Schon wieder eine Woche rum! Manchmal, o Leser, geht es mir wie dem Protagonisten des Romans "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman" von Lawrence Sterne, dem bei dem Versuch, seine Autobiographie zu schreiben, der Stoßseufzer entfährt: "The more I write, the more I shall have to write!" Die Liste der Themen, die ich außerhalb der Wochenbriefing-Reihe werde abarbeiten müssen, ist jedenfalls nicht kürzer geworden; aber konzentrieren wir uns trotzdem erst mal auf das, was in der zurückliegenden Woche so los war...
Ein Blick aufs Fensterbrett bei der "Rumpelberggruppe" |
Was bisher geschah
Am vergangenen Samstag war Marsch für das Leben – darüber habe ich ja bereits berichtet. Am Sonntag stand in St. Joseph Siemensstadt der erste Kinderwortgottesdienst der neuen Saison an – den ich im Vorfeld als "spektakulär unvorbereitet" bezeichnet hatte, was sich jedoch nur darauf bezog, dass ich kurzfristig verhindert gewesen war, am Vorbereitungstreffen teilzunehmen. Wie's tatsächlich gelaufen ist, erfährst du weiter unten in der Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo", Leser. – Darauf, was ich im Laufe der Schul- und Arbeitswoche so alles mit unserem Jüngsten unternommen habe, komme ich unter "Wenn der Vater mit dem Sohne" zu sprechen; am Mittwoch waren wir wieder beim JAM, worüber es diesmal aber nicht viel zu berichten gibt, weil ich weder zur Kinderkatechese noch zum Elterncafé ging, sondern stattdessen im Foyer saß und meinen Bericht über den Marsch für das Leben fertigstellte. Am Donnerstag war an der Schule des Tochterkindes Tag der offenen Tür; da gingen wir hin, um interessierten Eltern von den Erfahrungen zu berichten, die wir aus der Elternperspektive mit dieser Schule gemacht haben. Wir hatten auch tatsächlich ein paar ganz gute Gespräche, und währenddessen saßen unsere Kinder – beide! – zusammen mit einer der besten Freundinnen unserer Großen ruhig und friedlich in einem der Lernangebotsräume und beschäftigten sich fast drei Stunden lang selbständig und bemerkenswert konzentriert mit den Lernmaterialien für den Grundschulbereich. Im Grunde war das der beste Beweis dafür, dass ein auf selbstorganisiertes Lernen und Eigenmotivation ausgerichtetes Schulkonzept tatsächlich funktionieren kann (woran einige Leute, die ich kenne, erhebliche Zweifel haben). So richtig ging mir das Herz auf, als ich zwischendrin mal bei den Kindern nach dem Rechten schaute und meine Tochter mir sehr ernst erklärte: "Wenn Leute reinkommen und was wissen wollen, erklären wir ihnen alles. Und wenn keiner reinkommt, hab ich Zeit, Gedichte zu schreiben."
Was ansteht
Ob wir heute Abend bei der Community Networking Night im Baumhaus sein werden, die zum ersten Mal nach der Sommerpause stattfindet, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest; ich hoffe es aber. Am morgigen Sonntag werden wir wohl früh in St. Stephanus Haselhorst in die Messe gehen "müssen", da wir für den späteren Vormittag Kinokarten haben (Näheres hierzu unter "Wenn der Vater mit dem Sohne"); aber ich spiele mit dem Gedanken, zusätzlich die Abendmesse in Herz Jesu Tegel zu besuchen – denn da soll es einen Themengottesdienst unter dem Motto "Luftpumpe – Wärmepumpe – Heiliger Geist" geben, und seit ich das gelesen habe, spüre ich, wie die Faszination des Grauens mich mächtig anzieht. Um "Kirche und Technik" soll es da laut Ankündigung gehen, "mit praktischen Anwendungen"; was natürlich Fragen aufwirft, und zwar allen voran die Frage "Weh Tee Eff?". Dies umso mehr, als nicht allein die Abendmesse in Herz Jesu als ein solcher Themengottesdienst gestaltet wird, sondern auch die Morgenmesse am selben Ort sowie dazwischen auch noch die Messe in St. Marien Maternitas Heiligensee; womit sich das Angebot normaler, firlefanzfreier Heiliger Messen in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd an diesem Sonntag drastisch reduziert.
