgabe fiel mir zu), ihn mit Playmobil-Figuren und bunten Tüchern zu visualisieren und Erläuterungen in den Text einzuschieben. Ich sag mal so: Wenn Kinderwortgottesdienst immer so aussähe, würde es mir recht bald langweilig werden, aber "mal" kann man das ruhig so machen, und in diesem konkreten Fall fand ich es sogar ziemlich gelungen (auch wenn ein gewisses Bedauern darüber, dass wir nicht mit mehr Vorbereitungszeit etwas Originelleres auf die Beine hatten stellen können, schwer abzuschütteln war. Aber die nächste Gelegenheit dazu kommt bestimmt). 

Hat ein bisschen was von "Abbey Road", oder?

Es waren 13 Kinder da, darunter auch einige, die bereits im zurückliegenden Frühjahr Erstkommunion hatten. Dass die "trotzdem" weiterhin zum KiWoGo kommen, ist ja, gemessen am volkskirchlichen Normalzustand, schon mal ein gutes Zeichen. Als ein sehr guter Gestaltungseinfall erwies es sich, dass jedes der Kinder auf seinem Sitzplatz eine "eigene" Playmobil-Figur" vorfand, die sie dem Tableau auf dem Teppich hinzufügen sollten; diese Figuren sollten sozusagen die Jünger Jesu im weiteren Sinne repräsentieren und so deutlich machen, dass noch mehr Leute als bloß "die Zwölf" Jesus nachfolgten. Ich würde sagen, die Idee ist ausbaufähig, denn im vorliegenden Fall spielten diese zusätzlichen Figuren dann weiter keine Rolle mehr (da Jesus sich ja mit dem engsten Kreis seiner Jünger "ins Haus" zurückzieht), aber auch so war es interessant zu beobachten, wie die Kinder sich mit "ihren" Figuren identifizierten und sich dadurch in einem Maße ins Geschehen einbeziehen ließen, wie es sonst gar nicht so leicht zu erreichen ist. 

Geschickt war auch, dass der Gemeindereferent den zentralen Satz der Matthäus-Parallelstelle – "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen" – in den Markus-Text hineinmontiert hatte und so zum Schluss mit den Kindern darüber reden konnte, welche typischen Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Kindern Jesus den Jüngern wohl zur Nachahmung empfehlen wollte und welche eher nicht

Alles in allem darf man den ersten KiWoGo der Saison also wohl als Erfolg bezeichnen; der nächste steht am 3. November an – da geht es um Mk 12,28b–34, "Die Frage nach dem wichtigsten Gebot". Das scheint mir eine Perikope zu sein, bei der man vor allem darauf achten muss, es sich (und den Kindern) nicht zu einfach zu machen... Na, schauen wir mal. 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Am Montag hatte meine Liebste nach dem Unterricht noch Dienstberatung, und ihre Mutter hatte vorgeschlagen, unsere Große, die ja beim letzten regulären "Omatag" nicht dabei gewesen war, von der Schule abzuholen und etwas mit ihr zu unternehmen; also dachte ich mir, ich könnte ja mal wieder mit unserem Jüngsten einen Ausflug ins Berliner Umland unternehmen. Erste Hindernisse stellten sich diesem Vorhaben entgegen, als wir am S-Bahnhof Bornholmer Straße in die S8 Richtung Birkenwerder umsteigen wollten: Die Bahn kam zwar pünktlich, stand dann aber minutenlang am Bahnsteig herum, ohne abzufahren; und kaum war sie dann dich losgefahren, hielt sie auf freier Strecke erneut an. Eine Durchsage informierte die Fahrgäste, die Fahrt werde für wenige Minuten unterbrochen, um einen vorrangigen Zug vorbeizulassen. Als die Fahrt dann weiterging, erfolgte kurz darauf die nächste Durchsage: Wegen einer technischen Untersuchung an einem anderen Fahrzeug sei die Strecke im Bereich Karow gesperrt und diese Fahrt ende daher am Bahnhof Pankow. Na toll. Den unfreiwilligen Zwischenstopp in Pankow nutzte ich, um – auch angesichts der bereits fortgeschrittenen Uhrzeit – umzudisponieren und lieber ein Ziel innerhalb der Stadtgrenzen Berlins für unseren Ausflug zu wählen. Und zwar eins, dass von Bahnhof Pankow nicht mehr allzu weit entfernt war, unter der Voraussetzung natürlich, dass die Bahnen in absehbarer Zeit überhaupt wieder fahren würden. Bei dem Ziel, das mir spontan in den Sinn kam, handelte es sich um das Wagendorf des Vereins Pankgräfin e.V. nahe der Ortsteilgrenze zwischen Karow und Französisch Buchholz. Vor ungefähr zwölf Jahren kannte ich ein paar Leute, die dort wohnten; mindestens einmal habe ich beim Sommerfest des Vereins Platten aufgelegt und hatte einen Lesebühnenauftritt, vielleicht war das auch bei zwei verschiedenen Veranstaltungen, so ganz genau weiß ich das nicht mehr. Auf den Lesebühnenauftritt wurde ich jedenfalls noch Monate später angesprochen, wenn ich in Karow, wo ich damals einen Nebenjob hatte, Leute aus dem Wagendorf an der S-Bahn oder im Supermarkt traf. Das ist nun zwar alles schon ganz schön lange her, aber mein innerer Hippie hat diesem Ort dennoch ein liebevolles Gedächtnis bewahrt, und ich habe in den letzten Jahren schon ein paarmal gedacht, ich würde dieses alternative Wohnprojekt gern mal meinen Kindern zeigen. 

Kurz und gut, nun dachte ich, die Umstände legten es nahe, das Wagendorf immerhin schon mal einem meiner Kinder zu zeigen. Allerdings schlief der Knabe auf dem Weg dorthin im Kinderwagen ein. Immerhin machte ich ein paar schöne Fotos: 




(Weitere Bilder gibt es exklusiv für Abonnenten bei Patreon.)

Wir werden wohl mal wiederkommen müssen. Dann nach Möglichkeit mit der ganzen Familie. 

Schon vor unserem Ausflug waren der Jüngste und ich, auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin übrigens, "Beten mit Musik" in St. Joseph Tegel. Das war sehr schön, aber ich finde, wir sollten mal wieder versuchen, das öfter als einmal in der Woche hinzukriegen. – Am Mittwoch, dem Gedenktag des Hl. Nikolaus von Flüe, gingen wir, nachdem wir die Große zur Schule gebracht hatten, wie so oft in Heiligensee zur Messe, die wieder einmal von Pater Mephisto zelebriert wurde. In seinem Begrüßungsimpuls deutete er behutsam an, dass der "Lebensweg" des Tagesheiligen "vielleicht heute gar nicht mehr so viel Verständnis finden würde". Ich wusste, worauf das abzielte: Kritik daran, dass der "Bruder Klaus" seine Familie im Stich gelassen habe, um Einsiedler zu werden, habe ich schon als Kind von mindestens einer Frau aus meiner damaligen Kirchengemeinde gehört, und beim Gemeindefrühstück im Anschluss an diese Messe wurden dieselben Töne wieder laut. Man könnte hier darauf verweisen, dass Nikolaus von Flüe mit Einverständnis seiner Frau in die Einsiedelei zog und sein ältester Sohn zu diesem Zeitpunkt schon erwachsen war und den Hof und die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen konnte; man könnte Matthäus 10,37 zitieren ("Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert"); aber ich glaube, das eigentlich Bezeichnende an solchen Äußerungen – ich erinnere z.B. auch an Pater Brodys Einlassungen zur Hl. Rita und zum Hl. Bonifatius – liegt auf einer grundsätzlicheren Ebene: Es fällt dem heutigen Menschen (und vielleicht nicht nur diesem) offenkundig leichter, die Heiligen zu kritisieren, als sich von ihnen kritisieren zu lassen. Das wäre, o weh, schon wieder ein mögliches Thema für einen eigenständigen Artikel. 

Am Freitag, also gestern, wollte ich mit dem Jüngsten mal wieder zur Eltern-Kind-Gruppe auf dem "Rumpelberg", wie er zu sagen pflegt – d.h. bei der Gemeinde auf dem Weg. Allerdings waren die Kinder an diesem Morgen extrem schwer wach zu kriegen, und als wir dann losgehen wollten, waren die Schuhe des Knaben unauffindbar. Okay, das ist übertrieben formuliert, denn letzten Endes fand ich die Schuhe ja doch; allerdings war es inzwischen absehbar, dass wir keine Chance hatten, nach dem Zur-Schule-Bringen der Großen noch annähernd rechtzeitig zur "Rumpelberggruppe" zu kommen. Nach einigem Abwägen ging ich dann aber doch mit ihm hin, trotz einer soliden halben Stunde Verspätung; und das war auch gut so: Am Abend sagte der Knabe, für ihn sei der Besuch bei der Spielgruppe das Beste am ganzen Tag gewesen. 

Dabei war an diesem Tag durchaus noch mehr los. Erst machten wir einen Spaziergang zum See, aber da war es uns zu windig; pünktlich zum Angelusläuten standen wir dann vor der Tür von Herz Jesu Tegel – vor der Tür wohlgemerkt, denn die war aus ungeklärten Gründen zu. Wohlgemerkt, alle Eingänge der Kirche waren verschlossen, ebenso wie die Tür zur Besuchertoilette samt Babywickeltisch und Büchertauschregal. Möglicherweise war der Grund ganz banal – für das Öffnen und Schließen der Kirche, sofern es nicht an die Gottesdienstzeiten geknüpft ist, sind Ehrenamtliche zuständig, vielleicht war die Person, die am Freitag die Kirche hätte aufschließen sollen, also einfach irgendwie verhindert und es war bis 12 Uhr einfach noch niemandem aufgefallen, jedenfalls niemandem, der diesbezüglich etwas hätte unternehmen können –, aber trotzdem, es kam mir sonderbar vor. Eigentlich hätte ich gern später noch einmal nachgesehen, ob denn die Eucharistische Anbetung (ab 15 Uhr) stattfand, aber aus Gründen, die im Folgenden zu schildern sein werden, kam ich dazu nicht. 

