Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Donnerstag, 23. Juni 2016

Der seltsame Fall der eingekerkerten Nonne, Teil 7

Es ist mal wieder Kolportage-Zeit! Wie die Blog-Statistik beweist, ist ein zwar relativ kleiner, aber treuer Teil meiner Leserschaft wohl annähernd so gespannt wie ich, wie es mit Dr. A. Rodes Fortsetzungsroman Barbara Ubryk oder die Geheimnisse des Karmeliter-Klosters in Krakau (München 1869) weitergeht - und ob nach über 300 Seiten vielleicht langsam mal die Titelheldin auf der Bildfläche erscheint, wozu sie allerdings erst einmal geboren werden müsste. - Nun, immerhin zeigt der Autor in der 8. Lieferung guten Willen, den Handlungsfaden, der ihm in den Lieferungen 6 und 7 komplett aus den Händen geglitten war, wieder aufzunehmen. -- Wir erinnern uns, dass auf S. 343, also relativ kurz nach dem Beginn der 8. Lieferung, der totgeglaubte Jesuit Rebinsky erneut auf der Bildfläche erschienen ist; man erfährt, dass er nach seiner Scheinhinrichtung ein Dreivierteljahr in Thorn in Festungshaft gehalten und dann nach Frankreich deportiert worden, dort jedoch freigelassen worden war. Über Rom ist er nun nach Warschau zurückgekehrt, um erneut die Vormundschaft für den jungen Grafen Wratislaw (zur Erinnerung: Elkas Halbbruder) zu übernehmen. Elka selbst ist hingegen inzwischen mündig - was, nebenbei bemerkt, voraussetzen würde, dass seit ihrer Heirat mit Kasimir Ubryk schon wieder mehr als zwei Jahre vergangen sein müssten, wohingegen Rebinsky auf S. 346 erklärt, er sei "vor einem Jahre nach Thorn" abgereist. - Wie dem auch sei: Rebinsky hat vor, den jungen Wratislaw nach Rom ins Kolleg zu schicken, doch Elka und die Tante widersetzen sich diesem Ansinnen. Zum Schein gibt Rebinsky vorerst nach, insgeheim überzeugt, schließlich doch sein Ziel zu erreichen. 

Elka zieht sich nach Rebinskys Rückkehr mehr und mehr vom Leben im gräflichen Palast zurück, und als ihr neuer Geliebter Hugo von Rassow so weit von seiner Duellverwundung genesen ist, dass er sich in der Lage fühlt, seinen todkranken Bruder in Mecklenburg zu besuchen, entschließt sie sich, ihn zu begleiten, da ihr die Anwesenheit Rebinskys im Palast verhasst ist. Da Hugo und Elka auf ihrer Reise "französische Garnisonen" meiden wollen - vermutlich Hugos wegen, der zwei französische Offiziere im Duell getötet hat -, wenden sie sich zunächst südwärts und reisen "über Kalisch nach Krakau" (S. 355) - was zu der folgenden Reflexion Anlass gibt:
"Bei der Rast, welche sich die beiden Reisenden hier einige Tage gönnten, ahnte Elka wohl nicht, daß in dieser altehrwürdigen Stadt in nicht allzu langer Zeit ein Glied ihrer Familie in einem höchst traurigen Drama eine Rolle spielen sollte, welche selbst das Herz des Härtesten unter den Menschen erschaudern läßt. Sie ahnte nicht, daß finstere, unheilbringende Mächte über dem Unglücke ihrer Familie brüteten, und ein unheimlicher Geist über dem Schicksale ihrer Familie waltete." (ebd.) 
Tja, wie sollte sie das auch ahnen? Auf jeden Fall scheint sich hier zu bestätigen, dass der Autor beabsichtigt, einen Zusammenhang zwischen den Intrigen um das Vermögen der Familie Zolkiewicz und der Einkerkerung Barbara Ubryks zu konstruieren. -- Durch die Abwesenheit Elkas hat Rebinsky - der inzwischen den Privatunterricht für den jungen Grafen Wratislaw wieder aufgenommen hat und den Knaben dabei insgeheim auf die Aufnahme ins Jesuitenkolleg vorbereitet - im gräflichen Palast nun freie Hand, denn von der alten Tante hat er keinen nennenswerten Widerstand gegen seine Pläne zu erwarten:
"In richtiger Erkenntniß dieser Sachlage schritt der Jesuit sofort an die Ausführung seiner Pläne. Gleich nach der Abreise Elka's erstattete er einen Bericht nach Rom, in dem er hervorhob, daß durch die Abwesenheit eines seinen Plänen stets hinderlichen Familiengliedes jetzt der günstige Augenblick gekommen sei, die Schwäche der allein zurückgebliebenen Tante [...] auszubeuten. Demgemäß solle umgehend ein kurz und bestimmt gehaltener Befehl des Generalvormundes an ihn ergehen, mit dem jungen Grafen beim Eintritt der milderen Jahreszeit sofort die Reise nach Rom anzutreten" (S. 356).
Bedenken wir in diesem Zusammenhang, dass eine Ausschaltung Elkas, wodurch Rebinsky angesichts der leichten Beeinflussbarkeit der Tante "freies Spiel" (S. 355) im gräflichen Palast hat, bereits durch Elkas Verbringung ins Kloster erreicht worden war. Den jungen Grafen Wratislaw auf ein Jesuitenkolleg zu schicken, war auch damals schon geplant gewesen, allerdings war er damals wohl noch zu jung (sein Alter ist zwar bisher noch nirgends konkret angegeben worden, aber zu Beginn der Handlungszeit war er jedenfalls ein kleines Kind). Wäre Elka länger im Kloster geblieben, wäre Wratislaws Verschickung nach Rom früher oder später auch auf die Tagesordnung gekommen; man kann daher davon ausgehen, dass das nun folgende Geschehen in den Grundzügen, wenn auch nicht in allen Details, der "ersten Schicht" der Romanstruktur angehört.

