Was bisher geschah: Am Montag stand ich extra etwas früher auf als der Rest der Familie, um ungestört bei einer Tasse Kaffee das Lektorat und Layout für die Juli-Ausgabe der "Lebendigen Steine" fertigzustellen. Am Nachmittag traf ich mich dann mit einem jungen Mann, der Interesse geäußert hatte, am Büchereiprojekt in der örtlichen Kirchengemeinde mitzuarbeiten. Wieder einmal ein anekdotischer Beleg für die "Ein-Prozent-Regel": 100 Handzettel zum Thema "Die AG Bücherparadies Herz Jesu Tegel sucht Unterstützung!" hatte ich gedruckt und verteilt, und einer davon ist bei jemandem gelandet, der sich davon angesprochen fühlt. Entdeckt hat er den Flyer übrigens, wie er am Rande erwähnte, beim Einkaufen -- was eindrucksvoll bestätigt, wie sinnvoll es ist, die "Von Kunde zu Kunde"-Informationstafeln bei REWE und Edeka für die Punkpastoral-Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen.
Jedenfalls war mir der junge Mann nicht nur auf den ersten Blick erzsympathisch, sondern er machte auch einen enorm engagierten und motivierten Eindruck -- der auch, anders als man hätte befürchten können, keineswegs nachließ, als wir uns gemeinsam einen Überblick über den Ist-Zustand des Büchereiprojekts verschafften und ich ihm einige Fragen über die allgemeine Situation in der Gemeinde beantwortete. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Sache weiter entwickelt.
Währenddessen hatte sich meine Liebste mit den Kindern auf den Weg nach Spandau gemacht, um dort ein für schmales Geld gebraucht im Internet angebotenes Steckenpferd für unsere Große bei den Vorbesitzern abzuholen. Wie sich zeigte, gehörte das Nachbargrundstück zu einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde -- und dort war gerade "Kinderwoche".
Und Steckenpferde gab's da auch, und zwar nicht zu knapp. |
Besonders dem großen Kind gefiel's gut da, die Liebste kam mit ein paar Mitarbeiterinnen ins Gespräch, und ich gesellte mich dazu, sobald ich konnte. Unterwegs schaute ich mir die Website der Gemeinde an (die Liebste hatte mir den Link geschickt) und nahm mir fest vor, am Zielort keine Diskussion darüber vom Zaun zu brechen, dass zwischen dem Bekenntnis zu den "vier Grundsätzen der Reformation" (womit die vier solae gemeint sind) und dem Bekenntnis zum "Glauben der Apostel (= Jünger Jesu) und der ersten Christen" ein Widerspruch besteht (insbesondere "sola scriptura" ist ja nun definitiv nicht "apostolischer Glaube", die Apostel hatten schließlich noch gar keine Bibel, bzw. präziser ausgedrückt: kein Neues Testament).
Angekommen, stellte ich fest, dass die Gemeinde erheblich weniger cool und hipstermäßig 'rüberkam, als die Website es hatte erwarten lassen; das fand ich aber ganz sympathisch. Und dass es den Leuten mit ihrem Programm gelang, so viele Kinder (und deren Eltern) anzulocken, fand ich sehr beachtlich. Und sehr beeindruckt war ich, als ein schätzungsweise zwölfjähriges Mädchen auf seine Mutter - die sich gerade mit meiner Liebsten unterhielt - zukam und sagte "Mama, wir haben jetzt Mitarbeiterbesprechung". -- Alles in allem jedenfalls eine interessante Entdeckung, diese Gemeinde; wir gehen da bestimmt mal wieder hin.
Am Dienstag machte ich mich gleich morgens auf den Weg zu Berlins günstigstem Copyshop, um die Print-Ausgabe der neuen "Lebendigen Steine" auszudrucken, und fing auf dem Rückweg auch sogleich damit an, einige Exemplare unter die Leute zu bringen. Die Lobpreisandacht am Abend leitete ich diesmal allein, da das Baby einen schlechten Tag hatte und meine Liebste daher mit ihn zu Hause blieb; unsere Große wollte daraufhin ebenfalls lieber zu Hause bleiben. Die Andacht war dann auch so schwach besucht wie sonst nur selten, aber na gut: Wo zwei oder drei...