Nachdem wir vor dem verschlossenen Kirchenportal den Angelus gebetet hatten, waren wir erst einmal unschlüssig, was wir jetzt tun sollten; schließlich einigten wir uns darauf, zur Spieleisenbahn in den Hallen am Borsigturm zu gehen. Eine folgenreiche Entscheidung, denn wie sich zeigte, feierte dieses Einkaufszentrum gerade sein 24jähriges Bestehen, und aus diesem Anlass gab es allerlei "Programm": Gewinnspiele, Kinderschminken, einen Bastel-Workshop und so weiter. Es war also absehbar, dass wir von dort so schnell nicht wieder wegkommen würden; daher benachrichtigte ich meine Liebste, die von der Arbeit aus ebenfalls zum Einkaufszentrum kam und mit dem Jüngsten auch dort blieb, als ich los musste, um die Große von der Schule abzuholen. Als ich mit ihr zu den Borsighallen zurückkehrte, spielte dort auf einer kleinen Bühne eine Band, was mich veranlasste, mit meinen Kindern eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen (vor allem mit dem Jüngsten, das Tochterkind war da etwas zurückhaltender). Dann ging ich mit der Großen zum Kinderschminken, wo wir ziemlich lange anstehen mussten, und währenddessen gewann der Jüngste bei einem Quizspiel Kinokarten für die ganze Familie. "Schule der magischen Tiere 3", am Sonntag, also morgen. Das ist eine Sondervorstellung, das Kino wird also voll sein mit Kindern, die ihre Tickets bei einem Gewinnspiel im Rahmen dieses Einkaufszentrums-Jubiläums gewonnen haben. Das kann ja heiter werden... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Man findet das Alter des Baumes an dem abgesägten Stamm, indem jedes Jahr ein neuer Ring sich um den Stamm ansetzt; so viele Ringe daher gezählt werden können von der Mitte des Baumes bis zur Rinde, so viele Jahre hat er schon gestanden. Man kann an der verschiedenen Breite der Ringe zugleich bemerken, wie die einzelnen Jahre gewesen sind, nass oder trocken, ob viel Sturm und von welcher Seite er den Baum betroffen, ob der Baum frei der austrocknenden Sonne ausgesetzt war oder im kühlen schattigen Waldesschoß aufgewachsen ist, und solches kann man sehen bis auf mehrere Jahrhunderte zurück, wenn der Baum sehr alt ist. Wie nun zuletzt der ganze Baum aus solchen Jahresringen zusammengesetzt und wie gleichsam sein ganzes Schicksal während der verschiedenen Jahre eingewachsen ist, so verhält es sich auch mit der menschlichen Seele. Ein jedes Jahr, das wir leben, lässt seine Spuren in der Seele zurück; das Gute, das wir tun, das Böse, das wir in christlichem Geist erdulden, die neuen Erkenntnisse, die wir bekommen, das andächtige Gebet, das wir verrichten, die Versuchung, die wir überwinden, die Selbstverleugnung, die wir uns auflegen: alles dieses prägt sich in die Seele ein und bleibt darin als Errungenschaft hinterlegt. Desgleichen aber auch die Sünde. Wenn das unnütze Wort zur Rechenschaft gezogen wird, das stumme Zürnen des Gerichtes schuldig macht und der unreine Blick vor Gott Ehebruch im Herzen ist, so haben wir uns dies nicht anders zu denken, als dass selbst der Gedanke, die Begierde, das Wort eine Spur in der Seele zurücklässt, die beim Gericht zutage kommt, so dass die Seele in sich selbst alles aufgezeichnet findet, wie die Jahresringe zutage kommen, wenn der Baum abgesägt wird. Die Seele ist zuletzt umkleidet und zusammengesetzt von allen Spuren, die im Erdenleben jedes Jahr und selbst jeder Tag zurückgelassen und darin angelegt hat. 

(Alban Stolz, "Kleinigkeiten") 


Ohrwurm der Woche 

Amy Winehouse: Valerie 


Ich gebe es zu: Zu ihren Lebzeiten bin ich nie ein besonderer Fan von Amy Winehouse gewesen. Ich wusste, glaube ich, bis zu der Nachricht von ihrem Tod gar nicht so genau, wer das ist, und dann stellte ich fest, dass ich einige ihrer Lieder (z.B. "Back to Black", "Rehab" und auch das hier verlinkte) natürlich kannte und auch durchaus mochte, und dachte: Ach so, die ist das. Ich erinnere mich, dass ich angesichts dieser Erkenntnis zunächst sehr überrascht war, denn ich fand, diese Lieder klangen überhaupt nicht danach, als stammten sie von einem aktuellen, besonders bei jungen Mädchen super-populären Popstar. Anders ausgedrückt, ich empfand diesen Musikstil als ganz und gar "aus der Zeit gefallen" – eine Formulierung, die ich normalerweise nicht besonders schätze, aber hier passt sie mal, und anders als andere Leute, die diese Formulierung verwenden, meine ich sie überhaupt nicht abwertend; im Gegenteil. Ich frage mich ja immer, was Leute, die meinen, "nicht zeitgemäß" zu sein wäre etwas Schlechtes, an unserer Zeit eigentlich so toll finden, aber das würde hier jetzt natürlich ein bisschen weit führen. 

Seinen Status als Ohrwurm der Woche verdient der hier ausgewählte Song vorrangig der Tatsache, dass ich ihn innerhalb einer Woche in zwei verschiedenen Live‐Coverversionen gehört habe: einmal bei der Auftaktkundgebung zum diesjährigen Marsch für das Leben (dass das Lied dort gespielt wurde, fand sogar die taz erwähnenswert; und ehrlich gesagt hätte ich ohne die Erwähnung im taz-Artikel nicht einmal gewusst, wie der Song heißt – bei dem Titel "Valerie" denke ich normalerweise an den gleichnamigen, ansonsten aber ganz unähnlichen Song von Steve Winwood...) und dann noch einmal beim Showprogramm zum Jubiläum der Hallen am Borsigturm. Fand ich bemerkenswert. 


Mittwoch, 25. September 2024

Die Selbsternannten und die Selbstbestimmten – Notizen zum Marsch für das Leben 2024

Wer meinen Blog schon länger verfolgt, der wird wissen, dass mir der "Marsch für das Leben", der in Berlin alljährlich in der zweiten Septemberhälfte stattfindet, ein wichtiges Anliegen ist – auch wenn ich seit meiner ersten Teilnahme im Jahr 2012 nicht jedes Jahr dabei war. Wer das noch nicht wusste, dem empfehle ich zur Orientierung die einleitenden Absätze meines Artikels zum letztjährigen Marsch. – 

Die Gedanken, die meine Liebste und ich uns letztes Jahr über die Frage gemacht haben, ob es ratsam wäre, unsere Kinder zum Marsch mitzunehmen – sprich: ihnen zuzumuten, mit der zu erwartenden Aggressivität der Gegenproteste konfrontiert zu werden –, und die letztlich dazu geführt hatten, dass ich allein hingegangen war, waren natürlich auch dieses Jahr noch und wieder aktuell. Ich hatte im Vorfeld überlegt, ob unsere Große vielleicht "so weit wäre", zum Marsch mitzukommen: In dem Buch, das wir im Urlaub gelesen hatten ("Mein Pampaleben – Ohne dich ist alles Dorf" von Silke Antelmann; dazu will ich auch noch eine Rezension schreiben) ist es das Lieblingshobby der besten Freundin, auf Demos zu gehen (z.B. gegen den Klimawandel); wir haben im Zuge des Vorlesens also darüber geredet, was Demonstrationen sind und wieso man bei sowas mitmacht, das Thema ist also sozusagen gut eingeführt, und irgendwie fände ich es cooler, wenn die erste Demonstration meiner Tochter der "Marsch für das Leben" wäre und nicht irgendwas, wo sie von der Schule aus mitgeschleppt wird. Meine Liebste wandte ein, man müsse auch bedenken, dass unsere Tochter, wenn sie in der Schule von "Marsch für das Leben" erzählt, möglicherweise in Diskussionen verstrickt würde, denen sie argumentativ noch nicht gewachsen ist. Und da musste ich ihr Recht geben: Das ist ein Punkt, den man in Betracht ziehen muss. Vielleicht ist es also doch besser, noch ein paar Jahre damit zu warten. Zudem erreichte uns dann noch der Vorschlag meiner Schwiegermütter, zu einem Drachenfest auf dem Tempelhofer Feld zu gehen, und damit war der Fall dann ziemlich klar: Ich würde meine Familie auf dem Marsch für das Leben vertreten, während Frau und Kinder sich beim Drachenfest mit den Omas trafen. 

Immerhin, zum Engelamt – einem Requiem für die Ungeborenen, das schon seit einigen Jahren immer am Tag des Marschs in der Kirche St. Marien am Behnitz in der Spandauer Altstadt gefeiert wird – gingen wir diesmal alle zusammen. Die Messe wurde von den Pfarrern der beiden Spandauer Pfarreien zelebriert, "mein" Pfarrer – also derjenige der Pfarrei Heilige Familie – hielt die Predigt. Darin beklagte er, dass das himmelschreiende Unrecht hunderttausender Abtreibungen in der Öffentlichkeit vielfach gar nicht mehr wahrgenommen und diskutiert werde, weil die Öffentlichkeit mit ganz anderen Problemen beschäftigt sei: "Junge Menschen gegen mit einer solchen Empathie und einer solchen Überzeugung auf die Straße, um diese Welt zu retten und das Klima; nur fragt man sich: für wen denn, wenn die gar keine Kinder mehr haben?" Insbesondere tadelte er, dass selbst die Haltung der katholischen Kirche – in der es "eigentlich bis vor einigen Jahren noch selbstverständlich" gewesen sei, "ohne Wenn und Aber" gegen die Abtreibung einzutreten, "ohne Diskussion, und wenn wir auch die einzigen sind, die noch für dieses Thema stehen" – an einigen Stellen "bröckelt": "Manche Bistümer, wie Trier", rieten von der Teilnahme am Marsch für das Leben ab, berichtete er – und merkte etwas sarkastisch an, manche Katholiken hätten offenbar verlernt, "tatsächlich mal an einer Stelle gegen etwas" zu sein, "wo wir doch sonst eigentlich so offen sind für alles und jeden". 