Damit niemand denkt, ich hätte mir das ausgedacht. |
Schwarzer Gürtel in KiWoGo
Der Einstieg in die neue Kinderwortgottesdienst-Saison gestaltete sich, wie bereits erwähnt, etwas holprig – jedenfalls aus meiner persönlichen Sicht. Drei KiWoGo-Termine waren für den Zeitraum zwischen Sommerferien und Advent angesetzt worden, und der erste davon stand schon am 22. September an. – Man kann finden, "schon" sei ja wohl relativ, immerhin waren die Ferien zu diesem Zeitpunkt schon seit drei Wochen vorbei, da hätte man ja denken können, es gäbe ausreichend Zeit für die Vorbereitung. Tatsächlich stellte es sich jedoch als ausgesprochen schwierig heraus, in diesem Zeitraum einen Termin für ein Vorbereitungstreffen zu finden, und als wir uns endlich auf einen geeinigt hatten, musste ich – wie im vorigen Wochenbriefing geschildert – meine Teilnahme kurzfristig absagen. Hinzu kam, dass das Evangelium dieses 25. Sonntag im Jahreskreis (im Lesejahr B) nicht gerade einfach war; wer am vergangenen Sonntag eine Messe in der ordentlichen Form des Römischen Ritus besucht hat, der wird es ja selbst gehört haben: Es handelte sich um Markus 9,30-37 – eine Perikope, die sich in drei thematische Abschnitte unterteilen lässt:
a) Jesu Ankündigung Seines Leidens und Sterbens (V. 30-32);b) der Rangstreit der Jünger (V. 33-35);c) Jesus stellt ein Kind in ihre Mitte (V. 36f.).
Mein erster Eindruck war, das sei ein bisschen viel Stoff für einen Kinderwortgottesdienst und man sollte sich lieber auf einen Teilaspekt konzentrieren. Nun mag es ja naheliegend erscheinen, sich für eine kindgerechte Präsentation dieses Evangeliums auf das Thema "Jesus und die Kinder" zu konzentrieren, aber mein Bauchgefühl sagte mir, das sei ein bisschen zu naheliegend und gewissermaßen the easy way out. Zudem gibt die Markus-Perikope zu genau diesem Aspekt gar nicht so viel her, jedenfalls deutlich weniger als die Parallelstellen Matthäus 18,1-5 und Lukas 18,15ff.
Als ich jedoch mit meiner Liebsten über die Evangelienstelle sprach, hatte sie prompt einen Denkanstoß parat – dazu, warum es so sinnfällig ist, dass Jesus den Rangstreit der Jünger kommentiert, indem Er ein Kind in ihre Mitte stellt: Im Grunde benehmen sich die Jünger wie Kinder. Jesus hat ihnen gerade gesagt, dass Er sterben wird, und sie haben daraufhin nichts Wichtigeres zu tun, als sich zu streiten, wer von ihnen der Größte ist. Das ist ein ähnliches Verhaltensmuster, wie wenn sich Geschwister darüber streiten, wer bei einer Autofahrt am Fenster sitzen darf: Das ist ihnen wichtiger, als wo die Fahrt eigentlich hingeht. Oder: Wer beim Essen den blauen und wer den roten Teller bekommt, ist wichtiger, als was es zu essen gibt. Diese Beispiele spiegeln zwar nicht die Dramatik der vorausgegangenen Ankündigung des Leidens und Sterbens Jesu wider, aber dafür sind sie geeignet, die Kinder bei ihrem eigenen Erfahrungshorizont "abzuholen".
