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Samstag, 19. August 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #43

Herzlich willkommen zum diesmal leicht verspäteten Wochenbriefing! Zu den Gründen für die Verspätung habe ich mich ja unlängst schon geäußert; also beginnen wir, auch wenn es nicht der chronologischen Reihenfolge entspricht, gleich mal mit dem... 


Top-Thema: Superhelden-Kinderbibelwoche in Haselhorst 

Dieses Bild wurde im Laufe der Kinderbibelwoche von den Teilnehmern gemeinschaftlich ausgemalt. 

Wie regelmäßige Leser meiner Wochenbriefings wissen dürften, gehe ich mit meiner Familie schon seit längerer Zeit recht regelmäßig in der EFG The Rock Christuskirche, die in Haselhorst schräg gegenüber der katholischen Kirche St. Stephanus liegt, zum JAM – das ist ein Akronym für "Jungschar am Mittwoch" und bezeichnet ein offenes Angebot für Kinder bis 12 Jahren; offen insofern, als die teilnehmenden Kinder bzw. deren Eltern nicht unbedingt zur Gemeinde gehören müssen. Der typische Ablauf eines JAM-Nachmittags umfasst ca. eine Stunde Zeit für freies Spiel (im Garten, sofern das Wetter es zulässt), ein paar angeleitete Gruppenspiele, Lobpreis mit Bewegungsliedern, eine Katechese zu einem biblischen Thema und zu guter Letzt ein gemeinsames Abendessen. Parallel dazu findet ein "Elterncafé" statt, das zumeist ebenfalls ein "thematisches Element" enthält. – In den Schulferien findet dieses Programm nicht statt, aber dafür gibt es einmal im Jahr, gegen Ende der Sommerferien, eben die Kinderbibelwoche. Tatsächlich verdanken wir unseren ersten Kontakt mit dieser Gemeinde der Kinderbibelwoche vor zwei Jahren: Die fand nämlich gerade statt, als meine Liebste in einem der Nachbarhäuser ein über Internet gebraucht gekauftes Steckenpferd abholte, und aufmerksam wurde sie auf die Veranstaltung, weil es da eine Hüpfburg gab. Auf den ersten Blick war das die Hauptattraktion. Im vorigen Jahr nahmen unsere Kinder dann erstmals am gesamten Programm der Kinderbibelwoche teil, und das war so super, dass es für uns außer Frage stand, auch dieses Jahr wieder mit dabei sein zu wollen. 

Der Ablauf der einzelnen Tage der Kinderbibelwoche ist dem JAM-Programm prinzipiell ähnlich, aber es gibt ein paar Extras – nicht nur die Hüpfburg. Die Kinder können bei einer Vielzahl von Sport-, Geschicklichkeits- und Quizspielen oder Bastelaufgaben Punkte sammeln, jeden Tag gibt es ein großes Geländespiel, und die ganze Woche steht unter einem Oberthema – das in diesem Jahr "Superhelden" lautete. 








Dieses Oberthema prägte auch die Katechesen an den vier Tagen der Kinderbibelwoche, die, vereinfacht dargestellt, nach dem folgenden Schema aufgebaut waren: Zunächst wird das Wissen der Kinder über einen bestimmten Superhelden (am ersten Tag Superman, am zweiten Batman, dann Ladybug*, zuletzt Spider-Man) abgefragt und gegebenenfalls ergänzt, und dann gibt es aus einem "Superbuch" (der Bibel, natürlich) eine Geschichte über Jesus (die Stillung des Sturms, Jesus und Zachäus, die Heilung der zehn Aussätzigen, das Gleichnis vom Verlorenen Sohn), die zeigen soll, dass Jesus noch mehr, Größeres und Besseres vollbringen kann als jeder Superheld. Das mag in dieser Zusammenfassung ein bisschen simpel gestrickt wirken (und wäre dem einen oder anderen bestimmt auch zu "fundamentalistisch"), aber ich fand's in der Umsetzung sehr gelungen – und machte mir eifrig Notizen, schließlich soll ich ab Herbst im Kinderwortgottesdienst-Team von St. Joseph Siemensstadt mitarbeiten... 



Beim abschließenden Lobpreis setzte sich Spider-Man persönlich ans Schlagzeug. 

