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Samstag, 31. Mai 2025

Die 3 K der Woche (27): Kinder, Kirche, Kontraste

Es gibt mal wieder eine Menge zu berichten, Freunde; sogar so viel, dass ich zeitweilig erwogen habe, einzelne thematische Abschnitte aus dem Wochenbriefing auszulagern, damit es keine Überlänge bekommt. Bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass die Länge des Artikels so gerade noch vertretbar ist. Seht selbst! 


Vom volkskirchlichen zum missionarischen Mindset mit Bischof Oster 

Vergangenen Samstag war in Berlin DFB-Pokalfinale (Stuttgart gegen Bielefeld; Fans dieser beiden Vereine mögen es mir verzeihen, aber ich finde, daran, dass das das Finale war, sieht man mal wieder, wie sehr der Pokal eine andere Welt ist als die Liga), und aus diesem Anlass war der Sportbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Passauer Bischof Stefan Oster, in der Stadt, um an einem gewissermaßen zum Rahmenprogramm dieses Sportereignisses gehörenden ökumenischen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche mitzuwirken. Am Abend zuvor nahm er aber noch einen anderen Termin in Berlin wahr: Im zur derzeit wegen Renovierung geschlossenen Kirche St. Elisabeth in Tempelhof gehörenden Kardinal-Bengsch-Saal hielt er einen Vortrag zum Thema Neuevangelisierung. Diese Veranstaltung war am vorangegangenen Sonntag in der Messe in St. Joseph Siemensstadt in den Vermeldungen angekündigt worden, obwohl sie buchstäblich am anderen Ende Berlins stattfand; eigentlich wären meine Liebste und ich da gern zusammen hingegangen, aber wir kamen dann doch zu dem Schluss, dass diese Veranstaltung für die Kinder wohl nicht so attraktiv sein würde, also einigten wir uns schließlich darauf, dass ich allein hinging. Auf dem Weg dorthin fiel eine S-Bahn aus, und so kam es, dass die "Anmoderation" des Vortrags (durch den örtlichen Pfarrer) schon lief, als ich im Saal ankam; im Übrigen war der Saal, der schätzungsweise 150 Zuhörer fasste, voll besetzt, ja eigentlich sogar mehr als voll besetzt, aber ich wusste mir zu helfen, griff mir einen Stuhl aus einem Nebenraum und setzte mich dazu. 

Der Vortrag war brillant. Inhaltlich war mir zwar Vieles daran nicht direkt neu, da ich mich mit der Frage, wie man von einem volkskirchlichen zu einem missionarischen Mindset kommen kann, ja schon länger beschäftige; aber es war schon sehr erfrischend und ermutigend, die Thesen dieses Vortrags aus dem Mund eines Bischofs zu hören, und davon abgesehen ist der Oster einfach ein sehr guter Redner. Ich will hier nur mal ein paar Passagen wiedergeben, die mich besonders angesprochen haben: 

"Ich bin ein Kind der Volkskirche und hab die auch noch gern und hab auch viel davon gelernt, aber ich hab den Eindruck, das ist eine Sozialgestalt von Kirche, die vergeht – und die auch eigentlich keine geistliche Kraft mehr hat." 

"Katholizismus in einem ländlichen Raum, vielleicht auch in der Stadt oder in der Diasporasituation, ist zunächst mal sehr strukturkonservativ. Und solange wir die Strukturen einigermaßen aufrechterhalten können, solange wir genügend Geld haben – und die katholische Kirche in Deutschland hat immer noch genügend Geld –, ändert sich im Grunde ganz wenig. Und wenn wir die Menschen fragen, die Gläubigen fragen, die Hauptamtlichen fragen: Was ist denn die Strategie für die Kirche von heute und morgen?, dann kommt fast immer nur: Doppelte Anstrengung von dem, was wir eh schon immer g'macht ham. Und wir merken, das stimmt einfach nicht mehr, das geht einfach nicht mehr." 

"Wenn ich versuche, in meinem Bistum Evangelisierungsbemühungen zu vertiefen, zu intensivieren, Gruppen zu starten, dann kommt der Widerstand viel stärker von innen als von außen. Der Bischof will uns jetzt wieder katholisch machen, gä. Wir haben doch ein Level von liberalem Katholizismus erreicht, mit dem sind wir doch alle zufrieden. Das ist so der Tenor. Oder: Jetzt macht der da 'ne Gruppe, das ist seine Sekte da jetzt, gä, das sind die ganz Frommen. Aber wir wissen doch eigentlich, wie Katholischsein geht. Weil wir machen das allerweil scho. Der Heilige Allerweil ist der wirkmächtigste Heilige im Bistum Passau." 

"Ich glaub, das Ziel eines Christen von heute und morgen ist, Menschen zu Christus zu führen und selber ein heiliges Leben zu leben." 

Innerhalb von fast einer Stunde Redezeit sprach Bischof Oster eine Vielzahl von Aspekten zur Situation des Glaubens und der Kirche in der gegenwärtigen Gesellschaft an, die eigentlich eine genauere Betrachtung verdienen würden, aber das kann ich hier und jetzt nicht leisten; auf den einen oder anderen Punkt komme ich eventuell bei geeigneten zukünftigen Gelegenheiten noch zurück. – An den Vortrag sollte sich eine Diskussion mit dem Publikum anschließen; dazu gab es eine solche Menge von Wortmeldungen, dass der als Moderator agierende Pfarrer darum bat, zunächst nur Fragen an den Bischof zu richten. Bischof Oster beantwortete fünf Fragen, und dies so ausführlich, dass damit nochmals eine halbe Stunde rumging. 

Ich hatte eigentlich auf eine Gelegenheit gehofft, im Rahmen der Publikumsdiskussion das Projekt "Pfarrhausfamilie" vorzustellen, sah aber nicht so recht, wie ich dies als Frage an den Bischof hätte formulieren sollen, also hielt ich mich erst mal zurück. Als der "gemütliche Teil" des Abends eingeläutet wurde, besorgte ich mir erst mal eine Laugenbrezel und eine Limo und sondierte dann die Chancen, noch ein paar Worte mit Bischof Oster zu wechseln; aber natürlich war er umgeben von einer Traube von Menschen, die denselben Wunsch verspürten. Ich war schon drauf und dran, aufzugeben, da lief mir - - - die Frau vom Achor-Hof (nennen wir sie ruhig bei ihrem Namen: Claudia) über den Weg. Sie schien sich genauso über diese unverhoffte Begegnung zu freuen wie ich, und irgendwie motivierte mich das, doch noch länger zu bleiben. Kurze Zeit nachdem ich diesen Entschluss gefasst hatte, kam ich mit dem Pfarrer ins Gespräch, und danach stellte ich fest, dass die Traube um Bischof Oster sich inzwischen aufgelöst hatte und er mir fast von selbst über den Weg lief. Also sprach ich ihn doch noch an. 

Anknüpfend an das, was er über das volkskirchliche Mindset gesagt hatte, das sich in den Strukturen der Kirche immer noch hartnäckig halte, merkte ich an, ich nähme eine gewisse Lücke zwischen der institutionellen Kirche und dem unorganisierten alltäglichen Laienapostolat wahr: "Beides existiert nebeneinander und kommt nicht so richtig zusammen." Bischof Oster warf ein, dieses Problem sehe er durchaus auch. Daraufhin bemühte ich mich, das Pfarrhausfamilien-Projekt als eine Möglichkeit zu empfehlen, diese Lücke zu überbrücken. Dabei hatte ich durchaus nicht die Erwartung, dass Bischof Oster mich mit diesem Konzept vom Fleck weg für sein Bistum engagieren würde – tatsächlich merkte er an, Kirchenstandorte, die infolge von Pfarreifusionen mehr oder weniger verwaist seien und einer Neubelebung bedürften, gebe es im Bistum Passau nicht im selben Maße wie anderswo –, aber ich betrachtete das Gespräch gewissermaßen als eine Gelegenheit, zu üben, für die Projektidee zu werben. Und ich würde sagen, in dieser Hinsicht verlief es erfolgreich: Die Grundzüge des Konzepts leuchteten dem Passauer Oberhirten unmittelbar ein. Eine kritische Anmerkung hatte er allerdings auch: Er meinte, ein Projekt in der Größenordnung, wie es uns vorschwebt, könne eine Familie allein gar nicht bewältigen; allein um verlässliche Öffnungszeiten für eine offene Kirche zu gewährleisten, brauche man schon ungefähr zehn Leute. Ich nehme diesen Einwand durchaus ernst, würde aber sagen, irgendwie muss man ja mal anfangen – und solange man keine zehn Leute hat, die mitmachen, macht man halt nur so viel, wie man mit weniger Leuten schafft. Wenn man z.B. für die offene Kirche keine festen Öffnungszeiten gewährleisten kann, kauft man sich halt eine Beachflag und stellt sie immer dann vor der Kirche auf, wenn diese geöffnet ist. Nicht problemorientiert denken, sondern lösungsorientiert – ich würde sagen, auch das gehört zu einem missionarischen Mindset. 


Patronatsfest in St. Rita 

Wie schon angekündigt, fuhren wir am Sonntag ausnahmsweise mal nach St. Rita in die Messe, da die dortige Gemeinde ihr Patronatsfest nachfeierte: Die Hl. Rita von Cascia (1381-1447) ist eine Heilige aus dem Augustinerorden, weshalb das 1935 errichtete Augustinerkloster im Westen von Berlin-Reinickendorf – wo die Seelsorge für die katholische Bevölkerungsminderheit schon seit 1929 in den Händen dieses Ordens lag – nach ihr benannt wurde, und ebenso die erst 1951/52 an das Kloster angebaute Pfarrkirche. Der Gedenktag der Hl. Rita ist der 22. Mai, ihr Todestag; der fiel in diesem Jahr auf einen Donnerstag, eine Messe gab es da in "ihrer" Kirche nicht, die wurde am Sonntag nachgeholt, weshalb da nicht die Texte vom 6. Sonntag der Osterzeit zum Einsatz kamen, sondern die aus dem Proprium der Heiligen (1. Lesung Sprichwörter 2,1-15; 2. Lesung Römer 12,9-21; Evangelium Johannes 15,1-14). 

Dem Wochenplan der Pfarrei zufolge hätte Pater Mephisto die Messe zelebrieren sollen; tatsächlich konzelebrierte er aber nur, denn als Hauptzelebranten und Festprediger hatte er einen Ordensbruder aus dem Wallfahrtsort Maria Eich bei München eingeladen. Der Zelebrationsstil dieses Paters mutete zunächst einigermaßen "konservativ" an: Es kam viel Weihrauch zum Einsatz, es gab eine gesungene Eröffnung und ein gesungenes Tagesgebet. Auch die Predigt begann durchaus vielversprechend – nämlich mit der Feststellung, wir lebten "in einer Welt, die uns oft vorkommt, als sei sie verrückt geworden; vom "Geschwindigkeitswahn der Veränderung" war die Rede und davon, dass der moderne Mensch "abgestumpft und blind" sei "durch die wiederkehrenden Krisen unserer Zeit". Als der Pater über die Biographie der Hl. Rita sprach, verschwieg er auch nicht, dass sie, als ihre Söhne nach der Ermordung ihres Mannes eine Blutrache beabsichtigten, gebetet haben soll, ihre Söhne sollten lieber sterben als zu Mördern werden – eine Bitte, die ihr durch den Tod ihrer Söhne im Zuge einer Pestepidemie dann auch tatsächlich gewährt wurde. "Ein schwieriger Gedanke für uns moderne Menschen." Im Ganzen versandeten die interessanten Ansätze der Predigt jedoch allzu bald in jenem so verbreiteten, von gravitätischen Kunstpausen und Redundanzen geprägten Sprachduktus, den ich hier schon öfter kritisiert habe ("Rita betete um Frieden. Um Frieden betete sie"), und am Ende wusste man nicht mehr so richtig, was der Prediger eigentlich sagen wollte. 

