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Samstag, 8. Juni 2024

Creative Minority Report Nr. 33

Gott zum Gruße, Leser! Dass es allmählich Sommer wird in Berlin, merkt man nicht zuletzt daran, dass an den Wochenenden mehr und mehr "los ist"; das hat sich schon in der vorigen Ausgabe des "Creative Minority Report" abgezeichnet, aber diesmal ist es noch ausgeprägter – nämlich so sehr, dass die Rubriken "Straßenfest-Crawl, mal wieder" und "Fronleichnam in Spandau", die der Schilderung des vergangenen Samstags bzw. Sonntags gewidmet sind, zusammen den Löwenanteil des gesamten Wochenbriefings ausmachen. Die Schul- und Arbeitswoche war naturgemäß wieder stark von Unternehmungen mit dem Jüngsten geprägt und wird darum – einschließlich des Mittwochs, der somit erneut keine eigene Rubrik erhält – unter der Rubrik "Wenn der Vater mit dem Sohne" geschildert. Da die genannten drei Rubriken mithin in chronologischer Reihenfolge praktisch alles abdecken, was in der zurückliegenden Woche so los war, kann ich mir eine eigene Rubrik "Was bisher geschah" diesmal wohl sparen; und für "Neues aus Synodalien", Linktipps oder andere jenseits des Selbsterlebten liegende Themen bleibt schon wieder gar kein Platz, ebensowenig für eine Kritik des aktuellen Pfarrbriefs von St. Klara Reinickendorf-Süd. Na, mal sehen – vielleicht ja nächste Woche... 

Zum Herz-Jesu-Monat: Ehemaliges Seitenaltarbild in St. Joseph Tegel, Hans Uhl, 1933

Was ansteht 

Theoretisch hätte heute Vormittag Wichtelgruppentreffen sein sollen, aber im Laufe der Woche sagten meine beiden Teamkolleginnen ab, und als dann auch noch unsere Große eingeladen wurde, von Freitag auf Samstag bei einer Schulfreundin zu übernachten, sagte ich mir, es sei wohl eher unwahrscheinlich, dass eventuelle neue Interessenten ausgerechnet an diesem Termin unangemeldet auftauchen würden, und ließ das Treffen ausfallen. Stattdessen hätte man eigentlich direkt zum nächsten "Straßenfest-Crawl" (s.u.) aufbrechen können, denn an diesem Wochenende ist sowohl "Langer Tag der Stadtnatur" – was u.a. unter dem Aspekt, Impulse für das Gartenprojekt in St. Stephanus "mitzunehmen", interessant sein könnte –, als auch "Italian Street Food Festival". Während ich diese Zeilen schreibe, ist allerdings erst mal meine Liebste mit den Kindern (einschließlich der Freundin, bei der das Tochterkind übernachtet hat) unterwegs, und was wir heute Abend machen, steht noch nicht gest. Am morgigen Sonntag ist dann, wie schon mal erwähnt, nicht nur Europawahl, sondern auch mein Geburtstag, weshalb ich hier noch einmal den Hinweis wiederholen möchte: Wer mir etwas schenken mag, dem sei ans Herz gelegt, ein Abonnement der Patreon-Seite "Mittwochsklub" zu erwägen – schon ab 5 € im Monat! Denkt daran: Ihr leistet damit einen solidarischen Beitrag dazu, dass dieser Blog für den Rest der Welt kostenlos bleiben kann...! 

Ansonsten sieht es danach aus, dass eine "ganz normale" Schul- und Arbeitswoche bevorsteht, ohne irgendwelche besonderen Termine; Spannung verspricht hingegen abermals das Wochenende, denn am nächsten Samstag ist "Suppe & Mucke". Und das ist ja eigentlich ein Muss. Na, schauen wir mal. 