Diese Idee hätte nun natürlich noch der konkreten Ausgestaltung bedurft, aber ich denke mal, eine solche wäre uns wohl noch eingefallen, wenn das Vorbereitungstreffen wie geplant stattgefunden hätte. Da es dazu aber wie gesagt nicht kam, konzipierte der Gemeindereferent den KiWoGo im Alleingang – damit hat er ja Erfahrung, denn bis zur Gründung des KiWoGo-Arbeitskreises vor gut einem Jahr war er generell allein für dieses Aufgabe zuständig gewesen. Sein Konzept für diesen KiWoGo bestand im Wesentlichen darin, den biblischen Text abschnittsweise vortragen zu lassen (diese Aufgabe fiel mir zu), ihn mit Playmobil-Figuren und bunten Tüchern zu visualisieren und Erläuterungen in den Text einzuschieben. Ich sag mal so: Wenn Kinderwortgottesdienst immer so aussähe, würde es mir recht bald langweilig werden, aber "mal" kann man das ruhig so machen, und in diesem konkreten Fall fand ich es sogar ziemlich gelungen (auch wenn ein gewisses Bedauern darüber, dass wir nicht mit mehr Vorbereitungszeit etwas Originelleres auf die Beine hatten stellen können, schwer abzuschütteln war. Aber die nächste Gelegenheit dazu kommt bestimmt).
Hat ein bisschen was von "Abbey Road", oder? |
Es waren 13 Kinder da, darunter auch einige, die bereits im zurückliegenden Frühjahr Erstkommunion hatten. Dass die "trotzdem" weiterhin zum KiWoGo kommen, ist ja, gemessen am volkskirchlichen Normalzustand, schon mal ein gutes Zeichen. Als ein sehr guter Gestaltungseinfall erwies es sich, dass jedes der Kinder auf seinem Sitzplatz eine "eigene" Playmobil-Figur" vorfand, die sie dem Tableau auf dem Teppich hinzufügen sollten; diese Figuren sollten sozusagen die Jünger Jesu im weiteren Sinne repräsentieren und so deutlich machen, dass noch mehr Leute als bloß "die Zwölf" Jesus nachfolgten. Ich würde sagen, die Idee ist ausbaufähig, denn im vorliegenden Fall spielten diese zusätzlichen Figuren dann weiter keine Rolle mehr (da Jesus sich ja mit dem engsten Kreis seiner Jünger "ins Haus" zurückzieht), aber auch so war es interessant zu beobachten, wie die Kinder sich mit "ihren" Figuren identifizierten und sich dadurch in einem Maße ins Geschehen einbeziehen ließen, wie es sonst gar nicht so leicht zu erreichen ist.
Geschickt war auch, dass der Gemeindereferent den zentralen Satz der Matthäus-Parallelstelle – "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen" – in den Markus-Text hineinmontiert hatte und so zum Schluss mit den Kindern darüber reden konnte, welche typischen Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Kindern Jesus den Jüngern wohl zur Nachahmung empfehlen wollte und welche eher nicht.
Alles in allem darf man den ersten KiWoGo der Saison also wohl als Erfolg bezeichnen; der nächste steht am 3. November an – da geht es um Mk 12,28b–34, "Die Frage nach dem wichtigsten Gebot". Das scheint mir eine Perikope zu sein, bei der man vor allem darauf achten muss, es sich (und den Kindern) nicht zu einfach zu machen... Na, schauen wir mal.