Zu Beginn des eucharistischen Teils der Messe gab es noch einmal reichlich Weihrauch, und eine gesungene Präfation gab es auch; als der Zelebrant jedoch die Aufforderung "Erhebet die Herzen" durch die Frage "Wo habt ihr die Herzen?" ersetzte, dachte ich: Nanu, was ist denn jetzt los? Sind wir hier im Kasperletheater? Am Ende des Eucharistischen Hochgebets wurde die Gemeinde aufgefordert, die Schlussdoxologie ("Durch Ihn und mit Ihm und in Ihm...") gemeinsam mit den zelebrierenden Priestern zu sprechen; das kannte ich so bisher nur vom ehemaligen Tegeler Gefängnispfarrer. (Damit übrigens niemand glaubt, ich hielte mich hier über Fragen des persönlichen Geschmacks auf: Die Gemeinde Teile des Eucharistischen Hochgebets mitsprechen zu lassen – abgesehen von den vorgeschriebenen Akklamationen, versteht sich –, wird in der Instruktion Redemptionis Sacramentum als schwerwiegender Missbrauch eingeordnet.) Dass beim Vaterunser kaltblütig ein Robbenbaby gemeuchelt wurde, war nach alledem auch keine Überraschung mehr; dennoch war ich einigermaßen konsterniert, nachdem der zelebrierende Priester zunächst einen ganz anderen Eindruck auf mich gemacht hatte. Manchmal drängt sich einem ja wirklich der Gedanke auf, manche Geistliche können abends nicht ruhig schlafen gehen, wenn sie am Tag nicht ein paar mittelschwere liturgische Missbräuche begangen haben; und ich habe manchmal den Eindruck, besonders ausgeprägt ist das, zumindest hierzulande, bei Ordensgeistlichen. Ich frage mich wirklich, woran das liegen könnte. Hat da jemand eine Idee? 

Über die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes, für die die Band Rita(r)dando und der Frauenchor Blue Ladies verantwortlich zeichneten, könnte man mit eineinhalb zugekniffenen Augen behaupten, sie habe insofern gut zur Liturgie gepasst, als sie ebenso wie diese relativ gut anfing und immer schlimmer wurde; aber schauen wir's uns ruhig mal etwas differenzierter an: Die Gruppe Rita(r)dando hatte ich ja bereits letztes Jahr in der unsäglichen Karnevalsmesse am selben Ort erlebt und hinsichtlich ihres musikalischen Könnens, unbeschadet der eher fragwürdigen Liedauswahl, als "überraschend gut" bewertet; diesen Eindruck bestätigte die Band auch diesmal wieder: Die Leute können was, die spielen durchaus in einer anderen Liga als manche anderen NGL-Bands, die ich schon hier und da in Gottesdiensten gehört habe. Aber auch die seinerzeit festgehaltene Beobachtung, die Gruppe neige zuweilen allzu sehr zu einem "Pop-Schlager-Sound à la Flippers", bestätigte sich leider erneut. Das finde ich umso ärgerlicher, als das NGL in seiner Blütezeit in den 70er Jahren – oder sagen wir präziser: der Sacropop à la Peter Janssens, Ludger Edelkötter etc. – meiner Überzeugung nach eigentlich ein religiös motiviertes Subgenre des Krautrock war (eine These, zu der ich eigentlich mal ein Buch schreiben müsste, wenn ich nur mal die Zeit fände). Der Schlager-Stil war bei einem anstelle eines Antwortpsalms vorgetragenen Lied, "Mache ein Zuhause für dein Wort" von Stephanie Dormann, besonders ausgeprägt. – Zu den Fürbitten steuerten Rita(r)dando und Blue Ladies einen gesungenen Antwortvers bei, in dem die Hl. Rita um Fürsprache angerufen wird, und zwar auf die Melodie von "Der Himmel geht über allen auf" aus dem Skandal-Musical "Ave Eva". Dass zur Gabenbereitung "Nimm, o Gott, die Gaben, die wir bringen" (GL 188) dargeboten wurde, dessen Melodie bekanntlich aus "Jesus Christ Superstar" stammt, ist bei NGL-Messen ja schon so ziemlich Standard; dass aber zum Agnus Dei – oder sagen wir: da, wo das Agnus Dei eigentlich hingehört hätte – "Hevenu Schalom Aleichem" gesungen wurde (wobei ein Teil der Gemeinde eifrig mitklatschte), ging mir dann doch über die Hutschnur. Als Danklied nach der Kommunion wurde eine weitere fröhliche Mitklatsch-Nummer, "He's Got the Whole World in His Hand", gesungen. Zum Auszug schließlich gab es die Weltjugendtagshymne "Jesus Christ, You Are My Life", und ich stelle fest, dass ich auf dieses Stück, obwohl ich es an und für sich als "gar nicht so schlecht" einordnen würde, zunehmend allergisch reagiere. Diese Reaktion müsste ich vielleicht mal genauer analysieren. 

Übrigens verfügt die Kirche St. Rita über eine Kinderspielecke mit einem Mal- und Basteltisch, und da unser Jüngster schon beim Betreten der Kirche verkündete, er wolle malen, suchten wir uns Plätze in unmittelbarer Nähe dieser Kinderspielecke – mit dem vorhersehbaren Ergebnis, dass unsere Große ebenfalls während der Messe malen und basteln wollte. Der Erfolg dieser Maßnahme war, dass die Kinder "beschäftigt" waren und sich während des größten Teils der Messe einigermaßen ruhig und friedlich verhielten; aber eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass zumindest unsere Große (die sich ja allmählich dem Erstkommunion-Alter nähert) sich ein bisschen mehr auf den Gottesdienst konzentriert. Ich bin geneigt zu sagen, das illustriert recht gut, dass diese Kinderspielecke – wie auch andere Formen von Kinderbetreuung in anderen Kirchen –  für die Erwachsenen da ist, in dem Sinne, dass sie einen möglichst störungsfreien Ablauf des Gottesdienstes gewährleisten soll. Unter katechetischen Gesichtspunkten finde ich sie eher kontraproduktiv. 

Die befreundete Familie, die uns gewissermaßen zu dieser Veranstaltung "eingeladen" hatte, war übrigens nicht in der Messe, fand sich aber rechtzeitig zum Beginn des "geselligen Teils" ein, bei dem es Grillwurst und Käsestullen sowie allerlei Knabberkram und Getränke für lau gab und die Kinder trotz ungemütlichen Nieselwetters im Klostergarten herumtollten. Zudem gab es die Möglichkeit, in der Rita-Kapelle einen Einzelsegen mit einer Reliquie der Hl. Rita zu erhalten, und auch die Tatsache, dass der Diakon diesen Segen spendete, konnte uns nicht davon abhalten, von dieser Gelegenheit Gebrauch zu machen. Alles in allem war es also wohl doch die richtige Entscheidung, an diesem Sonntag nach St. Rita zu gehen, aber einen gewissen spirituellen Hunger hinterließ es doch. 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Nachdem wir am Sonntag im Anschluss an das Rita-Fest nach Röntgental gefahren waren, um uns mit meinen Schwiegermüttern, einer Cousine meiner Liebsten und deren Sohn in einem Restaurant zu treffen, fiel der reguläre "Omatag" am Montag aus; stattdessen unternahm ich mit dem Jüngsten mal wieder einen Ausflug ins Umland. Zunächst verschlug es uns diesmal in die Ofenstadt Velten – wo wir eigentlich nur hatten umsteigen wollen, aber infolge einer Zugverspätung verpassten wir am Bahnhof Velten unseren Bus und fanden daraufhin, wir könnten uns ruhig erst mal im Städtchen umsehen. Tatsächlich gefiel mir Velten ziemlich gut. 



Die Stadt scheint alles zu haben, was man zum Leben braucht. 

Unser nächstes Ausflugsziel war Leegebruch, ein Vorort von Oranienburg; die dortige St.-Petrus-Kirche erreichten wir genau in dem Moment, als die Glocken zum Regina Coeli zu läuten begannen. In die Kirche hinein kamen wir nicht, aber das hatte ich auch nicht unbedingt erwartet. 



Kurz darauf schlief der Jüngste im Kinderwagen ein; das Vorhaben, auch noch nach Birkenwerder zu fahren – wo es ein Karmeliterkloster gibt – verschob ich daraufhin auf ein Andermal. 

Am Dienstag nach der "Rumpelberggruppe" hielten wir in St. Joseph Tegel eine schöne und ausgedehnte "Beten mit Musik"-Andacht (mit fünf Liedern!) ab, während draußen drei Bauarbeiter die Fugen im Mauerwerk ausbesserten. Bevor wir wieder gingen, hatte der Knabe ein paar Fragen an die Bauarbeiter – bezüglich ihrer Arbeit und ihrer Werkzeuge –, und einer von den dreien schien sehr erfreut über sein Interesse und erklärte ihm sehr geduldig und freundlich alles, was er wissen wollte. – Darüber, ob ich tags darauf wie üblich mit dem Jüngsten in Heiligensee zur Messe gehen sollte, war ich zunächst etwas unschlüssig, in erster Linie deshalb, weil wir am späten Vormittag zu einem Kinderarzttermin mussten, was bedeutete, dass für das Frühstück nach der Messe nicht viel Zeit blieb. Und dann stellte ich beim Blick in den Zelebrationsplan auch noch fest, dass für diesen Mittwoch gar keine Heilige Messe angekündigt war, sondern eine Wortgottesfeier mit dem Diakon. Sollte ich mir das wirklich antun? Nun, letztlich erübrigte sich die Frage dadurch, dass der Knabe am Mittwochmorgen so schwer aus dem Bett zu kriegen war, dass wir es sowieso nicht pünktlich nach St. Marien Maternitas geschafft hätten. Glück für den Diakon, schätze ich. 

Zum JAM am Nachmittag kam ich aber wieder mit, auch wenn ich mir zeitweilig wünschte, ich wäre doch lieber nach Hause gegangen. Die Schulfreundin unserer Tochter, die schon mehrmals zum JAM mitgekommen war, war mal wieder dabei, was ich im Prinzip gut fand, was aber auch dazu beitrug, dass die beiden Mädchen sehr albern und überdreht waren; aufs Elterncafé hatte ich keine Lust, folglich fand ich es besonders ärgerlich, dass die Eltern nach der gemeinsamen Eröffnung recht nachdrücklich zum Verlassen des Saales aufgefordert wurden, in dem das Kinderprogramm stattfand. Kurz entschlossen setzte ich mich ins Foyer und kümmerte mich um meinen eigenen Kram, bis es Abendessen gab. Unser Jüngster ging übrigens mit zum Elterncafé, da er sich nicht von seiner Mami trennen mochte; das Tochterkind erzählte mir beim Abendessen, in der Kinderkatechese sei es um die Bekehrung des Paulus gegangen. 


Weißt du, wo der Himmel ist? 

Am Himmelfahrtstag wollten meine Schwiegermütter die Kinder auf einen Ausflug mitnehmen (mit dem Auto) und hatten vorgeschlagen, dass wir uns dazu in Bernau treffen sollten; für den Messebesuch am Morgen stellte uns das vor die Alternative, früh nach St. Stephanus Haselhorst zu fahren und nach der Messe von dort aus nach Bernau zu fahren, oder gleich nach Bernau zu fahren und dort in der unweit des Bahnhofs gelegenen Herz-Jesu-Kirche in die Messe zu gehen. Da war ich noch nie gewesen und meine Liebste schon seit vielen Jahren nicht mehr; wir beschlossen also, es mal auszuprobieren. 

Ich weiß nicht, ob es anderen auch so geht, aber wenn ich einen Gottesdienst in einer Kirche besuche, in der ich noch nie zuvor war, halte ich unwillkürlich nach Indizien dafür Ausschau, was mich da wohl erwartet. Solche Indizien können aber natürlich trügerisch sein. So kann man von der Innenraumgestaltung einer Kirche nicht unbedingt auf die theologische, liturgische und/oder "kirchenpolitische" Ausrichtung der Gemeinde schließen; einmal, weil die Innenraumgestaltung in der Regel schon mindestens einige Jahrzehnte alt ist und eine Gemeinde sich in dieser Zeit wandeln kann, aber auch, weil es für die Gläubigen in der Diaspora oft nicht so einfach ist, sich auszusuchen, wo sie zur Messe gehen wollen, und auch das geistliche Personal sich seinen Einsatzort nicht unbedingt aussuchen kann – und schon gar nicht danach, ob ihnen der Kirchenraum zusagt. Gleichwohl ist zu bedenken, was mein Freund Rod Dreher im Liturgie-Unterkapitel der "Benedikt-Option" schreibt: 

"Stell Dir vor, Du besuchst eine katholische Messe in einer öden vorstädtischen Kirche aus den 70ern, die aussieht wie eine umfunktionierte Pizza-Hut-Filiale. Am nächsten Sonntag nimmst Du an einem Hochamt in der St.-Patricks-Kathedrale in New York City teil. Die Schriftlesungen sind an beiden Orten dieselben, und Jesus ist in der Eucharistie in 'Unserer Lieben Frau von der Pizza Hut' genauso real präsent wie in der Kathedrale. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass Du in der vorstädtischen Kirche größere Mühe haben wirst, eine Empfindung für die Heiligkeit der Messe in Dir zu wecken, als in der Kathedrale" (S. 173/Paperback-Ausgabe S. 185).

Unter diesem Aspekt sagt es dann eben schon etwas aus, wenn der oder das Tabernakel außerhalb des Altarraums steht und der Altarraum mit Wandtafeln "geschmückt" ist, die aussehen wie nackte Spanplatten aus dem Baumarkt. 