Straßenfest-Crawl, mal wieder 

Altbewährten Stammlesern dieses Blogs wird die Bezeichnung "Straßenfest-Crawl" (Kurzerläuterung: wie ein Pubcrawl, aber mit Straßenfesten statt mit Kneipen) vielleicht schon mal begegnet sein, aber nur die Wenigsten dürften sich erinnern, dass ich diese Form der Freizeitgestaltung zusammen mit meiner Liebsten "erfunden" habe, als wir seit gerade mal vier Wochen ein Paar waren – also vor knapp neun Jahren. Damals besuchten wir an einem und demselben Tag einen Jahrmarkt und zwei links-alternative Straßenfeste, und hinterher waren wir übereinstimmend der Meinung, das Konzept sei noch ausbaufähig: "Beim nächsten Mal wird das generalstabsmäßig geplant. Fünf Straßenfeste an einem Tag müssen doch drin sein!", meinte meine Liebste. Dazu kam es dann allerdings erst mal nicht, da sie sich bei einem Fahrradunfall eine Sprunggelenksverletzung zuzog und für Abenteuer außerhalb der eigenen vier Wände vorerst ausfiel. 

Richtungsweisend an jenem allerersten Straßenfest-Crawl war jedenfalls, dass er uns u.a. aufs Kreutzigerstraßenfest alias Fiesta Kreutziga führte; als wir im Frühsommer des darauffolgenden Jahres endlich erneut zu einem Straßenfest-Crawl aufbrachen, gingen wir da auch wieder hin – und hatten dort die zündende Idee für das Projekt "Punkpastoral". (Was mich übrigens daran erinnert, dass ich schon längst mal einen "Dossier"-Artikel "Warum eigentlich Punkpastoral?" zusammenstellen wollte; ein Vorhaben, das ich definitiv wieder aufgreifen sollte.) 

Man kann also sagen, dass das Format "Straßenfest-Crawl" insgesamt, und die Fiesta Kreutziga noch mal extra, für meine Liebste und mich durchaus richtungsweisende Erfahrungen gewesen sind; und am vorigen Wochenende war es mal wieder an der Zeit, daran anzuknüpfen. Dass am Samstag Fiesta Kreutziga war, hatte ich schon seit einiger Zeit im Terminkalender stehen gehabt; und dann entdeckte meine Liebste auf Facebook einen Veranstaltungshinweis zum Internationalen Kindertag. "Spiel, Spaß & kostenlose Getränke & Snacks" wurden dort in Aussicht gestellt, Ort des Geschehens sollte ein Restaurantschiff in Köpenick sein. Beim zweiten Hinsehen entpuppte sich das Ganze als Wahlwerbeveranstaltung der Familien-Partei Deutschlands zur Europawahl, aber das schadete ja nichts – zumal wenn's was umsonst gab. Was die Vereinbarkeit mit der Fiesta Kreutziga betraf, zeigte sich, dass die Veranstaltung der Familienpartei um 10 Uhr, das Kreutzigerstraßenfest hingegen erst um 15 Uhr begann, und als ich dann noch herausfand, dass es zwischen beiden Locations, so weit sie auch voneinander entfernt waren, eine direkte Tram-Verbindung gab, war ich endgültig überzeugt. 

Wir machten uns am Samstag also direkt nach dem Frühstück auf den Weg nach Köpenick. Die Veranstaltungs-Location war wirklich schön, auch wenn ich nicht so ganz nachvollziehen kann, worin der Reiz besteht, auf einem Segelschiff zu essen, das an der Mole vertäut ist. Das kommt mir ein bisschen so vor wie im eigenen Garten zu campen: Kann man machen, aber wäre es dann nicht bequemer, im Bett zu schlafen? Die "Spiel und Spaß"-Angebote waren recht überschaubare (Dosenwerfen, Glücksrad), aber das Essen war gut – auf dem Schiff gab's Cheeseburger, Hähnchennuggets und Fritten, an Land Softeis und Zuckerwatte, Bratwurst wäre auch noch zu haben gewesen. Die veranstaltende "Familien-Partei Deutschlands" ist, wie sich zeigte, übrigens die deutsche Sektion der "Europäischen Christlichen Politischen Bewegung" ("European Christian Political Movement", ECPM) und hat demnach ein christliches, mindestens "kulturchristliches" Selbstverständnis. Letzteres kann zwar im Guten wie im Bösen alles Mögliche bedeuten, aber immerhin setzt sich die Partei für die europaweite Einführung eines "Erziehungsgehalts" ein, und das finde ich schon mal ziemlich prima. Wie Tucholskys "älterer, aber leicht besoffener Herr" sagen würde: Ick werde wahrscheinlich diese Pachtei wähln. Oder vielleicht auch nicht


