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Montag, 15. September 2014

Was fehlt: der multireligiöse Unisex-Gebetsraum!

Bloggerkollegin Chiqitac alias AKG postete in ihrem neuen Blog "Mein Sabbatical" jüngst dieses Foto* vom Singapore Airport 


Die Geschlechterpiktogramme auf diesem Bild ließen zumindest mich auf den ersten Blick vermuten, hier sei der Weg zu den Toiletten ausgeschildert, aber weit gefehlt: Es handelt sich um den Multi-Religious Prayer Room. Tolle Sache: Ein kleines Assisi mitten in Singapur. Auf dem Flughafen. Ein lobens- und dankenswerter Service für den oder die religiöse[n] Flugreisende[n]. -- Angesichts der besagten Geschlechterpiktogramme frage ich als Einwohner eines von Grünen und Piraten beherrschten Berliner Bezirks mich jedoch unwillkürlich: Interreligiöses Gebet gut und schön, aber was ist mit dem intersexuellen Gebet? 

Natürlich hat es seinen Sinn und Grund, dass der Flughafen von Singapur getrennte Gebetsräume für Männlein und Weiblein anbietet. Im Islam beispielsweise beten Männer und Frauen meines Wissens grundsätzlich nicht im selben Raum, und auch in vielen christlichen Kirchen ist ein gewisses Maß an räumlicher Trennung zwischen den Geschlechtern üblich (z.B. Männer auf der einen Seite des Mittelgangs, Frauen auf der anderen). Nur fragt sich der Gender-sensibilisierte Friedrichshain-Kreuzberger unwillkürlich: Und die anderen? Die, die sich weder als Mann noch als Frau definieren? Wo sollen die hingehen, um mit ihrem Schöpfer zu kommunizieren? -- Okay, man kann wohl mit einigem Recht behaupten, dass transidente und/oder intersexuelle Menschen nur einen sehr, sehr kleinen Teil der Weltbevölkerung ausmachen; und dass diese nun ausgerechnet auf dem Flughafen von Singapur das dringende Bedürfnis verspüren, ein Gebet zu verrichten, kommt womöglich noch signifikant seltener vor, als dass sie in öffentlichen Einrichtungen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg aufs Klo müssen. Aber weiß man's? 

Als ich meiner (schon mehrfach in verschiedenen Beiträgen dieses Blogs erwähnten) Freundin Kati von dem Multi-Religious Prayer Room auf dem Singapurer Flughafen erzählte, äußerte sie sich amüsiert über die doch sehr an Toiletten erinnernden Geschlechterpiktogramme, aber dass es auf diesem Flughafen einen multireligiösen Gebetsraum gibt, fand sie - obwohl selbst nicht religiös - ausgesprochen gut. Sie erwähnte, das erinnere sie an ihre Schulzeit: Damals hätten einige Mitschülerinnen versucht, einen solchen Raum in ihrer Schule zu etablieren, seien dabei aber auf Widerstand seitens der Schulleitung gestoßen. Begründet worden sei die Ablehnung dieses Ansinnens wohl mit der Pflicht der Schule zur weltanschaulichen Neutralität, siehe Kruzifix-Urteil et cetera; aber mal ehrlich: Was spräche denn ernsthaft gegen einen ganz neutral eingerichteten Raum, der Schülern verschiedener Religionszugehörigkeit zu bestimmten Zeiten zum Gebet oder zur Andacht zur Verfügung gestellt wird? (Ein Raumbelegungsplan, dem zu entnehmen gewesen wäre, welche Räume der Schule zu welchen Zeiten ungenutzt sind, hätte es womöglich letztendlich auch getan.) 

Die Schülerinnen, die sich für einen Gebetsraum in ihrer Schule einsetzten, waren wohl überwiegend (oder auch allesamt) muslimischen Glaubens. Wie ich schon früher einmal angemerkt (und kritisch kommentiert) habe, wird es zumindest hierzulande weithin als ein Islam-spezifisches Phänomen wahrgenommen, mehrmals am Tag zu festen Zeiten zu beten, obwohl das Tageszeitengebet seinen Ursprung eigentlich im Judentum hat und auch in verschiedenen christlichen Konfessionen praktiziert wird. Einen bedeutenden Unterschied gibt es aber doch: Während etwa in der Katholischen Kirche das Stundengebet nur für Priester und Ordensleute verpflichtend vorgeschrieben und den Laien (ahem: Weltchristen) lediglich empfohlen ist, ist im Islam das ṣalāh oder ṣalāt genannte fünfmal am Tag zu verrichtende Gebet die Pflicht jedes Gläubigen - sogar eine der wichtigsten religiösen Pflichten überhaupt. Man könnte denken, wenn eine "weltanschaulich neutrale" Schule sich schon nicht berufen fühlt, freiwillige religiöse Verrichtungen der Schüler während der Schulzeit zu unterstützen, würde sie wenigstens der religiösen Pflichterfüllung eines Teils ihrer Schüler nicht im Wege stehen wollen. An Ganztagsschulen fallen nun aber mindestens zwei, je nach Jahreszeit (da sie sich nach dem Stand der Sonne richten) evtl. sogar drei der fünf islamischen Gebetszeiten in die Schulzeit. Wo also sollen die Schüler ihrer religiösen Pflicht nachkommen, wenn die Schulleitung ihnen dafür keinen Raum zur Verfügung stellt? - Die achselzuckende Antwort der Schulleitung lautete: 

Auf der Toilette.

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* Eine Genehmigung zur Verwendung dieses Fotos kann ich aufgrund der schlechten Internetverbindung nach Papua-Neuguinea derzeit leider nicht einholen. Ich hole das aber nach.

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