Meine Tochter teilte mir unaufgefordert mit, sie finde die Innenraumgestaltung der Kirche St. Marien am Behnitz sehr schön, und ich kann ihr da nur zustimmen. 

Nach dem Gottesdienst genehmigte ich mir mit meiner Familie noch ein zweites Frühstück in einer Bäckerei in der Spandauer Altstadt, und dann hatten wir noch ein Stück gemeinsamen Weges mit der U-Bahn, ehe ich in die S-Bahn umstieg und zum Brandenburger Tor fuhr. Dort landete ich erst einmal auf der falschen Seite, d.h. bei der Gegenkundgebung des "Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung". Wobei "Gegenkundgebung" natürlich relativ ist: Einer Bekannten, die ich beim Engelamt in Spandau getroffen hatte, verdanke ich die Information, dass laut der Vorberichterstattung des rbb (alias "Stimme der DDR") wir die Gegendemo waren. Will sagen: Dort wurde berichtet, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung demonstriere für die Abschaffung des § 218, und christliche Fundamentalisten planten eine Gegendemonstration. Wozu mir wieder einmal nur einfällt: Leute, Orwell hat "1984" als Warnung geschrieben, nicht als Gebrauchsanweisung

Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass bei der Kundgebung des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung nicht viel los war: 

Im Vorbeigehen hörte ich von der Bühne die Aussage, das "Zeitfenster für eine Neuregelung" der Gesetzgebung in Sachen Abtreibung schließe sich "mit Ablauf dieser Legislaturperiode". Ach guck, dachte ich, die rechnen also schon gar nicht mehr damit, dass ihre ideologischen Verbündeten die nächste Wahl (oder überhaupt in absehbarer Zukunft irgendeine Wahl) gewinnen könnten. Interessant. 

Leider konnte ich nun nicht einfach durch das Brandenburger Tor hindurchspazieren, um zur Auftaktkundgebung des Marschs für das Leben zu gelangen, sondern musste auf Anweisung der Polizei einen längeren Umweg durch die Luisen- und Dorotheenstraße nehmen. Als ich dort ankam, gab's von der Bühne entspannte Live-Musik, die Kundgebung hatte noch nicht begonnen. Kurz darauf hatte ich dann auch schon die erste erfreuliche Begegnung – mit einem Facebook-Freund, den ich, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, zuvor noch nie "offline" getroffen hatte. Überhaupt ist der Aspekt "Leute treffen", wie ich schon voriges Jahr ausgeführt habe, beim Marsch für das Leben stets ein nicht unwichtiger Bestandteil des Gesamterlebnisses; und auch wenn die Parallelveranstaltung in Köln es in diesem wie schon im letzten Jahr bedingte, dass längst nicht so viele Freunde und Gleichgesinnte aus dem Westen Deutschlands zum Berliner Marsch anreisten wie "früher mal", war ich mit den Ergebnissen in diesem Punkt doch alles andere als unzufrieden. Nachdem ich bereits beim Engelamt in Spandau Bloggerkollegin Claudia getroffen hatte, traf ich beim Marsch u.a. P. Engelbert Recktenwald FSSP (den ich anno 2015 beim Bloggertreffen in Essen kennengelernt habe und der jetzt ebenso wie ich eine monatliche Kolumne für die Tagespost schreibt), mehrere Mönche aus dem Kloster Neuzelle, einige Bekannte aus der Gemeinde St. Joseph Siemensstadt und sogar ein paar Leute, die ich bei der Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg bzw. beim Väterwochenende in Zinnowitz kennengelernt hatte; zudem wurde ich von ein paar Lesern meines Blogs angesprochen, die ich zum Teil gar nicht persönlich kannte. Einer meiner Bekannten stellte mir einen jungen Geistlichen vor, der dem Neokatechumenalen Weg angehört und bis vor kurzem Kaplan in der Großpfarrei St. Franziskus Reinickendorf-Nord gewesen war; auf die aktuellen Probleme in dieser Pfarrei angesprochen, erwiderte er, Probleme habe es dort "schon immer" gegeben, ging aber nicht weiter ins Detail – es war ja auch kaum die geeignete Gelegenheit dazu. 

Aus der Gemeinde von Herz Jesu Tegel und aus der EFG The Rock Christuskirche in Haselhorst sah ich diesmal niemanden, das muss aber nicht bedeuten, dass von dort niemand da war: Auch wenn die Angaben der Veranstalter und der Polizei zur Teilnehmerzahl wie üblich weit auseinanderklaffen, werden es wohl allemal ein paar Tausend Leute gewesen sein, und da können auch bekannte Gesichter in der Masse untergehen. 


Bei dieser Gelegenheit möchte ich zu Protokoll geben, dass ich, wie schon im letzten Jahr, nicht ganz glücklich mit der Entscheidung der Veranstalter war, den Marsch zeitgleich in Berlin und Köln abzuhalten, denn dadurch bekommt man naturgemäß weniger Leute an einem Ort zusammen. Allerdings würde ich wahrscheinlich anders darüber urteilen, wenn ich aus Köln käme – oder umgekehrt, wenn der Marsch für das Leben ab nächstem Jahr komplett nach Köln verlegt würde. 

Ein weiterer Aspekt der Veranstaltung, der im vorigen Jahr eine Neuerung war und den ich seinerzeit ausgesprochen kritisch beurteilt hatte, bestand darin, dass der Demonstrationszug von zwei Lautsprecherwagen begleitet wurde, die Popmusik spielten. "War das nötig?", schrieb ich in meinem Artikel vom letzten Mal, und: "Gehörte es nicht ursprünglich mal wesentlich zum Erscheinungsbild des Marschs für das Leben, ein Schweigemarsch zu sein?" Tatsächlich habe ich, sowohl letztes als auch dieses Jahr, von einigen Bekannten gehört, dass sie das ähnlich empfanden. Allerdings muss ich sagen, mich persönlich störte die Musik diesmal weniger als letztes Jahr. Vielleicht war das ein gewisser Gewöhnungseffekt, vielleicht lag es auch daran, dass die Musik – zumindest teilweise – stimmiger ausgewählt war. Den Marsch mit "Sing Hallelujah" von Dr. Alban zu beginnen, fand ich zum Beispiel ziemlich witzig. 

Und auch "Shake It Off" von Taylor Swift – mit der markanten Textstelle "Haters gonna hate" – ergab als Statement an die Adresse der Gegendemonstranten durchaus Sinn. 

Übrigens ist dies das zweite Mal, dass ich auf meinem Blog Taylor Swift erwähne; die erste Erwähnung findet sich hier. Gerngescheh'n. – Weniger plausibel fand ich es, dass auch einige kölsche Karnevalsschlager auf der Playlist vertreten waren. Wurden im Gegenzug beim Kölner Marsch auch Frank Zander oder Knorkator gespielt? Ich frag ja nur. 

Jenseits von Geschmacksfragen scheint es mir indes einigermaßen offensichtlich, dass die Popmusik-Beschallung beim Marsch für das Leben eine programmatische Grundsatzentscheidung war – nämlich als Bestandteil einer Selbstdarstellungs-Strategie, zu der es beispielsweise auch gehörte, dass die weißen Holzkreuze, die einst das Erscheinungsbild des Marsches geprägt haben, nicht mehr mitgeführt wurden. Was dahintersteckt, ist offenbar der Wunsch, nicht als eine Veranstaltung durchgeknallter religiöser Fanatiker wahrgenommen zu werden, sondern als eine Versammlung ganz normaler Leute, und damit die Anschlussfähigkeit der auf dem Marsch vertretenen Positionen zu Themen wie Abtreibung, Pränataldiagnostik, Leihmutterschaft und assistiertem Suizid an die sogenannte "Mitte der Gesellschaft" herauszustellen. Ich würde sagen, das Anliegen ist nachvollziehbar, aber wer mich ein bisschen kennt, den wird es wohl nicht besonders wundern, dass ich dennoch nicht so recht einverstanden mit dieser Strategie bin. Sicherlich, der Marsch für das Leben ist etwas anderes als eine Fronleichnamsprozession, und es ist auch nicht verkehrt zu betonen, dass das Eintreten für das Lebensrecht der Ungeborenen nicht zwingend einer religiösen Begründung bedarf. Gleichzeitig ist es aber nun mal so, dass die Teilnahme an dieser Veranstaltung für einen großen Teil der Beteiligten mindestens unter anderem auch religiös motiviert ist; und wo kämen wir denn da hin, wenn wir meinten, diesen Umstand aus Rücksicht auf die öffentliche Wahrnehmung verstecken zu müssen? "Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen", spricht der Herr (Mt 10,32f.); und überhaupt bin ich – als #BenOpper sowie als jemand, an dem schon gelegentlich mal ein Charismatiker vorbeigelaufen ist – der Meinung: Wenn die Pro-Life-Bewegung mehr auf politische Lobbyarbeit und die Beeinflussung der öffentlichen Meinung setzt als auf den Beistand Gottes und die Kraft des Gebets, kann sie gleich einpacken. 

Indes ließen sich einige Teilnehmer durch das insgesamt eher säkulare Erscheinungsbild des Marsches nicht davon abhalten, den Rosenkranz zu beten oder Plakate mit religiösen Motiven hochzuhalten; der Tagesspiegel registrierte "einige offenbar tiefgläubige junge Männer", die "Symbole im Stil orthodoxer Ikonen-Darstellungen" trugen und Gebete "mumelten". Gesehen habe ich diese jungen Männer auch, aber die Formulierung im Tagesspiegel macht auf mich schon sehr stark den Eindruck, "offenbar tiefgläubige junge Männer" sei da als Synonym für "Freaks" gemeint. (Über die Berichterstattung dieser ehemals seriösen Berliner Tageszeitung zum Marsch für das Leben wird weiter unten noch mehr zu sagen sein.) 