Auf einer von den Veranstaltern auf Facebook geposteten Fotostrecke kann man übrigens auch mich und meine Familie bewundern, wenn auch aus Datenschutzgründen überwiegend von hinten oder schräg hinten. Ehrlich gesagt finde ich, der Umstand, dass wir auf diesen Fotos mehrfach zu sehen sind, spricht dafür, dass nicht so besonders viele andere Leute da waren; was ja irgendwie auch schade ist. 

Auf dem Weg zur Tramhaltestelle kamen wir an der katholischen Pfarrkirche St. Josef vorbei, und auf besonderen Wunsch unseres Jüngsten, der explizit "ein bisschen beten" wollte, gingen wir kurz hinein. 

Neugotische Architektur trifft auf moderne Innenraumgestaltung. Das Ergebnis ist, wie ich finde, gar nicht mal so hässlich.

Die Pfarrei St. Josef Treptow-Köpenick, zu der auch die Gemeinden St. Antonius in Oberschöneweide und Christus König in Adlershof gehören, leistet sich übrigens ein Pfarrblatt im Magazinformat und unter dem Titel Pastoral³, was ja schon mal Übles befürchten lässt; ein Blick in die aktuelle Ausgabe (Mai/Juni 2024) bestätigt diesen Eindruck. Da gibt es viel Politik, darunter ein Interview mit Volker Beck und zwei Artikel, die zur Teilnahme an der Europawahl aufrufen; es gibt einen Beitrag zum 300. Geburtstag Immanuel Kants und einen zum Thema "Public Viewing zur Fußball-EM", aber Inhalte, die dem auf der Website formulierten Anspruch gerecht würden, "Zeugnis für Jesus Christus abzulegen", muss man mit der Lupe suchen. Andererseits hing im Vorraum der Kirche immerhin ein Plakat vom GiG-Festival. Alles in allem also ein recht gemischter Gesamteindruck. 

Bei der Fiesta Kreutziga kamen wir gut eine halbe Stunde nach ihrer Eröffnung an, also gegen halb Vier am Nachmittag. Das war gut so, denn dass uns das Kreutzigerstraßenfest im vorigen Jahr, als wir erstmals nach längerer Pause mal wieder dort gewesen waren, nicht so gut gefallen hatte, hatte wesentlich damit zu tun gehabt, dass wir ein ganzes Stück später angekommen waren und das Kinderprogramm schon vorbei gewesen war. Diesmal war das Kinderprogramm, wie dieser Laufzettel belegt, recht reichhaltig: 

Im "Kinderkino" lief übrigens "Zoomania"; den hatten unsere Kinder schon gesehen, aber ich fand es doch einigermaßen witzig, dass auf einem in der Hausbesetzerbewegung verwurzelten Straßenfest ein Kinderfilm gezeigt wird, der ein positives Bild von Polizeiarbeit zeichnet. 