Am Mittwoch hatte meine Liebste Geburtstag, und wir hatten geplant, den Tag mit den Schwiegermüttern zu verbringen -- zumal unsere Große auch sonst halbwegs regelmäßig mittwochs ihren "Oma-Tag" hat. Wäre schönes Wetter gewesen, wären wir entweder zum wiedereröffneten Strandbad Tegel, in den Bürgerpark Pankow oder in den Stadtpark Bernau gegangen, und abends zum Essen in ein neu eröffnetes vietnamesisches Restaurant gegenüber "unserer" Kirche, das einen schön großen Außenbereich hat. Aber es regnete den ganzen Tag, also fuhren wir zu den Schwiegermüttern nach Hause und bestellten zum Abendessen Sushi. Nebenbei ließ ich mich in die WhatsApp-Gruppe des Lokalausschusses unserer Kirchengemeinde aufnehmen. Eine gewagte Entscheidung, denn auf WhatsApp tagt der Lokalausschuss quasi in Permanenz. Na, man wird ja sehen, wofür es gut ist - oder eben nicht.
Am Freitag trat ich mit der ganzen Familie zum ersten Teamtreffen in Sachen "Instagram-Account für den Pastoralen Raum" an; dort waren - was im kirchlichen Kontext äußerst ungewöhnlich ist, aber durchaus mal eine nette Abwechslung war - meine Liebste und ich mit Abstand die ältesten Teilnehmer. Im vorigen Wochen-Briefing hatte ich ja die Frage aufgeworfen, wie es wohl um den "institutionellen Status" dieser Initiative stehe; wie sich zeigte, lautet die Antwort hierauf: Es ist kompliziert. Entstanden ist die Idee wohl im Firmkurs, der Jugendausschuss des Pastoralen Raums hat sie aufgegriffen; der Pastoralausschuss und/oder wohl auch das hauptamtliche Pastoralteam legt derweil Wert darauf, dass der Instagram-Account keine offizielle Publikation des Pastoralen Raums sein soll, gleichzeitig ist den jungen Leuten, die dieses Projekt vorantreiben wollen, aber daran gelegen, dass die offiziellen Instanzen ihre Arbeit in gewissem Sinne und Maße "absegnen". Man kann sich also auf einen langwierigen Prozess einstellen, ehe da irgend etwas online geht; recht aussagekräftig ist es in diesem Zusammenhang, dass das nächste Teamtreffen in acht (!) Wochen ansteht. Was bin ich froh, dass wir uns mit den "Lebendigen Steinen" nicht so einen Kopf gemacht haben -- da vergingen ab dem Entschluss "Okay, wir machen das" gerade mal 17 Tage, bis die erste Ausgabe fertig vorlag...
Aber ich will das Projekt "Instagram-Account" hier nicht schlechtreden -- im Gegenteil: Ich finde das Engagement der jungen Leute ausgesprochen unterstützenswert und auch ihre inhaltlichen Ideen durchaus vielversprechend. Ärgerlich finde ich eigentlich nur, dass die bürokratischen Strukturen der Amtskirche es ihnen so schwer machen.
Am Samstagabend wollte ich mir den Livestream vom gig-Festival in Siegen anschauen, aber zunächst holperte die Übertragung ganz beträchtlich, und als der Stream endlich tadellos funktionierte, gab's erst mal langweilige Grußworte von Kirchenfunktionären. Ich schaute im Laufe des Abends trotzdem noch ein paarmal 'rein, und nun gefiel es mir doch ganz gut; eventuell äußere ich mich an anderer Stelle noch ausführlicher dazu, aber hier und jetzt würde das den Rahmen sprengen. Weitere gig-Festivals gibt es heute in Hofbieber bei Fulda, am Mittwoch in Marienfried und am Samstag in Ralbitz-Rosenthal. Die werden ebenfalls live gestreamt, da kannst Du Dir also selbst ein Bild machen, Leser.
Am Sonntag hätten wir theoretisch zum Corona-konformen Frühschoppen anlässlich des Kirchweihfests von Allerheiligen Borsigwalde gehen können, aber die Liebste wollte mit den Kindern lieber zum Sommerfest Marzahn, und da schloss ich mich an. Allzu lange hielten wir uns dort aber nicht auf, und am Abend gingen wir in "unserer" Pfarrkirche in die Messe.