Hervorheben möchte ich noch, dass die gesamte Aktion für die Teilnehmer kostenlos war, einschließlich des Essens (es gab jeden Tag erst Kuchen und später Abendbrot, am letzten Tag ein großes Grillbüffet) und einschließlich der Preise, die alle Kinder (es waren über 40) für die Teilnahme an den Spielen erhielten. Ein bisschen angeben muss ich auch noch: Unser Tochterkind sammelte im Laufe der vier Tage stolze 188 Punkte und erreichte damit den 17. Platz von allen Teilnehmern – ein sehr beachtliches Ergebnis, wie ich finde. 

(* Denjenigen Lesern, denen Ladybug kein Begriff ist, sei gesagt, dass es mir bis vor Kurzem ähnlich ging. Ich kannte die Heldin der französischen Serie "Miraculous – Geschichten von Ladybug und Cat Noir" zunächst als Überraschungsei-Figur, dann sah ich, als ich mir mit meiner Tochter den DreamWorks-Film "Ruby taucht ab" im Kino anschaute, den Trailer zum neuen "Ladybug und Cat Noir"-Film, und schließlich kaufte meine Liebste dem Tochterkind auf dessen ausdrücklichen Wunsch im Supermarkt ein Miraculous-Comicheft, das ich dem Kinde dann vorlesen durfte. Mein Eindruck ist, dass diese Serie ziemlich eindeutig auf – vorrangig weibliche – Tweens zugeschnitten ist: Das Leben der Protagonistin, solange sie nicht in ihre Superheldinnen-Rolle schlüpft, scheint wesentlich geprägt von vor- oder frühpubertärem Liebes- und Freundschaftskummer, Klamotten und Bügelperlen. Von daher würde ich erst einmal denken, Ladybug in einem Atemzug mit Superman, Batman und Spider-Man zu nennen, wäre ein klassischer Fall von "Welches Element passt nicht in die Reihe?"; aber nochmals drüber nachgedacht, leuchtet es schon ein, dass man bei der Zielgruppe der Kinderbibelwoche einen hohen Bekanntheitsgrad dieser Serie voraussetzen kann. Und nicht nur das: Ein zentrales Handlungselement der Serie Miraculous besteht darin, dass der Hauptbösewicht die negativen Gefühle von Jugendlichen wittert und sie dazu nutzt, diese Jugendlichen in Monster zu verwandeln. Wie man dieses Motiv katechetisch nutzen kann, dürfte auf der Hand liegen...) 


Was sonst so los war und ansteht 

Am vorletzten Freitag fuhren wir im Rahmen der Aktion "Ferienunterhaltung für die Kinder prima selbermachen" zum Flughafen BER, um auf der Besucherterrasse Flugzeugen beim Starten und Landen zuzusehen. Von der Idee her nicht schlecht, aber die Umsetzung krankte daran, dass die Kinder in etwas, nun ja, schwieriger Stimmung waren und sich häufig lautstark und zuweilen auch handgreiflich stritten. Was uns allerdings nicht davon abhielt, die Gelegenheit zu nutzen, auch dem Raum der Stille des Flughafens BER einen Besuch abzustatten. — Ich sag mal so: Eine gewisse Toleranz für moderne Sakralarchitektur sollte man schon mitbringen, um diesen Raum würdigen zu können: 





Und hilfreich wäre es sicherlich auch, den Raum nicht in Begleitung von Kindern zu besuchen, die gerade, wie es in Gisbert Haefs' kongenialer Übersetzung von Rudyard Kiplings "Genau-so-Geschichten" heißt, "sehr unstill" sind. – Aber ohne Flachs, ich wäre durchaus gerne länger dort geblieben. Na, vielleicht ein andermal. 