Wenn ich übrigens sage, dass meine sechsjährige Tochter auf der Fiesta Kreutziga mehr Bekannte traf als ich, ist das vielleicht etwas übertrieben formuliert, aber nicht grundsätzlich unwahr: Sie traf eine etwas ältere Mitschülerin, wohingegen ich lediglich eine Handvoll Gesichter sah, die mir "von früher her" bekannt vorkamen, aber ohne dass mir Namen dazu eingefallen wären, und sie machten ihrerseits auch nicht den Eindruck, sich an mich zu erinnern. Nun ja, wie ich schon voriges Jahr schrieb: Einige meiner Bekannten aus der Zeit, als ich mich noch recht regelmäßig im Milieu der Kreutzigerstraße bewegte, sind tot, andere vielleicht weggezogen. 

Man kann es somit wohl als einigermaßen folgerichtig betrachten, dass wir, als die Stände des Kinderprogramms gegen 18 Uhr abgebaut wurden, so langsam den Rückzug antraten. Aber man muss sagen, die Spiele, die beim Kinderprogramm angeboten wurden, waren ziemlich cool; einige davon könnte man sich mal zur Nachahmung merken, für zukünftige Pfarrfeste, Kindergeburtstage oder dergleichen. 

Übrigens muss die schon anlässlich unseres allerersten "Straßenfest-Crawls" aufgeworfene Frage, ob es den "Stressfaktor", den Veranstaltungskalender der links-alternativen Szene Berlins, eigentlich auch als App gibt, auch nach fast neun Jahren immer noch verneint werden. Gleichwohl hat die Fiesta Kreutziga mir Lust darauf gemacht, mal wieder öfter zu Veranstaltungen zu gehen, die im Stressfaktor beworben werden. Na, schauen wir mal – der Sommer fängt ja gerade erst an. 

Auf dem Weg von der Kreutzigerstraße zur S-Bahn kamen wir übrigens an einer Reihe von Wahlplakaten mit dem Konterfei Sahra Wagenknechts vorbei, was mich darauf brachte, mich zu fragen, ob das Bündnis Sahra Wagenknecht zum Wahlkampfabschluss womöglich auch ein schönes, familientaugliches Sommerfest veranstalten würde. Ich meine, Vernunft und Gerechtigkeit sind ja gut und schön, aber was sind Vernunft und Gerechtigkeit ohne Bratwurst und Hüpfburg? – Die Ergebnisse, die ich erhielt, als ich "Bündnis Sahra Wagenknecht Bratwurst Hüpfburg" in die Suchleiste bei Google eingab, sahen indes durchweg ungefähr so aus: 

See, that's the problem.

Fronleichnam in Spandau 

Am Sonntag stand ich einigermaßen zeitig auf und machte mich auf den Weg nach Spandau, um zusammen mit meinen Kollegen vom KiWoGo-Arbeitskreis die Kinder-Bibel-Rallye vorzubereiten, die im Rahmen des "geselligen Teils" der Spandauer Fronleichnamsfeier stattfinden sollte. Währenddessen hatte meine Liebste zu Hause Mühe, die Kinder wach zu kriegen – eine Nachwirkung des ereignisreichen Samstags. Zur Messe ging ich also erst mal ohne meine Familie. Die ausgesprochen geräumig angelegte Pfarrkirche war gut gefüllt, die Messe wurde – erwartungsgemäß – vom leitenden Pfarrer zelebriert. Kurz vor Ende der Messe fanden sich dann auch Frau und Kinder auf dem Kirchengelände ein, sodass wir gemeinsam an der Prozession teilnehmen konnten – die erheblich kürzer war als im vorigen Jahr, aber auch so kam sie mir noch mindestens so lang vor wie die der zentralen Fronleichnamsfeier des Erzbistums am Donnerstagabend (nachgemessen habe ich die Strecke nicht). 



Schon im vorigen Jahr hatte es – als bemerkenswertes Signal in Sachen Ökumene – mit Erlaubnis der evangelisch-landeskirchlichen Gemeinde einen Stationsaltar auf dem Grundstück der Nikolaikirche, der "Wiege der Reformation in der Mark Brandenburg", gegeben; den gab es auch diesmal wieder, aber diesmal war der evangelische Pfarrer noch einen Schritt weiter gegangen und hatte angeregt, der Prozessionszug könne auch durch die Nikolaikirche hindurchziehen. Und so wurde es auch gemacht. 