Was ansteht: Von der Papierform her sieht es nach einer vergleichsweise unspektakulären Woche aus, aber sicher sein kann man da natürlich nie. Am Dienstag, dem Gedenktag der Hl. Maria Goretti, haben wir natürlich wieder Lobpreis, und da direkt im Anschluss daran das monatliche "Tegeler Glaubensgespräch" der Gruppe Benedikt stattfindet, darf man wohl davon ausgehen, dass da ein paar mehr Leute kommen als letzte Woche. Anschließend könnte man theoretisch noch zu einer Veranstaltung mit dem vielversprechenden Titel "Local Projects & Personal Sustainability", die in einem Hinterhof bzw. Garten im Wedding stattfindet und bei der das "Baumhaus" Mitveranstalter ist; und eigentlich wäre schon allein die Freude darüber, dass das "Baumhaus" mal wieder was veranstaltet, Grund genug, da hinzugehen. Habe trotzdem Zweifel, ob das was wird. Na, in Zukunft wird es wohl wieder mehr Gelegenheiten geben.
Am Mittwoch, dem ersten Mittwoch im Monat, sind wir mit dem Vorbeten der Vesper dran. Und am Donnerstag habe ich dann die nächste Verabredung mit meinem neuen, top-motivierten Büchereiprojekt-Mitarbeiter, um erst einmal den Bücherbestand zu sichten und zu sortieren. Mal sehen, wie weit wir kommen...
Fürs Wochenende ist noch nichts geplant. Aber irgendwas wird sich schon ergeben. Ich werde berichten!
Zitat der Woche:
Seit dreißig, vierzig, fünfzig Jahren habe ich nach besten Kräften dem Geist des Liberalismus in der Religion Widerstand geleistet. Noch nie hat die Heilige Kirche Streiter gegen den Liberalismus nötiger gehabt als jetzt, da dieser Irrglaube sich - leider! - über die ganze Welt ausbreitet.Liberalismus in der Religion ist der Grundsatz, dass es in Fragen der Religion keine absolute Wahrheit gebe, sondern dass ein Glaubensbekenntnis so gut sei wie das andere; und diese Auffassung nimmt tagtäglich an Verbreitung und Kraft zu. Sie ist unvereinbar damit, irgendeine Religion als schlechthin wahr anzuerkennen. Sie lehrt dass alle Religionen toleriert werden müssen, weil sie alle bloß Ausdruck von Meinungen seien. Offenbarte Religion ist nicht Wahrheit, sondern Gefühl und Geschmack; keine objektive Tatsache, nicht übernatürlichen Ursprungs; und es ist das Recht eines jeden Individuums, sich seine Religion so zurechtzulegen, wie sie ihm gefällt. Religiöse Praxis baut nicht notwendigerweise auf Glauben auf. Menschen können protestantische wie auch katholische Kirchen besuchen und hier wie dort etwas Gutes für sich mitnehmen, ohne der einen oder anderen Kirche anzugehören. Sie können sich in spirituellen Gedanken und Gefühlen miteinander verbrüdern, ohne in Fragen der Glaubenslehre auch nur im Geringsten miteinander übereinzustimmen oder auch nur die Notwendigkeit einer solchen einzusehen. Da die Religion somit eine so zutiefst persönliche Angelegenheit, ja geradezu das Privateigentum jedes Einzelnen ist, müssen wir sie im zwischenmenschlichen Verkehr notwendigerweise außer Acht lassen. Wenn jemand jeden Morgen eine neue Religion annimmt, was geht's dich an? Sich mit der Religion eines anderen Menschen zu befassen, ist ebenso ungehörig, als wenn es um sein Einkommen oder seine Familienverhältnisse ginge. Religion ist keinesfalls das verbindende Element der Gesellschaft.(John Henry Card. Newman, "Biglietto Speech", 1879. Übersetzung: T.K. )
Linktipps:
Worum also geht's? Im Groben verrät es ja schon die Überschrift, aber die Details sind interessant.
"Die einer freikirchlichen Gemeinde zugehörigen Eltern von insgesamt sieben Kindern sehen sich aufgrund ihres Glaubens verpflichtet, ihre Kinder von Einflüssen fernzuhalten, die den Geboten Gottes zuwiderlaufen. Die Mutter der Kinder beschult deshalb ihre beiden ältesten acht und sieben Jahre alten Kinder nach dem Konzept einer 'Freien Christlichen Schule' zu Hause."
