Wo Erzbischof Zollitsch Recht hat, hat er Recht: Es ist zur Zeit tatsächlich ziemlich "interessant", katholisch zu sein. Interessante Zeiten überhaupt, in denen wir leben. Besonders interessant geht's in den einschlägigen sozialen Netzwerken zu. Zum Beispiel hätte ich nie damit gerechnet, dass nur wenige Tage nach einem Femen-Angriff auf den Erzbischof von Mechelen-Brüssel, André Léonard, das öffentliche Interesse an einem Blogartikel über nackte weibliche Brüste beiweitem in den Schatten gestellt werden würde vom Interesse an nackten oder gegebenenfalls auch bestrumpften Männerfüßen. Wenn so etwas passiert, dann kann das nur einen Grund haben:
Erst kürzlich wurde ich gefragt: "Was habt ihr" - mit "ihr" war die Blogoezese gemeint, und ich empfand es schon als recht schmeichelhaft, quasi als deren Repräsentant angesprochen zu werden, wenn auch nur im Rahmen einer privaten Unterhaltung - "eigentlich alle gegen das ZdK?" Eine griffige Antwort darauf zu finden, fiel mir gar nicht leicht; und auch als der ZdK-Vorsitzende Alois Glück zur Eröffnung der Vollversammlung seines illustren Gremiums (wieder mal) über "Chancen für Reformen in der Kirche" schwadronierte, konnte ich nicht so recht auf den Punkt bringen, was mich an seinen Einlassungen dermaßen aufregte, dass ich am liebsten irgend etwas Zerbrechliches an die Wand oder aus dem Fenster geworfen hätte. Nun gut: Dass Herr Glück über den Amtsverzicht Benedikts XVI. und die Wahl dessen Nachfolgers Franziskus äußerte, "[b]eide Ereignisse, Rücktritt und Neuwahl", hätten "eine außerordentlich hohe Zustimmung gefunden", war ja schon eine ziemliche Frechheit, zumindest Benedikt gegenüber - so sehr der ZdK-Vorsitzende dies in direktem Anschluss daran mit betont respektvollen Äußerungen gegenüber dem emeritierten Papst zu bemänteln suchte. Aber in dieser Hinsicht ist man ja eigentlich noch Schlimmeres gewöhnt. Andererseits und immerhin klang in Herrn Glücks Rede auch ein unerwartetes Quentchen Selbstkritik an: Papst Franziskus' eindringliche Warnung vor allzu großer Selbstbezogenheit der Kirche sei
"auch als Auftrag für das ZdK und die gesamte Laienarbeit in Deutschland zu verstehen. Man dürfe nicht vergessen, dass sich die Laien ebenfalls fragen müssten: 'Sind nicht auch wir zu sehr mit unserem eigenen Tun, mit unseren eigenen Strukturen und Mechanismen, mit unserer eigenen Selbstbestätigung beschäftigt?'"
In der Tat: Da staunt der Fachmann, und der Laie (sic!) wundert sich. Kann man das ZdK angesichts solch überraschend einsichtiger Töne überhaupt noch aus voller Brust kritisieren? - Keine Bange: Man kann. Dafür sorgte das Gremium gleich am nächsten Tag, nämlich heute.
Dass die Diskussion über "Zukunftshorizonte christlicher Sexualethik" einen Themenschwerpunkt der ZdK-Vollversammlung bilden sollte, war bereits im Vorfeld treffend kommentiert worden. Das Referat von Frau Dr. Claudia Lücking-Michel zu diesem Thema übertraf dann jedoch alle Erwartungen souverän - indem die Referentin auf einen Aspekt zu sprechen kam, dessen Zusammenhang mit "Sexualethik" wohl nicht jedem sofort ersichtlich sein dürfte: die Fußwaschung am Gründonnerstag! Wir erinnern uns, dass Papst Franziskus dieses Ritual heuer in einem römischen Jugendgefängnis zelebrierte, und ebenso erinnern wir uns, dass von konservativer und traditionalistischer Seite Kritik daran laut wurde, dass der Papst dabei auch jungen Frauen, ja sogar einer muslimischen jungen Frau die Füße wusch und obendrein küsste. Dass das irgend etwas mit Sex zu tun haben könnte, ist aber wohl auch den Kritikern des Papstes nicht eingefallen. Anders Frau Lücking-Michel vom ZdK. Nicht nur, dass sie in einigermaßen befremdlicher Diktion eine "sinnliche" Qualität der Frauenfußwaschung behauptet - sie kann es sich nicht verkneifen, hinzuzufügen:
"Vielleicht haben Sie aber auch, einige von Ihnen die gleiche Szene in den Jahren vorher vor Augen: Papst Benedikt wäscht ausgewählten Männern, in der Regel Priestern, die Füße, die sie ihm mit angezogenen Socken entgegen halten, damit er ihnen einige wenige Tropfen Weihwasser drauf sprengt. Nacktes Fleisch und sei es der Fuß …"
Den Rest ihrer Einlassungen kann man sich schenken, es ist ja offensichtlich, in welche Richtung das geht. Bloggerkollege Cicero bringt es auf den Punkt: "Infam jedenfalls ist die Gegenüberstellung: Franziskus ist unverklemmt
und knutscht nackte Frauenfüße. Benedikt hingegen repräsentiert die
verklemmte Sexualmoral der Kirche." Dass diese Gegenüberstellung in erster Linie gegen Benedikt gerichtet ist, mit dem das ZdK ja nie so recht "konnte", ist offensichtlich - aber im Grunde ist es beiden Päpsten gegenüber eine Unverschämtheit. Auch wenn es wohl nicht zu leugnen ist, dass Papst Franziskus eine, sagen wir mal, "Lockerheit" und Jovialität ausstrahlt, die seinem Vorgänger in dieser Form eher fremd war, erscheint es schon mehr als abwegig, dies irgendwie mit "Zukunftshorizonten christlicher Sexualethik" in Verbindung bringen zu wollen - und was noch erschwerend hinzu kommt: Die behaupteten Berührungsängste Benedikts XVI. gegenüber unbestrumpften Füßen sind schlichtweg erstunken und erlogen! Seit Stunden kursieren auf Facebook "Bildbeweise" von diversen Gründonnerstags-Fußwaschungen Benedikts aus den knapp acht Jahren seines Pontifikats; und, zugegeben, es sind ausschließlich Männerfüße darauf zu sehen, aber, entgegen den Insinuationen der ZdK-Vizepräsidentin, keine einzige Socke!
Vielleicht hat die gute Frau einfach was verwechselt. Vielleicht bezieht sich ihre Äußerung, wie Bloggerkollegin Claudia mir auf Facebook schrieb, in Wirklichkeit auf "das
in unseren Breiten in Vergessenheit geratene Sakrament der
Sockensegnung", das "[ü]blicherweise [...] katholischen Wandergruppen
gespendet" wird. Vielleicht handelt es sich, wie Alipius meint, um ein bislang völlig unbekanntes "Sockrament". Man weiß es nicht. Man kann nur staunen und sich fragen, was eine hochrangige Repräsentantin jenes Gremiums, das sich als Laienvertretung der Katholischen Kirche in Deutschland versteht, eine Repräsentatin übrigens, die außerdem Bundestagsabgeordnete für die CDU ist, geritten haben mag, öffentlich solchen hanebüchenen und, wie sich gezeigt hat, mühelos widerlegbaren Unfug zu behaupten. Und wozu.
Nun gut. Eins hat das ZdK damit jedenfalls geschafft: Die ganze Blogoezese - so jedenfalls mein zweifellos nicht gerade umfassender Eindruck - sammelt begeistert Bilder, die Benedikt XVI. zusammen mit nackten Männerfüßen zeigen, und bricht in kollektives Gekicher aus, sobald jemand "Socke" sagt. Möglicherweise hat jegliche ernsthafte Auseinandersetzung mit dem ZdK sich damit bis auf Weiteres erledigt. Wie Eckhard Henscheid einmal schrieb: "Derart hochartifiziellen Unfug sollte man vielmehr tunlichst schlichtweg loben"...
Nun gut. Eins hat das ZdK damit jedenfalls geschafft: Die ganze Blogoezese - so jedenfalls mein zweifellos nicht gerade umfassender Eindruck - sammelt begeistert Bilder, die Benedikt XVI. zusammen mit nackten Männerfüßen zeigen, und bricht in kollektives Gekicher aus, sobald jemand "Socke" sagt. Möglicherweise hat jegliche ernsthafte Auseinandersetzung mit dem ZdK sich damit bis auf Weiteres erledigt. Wie Eckhard Henscheid einmal schrieb: "Derart hochartifiziellen Unfug sollte man vielmehr tunlichst schlichtweg loben"...
P.S.: Verbindlichsten Dank für die Überschrift zu diesem Artikel schulde ich Monika Gräfin Metternich!
[Update: Einen eindrucksvollen Überblick über die laufende Sockendebatte auf Facebook gibt's hier - bei Cicero...]
[Update: Einen eindrucksvollen Überblick über die laufende Sockendebatte auf Facebook gibt's hier - bei Cicero...]