Die Sonntagsmesse in St. Joseph Siemensstadt hielt diesmal der leitende Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie, und wenn sich (oder mich) jemand fragt, was ich wohl diesmal an der Predigt auszusetzen gehabt haben mag, lautet die Antwort: nüscht. Es war eine Predigt, die ich als im guten Sinne "ganz normal" bezeichnen würde, oder vielleicht würde ich mir auch nur wünschen, diese Art zu predigen wäre normal. Eine Predigt, die, ganz ohne einen originellen "induktiven Einstieg", ohne überraschenden "Twist", ohne provokante Thesen oder aktuelle Bezüge zu Themen aus der gestrigen Tagesschau, einfach von den Schrifttexten des Tages ausgeht und herausarbeitet, was der gemeinsame Nenner zwischen der Lesung aus dem Alten Testament (1 Kön 19,9-13, Gott offenbart sich dem Propheten Elija im Säuseln des Windes) und dem Evangelium (Mt 14,22-33, Jesus geht auf dem Wasser) ist: die Erfahrung der Gegenwart Gottes. Der einzige "aktuelle Bezug" war ein Hinweis auf die Fernsehserie The Chosen, aber das war eher eine Randbemerkung. Gerade da ich ja noch einen Blogartikel zum Thema "Predigt als Information und 'call to action'" in der Pipeline habe, hat diese Predigt mich dazu gebracht, darüber zu sinnieren, ob es nicht ein ziemlich armseliges Verständnis von Aktualität ist, anzunehmen, eine Predigt hätte den Leuten nur dann "etwas zu sagen", wenn sie auf irgendwelche politischen oder gesellschaftlichen Tagesthemen (pun intended) Bezug nimmt; und ob eine Predigt darüber, wie sich Gott den Menschen offenbart, den einzelnen Hörer nicht viel unmittelbarer persönlich angeht als eine über den Ukraine-Krieg oder Fridays for Future. Na, das muss wohl noch vertieft werden. 

Im Übrigen wirft das Ende der Sommerferiensaison schon sehr deutlich seine Schatten voraus – und droht mit Arbeit: Ich habe in der zurückliegenden Woche schon Anfragen bekommen, wann es denn mit der Garten-AG in St. Stephanus losgehe, für die ich so mehr oder weniger unfreiwillig die Koordination übernommen habe; das Gemeindefest am 10. September will vorbereitet werden; und darüber hinaus stehen noch einige Termine für die Wichtelgruppe und für den Arbeitskreis Kinderwortgottesdienste in meinem Kalender. Aber noch nicht nächste Woche. Mehr zu diesen Themen also zu gegebener Zeit... 

In der Rubrik Währenddessen in Tegel gibt es wieder einmal nichts Neues; hingegen gibt es Anzeichen dafür, dass es zukünftig im (unregelmäßigen) Wechsel mit dieser eine Rubrik Währenddessen in Hermsdorf geben könnte. Lesern, die sich im Nordwesten Berlins nicht so auskennen, sei gesagt, das Hermsdorf ein Nachbar-Ortsteil von Tegel ist; dazwischen liegt das Tegeler Fließ, wo die Wasserbüffel grasen. Meine Liebste hat vor unserer Heirat einige Jahre in einer Einzimmerwohnung in Hermsdorf gewohnt, hat es in dieser Zeit aber ähnlich konsequent vermieden, dort zur Kirche zu gehen, wie sie jetzt die Tegeler Pfarrkirche meidet – allerdings aus anderen Gründen. Wie ich nicht nur von meiner Liebsten, sondern auch von mehreren anderen Personen gehört habe, ist die Hermsdorfer Gemeinde (oder war es zumindest noch in den "Zehner Jahren") ein Hort des linksliberalen "Boomer Catholicism", nicht zuletzt weil sie, ähnlich wie St. Willehad in Nordenham, rund ein Vierteljahrhundert lang von einem Pfarrer mit einigermaßen – gelinde gesagt – heterodoxen Anschauungen geprägt wurde. Nun bekommt sie allerdings mit Wirkung zum 1. Oktober einen neuen Pfarrer, und den kennen meine Liebste und ich: Er war Kaplan in Tegel, als wir in die dortige Gemeinde kamen, und solange er dort war, hat er unsere Initiativen stets unterstützt und gefördert, auch dann, wenn sie nicht unbedingt sein Stil waren (er ist zwar ungefähr in unserem Alter, aber man darf wohl behaupten, dass er in ästhetischen Fragen erheblich konservativer ist als wir). Also kurz und gut, wir kennen ihn nicht nur  sondern schätzen und mögen ihn auch, und daher habe ich durchaus nicht die Absicht, seine zukünftige Pfarrstelle schon im Voraus mit negativen Erwartungen zu befrachten; aber ich kann doch nicht so ganz den Gedanken unterdrücken: Dieser Pfarrer in dieser Gemeinde, das wird... interessant. Ich werde das im Auge behalten. 