Der im Stil des Historismus gehaltene Kreuzweg stellt dazu einen recht intensiven Kontrast dar.

Ebenso sagt es noch nicht zwingend etwas über die Ausrichtung einer Gemeinde aus, wenn in einer Kirche, die theoretisch 300 Menschen Platz bieten würde, an einem Hochfest (das zudem ein gesetzlicher Feiertag ist, sodass mit Ausnahme einiger besonderer Berufsgruppen eigentlich alle "frei haben" müssten) nur rund 50 Leute zur Messe erscheinen, von denen schätzungsweise 80% bereits im Rentenalter sind; aber die Erfahrung spricht doch sehr dafür, dass es sich um eine liberale Gemeinde handelt. – Andererseits schien die Tatsache, dass der Zelebrant mit deutlichem polnischen Akzent sprach, die Hoffnung zu nähren, dass es in dieser Messe doch einigermaßen rechtgläubig zugehen würde. 

Als der Geistliche jedoch seine Predigt mit einer Erinnerung an die Zeit eröffnete, als er "in solchem Alter war wie die älteren Ministranten/-innen", dachte ich: Auweia. Korrekt gegendert war das natürlich nicht, aber ein gewisses "Appeasement" gegenüber der Gender-Ideologie zeigt sich in dieser Formulierung wohl doch. Inhaltlich ging es in dieser Eröffnungs-Anekdote darum, dass der Prediger seinerzeit nicht in dieselbe kirchliche Jugendgruppe gehen wollte, in der sein älterer Bruder und dessen Freunde waren, und darum in einer von Jesuiten geleiteten Jugendgruppe landete; und ich dachte unwillkürlich: Das war dann wohl der Anfang allen Übels. – Der weitere Verlauf der Predigt war inhaltlich im Guten wie im Bösen nicht sonderlich bemerkenswert; "allein ich gähnete für Langeweile", wie Moses Mendelssohn mal in einer Theaterkritik schrieb. Zum Beispiel darüber, dass zum Thema Himmelfahrt wieder einmal die Tatsache strapaziert wurde, dass es im Englischen zwei verschiedene Wörter für "Himmel" gibt – für das Himmelsgewölbe über uns (sky) und den Ort, wo Gott wohnt (heaven). Am Ende der Predigt rezitierte der Priester drei Strophen aus dem Lied "Weißt du, wo der Himmel ist?" von Wilhelm Willms. Urgh. Der 2002 verstorbene Willms gilt ja weithin als der "Poet" unter den klassischen NGL-Textern, und ich muss sagen, ich habe das nie verstanden: Die meisten seiner Liedtexte empfinde ich als banal und unfreiwillig komisch, von schiefen Metaphern und plumpem Reimgeklingel geprägt. Das fällt umso mehr auf, wenn diese Texte nicht gesungen, sondern im typisch zerdehnten, Bedeutungsschwere suggerierenden Predigtstil vorgetragen werden. 

Nun ist sicherlich auch eine schwache Predigt noch kein zwingender Indikator dafür, wie die Gemeinde und/oder ihr geistliches Personal insgesamt eingestellt ist, aber man muss leider sagen, dass es nach der Predigt – oder genauer gesagt nach dem Apostolischen Glaubensbekenntnis, an dem es nichts auszusetzen gab, außer dass mir schien, dass der Zelebrant das Wort "katholische" ein bisschen vernuschelte; das muss aber nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben – praktisch nur noch bergab ging. Wenn ich bedenke, dass ich an den Fürbitten beim Erstkommunion-Gottesdienst in Siemensstadt kritisiert habe, durch die Nennung der Ukraine und des Nahen Ostens in der Bitte um Frieden werde diese Bitte "unterschwellig politisiert", fühle ich mich jetzt veranlasst, dem Gemeindereferenten, der diese Fürbitten formuliert hat, Abbitte zu leisten, denn in Herz Jesu Bernau wurde beim Thema Frieden explizit und ausschließlich "für die Menschen in Gaza" und "für die Menschen in der Ukraine" gebetet und nicht für die Menschen in Israel und Russland, die auch unter dem jeweiligen Krieg leiden. Auch eine Bitte "für die Menschen, die unter dem Klimawandel leiden" fehlte nicht. – Als Höhepunkt des Ganzen wurde auch hier die Gemeinde am Ende des Eucharistischen Hochgebets aufgefordert, aufzustehen und die Schlussdoxologie gemeinsam zu sprechen, und auch hier wurde beim Vaterunser ein Robbenbaby geschlachtet. 

Eigentlich sollte man solche Fälle direkt zur Anzeige bringen. Das Problem dürfte allerdings sein, dass das zu nichts führt. Ich erinnere mich da an einen Priester in Stuttgart, dessen Zelebration ein wahres Feuerwerk an groben liturgischen Missbräuchen darstellte und der, als ich mich nach der Messe bei ihm beschwerte, ungerührt erwiderte, ich könne ihn ja beim Bistum anzeigen, "oder gleich beim Papst". Solche Leute glauben einfach, sie könnten sich alles erlauben, erst recht wenn sie eine Gemeinde hinter sich haben, die überzeugt sind, was der Priester mache, sei automatisch richtig und über jede Kritik erhaben. In dieser Hinsicht funktioniert liturgischer Missbrauch genauso wie andere Formen von Missbrauch, und man täte gut daran, auch da mal die systemischen Ursachen anzugehen. 

Erwähnt sei schließlich noch, dass die musikalische Gestaltung der Messe über weite Strecken "konservativ" war, d.h. es wurden überwiegend traditionelle Choräle aus dem 15.-18. Jahrhundert gespielt und gesungen; zum Auszug gab es dann das Präludium des "Te Deum" von Marc-Antoine Charpentier (ca. 1692 od. '96) – das den meisten Menschen heutzutage allerdings hauptsächlich als Eurovisions-Fanfare bekannt sein dürfte. Ob das so eine glückliche Assoziation ist? 

Jedenfalls wurde der spirituelle Hunger, den ich schon nach der Sonntagsmesse in St. Rita verspürt hatte, nach dieser Messe in Bernau noch schlimmer, weshalb ich mir sagte, vielleicht sollte ich mir zur Entschädigung die Messe zu Christi Himmelfahrt in St. Joseph Siemensstadt auf YouTube ansehen. Aber ich hatte Pech: Ausgerechnet diese Messe wurde nicht live übertragen und erschien auch später nicht als Aufzeichnung auf dem YouTube-Kanal von St. Joseph


Rückblick auf den Marienmonat 

Heute ist der letzte Tag des Monats Mai, und ich darf zu Protokoll geben, dass dies für meinen Blog ein ausgesprochen ergiebiger Monat war: Zwölf neue Artikel (dieser hier mit eingerechnet) sind erschienen, drei mehr als im Mai des vorigen Jahres; damit erhöht sich die Zahl der im laufenden Kalenderjahr erschienenen Artikel auf 42, sieben mehr als im Vergleichszeitraum 2024. Mein am 13. Mai erschienener Artikel zur Stimmungslage der CDU-Wähler nach dem Amtsantritt der Merz-Regierung ist nach aktuellem Stand der meistgelesene und mit großem Abstand meist-kommentierte des laufenden Kalenderjahres; in Verbindung mit der Tatsache, dass es auch im zweit-meistgelesenen Artikel des laufenden Jahres, "Kommt nach dem Februar der Merz?", um deutsche Politik geht, könnte man den Eindruck haben, es wäre dem Erfolg meines Blogs zuträglich, wenn ich mehr über Politik schreiben würde, aber wie neulich schon mal ausgeführt, habe ich eigentlich eher die Absicht, das Gegenteil zu tun. Denn was nützt mir der Erfolg, wenn ich nicht schreiben kann, was ich will

Im Übrigen war der Monat Mai sehr wesentlich geprägt von der Wahl und dem Amtsantritt des neuen Papstes Leo XIV. sowie, in unserem persönlichen "Nahbereich", von der mehr oder weniger notgedrungenen Entscheidung, den Start des Projekts "Pfarrhausfamilie" erst einmal zu verschieben (dafür aber umso gezielter darauf hinzuarbeiten, dass es möglichst zum Beginn des Schuljahres 2026/27 losgehen kann). – Den Monat Mai, wie es die Tradition verlangt, als Marienmonat zu feiern, ist bei alledem, wie ich gestehen muss, ein bisschen kurz gekommen. Abgesehen davon, dass mittwochs in St. Marien Maternitas anstelle des sonst üblichen Rosenkranzgebets Maiandachten abgehalten wurden, in die der Jüngste und ich zweimal so mehr oder weniger mittendrin hineinstolperten, waren wir in diesem Jahr bei keiner einzigen Maiandacht, geschweige denn dass ich selbst eine gestaltet hätte; und wenn ich abends im Bett Rosenkranz beten wollte, verlor ich dabei regelmäßig den Faden und schlief schließlich ein. Da ist also für die Zukunft durchaus Luft nach oben. Erwähnt sei aber noch, dass unser Jüngster und ich im Mai wieder sieben "Beten mit Musik"-Andachten in St. Joseph Tegel abgehalten haben; das macht insgesamt 32 im laufenden Kalenderjahr, eine ziemlich beachtliche Zahl, würde ich meinen. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Heute ist unser Herr Jesus Christus in den Himmel aufgestiegen. Mit Ihm steige auch unser Herz empor. Er ist aufgestiegen, aber nicht von uns gegangen. So sind auch wir mit Ihm schon dort, wenn unser Leib auch noch nicht erfahren hat, was uns verheißen ist. Er ist schon über die Himmel erhoben. Dennoch leidet Er noch auf Erden alle Mühen und Plagen, die wir, Seine Glieder, empfinden. Das bezeugte er von oben, als er rief: "Saul, Saul, warum verfolgst du mich?" (Apg 9,4), und: "Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen" (Mt 25,35). Warum mühen nicht auch wir uns so auf der Erde, daß wir durch Glauben, Hoffnung und Liebe, die uns mit Ihm verbinden, schon jetzt mit Ihm im Himmelreich ausruhen? Obwohl Er dort ist, ist Er bei uns, und obwohl wir noch hier sind, sind wir auch bei Ihm. Er verließ den Himmel nicht, als Er von dort zu uns herabstieg. Auch ist Er von uns nicht fortgegangen, als Er wieder zum Himmel zurückkehrte. 

(Augustinus, Predigt zu Christi Himmelfahrt) 


Ohrwurm der Woche 

Jay-Z: Hard Knock Life (Ghetto Anthem) 


Facebook bildet – jedenfalls manchmal: Was ich bis vor Kurzem nicht wusste, ist, dass der markante Kinderstimmen-Refrain dieses East Coast-HipHop-Juwels ein Sample aus dem Musical "Annie" ist. Diese Information verdanke ich einem Facebook-"Reel", das einen Ausschnitt aus einem Auftritt der damals zwölfjährigen Musical-Darstellerin Allison Smith in einer Fernsehshow aus dem Jahr 1982 zeigt. Man muss sagen, die junge Dame geht wirklich ultrahart rein in den Song. Das hat mir Lust gemacht, die Version von Jay-Z mal wieder anzuhören, und damit war der Ohrwurm dann im Prinzip schon fertig. Auch wenn ich eigentlich nie ein besonders großer HipHop-Fan und –Kenner war. 


Vorschau/Ausblick 

Die geplanten Aktivitäten für die kommenden Tage – angefangen damit, dass ich heute Abend eigentlich zur Community Networking Night im Baumhaus gehen wollte – stehen insofern unter Vorbehalt, als mich am Abend des Himmelfahrtstags die schröckliche Männergrippe auf die Matte geschickt hat; seither habe ich möglichst viel Zeit im Bett verbracht und werde das wohl auch noch etwas länger tun. Morgen wäre theoretisch wieder Gelegenheit für ein Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst, aber vielleicht schicke ich Frau und Kinder lieber allein dorthin und sehe mir auf der Couch die Live-Übertragung der Messe aus St. Joseph Siemensstadt an. Spätestens am Montag bin ich aber hoffentlich wieder fit, denn da soll die KiTa-Eingewöhnung unseres Jüngsten beginnen. Am Donnerstag habe ich einen erneuten Arzttermin – "nur" ein Vorgespräch zur geplanten OP, aber etwas nervös bin ich deswegen doch –, und am Freitag starten die Kinder einen neuen gemeinsamen Schwimmkurs, der idealerweise mit der Seepferdchen-Prüfung abgeschlossen werden soll. Und dann ist die Woche auch schon wieder rum! 


