Grüß Gott, Leser! So allmählich hat der Alltag uns wieder: In Berlin und Brandenburg sind zwar die Sommerferien noch nicht vorbei, aber trotzdem muss meine Liebste bereits seit gestern wieder zur Arbeit: Vorbereitungswoche. Ihre letzten freien Tage hat sie noch ausgiebig genutzt, um mit den Kindern baden zu gehen oder Ausflüge zu unternehmen, derweil ich meist zu Hause blieb; man könnte also denken, ich hätte reichlich Zeit und Muße zum Bloggen gehabt, aber tatsächlich habe ich diese Zeit größtenteils in die Recherche für ein neulich schon mal andeutungsweise erwähntes Buchprojekt und zum Teil auch in Tätigkeiten im Haushalt gesteckt. Und seit gestern bin ich aus genannten Gründen tagsüber wieder hauptsächlich mit den Kindern beschäftigt. Besonders Spannendes erlebt habe ich in den zurückliegenden Tagen folglich nicht, aber das ist zur Abwechslung auch mal okay – die Ferien waren schließlich ereignisreich genug. Und wenn (falls!) das Wochenbriefing dadurch etwas kürzer ausfällt als sonst, dürfte das zumindest einem Teil meiner Leser auch ganz recht sein.
Währenddessen in Tegel
"Pfarrer [Name der Redaktion bekannt] zelebrierte die Heilige Messe zusammen mit dem Pastoralteam und Patres des Augustinerordens in der Kirche St. Rita. Gemeindekirchenmusiker Matthias Golla und die Band Rita(r)dando gestalteten den Gottesdienst musikalisch."
Auffallend abwesend waren hingegen, wie die Fotos verraten, Gemeindemitglieder. Muss man sich mal vorstellen, da treibt man so einen Aufwand, um das erste Patronatsfest der neuen Großpfarrei zu einem fetten Event zu machen, und dann kommen so ungefähr drei Leute. Okay, das ist jetzt über- bzw. untertrieben, aber ein von der Empore herab aufgenommenes Foto zeigt sehr spärlich besetzte Bankreihen, und auf allen acht Fotos zusammen habe ich, die Geistlichen der Pfarrei nicht mitgerechnet, mit Mühe zwei mir bekannte Gesichter entdeckt, eine Frau aus Herz Jesu Tegel und eine aus St. Joseph Tegel. Den Satz "Anschließend saßen viele Gläubige aus allen Gemeinden der neuen Pfarrei noch lange bei Fingerfood, Knabbereien und Getränken im Klostergarten und weiteren Räumen zusammen und ließen den Abend bei angeregten Gesprächen ausklingen" glaube ich daher auch nicht so richtig. – Ich möchte dazu anmerken, dass mich die mangelnde Resonanz, auf die dieses Patronatsfest bei den Gemeindemitgliedern gestoßen ist, zwar vielleicht in diesem Ausmaß, aber nicht grundsätzlich überrascht. Schon als ich noch im Pfarrgemeinderat war, fand ich die Bemühungen, im Zuge des "Pastoralen Prozesses" ein "Wir-Gefühl" für die künftige Großpfarrei gewissermaßen in der Retorte zu züchten, einigermaßen tragikomisch. So etwas kann man nicht machen, so etwas muss wachsen – und im Raum Reinickendorf-Süd wächst da nicht besonders viel, trotz der relativ großen räumlichen Nähe und guten Verkehrsanbindung der einzelnen Kirchenstandorte untereinander und obwohl alle Gemeindeteile der Großpfarrei schon seit 2016 oder so denselben Pfarrer haben. Wobei – diese Spitze kann ich mir jetzt nicht verkneifen – "obwohl" in diesem Fall wohl nicht ganz die richtige Konjunktion ist. – Ich halte im Allgemeinen wenig davon, strukturelle Probleme zu personalisieren, und gerade angesichts der persönlichen Konflikte, die meine Familie und ich mit diesem Geistlichen gehabt haben, sollte ich mich umso mehr hüten, ihm persönlich die Schuld an allem möglichen zuzuschreiben, was in seiner Pfarrei im Argen liegt; ich bin sogar überzeugt, dass zu einem gewissen Grad dieser Pfarrer deshalb so ist, wie er ist, weil die Gemeinde so ist, wie sie ist. Aber so viel kann man wohl allemal sagen, dass es nicht gerade sein Charisma ist, Leute zusammenzubringen; schon an den einzelnen Gemeindestandorten nicht, und dass das dann auf der Ebene der Gesamtpfarrei erst recht nicht klappt, braucht einen wohl nicht zu wundern.
