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Samstag, 11. November 2023

Creative Minority Report Nr. 3

Willkommen zu einem neuen Wochenbriefing, Freunde! Und ich darf gleich mit einer guten Nachricht für diejenigen Leser beginnen, die meinen Blog – oder überhaupt meine Familie und mich – gern finanziell unterstützen möchten: Meine Liebste und ich haben, unter dem bewährten Namen "Mittwochsklub", eine gemeinsame Patreon-Seite erstellt. Gegen einen bescheidenen Beitrag von 5-15 € im Monat gibt's dort allerlei exklusiven Content – z.B. Bilder, kleine Impulse, Glossen und Reflexionen –, und darüber hinaus plane ich, ausgewählte Blogartikel (nicht jedoch die Wochenbriefings und andere Artikel zu "kurzfristig aktuellen" Themen) zukünftig dort zuerst (d.h. bis zu einer Woche früher als hier) zu posten, damit die Abonnenten sich darüber freuen können, sie als erste zu lesen. Und wenn diese Vorzüge der Patreon-Seite euch als Anreiz nicht ausreichen, dann seht es als solidarischen Akt: Jeder, der für die Patreon-Seite zahlt, leistet einen Beitrag dazu, dass dieser Blog für den Rest der Welt kostenlos bleibt! 

Danke für die Aufmerksamkeit; nun aber zu den Neuigkeiten der Woche! 


Was bisher geschah 

Wie im vorigen Wochenbriefing schon erwähnt, stand ich am vergangenen Samstag vor der Wahl, entweder zu einer "Männerkonferenz" mit Pater Paulus Tautz von den Franziskanern der Erneuerung oder mit meinen Kindern aufs Straßenfest in der Gorkistraße zu gehen. Theoretisch wäre ich ja durchaus gern zu beidem gegangen, wenn sich das irgendwie miteinander hätte vereinbaren lassen; aber die Männerkonferenz ging den ganzen Tag, von 9 bis 18 Uhr, und auf dem Gorkistraßenfest gab es eine riesige Piratenschiff-Hüpfburg, ein Karussell, Kinderschminken, Popcorn und Zuckerwatte, alles gratis (bzw. aus dem Werbeetat der Veranstalter finanziert) – da fiel die Wahl letztlich doch nicht schwer. Ganz nett hätte ich es ja gefunden, mich am Abend noch mit einigen Teilnehmern der Männerkonferenz, idealerweise auch Pater Paulus selbst, auf ein Bier (oder so) zu treffen, aber na ja: vielleicht ein andermal. 

Am Sonntag gingen wir wieder in St. Joseph Siemensstadt zur Messe, die von einem mir bzw. uns bisher unbekannten Priester zelebriert wurde – Näheres dazu unter "Predigtnotizen". Und dann fing die Schule wieder an! Der Wiedereinstieg in den Alltag verlief reibungsloser, als man hätte befürchten können; was ich, während die Liebste bei der Arbeit und das Tochterkind in der Schule war, Spannendes mit dem Jüngsten erlebte, wird in der Rubrik "Wenn der Vater mit dem Sohne" geschildert. 

Unter anderem wird da auch ersichtlich werden, was es mit diesem Bild auf sich hat. 

Am Dienstag ging ich mit den Kindern in den Zirkus, nämlich in den "Circus Hopplahopp", der am Kurt-Schumacher-Damm gastierte; ein kleiner, altmodischer Familienzirkus, in dem Zirkusdirektor Sven Rogall und seine zwei Kinder praktisch das gesamte Programm allein bestritten – wer gerade nicht auftrat, machte die Ansagen oder half bei den Umbauten mit. In einem Zirkus dieser Art war ich buchstäblich seit Jahrzehnten nicht mehr gewesen und war geradezu gerührt, dass es so etwas heutzutage überhaupt noch gibt; am schönsten fand ich aber die ungebremste Begeisterung, die meinen Kindern ins Gesicht geschrieben stand. – Was man auch erwähnen sollte: In seiner Pausenansprache verriet Zirkusdirektor Rogall, da sein Zirkus auch Tiere halte – vor allem Pferde und Hunde, aber auch Kamele, Lamas, Ziegen und Kaninchen –, sei er häufig Anfeindungen seitens radikaler Tierschützer, bis hin zu regelrechten Sabotageakten, ausgesetzt. Dabei, so betonte er, gebe es im Zirkusgewerbe regelmäßige veterinäramtliche Kontrollen, um sixherzustellen, dass es den Tieren gut geht; und gegen sein Unternehmen habe es diesbezüglich noch nie Beanstandungen gegeben. "Zirkus ohne Tiere ist kein Zirkus", erklärte er. "Es ist Varieté, Cabaret, Theater – aber kein Zirkus." 



Am Mittwoch gingen wir zum JAM in der EFG The Rock Christuskirche in Haselhorst, am Donnerstag gab es keine besonderen Vorkommnisse; am Freitag – also gestern – gingen wir in Maria Gnaden Hermsdorf zur St.-Martins-Feier. Der eigentliche Martinstag ist zwar erst heute, aber wie ich vorige Woche schon angekündigt habe, feiert heute eine der engsten Schulfreundinnen des Tochterkindes ihren Geburtstag nach, daher waren wir recht froh über die Gelegenheit, schon am Vorabend zu einer St.-Martins-Feier zu gehen. Über dieses Hermsdorfer Martinsfest gäbe es durchaus einiges zu sagen; aus Zeit- und Platzgründen muss das jedoch bis zur nächsten Ausgabe warten. 


Was ansteht 

Morgen, am 32. Sonntag im Jahreskreis, ist in St. Stephanus Haselhorst Familientag, und wie ich schon vermutet habe, ist die Wichtelgruppe gebeten worden, etwas zum Kinderprogramm beizutragen. – Am Dienstag wollen wir zum "Stammtisch" der Pfarrei St. Mauritius Lichtenberg/Friedrichshain, um Kontakte zu knüpfen und/oder aufzufrischen. Auf der Website der Pfarrei wird dieser Stammtisch als ein Angebot für eine Zielgruppe beschrieben, die zu alt für den Kreis junger Erwachsener, aber zu jung für den Seniorenkreis ist; und das klingt ja recht vielversprechend, zumal meine Liebste und ich vor einigen Jahren recht regelmäßig beim zu dieser Pfarrei gehörenden Kreis junger Erwachsener in St. Antonius Friedrichshain zu Gast waren. – Am Wochenende feiert einerseits das "Baumhaus" sein elfjähriges Bestehen, andererseits ist wieder Wichtelgruppentreffen; man wird sehen, wie sich das unter einen Hut bringen lässt. 