Die Versuche von Gegendemonstranten, den Marsch zu stören, waren übrigens wie schon im vorigen Jahr kaum der Rede wert, jedenfalls verglichen damit, was ich aus früheren Jahren gewohnt bin. Schon ziemlich zu Beginn des Marsches gab es den Versuch einer Sitzblockade, der aber eher kläglich ausfiel – man konnte ohne große Mühe seitlich daran vorbeigehen. Wie immer gab es kleine Grüppchen von Leuten, die dem Marsch ein Stück voranliefen, um sich an einer Straßenecke zu postieren und Parolen zu brüllen, dann wiedervein Stück vorausliefen und immer so weiter; einige von ihnen trugen aus der Corona-Zeit übrig gebliebene Atemschutzmasken, die, wie ich vermute, eher der Vermummung dienen sollten als dem Schutz vor Ansteckung, aber irgendwie passte das durchaus ins Bild. – Neu unter den vom Straßenrand skandierten Parolen schien mir der Satz "Ihr lauft mit Faschisten!" zu sein. Was ich daran so interessant finde, ist, dass es offenkundig nur dann Sinn ergibt, den Teilnehmern des Marsches diesen Vorwurf entgegenzuschleudern, wenn man davon ausgeht, dass die Adressaten des Spruches zumindest zum größeren Teil keine Faschisten sind und auch keine sein wollen. Dieses implizite Eingeständnis seitens der Gegendemonstranten fand ich dann doch recht bemerkenswert. 

Zum Abschluss des Marsches gab es, ebenso wie letztes Jahr, eine kurze ökumenische Andacht unter der Bezeichnung "Reisesegen" – gewissermaßen als Schwundstufe des ökumenischen Abschlussgottesdienstes, den es "früher mal" gab. Ich bin geneigt, diese Reduzierung des gottesdienstlichen Elements ebenfalls in die Bemühungen der Veranstalter einzuordnen, den Marsch nach außen hin nicht allzu explizit religiös aussehen zu lassen. Was sich jedoch nicht geändert hat, ist der bezeichnende Umstand, dass die Störversuche der Gegendemonstranten sich mit Vorliebe auf diesen gottesdienstlichen Abschluss konzentrieren. Ich hatte darüber vor Jahren mal eine bemerkenswerte Diskussion auf Twitter, als es bei einem Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden zu Ausschreitungen gekommen war, die u.a. rassistische Beschimpfungen von Gottesdienstbesuchern beinhalteten, und jemand diese Vorfälle mit den Worten kommentierte: 

"Wann gab es das zuletzt, dass ein Gottesdienst mit Hass und Trillerpfeifen gestört wurde? Wann wurden zuletzt Gottesdienstbesucher beschimpft und angeschrien?" 

Wozu ich anmerkte: Wann gab es das zuletzt? Na, zum Beispiel ein paar Wochen zuvor beim Marsch für das Leben. Aber das ist offenbar nicht dasselbe. – Diesmal jedenfalls versuchten ziemlich zu Beginn der Andacht, die von einem mir nicht näher bekannten evangelischen Geistlichen und dem Berliner Weihbischof Matthias Heinrich geleitet wurde (letztes Jahr war Erzbischof Koch dabei gewesen, aber der hatte dieses Wochenende ja, wie wir wissen, Visitation in Reinickendorf-Süd), einige Aktivisten der Gegenseite die Bühne zu stürmen und ein Transparent zu entrollen, wurden aber recht umstandslos von der Polizei weggetragen. Eine Gruppe von Marschteilnehmern in meiner Nähe stimmte daraufhin spontan "Großer Gott, wir loben dich" an; das fand ich gut, da machte ich mit. (Dasselbe Lied wurde im Zuge der Andacht dann auch noch "offiziell" und mit Bandbegleitung gespielt.) – Im Tagesspiegel liest sich der Vorgang übrigens so: 

"Als jedoch um kurz nach 16 Uhr Matthias Heinrich, Weihbischof im Erzbistum Berlin und Bischofsvikar für außergerichtliche Ehesachen, bei der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor mit den christlichen Fundamentalisten [!] Kirchenlieder sang, stürmten rund 20 Personen die Bühne. Sie ergriffen das Mikrofon und störten das Programm mit dem Ausruf: 'My body, my choice, raise your voice!'"

Schwer zu übersehen, auf welcher Seite hier die Sympathien liegen. Für den Tagesspiegel-Artikel zeichnen drei verschiedene Verfasser verantwortlich, einer davon, Dominik Lenze, postete auf der App Formerly Known As Twitter ein Video der Störaktion und dazu den Text: "Aktivist:innen stören Abschlusskundgebung fundamentalistischer Christen in Berlin – das bringt die selbst ernannten 'Lebensschützer' in Rage". Dort kann man auch erfahren, dass Dominik Lenze freier Journalist mit den Themenschwerpunkten "Rechtsextremismus & Verschwörungsglaube" ist und u.a. auch für die "jungle world" schreibt. Da wundert man sich über gar nichts mehr. 

Variationen der Bezeichnung "selbsternannte Lebensschützer" finden sich auch im Tagesspiegel-Artikel mehrfach, was mir wieder einmal Anlass gibt, mich darüber zu wundern, dass "selbsternannt" so ein beliebtes Schimpfwort ist. Dass die Verfasser sich scheuen, die Bezeichnung "Lebensschützer" ohne irgendeine Form der Distanzierung zu verwenden, erklärt sich natürlich unschwer daraus, dass sie sich nicht dem Verdacht aussetzen wollen, sie fänden diese Bezeichnung legitim und zutreffend. Die mildeste Form einer solchen Distanzierung wäre die konsequente Verwendung von Gänsefüßchen ("scare quotes", wie sie der Angloamerikaner nennt). Alternativ könnte man auch von sogenannten Lebensschützern sprechen, was allerdings die Frage offen ließe, wer sie so nennt. So gesehen ist "selbsternannt" eine verschärfte Form von "sogenannt": Wenn man eine Gruppe von Leuten als "selbsternannte XY" bezeichnet, dann signalisiert man damit, diese Leute hätten sich die Bezeichnung XY gewissermaßen widerrechtlich angemaßt. Soweit, so schlüssig; was mich daran aber wundert, ist, wieso gerade Leute, die sich die Selbstbestimmung auf die Fahnen geschrieben haben – Selbstbestimmung über absolut alles, bis hin zum eigenen Geschlecht –, einen solchen Akt der Selbstermächtigung als etwas so Verächtliches betrachten. Wenn man selbst entscheiden kann, ob man Mann oder Frau, nonbinär oder genderfluid ist, wieso sollte man sich dann nicht selbst zum Lebensschützer ernennen dürfen? Aber lassen wir das. 

Einigermaßen peinlich wirkt an diesem Presseartikel auch sein geradezu verzweifeltes Bemühen, den Marsch für das Leben irgendwie in die "rechte Ecke" zu stellen – nachdem ja, wie oben festgestellt, selbst die Gegendemonstranten inzwischen eingesehen haben, dass es sich im Ganzen nicht um eine Veranstaltung von "Faschisten" handelt. Nur auf die Teilnahme von AfD-Politikern wie Beatrix von Storch hinzuweisen – was ja schon ein alter Hut istreicht da offenbar nicht mehr (was freilich nicht bedeutet, dass man auf diesen Hinweis verzichten könnte); der Pro-Life-Aktivist Pablo Munoz Iturrieta, der bei der Auftaktkundgebung sprach, wird als "Trump-Unterstützer" eingeordnet und – wohl für den Fall, dass das noch nicht genügt, um dem geneigten Leser klar zu machen, was er von diesem Redner zu halten hat – am "rechten Rand der USA" verortet; angesichts der Umfragewerte für Trump könnte man da freilich einwenden, das müsse aber ein ganz schön breiter Rand sein. Auf den von den Veranstaltern des Marsches bereitgestellten Demo-Schildern macht der Tagesspiegel "Anklänge an rechte Parolen aus anderen Themenfeldern" aus "wie etwa 'Willkommenskultur auch für Ungeborene'" – ? Was soll daran denn wohl "rechts" sein? "Auch eine Fahne der Gruppierung 'Christdemokraten für das Leben' war zu sehen – eine Gruppierung, die sich als unionsnah versteht". Aha. Ist das nun auch schon anrüchig, sich als "unionsnah" zu verstehen? Oder zielt der Artikel umgekehrt darauf ab, die CDU/CSU in ein schlechtes Licht zu rücken, indem er sie mit radikalen Abtreibungsgegnern in Verbindung bringt? Ich weiß gar nicht, was von beidem ich bizarrer fände. 

Am bezeichnendsten am Bericht des Tagesspiegels fand und finde ich es aber, dass durchweg so getan wird, als wäre die – hier aus dem Munde Beatrix von Storchs zitierte – Aussage, Abtreibung sei "die Tötung eines Menschenlebens", lediglich eine (obendrein ziemlich extreme und abwegige) Meinungsäußerung und nicht eine objektive Tatsache. Möglicherweise glauben die Verfasser das sogar wirklich. Es ist ja ohne Zweifel sehr viel einfacher, sich für ein "Recht auf Abtreibung" auszusprechen, wenn man dieses Thema ausschließlich unter dem Aspekt der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung, des Einsatzes für Frauenrechte oder meinetwegen auch des Kampfes "gegen Rechts" betrachtet, als wenn man sich bewusst macht, was bei einer Abtreibung tatsächlich geschieht. So heißt es in dem Artikel, bei der Auftaktkundgebung habe eine Frau davon gesprochen, dass "angeblich [!] Babys zerstückelt würden" – ja also sorry, was glaubt denn ihr, wie eine Spätabtreibung im dritten Trimester abläuft? Eins der Fotos zum Artikel zeigt Plastikmodelle menschlicher Embryonen in Originalgröße, die an einem Infostand ausgegeben wurden; in der Bildunterschrift heißt es, diese sollten "offenbar zur Abschreckung" dienen. Nun, ich würde ja sagen, zunächst einmal handelt es sich um Informationsmaterial: Dass ein menschlicher Embryo in einem Entwicklungsstadium, in dem er in Deutschland noch straffrei angetrieben werden kann, schon mit bloßem Auge als Mensch erkennbar ist, ist eine Information. Wenn die "Pro-Choice"-Fraktion das als abschreckend empfindet, würde ich sagen, das spricht für sich. 

Damit mein Bericht trotzdem mit einer positiven Note endet, gibt's zum Abschluss noch einmal "Großer Gott, wir loben dich" – hier in einer sehr schön arrangierten Version von meinem Freund Raphael Schadt: 

Ich möchte übrigens anmerken, dass ich finde, solche modernen Arrangements traditioneller Kirchenlieder wären sehr viel besser für die musikalische Gestaltung von (z.B.) Jugend- oder Familiengottesdiensten geeignet als die üblichen NGL-Gassenhauer; aber das ist ein Thema für sich... 


