Zu den absoluten Perlen im Bestand meiner "Klobibliothek" zählt ein Buch mit dem herrlichen Titel "Einmaleins des guten Tons", verfasst von einer Dame mit dem großartigen Namen Dr. Gertrud Oheim. Ein Benimmratgeber aus den 1950er Jahren - erstmals erschienen 1955 im C. Bertelsmann Verlag Gütersloh, mein Exemplar entstammt der 15. Auflage (466.-495. Tausend!) von anno 1957. Nicht der geringste Vorzug des Buches ist es, dass es ein bemerkenswertes Zeitdokument darstellt. Die promovierte Autorin, von der im selben Verlag auch "Das praktische Haushaltsbuch" und "Das praktische neue Kochbuch" erschienen, zeigt sich ernstlich beflissen, ein zeitgemäßes Benimmbuch vorzulegen; d.h., was sie ihren Lesern ins Stammbuch schreibt, ist für die damalige Zeit ausgesprochen modern, ja fortschrittlich. Gleichzeitig spiegelt sich in den unzähligen Fallbeispielen, die Frau Dr. Oheim für die von ihr propagierten Richtlinien guten Benehmens heranzieht, immer wieder sehr deutlich ein Panorama der (west-)deutschen Gesellschaft Mitte der 1950er Jahre wider: einer Gesellschaft im Umbruch, einerseits noch geprägt durch die Erschütterungen des II. Weltkriegs, andererseits schon vom rapide anwachsenden Wohlstand im Zuge des "Wirtschaftswunders"; und das besondere Augenmerk der Autorin gilt dabei der "jungen Generation", die in dieser Umbruchsituation größere Freiheiten für sich fordert, als ihre Eltern sie kannten. Frau Dr. Oheim beschreibt die daraus entstehenden Konflikte ausgesprochen scharfsichtig und wirbt für Verständnis, Wohlwollen und Rücksichtnahme auf beiden Seiten.
Natürlich, von heute aus gesehen sind die 50er weit weg, und nicht Weniges aus diesem Buch wirkt heute antiquiert und sogar skurril - etwa Verhaltensmaßregeln für unverheiratete junge Leute, wenn sie zusammen in Urlaub fahren; was die alles vermeiden sollten, um bloß keinen "Anstoß zu erregen"! Oder gar die hochkomplizierten Regeln dafür, in welcher Reihenfolge die Gastgeber bei "Feiern im häuslichen Kreis" solche Gäste, die sich untereinander noch nicht kennen, einander vorzustellen haben! Aber das "Einmaleins des guten Tons" ist nicht nur vielfach unfreiwillig komisch, sondern auch mit sehr viel Humor geschrieben - und, was davon wohl nicht ganz zu trennen ist, mit sehr viel Menschenliebe. Nie wird Frau Dr. Oheim müde zu betonen, dass "gutes Benehmen" im Kern nicht ein äußerliches Befolgen gesellschaftlicher Konventionen bedeute, sondern Taktgefühl, Respekt und Rücksichtnahme gegen den Mitmenschen. In diesem Sinne kann man auch heute noch eine Menge aus diesem Buch lernen.
Mir zum Beispiel ging unlängst auf, wie erheblich sich Frau Dr. Oheims Konzept des respekt- und rücksichtsvollen Umgangs miteinander sich vom Konzept der political correctness unterscheidet. Frau Dr. Oheim würde sagen, ein gewisses, nicht zu knapp bemessenes Maß an Respekt und Rücksichtnahme schulde man unterschiedslos jedem Menschen, ob er einem sympathisch sei oder nicht, ob er durch sein eigenes Verhalten oder seine charakterlichen Vorzüge eine solche Behandlung "verdiene" oder nicht; man sei ja nicht darum freundlich und zuvorkommend zu Jemandem, um diesen irgendwie besonders auszuzeichnen oder zu belohnen, sondern im Interesse des allgemeinen sozialen Friedens und irgendwo ja auch im Sinne der Goldenen Regel "Behandle Andere so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest".