"Generalvormund" Drahomirsky verlangt also per Brief kategorisch Wratislaws Eintritt ins Jesuitenkolleg in Rom; die Tante erhebt zwar Einsprüche, insbesondere wegen der Befürchtung, "seine Gesundheit möchte den bedeutenden Klimawechsel nicht ertragen können" (S. 357f.), kann aber letztlich gegen den Willen des Vormunds nichts ausrichten. Rebinsky bringt den Knaben persönlich nach Rom, wo er nach "zweimonatlicher Reise" (S. 360) über Wien, Triest, Ancona und Loreto ankommt. Dort trifft Rebinsky auch seinen Vorgesetzten Brzozowski wieder, der inzwischen zum Ordensgeneral avanciert ist. In Wirklichkeit wäre diese Begegnung kaum möglich gewesen, da Brzozowski aufgrund eines persönlichen Befehls Zar Alexanders I. Russland nicht verlassen durfte und daher in Rom durch seinen späteren Nachfolger Aloisius (Luigi) Fortis (1748-1829) vertreten wurde. Aber das ist nicht der größte historische Patzer an dieser Stelle: Wie schon einmal angemerkt, erfolgte die "Wiedereinführung des Jesuitenordens durch Papst Pius VII." (ebd.) tatsächlich erst 1814, was auf S. 370 auch korrekt angegeben wird. In der Handlungszeit können wir uns aber erst im Jahr 1808 oder allerspätestens 1809 befinden. Während der Jesuitenorden aufgehoben war, wurde am "Collegium Romanum" (S. 361) - der heutigen Päpstlichen Universität Gregoriana - der römische Diözesanklerus ausgebildet. Im Übrigen erwähnt der Verfasser auch nichts davon, dass Rom und der ganze Kirchenstaat zur Zeit der Handlung von französischen Truppen besetzt war.

Im Folgenden wird Wratislaws Erziehung am Collegium Romanum dargestellt, und das umfangreiche XXXII. Kapitel "Das Innere der Gesellschaft Jesu" (S. 364-382) schildert ausgiebig die Geschichte, Struktur und Ordensregeln des Jesuitenordens sowie die angeblichen verbrecherischen Machenschaften seiner Mitglieder. Dabei bedient sich der Autor weidlich bei den Monita secreta (d.h. "Geheime Ermahnungen"), einem fingierten Dokument aus dem 17. Jh., das angeblich auf den 5. Ordensgeneral Claudio Aquaviva (1543-1615) zurückgehen soll und das gewissermaßen für den Antijesuitismus das ist, was die Protokolle der Weisen von Zion für den Antisemitismus sind. ("Diesen geheimen Anweisungen soll keine Ruhe beschieden seyn, dem ewigen Juden gleich tauchen sie jedesmal auf, wenn es einen neuen Sturm gegen die Kirche gilt", heißt es in einem 1869, also im selben Jahr wie Dr. Rodes Barbara Ubryk-Roman, erschienenen Artikel der Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland, 64. Band, S. 974.) Darüber hinaus zitiert er als Beispiele für die berüchtigte jesuitische Moral angebliche Sätze aus moraltheologischen Abhandlungen verschiedener Ordensmitglieder und versieht sie sogar mit Quellenangaben (S. 376-379). Von den zwanzig Sätzen, die dort aufgeführt sind, finden sich ganze dreizehn wörtlich oder sinngemäß übereinstimmend (und ebenfalls mit den entsprechenden Quellenangaben) in dem Pamphlet "Jesuitenmoral. Ein Album für die Freunde der frommen Väter" (Leipzig 1845), das Dr. Rode somit sehr wahrscheinlich als Quelle genutzt hat. Über die Authentizität der Zitate ist damit natürlich noch nicht zwangsläufig etwas gesagt. Die genannten Moraltheologen - z.B. Antonio Escobar y Mendoza (1589-1669), Jacques Tirin (1580-1636), Hermann Busenbaum (1600-1668), Franz Xaver Fegeli (1690-1748) und Benedikt Stattler (1728-1797) - sind zum Teil durchaus namhafte Vertreter einer probabilistischen oder sogar laxistischen Kasuistik; es ist anzunehmen, dass aus ihren Werken besonders drastische Beispiele ausgewählt wurden, die durch den fehlenden Kontext und vermutlich auch durch tendenziöse Übersetzung noch stärker überzeichnet wirken.