Wenn der Vater mit dem Sohne
Am Montag hatte meine Liebste nach dem Unterricht noch Dienstberatung, und ihre Mutter hatte vorgeschlagen, unsere Große, die ja beim letzten regulären "Omatag" nicht dabei gewesen war, von der Schule abzuholen und etwas mit ihr zu unternehmen; also dachte ich mir, ich könnte ja mal wieder mit unserem Jüngsten einen Ausflug ins Berliner Umland unternehmen. Erste Hindernisse stellten sich diesem Vorhaben entgegen, als wir am S-Bahnhof Bornholmer Straße in die S8 Richtung Birkenwerder umsteigen wollten: Die Bahn kam zwar pünktlich, stand dann aber minutenlang am Bahnsteig herum, ohne abzufahren; und kaum war sie dann dich losgefahren, hielt sie auf freier Strecke erneut an. Eine Durchsage informierte die Fahrgäste, die Fahrt werde für wenige Minuten unterbrochen, um einen vorrangigen Zug vorbeizulassen. Als die Fahrt dann weiterging, erfolgte kurz darauf die nächste Durchsage: Wegen einer technischen Untersuchung an einem anderen Fahrzeug sei die Strecke im Bereich Karow gesperrt und diese Fahrt ende daher am Bahnhof Pankow. Na toll. Den unfreiwilligen Zwischenstopp in Pankow nutzte ich, um – auch angesichts der bereits fortgeschrittenen Uhrzeit – umzudisponieren und lieber ein Ziel innerhalb der Stadtgrenzen Berlins für unseren Ausflug zu wählen. Und zwar eins, dass von Bahnhof Pankow nicht mehr allzu weit entfernt war, unter der Voraussetzung natürlich, dass die Bahnen in absehbarer Zeit überhaupt wieder fahren würden. Bei dem Ziel, das mir spontan in den Sinn kam, handelte es sich um das Wagendorf des Vereins Pankgräfin e.V. nahe der Ortsteilgrenze zwischen Karow und Französisch Buchholz. Vor ungefähr zwölf Jahren kannte ich ein paar Leute, die dort wohnten; mindestens einmal habe ich beim Sommerfest des Vereins Platten aufgelegt und hatte einen Lesebühnenauftritt, vielleicht war das auch bei zwei verschiedenen Veranstaltungen, so ganz genau weiß ich das nicht mehr. Auf den Lesebühnenauftritt wurde ich jedenfalls noch Monate später angesprochen, wenn ich in Karow, wo ich damals einen Nebenjob hatte, Leute aus dem Wagendorf an der S-Bahn oder im Supermarkt traf. Das ist nun zwar alles schon ganz schön lange her, aber mein innerer Hippie hat diesem Ort dennoch ein liebevolles Gedächtnis bewahrt, und ich habe in den letzten Jahren schon ein paarmal gedacht, ich würde dieses alternative Wohnprojekt gern mal meinen Kindern zeigen.
Kurz und gut, nun dachte ich, die Umstände legten es nahe, das Wagendorf immerhin schon mal einem meiner Kinder zu zeigen. Allerdings schlief der Knabe auf dem Weg dorthin im Kinderwagen ein. Immerhin machte ich ein paar schöne Fotos:
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Wir werden wohl mal wiederkommen müssen. Dann nach Möglichkeit mit der ganzen Familie.
Schon vor unserem Ausflug waren der Jüngste und ich, auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin übrigens, "Beten mit Musik" in St. Joseph Tegel. Das war sehr schön, aber ich finde, wir sollten mal wieder versuchen, das öfter als einmal in der Woche hinzukriegen. – Am Mittwoch, dem Gedenktag des Hl. Nikolaus von Flüe, gingen wir, nachdem wir die Große zur Schule gebracht hatten, wie so oft in Heiligensee zur Messe, die wieder einmal von Pater Mephisto zelebriert wurde. In seinem Begrüßungsimpuls deutete er behutsam an, dass der "Lebensweg" des Tagesheiligen "vielleicht heute gar nicht mehr so viel Verständnis finden würde". Ich wusste, worauf das abzielte: Kritik daran, dass der "Bruder Klaus" seine Familie im Stich gelassen habe, um Einsiedler zu werden, habe ich schon als Kind von mindestens einer Frau aus meiner damaligen Kirchengemeinde gehört, und beim Gemeindefrühstück im Anschluss an diese Messe wurden dieselben Töne wieder laut. Man könnte hier darauf verweisen, dass Nikolaus von Flüe mit Einverständnis seiner Frau in die Einsiedelei zog und sein ältester Sohn zu diesem Zeitpunkt schon erwachsen war und den Hof und die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen konnte; man könnte Matthäus 10,37 zitieren ("Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert"); aber ich glaube, das eigentlich Bezeichnende an solchen Äußerungen – ich erinnere z.B. auch an Pater Brodys Einlassungen zur Hl. Rita und zum Hl. Bonifatius – liegt auf einer grundsätzlicheren Ebene: Es fällt dem heutigen Menschen (und vielleicht nicht nur diesem) offenkundig leichter, die Heiligen zu kritisieren, als sich von ihnen kritisieren zu lassen. Das wäre, o weh, schon wieder ein mögliches Thema für einen eigenständigen Artikel.