Predigtnotizen 

Wie oben schon erwähnt, stand bei der Sonntagsmesse in Siemensstadt ein Priester am Altar, den wir bisher nicht kannten; in seinen Begrüßungsworten sagte er aber ein paar Sätze zu seiner Person: Er sei seit Anfang des Monats als Krankenhausseelsorger im Vivantes Klinikum Spandau und zugleich auch als Pfarrvikar in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland tätig. – 

Das Evangelium dieses Sonntags war Mt 23,1-12, die Rede Jesu gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten – eine Perikope, von der man sich unschwer vorstellen kann, dass sie landauf, landab von synodalbewegten Predigern als Vorlage genutzt wird, um gegen die schlimmen, verstockten "Konservativen" in der Kirche zu polemisieren, sie als die Pharisäer und Schriftgelehrten von heute hinzustellen und Klerikalismus, Prunk und Protz anzuprangern. Denkbar wäre andererseits natürlich auch, dezidiert gegen ein solches Verständnis dieser Perikope "anzupredigen". Der neue Krankenhausseelsorger-Schrägstrich-Pfarrvikar zog es hingegen vor, überhaupt nicht über dieses Evangelium zu predigen; es war nämlich nicht nur der 31. Sonntag im Jahreskreis, sondern zugleich der Gedenktag (und 80. Todestag) des Sel. Bernhard Lichtenberg, und das ist im Erzbistum Berlin eine große Sache: Auch die Kollekte an diesem Sonntag war – bistumsweit, wie ich annehme – der Finanzierung des Heiligsprechungsprozesses Bernhard Lichtenbergs gewidmet. Die Predigt, die wir in dieser Messe hörten, war fast eine Viertelstunde lang, und davon entfielen mehr als zehn Minuten auf eine eindrückliche, mit Zitaten aus zeitgenössischen Quellen angereicherte Darstellung der Biographie des Seligen, von den Umständen seines Todes auf dem Weg ins KZ Dachau chronologisch rückwärts vorgehend über seine Haft in Tegel bis zu seinem Eintreten für die Verfolgten des NS-Regimes, das ihm diese Haftstrafe eingebracht hatte. Inhaltlich war das alles mehr oder weniger bekannt – wir haben sogar ein Bilderbuch über Leben und Tod des Sel. Bernhard Lichtenberg zu Hause –, aber der Prediger setzte ein paar durchaus bemerkenswerte Akzente. So hob er hervor, ein Gefängniswärter habe über Lichtenberg geurteilt, dieser habe "den Zug der Zeit verpasst", habe an der modernen Zeit "vorbeigelebt". – "Gott sei Dank", so kommentierte der Prediger dieses Zitat, sei Lichtenberg auf diesen "Zug der Zeit" "nicht mit aufgesprungen". Konnte man hier bereits zwischen den Zeilen heraushören, dass er meinte, eine kritische Distanz zum "Zug der Zeit" sei nicht allein unter der Herrschaft des Nationalsozialismus ratsam und lobenswert gewesen, so wurde er diesbezüglich später noch deutlicher, indem er betonte, auch heute komme es "darauf an, dass wir unser Leben gestalten aus dem Geiste Jesu Christi, egal wer gerade regiert, unabhängig von den politischen Mächten". Gegen Ende der Predigt gab er seinen Zuhörern als "Take-Home-Message" sogar eine praktische Anregung mit: Er verwies auf ein "kleines Gebet", das sich unter der Nummer 7.1 im Gotteslob findet – "Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe" – und empfahl, dieses täglich morgens beim Aufwachen zu beten – "damit wir nicht mit dem falschen Fuß aufstehen". Ich fand, das sei eine ausgezeichnete Idee – muss jedoch zugeben, dass es mir bisher nicht gelungen ist, sie konsequent umzusetzen. Na, ich arbeite daran. 