Sehr bemerkenswert ist eine Fußnote auf S. 364 über den Benediktinerorden, der den Jesuiten positiv gegenübergestellt wird: "Der älteste und einzige Orden, welcher seinen ursprünglichen Regeln treu geblieben und daher im Sinne des Christenthums wahrhaft Großes und Gute [sic] geleistet hat. An Gelehrsamkeit hat er den Jesuitenorden jederzeit übertroffen." Als Elka allerdings bei den Benediktinerinnen in "Pension" war, wurde dieser Orden nicht besonders wohlwollend beschrieben!

(Übrigens zählt Dr. Rode an dieser Stelle noch ganze 22 weitere Orden auf - weitgehend in alphabetischer Reihenfolge, nur die "Franziskaner und Kapuziner nebst Minoriten und Minimen" nennt er ganz am Schluss.)

Das erzählerische Mittel, einen positiven Romancharakter mehr oder weniger unfreiwillig zum Zögling des Jesuitenordens zu machen, um dem Leser auf diese Weise eine (angebliche) Innenansicht des Ordens bieten zu können, ist übrigens nicht gerade neu oder originell. Als prototypisch kann hier die Figur des jungen Gabriel de Rennepont aus Eugène Sues Roman Der ewige Jude (1844/45) gelten; ähnliche Schilderungen finden sich z.B. auch in einem Nebenhandlungsstrang von Sir John Retcliffes Magenta und Solferino (1864-66) sowie in Balduin Möllhausens Das Monogramm (1873). Dass Dr. Rode diesen Autoren in Sachen erzählerischer Qualität nicht das Wasser reichen kann, sei nur am Rande angemerkt.

Das XXXIII. Kapitel, "Die Zigeuner" (S. 382-397), erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, einen völlig neuen Handlungsstrang zu eröffnen; ob und wie der Autor es schafft, diesen dennoch mit den losen Fäden des bisherigen Handlungsverlaufs zusammenzuknüpfen, schauen wir uns beim nächsten Mal an. Für diesmal mache ich erst mal einen Punkt! (Oder ein Ausrufezeichen.)

(Fortsetzung folgt!) 


Dienstag, 21. Juni 2016

St. Willehad: Wie macht sich der Neue denn so?

Seit einem Monat hat die Pfarrei St. Willehad in meiner Heimatstadt Nordenham nun einen neuen Pfarrer. Das ist, zugegeben, eine recht kurze Zeitspanne: Hundert Tage, so sagt man im Allgemeinen, soll man einem Amtsträger in einer neuen Position Zeit geben, ehe man sein Wirken beurteilt. Zu berichten gibt es dennoch schon jetzt allerlei, und das will ich meinen Lesern nicht vorenthalten - zumal ich, so Gott will und nichts dazwischen kommt, bei Ablauf der 100-Tage-Frist wohl gerade in Santiago de Compostela sein und andere Dinge im Kopf haben werde. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. 

Über Pfarrer Jasbinscheks Amtseinführung in St. Willehad hieß es in der Lokalpresse, er habe "eine eindrucksvolle Predigt voller Dynamik, Leidenschaft und Zuversicht" gehalten und darin betont, dass er die Gemeinsamkeit der Christen fördern, junge Leute für die Kirche begeistern und sich für den Zusammenhalt in der Gemeinde einsetzen will. „Wir wollen gemeinsam etwas in Gang bringen“, wurde der neue Pfarrer in der NWZ zitiert; dafür sei "ein ehrliches und offenes Miteinander unverzichtbar." Da die Predigt - wie die Pfarrei mir auf Anfrage mitteilte - frei gehalten und auch nicht aufgezeichnet wurde, gibt es leider keine Möglichkeit, sie nachzulesen oder zu -hören, aber sie scheint auf ein durchweg positives Echo gestoßen zu sein - jedenfalls ist mir nichts Gegenteiliges zu Ohren gekommen. Wie mir berichtet wurde, reagierte die anwesende Gemeinde mit "begeistertem Beifall" auf die Predigt; da fällt mir zwar wieder einmal "Paulus schrieb an die Apachen..." ein, aber lassen wir das. 