Donnerstag, 29. Mai 2025

Neues vom Schulkind, den anderen Schulkindern und deren Eltern

Wie schon erwähnt, hatten wir neulich Kinderparty bei uns zu Hause; zusätzlich zu unseren eigenen hatten wir acht Kinder zu Gast, darunter waren vier Schulfreundinnen unserer Tochter – zwei, mit denen sie schon seit ihrer Probewoche vor über zwei Jahren befreundet ist, und zwei, die erst zu Beginn des laufenden Schuljahres eingeschult wurden. Die ersteren beiden waren jeweils schon ein paarmal bei uns zu Besuch gewesen, die letzteren beiden kamen in Begleitung je eines Elternteils – in einem Fall war das die Mutter, im anderen der Vater. Andere Väter kennenzulernen finde ich ja immer spannend, und gerade dieser junge Mann (ich schätze, er ist ein ganzes Stück jünger als ich) war mir spontan sympathisch, seit wir uns im letzten Herbst anlässlich einer Party bei einer gemeinsamen Schulfreundin unserer Töchter begegnet sind. Mit der Mutter der anderen Erstklässlerin unter den Gästen wurde ich hingegen nicht so recht warm, fragte mich allerdings, ob wir ihr nicht vielleicht früher schon mal begegnet sein müssten, da sie erwähnte, ihre Tochter sei, bevor sie zur Schule kam #kindergartenfrei aufgewachsen; eigentlich, so würde ich denken, läuft man sich in dieser Community mehr oder weniger zwangsläufig mal über den Weg. Na ja, aber mehr als das wiederum auch nicht unbedingt: Wir haben ja – besonders "seit Corona" – oft genug die Erfahrung gemacht, wie schwierig es ist, regelmäßige Kontakte zu anderen #kindergartenfrei lebenden Familien zu organisieren. Weil die alle so individualistisch sind. 

Ähnliches ließe sich wohl über Eltern sagen, die ihre Kinder eine freie Alternativschule besuchen lassen, und das ist eigentlich der Hauptgrund, weshalb ich dieses Thema hier anschneide. Ich sag mal so: Während an einer "normalen" staatlichen Grundschule die Eltern der Schulkinder nicht notwendigerweise mehr miteinander gemeinsam haben, als dass sie Kinder im selben Alter haben und im selben Schulbezirk wohnen (wobei letzteres, je nach Sozialstruktur des betreffenden Wohnviertels, durchaus weitere Gemeinsamkeiten implizieren kann), liegt es bei einer Schule, deren Konzept so stark auf selbstbestimmtes Lernen ausgerichtet ist, nahe, bei den Eltern ein gewisses Maß an gemeinsamen "Werten" vorauszusetzen. Also zum Beispiel, dass sie mehr Wert auf die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder legen als darauf, sie aufs Berufsleben vorzubereiten. Das schließt indes nicht aus, dass sie trotzdem ganz unterschiedliche Charaktere sein können und/oder in vielfältiger Hinsicht sehr unterschiedliche Anschauungen haben können. Um's mal auf den Punkt zu bringen: Einen Vater, der zwei Kinder an dieser Schule hat, habe ich schon mal bei einer "Querdenker"-Demo gesehen, während es andererseits auch Eltern gibt, die in der S-Bahn immer noch FFP2-Masken tragen. Der Vater, der seine Tochter zu unserer Party begleitete, sieht von der Frisur über den auffälligen einzelnen Ohrring bis hin zu den Slogans auf seinen T-Shirts so aus wie jemand, den ich bis vor einigen Jahren auch in einer linksautonom-punkigen Kneipe hätte kennenlernen können, die Mutter der anderen Erstklässlerin auf unserer Party wirkt im direkten Vergleich – darf man das sagen? – eher spießig. Was sie von der Kollektion von Marienbildern und Kruzifixen in unserem Wohnzimmer hielten, fragte ich sie vorsichtshalber beide nicht. 

Aber wie dem auch sei: Während die Kinder das Kinderzimmer mit Hilfe ihres zu Weihnachten geschenkt bekommenen tragbaren Audiosystems und einer Farbwechsel-Dino-Lampe in eine Disco verwandelten, gab es am Küchentisch recht interessante Gespräche, nicht nur und nicht einmal hauptsächlich über die Schule, sondern allgemein darüber, wie man sich (und eben besonders seine Kinder) gesellschaftlichen Zwängen entziehen könne, die auf Normierung, Funktionalisierung und Einschränkung von Individualität abzielen. Einigermaßen folgerichtig fiel im Zuge dieser Diskussionen irgendwann auch das Stichwort Anarchismus, und gerade der Vater mit dem Ohrring hatte dazu allerlei anzumerken – so etwa, dass unter Anarchie im allgemeinen Sprachgebrauch ja oft einfach gesetzlose Zustände verstanden würden, die einigermaßen zwangsläufig auf die Unterdrückung der Schwachen durch die Starken hinauslaufen würden; daher werde vielfach nicht verstanden, dass Anarchismus als politisches Konzept auf gegenseitiger Hilfeleistung nach dem Prinzip "Jeder nach seinen Möglichkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" basiere. Wenn man nun gefragt werde, wann und wo in der Welt anarchistische Gesellschaftsentwürfe denn jemals wirklich funktioniert hätten, könne man darauf hinweisen, dass solche Versuche in der Regel nicht aus sich selbst heraus gescheitert, sondern gewaltsam unterdrückt worden seien – wie die Anarchisten im Spanischen Bürgerkrieg, die vom Franco-Regime "plattgemacht" worden seien. Da musste ich dann aber doch mal einhaken und richtigstellen, dass die anarchistische Herrschaft (ein Widerspruch in sich, ich weiß) in Katalonien nicht vom Franco-Regime, sondern von den Stalinisten (sprich: den moskautreuen kommunistischen Milizen) "plattgemacht" wurde. Das war ihm tatsächlich neu. Ich fragte ihn, ob er das Buch "Mein Katalonien" von George Orwell kenne, und da er verneinte, legte ich ihm sehr ans Herz, das mal zu lesen. Hätte ich es auf die Schnelle im Regal gefunden, hätte ich's ihm gleich mitgegeben. 

Die Kinderrepublik, äh, Kinderdisco hat eine strenge Türpolitik.

Eine Woche später waren wir dann beim von der Elternvertretung der Schule unseres Tochterkindes organisierten Familienpicknick in einem Park in Kreuzberg; dort fanden sich außer uns vielleicht zehn Familien ein, gar nicht mal so viele also, und Überschneidungen mit den Gästen unserer Kinderparty gab es dabei – abgesehen von uns selber – keine, aber das war wohl eher zufällig. Für unsere Tochter bedeutete das leider, dass von ihren besten Freundinnen keine dabei war; aber dafür freundete sie sich mit der kleinen Schwester eines Jungen an, der erst seit Kurzem auf ihre Schule geht. – Fürs Mitbring-Büffet hatten wir auf die Schnelle eine Schale Pfirsiche und eine Tüte Chips besorgt, andere Eltern hatten mehr Aufwand betrieben und brachten selbstgebackenen Kuchen, Quiche oder Blätterteigtaschen mit, vieles davon war vegan, auch vegane Würstchen und veganes Rührei fehlten nicht. Da hatte es durchaus einen erfrischenden Hauch von Normalität, dass ein Elternpaar etwas so Bodenständiges wie Baguettes mit Butter, Käse und Salami beisteuerte. 

Ich halte diese Beobachtung durchaus nicht für banal oder zufällig. Es ist sicher keine Überraschung, dass man an einer kleinen Alternativschule unter den Eltern der Schüler tendenziell einen höheren Anteil von engagierten Anhängern der gerade angesagten neo-gnostischen innerweltlichen Heilslehren wie Veganismus, Gender etc. – also was man gemeinhin so unter dem Schlagwort "woke" zusammenfasst – vorfindet als an einer durchschnittlichen Regelschule. (Manch ein Leser wird sich in diesem Zusammenhang vielleicht an die Präsentation zum Thema Veganismus erinnern, die von drei Schülerinnen im Rahmen eines Showprogramms der Schule vorgeführt wurde.) Betonen muss man dabei jedoch, dass zumindest an genau dieser Schule, und zwar unter den Schülern selbst wie auch unter den Eltern, eine ausgesprochen wertungsfreie Atmosphäre in solchen Fragen herrscht; case in point: Natürlich gab es bei diesem Picknick Leute, die die Baguettes mit Butter, Käse und Salami nicht aßen, aber niemand beschwerte sich, dass jemand überhaupt so etwas mitgebracht hatte. Das ist durchaus nicht selbstverständlich und erinnert mich an das zwischenmenschliche Klima im Baumhaus. Insofern finde ich es nicht gerade verwunderlich, dass meine Liebste schon kurz nach unserer Ankunft bei diesem Picknick anmerkte, diese Schulgemeinschaft – worin Schüler, Eltern und Mitarbeiter eingeschlossen sind – sei etwas, was sie vermissen würde, wenn wir in absehbarer Zeit umzögen

Ich bin mir gerade nicht sicher, zu welchem Grad es selbsterklärend ist, weshalb ich dies als ein Thema für meinen Blog betrachte; und infolge dieser Unsicherheit denke ich mir, ich sag mal lieber ein paar Worte zur Erklärung und hoffe, dass diejenigen Leser, die es schon von allein kapiert haben, deswegen nicht glauben, ich hielte sie für begriffsstutzig. Also: Worauf ich hinaus will, ist, dass aus den hier skizzierten Beobachtungen Lehren für die Neuevangelisierung und die Gemeindeerneuerung zu ziehen wären. Das hat etwas mit dem Prinzip Belonging before Believing zu tun, das ich vor Jahren schon mal angesprochen habe. Wie können christliche Gemeinden eine Atmosphäre schaffen, in der sich auch Leute, die die Kernüberzeugungen der Gemeinde nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang teilen, so wohl fühlen, dass sie dieses Gemeinschaftsgefühl nicht missen möchten – und das eben gerade nicht dadurch, dass sie diese Kernüberzeugungen verstecken oder verleugnen? 

– Sowohl aus eigener Erfahrung als auch auf der Basis dessen, was ich von anderen gehört habe, neige ich zu der Annahme, dass es in vielen Gemeinden bereits am Willen scheitert, Leute willkommen zu heißen und einzubinden, die irgendwie anders sind als die alteingesessene Kerngemeinde. Aber auch wenn der gute Wille durchaus vorhanden ist, muss man wohl erst einmal lernen, wie das geht. Als Positivbeispiel dafür, dass so etwas in einer christlichen Gemeinde durchaus funktionieren kann, habe ich schon wiederholt die EFG The Rock Christuskirche in Berlin-Haselhorst hervorgehoben, aber gerade was den Punkt mit der wertungsfreien Atmosphäre angeht, gibt es da durchaus graduelle Unterschiede zum Baumhaus oder zu dem hier geschilderten Schulelternpicknick. Darauf wäre eventuell bei Gelegenheit mal zurückzukommen. 

Nebenbei bemerkt könnte man ja manchmal denken – und manchmal neige ich sogar selbst zu diesem Gedanken –, dass meine Familie und ich zwischen den verschiedenen Milieus, in denen wir uns bewegen, die alleinige Schnittmenge darstellen. Daher hier mal ein anekdotischer Beleg dafür, dass das durchaus nicht der Fall ist: Bei dem Schulelternpicknick war ein Junge, der vorletzten Herbst zusammen mit unserer Großen eingeschult worden ist, und dieser Junge und sein Vater hatten einen selbstgebackenen Käsekuchen dabei, den der Knabe mit Lebensmittelfarbe grün eingefärbt hatte, in der ausdrücklichen Hoffnung, die Farbe werde andere potentielle Esser abschrecken und es bliebe dadurch mehr für ihn. Ich fand den Kuchen jedoch lecker. Und am nächsten Tag traf ich beim Patronatsfest in St. Rita (mehr dazu an anderer Stelle) die Oma dieses Jungen: Sie kam auf mich zu und verriet, sie habe mich schon ein paarmal gesehen, als sie ihren Enkel zur Schule brachte oder abholte und ich meine Tochter. Okay, ganz so überraschend war das nicht: Ein anderer Enkel dieser Dame ist dickstens mit unserem Jüngsten befreundet, seit sie sich beim Kinderfasching in St. Bernhard kennengelernt haben, und wir hatten bereits im Gespräch mit den Eltern dieses Knaben herausgefunden, dass ein Cousin von ihm zusammen mit unserer Großen zur Schule geht. Aber da sieht man mal, wie klein die Welt ist! 