Neues aus Synodalien 

Zum vorige Woche thematisierten "Fundamentalismus"-Vorwurf, den die Vorsitzende des Bundesverbands der Gemeindereferent*innen [sic], Regina Nagel, gegen den Weltjugendtag erhoben hat, gibt es noch etwas nachzutragen: Nachdem ihr "Standpunkt"-Beitrag zahlreiche, weit überwiegend kritische Kommentare auf der Facebook-Seite von häretisch.de geerntet hatte, meldete sich Frau Nagel dort zu Wort, um ihre Wortwahl zu begründen – d.h., um zu erläutern was sie "mit 'fundamentalistisch' meine": 

"Gemeint habe ich damit Gruppierungen und Bewegungen, die man auch mit 'streng katholisch und lehramtstreu' beschreiben könnte. Der Begriff 'fundamentalistisch' dafür ist nicht neu. Eine ganze Reihe von Theolog*innen verwenden ihn schon seit mindestens 20 Jahren im Hinblick auf innerkatholische Richtungen." 

So, tun sie das. Na wie schön. Ich will mich hier gar nicht damit aufhalten, diese Verwendung des Begriffs "fundamentalistisch" anhand der Begriffsgeschichte zu problematisieren – das habe ich schließlich schon vor wenn auch nicht 20, so doch immerhin fast neun Jahren ausführlich getan –, sondern will lediglich anmerken: Ist es nicht bemerkenswert, dass innerhalb einer Kirche diejenigen Leute, die tatsächlich ernsthaft an das glauben, was diese Kirche lehrt, so sehr als Randgruppe wahrgenommen werden, dass man einen speziellen Namen für sie braucht? Noch dazu einen offenkundig abwertend gemeinten? Das kommt mir ein bisschen so vor, als würden in einem Veganer-Verein diejenigen Mitglieder, die sich nicht nur Veganer nennen, sondern tatsächlich keine tierischen Produkte konsumieren, von den anderen Mitgliedern als "Grünzeugfresser" beschimpft. 

Dazu scheint es mir recht gut zu passen, dass der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck vor "'religiös-reaktionäre[n] Bewegungen' in der Kirche" warnt; so jedenfalls fasst CNA Deutsch ein Interview zusammen, das Overbeck der Münsteraner Bistumszeitung Kirche + Leben gegeben hat und in dem er von innerkirchlichen Strömungen spricht, die "andere religiöse Deutungen als 'Häresien' abqualifizieren und sich im Besitz der einen absoluten Wahrheit wähnen". Dabei handle es sich um "[i]n dieser Dimension [...] recht neue Phänomene", die "[i]n gewisser Weise [...] in der Tat das religiöse Äquivalent zur neuen politischen Rechten" bildeten, "mit nicht selten direkten Verbindungen". 

Mein erster Gedanke, als ich diese Äußerungen las, lautete: Wenn man sich nicht vorstellen kann, dass Leute wirklich an Gott glauben, liegt es natürlich nahe, diesen Leuten irgendwelche anderen Motive zu unterstellen, zum Beispiel eben politische. Schaut man sich das Original-Interview allerdings im Zusammenhang an, dann stellt man fest, dass es darin eigentlich vorrangig um "[d]as Erstarken der AfD und damit rechtsradikaler, rassistischer und antidemokratischer Positionen in Deutschland" geht (es ist Bestandteil einer Themenwoche "Rechtsruck in Deutschland – Was unsere Gesellschaft jetzt braucht") und dass der Interviewer dem Bischof die Querverbindung zwischen der Neuen Rechten und bestimmten Strömungen in der Kirche geradezu in den Mund legt, indem er ganz am Ende des Interviews fragt: 
"Auch in der katholischen Kirche gibt es deutliche restaurative Tendenzen mit einem Hang zu einem klar konservativ-abgrenzenden Profil, Experten sprechen auch hier von einem Rechtsruck. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?" 
Nun gut, könnte man sagen, was soll man als Bischof auf sowas schon erwidern. Seine Antwort passt allerdings schon recht gut dazu, dass er zuvor die Rolle der Kirche als "ein gesellschaftlicher Akteur unter vielen" beschrieben und erklärt hat, ihre Aufgabe sei es, "im Chor derer mitzuwirken, die entschieden für unsere liberale Demokratie eintreten". Wenn er dies mit den Worten untermauert 
"Denn es geht um Rechtsstaatlichkeit, um Freiheit, Gleichheit und Würde aller Menschen als Personen, um soziale Marktwirtschaft und letztlich auch immer wieder um die Meinungs- und Religionsfreiheit aller", 
dann erinnert mich das schon irgendwie an eine Szene aus dem Lutheran Satire-Video "I'm a Christian But I'm Totally Not...", in der der Charakter "Trevor" eine Reihe wohl- bzw. hohlklingender progressiver Phrasen zum Thema "Worum es beim Christsein geht" mit einem entnervten "Isn't it about JESUS?!?!" unterbricht. (Ich kann dieses Video übrigens nicht g'nug empfehlen.) 