Wenig später durfte Pfarrer Jasbinschek dann Fronleichnam in Nordenham feiern; da das Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi in Niedersachsen kein Feiertag ist, werden die Feierlichkeiten dort üblicherweise auf den darauffolgenden Sonntag verlegt, und so war es auch in diesem Jahr. Auf der Facebook-Seite der Pfarrei wurden einige Fotos von der Messe, der Prozession und dem Abschluss der Feier veröffentlicht, auf denen u.a. zu sehen ist, wie Kaplan Alex Mathew die Monstranz mit dem Allerheiligsten unter einem schön gestalteten Baldachin durch die Straßen Nordenhams trägt, gefolgt von einer (für eine Kleinstadt in der Diaspora) durchaus beachtlichen Zahl von Gläubigen verschiedenster Altersstufen. Aus Pfarrer Jasbinscheks Festpredigt zitiert die NWZ den Satz "Als katholische Christen leben wir immer aus der Eucharistie heraus"; für diese Aussage hat der neue Pfarrer selbstverständlich meinen (stillen) Beifall. 

Und die neueste Meldung aus St. Willehad ist, dass sich ein neu gebildetes Gremium, das übergangsweise den im Frühjahr 2015 nach mehreren Rücktritten ausfgelösten Pfarreirat ersetzen soll, zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen hat. Die Bildung dieses Gremiums war bereits auf der Pfarrversammlung im Februar beschlossen worden, von der ich berichtet hatte: Es besteht ungefähr je zur Hälfte aus den Mitgliedern des im November 2014 gewählten Kirchenausschusses und aus Vertretern der verschiedenen "Gruppen und Kreise" der Pfarrgemeinde. Einige Mitglieder dieses Gremiums kenne ich noch "von früher her", einige andere habe ich im Zuge meiner Berichterstattung über die Konflikte in der Pfarrei kennengelernt. Angesichts der Zusammensetzung des Gremiums kann es kaum überraschen, dass darin Personen aufeinandertreffen, die in den Auseinandersetzungen um den zurückgetretenen Pfarrer Jortzick in gegnerischen Lagern standen; dennoch wurde mir von Teilnehmern der konstituierenden Sitzung versichert, ie Atmosphäre bei diesem Treffen sei sehr konstruktiv und zuversichtlich gewesen. Auch die Presse berichtete unter Berufung auf Pfarrer Jasbinschek, der neue Rat habe "mit viel Elan und großer Freude seine Arbeit aufgenommen". 

Es sieht also vorerst ganz danach aus, als seien die Konfliktparteien innerhalb der Gemeinde bereit, das Kriegsbeil zu begraben, und womöglich ist Pfarrer Jasbinschek tatsächlich genau der richtige Mann, um diesen Prozess zu fördern und zu begleiten. Aber, wie schon eingangs erwähnt: Er ist ja auch erst seit einem Monat im Amt. Schauen wir mal wie die Dinge sich weiter entwickeln. 


Samstag, 11. Juni 2016

Wer, wenn nicht wir?

Meine Liebste hat bereits davon berichtet: Letzten Samstag sind wir mal wieder auf "Straßenfest-Crawl" gegangen, und es war wieder sehr eindrucksvoll. Bereits an unserer ersten Station, dem Kenako Afrika Festival auf dem Alexanderplatz, scherzte ich: "Ist ja fast wie auf dem Katholikentag hier. Nur die Musik ist besser." (Und das Essen. Kamelragout. Mangohühnchen. Frittierte Bananen. Mjam.) 

Aber spätestens nachdem wir uns eine Weile an unserer dritten Station, der Fiesta Kreutziga, aufgehalten hatten, ging mir auf, dass die Aussage "Das ist wie auf dem Katholikentag hier" weniger eine adäquate Zustandsbeschreibung als vielmehr eine Wunschvorstellung ausdrückte. Tatsächlich würde ich mir nämlich wünschen, der Katholikentag wäre ein bisschen mehr so wie die Fiesta Kreutziga. 

Kardinal Woelkis Flüchtlingsboot war auch da. (Abb. ähnlich) 
Das muss ich jetzt natürlich erklären. Es geht mir bei dieser Aussage ausdrücklich nicht um die politische Ausrichtung. Politisch ist der Katholikentag ohnehin schon mehr als gut für ihn ist, und dass da ein linksautonomes Straßenfest noch erheblich schärfere Töne anschlägt, liegt zwar auf der Hand, würde ich jetzt aber nicht unbedingt als vorbildlich bezeichnen. 

Der neueste Schrei: Transgender-Topflappen 
Wobei es da natürlich sehr aufs Thema ankommt. Foodsharing bzw. Foodsaving beispielsweise ist eine feine Sache und für mein Empfinden auch absolut kompatibel mit der katholischen Lehre: Gegen die Verschwendung von Lebensmitteln einzutreten ist ein Anliegen, das auch Christen, auch katholischen Christen, am Herzen liegen sollte - ich könnte das gern mit ein paar Zitaten aus der Enzyklika Laudato Si' untermauern, aber damit will ich mich jetzt und hier nicht aufhalten - das kann ja jeder selbst nachlesen