Wenn ich allerdings im vorigen Wochenbriefing über den neuen Pfarrvikar von St. Klara Reinickendorf-Süd angemerkt habe, er neige anscheinend zu "seibstgestrickten" Zusätzen oder Unformulierungen bei liturgischen Texten und auch sonst zu "gewisse[n] Manierismen [...], die mir für 'liberal' und 'modern' sein wollende Priester typisch zu sein scheinen", dann muss man fairerweise gestehen, dass das für den neuen Pfarrvikar von Heilige Familie tendenziell noch mehr gilt. Ich konnte zwar die Absicht dahinter – nämlich, durch den leitmotivischen Gebrauch von Begriffen wie "Gewissen" und "Orientierung" den Bezug zu den Kernpunkten der Predigt deutlich zu machen – durchaus erkennen und nachvollziehen, aber auch bei noch so guter Absicht wirkt so etwas einfach immer irgendwie "cringe", wie die jungen Leute sagen. Ganz allgemein bin ich der Überzeugung, wenn ein Priester glaubt, er könnte die liturgischen Texte mittels seiner eigenen Kreativität "verbessern", ist das immer ein Irrtum, und er würde nicht nur der Gemeinde, sondern nicht zuletzt auch sich selbst einen Gefallen tun, wenn er sich dazu entschließen könnte, einfach "das Schwarze zu sagen und das Rote zu tun". 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Am Montag, dem Gedenktag des Hl. Leonhard von Limoges, brachte ich zum ersten Mal nach zwei Wochen Ferien das Tochterkind zur Schule, und der Jüngste kam natürlich mit; schon auf dem Weg zur S-Bahn fragte er mich: "Heute Kirche offen?" Damit meinte er offenbar die Kirche in Heiligensee, in der wir vor den Ferien regelmäßig mittwochs in der Werktagsmesse waren; die ist nämlich außerhalb der Gottesdienstzeiten nicht geöffnet, aber man kann wohl kaum von einem zweieinhalbjährigen Steppke erwarten, dass er einen Überblick darüber hat, welcher Wochentag gerade ist. Ich erklärte ihm daher, wenn er in einer Kirche eine Kerze anzünden wolle, könnten wir in eine der tagsüber geöffneten Kirchen in Tegel gehen, und er bestätigte, ja, das wolle er. "Nur eine Kerze anzünden oder auch Beten mit Musik?", hakte ich nach, und der junge Mann entschied: "Auch Musik." Wir steuerten also St. Joseph Tegel an – was sich als bemerkenswerte Fügung erwies: Regelmäßige Leser werden sich vielleicht erinnern, dass wir Ende September am selben Ort eine Probe für den Erntedankgottesdienst der KiTa-Kinder miterlebt haben; und nun ereignete sich praktisch dieselbe Situation noch einmal, nur dass es sich diesmal um eine Probe für eine St.-Martins-Feier handelte. Ich muss sagen: In einem fiktionalen Text würde ich diese Dopplung der Ereignisse – bis hin zu dem Detail, dass die KiTa-Gruppe genau in dem schmalen Zeitfenster zwischen dem Anzünden einer Opferkerze und der Inbetriebnahme der mobilen Lautsprecherbox für die Lobpreisandacht hereinkam – nicht recht glaubwürdig finden; meine einzige Entschuldigung ist, dass es wirklich passiert ist: Truth is mal wieder stranger than fiction. Unter der Leitung von zwei Erzieherinnen probten die Kinder ein Einzugs- und ein Auszugslied sowie ein Singspiel über den heiligen Martin; und ich muss (oder darf) sagen: Ich fand das gar nicht schlecht. Gerade im Vergleich zu dem Martinsspiel im Rahmen der ökumenischen St.-Martins-Feier in Tegel im Jahr 2019, über das ich mich seinerzeit in meiner Serie "Kaffee & Laudes" echauffiert habe: Seinerzeit hatte ich den Text des Martinsspiels schon vorab zu sehen bekommen und festgestellt, dieser vollbringe "das Kunststück, jedweden Bezug zum Christentum konsequent zu eliminieren": 

"Ich konnte es zuerst gar nicht glauben und habe mir das Anspiel daher dreimal durchgelesen, aber es bleibt dabei: Gott, Jesus, christlicher Glaube werden darin mit keinem Wort erwähnt." 

Das war hier nun ganz anders. Auf die klassische Szene mit dem Bettler, dem Martin die Hälfte seines Mantels überlässt, folgt wie in der legendarischen Überlieferung eine Szene, in der Jesus, mit dem halben Mantel bekleidet, Martin im Traum erscheint und ihm erklärt: "Alles, was du anderen Menschen Gutes tust, tust du auch mir." Damit nicht genug, folgt noch eine weitere, ebenfalls der legendarischen Überlieferung entnommene Szene, in der das Volk Martin zum Bischof  ausrufen will und er sich in einem Gänsestall versteckt. Am Ende ist es der immer noch kn den halbierten Mantel gehüllte Jesus-Darsteller, der Martin den Bischofshut aufsetzt. Ich muss schon sagen, ich war ausgesprochen angetan; fast scheint es, die katechetische Arbeit in dieser KiTa sei doch besser, als ich eigentlich anzunehmen geneigt wäre. – Anders als bei der Erntedank-Probe hatte ich diesmal auch nicht den Eindruck, dass die Kinder in übertriebenem Maße gedrillt wurden. 

Da die Probe recht lange dauerte, fragte ich meinen Jüngsten hinterher, ob wir trotzdem noch unsere Lobpreisandacht abhalten sollten; er bejahte das nachdrücklich, und am Ende sagte er aus tiefster Seele: "Das war schön." Das fand ich auch. 

Am Dienstag, dem Gedenktag des Friesenapostels Willibrord, kehrten wir vormittags kurz in der Kapelle von St. Rita ein, spielten ein Lobpreislied und beteten zwei der drei Psalm-Abschnitte aus der Terz, aber dann wollte der Junior weiter – allerdings nicht ohne aus dem Büchertauschregal des Augustinerkonvents das Buch "Das Wunder des Malachias" von Bruce Marshall mitzunehmen. Als wir am frühen Nachmittag an Herz Jesu Tegel vorbeikamen, bestand der Knabe darauf, auch dort wenigstens kurz einzukehren. 

Diese Madonnenfigur mit Rosenkranz stand nur im Oktober vor dem Altar in der Kapelle von St. Rita. Aber immerhin! 

Unter diesen Voraussetzungen stand es praktisch nicht in Frage, dass wir am Mittwoch wieder in Heiligensee zur Messe gingen, nachdem wir in den Ferien damit pausiert hatten. "Ich finde toll Kirche", bekräftigte der Jüngste, als wir uns dorthin auf den Weg machten. – Irgendwie hatte ich die Vorahnung gehabt, der Pfarrer werde die Messe zelebrieren, aber das erwies sich als Irrtum: Tatsächlich war's der Pfarrvikar aus Nigeria. Die Messe war besser besucht als sonst meist, und ich war entzückt, als mein kleiner Sohn freudestrahlend auf einen im Rollstuhl im Mittelgang sitzenden sehr alten Mann (der, wie sich zeigte, bei der anschließenden Kaffeetafel seinen 95. Geburtstag feierte) zulief und ihn begrüßte wie einen alten Bekannten ("Ach, Hallo!").– Insgesamt kann man zwar nicht behaupten, dass der Knabe sich in dieser Messe vorbildlich ruhig und konzentriert verhalten hätte, aber die Gemeinde scheint sich inzwischen an ihn gewöhnt zu haben: Bei der Kaffeetafel saßen wir direkt neben der Frau, die sich vor einigen Wochen bei Pater Mephisto über uns beschwert hatte, und sogar die verhielt sich uns gegenüber ausgesprochen freundlich. Was wohl mal wieder zeigt, dass man Leute nie vorschnell "abschreiben" soll. 