Ich habe nämlich wieder einmal einige Zeit und Mühe darauf verwendet, den Dokumentationsband zum 82. Deutschen Katholikentag in Essen im Jahr 1968 durchzuarbeiten, und ich finde, dass das eine ausgezeichnete Quelle ist, um den Wurzeln des Synodalen Wegs nachzuspüren. Tatsächlich reichen diese Wurzeln zweifellos noch tiefer, denn die Leute, die bei diesem Katholikentag das Wort führten, waren ja nicht plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht, und die Vorstellungen, die sie vertraten, auch nicht. In jedem Fall ist es aber sehr auffällig, wie erpicht einige Leute anno 1968 darauf sind, die nachkonziliare Umbruchsituation dazu zu nutzen, in der Kirche keinen Stein auf dem anderen zu lassen; und man kann schon irgendwie verstehen, dass nicht wenige der Überlebenden der sogenannten Konzilsgeneration heute so enttäuscht bis verbittert darüber sind, dass die damaligen "Reform"-Ideen bis heute nicht umgesetzt worden sind, und dass sie den Synodalen Weg als eine Art späte Rache empfinden.
Interessant an Scherers Vortrag ist, dass er – wie man etwa an seinen wiederholten Beteuerungen ablesen kann "Sexualität will von Liebe umgriffen sein, Liebe und Sexualität gehören zusammen, sie dürfen nicht heillos auseinandergerissen werden" –, eine aus heutiger Sicht, aber wohl auch angesichts des damaligen Stands der sexuellen Revolution noch vergleichsweise konservative Sexualmoral vertritt; was aber, wenn es um konkrete praktische Fragen geht, letztlich folgenlos bleibt: einerseits dank einer allzu offenen Flanke zum Relativismus, andererseits, weil er, wie es scheint, die Dynamik der sexuellen Revolution völlig unterschätzt. Aus heutiger Sicht wirkt es ausgesprochen frappierend und fast schon tragikomisch, dass der Hl. Papst Paul VI., ganz im Gegensatz zur zeitgenössischen Wahrnehmung, einen nüchterneren und realistischereren Blick auf die menschliche Sexualität bewies als viele seiner sich progressiv wähnenden Kritiker. Wenn Scherer etwa meint, es wäre "schlimm, wenn man Untreue und verantwortungslosen Sexualkonsum nicht durch ein Ethos der persönlichen Bindung und Liebe, sondern durch die Angst vor unerwünschten Folgen überwinden wollte", dann erinnert das schon sehr an Hegels "Desto schlimmer für die Tatsachen!". – Ich schätze, ich werde nächste Woche noch einmal auf Scherers Vortrag zurückkommen müssen, um genauer darauf einzugehen, welche Einwände er gegen "Humanae vitae" vorbringt und was ich an diesen Einwänden schwach, kurzsichtig, widersprüchlich und zum Teil greifbar unehrlich finde. - - -
Zum Inhaltlichen nur soviel: Schon recht früh im Laufe der Lektüre hatte ich den Eindruck, ein wesentliches Motiv dieses Buches sei ein Mehrgenerationen-Mutter-Tochter-Konflikt, in der Form, dass sich in dem Konflikt zwischen der Protagonistin und ihrer Mutter der Konflikt zwischen Mutter und Großmutter spiegelt; und tatsächlich hat dieses Motiv zum Ende hin an Bedeutung und Klarheit gewonnen. In dieser Hinsicht hat die Personenkonstellation des Buches Ähnlichkeit mit der des Films "Ruby taucht ab" – mit dem nicht unwesentlichen Unterschied, dass in "Dumme Ideen für einen guten Sommer" die Großmutter tot ist. Allerdings ist sie dank der Tatsache, dass ein Großteil der Handlung sich in ihrem Haus abspielt, das ihre Hinterbliebenen entrümpeln und renovieren müssen (eine brillante Metapher, wie ich finde), dennoch ausgesprochen präsent. Der "Love Interest" der Protagonistin, Mitchell, hat mit Connor aus "Ruby taucht ab" immerhin die mähnenartige Haarpracht gemeinsam, umd zeitweilig könnte man sogar argwöhnen, die supercoole Cousine Rae übernähme den Part der fiesen Meerjungfrau. Aber – so viel Spoilern sei mir erlaubt – dazu kommt es dann doch nicht.