Weiteres zum Thema "Neue Rechte in der Kirche" gibt es von "Zdk"-Präsidentin Irme Stetter-Karp: Diese will, wie das Domradio berichtet, "Mitgliedern der AfD den Zugang zu kirchlichen Laien-Ämtern erschweren". Nun ist erfahrungsgemäß schwierig, solche Äußerungen zu kritisieren, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, selbst mit der AfD zu sympathisieren (was ich dezidiert nicht tue); aber wenn man sich Frau Stetter-Karps Wortmeldung genauer ansieht, drängt sich der Eindruck auf, dass es ihr im Grunde gar nicht so sehr um die AfD geht. Wenn sie annerkt, "dass es in konservativen Kreisen innerhalb der katholischen Kirche durchaus Überschneidungen mit AfD-Positionen gebe" – das sei "leider nicht zu übersehen" –, und präzisiert, "[g]erade in familienpolitischen Fragen habe es schon in den ersten Jahren der Partei ein 'Einfallstor' gegeben"; zudem seien "restaurative Positionen" in der Kirche in jüngster Zeit "lauter und schriller geworden", dann zielt das offenkundig darauf ab  bestimmte Positionen im innerkirchlichen Diskurs – die sie als "Zementierung des Althergebrachten" und "Verweigerung, sich Fragen der Zeit ernsthaft zu stellen" beschreibt – dadurch zu delegitimieren, dass sie sie assoziativ in die Nähe von AfD-Positionen und "Hetze von rechts" rückt. Ein plumper Trick, aber die Erfahrung zeigt, dass so etwas bei nicht wenigen im Grunde gutwilligen Leuten durchaus verfängt. Auch wenn ihre Forderung, bei Bewerbern um kirchliche Mandate "ein Bekenntnis zu christlichen Werten und zur freiheitlich demokratischen Grundordnung gezielt abzuprüfen" (Hervorhebung von mir), ja schon rein sprachlich ausgesprochen schauderhaft ist. 

Beim "Abprüfen" des Bekenntnisses zur "freiheitlich demokratischen Grundordnung" –zur "FDGO", wie weiland Franz-Josef Strauß sie gern nannte – fällt mir übrigens der "Radikalenerlass" der 70er Jahre ein, der verhindern sollte, dass beispielsweise Mitglieder der DKP oder maoistischer "K-Gruppen" Lehrer wurden; und wer einen Eindruck davon bekommen möchte, was für einen Aufschrei das seinerzeit unter Feingeistern und Intellektuellen auslöste, der schaue sich nur mal das Gedicht "Artikel 3 (3)" von Alfred Andersch an. Okay, zugegeben, das Gedicht empfanden damals sogar tendenziell Gleichgesinnte als ziemlich over the top. Außerdem richtete sich der "Radikalenerlass" ja de facto vorrangig gegen Linke und nicht gegen Rechte, und das kann man ja (angeblich) nicht vergleichen. – 

Wenn man übrigens anstelle eines Gummibegriffs wie "christliche Werte" von einem konkret in der Lehre der Kirche verankerten Menschenbild spräche (aber das wäre wohl schon wieder "Zementierung des Althergebrachten", nicht wahr?), dann müsste man sich wohl fragen, ob nicht auch noch ganz andere parteipolitische Präferenzen als nur die für die AfD Zweifel an der Eignung für ein kirchliches Amt wecken müssten. Aber will man ernsthaft die Parteizugehörigkeit zum Kriterium machen, nachdem man gerade erst abgefeiert hat, dass die Übereinstimmung der persönlichen Lebensführung mit der kirchlichen Lehre kein Kriterium für eine Beschäftigung im kirchlichen Dienst mehr sein soll? – Wie, das kann man nicht vergleichen? Was ist denn bitte aus "Das Private ist politisch" geworden? Und müssen wir uns darauf einstellen, dass es bald die nächste #OutinChurch-Kampagne gibt, aber diesmal von rechts? Na, das muss alles noch zu Ende gedacht werden. 