Hochaltar der Spandauer Nikolaikirche 

Nicht so schön war, dass ich am Rande der Station an der Nikolaikirche mit einer boshaften alten Frau aneinandergeriet, die Anstoß daran nahm, dass unser Jüngster etwas unruhig war. Ironischerweise entstand der Konflikt gerade dadurch, dass wir uns, um die Andacht möglichst wenig zu stören, mit dem quengelnden Knaben in die hinteren Reihen der Umstehenden zurückzogen – aber genau da trafen wir die stereotype "böse Alte". Anfangs versuchten wir ihre halblaut gemurmelten feindseligen Kommentare zu ignorieren; als sie uns böse anstarrte, starrte ich böse zurück, was sie für einen kurzen Moment tatsächlich etwas einzuschüchtern schien. Als sie dann aber doch erneut anfing, über das "Gequake" meines Sohnes zu meckern, reichte es mir, und ich fragte sie – wohl etwas lauter und erregter, als nötig gewesen wäre –, was sie mit ihrem Herzen voll Bosheit eigentlich bei einer eucharistischen Prozession zu suchen habe. 

Um uns von diesem unschönen Zwischenfall zu erholen, gingen wir nach dem Durchzug durch die Nikolaikirche erst mal Eis essen und verpassten dadurch den Rest der Prozession, und es kann gut sein, dass wir gar nicht mehr zum "geselligen Teil" im Garten von Maria, Hilfe der Christen gegangen wären, wenn ich da nicht eine Aufgabe gehabt hätte – nämlich eben die Mitwirkung bei der Kinderbibelrallye. 

Diese begann gegen 13:15 Uhr, und es fanden sich ungefähr zehn Kinder dazu ein – gar nicht mal so schlecht, würde ich sagen. Als Auftakt gab's, wie beim Vorbereitungstreffen Mitte Mai besprochen, erst mal ein Bewegungslied, nämlich "Ich mach mich locker" von Mike Müllerbauer; ich führte dazu die Bewegungen vor, was den nicht unwesentlichen Vorteil hatte, dass ich erst mal selber locker wurde. Als Probelauf für das Projekt "Kinder-Lobpreis-Disco" war diese Darbietung allerdings nur mäßig erfolgreich: Ich hätte gern noch ein, zwei weitere Lieder gespielt, aber die Kinder hatten es eilig, mit der eigentlichen Rallye anzufangen. – Für diese hatten wir im Garten dreizehn kleine Schraubgläser versteckt, die – abgesehen von blauen Krepppapier-Streifen, die Wasser darstellen sollten – zwölf Playmobil-Fische und ein aus einem Stück Fliegengitter angefertigtes Fischernetz enthielten. Diese Gläser durften die Kinder erst einmal suchen – was schneller ging, als wir vermutet hätten –, dann versammelten wir sie im Gartenpavillon, und ich trug aus einer Kinderbibel eine Nacherzählung des "Wunderbaren Fischzugs" nach Johannes 21,1-14 vor. Es gibt ja auch in den synoptischen Evangelien – in Matthäus 4,18-22, Markus 1,16-20 und am ausführlichsten Lukas 5,1-11 – eine Version des Wunderbaren Fischzugs, die sich nicht nach der Auferstehung, sondern im Kontext der Berufung der Jünger ereignet, und ursprünglich hatte ich gedacht, wir nehmen die; aber dann hatten wir uns teamintern doch auf die Johannes-Version geeinigt. 

Dieses Visualisierungs-Element musste daher leider wieder umgebaut werden, denn in der Johannes-Version war Jesus ja nicht im Boot, sondern am Ufer.