Sonstiges aus Tegel 

Leicht verspätet möchte ich noch auf etwas zurückkommen, wofür in den beiden vorigen Wochenbriefings nicht so richtig Platz war: In der Allerheiligenkirche in Borsigwalde habe ich, als ich unlängst mal auf einem ausgedehnten Solo-Spaziergang dort hineinschneite, das Protokoll der jüngsten Pfarreiratssitzung von St. Klara Reinickendorf-Süd aushängen sehen und kurz überflogen; erst mit einiger Verspätung kam ich auf die Idee, dass man dieses Protokoll eigentlich auch als Download-Datei im Internet finden können müsste, und das erwies sich auch als richtig. Die Sitzung liegt übrigens schon wieder ein Weilchen zurück, sie fand bereits am 7.9. statt. Mein Interesse wurde jedenfalls vorrangig von Tagesordnungspunkt 12, "Neue Gottesdienstordnung", geweckt, denn davon, dass eine solche in Vorbereitung sei, hatte ich schon bei meinen Besuchen in St. Marien Maternitas in Heiligensee vage etwas läuten hören. Aus dem Protokoll geht hervor, dass eine "Arbeitsgruppe [...] einen Vorschlag mit verschiedenen Varianten erstellt" habe; Details zu den einzelnen Varianten verrät das Protokoll nicht, außer dass es dabei u.a. um "eine regelmäßige Implementierung von Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionspendung" gehen soll. Was halten wir davon? Offen gesagt: Nicht viel. Beim Stichwort "Wort-Gottes-Feier mit Kommunionspendung" sehe ich pensionierte Gemeindereferentinnen in Mantelalbe vor mir, die eine Art "Frauenpriestertum light" performen. Womit ich jedoch nicht sagen will, dass ich keine oder signifikant weniger Einwände gegen Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionspendung hätte, wenn sie von männlichen Gottesdienstbeauftragten geleitet würden, ob alt oder jung, mit oder ohne Mantelalbe. Das grundlegende Problem dieser Gottesdienstform ist, dass sie oberflächlich betrachtet fast wie eine Heilige Messe aussieht, nur dass ihr gerade das Entscheidende, das Herzstück sozusagen, fehlt: die Wandlung, oder, um's mit einem aus der Mode gekommenen Begriff zu sagen, das heilige Messopfer. Eher unbedarften Gläubigen wird auf diese Weise leicht der Eindruck vermittelt, es mache ja gar keinen so großen Unterschied, gerade diesen Teil wegzulassen, und schwupps ist man dem Ziel einer Kirche ohne Weihepriestertum und Sakramente ein Stück näher gerückt. – Um's ganz deutlich zu sagen: Unter bestimmten Voraussetzungen kann Kommunionspendung außerhalb der Heiligen Messe legitim und sinnvoll sein; etwa als Krankenkommunion, oder auch wenn Gläubige aus anderen Gründen über einen längeren Zeitraum nicht die Möglichkeit haben, eine Messe mitzufeiern. (Ein solcher Grund könnte durchaus auch Priestermangel sein, aber darauf komme ich gleich noch.) In jedem Fall ist es aber eine Notlösung; eine "regelmäßige Implementierung von Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionspendung" liefe hingegen darauf hinaus, die Ausnahme zum Normalfall zu deklarieren – und das buchstäblich ohne Not. Von Priestermangel kann in einer Pfarrei mit vier Priestern wohl kaum die Rede sein. In Vorpommern, das auch zum Erzbistum Berlin gehört, müssen manche Katholiken bis zu 100 Kilometer mit dem Auto fahren, um in eine Sonntagsmesse zu kommen; von solchen Verhältnissen ist man in Berlin-Reinickendorf weit entfernt. Zur Pfarrei St. Klara gehören sieben Kirchen, und wie mir aus den beiden Sitzungen des Arbeitskreises Liturgie, an denen ich während der "Entwicklungsphase" teilgenommen habe, erinnerlich ist, sah der Pastoralplan vor, an jedem dieser Standorte mindestens eine Sonntagsmesse (einschließlich Vorabendmessen) und mindestens eine Werktagsmesse pro Woche anzubieten. Wenn die Verantwortlichen meinen, dies zukünftig nicht mehr leisten zu können und deshalb eine neue Gottesdienstordnung zu benötigen, dann möchte ich zu bedenken geben, dass die Kirchenstandorte zum Teil so nah beieinander liegen, dass es den ortsansässigen Gläubigen durchaus zugemutet werden kann, mal in eine andere Kirche zu gehen; man könnte also sehr wohl die eine oder andere Messe an dem einen oder anderen Standort streichen, ohne dass ein geistlicher Notstand entstünde. Wenn da nun eingewandt wird, man wolle aber auch an den von solchen Streichungen betroffenen Standorten kirchliches Leben erhalten und darum andere gottesdienstliche Angebote schaffen, dann ist mir das im Grundsatz durchaus sympathisch. Allerdings drängt sich mir da die Frage auf: Was ist denn mit Rosenkranz, Stundengebet, Lobpreis oder den vielfältigen anderen Andachtsformen aus dem Schatz der Kirche, die jeder Gläubige ohne besondere Qualifikation und Beauftragung anleiten kann und darf? Ich habe auch nicht unbedingt etwas gegen "Wort-Gottes-Feiern" – außer eben, dass man dafür eine besondere Beauftragung durch die Diözese benötigt. Den "Stand" der Gottesdienstbeauftragten als unechte Hierarchiestufe zwischen Geistlichen und "normalen" Laien betrachte ich wirklich als ein Übel, als verkappten Klerikalismus. Und wenn die "Wort-Gottes-Feier" dann auch noch mit Kommunionspendung kombiniert wird, muss man sich vollends nicht mehr wundern, wenn diese "Erzlaien" sich so fühlen (und auch von manchen Gemeindemitgliedern so wahrgenommen werden), als wären sie "fast schon Priester". Ob mit oder ohne Mantelalbe, wie gesagt. 