Aus dem Stundenbuch 
Wenn die heiligen Väter und Lehrer die Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel mit einem Festtag begingen, richteten sie Homilien und Reden an das Volk und sprachen von ihrer Aufnahme wie von einer bekannten und anerkannten Tatsache. Sie erklärten sie ausführlicher, legten ihren Sinn und ihre Wirklichkeit vertieft vor. Vor allem rückten sie ins rechte Licht, dass dieses Fest nicht nur daran erinnert, dass es bei Maria keine Verwesung des entseelten Leibes gab, sondern dass sie im Triumph dem Tod entrissen wurde und wie ihr Sohn in die Herrlichkeit des Himmels einging. 
All diese Äußerungen und Überlegungen der Väter gründen in der Heiligen Schrift als ihrem letzten Fundament. Diese stellt uns die erhabene Gottesmutter in ihrer innigen Verbindung mit dem göttlichen Sohn vor Augen, an dessen Geschick sie immer teilhat.
Vor allem ist es bemerkenswert, dass die heiligen Väter vom zweiten Jahrhundert an die heilige Jungfrau als zweite Eva dem neuen Adam gegenüberstellen. Wenn sie ihm auch untergeordnet ist, so ist sie ihm doch aufs engste verbunden im Kampf gegen den Feind aus der Welt des Todes, dem Kampf, der im Protoevangelium vorgebildet ist und zu dem vollen Sieg führen wird über Sünde und Tod, die nach den Schriften des Heidenapostels eng zusammenhängen. Wie die ruhmreiche Auferstehung Christi ein wesentlicher Teil dieses Sieges ist und sein letztes Siegesdenkmal, so muss auch der Kampf, den die heilige Jungfrau zusammen mit ihrem Sohn führt, in der Verherrlichung des jungfräulichen Leibes seinen Abschluss finden, wie der Apostel ruft: "Wenn dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit bekleidet wird, dann erfüllt sich das Wort der Schrift: Verschlungen ist der Tod vom Sieg." 

Ohrwurm der Woche 

Mike Müllerbauer: Vorwärts 


Zur Kinderbibelwoche gehört natürlich Kinder-Lobpreis mit Bewegungsliedern. Das "Vorwärts"-Lied war einer der Hits der diesjährigen Kinderbibelwoche; hier hören wir es in einer schön gradlinigen Straßenmusik-Version ohne unnötigen Firlefanz. 

Blogvorschau 

Erst einmal eine gute Nachricht: Meine Liebste ist endlich mal dazu gekommen, ihren lange geplanten und angekündigten Artikel über "Kinder in der Kirche" zu schreiben und auf "Wandern im Wellenwind" zu veröffentlichen. Und es ist ein "Rant" geworden, der sich gewaschen hat. Knackig, energiegeladen und voll zwischen die Hörner – so könnte ich gar nicht schreiben, auch wenn ich's versuchte; umso mehr freue ich mich, dass sie es tut. Ich hoffe, da kommt in absehbarer Zeit noch mehr... 

Inzwischen habe ich fleißig an dem letzten noch von der Publikums-Umfrage von Ende Mai [!] "übriggebliebenen" Artikelthema "Shopping-Queens und Horsefluencerinnen" gearbeitet, aber fertig geworden bin ich damit noch nicht. Ich wage auch noch nicht fest zu versprechen, dass ich ihn im Laufe der kommenden Woche fertig bekommen werde. Trotzdem, und auch trotz der Tatsache, dass ja noch einige Artikelserien (darunter nicht zuletzt die eingekerkerte Nonne...!) auf Fortsetzung warten, denke ich, nächstes Wochenende ist es mal wieder Zeit für eine neue Artikelthemen-Umfrage. Ins Rennen zu schicken gedenke ich dabei die unlängst schon mal skizzierten Themen: 

  • "Predigt als Information und 'call to action'" 
  • "'Zeitgemäße' oder 'überzeitliche' Liturgie?")
  • "Die Rosenstolz-Verschwörung" 

...und ein viertes noch zu benennendes Thema; dafür nehme ich gern noch Vorschläge entgegen. 



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