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Sonntag, 22. Mai 2016

Ein liturgischer Albtraum

Gestern war, wie schon angekündigt, in der St.-Willehad-Kirche in Nordenham die Amtseinführung von Karl Jasbinschek als neuer Gemeindepfarrer. Ich war nicht vor Ort, sondern in Berlin, aber der Facebook-Account der Pfarrgemeinde postete einige Fotos von der Zeremonie. Ich hatte die noch gar nicht gesehen, als mir am frühen Abend einer meiner dunkelkatholischen Social-Media-Freunde - langjähriger Messdiener und gerade von einer Pilgerfahrt nach Rom zurückgekehrt - die Nachricht schrieb: "Die Liturgiebilder aus St. Willehad lassen mich etwas ratlos dastehen..." 

Daraufhin sah ich mir die Fotos natürlich sofort an - vor allem, einem speziellen Hinweis meines Freundes folgend, "das, wo Hochwürden allein am Altar steht". Der Zelebrant auf diesem Foto war definitiv nicht Pfarrer Jasbinschek - wahrscheinlich war es der Dechant -, aber das war nicht das Entscheidende an dem Bild. Wie man deutlich erkennen konnte, standen bzw. lagen auf dem Altar zwei Kerzen, ein Mikrofon, zwei gelbe Gottesdienstbroschüren (eine davon aufgeschlagen), das Messbuch (nicht aufgeschlagen) und ein Kelch, jedoch keine Hostienschale, sondern stattdessen ein großer Laib Brot auf einem orangefarbenen Deckchen. 

Nun höre ich schon den Chor der Liturgie-Relativisten: "Und was ist schlimm daran? Jesus hatte im Abendmahlssaal doch wohl auch keine Hostien!" - Nun ja. Aber wenn wir nun annehmen - was aus dem Foto ja nicht eindeutig hervorgeht -, dass dieses Brot dazu vorgesehen war, in der Eucharistiefeier zum Leib Christi gewandelt und an die Gemeinde verteilt zu werden; dann stelle man sich mal vor, wie das mit einem solchen Brotlaib praktisch vonstatten gehen soll. Eine krümelige Angelegenheit, würde ich mal sagen -- und wenn man daran glaubt, dass - wie die Katholische Kirche es nun mal lehrt - jeder noch so kleine Krümel des in der Eucharistie gewandelten Brotes wahrer Leib Christi ist, dann ist nicht damit zu spaßen, wenn beim Brechen des Brotes Brösel durch die Gegend fliegen und zu Boden fallen. - Falls das Brot auf dem Foto jedoch nicht anstelle von Hostien in der Eucharistie verwendet wurde, dann hatte es auch auf dem Altar nichts zu suchen (vgl. Missale Romanum, Insitutio Generalis, Nr. 73). . Wie ein anderer Facebook-Freund, seines Zeichens Pastoralreferent, treffend kommentierte: "Wollen wir mal hoffen, dass das Eifeler Landbrot nicht versehentlich mitgewandelt wurde." 

Mein erstgenannter Freund, der, wie er sagte, nach "einer Woche sauberer römischer Liturgie und sieben Ablässen" etwas verwöhnt und daher umso empfindlicher war, hatte allerdings noch mehr zu bemängeln. Zum Beispiel das Outfit der Messdiener: "Die Säcke. Die Schuhe." 

Mit den "Säcken" meinte er die Mantelalben, die die Messdiener trugen; die waren in meiner Kindheit auch schon in Gebrauch, deshalb wären sie mir gar nicht besonders aufgefallen. (Den Messdiener ganz rechts im Bild, der Chorhemd und Talar trug, kannte ich noch von früher; er ist demnach schon sehr lange dabei, und womöglich kennzeichnet ihn seine abweichende Gewandung als Obermessdiener.) Was die Schuhe betraf, merkte meine Liebste an: "Wenn ich so einen Sack anziehen müsste, würde ich dazu auch bunte Turnschuhe tragen. Schon aus Protest." 

Aber wie es einem liturgischen Beckmesser nun mal ergeht, wenn er erst einmal mit der Krittelei angefangen hat: Man entdeckt immer noch mehr Irritierendes. Zum Beispiel: die Leuchter. Wieso stehen die alle auf einer Seite? Drei rechts vom Altar und drei links davon, so wäre es gottgefällig! 