Political correctness - das leuchtet unmittelbar ein - ist was Anderes. Dieses Konzept nämlich setzt voraus, dass verschiedenen Menschen ein unterschiedliches Maß an Respekt zusteht - nicht aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften, sondern aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen. Wie genau die Hackordnung auf dem Hühnerhof der political correctness aussieht, ist gar nicht so leicht zu bestimmen, da sie natürlich nicht offen kommuniziert wird - und zudem, aber darauf komme ich noch, durchaus auch Veränderungen unterworfen ist. Bestimmen kann man sie, annäherungsweise zumindest, jedoch ex negativo - indem man am unteren Ende der Hackordnung anfängt, bei derjenigen Personengruppe, der, wie sich beispielsweise in Online-Debatten wieder und wieder feststellen lässt, kein besonderer Respekt, keine besondere Rücksichtnahme zusteht. Dies ist - ich habe es wiederholt wörtlich so gelesen, auch wenn ich derzeit keine Quellen vorweisen kann - der weiße heterosexuelle Mann. Der hat gefälligst die Klappe zu halten, weil er nicht weiß, was Benachteiligung und Unterdrückung ist.
Die Reihenfolge der hier in einer Person vereinigten Merkmale - weiß, heterosexuell, männlich - scheint allerdings nicht zwingend eine Rangfolge zu sein. Ich glaube, sie ist eher der Sprachmelodie geschuldet. "Weißer heterosexueller Mann" klingt einfach flüssiger als "heterosexueller männlicher Weißer" oder was für Varianten da noch möglich wären. Aber wie dem auch sei: Wenn wir erst mal festhalten, dass der weiße heterosexuelle Mann hinsichtlich seiner Menschenwürde nur kurz oberhalb von Toastbrot rangiert, wer thront dann am oberen Ende der Respektspyramide? Die schwarze lesbische Frau? Gut möglich.
Unstrittig dürfte sein, dass gegenwärtig Menschen mit irgendwie normabweichender sexueller Orientierung oder Gender-Selbstverständnis die Lieblings-Hätschelkinder der political correctness sind. Gegen die darf man gar nichts sagen. Die hat man nicht nur zu tolerieren, die muss man aktiv prima finden, sonst ist man sofort "homophob" und "heteronormativ" und somit schlimmer als die Nazis.
(Okay, das gilt nicht für ausnahmslos alle normabweichenden sexuellen Orientierungen. Die Zahl derer, die Pädophilie gutheißen, dürfte glücklicherweise gering sein, und Zoophilie ist auch nicht so super-okay, aus Tierschutzgründen. Aber das nur nebenbei.)
Weit oben in der political correctness-Rangliste stehen auch Frauen. Allerdings nicht alle Frauen. Sollte es auch heute noch Frauen geben, die ihre Selbstverwirklichung darin suchen, eine monogame, heterosexuelle Beziehung oder gar Ehe zu führen, Kinder zu bekommen und ihre Arbeitskraft über mehrere Jahre hauptsächlich oder ausschließlich ebendiesen und dem ehelichen Haushalt zu widmen, so stehen diese ganz schnell als Verräterinnen am eigenen Geschlecht dar, und Verräter werden nun mal standrechtlich erschossen, das war schon immer so und soll auch so bleiben, nicht wahr.
Auf den weiteren Rängen der political correctness-Skala wird's dann schon unübersichtlicher, da müssten der Theorie nach diverse ethnische Minderheiten folgen, Angehörige von Völkern, die bis heute unter den Folgen des Kolonialismus leiden, beispielsweise. Die Wertschätzung für diese Personengruppen ist allerdings schwankend und wird durch allerlei politische, religiöse und sexualethische Fragen verkompliziert. Die genaue Abstufung, wem da wieviel Respekt und Rücksichtnahme gebührt, kann sich praktisch täglich ändern.