Der Gemeindereferent steuerte eine kleine Auslegung zu dieser Perikope bei, und zum Abschluss gab es noch ein kleines Gebet (das Vorbeten delegierte ich mal wieder an meine Liebste). Unter den teilnehmenden Kinder waren übrigens durchaus ein paar, die sich am religiösen Inhalt des Kinderprogramms demonstrativ desinteressiert zeigen, aber so etwas lässt sich verschmerzen – beim JAM gibt es auch immer ein paar Kinder, die recht deutlich zu erkennen geben, dass sie auf den katechetischen Teil keinen Bock haben, und die kommen trotzdem jede Woche wieder. 

Was es sonst noch über den "geselligen Teil" der Fronleichnamsfeier zu sagen gibt, habe ich in einem separaten Artikel mit dem Titel "Keine wundersame Würstchenvermehrung" dargelegt, den ich bereits gestern auf Patreon veröffentlicht habe, der aber mit der üblichen Verzögerung auch noch hier auf "Huhn meets Ei" erscheinen wird. Ein anekdotisches Detail möchte ich aber doch noch festhalten: Als das Fest sich bereits dem Ende zuneigte, kam ich auf der Suche nach Kaffee am Organisten und der ehrenamtlichen Pfarrsekretärin von St. Joseph Siemensstadt vorbei, die sich gerade miteinander unterhielten; und als der Organist mich sah, sagte er: "Der Tobias ist ja der treueste Kirchgänger überhaupt. Und dann ist er noch so mutig und setzt sich immer ganz nach vorn. Immer, wenn ich den Tobias sehe, dann weiß ich: Jetzt kann ich anfangen." Nett...! 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Die erste Woche des Herz-Jesu-Monats Juni war gespickt mit interessanten Heiligengedenktagen; das begann am Montag mit dem Gedenktag des Hl. Karl Lwanga und Gefährten. Eigentlich wollte ich zu diesem Anlass zusammen mit meinem Jüngsten eine Lobpreisandacht in St. Joseph Tegel abhalten, und der Knabe war auch durchaus dazu aufgelegt, aber dann kam uns ein Windelunfall dazwischen, der uns veranlasste, schnell nach Hause zu fahren und den Junior umzuziehen. Es blieb nicht das einzige, was an diesem Tag nicht nach Plan lief: Am Nachmittag hätte eigentlich mal wieder ein "ganz normaler" Omatag sein sollen, den ich aber kurzfristig absagen musste, um die Kinder stattdessen ins Bett zu stecken – die Große wegen Erkältung und den Kleinen einfach deshalb, weil man ihm allzu deutlich anmerkte, dass sein Mittagsschlaf überfällig war. Am Dienstag blieben wir daraufhin kurzerhand alle zu Hause (meine Liebste hatte unterrichtsfrei). 

Am Mittwoch, dem Fest des Hl. Bonifatius, waren die Kinder dafür umso früher wach – so früh, dass mir nicht mal Zeit zum Duschen blieb. Ich beschloss das Beste aus der Situation zu machen und brachte die Große einfach mal früher zur Schule als sonst (gleitende Ankunftszeit, ich erwähnte es schon mal), danach machte ich mit dem Jüngsten auf dem Weg zur Kirche in Heiligensee einige Umwege und fragte ihn schließlich: "Sollen wir noch eine Viertelstunde spazieren gehen oder willst du zum Rosenkranz?" – "Rosenkranz", entschied der Knabe, und zwar nachdem ich ein paar Sätze dazu gesagt hatte, was ihn da erwartete und dass er sich da dann aber gut benehmen müsse. Wir kamen etwa gleichzeitig mit einigen zur "Kerngemeinde" gehörenden Senioren auf dem Kirchenvorplatz an, und denen musste ich natürlich gleich auf die Nase binden, dass es die Entscheidung des Knaben gewesen war, zum Rosenkranz zu gehen. "Der wird mal Pfarrer", bemerkte eine alte Frau (die übrigens selbst einen Sohn hat, der Pfarrer ist). 