Dienstag, 27. Mai 2025

Vielleicht hätten wir einfach Rockstars werden sollen

Als ich neulich meiner Liebsten voller Begeisterung von meinem Abi-Jahrgangstreffen in Nordenham berichtete, fiel mir wieder ein, dass ich vor einigen Wochen auf meinem Blog in Aussicht gestellt hatte, zu erläutern, wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass in meinem Abiturzeugnis – immerhin ein amtliches Dokument! – steht, ich hätte an der Jazztanz-AG teilgenommen. Was dahintersteckt, ist tatsächlich eine interessante Geschichte; mehr noch, ich halte es nicht für übertrieben, zu sagen, dass die Ereignisse, Erlebnisse und Entscheidungen, die mit diesem ominösen Zeugniseintrag zusammenhängen, meinen weiteren Lebensweg nachhaltig geprägt haben. 

Beginnen möchte ich mit einem Satz, den der damalige Vorsitzende (bzw., wie es intern hieß, Kønig) des Abi-Party-Komitees – heute Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie – bei einer Jahrgangsversammlung äußerte: "Hier reden alle vom Abi, aber entscheidend ist doch, was danach kommt!" Ein Satz, dem viele Lehrer, Eltern und andere Autoritätspersonen vermutlich ernst blickend zugestimmt haben würden, allerdings meinte er diese Aussage etwas anders: Er bezog sich damit auf die diversen Feiern, die sich traditionell an die überstandenen Abiturprüfungen anschlossen – vom Abi-Scherz über das Abi-Zelten am Strand und den Festakt zur Zeugnisverleihung (zumeist "Abi-Verabschiedung" genannt) bis hin zum Abi-Ball in der Stadthalle. Und auch wenn das alles, naturgemäß und wie schon gesagt, erst nach den Prüfungen über die Bühne ging, mussten diese ganzen Events, die – wie im Folgenden zu schildern sein wird – ein umfangreiches und vielseitiges Showprogramm umfassten, ebenso naturgemäß parallel zu den Abiturprüfungen geplant, vorbereitet und einstudiert werden. Wenn ich heute daran zurückdenke, was für ein Aufwand da betrieben wurde, drängt sich mir die Frage auf: Waren wir eigentlich total bekloppt? 

Nun, urteile selbst, o Leser. 

Ein Foto mit hohem dokumentarischen Wert. 

Fangen wir mal mit dem Abi-Scherz an. Für diese Veranstaltung hatte sich in den Jahren "vor uns" ein gewisser Standard etabliert, zu dem es erstens gehörte, dass über Nacht die Eingänge des Schulgebäudes auf eine Weise präpariert wurden, die es erschwerte, hineinzukommen (möglichst ohne dass dabei ernsthafter Schaden entstand; Faustregel: Eingänge mit Luftballons füllen – gut; Türschlösser verkleben – schlecht), und zweitens, dass auf dem Schulhof eine Bühne aufgebaut wurde, auf der nach der dritten oder vierten Unterrichtsstunde eine Art Spielshow stattfand; das Grundprinzip dieser Show bestand darin, dass ausgewählte Lehrkräfte dazu verdonnert wurden, an mehr oder weniger albernen Spielen teilzunehmen. An die Abi-Scherze in meinen ersten beiden Schuljahren am Nordenhamer Gymnasium habe ich kaum Erinnerungen, aber 1991 – in dem Jahr, in dem meine Schwester Abitur machte – wurde der Abi-Scherz gekonnt im Stil großer Fernsehshows wie "Wetten, dass...?" inszeniert, und das setzte natürlich Maßstäbe für die folgenden Jahrgänge. Andererseits standen wir, als unser Jahrgang an der Reihe war, vor dem Problem, dass unsere unmittelbaren Vorgänger es ziemlich übertrieben hatten und dass es, nachdem Teile des Abijahrgangs stark alkoholisiert zu der Veranstaltung erschienen waren und einige besonders verhasste Lehrer im Rahmen der Show auf eine Weise gedemütigt worden waren, die schon nicht mehr lustig war, zeitweilig in Frage stand, ob die Schulleitung den Abi-Scherz überhaupt genehmigen würde. Da mussten wir im Vorfeld einiges an Überzeugungsarbeit leisten. 

– Ich sage "wir", weil ich im Abi-Scherz-Komitee war. Okay, insgesamt waren wir in diesem Komitee über zwanzig Leute, und bei der Aufteilung in eine "Programmgruppe" und eine "Deko-Gruppe" landete ich bei der Deko (was möglicherweise damit zu tun hatte, dass ich einen Onkel hatte, der Malermeister war und uns mit Material und technischem Know-How unterstützte); aber einen eigenen Programmbeitrag zum Abi-Scherz gestaltete ich trotzdem, und außerdem spielte ich damals Schlagzeug in einer Band – die kurzerhand zur offiziellen Abi-Band erkoren wurde und den Abi-Scherz musikalisch begleiten durfte.

An dieser Stelle möchte ich mal kurz aus der chronologischen Erzählreihenfolge aussteigen und erwähnen, dass es einen vierstündigen Film über unsere diversen Abi-Feiern gibt, den ich noch irgendwo auf VHS-Kassette haben müsste; und am Abend vor dem Jubiläumstreffen postete eine der Teilnehmerinnen einige Ausschnitte aus diesem Film in der zur Koordination des Treffens eingerichteten WhatsApp-Gruppe. Darunter war auch ein Auftritt meiner Band beim Abi-Scherz; und bei der Jubiläumsfeier sagte unser damaliger Keyboarder – der bei genau diesem Stück allerdings, nach seinen eigenen Worten zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben, Bass spielte – zu mir:

"Ich hab mir nochmal die Aufnahme davon angesehen, wie wir damals live auf der Bühne 'Thunderstruck' gespielt haben – also das war schon cool... Vielleicht hätten wir da einfach dranbleiben und Rockstars werden sollen."

Tja. Vielleicht. Das erklärt nun allerdings immer noch nicht, wie der Eintrag in Sachen "Jazztanz-AG" in meinem Abiturzeugnis zustande gekommen ist. Aber keine Bange, es hängt damit zusammen.

Die Jazztanz-AG war nämlich quasi traditionell zuständig für das Showprogramm beim Abi-Ball. In den Jahren "vor uns" hatte dieses Showprogramm in der Regel aus Musical-Revuen bestanden; nun kam in unserem Jahrgang die ambitionierte Idee auf, Tanznummern aus verschiedenen Musicals durch die Kombination mit eigens dazu verfassten Dialogszenen in einen neuen Zusammenhang zu stellen und so gewissermaßen ein "eigenes Musical" zum Thema Schule und Abitur zu kreieren. Nun hatte ich persönlich mit der Jazztanz-AG überhaupt nichts zu tun – bis zu dem Tag, an dem eine Mitschülerin aus meinem Deutsch-Leistungskurs mich fragte, ob ich Lust hätte, "in der Textgruppe mitzuarbeiten". Textgruppe, darunter stellte ich mir vor, Dialoge zu schreiben, und das wäre dann alles. Tja, war ein Irrtum. Allerdings, rückblickend betrachtet, ein "happy mistake", wie der Angloamerikaner sagt. Unsere Aufgabe war es nicht nur, sechs Dialogszenen zu in Stichworten vorgegebenen Themen ("Friseursalon", "Raucherecke", "Eltern", "Leistungsdruck", "Schüler-Rollenklischees und unfaire Lehrer", "Lehrervergreisung") zu schreiben, sondern diese auch in eigener Regie aufzuführen. Nachdem wir bei der Arbeit am Text – dazu später noch ein paar Sätze mehr – zunächst ziemlich weitgehend unter uns waren (die Arbeitstreffen fanden reihum bei einem von uns zu Hause statt), wurden wir bald mehr und mehr in die Proben für das Gesamtprojekt einbezogen, und wo man schon mal dabei war, kriegte man dann, ehe man sich's versah, noch zusätzliche Aufgaben angedreht, z.B. bei der einen oder anderen Gesangsnummer im Background-Chor mitzusingen.

Und dann war da ja auch noch, wie gesagt, die Band. Im Großen und Ganzen kam die Musik für die Jazztanz-Aufführung beim Abi-Ball zwar vom Playback (bzw., im Fall einiger Solo-Gesangsnummern, Halbplayback). Allerdings gab es eine (nicht in den Verantwortungsbereich der "Textgruppe" fallende) Szene zum Thema "Rebellion im Klassenzimmer", die, wie sollte es anders sein, in den Song "Another Brick in the Wall, Part II" von Pink Floyd münden sollte. An dieser Szene war auch der schon erwähnte "Kønig" des Party-Komitees beteiligt, und eines Tages – nicht einmal während einer Probe, sondern einfach so in der Mensa – sagte dieser aus heiterem Himmel: "Ich fänd's so geil, wenn Groby das Solo live spielen würde." Damit meinte er den Gitarristen meiner Band (oder vielleicht wäre es korrekter, zu sagen, dass ich der Schlagzeuger in seiner Band war, aber das mal nur nebenbei). Wir schauten uns an und dachten: Also, wenn schon, dann müssten wir als Band den ganzen Song live spielen und nicht nur Groby das Solo. Könnten wir aber machen. Das Problem an der Geschichte war, dass Groby in dieser Szene den Lehrer spielte und an dieser Stelle auch unersetzlich war, da er eine extrem treffende Imitation eines bei den Schülern berüchtigten Chemielehrers aus dem Ärmel zu schütteln vermochte. Gleichzeitig war er aber unter den des Gitarrespielens mächtigen Schülern des Jahrgangs der einzige, dem man es zutrauen konnte, das Solo aus "Another Brick in the Wall" zu spielen, und das war ja auch der Ausgangspunkt der ganzen Idee gewesen. Was also tun? Wir kalkulierten: Die "Rebellion im Klassenzimmer"-Szene sollte darin gipfeln, dass die Schüler ihren Lehrer zu den Klängen von "Another Brick in the Wall" aus dem Klassenraum (d.h. von der Tanzfläche) tragen. Wenn wir nun aus den Reihen unserer Mitschüler einen zusätzlichen Rhythmusgitarristen rekrutieren würden – den wir, nicht zuletzt für die Abi-Hymne ("Thunderstruck" von AC/DC, wie schon erwähnt), sowieso gut gebrauchen konnten –, dann könnten wir den Song bis zum Solo auch ohne unseren Leadgitarristen spielen; dieser müsste dann schnell hinter der Bühne die Brille und den Pullover ablegen, die sein Lehrerkostüm bildeten, dann auf die Bühne eilen, seine Gitarre einstöpseln und das Solo spielen.

Dieser Ablauf wurde NIE, nicht ein einziges Mal, unter Originalbedingungen geprobt. Er klappte aber. Wir hatten im Vorfeld abgesprochen, dass wir den Einsatz zum Solo nötigenfalls um vier Takte hinauszögern könnten, ohne dass es auffallen würde, aber nicht einmal das war nötig. 

Aber noch einmal zur Arbeit der "Textgruppe": Von den vier Mitgliedern dieser Gruppe waren drei im selben Deutsch-Leistungskurs, der Vierte im Bunde hatte denselben Deutschlehrer im Grundkurs, und ich glaube, das trug durchaus dazu bei, dass wir kreativitätsmäßig alle so ziemlich auf derselben Wellenlänge waren. Auf Wunsch der AG-Leiterin hätte eigentlich noch ein fünfter Schüler in der Textgruppe mitarbeiten sollen, der dann aber doch nie zu den Arbeitstreffen auftauchte (was uns zu dem Insiderwitz veranlasste, in mehrere unserer Szenen dem Satz "Wo ist eigentlich Martin?" einzubauen), dafür aber eine extrem witzige Solonummer zu dem Ufa-Schlager "Jawohl, meine Herr'n" zum Programm beisteuerte. Mit den konzeptionellen Vorgaben für unsere Beiträge gingen wir im Laufe der Zeit immer freier um; nachdem wir schon in die ersten Szenen allerlei running gags und "surreale Elemente", wie wir das nannten, eingebaut hatten, hatten wir ab der vierten Szene endgültig keine Lust mehr auf realistisch sein wollende Szenen aus dem Schüleralltag, sondern gestalteten zum Thema "Leistungsdruck" eine Szene mit Gespenstern, die sich auf dem Friedhof darüber unterhalten, woran sie gestorben sind; zur Gestaltung der fünften Szene äußerte ich den spontanen Einfall "Vier wandelnde Schüler-Rollenklischees treffen sich in einer Vollmondnacht, um ihren Lehrer zu töten", und zu meiner eigenen Überraschung gingen meine Teamkollegen auf diesen Vorschlag ein (ein echtes Highlight dieser Szene war, dass jedesmal, wenn auf der Bühne eine Nadel in die Voodoopuppe gestochen wurde, ein Publikum sitzender Lehrer einen Schmerzensschrei ausstieß!); und zum Thema "Lehrervergreisung" parodierten wir den "Prolog im Himmel" aus Goethes "Faust": Die Engel preisen Gott für dessen herrliche Schöpfung, nämlich die Lehrer; dann tritt jedoch der Teufel auf und macht sich über die tattrigen Greise lustig, woraufhin Gott einen Lehrer (unseren gemeinsamen Deutschlehrer nämlich) mit sämtlichen Licht- und Soundeffekten, die die Stadthalle hergab, "verjüngt". (Daran anschließend führten acht Lehrer eine HipHop-Tanznummer auf.)