Samstag, 21. September 2024

Creative Minority Report Nr. 43

Okay, Freunde: Ich habe mich redlich bemüht, nach einigen Wochen Unterbrechung wieder zum gewohnten Termin ein Wochenbriefing an den Start zu bringen, ungefähr im gewohnten Umfang, wenn auch thematisch nicht so breit gefächert, wie es normalerweise kennzeichnend für dieses Artikelformat ist. Wie gut es mir gelungen ist, überlasse ich eurem Urteil. In Zukunft erscheint das Wochenbriefing dann hoffentlich wieder regelmäßig... 

Symbolbild: Wo Kinder sind, ist immer was los.

Was bisher geschah 

Tja, wo fange ich da an? Dazu, was in den Wochen, in denen ich nicht zum Bloggen gekommen bin, so alles los war, habe ich mich ja schon vor ein paar Tagen geäußert (wenn auch nicht vollständig; auf ein paar Dinge, die ich da vergessen oder weggelassen habe, komme ich weiter unten noch zurück); also mache ich's einfach so "wie immer" und fange mit dem vorigen Wochenende an. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag unternahmen Frau und Kinder etwas ohne mich – am Samstag trafen sie sich mit einem gemeinsamen Freund unserer Kinder und mit seiner Mutter, am Sonntag gingen sie mit den Omas ins "Museum für Kommunikation", wo es einen Bastel-Workshop gab –, aber für mich war das trotzdem nicht so erholsam, wie man hätte denken können. Erst hatte ich allerlei im Haushalt zu tun, und dann vergaß oder verlor unsere Große ihr unersetzliches Lieblingskuscheltier auf einem Spielplatz in Charlottenburg, und ich musste mich in Kooperation mit der Mutter des besagten Freundes darum kümmern, dass sie es zurückbekam, und zwar rechtzeitig, um es am Montag mit auf ihre Schulfahrt zu nehmen. Das wäre alles gar nicht so schlimm gewesen, wenn im öffentlichen Nahverkehr nicht das absolute Chaos geherrscht hätte: Sämtliche Busse und zahlreiche U-Bahnen waren verspätet, überfüllt und vollgestunken. Und das an einem Sonntag! Irgend etwas verheimlicht uns die BVG. 

Zur Messe gingen wir am Sonntag "ganz normal" in St. Joseph Siemensstadt; der, wie ich immer gern sage, "örtlich zuständige" Pfarrvikar predigte – ausgehend von der 1. Lesung, (Jesaja 50,4-9, das dritte Lied vom Leidenden Gottesknecht), und vom Evangelium (Markus 8,27-35, das Christusbekenntnis des Petrus und die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu) – über "die Tiefe und die Schönheit des Kreuzes", wie er sagte. 

Am Montag ging das Tochterkind dann, wie bereits angedeutet, auf Schulfahrt. Ziel der Reise war ein Jugendfreizeitheim im Umland von Berlin, mitten im Wald, an einem See – davon gibt's hier ja einige. Statt zur Schule brachte ich das Tochterkind also zum Bahnhof, und danach hatte ich gerade noch Zeit, mit dem Jüngsten, den ich natürlich mitgenommen hatte, eine "Snackpause" in einem Einkaufszentrum zu machen, ehe wir zum "Omatag" aufbrachen, der trotz der Abwesenheit des ältesten Enkelkindes stattfand wie gewöhnlich. Am Dienstag ging ich mit dem Jüngsten endlich mal wieder "Beten mit Musik" in St. Joseph Tegel; dort trafen wir die Blumenfrau, die die Kirche für den Besuch des Erzbischofs am Donnerstag (s.u.) herrichten wollte und uns sagte, wir sollten uns dadurch nicht stören lassen – anstatt dass sie sich etwa durch uns gestört gefühlt hätte... Am Mittwoch gingen wir vormittags in Heiligensee in die Messe und nachmittags zum JAM; darüber, wo mein Jüngster und ich am Donnerstagmorgen waren, folgt weiter unten ein eigenständiger Abschnitt, und am Nachmittag hätte ich eigentlich zum Vorbereitungstreffen für den anstehenden Kinderwortgottesdienst gemusst und auch gewollt. Aber gerade als ich dorthin aufbrechen wollte, ereilte mich ein Anruf von einem Betreuer der Schulfahrt: Meine Große wolle abgeholt werden. Zunächst hatte ich Sorge, es wäre womöglich irgend etwas "vorgefallen", wie man so sagt; aber anscheinend hatte das Tochterkind einfach über Nacht Heimweh bekommen und wollte nach Hause. Ist bei einem noch nicht ganz sieben Jahre alten Kind wohl auch nicht allzu verwunderlich. Dass ich dadurch das KiWoGo-Vorbereitungstreffen verpasste, war natürlich ärgerlich, aber manchmal muss man eben Prioritäten setzen. Am Freitag – gestern – ließ ich die Kinder erst mal ausschlafen und ging dann mit ihnen auf den Spielplatz. Auch mal wieder schön. 


Was ansteht 

Der heutige Samstag steht ganz im Zeichen des Marschs für das Leben; zu der Zeit, wenn dieses Wochenbriefing online geht, ist er zwar schon vorbei, aber auf meinen Bericht darüber wirst du wohl noch ein paar Tage warten müssen, Leser. Morgen findet in St. Joseph Siemensstadt, wie gesagt, der erste (und spektakulär unvorbereitete) KiWoGo der neuen Saison statt, und außerdem ist Landtagswahl in Brandenburg. Auch wenn ich da gar nicht wahlberechtigt bin, wäre das möglicherweise ein Anlass, nochmals auf das Thema "Endlich Nichtwähler!" zurückzukommen, nachdem ich für meine Nichtteilnahme an der jüngsten Europawahl so scharfe Kritik geerntet habe wie zu kaum einem anderen Thema. 

Für die anstehende Schul- und Arbeitswoche steht bis jetzt noch nichts Besonderes in meinem Kalender, aber das muss ja nicht viel heißen. Ich gehe davon aus, dass am Montag Omatag ist und am Mittwoch JAM. Und am nächsten Samstag könnt' man theoretisch mal wieder zur Community Networking Night im Baumhaus gehen... Mal sehen. 


Visitationsnotizen aus Tegel 

Ich erwähnte es bereits: Derzeit findet die Visitation der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd durch Erzbischof Koch statt, und den Auftakt dazu bildete eine Messe in der Kirche St. Joseph Tegel am Donnerstagmorgen. Es schien mir eine bemerkenswerte Fügung, dass meine Große just in dieser Woche auf Schulfahrt war, denn hätte ich sie erst zur Schule bringen müssen, hätte ich es nicht zu dieser Messe geschafft. So aber sagte ich mir: Nichts wie hin da! Eine durchaus nicht unerwartete Ironie des Schicksals war es in diesem Zusammenhang, dass unser Jüngster, nachdem er von Montag bis Mittwoch immer schon früher wach gewesen war, als mir lieb war, ausgerechnet am Donnerstag nur mit Mühe wach zu kriegen war. Wir schafften es dennoch früh genug zur Kirche, dass wir noch weitgehend freie Platzwahl hatten. Direkt beim Betreten der Kirche trafen wir Pater Mephisto (in Ordenstracht) und Pater Brody (in Zivil), die uns – insbesondere den Knaben – sehr aufgeräumt begrüßten. 

Ich hatte im Vorfeld schon darüber spekuliert, ob die Kirche wohl voll werden würde; einerseits: hey, der Erzbischof kommt – aber andererseits: werktags um 9 Uhr, wer hat denn da Zeit? Das Ergebnis lag ungefähr in der Mitte zwischen den Erwartungen, die Messe war recht gut besucht, aber aus allen Nähten platzte die Kirche nicht gerade. Selbst von den Leuten, die ich in meiner aktiven Zeit in der Tegeler Pfarrei als den harten Kern der engagierten Gemeindemitglieder kannte, waren nur zwei Piepel da. Nun gut, an den folgenden Tagen der Visitation hielt bzw. hält Erzbischof Koch drei weitere Messen an anderen Kirchenstandorten der Pfarrei, den Abschluss bildet die morgige Sonntagsmesse in der Pfarrkirche Herz Jesu mit anschließendem Empfang, da werden die üblichen Verdächtigen dann wohl alle am Start sein. 


In einem Punkt hatte ich mich jedenfalls offenkundig getäuscht: Nachdem ich mich zunächst gewundert hatte, wieso die Visitation ausgerechnet mit einer Werktagsmesse in einer der kleinsten Kirchen der Pfarrei begann, war mir der Gedanke gekommen, womöglich wolle der Erzbischof im Anschluss an die Messe die zu diesem Kirchenstandort gehörende KiTa besuchen; und mein nächster Gedanke war, dass die KiTa dann vielleicht auch den Gottesdienst mitgestalten würde. Letzteres war nicht der Fall – und obwohl ich nun wirklich nicht der allergrößte Fan von der gängigen Gestaltungselemente von Kindergottesdiensten bin, würde ich das doch als eine verpasste Chance betrachten. Tatsächlich war die KiTa in dieser Messe überhaupt nicht präsent; die einzigen anwesenden Kinder waren mein Sohn und ein wenige Monate altes Baby, das auf dem Arm seiner Mutter döste. 

Natürlich ist es nicht auszuschließen, dass der Erzbischof trotzdem im Anschluss an die Messe die KiTa besuchte. Mir drängte sich allerdings der Eindruck auf, dass die Messe zur Eröffnung der Visitation hauptsächlich deshalb gerade in St. Joseph gefeiert wurde, weil die reguläre Gottesdienstordnung der Pfarrei nun mal zu dieser Zeit an diesem Ort eine Messe vorsieht. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die allwöchentliche Donnerstags-Messe erst vor gefühlt relativ kurzer Zeit von der Pfarrkirche Herz Jesu nach St. Joseph verlegt worden ist. Die Predigt des Erzbischofs – mit dem Leitgedanken "Gott hat ein Herz für uns" – klang auch ein bisschen so, als sei sie eigentlich dafür geschrieben worden, in Herz Jesu gehalten zu werden. 