Dass die Gunst der political correctness gegenüber verschiedenen Personengruppen durchaus wandelbar, ja wankelmütig sein kann, müssen in jüngster Zeit besonders die Juden schmerzlich erfahren. Zu einer Zeit, als der Begriff der political correctness hierzulande noch gar nicht im Schwange war, herrschte zumindest in der Bundesrepublik ein weitgehender Konsens darüber, dass die Juden in besonderem Maße nicht nur vor physischer, sondern auch vor verbaler und symbolischer Gewalt zu schützen seien - aus gutem Grund, zeigt doch die Geschichte des Judentums in Europa (und insbesondere in Deutschland) exemplarisch, wie leicht verbale und symbolische Gewalt in physische Gewalt umschlagen kann: Erst waren die Juden jahrhundertelang religiös motivierter Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt, dann wurden sie zu Sündenböcken für die sozialen Verwerfungen im Zeitalter der Industriellen Revolution und schließlich durch pseudowissenschaftliche Rassenideologien zum Abschaum der Menschheit gestempelt - was, wie sich Mancher noch aus dem Geschichtsunterricht oder aus Film und Fernsehen erinnern wird, unter dem NS-Regime in einen beispiellosen, mit dem bürokratisch anmutenden Begriff "Endlösung der Judenfrage" verbrämten Massenmord mündete. Hieraus wurde nach dem II. Weltkrieg die Lehre gezogen, damit sich dergleichen nicht wiederhole, müsse dem Judenhass künftig schon in seinen Anfängen gewehrt werden. Aber damit ist es allem Anschein nach neuerdings vorbei: Im Jahre 2014 darf man in Deutschland wieder - auf Demonstrationen wie auch in sozialen Netzwerken - gegen "Judenschweine" hetzen, "Juden raus!" fordern und zum Boykott von Geschäften mit jüdischen Inhabern aufrufen; selbst die mindestens seit dem späten Mittelalter verbreitete Gräuelpropaganda, mit der Juden pauschal als "Kindermörder" verdächtigt werden, feiert dank des Gaza-Konflikts fröhliche Urständ. Zwar fehlt es nicht an Stimmen, die sich zu Recht über diese Renaissance des Antisemitismus entrüsten, aber der einstige Konsens darüber, dass Antisemitismus gesellschaftlich zu ächten sei, scheint dahin.
Eine andere Personengruppe, von der ich schon im Kindergartenalter lernte, dass man sie keinesfalls beschimpfen, verspotten oder sonstwie lieblos behandeln dürfe, umfasst körperlich und/oder geistig Behinderte und/oder chronisch Kranke. Denen müsse man das Leben vielmehr möglichst zu erleichtern suchen, da sie es ohnehin schon schwer genug haben. Wie sieht das nun über 30 Jahre später aus? - Nun, der Befund ist zwiespältig. Einerseits wird so viel über Inklusion und Barrierefreiheit gesprochen wie vielleicht nie zuvor, und offenkundige Schmähungen gegen Behinderte würden heute sicher nicht weniger Empörung auslösen als ehedem. Andererseits: Ist es etwa ein Zeichen von Respekt und Wohlwollen gegenüber Menschen mit Behinderung, wenn etwa in Debatten zur Abtreibungsfrage suggeriert wird, es wäre besser, diese Menschen würden gar nicht erst geboren werden? Auch wenn es um das Thema "Sterbehilfe" bzw. Euthanasie geht, greift offenbar zusehends die Auffassung um sich, ein Leben mit schwerwiegenden und aller Voraussicht nach irreparablen körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen sei kein lebenswertes Leben. Sondern eines, das man lieber möglichst zügig beenden sollte. Ganz human, versteht sich, mit einer kleinen Injektion. Nur aus Barmherzigkeit, natürlich.
Überhaupt keinen Anspruch auf Respekt und Rücksichtnahme in öffentlichen Debatten haben übrigens Christen. Warum auch, die sind schließlich privilegiert. Vom Staat, vom Gesetz und von ich weiß nicht wem noch so alles. Da ist es im Grunde nur ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit, ihnen überall da, wo es legal möglich ist, kräftig vors Schienbein zu treten. Überhaupt sind Christen ja irgendwo allesamt Verbrecher - wenn nicht durch eigenes Tun, dann doch zumindest dadurch, dass sie einer verbrecherischen Organisation angehören und diese dadurch unterstützen. - Übertreibe ich? Vielleicht. Aber man schaue sich nur mal in den Weiten des Internets um, schnuppere in Debatten über irgendetwas Schlechtes und Böses aus Geschichte oder Gegenwart der Menschheit hinein - ob das Rassismus, Unterdrückung von Frauen, die ungleiche Verteilung von Wohlstand, Kindesmisshandlung und -missbrauch, Tierquälerei oder Umweltverschmutzung oder was auch immer ist, stets wird sich jemand finden, der erklärt, dass das Christentum daran schuld ist. Wohlgemerkt, nicht einzelne Christen sind schuld an einzelnen Fällen solcher Schrecklichkeiten - das ließe sich ja schwerlich abstreiten -, sondern das ganze Christentum ist an dem ganzen Schlechten schuld. -- Beide Aspekte werden einem gern um die Ohren gehauen, wenn man mal versucht, eine Debatte über Christenverfolgung zu führen - nicht über die Christenverfolgungen der Antike, sondern über jene, die genau jetzt, in diesem Moment, in weiten Teilen der Welt stattfinden, besonders brutal im Nordirak, in Syrien und in den von Boko Haram und ähnlich ausgerichteten Gruppierungen heimgesuchten Gegenden West- und Zentralafrikas, daneben aber auch - weniger beachtet und zum Teil auch mit subtileren Mitteln - in zahlreichen anderen Ländern. Trotz des dramatischen Ausmaßes der weltweiten Christenverfolgung ist man kaum überrascht, dass, wenn dieses Thema irgendwo diskutiert wird, gern die Forderung aufgestellt wird, bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten dürfe man "Christen nicht bevorzugen". Selbst dann nicht, wenn sie explizit deshalb verfolgt werden, weil sie Christen sind. Überhaupt heiß Christenverfolgung in politisch korrekter Sprache nicht "Christenverfolgung", sondern "religiös motivierte Gewalt". Das Praktische an diesem Begriff ist, dass er nicht zwischen der Religion der Täter und der Religion der Opfer differenziert - wodurch der Eindruck erweckt wird, irgendwie seien ja beide Seiten schuld. Nämlich insofern, als beide Seiten religiös sind. Gäbe es keine Religion, dann gäbe es auch keine religiös motivierte Gewalt. So einfach ist das. Und so dumm.
