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Montag, 19. Juni 2017

Mit Rod Dreher im Biergarten und in der "BMW Welt"

"Hi, ich bin Rod. Kann ich dir ein Bier ausgeben?" 

Ich muss sagen, ganz so locker und freundschaftlich hatte ich mir meine erste leibhaftige Begegnung mit Rod Dreher, dem Autor der "Benedict Option", nicht vorgestellt. Wobei: Warum eigentlich nicht? Die leutselige, unprätentiöse Art, mit der der Verfasser des "meistdiskutierten religiösen Buches des Jahres", dessen Blog auf der Website des Magazins "The American Conservative" täglich gut eine Million Leser erreicht, sich mir vorstellte, ist meiner Erfahrung zufolge durchaus charakteristisch für US-Amerikaner, und genau das mag ich so sehr an dieser Nation. 

Rod Dreher; im Hintergrund die "BMW Welt". 
Aber wie war es überhaupt zu dieser Begegnung gekommen? - Nun: Mit meinem Tagespost-Artikel "Christen als 'kreative Minderheit'" vom 15. Mai war ich, soviel ich weiß, der erste Journalist gewesen, der in einer deutschen Zeitung über das Buch "The Benedict Option" geschrieben hat; und kurz darauf erreichte mich über die Tagespost-Redaktion ein bemerkenswerter Leserbrief. Rod Dreher würde über Fronleichnam für ein paar Tage mit seinem ältesten Sohn nach München kommen und während dieser Zeit beim Verfasser des Leserbriefs wohnen. Sofern ich interessiert sei, würde er uns gern miteinander bekannt machen. Hallo?! Natürlich war ich interessiert! 

Also brach ich am Mittwoch in aller Frühe nach München auf. Bloggerkollegin Gardinenpredigerin hatte mir freundlicherweise eine Übernachtungsmöglichkeit in Aussicht gestellt. Aus dem ICE twitterte ich, ich sei auf dem Weg nach München - woraufhin ich von meiner langjährigen Twitter-Bekannten @gudruncita die Nachricht erhielt: "Du kommst nach München? - Wollen wir uns treffen?" 

Ansicht aus dem ICE - gut ausgerüstet mit Lektür, Kaffee und Snacks, und Esel Pepe war auch mit dabei. 


Im Real Life ist @gudruncita Co-Vorsitzende der Münchner Grünen und außerdem Mitglied im "ZdK". Im Sinne des guten alten bösen alten "Lagerdenkens" also total auf der Gegenseite. Ich habe mich hier auf meinem Blog auch schon mal sehr kritisch mit einem von ihr verfassten katholisch.de-Kommentar zum Thema Eucharistieverständnis auseinandergesetzt. Was soll's - wir mögen uns. Und ist ja auch schön, dass das möglich ist. Also verabredeten wir uns spontan für den späten Nachmittag am Isarstrand. Am Vater-Rhein-Brunnen. Erst mal ein bisschen verwirrend, dass an der Isar ein Vater-Rhein-Brunnen steht. Der stand allerdings früher wirklich mal am Rhein. In Straßburg, genau gesagt. Dort wurde er 1919 abgebaut und 1932 an seiner jetzigen Stelle aufgestellt. 

So sieht er aus, der Vater Rhein. 
Gudrun hatte ihre kleine Tochter dabei, die mir gegenüber zunächst etwas misstrauisch wirkte - aber mein kleiner Plüschesel Pepe brach das Eis. Beinahe hätte sie ihn nicht wieder hergegeben. 

Am Abend traf ich mich dann mit der Gardinenpredigerin und bekam von ihr eine recht komfortable Schlafcouch zur Verfügung gestellt; und am nächsten Morgen fuhren wir gemeinsam zum Marienplatz, wo der Festgottesdienst zum Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi (kurz: Fronleichnam) stattfand. 


Man hatte mich gewarnt, dass Kardinal Marx gern sehr ausführlich predigt. Und dass er die Angewohnheit habe, in die Mitte seiner Predigten eine Passage einzubauen, die fälschlich den Eindruck vermittle, er käme allmählich zum Schluss. Nebenbei fiel mir auf, dass seine behäbige westfälische Diktion mich irgendwie an Rüdiger Hoffmann erinnert. Aber sei's drum. Extrem heiß war es obendrein - und auf der Prozessionsstrecke (die in diesem Jahr wegen S-Bahn-Bauarbeiten von der traditionellen Route abwich) gab es kaum Schatten. Dennoch trug ich nur einen leichten Sonnenbrand davon. 