Eigentlich will ich auf etwas ganz Anderes hinaus. Während ich mir die ganzen Leute auf der Fiesta Kreutziga so ansah, dachte ich mir: Die sind doch wohl alle - mal abgesehen vielleicht von den ganz kleinen Kindern, von denen auch nicht wenige da waren - nicht als Linksradikale geboren worden. Viele, vielleicht die meisten von ihnen werden, als sie jung waren und nach Orientierung suchten, einfach dahin gegangen sein, wo es die besten Partys gab - und wo die Partys obendrein, als Bonus gewissermaßen, mit einer ansprechenden Message verknüpft wurden. Nun, die bessere Message haben wir Katholiken ja wohl allemal. Was uns fehlt, sind bessere Partys

Und nicht nur Partys, sondern ganz allgemein eine bessere Substruktur. (Meinetwegen auch Suppstruktur, aber dazu später.) Der Gedanke kam mir schon früher am besagten Nachmittag, als wir auf der Suche nach dem Torstraßenfestival an einigen Hinterhöfen vorbeikamen, in denen die Anwohner, wohl in Erwartung der Festival-Laufkundschaft, mal eben ad hoc einen privaten Flohmarkt aufgebaut hatten. Das mag für sich gesehen eine Kleinigkeit sein, aber ich fand's bezeichnend. Schon vor Jahren trieb mich angesichts meiner Streifzüge durch die sehr aktive und enorm gut vernetzte linksautonome Subkultur Berlins - mit ihren Kneipen, "Volxküchen",  Tauschbörsen, Schuh- und Fahrradwerkstätten undsoweiter undsoweiter - die Frage um: Warum gibt es so etwas nicht auch "auf katholisch"? Nun, während unseres Straßenfest-Crawls, kam mir eine mögliche Antwort in den Sinn: Vielleicht liegt es - wenigstens zum Teil - daran, dass die Kirche einfach (noch) zu viel Kohle hat. Und deswegen glaubt, solche Graswurzelinitiativen nicht nötig zu haben. Andererseits leben Graswurzelinitiativen natürlich per definitionem davon, dass man nicht darauf wartet, dass es ein Anderer macht. Sondern einfach mal selbst damit anfängt. 

Diesbezüglich hat der Besuch beim diesjährigen Katholikentag - und insbesondere die Erfahrung des Nightfever-Abends - in meinem Kopf offenbar einen Schalter umgelegt. Ich habe seitdem einen ziemlichen Hals auf die ganzen Meckerkatholiken, die sich den Katholikentag nie angesehen haben, aber überzeugt sind, dass er Teufelswerk sei; und die auch sonst überall in der real existierenden Kirche nur Niedergang und Apostasie sehen (wollen). Sicher, Missstände gibt es zuhauf, und es ist richtig und wichtig, diese zu benennen und Fundamentalkritik daran zu üben - mache ich ja selber auch gern. Aber dabei sollte man tunlichst nicht die positiven Entwicklungen übersehen, die es schließlich auch gibt - wie z.B. eben Nightfever -; und vor allem sollte man sich vielleicht lieber mal Gedanken darüber machen, was man selbst zur Neuevangelisierung beitragen kann, als vor lauter Missständen griesgrämig und defätistisch zu werden. Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit! Wollte ich nur mal gesagt haben, und der Apostel Paulus sagt es auch. Schreibt euch das gefälligst hinter die Ohren! 

Off Topic, aber irgendwie nett: Hipsterschokolade. In der Torstraße. 


Dabei fällt mir übrigens ein, dass in der Torstraße auch das Café J liegt, ein auf Spendenbasis betriebenes katholisches Jugendcafé in den Räumen der Kirchengemeinde St. Adalbert. (Das "J" steht übrigens nicht für "Jesus", sondern - berlinerisch - für "Jott". Was hab ich gelacht. Nicht.) Vor Jahren war ich ein paarmal da und dachte, das könnte vielleicht ein Kristallisationspunkt für eine katholische Graswurzelrevolution in Berlin sein. Einmal versuchte ich mit den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, die dort hinter dem Tresen standen, ein Gespräch darüber zu führen, aber als ich zur Veranschaulichung dessen, was mir (wenn auch vage) vorschwebte, auf das Beispiel der linksradikalen Szene verwies, erntete ich lange Gesichter - und eine klare Distanzierung von diesem Vergleich: 

"Wir sind doch nicht radikal." 

Tja. Ich schätze, das ist das Problem


Dienstag, 7. Juni 2016

Der seltsame Fall der eingekerkerten Nonne, Teil 6

Nachdem der Katholikentag und seine Nachbereitung einige Zeit in Anspruch genommen haben, wird es nun aber höchste Eisenbahn, dass ich mich mal wieder meiner Analyse des Romans Barbara Ubryk oder die Geheimnisse des Karmeliter-Klosters in Krakau zuwende; meine Leser werden schon ungeduldig (nun ja, einige zumindest). 