Aber ob es nun um Christen, Juden, Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund oder mit normabweichenden sexuellen Orientierungen geht - ich denke, es wird deutlich, wo das Problem mit der political correctness liegt. Sie gibt vor, Diskriminierung bekämpfen zu wollen, und betreibt in Wirklichkeit selbst massive Diskriminierung - indem sie den Respekt und die Wertschätzung, die sie Menschen entgegenbringt, von deren Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen abhängig macht. Frau Doktor Oheim würde sich vermutlich im Grabe herumdrehen. Vielleicht würde sie aber auch sagen: "Es ist egal, was du persönlich von Christen, Juden, Behinderten oder Homosexuellen hältst. Du brauchst auch nicht alles, was sie tun, denken oder glauben, gut und richtig zu finden. Trotzdem hast du sie als Menschen zu respektieren, so wie sie sind. Einfach, weil sie Menschen sind. Wie du."
Das scheinen heute nur noch Wenige zu begreifen.
Eine andere Personengruppe, von der ich schon im Kindergartenalter lernte, dass man sie keinesfalls beschimpfen, verspotten oder sonstwie lieblos behandeln dürfe, umfasst körperlich und/oder geistig Behinderte und/oder chronisch Kranke. Denen müsse man das Leben vielmehr möglichst zu erleichtern suchen, da sie es ohnehin schon schwer genug haben. Wie sieht das nun über 30 Jahre später aus? - Nun, der Befund ist zwiespältig. Einerseits wird so viel über Inklusion und Barrierefreiheit gesprochen wie vielleicht nie zuvor, und offenkundige Schmähungen gegen Behinderte würden heute sicher nicht weniger Empörung auslösen als ehedem. Andererseits: Ist es etwa ein Zeichen von Respekt und Wohlwollen gegenüber Menschen mit Behinderung, wenn etwa in Debatten zur Abtreibungsfrage suggeriert wird, es wäre besser, diese Menschen würden gar nicht erst geboren werden? Auch wenn es um das Thema "Sterbehilfe" bzw. Euthanasie geht, greift offenbar zusehends die Auffassung um sich, ein Leben mit schwerwiegenden und aller Voraussicht nach irreparablen körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen sei kein lebenswertes Leben. Sondern eines, das man lieber möglichst zügig beenden sollte. Ganz human, versteht sich, mit einer kleinen Injektion. Nur aus Barmherzigkeit, natürlich.