Im Anschluss an die Prozession trafen wir uns mit meinem Stammleser und unermüdlichen Kommentarschreiber Imrahil und gingen essen in einem netten, studentisch geprägten Lokal in der Maxvorstadt; ich nahm Schinkennudeln, an die Weißwurst traute ich mich nicht so richtig ran. Und kaum hatten wir aufgegessen, erhielt ich eine Nachricht von Till, dem Leserbriefschreiber, bei dem Rod Dreher zu Gast war. Sie seien gerade im Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten. Ob wir uns dort treffen wollten oder später irgendwo in der Innenstadt. 
"Wie weit ist es von hier zum Englischen Garten?", fragte ich meine ortskundigen Begleiter. 
"Zwanzig Minuten", erwiderte die Gardinenpredigerin. "Ich bring' dich hin." 

Und dort traf ich dann also mit Rod Dreher zusammen. Ebenfalls mit dabei war Yves Reichenbach, ein Schweizer, der sich mit Agroökologie beschäftigt. Ebenfalls eine sehr interessante Bekanntschaft. -- Rod wollte wissen, wie ich überhaupt auf sein Buch aufmerksam geworden sei; also erzählte ich es ihm und merkte dabei an, meine spontane Reaktion auf die ersten Informationen zum Inhalt der "Benedict Option", auf die ich gestoßen sei, sei gewesen, zu meiner Frau zu sagen: "Das ist genau das, wonach wir gesucht haben." Das machte Rod nun natürlich neugierig. Also erzählte ich ihm von unserem Besuch auf dem punkig-hausbesetzerischen Kreutzigerstraßenfest im letzten Jahr ("Da habe ich mich gefragt: Wieso sollten Christen so etwas nicht auch auf die Beine stellen können?" - Zustimmendes Lachen von Rod), von unserem gemeinsamen Jakobsweg und vom Dinner mit Gott des Mittwochsklubs ("Das ist genau das, wovon ich rede!", freute sich Rod). Kurz, wir verstanden uns glänzend. Eigentlich wollte und sollte ich ihn ja für die Tagespost interviewen, und das tat ich auch - aber vom Gefühl her war es weit eher ein angeregtes Gespräch auf Augenhöhe als ein Interview; Rod machte den Eindruck, ebensosehr daran interessiert zu sein, was ich zu erzählen hatte, wie umgekehrt. 

Wie ich erfuhr, hatte er wenige Tage zuvor in Trient an einer Konferenz teilgenommen; der Abstecher nach München war vor allem dadurch motiviert, dass sein 17jähriger Sohn Matthew ein Technik-Freak ist und sich sehr für deutsche Technologie (und insbesondere deutsche Autos) interessiert. Aus diesem Grund schlug Yves vor, wir könnten alle zusammen zur "BMW Welt" fahren; dort könne Matthew sich das BMW-Museum ansehen, während wir anderen uns ins Café setzten und uns weiter unterhielten. Und so machten wir es dann auch. Wir diskutierten verschiedene Aspekte der Benedict Option und was man so alles tun könne, um christliches Gemeinschaftsleben inmitten einer zunehmend glaubensfeindlichen Umwelt zu stärken. Unter anderem berichtete ich von der MEHR-Konferenz - und außerdem davon, dass in Hamburg gerade ein ungenutztes evangelisches Kirchengebäude von einer anarchistischen Gruppe besetzt worden sei, die dort ein selbstverwaltetes Jugendzentrum einrichten und einen Gemüsegarten anlegen will. "Im Grunde gefällt es mir, was die da machen", gestand ich, "aber es würde mir noch weit besser gefallen, wenn eine christliche Initiative so etwas machen würde." Rod wirkte interessiert und nachdenklich. 

Insgesamt verbrachten wir an diesem Nachmittag wohl etwa vier bis fünf Stunden zusammen - die Zeit verging wie im Flug. Rod hat auf seinem Blog auch schon darüber berichtet. Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt - und meine Artikelreihe mit kommentierten Exzerpten aus den einzelnen Kapiteln der Benedict Option wird ebenfalls in Kürze fortgesetzt... 


1 Kommentar:

  1. Schön, dass es diese bereichernde Begegnung gegeben hat - Rod Dreher wirkt auch noch zusätzlich wahnsinnig sympathisch, ich überlege nun doch, das Buch zu kaufen, obwohl es mich als Nichtchrist ja nur sehr periphär betrifft.
    Ich glaube, der Mann hat recht - so, wie (Amts)Kirche sich der Öffentlichkeit präsentiert, wirkt das auf mich oft so hilflos, überlebt, irgendwie auch verlegen und wenig (vom Glauben) beseelt. Nichts, wo ich gerne mitmachen würde. :-)
    Die wenigsten Menschen scheinen ihren Glauben zu leben, so, dass das tatsächlich Alltag und Handeln durchdringt - wahrscheinlich müssen die Kirchen tatsächlich mal diesen Klotz am Bein verlieren, um überhaupt wieder als relevant und attraktiv wahrgenommen zu werden.

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