Also, wo waren wir - vor dem Einschieben einer allgemeinen Zwischenbilanz zum Handlungsverlauf - stehen geblieben? -- Der schurkische Jesuit Rebinsky hat die beiden entlaufenen Klosterzöglinge und ihre Entführer in Thorn aufgespürt - und zu Beginn des XXIV. Kapitels erfährt der Leser, wie ihm das gelungen ist. Ein fahrender jüdischer Händler namens Jeitteles hat die Gesuchten in Thorn gesehen und dabei Kasimir Ubryk erkannt; dies teilt er in der Hoffnung auf Belohnung dessen Vater, dem Chef der geheimen Polizei, mit. (Bei den Verhandlungen des geschwätzigen Juden mit dem Polizeichef über eine Belohnung huldigt der Autor, nebenbei bemerkt, einmal mehr der schamlosesten Zeilenschinderei - und obendrein dem Antisemitismus, doch dazu später.) Jaromir gibt diese Informationen an Rebinsky weiter - allerdings erst mit einigen Tagen Verzögerung, da er es im Grunde gar nicht ungern sähe, wenn sein nichtsnutziger Sohn eine der reichsten Erbinnen des Landes heiratete. 

So kommt Rebinsky also erst in Thorn an, als die Doppelhochzeit bereits vollzogen ist; er weigert sich jedoch, diese als gültig anzuerkennen, und verlangt, dass die Frauen ins Kloster zurückgebracht und die Männer verhaftet werden. Der französische Festungskommandant ist jedoch verstimmt über Rebinskys arrogantes Auftreten und lässt ihn kurzerhand als angeblichen russischen Spion in Ketten legen; da ohnehin gerade ein anderer Spion sein Todesurteil erhält, soll Rebinsky ohne Weiteres mit diesem zusammen erschossen werden. Nun aber tritt Elka in Aktion und bittet um Gnade für ihn - immerhin hat sie ihn mal geliebt und hat ein Kind von ihm, und "es ist eine ewige Wahrheit, daß kein Weib das Bild des Mannes, der ihr ihre Unschuld geraubt, je wieder vergißt" (S. 256). Der Oberst verspricht ihr, Rebinsky das Leben zu schenken; dennoch wird der Jesuit zusammen mit dem anderen Verurteilten zur Richtstätte geführt, es wird eine Salve auf die abgefeuert, und der letzte Satz des Kapitels lautet "Rebinsky und der Spion stürzten zu Boden" (S. 257). Man kann aber wohl davon ausgehen, dass es sich nur um eine Scheinhinrichtung handelt. Die ganze Konstellation erinnert vage an die Scheinhinrichtung des Grafen Stephan Batthyány im II. Band von Sir John Retcliffes "Zehn Jahre!" (1862), ist aber natürlich erheblich kursorischer erzählt. 

Während Therese sich bald mit ihren Eltern aussöhnt und mit ihrem frischgebackenen Ehemann Wroblewsky nach Warschau zurückkehrt, leben Elka und Kasimir Ubryk für einige Zeit unbehelligt in Thorn - bis Kasimir das Geld ausgeht und er sich veranlasst sieht, "im Frühjahre 1807" (S, 259) als Offizier in ein polnisches Regiment der Napoleonischen Armee einzutreten. (Auf derselben Seite wird Elka als "kaum 19jährige Frau" bezeichnet; demnach müsste sie zu Beginn der Romanhandlung erst elf gewesen sein. Ich sag ja, die Zeitangaben im Roman hauen vorne wie hinten nicht hin.) Bei einem Erkundungsstreifzug gegen die Russen wird Kasimir schwer verwundet und gerät in Gefangenschaft; während die eigenen Leute ihn für tot halten, wird er, "da er aus russisch Polen stammte und somit als Rebell, als Hochverräther, betrachtet werden konnte" (S. 262), zur Deportation nach Sibirien verurteilt. Elka, die vom Verbleib ihres Mannes nichts weiß, kehrt zu ihrer Tante nach Warschau zurück und lernt dort auch ihren Schwiegervater Jaromir kennen, der sich sehr von ihr eingenommen zeigt. 

Als wäre der Autor durch diesen Auftritt Jaromirs daran erinnert worden, dass sich an diese Figur noch einige unerledigte Nebenstränge knüpfen, springt er im Kapitel XXVI zurück ins Jahr 1803, um die fast schon in Vergessenheit geratene Kindsvertauschungshandlung wieder aufzugreifen. Zunächst löchert Jaromirs älteste Tochter Paula ihren Vater mit Fragen nach dem Verbleib ihres kurz nach der Geburt verschwundenen jüngsten Bruders, bis er ihr schließlich eine stark geschönte Version des tatsächlichen Hergangs auftischt; und dann zeigt die Gräfin Satorin - der Name wird erst jetzt, S. 273, erstmals genannt - plötzlich Interesse daran, was aus ihrer leiblichen Tochter geworden ist. Das bringt Jaromir natürlich in erhebliche Verlegenheit, weshalb er seine Bemühungen wieder aufnimmt, nach dem Juden Aaron Königsberger zu forschen, der das Kind vier Jahre zuvor aus der Schenke mitgenommen hat. Diese Nachforschungen haben zunächst jedoch keinen Erfolg, und als die Gräfin Satorin Jaromir persönlich aufsucht, erfindet er ad hoc eine Ausrede dafür, dass das Kind nicht bei ihm ist: Er habe es bei einer Familie auf dem Lande in Pension gegeben. 