Überhaupt keinen Anspruch auf Respekt und Rücksichtnahme in öffentlichen Debatten haben übrigens Christen. Warum auch, die sind schließlich privilegiert. Vom Staat, vom Gesetz und von ich weiß nicht wem noch so alles. Da ist es im Grunde nur ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit, ihnen überall da, wo es legal möglich ist, kräftig vors Schienbein zu treten. Überhaupt sind Christen ja irgendwo allesamt Verbrecher - wenn nicht durch eigenes Tun, dann doch zumindest dadurch, dass sie einer verbrecherischen Organisation angehören und diese dadurch unterstützen. - Übertreibe ich? Vielleicht. Aber man schaue sich nur mal in den Weiten des Internets um, schnuppere in Debatten über irgendetwas Schlechtes und Böses aus Geschichte oder Gegenwart der Menschheit hinein - ob das Rassismus, Unterdrückung von Frauen, die ungleiche Verteilung von Wohlstand, Kindesmisshandlung und -missbrauch, Tierquälerei oder Umweltverschmutzung oder was auch immer ist, stets wird sich jemand finden, der erklärt, dass das Christentum daran schuld ist. Wohlgemerkt, nicht einzelne Christen sind schuld an einzelnen Fällen solcher Schrecklichkeiten - das ließe sich ja schwerlich abstreiten -, sondern das ganze Christentum ist an dem ganzen Schlechten schuld. -- Beide Aspekte werden einem gern um die Ohren gehauen, wenn man mal versucht, eine Debatte über Christenverfolgung zu führen - nicht über die Christenverfolgungen der Antike, sondern über jene, die genau jetzt, in diesem Moment, in weiten Teilen der Welt stattfinden, besonders brutal im Nordirak, in Syrien und in den von Boko Haram und ähnlich ausgerichteten Gruppierungen heimgesuchten Gegenden West- und Zentralafrikas, daneben aber auch - weniger beachtet und zum Teil auch mit subtileren Mitteln - in zahlreichen anderen Ländern. Trotz des dramatischen Ausmaßes der weltweiten Christenverfolgung ist man kaum überrascht, dass, wenn dieses Thema irgendwo diskutiert wird, gern die Forderung aufgestellt wird, bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten dürfe man "Christen nicht bevorzugen". Selbst dann nicht, wenn sie explizit deshalb verfolgt werden, weil sie Christen sind. Überhaupt heiß Christenverfolgung in politisch korrekter Sprache nicht "Christenverfolgung", sondern "religiös motivierte Gewalt". Das Praktische an diesem Begriff ist, dass er nicht zwischen der Religion der Täter und der Religion der Opfer differenziert - wodurch der Eindruck erweckt wird, irgendwie seien ja beide Seiten schuld. Nämlich insofern, als beide Seiten religiös sind. Gäbe es keine Religion, dann gäbe es auch keine religiös motivierte Gewalt. So einfach ist das. Und so dumm.
Aber ob es nun um Christen, Juden, Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund oder mit normabweichenden sexuellen Orientierungen geht - ich denke, es wird deutlich, wo das Problem mit der political correctness liegt. Sie gibt vor, Diskriminierung bekämpfen zu wollen, und betreibt in Wirklichkeit selbst massive Diskriminierung - indem sie den Respekt und die Wertschätzung, die sie Menschen entgegenbringt, von deren Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen abhängig macht. Frau Doktor Oheim würde sich vermutlich im Grabe herumdrehen. Vielleicht würde sie aber auch sagen: "Es ist egal, was du persönlich von Christen, Juden, Behinderten oder Homosexuellen hältst. Du brauchst auch nicht alles, was sie tun, denken oder glauben, gut und richtig zu finden. Trotzdem hast du sie als Menschen zu respektieren, so wie sie sind. Einfach, weil sie Menschen sind. Wie du."
Das scheinen heute nur noch Wenige zu begreifen.
Die political correctness geht (seit langem im Falle von Behinderten, in meiner Kindheit noch im Falle von Juden) so weit, daß man einen Angehörigen dieser Gruppen nicht doof finden darf. Das ist meiner Ansicht nach auch ein Mangel an Respekt. Die Einstellung "Ich darf den nicht kritisieren, denn der ist halt so" bedeutet im Grunde: "Ich muß den nicht so ernst nehmen, daß ich mich mit ihm auseinandersetze - und ich muß ihn lieben wie einen Dementen, der mich haut und beschimpft - das gehört ja schließlich zu seinem Krankheitsbild".
AntwortenLöschenDas Benimmbuch stand bei meinen Altvorderen - meine ich - auch im Schrank. Ähnlich die Klassiker von Erna Horn, ebenfalls Expertin für Kinder, Küche und Kommunikationspflege, aber mutmaßlich noch eine Generation vor Fr. Dr, Oheim ... wahrscheinlich alles jener Typus Hauswirtschaftslehrerin, die früher in Mädchenpensionaten das Regiment führten ... ;-)
AntwortenLöschenAch ja, mit Augenzwinkern:
AntwortenLöschenhttps://www.youtube.com/watch?v=22SiW9bFzsg