Die Messe zelebrierte wieder einmal "Pater Brody"; in seiner Predigt, die hauptsächlich auf die 1. Lesung (Apostelgeschichte 26,19-23, das Zeugnis des Paulus vor König Agrippa) Bezug nahm, betonte er die Bedeutung des persönlichen Zeugnisses für die Glaubensweitergabe, was ich durchaus gut fand. Dagegen schien er mit dem Tagesheiligen, ähnlich wie vor zwei Wochen mit der Hl. Rita, eher seine Schwierigkeiten zu haben: In seinen Begrüßungsworten schilderte er die Verdienste des Hl. Bonifatius in auffallend schnoddrigem Tonfall ("Was der alles geleistet hat, Chapeau, muss man sagen, nicht schlecht") und warf die Frage auf, ob er das Martyrium nicht allzu sehr gesucht habe, "damit er heiliger Fürsprecher werden kann"; am Ende seiner Predigt fügte er noch hinzu, als Vorbild für einfache Gläubige von heute sei Bonifatius wohl "eine Nummer zu groß". Ich frage mich wirklich, warum er sich solche Bemerkungen nicht verkneifen kann – ob das sein rheinisches Naturell ist oder ob er partout vermeiden will, für allzu fromm gehalten zu werden; jedenfalls nervt mich das, und zwar umso mehr, als er mir ansonsten durchaus sympathisch ist. Beim Gemeindefrühstück nach der Messe setzte er sich wieder neben meinen Sohn und plauderte munter mit ihm. 

Zurück in Tegel, wollte der Jüngste eigentlich noch "Beten mit Musik", schlief aber auf dem Weg dorthin ein – was mich, nachdem er morgens schon so früh wach gewesen war, nicht gerade überraschte –, und als er wieder aufwachte, war es schon an der Zeit, dir Große von der Schule abzuholen und zusammen zum JAM zu fahren, wo wenig später auch meine Liebste zu uns stieß. Diesmal verdonnerte unser Jüngster sie dazu, mit ihm zum Programm für die "Kleinen" zu gehen statt zum Elterncafé, sodass ich mit dem Tochterkind beim Programm für die größeren Kinder bleiben konnte. Inhaltlich ging's weiterhin um die Missionsreisen des Paulus, diesmal wurden dabei so ungefähr die Kapitel 21-23 der Apostelgeschichte abgedeckt – in Form einer lebhaften und fesselnden Nacherzählung, aber wesentlich mehr als eine Nacherzählung war es eben doch nicht. Wieder einmal ein Fallbeispiel dafür, dass in evangelikalen Kreisen die Vermittlung von Kenntnissen in biblischer Geschichte als Wert an sich gilt und die Frage "Was sagt uns das heute?" nicht so im Vordergrund steht. 

Am Donnerstag, dem Gedenktag des Hl. Norbert von Xanten, des Gründers des Bistums Magdeburg, schafften der Jüngste und ich es endlich, in St. Joseph Tegel eine Lobpreisandacht abzuhalten; zwar schlief der Knabe erneut auf dem Weg zur Kirche ein, aber diesmal hatten wir genug Zeit, dass ich ihn erst mal schlafen lassen konnte und wir mit der Andacht beginnen konnten, als er wieder wach war. 

Mit dabei: Die aktuellen Lieblingskuscheltiere des Jüngsten.

Am Freitag, also gestern, war dann das Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, und da ging ich mit dem Jüngsten zuerst zur Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg und anschließend zu einem Requiem in der Kapelle des St.-Sebastian-Friedhofs. Wieso und warum, was ich mit der Verstorbenen zu tun hatte, was ich bei dieser Gelegenheit Interessantes über sie erfuhr und was es über dieses Requiem sonst noch zu sagen gibt, ist ein Thema, das hier wohl den Rahmen sprengen würde; ich erwäge daher, es in einem eigenständigen Artikel zu behandeln. 