Und das geht ja gar nicht - findet jedenfalls das Jugendamt, und das Oberlandesgericht gibt ihm Recht. Deshalb hat das Gericht jetzt "den Eltern das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten entzogen" und das Jugendamt als "Ergänzungspfleger" bestellt: "Das Jugendamt kann damit anstelle der Eltern die maßgeblichen Entscheidungen im Hinblick auf den Schulbesuch treffen und notfalls auch die Herausgabe der Kinder für den Schulbesuch erzwingen".
Was sagen wir dazu? -- Mir ist natürlich durchaus bewusst, dass ich als Schulpflichtkritiker einen schweren Stand habe -- unter meinen Lesern wie auch in meinem persönlichen Umfeld; daran haben auch die pandemiebedingten Schulschließungen nichts Grundsätzliches geändert, ja, vielfach kann man sogar den Eindruck bekommen, die Befürworter der Schulpflicht fühlten sich durch die Lockdown-Erfahrungen bestätigt und bestärkt. Man sollte in diesem Zusammenhang aber vielleicht daran erinnern, dass das Recht von Eltern, die Richtlinien der Erziehung ihrer Kinder selbst festzulegen, ein Grundrecht ist, das auch durch das deutsche Grundgesetz (Artikel 6) garantiert wird. Die Hürde dafür, Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder - und sei es, wie hier, "nur" in einem Teilbereich der Erziehung - zu entziehen und es auf das Jugendamt zu übertragen, ist daher prinzipiell sehr hoch: Legitim ist das nur, wenn eine eindeutige Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Ist das hier der Fall? Die erste gerichtliche Instanz, das Amtsgericht Rotenburg/Wümme, war nicht dieser Ansicht: Es hatte "keine familiengerichtlichen Maßnahmen ergriffen, weil bei den Kindern aktuell noch keine Defizite beim Wissensstand oder den Sozialkompetenzen zu erkennen seien. -- Wohlgemerkt: Die Kinder, um die es hier geht, sind sieben und acht Jahre alt; je nachdem, welches Einschulungsalter man voraussetzt, reden wir hier also vom 1.-3. Schuljahr. Also, liebe Leute: Was glaubt Ihr denn, was Kinder in den ersten drei Schuljahren in der Schule lernen, was sie nicht mindestens ebensogut zu Hause lernen könnten? Das Gericht bemängelt, dass die Mutter "die Kinder nur wenige Stunden am Tag" unterrichte ("und dies überwiegend auch neben der Betreuung der weiteren fünf Geschwister"); aber mal ehrlich: So viel länger ist die tägliche effektive Unterrichtszeit in einer Grundschulklasse auch nicht. Der Schultag ist ja nicht deshalb so lang, weil die Kinder so irre viel lernen, sondern weil sie halt irgendwo aufbewahrt werden müssen, während die Eltern das Bruttosozialprodukt steigern; dass das der wichtigste Grund für die Schulpflicht ist, sollte spätestens durch die Schulschließungsdebatten im Zuge der Corona-Pandemie jedem klar geworden sein. Der zweitwichtigste Grund für die Schulpflicht wird gern, und so auch in der Urteilsbegründung des OLG Celle, mit dem Begriff "Sozialkompetenz" umschrieben; gemeint ist damit die Anpassungan die Wertvorstellungen und die Lebensweise des gesellschaftlichen Mainstreams, also genau das, was die Eltern für ihre Kinder nicht wollen. Bezeichnend hierfür ist, dass in der Urteilsbegründung hervorgehoben wurd, die Kinder hätten zu Hause "keinen Zugang zu Computern oder zum Fernsehen" und könnten "damit auch nicht indirekt am sozialen Leben außerhalb der Gemeinde teilnehmen"; das soll offenbar so viel heißen wie: Wenn die Eltern ihre Kinder schon dem direkten Einfluss der Massenmedien entziehen, dann muss wenigstens sichergestellt werden, dass dieser Einfluss sie indirekt erreicht, nämlich durch den Kontakt zu einschlägig indoktrinierten Gleichaltrigen. Na herzlichen Dank. Wieder einmal zeigt sich, dass der Mainstream der Gesellschaft, so vollmundig er sich auch zu "Toleranz" und "Vielfalt" bekennen mag, nichts so sehr hasst und fürchtet wie Menschen, die anders und unangepasst sind.