Da die ganze Show aber nun mal eine Veranstaltung der Jazztanz-AG war, überrascht es wohl nicht, dass das eigentliche Herzstück des Programms aus drei großen Tanznummern bestand – die ich "groß" nenne, weil daran jeweis mindestens dreizehn Tänzerinnen beteiligt waren (ich habe es anhand von Foto- und Videoaufnahmen nachzuzählen versucht). Beim ersten dieser drei Stücke – "Ich hab kein' Bock mehr", eine spaßkulturtypische deutsche Version des Ragga-House-Hits "I Like to Move it" von Reel 2 Real – war die Besetzung sogar noch größer, da waren auch Jungs dabei, dafür war aber auch die Choreographie vergleichsweise die einfachste; anspruchsvollere Choreographien gab's zu "I Am What I Am" aus "Ein Käfig voller Narren" (mit live gesungenem Intro) und einer Instrumentalnummer aus "A Chorus Line" (mit einer anschließenden Gesangsnummer aus demselben Musical). 

Ich schätze mal, ein Foto aus dieser Entfernung dürfte keine Datenschutz-Probleme aufwerfen. 

Ich schätze mal, diese Schilderung vermittelt einen Eindruck, mindestens aber eine Ahnung davon, was für einen Aufwand es erforderte, das alles auf die Bühne zu bringen, und falls nicht, sei dem geneigten Leser gesagt, dass ich in der heißen Phase der Proben mehrere Nachmittage pro Woche in der Turnhalle des Gymnasiums verbrachte. Und das war zwar ein Riesenspaß, aber gleichzeitig eben auch Mühe und Arbeit. Die Folge war, dass ich mir irgendwann sagte: Wenn mir etwas, was so anstrengend ist, gleichzeitig so viel Spaß macht, sollte ich vielleicht in Erwägung ziehen, beruflich etwas in dieser Richtung zu machen. Tja, und das war für mich ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung, neben Germanistik auch Theaterwissenschaft zu studieren (und nicht, wie ich zuvor durchaus erwogen hatte, Soziologie oder Politologie).

Und auch wenn ich beruflich letzten Endes doch nicht am Theater gelandet bin, steht es für mich dennoch außer Frage, dass die Erfahrungen von Abi-Scherz und Abi-Ball-Aufführung wesentliche Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass ich später ungefähr sieben Jahre lang – in unterschiedlichsten Funktionen, von der Backstage-Künstlerbetreuung bis zur Moderation – an einem studentischen Varietétheater-Projekt beteiligt war, eine Reihe von Low- bzw. No-Budget-Theaterproduktionen auf die Beine gestellt habe, auf Kleinkunstbühnen aufgetreten bin und an Hörspielen und Kurzfilmen mitgewirkt habe. Und alle diese Tätigkeiten haben mir natürlich wiederum Erfahrungen und Begegnungen vermittelt, die ihrerseits wieder entscheidenden Einfluss auf meinen weiteren Lebensweg gehabt haben. Rockstar geworden bin ich mit alledem vielleicht nicht, aber manchmal denke ich mir doch, ich bin diesem Ziel zeitweilig näher gekommen, als ich es mir in meiner Kindheit und frühen Jugend hätte träumen lassen. Und wenn ich darüber nachdenke, was für einen großen Anteil die Jazztanz-AG des Gymnasiums Nordenham daran gehabt hat, obwohl ich niemals Jazz getanzt habe, muss ich ein bisschen schmunzeln – und finde diesen Eintrag in meinem Abiturzeugnis doch irgendwie berechtigt. 


Samstag, 24. Mai 2025

Die 3 K der Woche (26): Kinder, Kirche, Kommunion

Es ist schon wieder ein halbes Jahr rum seit der Einführung der neuen Wochenbriefing-Reihe "Die 3 K der Woche"; sollte ich mir da langsam schon mal Gedanken über den Namen und das Konzept der nächsten Wochenbriefing-Reihe machen? Bis vor Kurzem dachte ich ja noch, ehe es soweit ist, sind wir schon Pfarrhausfamilie in einer brandenburgischen Kleinstadt, da ergibt sich das von selbst; aber ganz so schnell geht das ja nun, wie sich gezeigt hat, doch nicht

Das aktuelle Wochenbriefing steht jedenfalls stark im Zeichen der Erstkommunion in St. Joseph Siemensstadt; dass ich so viel darüber schreiben würde, hatte ich ursprünglich nicht kommen sehen, geschweige denn beabsichtigt, aber dann fiel mir noch dieses und jenes dazu ein, und am Ende hätte man da locker einen eigenständigen Artikel draus machen können. Aber dann hätte ich das Wochenbriefing eben mit anderen Inhalten füllen müssen, und dafür fehlte mir am Ende die Zeit. Habe mich stattdessen dafür entschieden, ein paar andere Themen aus dem Wochenbriefing auszugliedern; Näheres dazu weiter unten... 

Kein aktuelles Foto, sondern ein Fundstück aus meinem Symbolbilder-Archiv. 

Katholizismus für Anfänger und Fortgeschrittene 

Wollte ich dieses Wochenbriefing chronologisch aufbauen, dann müsste ich eigentlich mit der Kinderparty anfangen, die letzten Samstag bei uns zu Hause stattgefunden hat; aber diese hebe ich mir – in Kombination mit einem von der Elternvertretung der Schule unseres Tochterkindes organisierten Picknick, bei dem wir heute waren – lieber für einen eigenständigen Artikel auf und fange hier mit dem Sonntag an. Da fanden vormittags nämlich zwei Ereignisse recht unterschiedlicher Qualität statt: einerseits, in Rom, die Messe zur Amtseinführung von Papst Leo XIV. und andererseits, in Berlin-Siemensstadt, die zweite Runde der diesjährigen Erstkommunion für den Gemeindeteil St. Joseph-St. Stephanus der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland. Die erste Runde hatte ich ja verpasst, weil ich in Nordenham war, und Frau und Kinder waren auch nicht dort gewesen. Allerdings kann man beide Erstkommunions-Gottesdienste auf dem YouTube-Kanal von St. Joseph Siemensstadt anschauen, und ich habe mir mal den Spaß gemacht – oder anders ausgedrückt: den Selbstversuch unternommen –, mir den, bei dem ich nicht war, anzuschauen und dabei darauf zu achten, ob ich Unterschiede zu demjenigen feststelle, bei dem ich war. Ergebnis: Doch, Unterschiede gab es durchaus. Tagesgebet, Lesung und Evangelium waren jeweils vom Tag, das hat man bei Erstkommunions-Gottesdiensten durchaus auch schon mal anders erlebt. Im übrigen gab es an beiden Sonntagen unterschiedliche Pannen. Das meine ich ganz ohne Bosheit, Pannen gibt es immer, das ist menschlich. Einmal stand ein Stuhl zu wenig im Altarraum, einmal fing die Messe mit Verspätung an, weil wichtige Mitwirkende im Verkehrsstau gesteckt hatten. Kleinigkeiten. Konzentrieren wir uns lieber auf das, was an beiden Sonntagen gleich war; da wäre zunächst die Liedauswahl zu nennen. Zum Einzug gab es "Lobe den Herren" mit einem ausgedehnten und sehr schönen Orgelvorspiel; zum Kyrie folgte "Meine engen Grenzen", ein Lied, von dem ich ja schon vor ein paar Monaten angemerkt habe, dass und warum ich es nicht leiden kann. Das Gloria – Nr. 168,1 im Gotteslob – verband lateinischen Text mit einer schwungvollen Melodie; zum Credo gab es eine gesungene Version des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, bei der der Text abschnittsweise vom Kantor vorgesungen wird und die Gemeinde darauf antwortet "Amen, Amen, Amen, wir glauben" (Nr. 178 im Gotteslob) – das finde ich aus prinzipiellen Gründen schon mal besser als so manche handelsüblichen Credo-Lieder, deren Texte den Inhalt des Glaubensbekenntnisses nur so Pi mal Daumen oder stark verkürzt wiedergeben. Dass zur Gabenbereitung "Wenn das Brot, das wir teilen" (GL 470) gesungen wurde, muss man wohl als einigermaßen unvermeidlich hinnehmen; das Sanctus war nicht dem Gotteslob, sondern dem gemeindeeigenen NGL-Liederheft entnommen, aber unbeschadet meiner allgemeinen Vorbehalte gegenüber dem NGL-Genre hatte ich weder am Text noch an der Melodie etwas auszusetzen. Dasselbe kann ich auch über Kurt Mikulas Vaterunser-Vertonung sagen, die von in den Bankreihen ausgelegten Liedzetteln gesungen wurde. Zum Agnus Dei gab es einen deutsch-lateinischen Wechselgesang (GL 207), auch sehr schön; und zum Auszug wurde ein traditionelles Marienlied ("Sagt an, wer ist doch diese", GL 531) gesungen. Somit ergibt sich, was die Musiksauswahl angeht, insgesamt ein recht gemischtes Bild, aber ich würde doch sagen: besser als erwartet. 

Gemeinsam war beiden Gottesdiensten auch, dass die Lesung aus der Apostelgeschichte weggelassen und dafür die Lesung aus der Offenbarung des Johannes jeweils zweimal vorgetragen wurde, einmal auf Deutsch von einem Erstkommunionkind und einmal auf Polnisch von der Mutter eines Erstkommunionkindes, womit der Herkunft eines ziemlich großen Teils der Erstkommunionkinder bzw. ihrer Familien Rechnung getragen wurde. An dem Sonntag, an dem ich live dabei war, wurde die deutschsprachige Version der Lesung von einem Mädchen vorgetragen, das ich von den Kinderwortgottesdiensten her kannte und das sich dort immer sehr gut beteiligt hatte; ich fand ihren Vortrag sehr gut, besser als bei manchen erwachsenen Lektoren. Wenn ich sie nochmal sehe, sollte ich ihr das wohl sagen; und auch, dass sie gerne weiterhin zum Kinderwortgottesdienst kommen "darf". 

Die Fürbitten waren ebenfalls an beiden Sonntagen dieselben; es waren sechs an der Zahl, wovon fünf von Erstkommunionkindern vorgetragen wurden und die letzte ("für unsere Kinder, die heute zum ersten Mal die Heilige Kommunion empfangen") von einem Vater bzw. einer Mutter. Diese Fürbitten hinterließen bei mir ebenfalls einen recht gemischten Eindruck: Die erste galt "unsere[m] neuen Papst Leo XIV." und lautete "Bitte sende ihm den Heiligen Geist, damit er sein wichtiges Amt gut ausfüllen kann" – das fand ich gut; schlicht und kindgerecht formuliert und trotzdem theologisch sauber. Gleich darauf hieß es: "Guter Gott, wir bitten dich für Friedrich Merz, der letzte [bzw. vorletzte] Woche zum Bundeskanzler gewählt worden ist, und für seine Minister. Bitte schenke ihnen Weisheit und Kraft für ihre Regierungsarbeit." – Na ja: Fürbitten für die Regierenden sind natürlich absolut gängig, in der Heiligen Messe ebenso wie im Stundengebet, und inhaltlich ist an der Bitte, wie sie hier formuliert wurde, auch durchaus nichts auszusetzen; aber irgendwie pikte es mich doch, dass Friedrich Merz hier namentlich genannt wurde, so als sei es für die Fürbitte für die Regierenden irgendwie relevant, wer gerade regiert. Um's mal auf den Punkt zu bringen: Wäre Olaf Scholz zufällig kurz vor einem Erstkommunion-Termin zum Bundeskanzler gewählt worden, glaube ich nicht, dass er in einer Fürbitte namentlich erwähnt worden wäre. Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich habe den Eindruck, hier ist die mehr oder weniger uneingestandene Auffassung am Werk, ein CDU-Bundeskanzler sei irgendwie in einem höheren Maße "unser" Bundeskanzler als einer von einer anderen Partei und/oder habe einen größeren Anspruch auf göttlichen Beistand. 'Tschuldigung, eigentlich hatte ich doch vor, hier weniger über Politik zu schreiben. Geht aber nicht, denn die dritte Fürbitte lautete:

"Guter Gott, wir bitten dich um Frieden in der Ukraine, im Nahen Osten und überall auf der Welt. Bitte mach, dass nicht nur bald die Waffen schweigen, sondern bewege auch die Herzen zur Umkehr, damit echter Frieden wachsen kann." 