Aber wie dem auch sei: Sehr viel mehr als über den Inhalt der geplanten neuen Gottesdienstordnung verrät das Protokoll über das Prozedere der Beschlussfassung – und das wirft ebenfalls Fragen auf. Zunächst liest man da: "Über die Abgabe eines Votums wird abgestimmt: 3 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen." Wenn ich das richtig verstehe, ist das nicht das Votum, sondern vielmehr eine Abstimmung darüber, ob der Pfarreirat überhaupt ein Votum abgeben soll – und dies wird mehrheitlich abgelehnt. Aha. Und nun? "Nun sollen die Vorschläge in den Gemeinderäten abgestimmt werden." Na gut. Irritierend wirken dann aber wiederum die beiden letzten Sätze des Abschnitts auf mich: "Auf der Klausurtagung im November wird die neue Gottesdienstordnung vom Pfarreirat beschlossen. Mit der Fastenzeit 2024 wird die neue Gottesdienstordnung umgesetzt." Man beachte: Die neue Gottesdienstordnung wird beschlossen und wird umgesetzt. Es wird offenbar überhaupt nicht in Betracht gezogen, dass die Gemeinderäte sie ablehnen könnten. Das ist zwar vermutlich eine realistische Einschätzung, macht aber gleichzeitig deutlich, dass es als reine Formsache betrachtet wird, sie überhaupt darüber abstimmen zu lassen. Im Grunde ist damit alles gesagt, was man über Gremienarbeit in der katholischen Kirche wissen muss. 

-- Beinahe übersehen hätte ich in diesem Protokoll den Tagesordnungspunkt 11, "Seelsorge für queer-sensible Menschen – Synodaler Weg"; denn der umfasst nur wenige Zeilen. Ihn zu kommentieren, würde jedoch zweifellos mehr als ein paar Zeilen in Anspruch nehmen, daher verschiebe ich das lieber auf die nächste Ausgabe. 


Was ist denn bloß in Brake los? 

Noch ein Thema, auf das ich hier aus Platzgründen nicht umfassend eingehen kann, zu dem ich aber wenigstens einen "Teaser" loswerden möchte. Die Pfarrei St. Marien in Brake/Unterweser, unweit meines Heimatstädtchens Nordenham, wird derzeit von einem handfesten Erbschleichereiskandal erschüttert, der in vielen Details so anmutet, als sei er einem antiklerikalen Kolportageroman aus dem 19. Jahrhundert entsprungen. Soweit es aus den mir bisher vorliegenden Informationen ersichtlich ist, geht es in groben Zügen um folgendes: In Brake sind im Abstand von ein paar Monaten zwei Schwestern gestorben, die als Wohltäterinnen der katholischen Gemeinde galten und von denen daher allgemein erwartet wurde, dass sie ihr gemeinsames Haus der Pfarrei vererben würden. Nun hat sich jedoch herausgestellt, dass die beiden alten Damen das Haus bereits zu Lebzeiten dem örtlichen Pfarrer und seiner Haushälterin (!) überschrieben haben. Nach bürgerlichem Recht scheint die notariell beurkundete Schenkung nicht anfechtbar zu sein; anders stellt sich der Fall aus kirchenrechtlicher Sicht dar, denn gemäß der Richtlinien des Bistums Münster hätte der Pfarrer eine solche Schenkung zu seinem persönlichen Vorteil gar nicht annehmen dürfen. Folgerichtig hat das Offizialat in Vechta ihn erst einmal suspendiert; und in der Gemeinde brennt derweil die Luft. Ich schätze, dieser Fall birgt Stoff für einen eigenständigen Artikel – wenn nicht sogar mehrere... 


Aus der Kinder- und Jugendbuchabteilung 

"Nächste Woche gibt's wieder mehr zu dieser Rubrik", hatte ich im vorigen Wochenbriefing angekündigt; dieses Versprechen habe ich nun allerdings bereits mit einem eigenständigen Artikel eingelöst. Von den vier frisch aus der Bibliothek ausgeliehenen Büchern, die dort vorgestellt werden, habe ich derweil aber immer noch keines zu lesen angefangen, denn am selben Tag, an dem das Tochterkind und ich mit C. Alexander Londons "Wir werden von Kannibalen zum Essen eingeladen (oder gegrillt)" fertig wurden, holten wir uns den zweiten Teil von "Ruby Fairygale" aus der Bücherei – das war bei unserem letzten Besuch gerade ausgeliehen gewesen, deshalb hatte ich es vorgemerkt. Und ich muss sagen, ich war recht zufrieden damit, dass das Tochterkind auf die Frage hin, was wir denn nun als nächstes lesen sollten, "Ruby Fairygale" den Vorzug vor "Sternenschweif", "Bibi und Tina", "Ella" und "Ostwind" gab. Gleichwohl muss ich gestehen, dass mein Eindruck von den ersten Kapiteln des zweiten "Ruby Fairygale"-Bandes noch um einige Grade zwiespältiger ausfällt als mein Gesamteindruck vom ersten Band. Die Handlung hat zweifellos Potential, aber die Erzählweise erscheint mir oberflächlich und stellenweise geradezu schlampig. Das ist wohlgemerkt nur ein vorläufiges Urteil; ich werde bei späterer Gelegenheit noch ausführlicher darauf zurückkommen. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Die ganze Kirche ist in Stufen aufgebaut, und das Ganze des mystischen Leibes besteht aus Gliedern, die unter sich verschieden sind. Dennoch sind wir, wie der Apostel sagt, "einer in Christus Jesus" (Gal 3,28). So sehr ist keiner durch das heilige Amt vom andern getrennt, dass sein bescheidener Teil keinen Zusammenhang mit dem Haupt mehr hätte. In der Einheit des Glaubens und der Taufe besitzen wir eine ungeteilte Gemeinschaft und eine gemeinsame Würde, die die Stimme des seligen Apostels Petrus erklärt: "Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen", und weiter "Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde" (1 Petr 2,5.9). Alle, die in Christus wiedergeboren sind, macht das Zeichen des Kreuzes zu Königen und weiht die Salbung des Heiligen Geistes zu Priestern. So sollen geisterfüllte und vernünftige Christen erkennen, dass sie ungeachtet unseres besonderen Dienstes ein königliches Geschlecht sind und Anteil am priesterlichen Amt besitzen. Denn was ist so königlich, wie wenn der Gott untergebene Geist Beherrscher seines Leibes ist? Und was ist so priesterlich, wie wenn wir Gott ein reines Gewissen weihen und auf dem Altar unseres Herzens unbefleckte Gaben der Frömmigkeit darbringen? Das ist durch die Gnade Gottes allen gemeinsam. 