Am Freitag, also gestern, wollte ich mit dem Jüngsten mal wieder zur Eltern-Kind-Gruppe auf dem "Rumpelberg", wie er zu sagen pflegt – d.h. bei der Gemeinde auf dem Weg. Allerdings waren die Kinder an diesem Morgen extrem schwer wach zu kriegen, und als wir dann losgehen wollten, waren die Schuhe des Knaben unauffindbar. Okay, das ist übertrieben formuliert, denn letzten Endes fand ich die Schuhe ja doch; allerdings war es inzwischen absehbar, dass wir keine Chance hatten, nach dem Zur-Schule-Bringen der Großen noch annähernd rechtzeitig zur "Rumpelberggruppe" zu kommen. Nach einigem Abwägen ging ich dann aber doch mit ihm hin, trotz einer soliden halben Stunde Verspätung; und das war auch gut so: Am Abend sagte der Knabe, für ihn sei der Besuch bei der Spielgruppe das Beste am ganzen Tag gewesen.
Dabei war an diesem Tag durchaus noch mehr los. Erst machten wir einen Spaziergang zum See, aber da war es uns zu windig; pünktlich zum Angelusläuten standen wir dann vor der Tür von Herz Jesu Tegel – vor der Tür wohlgemerkt, denn die war aus ungeklärten Gründen zu. Wohlgemerkt, alle Eingänge der Kirche waren verschlossen, ebenso wie die Tür zur Besuchertoilette samt Babywickeltisch und Büchertauschregal. Möglicherweise war der Grund ganz banal – für das Öffnen und Schließen der Kirche, sofern es nicht an die Gottesdienstzeiten geknüpft ist, sind Ehrenamtliche zuständig, vielleicht war die Person, die am Freitag die Kirche hätte aufschließen sollen, also einfach irgendwie verhindert und es war bis 12 Uhr einfach noch niemandem aufgefallen, jedenfalls niemandem, der diesbezüglich etwas hätte unternehmen können –, aber trotzdem, es kam mir sonderbar vor. Eigentlich hätte ich gern später noch einmal nachgesehen, ob denn die Eucharistische Anbetung (ab 15 Uhr) stattfand, aber aus Gründen, die im Folgenden zu schildern sein werden, kam ich dazu nicht.
Nachdem wir vor dem verschlossenen Kirchenportal den Angelus gebetet hatten, waren wir erst einmal unschlüssig, was wir jetzt tun sollten; schließlich einigten wir uns darauf, zur Spieleisenbahn in den Hallen am Borsigturm zu gehen. Eine folgenreiche Entscheidung, denn wie sich zeigte, feierte dieses Einkaufszentrum gerade sein 24jähriges Bestehen, und aus diesem Anlass gab es allerlei "Programm": Gewinnspiele, Kinderschminken, einen Bastel-Workshop und so weiter. Es war also absehbar, dass wir von dort so schnell nicht wieder wegkommen würden; daher benachrichtigte ich meine Liebste, die von der Arbeit aus ebenfalls zum Einkaufszentrum kam und mit dem Jüngsten auch dort blieb, als ich los musste, um die Große von der Schule abzuholen. Als ich mit ihr zu den Borsighallen zurückkehrte, spielte dort auf einer kleinen Bühne eine Band, was mich veranlasste, mit meinen Kindern eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen (vor allem mit dem Jüngsten, das Tochterkind war da etwas zurückhaltender). Dann ging ich mit der Großen zum Kinderschminken, wo wir ziemlich lange anstehen mussten, und währenddessen gewann der Jüngste bei einem Quizspiel Kinokarten für die ganze Familie. "Schule der magischen Tiere 3", am Sonntag, also morgen. Das ist eine Sondervorstellung, das Kino wird also voll sein mit Kindern, die ihre Tickets bei einem Gewinnspiel im Rahmen dieses Einkaufszentrums-Jubiläums gewonnen haben. Das kann ja heiter werden...