Erwähnenswert finde ich auch die Begrüßungsworte des Pfarrers an die Adresse des Erzbischofs: 

"Sie werden feststellen, dass [bei uns] manches sehr gut läuft und manches weniger gut; so wie es auch im Ordinariat ist, da gibt es ganz tolle Leute, und dann gibt's auch Leute, wo man denkt, wieso machen die ihre Arbeit nicht."

Das mag, wenn man's geschrieben sieht, ein bisschen passiv-aggressiv 'rüberkommen, aber so, wie er es sagte, klang es ist durchaus souverän, charmant und sogar humorvoll – jedenfalls gemessen daran, was ich sonst so von diesem Pfarrer gewohnt bin. Er kann sich also durchaus gewinnend in Szene setzen – manchmal. Im Übrigen frage ich mich, ob eine bischöfliche Visitation ein geeignetes Instrument ist, um dahinterzukommen, was in dieser Pfarrei wirklich im Argen liegt. Andererseits, wozu wäre sie sonst da? 


Kinderfeindlich? Wir doch nicht! 

Ende August erschien in der Tagespost unter der Überschrift "Sonntagsmesse contra Spielplatz" ein Artikel, in dem eine Mutter von vier Kindern erläutert, warum sie ihre Kinder schon von früher Kindheit an regelmäßig in die Sonntagsmesse mitgenommen hat – und durchaus nicht nur in "Familiengottesdienste". Ich kann diesen Artikel nur empfehlen, er spricht mir in vielen Punkten aus der Seele. Dass Eltern, die so verfahren, auch mal mit feindseligen Reaktionen anderer Gottesdienstbesucher konfrontiert werden, wird gleich zu Beginn angesprochen, ist aber eigentlich nicht das Hauptthema des Beitrags. Gleichwohl wurde der Link zum Artikel auf der Facebook-Seite der Tagespost mit dem "Teaser"-Satz "Von kinderfeindlichen Menschen sollte man sich nicht abhalten lassen, seine Kinder regelmäßig in die Messe mitzunehmen" versehen; und die Kommentare zu diesem Facebook-Post erwecken den Eindruck, überwiegend von Leuten zu stammen, die nur diesen Satz, nicht aber den verlinkten Artikel gelesen zu haben. Na, sowas soll ja öfter vorkommen. 

So schrieb Elfriede Z. aus L.: "Es sind doch so gut wie keine Kinder oder Jugendliche mehr in der Kirche. Dies bestimmt nicht wegen Kinderfeindlichkeit." 

Bestimmt nicht? – Natürlich bin ich durch eigene Erfahrungen sensibilisiert für dieses Thema und insofern nicht "neutral". Aber es triggert mich einfach ohne Ende, wenn Eltern ihre persönlichen und zum Teil durchaus schmerzhaften Erfahrungen mit Kinderfeindlichkeit in der Kirche teilen, und dann kommt da so eine Elfriede und erklärt, es gebe kein Problem mit Kinderfeindlichkeit in der Kirche – weil ja sowieso kaum Kinder in die Kirche kämen. Und in was für einem Ton! Auf meine Nachfrage, woher sie denn diese Gewissheit nehme, pampte die Dame: "[W]eil ich seit 33 Jahren aktiv in der Kirche bin und hiervon bereits 24 Jahre Küsterin. Zu uns gehören 4 Pfarreien und auch rundherum in den Nachbargemeinden sieht es nirgends anders aus. Ich weiß, wovon ich rede." 

Ich deutete daraufhin an, möglicherweise sei sie ja "Teil des Problems". Was ich damit meinte, war: In 33 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit, davon 24 als Küsterin, dürfte sie ja reichlich Gelegenheit gehabt haben, mehr als eine Generation junger Familien aus der Kirche zu vergraulen. Sie verstand die Andeutung. "[I]ch bin für eine Gemeinde zuständig und nicht für ganz Deutschland oder die halbe Welt. Aber mit dieser recht aggressiven Rückantwort wundert mich gar nichts mehr." 

Aha. Meine Einlassung war also aggressiv. Interessant. 

Was übrigens Elfriedes Aussage angeht, es sehe "nirgends anders aus" – was sich dem Wortlaut nach zwar nur auf die Nachbargemeinden bezog, aber doch einen gewissen Anspruch auf Verallgemeinerbarkeit zu implizieren scheint –, würde ich sagen, sie ist empirisch leicht zu widerlegen: In meinem persönlichen Erfahrungsbereich sehe ich da zum Beispiel erhebliche Unterschiede zwischen den Gemeinden in Tegel – wo, meiner Erinnerung zufolge, selbst zu den monatlichen Familiengottesdiensten oft nicht mehr als eine Handvoll Kinder erschien, und das waren dann größtenteils die Kinder der Teammitglieder – und in Siemensstadt, wo man so gut wie jeden Sonntag einige Fanilien mit jeweils zwei bis fünf Kindern antrifft. Eine soziologische Untersuchung würde vermutlich ein ganzes Bündel von Ursachen für die Unterschiede in der Alters- und sonstigen Sozialstruktur dieser Gemeinden aufzeigen, aber mir kann keiner erzählen, dass das sehr unterschiedliche Niveau der "Willkommenskultur" gegenüber Familien mit kleinen Kindern, die in diesen Gemeinden herrscht, nicht auch eine gewichtige Rolle dabei spielt. 

Aber lassen wir die anekdotische Evidenz mal beiseite und sagen: Sicherlich ist gerade der junge Mensch heute einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt, die ihn vom Glauben und der Kirche entfremden können, ohne dass irgendwelche haupt- oder ehrenamtliche Kirchenmitarbeiter oder alteingesessene Gemeindemitglieder dafür verantwortlich zu machen wären – weder in dem Sinne, dass sie aktiv zu dieser Entfremdung beigetragen hätten, noch in dem, dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, ihr entgegenzuwirken, und dies schuldhaft versäumt hätten. Gleichwohl bin ich entschieden der Ansicht, dass die Auffassung "Wir können doch nichts dafür, wenn die Leut' nicht zur Kirche kommen" ausgesprochen streng hinterfragt werden muss. Wo sie allzu sehr zur Gewissheit wird, da breitet sich ein Klima der Bequemlichkeit und Selbstgerechtigkeit aus, das äußerst effizient dazu beiträgt, jeden, der nicht den Aussehens- und Verhaltenserwartungen der Alteingesessenen entspricht, aus der Gemeinde fernzuhalten. 

Viele Kirchengemeinden bieten exzellentes Anschauungsmaterial dafür, dass Milieuverengung ein sich selbst erhaltendes, ja sich selbst verschärfendes Problem ist: Je mehr das Erscheinungsbild einer Gemeinde von einem bestimmten Schlag von Leuten dominiert wird, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Leute, die in irgendwie anders sind, sich in dieser Gemeinde willkommen geheißen oder angenommen fühlen; und desto mehr verfestigt sich bei denen, die das Kernmilieu der Gemeinde verkörpern, die Auffassung, die Kirche gehöre ihnen bzw. sei nur für sie und ihresgleichen da. Leute, die nicht in dieses Selbstbild der Kerngemeinde hineinpassen, werden bestenfalls geduldet, schlimmstenfalls nicht einmal dass. 

Um eine solche Verengung und Verhärtung zu verhindern, ist es notwendig, Gemeindeerneuerung als einen permanenten Prozess zu betrachten und zu betreiben – wie Chesterton schrieb: Wenn man einen weißen Pfosten sich selbst überlässt, wird er bald schwarz sein. Will man, dass er weiß bleibt, muss man ihn immer neu anstreichen. Was mich an der Haltung der Elfriedes dieser Welt so ärgert, ist, dass sie den geringen Anteil von Kindern und Jugendlichen an den Gottesdienstbesuchern als etwas betrachten, das "nun mal so ist", und nicht als etwas, was man ändern könnte und müsste. – An dem Diskussionsbeitrag einer weiteren Dame aus der "Generation Elfriede" (einer, mit der ich immerhin sechs gemeinsame Freunde bei Facebook habe), die meinte, der eigentliche Grund dafür, dass so wenige Kinder in die Kirche kämen, liege darin, "dass die Messe für die Eltern keine Rolle mehr spielt!", ist immerhin richtig, dass man von Kindern bis zu einem bestimmten Alter kaum erwarten kann, ohne ihre Eltern in die Messe zu gehen, und schon gar nicht ohne die Einwilligung und nach Möglichkeit aktive Unterstützung der Eltern. Aber was folgt denn daraus? Dass die Kirche, wenn sie zukünftig noch Kinder in ihren Bänken sehen will, sich um die Eltern bemühen muss – bzw., wenn man ein bisschen längerfristig denkt, auch und gerade um die zukünftigen Eltern, also junge Erwachsene und ältere Jugendliche. Mit anderen Worten also um genau die Altersgruppe, die im volkskirchlichen Normalbetrieb nach der Firmung irgendwie verlorenzugehen pflegt wie Socken in der Waschmaschine. Bei denen müsste man ansetzen, müsste ihnen ermöglichen, die Zugehörigkeit zur Kirche als etwas so Wertvolles zu erleben, dass dieses Wertvolle auch an ihre Kinder weitergeben wollen, wenn sie welche haben. – Dass es dabei nicht allein und nicht vorrangig darum gehen kann und darf, der Institution Kirche ihren Nachwuchs zu sichern, sollte sich eigentlich von selbst verstehen, aber um mögliche Missverständnisse auszuschließen, möchte ich auf etwas verweisen, was schon 1950 [!] der damalige Landesjugendpfarrer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Helmut Claß (der später württembergischer Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzender) in einem Artikel mit der vielsagenden Überschrift "Gemeinde, wo ist deine Jugend?" schrieb: Wenn die Kirche sich, wie Claß schon damals anmahnte, mehr um die "junge[n] Mensch[en] um 18" bemühen solle, dann "zunächst einmal gar nicht" aus Sorge "um die leer bleibenden Kirchenbänke", sondern vielmehr aus Sorge "um den jungen Menschen, der ohne Jesus in dieser aus den Fugen gehenden Zeit nicht mehr durchkommt". Es gehe darum, "dass der junge Mensch zwischen 18 und 25 das 'Haus' seines Lebens aufbaut", "die entscheidenden Schritte ins Leben hinein tut und wir alles tun müssen, um ihm zu sagen, dass er dazu Jesus sehr nötig hat". – "Gerade wenn man den jungen Menschen, der doch einmal getauft worden ist und als Getaufter dem Herrn Christus gehört, lieb hat, wird man ihm sagen müssen, dass dieser Bau immer dort auf einem sehr unsicheren Fundament steht, wo man auf einen anderen Grund baut außer 'dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus'." 