(Leo der Große, Die Kirche als mystischer Leib Christi) 


Ohrwurm der Woche 

Norah Jones: Sunrise 

Zur Abwechslung mal wieder ein Ohrwurm ohne programmatische Hintergedanken – einer, der mir schlichtweg "zugeflogen" ist, in diesem Fall im Café Familia in Siemensstadt, wo wir am Sonntag nach der Messe frühstücken waren. Sehr netter Laden mit Kinderspielecke, das Frühstück war lecker, reichlich und nicht zu teuer und die Bedienung außerordentlich freundlich. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls lief da dieses Lied und versetzte mich prompt zurück in die Zeit vor rund 20 Jahren, als diese Art von smoothem Jazz-Pop (oder wie ich damals sagte: "Gute Musik, um dabei Milchkaffee zu trinken") der absolute Hype war. Ausgelöst wurde diese Welle vermutlich durch Robbie Williams' Album "Swing When You're Winning", und dafür wollen wir dem einstigen Teenie-Idol dann auch brav Dankeschön sagen, denn dadurch verhalf er neben Norah Jones z.B. auch Katie Melua und Jamie Cullum zum Durchbruch, mittelbar wahrscheinlich auch Leuten wie Jason Mraz, Jack Johnson oder Bruno Mars – und im deutschen Sprachraum Roger Cicero, Stefan Gwildis und natürlich Annett Louisan, wobei ich letztere schon damals eher doof fand. Was jedenfalls Norah Jones angeht – deren Vater übrigens der Sitar-Großmeister Ravi Shankar war, der seinerzeit die Hippie-Generation auf den Indien-Trip brachte –, so sagt mir meine Erinnerung, dass ihr Debütalbum "Come Away With Me" mitsamt der Single "Don't Know Why" seinerzeit (2002) als absolute Sensation wahrgenommen wurde, wohingegen zwei Jahre später die Jazz-Pop-Welle schon so sehr Mainstream geworden war, dass ihr nächstes Album mit der Single "Sunrise" kein sonderlich großes Aufsehen mehr erregte. Kommerziell war "Sunrise" indes erfolgreicher als "Don't Know Why", und für die jeweiligen Alben, auf denen diese Songs erschienen, gilt dasselbe; aber wahrscheinlich ist das überhaupt kein Widerspruch. Wie dem auch sei, ich mag den Song; und da ich hier gerade Jamie Cullum erwähnte, fällt mir ein, dass ich dessen aus derselben Zeit stammendes Album "Twentysomething" wohl auch mal in dieser Rubrik würdigen sollte. 


11 Kommentare:

  1. In jedem Fall ist (Kommunionspendung außerhalb der Messe) aber eine Notlösung...

    Hm.

    Wenn am Werktag die Priester alle ihre Messen wann anders haben und die Leute auch nicht so viel Zeit, und die dann um 12 Uhr in einer verlängerten Mittagspause in der Kirche antanzen, Angelus, Kommunionspendung, kurze Danksagung, weiter mit der Arbeit (ich kenne einen Priester, der kennt so eine Einrichtung von irgendwoher, aber wahrscheinlich früher)... natürlich vom Priester geleitet, so viel Zeit hat er dann doch ... dann wäre meine Reaktion "ungewohnt, aber: warum nicht, wahrscheinlich".

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  2. Wortgottesfeiern (WGF) nehmen auch in unserer aus derzeit 6 Kirchstandorten mit jeweiliger Gemeinde bestehenden Großpfarrei, die 15000 Katholiken umfasst und sich über den ganzen Landkreis erstreckt.
    Als WGF-Leiter kommen unterschiedlichste Menschen bei und zum Einsatz: neben nebenamtl. Diakonen auch Gemeindereferentinnen oder eben auch Laienchristen.
    Mein persönl. Kriterium für meine Teilnahme an einer WGF ist einzig und allein, ob die leitende Person rechtgläubig-konservativ ist oder nicht. Ich erkundige mich stets vorher, wer die WGF leiten wird.
    In letzterem Falle verzichte ich lieber zugunsten einer Fernsehmesse, denn einen offensichtlichen Häretiker oder eine ultraliberale Maria2.0-Aktivistin tue ich mir nicht an.

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  3. Ach ja, Wortgottesfeiern. Ich habe ja *auch* nichts dagegen, aber, wie das hier so politisch durchgeführt wird, wirft doch mehrere Probleme auf.

    1. Das billige, aber sprechen wir es kurz an und bringen es hinter uns: Daß die kirchliche Lagerbildung ein Unding ist, heißt ja nicht, daß es sie nicht gibt: Und daß die Wortgottesfeiern milieumäßig ins *andere* Lager gehören, berechtigt zwar nicht zu auch nur dem Hauch einer Unfairneß, aber ein *Pluspunkt* ist es nun wirklich *auch* nicht.

    2. Natürlich, wie Du sehr richtig sagt: Du kannst und darfst das auch. Ich kann und darf das auch. Wenn die Tätigkeit eine Predigt ist (was aber die des normalen Wortgottesdienstleiters gar nicht unbedingt sein soll, oder?), dann darf ich es vielleicht bis zum Einholen einer bischöflichen Genehmigung nicht in der Kirche tun (can. 766), aber im CIC steht zum nicht einmal etwas von Pfarrheimen, und zum anderen pflegt die Kirche, völlig zu Recht, gegen ggf. auch in den Kirchen gehaltene Zeugnisse, "Zurüstungs-"Vorträge (nicht mein Sprachgebrauch, daher die Anführungszeichen, aber ich bin völlig einverstanden mit der Sache) mit völligem sakramentalen Recht eben *nicht* einzuschreiten. Der gefirmte Katholik und (hier, da ausnahmsweise nicht selbstverständlich, ausnahmsweise gegendert:) die gefirmte Katholikin darf bei freiwilligen Veranstaltungen alles, was auch ein Pastoralreferent darf.