Auch Jaromirs Mitgliedschaft im "geheimen Revolutionskomité" (S. 267) wird in Kapitel XXVI erneut thematisiert, doch auch dies bringt die Handlung nicht wesentlich voran - abgesehen davon, dass Jaromir sich seines zwielichtigen Bekannten Biernacky, der ihn mit seiner Mitwisserschaft um die Kindsvertauschung erpresst, entledigt, indem er das Revolutionskomité veranlasst, Biernacky nach Paris zu schicken. 

Es erscheint fraglich, was den Autor veranlasst, in der Handlungsgzeit um vier Jahre zurückzugehen, wo ihm doch eigentlich daran gelegen sein müsste, rasch vorwärts zu kommen, um endlich mal dem auf der Titelseite angegebenen Thema des Romans näher zu kommen. Die mehr als dürftigen Ergebnisse des XXVI. Kapitels machen jedenfalls nicht den Eindruck, dass dem Verfasser inzwischen eingefallen wäre, wie er die Kindsvertauschungs- und/oder die Geheimbundhandlung sinnvoll mit der Haupthandlung verknüpfen kann. Somit ist auch kaum abzuschätzen, ob er in diesem Kapitel auf bereits vorliegendes Material aus früheren "Schichten" des Schreibprozesses zurückgreift oder ob er das Kapitel neu geschrieben hat, weil ihm gerade nichts Anderes einfiel. So oder so scheint dieser Einschub keinen anderen Zweck zu erfüllen als den, Zeit zu gewinnen - dabei sollte dem Autor doch klar sein, dass er, indem er Zeit gewinnt, gleichzeitig Raum verliert. Schließlich sind den Abonnenten, die sich zur Abnahme des ganzen Romans verpflichtet haben, 20 Lieferungen in Aussicht gestellt worden und nicht unbestimmt viele; und wir sind bereits in der 6. Lieferung. 

Aber es kommt noch schlimmer: In den Kapiteln XXVII-XXX (S. 232-352), die sich über mehr als die gesamte 7. Lieferung erstrecken, verliert der Verfasser offenbar komplett den Faden - was umso tragikomischer wirkt, als der erste Satz des XXVII. Kapitels verspricht: "Wir nehmen den Faden unserer Geschichte wieder auf" (S. 282). Ja, aber wann? - Tatsächlich eröffnet der Autor erst einmal einen völlig neuen Handlungsstrang, der mit dem bisherigen Handlungsverlauf lediglich durch die Figur Elka verbunden ist. Der Einzug der Franzosen in Warschau eröffnet nämlich einen bunten Reigen aus Maskenbällen, Theaterbesuchen und Duellen, der Verfasser streut sogar Gedichte in den Roman ein, die Elka von einem heimlichen Verehrer zugespielt werden, und als dieser, ein mecklenburgischer Adliger namens Hugo von Rassow, zwei seiner Rivalen im Duell besiegt, dabei aber selbst schwer verletzt und anschließend in Elkas Palast wieder gesundgepflegt wird, erzählt er ihr seitenweise seine ganze Lebensgeschichte. Wenigstens an einer Stelle dieser Erzählung wird ein leiser Hinweis auf die Klosterthematik angebracht: Ein junges Mädchen tritt aus enttäuschter Liebe zu Rassow "in ein Kloster der Elisabethinerinnen" ein und vermacht diesem Orden ihr ganzes Vermögen (S. 339). Insgesamt sind diese Passagen derart generisch geraten, dass sie mit minimalen Änderungen genausogut auch in einem ganz anderen Roman stehen könnten - was natürlich einmal mehr den Verdacht nahe legt, der Autor habe auf eigentlich für eine Veröffentlichung an anderer Stelle vorgesehenes Material zurückgegriffen, um sein Manuskript zu strecken. Aber ich habe das Gefühl, dass dieses Erklärungsmodell für die sprunghafte Handlungsführung des Romans sich allmählich etwas abnutzt. Gleichwohl bleibt - auch wenn Dr. Rode die Kapitel XXVII-XXX auf die Schnelle neu geschrieben haben sollte - die frage: Wieso sollte er überhaupt ein Interesse daran haben, die Handlung zu strecken? Wäre nicht im Gegenteil eher eine Raffung zweckmäßig? Laut meiner bisherigen Theorie über die verschiedenen "Schichten" des Entstehungsprozesses müsste in der Erstfassung des Romanmanuskripts doch reichlich Material über Klostergräuel darauf warten, verwendet zu werden. Müsste der Autor da nicht eigentlich daran interessiert sein, die Handlung einigermaßen zügig an den Punkt zu führen, an dem er dieses Material zum Einsatz bringen kann? Schließlich dürfte es auch das sein, worauf die Leser mit zunehmender Ungeduld warten. Aber tatsächlich führt Dr. Rode die Handlung in den Lieferungen 6 und 7 nicht auf diesen Punkt zu, sondern vielmehr davon weg. 