Was noch aussteht 

Wenn ich mal überschlage, was ich in meiner "Verspätungsnotiz" vom vergangenen Mittwoch so an Themen zusammengetragen habe, die aus den zurückliegenden Wochen noch "übrig" sind, komme ich locker auf mindestens fünf Artikel, die ich in nächster Zeit ohne Rücksicht auf die chronologische Reihenfolge zwischen die Wochenbriefings einzustreuen gedenke; aber das ist noch nicht alles. Ganz vergessen hatte ich beispielsweise, dass ich vorletzten Donnerstag – also am 12. September – mit der ganzen Familie beim Kinderprogramm eines freikirchlichen Evangelisierungs-Events namens "City of Light" war; meine Eindrücke von dort ließen sich möglicherweise mit einigen Schlaglichtern vom JAM und vielleicht auch mit dem vor ein paar Tagen eher beiläufig angesprochenen Thema "Religiöse Kinderwoche" (RKW) mit einem Special zur Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo" zusammenfassen. Was auch noch dorthin gehört, ist die Tatsache, dass ich am vorigen Samstag, dem 14., eigentlich zu einem "Inspirationstag Kirche kunterbunt" in der evangelischen Friedensgemeinde Charlottenburg hatte gehen wollen; ein paar Tage vorher fiel mir ein, mich zu fragen, ob man sich da hätte anmelden müssen und falls ja, ob ich das womöglich schon getan hatte. Die Website half mir bei diesen Fragen nicht besonders viel weiter, und letzten Endes beschloss ich, ich hätte auch so schon genug um die Ohren, und blieb zu Hause. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Zum Marsch für das Leben 

Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen, ungeborenen Kindes. Wenn eine Mutter ihr eigenes Kind in ihrem eigenen Schoß ermorden kann, was für ein schlimmeres Verbrechen gibt es dann noch, als wenn wir uns gegenseitig umbringen? Sogar in der Heiligen Schrift steht: "Selbst wenn die Mutter ihr Kind vergessen könnte, ich vergesse dich nicht." Aber heute werden Millionen ungeborener Kinder getötet, und wir sagen nichts. In den Zeitungen lesen wir dieses und jenes, aber niemand spricht von den Millionen von Kleinen, die empfangen wurden mit der gleichen Liebe wie Sie und ich, mit dem Leben Gottes. Und wir sagen nichts, wir sind stumm. Für mich sind die Nationen, die Abtreibung legalisiert haben, die ärmsten Länder. Sie fürchten die Kleinen, sie fürchten das ungeborene Kind. Und das Kind muss sterben, weil sie dies eine Kind nicht mehr haben wollen – nicht ein Kind mehr – und das Kind muss sterben. Und ich bitte Sie hier im Namen der Kleinen: Rettet das ungeborene Kind, erkennt die Gegenwart Jesu in ihm! Als Maria Elisabeth besuchte, hüpfte das Kind vor Freude im Schoß der Mutter in dem Augenblick, als Maria ins Haus kam. Das Ungeborene brachte Freude. 

(Hl. Mutter Teresa, Rede zur Verleihung des Friedensnobelpreises) 


Ohrwurm der Woche 

Katie Melua: Wonderful Life 

Dieses Lied lief bei der Einschulungsfeier an der Schule des Tochterkindes – und blieb bei mir umso mehr "hängen", als es stilistisch doch ziemlich aus dem Rahmen dessen fiel, was da ansonsten an Musik gespielt wurde (Kinderlieder, HipHop, Partyschlager). Im Original stammt der Song von dem britischen Post-Punk-Singer-Songwriter Black und kam raus, als ich zehn Jahre alt war; ich habe das Musikvideo noch vor Augen, es ist in meiner Erinnerung fest damit verknüpft, wie ich als Kind sonntags nach der Kirche zusammen mit meinem Bruder die Wiederholung der ARD-Musiksendung "Formel Eins" anschaute. Die Coverversion, die ich auf der Schulfeier gehört habe, stammt aus dem Jahr 2014; ich finde sie sehr gelungen, und Katie Melua mag ich sowieso. 


Mittwoch, 18. September 2024

Verspätungsnotiz: Die Ferien sind vorbei...

...aber die Rückkehr in den Alltag war nicht so einfach 

Hast du, wohllöblicher Leser, dir schon Sorgen um mich und die Meinen gemacht? – Keine Sorge, wir sind, abgesehen von den üblichen saisonalen Erkältungskrankheiten, alle wohlauf. Aber ich bin in den letzten Wochen schlichtweg nicht zum Bloggen gekommen und muss nun erst mal meinen Rhthmus wiederfinden. Am Dienstag der letzten Augustwoche, vor gut drei Wochen also, kamen wir abends aus dem Urlaub zurück, und am nächsten Morgen musste meine Liebste schon wieder zur Arbeit: Vorbereitungswoche. Währenddessen war ich erst mal für die Betreuung beider Kinder zuständig, da das neue Schuljahr erst am darauffolgenden Montag losging. Auch in den ersten beiden Schulwochen gab es praktisch ununterbrochen viel zu tun und wenig Zeit um auszuruh'n, und wenn ich doch mal etwas Zeit und Muße hatte, investierte ich diese vorrangig in eins meiner unlängst nach längerer Unterbrechung wieder aufgenommenen Buchprojekte. Ist zwar eher ein Langzeitprojekt, aber gerade deswegen, so sagte ich mir, muss man das Eisen schmieden, wenn es gerade mal heiß ist; will sagen: Wenn man einen spontanen Motivationsschub hat, muss man den ausnutzen, da müssen andere Projekte dann eben mal zurückstehen. 

Kleine Urlaubs-Reminiszenz: In Aurich nehmen sie es sehr ernst mit der  Pflege der plattdeutschen Sprache. 

Das heißt indes natürlich nicht, dass es in den zurückliegenden drei Wochen nichts zu bloggen gegeben hätte; ich bin geneigt zu sagen: im Gegenteil. Was natürlich heißt, dass sich da so allerlei angestaut hat, was darauf wartet, abgearbeitet zu werden. Ich werde wohl versuchen müssen, das außerhalb des gewohnten Wochenbriefing-Rhythmus nachzuliefern, und vielleicht auch nicht zwingend in chronologischer Reihenfolge. 

So steht zum Beispiel immer noch der Bericht über die eher "touristischen" Aspekte unseres diesjährigen Sommerurlaubs aus – wozu neben einer "Piratenfahrt" mit dem Ausflugsschiffs Wega II ab Fedderwardersiel, dem Besuch der "Nordseelagune" in Burhave, einer kunsthistorischen Führung durch die Kirche St. Bartholomäus in Tossens und einem Grillabend auf Hof Iggewarden auch gehört, dass wir zusammen mit meiner Schwester und meinem Schwager einen Ausflug zur Klosteranlage Ihlow unternommen haben; diese Location ist so interessant, dass sie vielleicht sogar einen eigenen Artikel verdienen würde (ja ja, wenn ich mal dazu käme). 

Am Freitag nach unserer Rückkehr aus dem Urlaub unternahm ich – während meine Liebste, wie erwähnt, schon wieder arbeiten musste – einen erneuten Ausflug zum Achorhof in Märkisch Wilmersdorf, diesmal mit beiden Kindern. Wir wurden freundlich empfangen, mit selbstgemachtem Apfelsaft und Knabbergebäck bewirtet, und ich sondierte bei der Gelegenheit gleich mal die Möglichkeit, auf diesem Hof ein Einkehrwochenende für das KiWoGo-Team und ggf. noch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter der Gemeinde St. Joseph Siemensstadt abzuhalten. Als ich meine Tochter fragte, ob es ihr auf dem Achorhof genauso gut gefalle wie mir, antwortete sie: "Wenn du am liebsten hier einziehen würdest, dann ja!" 

Tags darauf wurde das Schollenfest eröffnet, aber darüber gibt es wohl nicht so viel zu berichten – auch wenn ich das Marschkapellen-Konzert in der Fußgängerzone von Alt-Tegel durchaus eindrucksvoll fand. Am Sonntag – dem 22. Sonntag im Jahreskreis – gingen wir in St. Joseph Siemensstadt in die Messe; statt einer Predigt wurde dort über die diesjährige "Religiöse Kinderwoche" (RKW) berichtet, bei der es inhaltlich um das Leben und Wirken der Hll. Franz und Clara von Assisi ging. Ich stehe dem Veranstaltungsformat RKW ja nach wie vor skeptisch gegenüber, aber dennoch – oder gerade deswegen; aufgrund ähnlicher Erwägungen bin ich schließlich auch im KiWoGo-Team gelandet – spiele ich mit dem Gedanken, nächstes Jahr zusammen mit meinem Tochterkind an der RKW teilzunehmen (und sie nach Möglichkeit auch mitzugestalten). 

In der ersten Septemberwoche war mein Freund Rod (ja, ich meine den umstrittenen Publizisten und Buchautoren Rod Dreher) für ein paar Tage in Berlin, also verabredeten wir uns spontan für den Dienstagabend, und natürlich gingen wir wieder mal in einen Biergarten. Das, denke ich, wäre auf jeden Fall einen Extra-Artikel wert. 

Tags darauf war der Gedenktag Maria, Mutter vom Trost – ein Eigenfest des Augustinerordens. Das weiß ich deshalb, weil an diesem Tag Pater Mephisto, der diesem Orden angehört, in St. Marien Maternitas in Heiligensee die Messe hielt. Wie es sich fügte, fand just in dieser Woche die Visitation des Augustinerkonvents St. Rita in Reinickendorf statt, und so nahmen mehrere Mitglieder der Ordensleitung, darunter der Generalprior, an der Messe in der kleinen, unscheinbaren Heiligenseer Kirche teil. Zum anschließenden Gemeindefrühstück kamen sie aber nicht; schade eigentlich. 