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  4. 3. So Dinge wie auf dem einen, denke ich, Protokoll, das Du verlinkt hast, stand: "Teilnahme an der Fortbildung ist nur dann zulässig, wenn die Pfarrei dauerhafte Wortgottesfeiern plant und es gerade nicht eine Notfallausnahme für, wenn der Priester mal nicht da ist, gedacht ist."

    Wenn nämlich eine Pfarrei eine dauerhafte Wortgottesfeier einführt: *natürlich* würde die, wo möglich, der *Priester* leiten. Er würde nicht unbedingt das Wort führen. Aber er würde vermutlich zu beginn kurz begrüßen und an den Wortgottesdienstleiter übergeben, die Fürbitten einleiten und abschließen, das Tagesgebet übernehmen und zum Schluß einen Segen spenden. All das außer dem Segen *kann* ein Laie zwar, aber man *überläßt* es dem Priester, *wenn einer da ist*.

    Und da das Wort Gottes nicht immer ganz einfach ist und selbst da, wo die einfache Deutung *auch* zutrifft, doch zumeist trotzdem verborgene Schätze geschürft werden können (erst kürzlich habe ich zum Beispiel eine *krass-geniale* Auslegung zu Mt 5,23f. gehört, auf die ich selber *nicht* gekommen bin)... es werden Fragen gestellt werden. Wer wird die besser beantworten können?

    - ein engagiertes und rechtgläubiges (das sei ruhig mal angenommen) Gemeindemitglied, das einen Wochenendkurs gemacht hat?
    - eine Magistra der Theologie?
    - ein Magister der Theologie, dessen Tagesablauf strukturiert ist vom Gebet der Psalmen und der jeden Morgen die Auslegungen der Kirchenväter, und okkasionell späterer Theologen, zum z. B. Tagesevangelium, liest, weil er dazu verpflichtet ist?

    (Nichts gegen Pastoralreferentinnen. Ich sage ja hier auch, daß *die* das besser als der Wortgottesdienstleiter kann. Und vielleicht beten sie ja tatsächlich auch das Stundengebet.)

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  5. 4. Es besteht meines Wissens kein Grund im göttlichen oder Naturrecht, warum der Papst nicht denen, die am Sonntag eine Wortgottesfeier in ihrer Heimatpfarrei besuchen, wenn in der Heimatpfarrei keine Messe gefeiert wird, Dispens vom Meßbesuch erteilen *könnte* (bei den Ostkatholiken tut's m. W. auch die Laudes, die allerdings einige Elemente unserer Matutin enthält).

    Aber das hat er halt nicht *getan*.

    Die Sonntagspflicht muß der, der kann, mit einer Messe zu erfüllen, und zwar soll er dafür durchaus eine Stunde Wegs aufwenden wenn nötig. (Und, wenn er sonst auch autofährt: das Auto hernehmen. - Dies ist eine typische Frage an den Kasuisten, die man sicher detailgenau erörtern kann, daher hier einmal nur als Größenordnung.) Nun soll man gewiß an den gewöhnlichen Sonntagen mit den Entschuldigungsgründen eher großzügig bei der Hand sein, aber wie man es dreht und wendet: "Die Messe ist nicht in meiner Heimatpfarrei, und in der ist eine Wortgottesfeier" ist *kein* solcher.

    Aber wenn im Kirchenanzeiger eine Wortgottesfeier steht, wird das so *verstanden*. Da haben sie den Nachteil gegenüber Rosenkränzen, Anbetungsstunden und Vespern, daß das bei denen *nicht* so verstanden wird. Sicher, daß heißt nicht, daß man an sich gute Dinge (was Wortgottesfeiern *sind*) deswegen unterlassen soll, aber es heißt eben *schon*, daß man einmal ein Jahr oder drei Jahre oder fünf Jahre in aller Schärfe "es gibt eine Sonntagspflicht, und diese Feier erfüllt sie nicht" *laut sagen* und der Gemeinde regelrecht *eintrichtern* müßte, und zwar es auch so meinen, nicht bloß pro forma sagen.

    Und da würde sich dann zeigen, ob das ganze Konzept "Einführung des Angebots Wortgottesfeier" nicht eben *doch* als Sonntagspflichtersatz gemeint ist. Wie viele Wortgottesfeiern werden am Mittwochabend angesetzt?

    Zumal ja die Leute, die eine Messe nicht erreichen können, für ihre Sonntagspflicht gar nichts müssen. Und der Instinkt, sich in ihrer Heimatpfarrei zu versammeln, ist sicher sehr zu loben, aber während sie dort dann machen können, was sie wollen, auch Wortgottesfeiern, auch den Rosenkranz, auch Stilles Gebet, scheint mir in diesem Fall die Lösung, die offizielle Laudes-Prim-Terz (oder alternativ, da "instruktiver", wenn auch am Morgen zeitlich nicht mehr ganz passend: Matutin+Laudes) - im NO: Lesehore+Laudes - zu singen, oder am Abend Vesper+Komplet, doch die liturgisch stimmigste zu sein. Dafür braucht es aber keinen ausgebildeten Leiter; wenndann einen musikalisch ausgebildeten.

    (Im Krankenhaus gern auch mit Kommunionfeier danach. *Dafür* bräuchte es die Beauftragung dann natürlich schon.)

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  6. Man kann natürlich WGFs wortreich kritisieren. Aber die beiden letzten WGF, an denen ich teilgenommen habe und deren eine von einem wertkonservativ-katholischen Laien aus unserer Gemeinde bzw. deren andere von einer ebenfalls wertkonservativen inzwischen pensionierten Gemeindereferentin geleitet wurden, haben MICH wesentlich mehr angesprochen, als manche eventartige Messe in der letzten Zeit in unserer Pfarrei. Natürlich fehlte die Hl. Wandlung und das Hochgebet in den WGF, aber dafür habe ich mich weder über die Predigt noch manche Auswüchse, die ich in besagten Messen erlebte, ärgern müssen. Und darauf kommt es an - was DIESER gegenwärtig amtierende Papst dazu sagen würde, ist mir übrigens nicht maßgebend.