Geistlicher Impuls der Woche
Man findet das Alter des Baumes an dem abgesägten Stamm, indem jedes Jahr ein neuer Ring sich um den Stamm ansetzt; so viele Ringe daher gezählt werden können von der Mitte des Baumes bis zur Rinde, so viele Jahre hat er schon gestanden. Man kann an der verschiedenen Breite der Ringe zugleich bemerken, wie die einzelnen Jahre gewesen sind, nass oder trocken, ob viel Sturm und von welcher Seite er den Baum betroffen, ob der Baum frei der austrocknenden Sonne ausgesetzt war oder im kühlen schattigen Waldesschoß aufgewachsen ist, und solches kann man sehen bis auf mehrere Jahrhunderte zurück, wenn der Baum sehr alt ist. Wie nun zuletzt der ganze Baum aus solchen Jahresringen zusammengesetzt und wie gleichsam sein ganzes Schicksal während der verschiedenen Jahre eingewachsen ist, so verhält es sich auch mit der menschlichen Seele. Ein jedes Jahr, das wir leben, lässt seine Spuren in der Seele zurück; das Gute, das wir tun, das Böse, das wir in christlichem Geist erdulden, die neuen Erkenntnisse, die wir bekommen, das andächtige Gebet, das wir verrichten, die Versuchung, die wir überwinden, die Selbstverleugnung, die wir uns auflegen: alles dieses prägt sich in die Seele ein und bleibt darin als Errungenschaft hinterlegt. Desgleichen aber auch die Sünde. Wenn das unnütze Wort zur Rechenschaft gezogen wird, das stumme Zürnen des Gerichtes schuldig macht und der unreine Blick vor Gott Ehebruch im Herzen ist, so haben wir uns dies nicht anders zu denken, als dass selbst der Gedanke, die Begierde, das Wort eine Spur in der Seele zurücklässt, die beim Gericht zutage kommt, so dass die Seele in sich selbst alles aufgezeichnet findet, wie die Jahresringe zutage kommen, wenn der Baum abgesägt wird. Die Seele ist zuletzt umkleidet und zusammengesetzt von allen Spuren, die im Erdenleben jedes Jahr und selbst jeder Tag zurückgelassen und darin angelegt hat.
(Alban Stolz, "Kleinigkeiten")
Ohrwurm der Woche
Amy Winehouse: Valerie
Seinen Status als Ohrwurm der Woche verdient der hier ausgewählte Song vorrangig der Tatsache, dass ich ihn innerhalb einer Woche in zwei verschiedenen Live‐Coverversionen gehört habe: einmal bei der Auftaktkundgebung zum diesjährigen Marsch für das Leben (dass das Lied dort gespielt wurde, fand sogar die taz erwähnenswert; und ehrlich gesagt hätte ich ohne die Erwähnung im taz-Artikel nicht einmal gewusst, wie der Song heißt – bei dem Titel "Valerie" denke ich normalerweise an den gleichnamigen, ansonsten aber ganz unähnlichen Song von Steve Winwood...) und dann noch einmal beim Showprogramm zum Jubiläum der Hallen am Borsigturm. Fand ich bemerkenswert.