Ihr wart tot infolge eurer Verfehlungen und Sünden. Ihr wart einst darin gefangen, wie es der Art dieser Welt entspricht, unter der Herrschaft jenes Geistes, der im Bereich der Lüfte regiert und jetzt noch in den Ungehorsamen wirksam ist. Zu ihnen gehörten auch wir alle einmal, als wir noch von den Begierden unseres Fleisches beherrscht wurden. Wir folgten dem, was das Fleisch und der böse Sinn uns eingaben, und waren von Natur aus Kinder des Zorns wie die anderen. Gott aber, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet. Er hat uns mit Christus Jesus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben.
Dadurch, dass er in Christus Jesus gütig an uns handelte, wollte er den kommenden Zeiten den überfließenden Reichtum seiner Gnade zeigen. Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft - Gott hat es geschenkt -, nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann. Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat.
Oliver Anthony: Rich Men North of Richmond
Okay, ich habe wirklich lange mit mir gerungen, ob ich diesen Song in dieser Rubrik bringe. Ich hatte durchaus ein paar andere in der engeren Auswahl, die folglich wohl in den nächsten Wochen drankommen werden. Aber mal ehrlich, wenn ich mich dagegen entschieden hätte, diesen Song – die aktuelle Nummer 1 der US-amerikanischen Charts, das muss man sich mal vorstellen! – hier zu würdigen, dann doch nur aus der Befürchtung heraus, irgendwelche Leute würden das zum Anlass nehmen, mich in die sprichwörtliche rechte Ecke zu stellen; und das fand ich letztlich doch albern. Die Unterstellung "rechter" Tendenzen lauert heutzutage ja sowieso hinter jeder Ecke: Sogar ein alter Freund von mir, den ich in den "Nuller Jahren" in einer linksalternativen Kneipe beim Dominospielen kennengelernt habe, gilt heute wegen seiner unorthodoxen Ansichten zu Corona, Gender und dem Ukraine-Krieg in Teilen seines Bekanntenkreises als "rechtsoffen", dabei ist er der orthodoxeste Marxist, den ich kenne. Was hat das mit "Rich Men North of Richmond" zu tun? – Einiges. Man kann sagen, der Text des Liedes gehört dem in der US-amerikanischen Literatur enorm traditionsreichen Genre der Jeremiade an, es ist eine Klage über den allgemeinen Zustand der Welt und der Gesellschaft, aber ein zentrales Thema des Songs ist, dass die Regierung ("nördlich von Richmond" liegt Washington, D.C.) nichts für die Arbeiterklasse tue. Es kommt mir noch gar nicht so lange her vor, dass das ein klassisches linkes Thema gewesen wäre, aber heute gilt es seltsamerweise als rechtes Thema. Besondere Empörung hat eine Textstelle ausgelöst, in der es um übergewichtige Sozialhilfeempfänger geht ("If you’re 5 ft 3 and you’re 300 pounds / taxes ought not to pay for your bags of fudge rounds"): Na klar, Missbrauch von Sozialleistungen ist ein "right-wing talking point", und "fatphobic" ist es außerdem. Ich muss sagen, ich finde das Ausmaß, in dem dieses Verspaar die Debatte über den Song dominiert, einigermaßen grotesk, aber es ist offenbar einfacher, sich darüber aufzuregen, als sich mit den anderen Aussagen des Texts zu befasssen.
Mir geht's aber gar nicht so sehr um die politischen Implikationen der message des Songs, sondern vielmehr um die erstaunliche Tatsache, dass ein bis vor Kurzem völlig Unbekannter, der nicht einmal einen Plattenvertrag hat – ein bärtiger Typ mit einer Resonatorgitarre, der zum Singen in den Wald geht – die gesamte Popmusik-Industrie besiegt und aus dem Nichts die Spitze der Charts erobert, vorbei an all den millionenschweren Superstars mit ihrem glattpolierten Sound, ihren Designer-Outfits und üppigen Werbeetats. Davon abgesehen gefällt mir der Song einfach, er klingt kraftvoll, roh und erdig, durchaus ähnlich wie John Mellencamps Album "Trouble No More" von 2003, das seinerzeit – wegen des Songs "To Washington" – ebenfalls eine politische Kontroverse auslöste, aber von der anderen Seite her. Also, hört euch "Rich Men North of Richmond" an und genießt es, oder lasst es halt bleiben; nächste Woche gibt's hier zum Ausgleich Prog-Rock...