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    1. Es war, wie ich gesagt und tatsächlich auch gemeint habe, nicht meine Absicht, Wortgottesfeiern (an sich) zu kritisieren. Insbesondere nicht von Montagfrüh bis Samstagmittag, if you get my meaning.

      Und den gegenwärtigen Papst mag ich auch nicht besonders. Aber das ändert nichts daran, daß er der Papst ist, und daß eine Abänderung der Regel, daß die Sonntagspflicht für lateinische Katholiken den Besuch der Messe* einschließt, nunmal nur der Papst durchführen kann.

      (* Selbstverständlich, aber so selbstverständlich ist das gar nicht, bin ich auch durchaus offen für Behauptungen, daß nach etlichen Erfahrungen die realistische Erwartung liturgischer Mißbräuche in der konkreten Situation vor Ort von der Sonntagsmesse entschuldige. Das ist aber nicht der Punkt.)

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  7. Abgesehen davon dass der gegenwärtig amtierende Papst durch z.T. diametral widersprüchliche Aussagen oder eben auch gar keine oder z.T. völlig unverständliche Entscheidungen in den über 10 Jahren seiner Amtszeit (bei mir und anderen wertkonservativen Katholiken) jeglichen Kredit und weitgehend auch seine Autorität verspielt hat und ich berechtigter Weise annehmen muss, dass ihm WGFs als Messersatz zumindest bei älteren gesundheitlich eingeschränkten Katholiken zumindest in einer (norddeutschen) Diasporasituation wohl herzlich egal sind, muss ICH zusehen, wie ich möglichst meinen Seelenfrieden und meinen kath. Glauben auch in diesen wirren Zeiten bewahre.
    Deshalb also auch notfalls WGFs oder Fernsehgottesdienste statt physischer Teilnahmen an einer Messfeier, die mir aber vielleicht ganz und gar nicht zusagt. Sowas gibt's zumindest bei uns.
    Im übrigen sind meine Frau und ich von 2000 bis 2017 insgesamt 17 Jahre ganz konsequent JEDEN Sonn- und Feiertag und teilweise auch noch in der Woche zu einzelnen Werktagsmessen zwischen 8 und bis zu 40km gefahren, obwohl unsere Ortskirche fußläufig nur 10 min entfernt ist.
    Wir hatten uns mit damals führenden Gemeindemitgliedern u.a. wg Werbung für den Abtreibungsberechtigungsscheine in hiesigen Gemeinderäumen überworfen und setzten so ein Zeichen.
    Heute geht das alters- und krankheitsbedingt so nicht mehr - falls es mir hier nicht passt, bleibe ich weg zugunsten mitgefeierter Fernsehgottesdienste mit geistiger Kommunion auf k-tv, Bibel.tv, Servus.tv oder auch ggf. im ZDF.

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    1. Falls Sie damit hätten unterstellen wollen, ich hätte da etwas dagegen (mit eineinhalb Ausnahmen), dann hätten sie mich wirklich mißverstanden. Ich meine nämlich doch zumeist genau das, was ich sage, und nicht noch zehn andere Sachen.

      Die zwei Ausnahmen:
      1. Schon rein logisch kann die Tatsache, daß der Papst wenig "Kredit" bei einem hat, allenfalls dazu führen, eine Erleichterung von ihm nicht entgegenzunehmen. Aber eine Erleichterung, die unter normalen Umständen nur der Papst gewähren könnte, wegen dessen Kreditlosigkeit für sich selber postulieren?

      1,5. Ich sage wie gesagt wirklich gar nichts dagegen, daß *Sie* wegbleiben "zugunsten mitgefeierter Fernsehgottesdienste mit geistiger Kommunion auf k-tv, Bibel.tv, Servus.tv oder auch ggf. im ZDF" oder zugunsten von Wortgottesfeiern vor Ort. Wirklich nicht. Bitte glauben Sie mir das. (Deswegen auch nur die halbe Ausnahme, die ist nämlich das folgende Aber.) Aber: Ebensowenig habe ich dagegen, wenn jemand anderes in der gleichen Lage ist wie Sie und ebenfalls die Messe nicht besucht und dafür, ohne besondere Gründe abgesehen von seiner Vorliebe, vielleicht sogar wegen reinzeitlichem "das geht kürzer", einen Rosenkranz vor seinem Hausaltar oder, wenn er keinen hat, am Eßtisch im Sitzen betet.

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    2. Beim gegenwärtigen Papst mit dessen bizarren Äußerungen und Handeln weiß man oft nicht, woran man ist.
      Zu WGFs hat er sich m.W. nicht geäußert, und wenn er sich gegen dieselben als Messersstz ausspräche, wäre noch fraglich, ob er sie nicht doch für solche speziellen Diasporasituationen, wie der unsrigen, tolerieren würde.

      Rosenkranz zu Hause als Mess-Ersatz halte ich auch normalerweise für nicht ausreichend.

      Aber vor einiger Zeit fiel bei uns just sonntags vormittags das Kabelfernsehnetz aus - da hat meine Frau halt in der Messzeit Bibel gelesen.
      Ich denke, das ist ok, da es doch auch eine Heiligung des Sonntags darstellt, sich in das Wort Gottes zu vertiefen, nicht wahr...?

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  8. Sorry, da habe ich zu Beginn des letzten Absatzes meines letzten Kommentars versehentlich etwas weggelassen, wodurch der Satz unseres Überwerfens mit damals bei uns führenden Gemeindemitgliedern nicht richtig verständlich wirkt.
    Es ging darum, dass man dem Verein "Donum vitae" damals kirchliche Gemeinderäume für eine Werbeveranstaltung in eigener Sache überließ und der damalige Kaplan sogar noch öffentlich in der Kirche für die Veranstaltung warb - in unseren Augen schlichtweg ein Skandal.

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