Auch hier ist gegen den Inhalt der Bitte wieder überhaupt nichts einzuwenden; aber hätte es nicht genügt, zu sagen "für den Frieden überall auf der Welt"? Durch die Nennung bestimmter Konflikte, die die Anwesenden aus der Tagesschau kennen und zu denen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine politische Meinung haben – und zwar nicht unbedingt alle dieselbe! –, wird die Fürbitte für den Frieden unterschwellig politisiert, und der einhellige Wunsch nach Frieden vermischt sich mit unterschiedlichen Auffassungen darüber, wer den Krieg gewinnen soll. Jedenfalls empfinde ich das so. 

Die vierte Fürbitte war jenen Kindern gewidmet, "denen es nicht so gut geht wie uns": "die keine Schule besuchen können" – äh. Da muss ich nun kritisch einwenden: Kinder dazu zu bringen, öffentlich Dankbarkeit dafür zu bekunden, dass sie zur Schule gehen können bzw. dürfen, ist problematisch. Zwar habe ich eine Tochter, die wirklich sehr gern zur Schule geht, aber gerade dieser Umstand erinnert mich quasi täglich daran, dass das nicht selbstverständlich, geschweige denn der Normalfall ist. Natürlich ahne ich hier nun den Einwand voraus "Auch wenn Kinder nicht immer Lust haben, zur Schule zu gehen, ist es trotzdem gut und wichtig für sie", aber auch davon bin ich als Schulpflichtskeptiker nicht überzeugt. Dem Satz "Alle Kinder sollten Zugang zu Bildung haben" stimme ich zu, aber das ist nicht dasselbe wie "Alle Kinder sollten zur Schule gehen". Neulich habe ich gelesen, dass ein Linken-Politiker gefordert hat, Hausaufgaben abzuschaffen. Das würde ich grundsätzlich als eine diskutable Forderung betrachten, aber dann las ich in diesem Zusammenhang den Satz "Lernen gehört in die Schule, nicht ins Wohnzimmer" und dachte: Das ist ja nun Quatsch. Huch, jetzt bin ich schon wieder bei der Politik gelandet. 

Kommen wir daher lieber mal zur größten positiven Überraschung und zum größten "Och nö"-Moment dieser Erstkommunion; und da möchte ich mit der positiven Überraschung anfangen, obwohl sie vom Ablauf her später kam: Die Kinder empfingen ihre Erstkommunion als Mundkommunion. Was sagste nun, Leser. Ich hatte schon seit einigen Jahren zunehmend unzufrieden auf dem Gedanken herumgekaut, dass die Erstkommunionkinder – was übrigens auch "zu meiner Zeit" schon so war – von vornherein gar nichts anderes "lernen" als Handkommunion; und siehe da, hier konnte man nun erleben, dass es auch anders geht. Übrigens wurde darum gebeten, von dem intimen Moment der Kommunionspendung keine Fotos zu machen; auch die YouTube-Übertragung der beiden Erstkommuniongottesdienste zeigt den Moment der Kommunionspendung nicht, stattdessen ist die Kamera in dieser Zeit auf die Marienfigur am Rand des Altarraums gerichtet. 

Nun müssen wir aber leider noch auf den "Och nö"-Moment eingehen, und der betraf die Predigt – oder das, was anstelle der Predigt kam. Der Zelebrant – Padre Ricardo aus Mexiko – erklärte, er habe drei Sätze formuliert, die er den Erstkommunionkindern mit auf den Weg geben wolle, damit sie sich in Zukunft stets daran erinnern; und diese drei Sätze habe er... in Umschläge gesteckt und in den Bankreihen unter den Sitzpolstern versteckt, und nun sollten alle mal unter ihren Sitzpolstern nachschauen, ob sie da einen Umschlag finden. 

Im Ernst. 

Die drei Sätze lauteten übrigens "Jesus ist unter uns gegenwärtig", "Jesus ist euer bester Freund" und "Jesus wartet auf euch". Inhaltlich alles durchaus nicht zu beanstanden, wenn auch als Quintessenz aus einem Dreivierteljahr Erstkommunionkatechese vielleicht ein bisschen mager. Aber diese Nummer mit den Umschlägen... Augenroll-Smiley. – Es scheint mir übrigens bezeichnend, dass meine Tochter während der Messe an diesem Sonntag – die alles in allem gar nicht so viel länger war als eine "normale" Messe – mehrmals klagte, ihr sei langweilig. Das mochte natürlich eine Vielzahl von Ursachen haben: Der kleine Bruder war schon den ganzen Morgen ausgesprochen launisch gewesen, und so etwas wirkt ja leicht ansteckend; wir hatten keine Snacks für die Kinder dabei, nicht einmal etwas zu trinken; und dass wir so weit hinten saßen, weil vor uns alles reserviert war, und die Kinder somit nicht viel sehen konnten außer den Hinterköpfen anderer Leute, spielte sicher auch eine Rolle. Gleichwohl scheint mir, diese Reaktion meiner Tochter zeigt – gerade wenn man sie damit vergleicht, wie aufmerksam und fasziniert sie etwa die; Karfreitags- und die Osternachtliturgie verfolgt hat –, dass der Versuch, die Messe "unterhaltsam" zu gestalten, nicht funktionierte

Noch ein Fundstück aus dem Symbolbilder-Archiv. 

In letzter Instanz läuft also auch dieses Jahr wieder alles auf meine ewige Klage hinaus, dass die Gestaltung von Erstkommunion-Gottesdiensten in aller Regel auf ein Publikum zugeschnitten ist, das "mit Kirche" nicht viel am Hut hat. Zugegeben, wenn man von dem großen "Och nö"-Moment absieht, war das diesmal weniger ausgeprägt als "sonst schon mal"; möglicherweise hing das damit zusammen, dass, wie die Namensschilder an den reservierten Bänken verrieten, ein großer Teil der Anwesenden polnischer Herkunft war und dass in diesen Familien die Kirchenbindung und die Vertrautheit mit der Liturgie tendenziell noch größer ist. Aber wie dem auch sei: Dass es ziemlich viele eher "kirchenferne" Familien gibt, die aber dennoch Wert darauf legen, dass ihre Kinder zur Erstkommunion gehen, ist – jedenfalls bisher noch – eine Tatsache, mit der man rechnen muss; und auch wenn ich persönlich große Schwierigkeiten habe, mich in diese Leute hineinzuversetzen, halte ich es im Grundsatz für richtig, dass die Kirche bestrebt ist, die Verbindung zu ihnen nicht ganz abreißen zu lassen. Hingegen bin ich nicht überzeugt, dass man ihnen einen Gefallen damit tut, die Gottesdienste, zu denen sie dann doch mal kommen, ihnen zuliebe besonders "niederschwellig" und "unterhaltsam" zu gestalten. Aber damit erzähle ich ja niemandem etwas Neues. 

Was meine wohl hinlänglich bekannten Vorbehalte gegenüber der landläufigen Erstkommunion-Praxis angeht, möchte ich hier übrigens auch ein Gespräch erwähnen, das ich Anfang März mit dem Pfarradministrator der Gemeinde führte, in der wir gern unser Projekt "Pfarrhausfamilie" hätten starten wollen. Unter anderem fragte ich ihn da auch "Wie ist das bei euch eigentlich mit Erstkommunion?" (Schließlich ist das Thema für uns – sprich: für unser ältestes Kind – nicht mehr so sehr weit weg.) "Na jaaa", erwiderte der Pfarradministrator gedehnt, "alle paar Jahre haben wir mal ein Kind. – Aber dafür ist die Vorbereitung dann auch viel intensiver, und individueller", fügte er hinzu. Ich muss sagen, ich fand diese Perspektive gar nicht so übel, zumal es in meiner eigenen Kindheit durchaus ähnlich war: In meinem Erstkommunion-Jahrgang in Herz Mariä Burhave waren wir zu zweit

Historisches Foto aus dem Jahr 1984, leicht verfremdet aus Datenschutzgründen. 

Was derweil die Messe zur Amtseinführung des Papstes angeht, hatte ich schon beim Frühstück in die Vorberichterstattung bei EWTN 'reingeschaut, bei der wieder einmal mein alter Freund Rudolf Gehrig mit von der Partie war; während der Busfahrt nach Siemensstadt sah ich mir auf dem Handy den großen Einzug an (der eigentlich ein Auszug war, da die Messe draußen, auf dem Petersplatz, gefeiert wurde) und dachte: Boah. Das sind so die Momente, in denen die katholische Kirche zeigt, was sie drauf hat. Säkularisierung? Nicht mit uns. (Lustigerweise registrierte ich später auf Facebook, dass es durchaus auch Stimmen gab – allerdings nicht aus Deutschland –, die kritisierten, die Messe sei nicht feierlich genug gewesen, die liturgischen Gewänder nicht prunkvoll genug etc.; das alles habe eine fast schon protestantische Nüchternheit ausgestrahlt. Und ich dachte: Euer Ernst? Also, Freunde, man kann's auch echt übertreiben.) Weitere Teile der Messe schaute ich mir später in der Aufzeichnung an. 

– Übrigens sehe ich voraus, dass die Gegenüberstellung dieser beiden kirchlichen Ereignisse den Einwand herausfordert, man könne doch einen Erstkommunion-Gottesdienst in einem Arbeiterviertel im Nordwesten Berlins nicht mit einer Papstmesse auf dem Petersplatz vergleichen. Darauf möchte ich mit einem Ausspruch meines alten Deutschlehrers antworten: "Es gibt ja auch Menschen, die meinen, man könnte Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Natürlich kann man das. Es handelt sich in beiden Fällen um Obst." Unsinnig wäre es lediglich, dem Apfel einen Vorwurf daraus zu machen, dass er keine Birne ist, oder umgekehrt. Will sagen: Selbstverständlich gibt es zwischen einem Erstkommunion-Gottesdienst in einem Arbeiterviertel im Nordwesten Berlins und einer Papstmesse auf dem Petersplatz eine Vielzahl von Unterschieden, die nicht nur unvermeidlich, sondern auch sinnvoll, d.h. dem unterschiedlichen Anlass und Rahmen angemessen sind. Trotzdem haben beide Ereignisse, strukturell gesehen, weit mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede; ja, ich würde noch weiter gehen und sagen, im Kern sind beide dasselbe, nämlich eine Heilige Messe in der Ordentlichen Form des Römischen Ritus; oder mit etwas mehr katholischem Pathos gesagt: eine Feier des Heiligen Messopfers, in dem, wie es im Gabengebet zum 4. Sonntag der Osterzeit heißt, "das Werk der Erlösung fortgeführt" wird. Ich würde denken, wenn man sich diesen Umstand bewusst macht, müsste man eigentlich von selber merken, dass so ein Pipifax wie "Umschläge unter den Sitzpolstern verstecken und die Gottesdienstteilnehmer danach suchen lassen" da herzlich schlecht reinpasst. Mehr noch: Wie ich schon vorige Woche unter der Zwischenüberschrift "Noch ein bisschen Konklave-Feedback" angedeutet habe, glaube ich, man könnte (und sollte) aus der großen öffentlichen Resonanz, die den Riten von der Beisetzung des alten Papstes bis zur Amtseinführung des neuen zuteil geworden ist, die Lehre ziehen, dass eine feierliche Liturgie, auch wenn sie nicht gerade "niederschwellig" im üblichen Verständnis dieses Wortes ist, ihre Wirkung auch auf ein kirchenfernes Publikum nicht verfehlt. 

Nachdem ich weiter oben übrigens recht ausführlich auf die Fürbitten bei den beiden Erstkommunion-Gottesdiensten eingegangen bin, möchte ich auch hier einen vergleichenden Blick auf die Papstmesse werfen; abgesehen davon, dass dort an erster Stelle "für die heilige Kirche Gottes" gebetet wurde ("Möge der allmächtige Gott durch das Vorbild Seiner Treue alle Hirten und Gläubigen darin stärken, das Evangelium in bedingungslosem Gehorsam [!] zu leben"), ergaben sich da nämlich durchaus auffällige Parallelen. Auch hier folgte nämlich auf eine Fürbitte "für unseren Papst Leo" ("Möge der allmächtige Gott in Seiner Gnade ihn schützen und bewahren in der Ausübung seines Amtes als Nachfolger des Apostels Petrus und Hirte der universalen Kirche") eine "für die Regierenden" (von denen ja aus aller Welt so einige, darunter auch Friedrich Merz, persönlich anwesend waren): "Möge der allmächtige Gott durch Seine Weisheit ihren Verstand erleuchten und sie führen beim Aufbau einer Zivilisation der Liebe." Es folgen dann noch Fürbitten "für alle Armen und Kranken auf der Welt" ("Der allmächtige Gott gewähre ihnen in Seiner Vorsehung Erleichterung, Trost und Hoffnung, auch durch die Liebe ihrer Brüder und Schwestern") sowie "für die Familie Gottes, die heute hier versammelt ist" ("Möge der allmächtige Gott durch Seine Heiligkeit unser aller Leben verwandeln und uns Jesus Christus immer ähnlicher machen"). Ich denke, auch unabhängig von der dem jeweiligen Anlass entsprechenden sprachlichen Form werden hier sowohl die grundsätzlichen Übereinstimmungen als auch die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen recht gut deutlich; und damit nun aber auch genug von diesem Thema! 