Natürlich gibt es, wenn man die Gepflogenheiten der Kolportage kennt (wie schon einmal gesagt: Karl May ist da ein illustratives Beispiel), allerlei denkbare Gründe, warum der Autor verhindert gewesen sein könnte, konsequent an einer stimmigen Handlungsführung zu arbeiten, und sich stattdessen genötigt sah, die Leser vorläufig mit Maskenball- und Duellepisoden bei Laune zu halten, wie sie jeder routinierte Kolportageautor wahrscheinlich sowieso als "Stehsatz" in der Schublade hatte. Vielleicht war er krank, vielleicht musste er verreisen, vielleicht hatte seine Frau ihn verlassen. Alles schon vorgekommen. Erklärlich könnte Dr. Rodes in dieser Phase der Romanpublikation so auffallend ausgeprägtes Bedürfnis, dem Leser gegenüber Zeit zu schinden, aber auch dadurch sein, dass inzwischen - wir befinden und vermutlich im Oktober oder November 1869 - neue Details über den realen Fall Ubryk bekannt geworden sein mögen, die den Autor zwangen, seinen Plan für den weiteren Handlungsverlauf noch einmal umzugestalten. Schließlich lief in Krakau derweil ein Prozess gegen die Leitung des Klosters, und die Tagespresse verfolgte den Fall mit Aufmerksamkeit - doch dazu ein Andermal. 

Obwohl ich eigentlich nicht übel Lust hätte, die Seiten 282-343 - bis zu dem Punkt, an dem der vermeintlich hingerichtete Rebinsky quicklebendig wieder auf der Bildfläche erscheint - komplett zu übergehen, gibt es ein paar Details, die mir erwähnenswert scheinen. Dazu gehört zunächst einmal, dass Dr. Rode sich wieder einmal gründlich in der Historie vertut, indem er die Franzosen erst im Herbst 1807 in Warschau einziehen lässt - was tatsächlich schon ein volles Jahr früher, am 28.11.1806, der Fall war. Hier wie auch an vielen anderen Stelle wirkt sich immer wieder der Irrtum des Verfassers aus, Warschau habe vor dem 4. Koalitionskrieg von 1806/07 zum russischen Teil Polens gehört. Sodann agieren in diesem Abschnitt des Romans einige historische Charaktere in der fiktionalen Handlung: Marschall Louis-Nicolas Davout (1770-1823), Generalgouverneur des Herzogtums Warschau, tritt nur relativ flüchtig in Erscheinung, indem er Elka seine Aufwartung macht und sie dazu bewegt, sich öfter 'in Gesellschaft' zu zeigen (S. 285f.); eine erheblich größere Rolle spielt Fürst Józef Antoni Poiatowski (1763-1813), der zeitweilig zum engeren Kreis der Verehrer Elkas gehört. Über diesen heißt es auf S. 299f.: 
"Unter den jungen Männern, welche Elka den Hof machten, [...] war der junge polnische Fürst Poniatowski, der später so berühmt wurde und nach der Schlacht bei Leipzig in der Elster seinen Tod fand. Er war eine der schönsten Männer seiner zeit und von hinreißender Liebenswürdigkeit. Er galt für unwiderstehlich, stand im Rufe eines Don Juan's und die Fama wußte zahllose Liebesgeschichten von ihm zu erzählen." 
Nun ja: Ob man einen Mann im Alter von 44 oder 45 Jahren noch als "jung" bezeichnen kann, ist vielleicht Ansichtssache. Die Angaben zu seinem Tod stimmen jedenfalls: Auf dem rückzug nach der Völkerschlacht bei Leipzig ertrank Fürst Poniatowski bei dem Versuch, die weiße Elster zu Pferde zu überqueren, nachdem die Brücke über den Fluss gesprengt worden war. 

Auf S. 337f. verwechselt der Autor dreimal die Namen zweier Nebenfiguren - was ein aufmerksamer zeitgenössischer Leser handschriftlich korrigierte. Solche Namensverwechslungen kommen durchaus auch bei Sir John Retcliffe und Karl May vor; an dieser Stelle sind sie aber ein ziemlich eindeutiges Indiz dafür, dass die betreffende Passage sehr hastig geschrieben wurde und dass sich niemand die Zeit genommen und die Mühe gemacht hat, vor dem Setzen Korrektur zu lesen. Nun hoffe ich geradezu darauf, dass sich im weiteren Verlauf des Romans noch mehr derartige Flüchtigkeitsfehler finden lassen - das könnte ausgesprochen aufschlussreich für die Analyse des Entstehungsprozesses des Romans sein. 

Auf S. 343, relativ kurz nach Beginn der 8. Lieferung, greift, wie schon angedeutet, der totgeglaubte Rebinsky erneut ins Geschehen ein - und der Leser schöpft Hoffnung. 

(Fortsetzung folgt!)