Es ist Wahljahr, und gemessen daran, dass es realistisch betrachtet wohl lediglich um die Frage geht, ob wir Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz bekommen, kochen die Emotionen ganz schön hoch. Neulich las ich auf Twitter die Einschätzung, CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sei ein "gefährlicher christlicher Fundamentalist"; da musste ich erst mal lachen, wurde dann aber doch neugierig, wie jemand wohl zu einer derart bizarren Ansicht kommt, und recherchierte ein wenig. Ergebnis: Der eigentliche "gefährliche christliche Fundamentalist" ist nicht der gemütvoll-gemütliche und zuweilen etwas bräsig wirkende Laschet selbst, aber/sondern sein Büroleiter, NATHANAEL LIMINSKI (dieser Name allein!). Und auf der Suche nach Informationen darüber, was dieser Herr Liminski denn nun für einer sei, stieß ich auf dieses ausführliche und überraschend respektvolle Porträt in der taz. Na gut, "respektvoll" klingt vielleicht allzu positiv, denn immerhin wird Liminski darin mit Schmeichelnamen wie "katholisches Monster" (!) bedacht. Respekt wird ihm gleichwohl für sein politisches Geschick gezollt, für seine Kompetenz als Netzwerker und allgemein dafür, dass er so smart ist - was man einem religiösen "Fundamentalisten" wie ihm offenkundig kaum zugetraut hätte. Das wird gleich eingangs deutlich bei der Schilderung einer "Maischberger"-Talkshow von anno 2007 zum Thema "Keuschheit statt Porno – brauchen wir eine neue Sexualmoral?", zu der der damals 22-jährige Liminski als Vertreter der "Generation Benedikt" (heute "Initiative Pontifex") eingeladen war, um den Standpunkt der katholischen Lehre in sexualibus zu vertreten. Zwar urteilen die taz-Autoren Hecht und Wyputta, gegenüber den anderen Talkgästen wie Lady Bitch Ray und Oswalt Kolle (!) wirke Liminski mit seinen Standpunkten wie "aus der Zeit gefallen" (gut für ihn, würde ich mal sagen!), aber gleichzeitig äußern sie sich unverhohlen anerkennend, ja bewundernd über sein souveränes Auftreten -- "[t]rotz der Homophobie"; das bezieht sich auf seine Aussage, er betrachte Homosexualität nicht als "vollendete Form von Sexualität“, da ihr die "Dimension der Fortpflanzung" fehle. Damit steht er punktgenau auf dem Boden der kirchlichen Lehre, aber für die taz ist das schlicht "Homophobie", und damit basta.
Auch sonst zieht die taz in Sachen "framing", wie kaum anders zu erwarten, alle Register; so etwa, wenn es um Liminskis Kontakte zur "'Lebensschutz'-Szene" geht -- also "den aggressiven Gegner:innen von körperlicher Selbstbestimmung" [sic]. Die Bemerkung, dass am "Marsch für das Leben" "auch AfDler:innen" teilnehmen, darf ebenso wenig fehlen wie ein Hinweis auf die Mitgliedschaft von Liminskis Vater "in der ultrakonservativen katholischen Laienvereinigung Opus Dei, deren Gründer der faschistische spanische Diktator Franco war" -- halt, Moment, das steht da so nicht; "deren Gründer Bewunderer des faschistischen spanischen Diktators Franco war", so steht das da, na ja: Details.
Jedenfalls ist der junge Herr Liminski heute Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei und als solcher der engste Mitarbeiter von Ministerpräsident Laschet; da liegt der Gedanke nicht fern, Laschet könnte, wenn er im Herbst die Wahl gewinnt und von Düsseldorf nach Berlin wechselt, Liminski ins Kanzleramt mitnehmen - und da sei Gott vor! (Bzw. der nun vielleicht gerade nicht.) -- Die beiden taz-Autoren machen keinen Hehl daraus, dass sie mit ihrem Artikel die Absicht verfolgen, Liminski politisch "unmöglich zu machen"; es steht allerdings zu vermuten, dass die taz-Leser, bei denen diese Strategie verfängt, wohl sowieso nicht CDU gewählt hätten. Interessanter ist im Grunde die Frage, ob ich jetzt CDU wählen sollte. Wollte ich eigentlich nie. Aber ich erwäge es.