Gesundheits-Update 

Denjenigen Lesern, die sich seit dem vorigen Wochenbriefing womöglich Sorgen wegen meines "Lochs im Bauch" machen, sei in aller Kürze mitgeteilt: Ja, das Loch ist immer noch da; allerdings hat der Arzt, bei dem ich am Montag war, mich erst mal beruhigt: Er behandelt solche Fälle seit 14 Jahren, und auf der Basis dieser Erfahrung meint er, Grund zur Besorgnis gebe es erst mal nicht: Eine OP sei zwar ratsam, aber nicht sonderlich dringend. Habe jetzt einen OP-Termin für Mitte Juni ins Auge gefasst, das verschafft uns etwas Luft, uns darum zu kümmern, wie wir unseren Alltag organisieren, wenn ich nach der OP ein paar Wochen lang nicht voll belastbar sein werde. (Gespannt darf man sein, ob ich in dieser Zeit mehr oder eher weniger zum Bloggen kommen werde... Aber das ist ja "noch ein bisschen hin", wie wir Norddeutschen sagen.)


Vermischtes aus der religiösen Frühförderung 

Diese Rubrik möchte ich mal mit einer Anekdote beginnen, die chronologisch eigentlich schon ins vorige Wochenbriefing gehört hätte: Am Dienstag und am Mittwoch jener Woche trafen unser Jüngster und ich uns jeweils am frühen Nachmittag in einem Bäckerei-Café mit meiner Liebsten, um von dort aus gemeinsam das Tochterkind von der Schule abzuholen. Dieses Bäckerei-Café hat einen schönen und gut ausgestatteten Kinderspielbereich einschließlich einer Spielküche, und an einem der genannten Tage spielte unser Knabe da zusammen mit seiner Mami "Kochen und Essen" – und zwar, wie ich mit Interesse registrierte, nicht ohne sie daran zu erinnern, dass sie vor dem Essen beten sollten. Damit nicht genug, wollte er vorbeten, und zwar nicht das Tischgebet, das bei uns zu Hause üblicherweise zum Einsatz kommt, sondern ein selbst ausgedachtes. Das ging ungefähr so: 

"Lieber Gott, wir sind nicht alleine, denn wir glauben an dich. Amen." 

Kurz, aber auf den Punkt! Ich muss sagen, ich war schwer beeindruckt. Zur Erinnerung, der Junge ist gerade erst vier Jahre alt geworden. 

Auch noch erwähnenswert ist, dass unser Jüngster neulich – auf dem Heimweg vom "Beten mit Musik", das wir in den letzten Wochen wieder zweimal wöchentlich abgehalten haben – die Frage aufwarf, wann er denn den neuen Papst mal kennenlernen könne. So eine Frage ist natürlich gar nicht so leicht zu beantworten, aber immerhin brachte sie mich auf die Idee, wir könnten vielleicht nächstes Jahr (da die in diesem Jahr noch bevorstehenden Schulferien bereits verplant und die Urlaubsreisen schon gebucht sind) mal nach Rom fahren. Da war ich schon ewig nicht mehr – bei meinem letzten Besuch war noch der Hl. Johannes Paul II. Papst. Meine Liebste findet die Idee auch gut... 

Zum JAM kam ich, anders als in der Woche zuvor, diesmal wieder mit, allerdings ging ich da ins Elterncafé, wo weiter am Markusevangelium gearbeitet wurde – dazu würde mir durchaus auch die eine oder andere Anmerkung einfallen, aber darauf komme ich eventuell ein andermal zurück. Über die Kinderkatechese konnte ich im Gespräch mit dem Tochterkind beim anschließenden Abendessen immerhin ermitteln, dass da die Bekehrung des äthiopischen Kämmerers (Apostelgeschichte 8,26-40) behandelt worden war. Ich glaub, beim nächsten Mal versuche ich mich wieder vor dem Elterncafé zu drücken... 


De mortuis nil nisi bene 

Die Messe am Mittwoch in Heiligensee hielt der leitende Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd; er kam ein bisschen zu spät, und in seinen Begrüßungsworten teilte er der Gemeinde mit, ihn habe "gerade eben" die Nachricht erreicht, dass sich ein altgedientes und den Anwesenden gut bekanntes Gemeindemitglied "in die Ewigkeit veranschiedet" habe. In den gut eineinhalb Jahren, seit ich einigermaßen regelmäßig mit meinem Jüngsten in St. Marien Maternitas Heiligensee zur Werktagsmesse mit anschließendem Frühstück gehe, ist dies bereits der dritte Todesfall innerhalb des "harten Kerns" der dortigen Gemeinde – was natürlich in erster Linie etwas über die Altersstruktur dieser Gemeinde aussagt, aber zu denken gibt es irgendwie doch. Im aktuellen Fall handelte es sich bei dem Verstorbenen um einen pensionierten Lehrer – mir scheint, es gibt bemerkenswert viele pensionierte Lehrer und Lehrerinnen in der Stammbesetzung der Mittwochsmesse und der Frühstücksrunde in St. Marien Maternitas –, der noch bis vor Kurzem recht regelmäßig den kombinierten Küster-, Lektoren- und Ministrantendienst in der Messe versah und den ich hier mal etwas ungnädig als "Erzlaien" tituliert habe, unter anderem deshalb, weil er sich zuweilen nicht scheute, dem zelebrierenden Priester ins Wort zu fallen. Auch sonst war er nicht selten durch einen gewissen Hang zur Wichtigtuerei aufgefallen, und wie ich einigen bei der Frühstücksrunde aufgeschnappten Gesprächsfetzen entnehmen konnte, hatten die anderen Mitglieder der örtlichen Kerngemeinde das durchaus auch so empfunden – aber, und das ist das eigentlich Spannende daran, jetzt, wo er tot war, wurden seine Eigenheiten und Schrullen (z.B., dass er häufig Kalenderblätter aus dem Gärtner Pötschke-Abreißkalender zur Frühstücksrunde mitbrachte, um mit gravitätischem Pathos die auf den Rückseiten abgedruckten Gedichte vorzutragen) rückblickend als irgendwie liebenswert empfunden. Und ich muss sagen, mir selbst ging's auch so. Konnte mich sogar des Gedankens nicht erwehren, ich könne froh sein, wenn Leute so auch über mich denken, wenn ich mal tot bin. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Das Gleichnis vom Sämann spricht genau von der Dynamik des Wortes Gottes und den Wirkungen, die es hervorbringt. Die Art und Weise, wie dieser „verschwenderische“ Sämann den Samen aussät, ist ein Bild für die Art und Weise, wie Gott uns liebt. Es stimmt zwar, dass das Schicksal des Samens auch davon abhängt, wie der Boden ihn aufnimmt und in welcher Situation er sich befindet, aber in erster Linie sagt uns Jesus mit diesem Gleichnis, dass Gott den Samen seines Wortes auf alle Arten von Boden sät, das heißt in jede unserer Situationen: Manchmal sind wir eher oberflächlich und abgelenkt, manchmal lassen wir uns von der Begeisterung mitreißen, manchmal sind wir von den Sorgen des Lebens belastet, aber es gibt auch Zeiten, in denen wir verfügbar und aufnahmebereit sind. Gott ist zuversichtlich und hofft, dass die Saat früher oder später aufgehen wird. So liebt er uns: Er wartet nicht darauf, dass wir der beste Boden werden, er gibt uns immer großzügig sein Wort. Wenn wir sehen, dass er uns vertraut, wird in uns vielleicht der Wunsch geboren, ein besserer Boden zu sein. Das ist die Hoffnung, die sich auf den Felsen der Großzügigkeit und der Barmherzigkeit Gottes gründet. 

(Papst Leo XIV., Generalaudienz vom 21.05.2025


Ohrwurm der Woche 

Mary Mary: Shackles (Praise You) 

Ich kann mich nicht erinnern, wann und wo ich diesen Song aus dem Jahr 2000 erstmals gehört habe, vielleicht im Radio, vielleicht in einem Klamottengeschäft; jedenfalls wäre ich damals sicher nicht auf die Idee gekommen die Nummer in das Genre "Lobpreis" einzuordnen, und da ging es mir offenbar nicht alleine so, denn andernfalls wäre es wohl nicht so erfolgreich in den säkularen Charts gewesen (Platz 28 in den USA, 25 in Deutschland). Einen Remix von "Shackles" habe ich erst neulich, am Muttertag, in einem Restaurant in Nordenham gehört, in dem ich mit meiner Mutter essen war. Dass es sich um ein Lobpreislied handelt, ist mir wohl erst durch die auf der Compilation "Feiert Jesus! 12" enthaltene Coverversion von Andrea Adams-Frey klar geworden; und dann habe ich mal eine sehr "abgespeckte" Akustik-Version live im Gebetshaus Augsburg gehört, als ich dort im Frühjahr 2018 für ein paar Tage mit meiner Familie zu Gast war. Der als Urban Gospel oder auch Urban Contemporary Gospel bezeichnete Stil der Originalaufnahme erinnert mich stark an seinerzeit angesagte R&B- bzw. Hip Hop Soul-Gruppen wie TLC und En Vogue; und wie schon gesagt, da ging's mir wohl nicht alleine so. Der Name des Duos Mary Mary soll sich übrigens auf Maria, die Mutter Jesu, und Maria Magdalena beziehen. 


Vorschau/Ausblick 

Ein Ereignis, das chronologisch eigentlich noch in dieses Wochenbriefing gehört hätte, das ich hier aus Zeit- und Platzgründen nicht mehr unterbringen konnte, war ein Vortrag über Neuevangelisierung, den Bischof Stefan Oster am gestrigen Freitag im Kardinal-Bengsch-Saal in Berlin-Tempelhof gehalten hat; ich kann schon mal zu Protokoll geben dass der Vortrag ausgesprochen anregend war und dass ich am Rande der Veranstaltung ein paar erfreuliche Begegnungen hatte, aber alles Weitere dazu folgt entweder im nächsten Wochenbriefing oder vielleicht auch in einem Extra-Artikel. – Heute waren wir, wie weiter oben bereits erwähnt, bei einem Familienpicknick, das die Elternvertretung der Schule unseres Tochterkindes organisiert hat; einige Eindrücke davon werden sicherlich noch zu schildern sein, vermutlich, wie gesagt, zusammen mit solchen von der Kinderparty bei uns eine Woche zuvor. 

Am morgigen 6. Sonntag der Osterzeit wollen wir ausnahmsweise in St. Rita zur Messe gehen, da dort Patronatsfest gefeiert wird (nachgefeiert eigentlich; der Gedenktag der Hl. Rita war bereits am Donnerstag) und eine befreundete Familie angeregt hat, wir könnten uns dort treffen; später sind wir dann noch bei meinen Schwiegermüttern zum Geburtstagsessen eingeladen (Geburtstag hat aber natürlich nur eine von ihnen). Am Mittwoch habe ich mit dem Jüngsten einen Termin beim Kinderarzt – nicht weil er krank wäre, sondern weil er in die KiTa will und dafür noch eine Masern-Impfung braucht. Ja, da werden sich jetzt einige Leser wundern und manche vielleicht auch die Haare raufen, aber ich schätze, auf dieses Thema komme ich mal ausführlicher zurück, wenn die KiTa-Eingewöhnung angefangen hat. – Am Donnerstag ist dann Christi Himmelfahrt, gefolgt von einem "Brückentag", was also für die ganze Familie ein langes Wochenende bedeutet; theoretisch hätte es an diesen Tagen die Möglichkeit gegeben, wie letztes Jahr wieder mit dem Tochterkind zum "Väterwochenende" nach Zinnowitz zu fahren oder alternativ mit den Haselhorster Pfadfindern auf Frühlingsfahrt zu gehen, aber bei beiden Optionen habe ich die Anmeldefrist verstreichen lassen – u.a. deshalb, weil eine der liebsten Schulfreundinnen meiner Tochter an diesem Wochenende ihren Geburtstag feiert. Und nun denke ich mir, das war wohl eine ganz gute Entscheidung, denn mit einem Loch im Bauch wären solche Outdoor-Aktivitäten wohl nur eingeschränkt empfehlenswert. Lust habe ich hingegen darauf, am Samstag wieder zur Community Networking Night im Baumhaus zu gehen, diesmal idealerweise wieder mit der ganzen Familie. Schauen wir mal!