Geistlicher Impuls der Woche 
Aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus sollte die Kirche gebildet werden, und es sollte sich die Schrift erfüllen: "Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben" (Sach 12,10, vgl. Joh 19,37). Darum verfügte Gott, dass einer der Soldaten diese Seite durchbohrte und öffnete. Blut und Wasser flossen heraus, der Lösepreis unseres Heils. Ausgegossen aus dem Quell, dem Allerheiligsten des Herzens, sollte dieser Preis den Sakramenten der Kirche die Kraft geben, das Leben der Gnade zu gewähren. Den bereits in Christus Lebenden sollte er der Becher lebendigen Wassers für das ewige Leben sein (vgl. Joh 4,14). 
(Bonaventura, Das Holz des Lebens) 

Ohrwurm der Woche 

Wheatus: Teenage Dirtbag 

Okay, Leser: Kennste den? Was ist der Unterschied zwischen einem Comedian und einem Kabarettisten? – Comedians machen das nur wegen dem Geld. (Kunstpause) Kabarettisten wegen des Geldes

Im Sinne dieser Unterscheidung ist Lennart Schilgen definitiv ein Kabarettist und kein Comedian. Der junge Mann ist derart intellektuell, dass es ein zentrales Element seiner Bühnenshows darstellt, sich selbst dafür auf die Schippe zu nehmen, wie intellektuell er ist. So jedenfalls mein Eindruck auf der Basis dessen, was ich bisher von ihm gesehen habe; überwiegend handelt es sich dabei um Kurzvideos auf Facebook oder Instagram. Erstmals aufgefallen ist er mir mit einer Nummer mit dem schönen Titel "Am Tag, an dem ich Post von Reinhard Meys Anwalt bekam", und seitdem hat er bei mir einen Stein im Brett. Hörenswert ist auch seine Parodie von Peter Fox' "Schwarz zu Blau", in der das lyrische Ich nicht wie im Original "aus'm Club" kommt, sondern "aus der Bib" ("war schön gewesen, bisschen YouTube, bisschen pennen,  bisschen Goethe lesen"); und dann eben die von "Teenage Dirtbag". Darin geht es um Michelle aus dem Deutsch-LK, die "nicht grade hell" ist und des Öfteren "kein' Bock" hat – und sich "so ad hoc" nicht mal den Titel des Buches merken kann, um das es im Unterricht gerade geht, nämlich "Die Verwirrung'n des Zöglings Törleß, Baby". Kurz, die Nummer macht Laune – und mir hat sie Lust gemacht, mal wieder das Original von anno 2000 anzuhören. 

Meiner Wahrnehmung zufolge bestand das Alleinstellungsmerkmal und Erfolgsgeheimnis von "Teenage Dirtbag" darin, dass es sozusagen die Fun-Variante des damals virulenten Alternative Rock bzw. Post-Grunge verkörperte: Während Bands wie Matchbox 20 oder die Goo Goo Dolls Songs fabrizierten, die nach Herzblut und noch ein paar anderen Körperflüssigkeiten schmeckten, behandelten Wheatus die Nöte des Teenagerseins mit Augenzwinkern und Selbstironie; und so etwas muss es eben auch geben, das kann man ruhig auch dann anerkennen, wenn man, wie ich, die ernsthafte Spielart des Alternative Rock eigentlich lieber mochte. – Sehr große Ähnlichkeit hat "Teenage Dirtbag" übrigens mit dem zwei Jahre älteren "Lullaby" von Shawn Mullins; das macht es umso verblüffender, dass das eine Lied melancholisch und tiefsinnig wirkt und das andere lustig. – Abschließend möchte ich noch auf den Satz "Her boyfriend's a dick, he brings a gun to school" aufmerksam machen – und insbesondere darauf, welches Wort aus diesem Satz zensiert wurde. Ein interessantes zeitgeschichtliches Dokument, möchte ich meinen. 


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