Neulich wurde auf Facebook - erstmals, soweit ich mich erinnere - ein Beitrag von mir "geflaggt" (nennt man das so? Na, jedenfalls: mit einem Warnhinweis versehen). Genau genommen war der Beitrag gar nicht von mir, sondern von Johannes Hartl; ich hatte ihn lediglich auf meiner Wall geteilt. "Hühnerembryonen genießen mehr Schutz als Menschenembryonen. Keine Pointe", hatte Johannes geschrieben - mit Blick auf das Verbot der Tötung von Hühnerembryonen im Ei nach dem 6. Bebrütungstag sowie auf die nahezu gleichzeitige Abstimmung des EU-Parlaments über den "Matić-Bericht", der ein Recht auf Abtreibung postuliert. Facebook urteilte nun unter Berufung auf "unabhängige Faktenprüfer", dieser Beitrag sei "aufgrund des fehlenden Kontexts [...] potenziell irreführend", und legte mir nahe, ihn zu löschen. Dass ich das nicht tat, hatte keine weiteren Konsequenzen -- außer dass der kritisierte Beitrag mit einem Link zu einem "dpa-Faktencheck" versehen wurde, demzufolge das "Verbot des Kükentötens nicht mit Schutz menschlicher Embryos vergleichbar" sei. Ja nee, is' klar. Es hätte aber auch noch schlimmer kommen können: Neuerdings, so hört man, verschickt Facebook auch automatisch generierte Warn- und Kümmer-Botschaften an Nutzer, die "möglicherweise schädlichen extremistischen Inhalten ausgesetzt" waren, oder erkundigt sich fürsorglich, ob man womöglich die Befürchtung hege, ein Freund könne im Begriff sein, sich zum Extremisten zu wandeln.
-- Zugegeben: Sicherlich kann man sich Fälle vorstellen, in denen ein solcher Warnhinweis berechtigt, sinnvoll und hilfreich ist. Da man aber wohl davon ausgehen muss, dass dieser Extremismus-Alarm durch einen Algorithmus ausgelöst wird, der darauf programmiert ist, auf bestimmte Schlagworte, Wortfolgen oder Kombinationen von Begriffen "anzuspringen", dürfte es, gelinde gesagt, interessant werden, zu beobachten, was für Äußerungen auf diese Weise unter Extremismusverdacht geraten (und welche nicht). Gerade wenn "Extremismus" lediglich durch den Grad der Abweichung von als gesamtgesellschaftlich akzeptabel geltenden Anschauungen definiert wird. Oder simpler ausgedrückt: Was eine Gesellschaft für "extrem" hält, lässt bezeichnende Rückschlüsse darauf zu, was sie für "normal" hält.
Ohrwurm der Woche:
AnnenMayKantereit: "Ausgehen" (2020)
Man könnte vielleicht sagen, ich sei ein bisschen "late to the party" - bedingt dadurch, dass ich in den letzten rd. 20 Jahren Neuerscheinungen im Bereich der Popmusik nur sehr sporadisch zur Kenntnis genommen habe -; jedenfalls ist AnnenMayKantereit eine Band, die mir bisher nur dem Namen nach ein Begriff war. Bis letzten Mittwoch, denn da war ich, wie berichtet, bei meinen Schwiegereltern, und da lief in der Küche Radio Eins. Da hörte ich das obige Lied und mochte es. Nicht zuletzt, weil es für Deutschpop-Verhältnisse erfreulich un-larmoyant daherkommt. Ja, man könnte sogar den Eindruck haben, der Stil von AnnenMayKantereit sei ein dezidierter Gegenentwurf zum Genre der Neuen Deutschen Larmoyanz. Ich sollte mir wohl noch mehr von den Herren anhören.
Aus der Lesehore:
Unsere Gegner leisten sich einen schlechten, uns aber einen guten Dienst. Sie verschaffen uns Kronen großer Herrlichkeit, für sich aber fordern sie den Zorn Gottes heraus. Wir müssen mit ihnem Erbarmen haben und sie lieben, statt sie zu verabscheuen und zu hassen. Ja, wir müssen für sie beten und dürfen uns nicht vom Bösen besiegen lassen, sondern müssen das Böse durch das Gute besiegen.
(Hl. Antonius Maria Zaccaria)
Bei Instagram geht es meines Wissens hauptsächlich um die Verbreitung von Bildmaterial – Fotos und Videos. Willkommen in der Datenschutzhölle. Ruhig schon mal einen Stapel Einverständnisformulare ausdrucken und Ordner anlegen, falls da mal Personen abgelichtet werden.
AntwortenLöschenDie Warnungen von Fratzbook sollte man vielleicht analog zu Computerspielen als Achievement sehen. https://de.wikipedia.org/wiki/Achievement_(Computerspiele)