Am darauffolgenden Wochenende war zuerst – am Samstag – Einschulungsfeier an der Schule, die unser Tochterkind besucht (und das ein Fest für die ganze Schulgemeinschaft sein sollte, weshalb wir daran teilnahmen, obwohl unser Tochterkind ja schon ins zweite Schuljahr kam) und dann – am Sonntag – Kirchweihfest in St. Stephanus; das lädt natürlich zu vergleichender Betrachtung ein, wobei ich gleich vorausschicken möchte, dass mich das Kirchweihfest in St. Stephanus – gemessen an der schon öfter zum Ausdruck gebrachten Erfahrung, dass die Volkskirche nicht zu feiern versteht – wirklich positiv überrascht hat. 

Im Übrigen habe ich natürlich auch noch Themen in der Pipeline, die nicht so unmittelbar an konkrete Erlebnisse aus dem persönlichen Alltag geknüpft sind. Bei solchen stellt sich natürlich immer die Frage, ob ich sie nicht woanders veröffentlichen könnte als auf meinem Blog – z.B. in der Tagespost. So habe ich es unlängst z.B. mit meinen Beobachtungen und Reflexionen bezüglich einer Klimaschutz-Initiative des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Wesermarsch gehandhabt. Nicht so verfahren möchte ich hingegen mit dem bereits angekündigten Thema "Die Großkirchen in der Wesermarsch und die LGBTQ-Bewegung"; ich möchte nämlich vermeiden, dass meine Tagespost-Kolumne "Klein.Kram" in den Ruf gerät, eine Homophobie-Kolumne zu sein. Aus dem Thema wird also wohl doch ein Blogartikel werden müssen, wenn auch wahrscheinlich ein eher kurzer. 

Auch die Vorgänge in der Großpfarrei St. Franziskus Reinickendorf-Nord sind ein Thema, an dem es dranzubleiben gilt. Unlängst bin ich – ohne gezielt danach gesucht zu haben, d.h. im Zuge von Recherchen zu einem ganz anderen Thema – auf ein Faktum gestoßen, das man wohl in die Vorgeschichte der Probleme dieser Pfarrei (die ja, wie man allenthalben hört, keineswegs erst mit dem unlängst zurückgetretenen Pfarrer begonnen haben) einordnen kann oder muss: Ein früherer Pfarrer von St. Hildegard in Frohnau, einer der in der Großpfarrei St. Franziskus aufgegangenen Gemeinden, war nach zwanzigjähriger Amtszeit plötzlich zurückgetreten, ohne dass die Gemeinde (oder auch nur die Gremien, also z.B. der Pfarrgemeinderat) über die Gründe informiert wurden. Was dahintersteckte, war, dass gegen diesen Geistlichen ein Strafverfahren wegen Besitzes von Kinderporno-Videos lief, in dem er schließlich auch rechtskräftig verurteilt wurde. Das ist nun zwar schon fast 30 Jahre her, aber ich bin überzeugt, dass so etwas Spuren in einer Gemeinde hinterlässt. 

Derweil haben sich immerhin ein paar Themen mehr oder weniger von allein erledigt. Zum Beispiel der "Lektorinnen-Streik", zu dem die Aachener Pastoralreferentin und "Frauenseelsorgerin" Annette Jantzen via häretisch.de zum 21. Sonntag im Jahreskreis aufgerufen hat. Weil an diesem Sonntag als 2. Lesung die Schriftstelle Epheser 5, 21–32 drankam. Diese Worte des Apostels Paulus – "geschrieben zu einer Zeit, in der die patriarchale Gesellschaftsordnung schon tief in die Gemeinden eingedrungen war" – betrachtet Frau Jantzen "aus der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit" als einen "Terror-Text, weil er bei aller Beschwörung der Liebe, Unterdrückung und Zweitrangigkeit ungebrochen sakralisiert und somit nahelegt, diese zu verinnerlichen". "Der angemessene Umgang mit diesem Text wäre, ihn nicht mehr vorzutragen", meint sie daher – und fordert daher von den Lektorinnen in den Gemeinden: Lest was anderes, Schwestern." – Darüber ließe sich zwar eine ganze Menge sagen, aber nachdem der Sonntag mit der inkriminierten Lesung ja nun schon ein paar Wochen her ist, denke ich mir, das Thema kann warten, bis diese Schriftstelle das nächste Mal in der Leseordnung auftaucht. Denn zweifellos wird es dann von Seiten feministischer und sonstiger progressiver Theolog*innen eine frische Welle des Protests geben, und häretisch.de wird es sich erneut nicht nehmen lassen, diesen Leuten eine Plattform zu bieten (vorausgesetzt, die Website existiert dann noch). 

Andererseits stehen die nächsten vielversprechenden Themen auch schon wieder in den Startlöchern, und das ist auch ein wesentlicher Grund, warum ich diesen Vorschauartikel spätestens heute 'raushauen wollte. Morgen beginnt die viertägige Visitation der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd – die ja immer noch meine Wohnortpfarrei ist, auch wenn ich inzwischen in einer anderen Pfarrei aktiv bin – durch Erzbischof Koch; den Auftakt zu dieser Visitation bildet eine Messe in der Kirche St. Joseph Tegel, die mir ja bekanntlich besonders am Herzen liegt, daher habe ich vor, mit meinem Jüngsten da hinzugehen. (Ich nehme übrigens an, wenn der Erzbischof seine Visitation ausgerechnet an diesem Standort beginnt, wird er bei der Gelegenheit wohl auch gleich die dortige KiTa besuchen, und da halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass die KiTa auch den Gottesdienst mitgestaltet. Schauen wir mal.) – Über den aktuellen Pfarrbrief von St. Klara Reinickendorf-Süd wären bei dieser Gelegenheit vielleicht auch ein paar Worte zu verlieren. – Am Samstag ist Marsch für das Leben, und am Sonntag steht in St. Joseph Siemensstadt der erste KiWoGo der neuen Saison an, der angesichts der knappen Vorbereitungszeit einigermaßen improvisiert zu werden verspricht. Immerhin hat meine Liebste einen sehr guten Denkanstoß für eine kindgerechte Auslegung des Evangeliums, das am kommenden Sonntag "dran" ist (Mk 9,30-37), beigesteuert; jetzt müssen wir nur noch schauen, wie wir das umsetzen... 


Statt eines geistlichen Impulses: Heiliger des Tages

Heute ist der (nicht-gebotene) Gedenktag des Hl. Lambert von Maastricht, was mir möglicherweise entgangen wäre, wenn ich nicht heute Vormittag wieder mit meinem Jüngsten – auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin, übrigens – in St. Marien Maternitas in Heiligensee in die Messe gegangen wäre. Die Messe hielt der Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd, und da dieser ja ein ausgeprägtes Faible für Kirchengeschichte (wenn auch in einem eher anekdotischen als systematischen Sinn) hat, nutzte er seinen üblichen Begrüßungsimpuls diesmal dazu, darüber zu sprechen, dass und warum der Tagesheilige der Patron einer der benachbarten Kirchen, nämlich St. Lambertus im Spandauer Ortsteil Hakenfelde, ist. Die Geschichte hinter diesem Patrozinium ist, dem Pfarrer von St. Klara zufolge, diese: Die erste katholische Kirchengemeinde, die seit der Reformation in Spandau gegründet wurde, diente vorrangig der seelsorgerischen Betreuung der flämischen Büchsenmacher, die der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. für seine Spandauer Gewehrmanufaktur angeworben hatte. Die signifikante Rolle, die diese flämischen Büchsenmacher somit in der Geschichte des nachreformatorischen Katholizismus im Raum Berlin gespielt haben, sollte durch die Benennung einer Kirche (bzw. eines Gemeindezentrums mit Sakralraum) im Bezirk Spandau nach dem großen flämischen Heiligen gewürdigt werden. 

(Als der Pfarrer die Anwesenden fragte, ob von den Anwesenden schon mal jemand in St. Lambertus Hakenfelde gewesen sei, war ich übrigens der einzige, der sich meldete. Von der Heiligenseer Kirche sind es nur rund acht Kilometer dorthin, aber es liegt halt die Havel dazwischen...) 

Lambert von Maastricht (oder von Lüttich) wurde um 635 geboren und war ab 670 Bischof von Maastricht, das damals zum Merowingerreich gehörte; 675 wurde er vom Hausmeier Ebroin abgesetzt und verbannt, nach Ebroins Tod aber von dessen Nachfolger Pippin dem Mittleren wieder eingesetzt. Er bemühte sich um die Ausbreitung des Christentums unter der noch weitgehend heidnischen Bevölkerung Brabants und Tongerns. Am 17. September 705 wurde er – angeblich von einem Gefolgsmann Pippins oder in dessen Auftrag – ermordet. Das Ökumenische Heiligenlexikon erwähnt eine Überlieferung, derzufolge Lambert zuvor Pippin wegen des Ehebruchs mit dessen Schwägerin getadelt habe (was ihn in eine Parallele zu Johannes dem Täufer setzen würde); dagegen gibt Tante Wikipedia als Mordmotiv an, Lambert habe "die Immunitätsrechte der Kirche gegenüber der Staatsgewalt" allzu konsequent verfochten. – Heiliger Lambert, bitte für uns! 


Ohrwurm der Woche 

Kajak: Landluft 

Ein Ohrwurm, den ich aus dem Urlaub mitgebracht habe: Ungeachtet des sarkastischen Texts passt die Stimmung, die der Song evoziert, einfach gut nach Ostfriesland, und erst recht (und auch inklusive des sarkastischen Texts) passt der Song gut zu dem Buch, das ich als Urlaubs-Bettlektüre mitgenommen hatte: "Mein Pampaleben – Ohne dich ist alles Dorf" von Silke Antelmann. Das Buch hat der ganzen Familie so gut gefallen, dass wir, als wir damit durch waren, gleich noch mal von vorne damit anfingen. Ich schätze also, eine Buchrezension werde ich auch noch bloggen müssen... (Inzwischen habe ich mir auch die Fortsetzung aus der Bücherei besorgt, aber noch nicht gelesen.)