Richtig gelesen: Ich habe den Titel dieser Rubrik leicht abgewandelt, mindesten für diesmal. In Sachen "Vorschau" für meinen eigenen Blog habe ich nämlich wieder einmal nicht sonderlich viel zu bieten. Mit "Shopping-Queens und Horsefluencerinnen" bin ich in den letzten Tagen nicht weiter gekommen, mit dem Dossier "Warum eigentlich 'Punkpastoral'?" auch nicht, und die angekündigte Abstimmung über neue Artikelthemen verschiebe ich daher nochmals um eine Woche. Zum Ausgleich schaue ich ein bisschen in die Runde und frage: Was schreibt denn die befreundete und verbündete Bloggerwelt so? Und guck an, "Katholisch ohne Furcht und Tadel" hat gerade einen richtigen Lauf: Vorgestern erschien dort, veranlasst durch ein "von der Bildzeitung ausgeschlachtete[s] Porno-Skandälchen in Köln", ein Artikel, der sich mit der Ansicht auseinandersetzt, "[d]ie Kirche müsse von ihrem moralischen Ross herunter"; und gestern kam direkt noch einer zum Selbstbestimmungsgesetz hinterher. Beide sind ausgesprochen lesenswert; hier ein paar schöne Kostproben, zunächst aus "Weniger Moral?!":
"Als jemand, der Lumen Gentium leidenschaftlich liebt, werde ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende gegen die Einstellung kämpfen, 'die Kirche' , das seien die da oben, und die Gläubigen, das sei jemand anders. Wir sind Kirche. Das ist nicht nur Theorie. [...] Ich finde es wirklich spannend, dass das Zweite Vatikanische Konzil gerade unter reformbewegten Gläubigen und Priestern so wenig verinnerlicht ist, dass ein Priester unironisch impliziert, die Kirche, das seien primär die Priester."
Und dann aus "Selbstbestimmung – Wo ist das Problem?":
"[W]ir erleben gerade die Umkehr der Bemühungen der Emanzipation: Früher wollte man, dass Mädchen auch in Rollen respektiert werden, die Jungen zugeschrieben werden. Mittlerweile heißt es [...], [w]enn ein Kind 'untypisches' Verhalten zeigt, Obacht, vielleicht ist das Geschlecht gar nicht echt! Geschlechtsidentitätsstörung ist eine seltene Erkrankung. Sie lauert nicht in den Stöckelschuhen von Mama und wird nicht von Baggern und Puppen übertragen."
Im Prinzip hätte ich nach diesen Funden durchaus Lust, mich auch noch auf weiteren Blogs umzuschauen, aber die Deadline naht, also lasse ich es für diesmal dabei. Ich könnte mir aber gut vorstellen, die Ausweitung der "Blogvorschau" zur "Blogrundschau" auch zukünftig beizubehalten...
Unsere Großpfarrei besteht aus z.Zt. 6 Kirchstandorten mit jeweils zugehöriger Gemeinde. Die Großpfarrei erstreckt sich über einen ganzen Landkreis von ca. bis zu 30km Durchmesser.
AntwortenLöschenJede Kirche ist einem bzw. einer Heiligen geweiht, und die jeweilige Gemeinde feiert das am jeweiligen Gedenktag als Kirchweihfest vor Ort.
Darüberhinaus ist auch die Großpfarrei selbst noch einem Heiligen geweiht und feiert auch dieses Patronatsfest - allerdings auch nur jeweils (wechselnd?) an einem einzigen der Kirchstandorte. Dahin dürfen/sollen dann alle auch von den anderen Gemeinden kommen. Das klappt schon rein verkehrs- und parkplatztechnisch allenfalls in sehr beschränktem Maße: Alte und Kranke sind da i.d.R. außen vor, da allein die Hin- und Rückfahrt bereits zu beschwerlich sind. Aber gerade diese Leute sind ja i.d.R. Die treuen Kirchgänger. So frage ich mich, ob es nicht besser und angemessener wäre, das Patronatsfest der Gesamtpfarrei an mehreren Gemeindestandorten vor allem KIRCHLICH mit jeweils einem GOTTESDIENST zu feiern - das übrige Brimborium ist doch eigentlich gar nicht so wichtig, denn was nützt das Kennenlernen von Mitgliedern weit voneinander entfernter Gemeinden einmal im Jahr denn schon?
Ansonsten kommen eh hauptsächlich die sog. "aktiven Insider" der Pfarrei untereinander und mit den Hauptamtlichen zusammen.