Worüber ich aber eigentlich schreiben wollte, ist, dass ich, vielleicht veranlasst durch diese Fotos und die Diskussion darüber, in der darauffolgenden Nacht schlecht geträumt habe. Im Traum war ich in einer Kirche, die in Größe und Innenausstattung erhebliche Ähnlichkeit mit St. Willehad hatte; und da gab es eine Laienpredigt von einer lila gekleideten Frau im fortgeschrittenen Alter. -- Im Traum ist man ja manchmal etwas begriffsstutzig: Die Frau hatte auch das Evangelium vorgetragen, aber erst während der Predigt fiel mir auf, dass da etwas verkehrt war. Als die Predigerin dann solche Katholiken, die eine Vorliebe für die außerordentliche Form des Römischen Ritus (umgangssprachlich: "Alte Messe") haben, mit den Taliban verglich, hatte ich genug. Ich stand auf und protestierte lautstark gegen die Ansichten, die die Predigerin hier verbreitete. Sie redete unbeirrt weiter - ich auch. Bis plötzlich der frühere Pfarrassistent der 2010 mit St. Willehad zusammengelegten Nachbargemeinde Herz Jesu Einswarden, bemerkenswerterweise in Chorhemd und Talar, vor mir stand und mich zu beruhigen versuchte. Da ich mich nicht beruhigen (lassen) wollte, nahm er mich beim Arm und machte Anstalten, mich hinauszubegleiten. "Was soll das?", wehrte ich mich und deutete auf die Predigerin. "Die da solltet ihr rausschmeißen, und nicht mich!" Der Pfarrassistent blieb unbeeindruckt und zog mich mit sich nach draußen, und daraufhin muss ich wohl aufgewacht sein. 

Wenn ich es mir recht überlege, war dieser Albtraum aber wohl nicht nur von den Fotos aus St. Willehad veranlasst - sondern auch, oder vielleicht sogar hauptsächlich, dadurch, dass kommende Woche Katholikentag in Leipzig ist. Am Samstag fahr ich hin, zusammen mit meiner Liebsten. Ich werde berichten... 


11 Kommentare:

  1. Das klingt nach einem bevorstehenden Opfergang.

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  2. Ich glaube und hoffe, das Brot sollte nicht in unseren Herrn gewandelt werden.
    Es sieht so aus, als hätte er Schlüssel, Evangeliar, Kelch und Brot überreicht bekommen. Als Zeichen. Für irgendetwas. Vielleicht von einer Gemeindereferentin (oder einem Pfarrgemeinderat).

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  3. Und kein Wort zu dem albenlosen Meßgewand?

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  4. Warum tut man sich freiwillig einen Katholikentag an? Respekt!

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  5. Da spekulieren zwei, die nicht an dem Gottesdienst teilgenommen haben, anhand eines Fotos über die Liturgie...
    da kann natürlich wenig Inhaltliches und Reelles bei herauskommen, deshalb wird auch noch ein wirrer Albtraum geschildert...
    Wofür soll Ihr Geschriebenes gut sein?
    Ich habe an dem Gottesdienst teilgenommen und bin froh, dass an anderer Stelle im Netz gute inhaltliche Berichte zu finden sind, denn ihre Überschrift samt all den folgenden Spekulationen, Behauptungen und Albträumen geht völlig am Wesentlichen dieses bewegenden und hoffnungsfrohen Gottesdienstes vorbei.
    Vielleicht ist Ihr Blog ja wichtig für Menschen, die hören wollen, was einer zu sagen hat, der genau weiß. welche Anordnung von Kerzenleuchtern Gott gefällt... ist Ihnen das auch in einem Albtraum erschienen?

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    1. Wenn Sie dabei waren, könnten Sie uns doch darüber aufklären, wie es wirklich war - und was "das Wesentliche" an diesem Gottesdienst war. Wäre nett. und der Sache dienlich.

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    2. Hey bleibt mal locker, der Artikel ist doch humorig gemeint und die Fragen zu den Fotos der Amtseinführung dienen hier doch letztlich nur als Einleitung.

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  6. Ich hatte da mal einen ganz ähnlichen Traum... naja, jedenfalls passt er gut dazu. ;-) https://iuxtacrucem.wordpress.com/2015/10/21/traumhafte-messe/

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  7. Das Wesentliche an dem Festgottesdienst war für mich einmal natürlich, dass Pfarrer Jasbinschek in sein neues Amt eingeführt wurde, dass St. Willehad wieder einen leitenden Pfarrer hat und dass eine sehr hoffnungsfrohe Aufbruchstimmung spürbar war. Es ist einfach schön, in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche gemeinsam zu beten, zu singen, Gottesdienst zu feiern und zu spüren, dass Sehnsucht, Hoffnung und guter Wille die Menschen zusammenführt und verbindet.
    Das andere Wesentliche war für mich, wie in jedem Gottesdienst, das Verkünden der frohen Botschaft durch das Lesen der heiligen Schrift und durch die Predigt.
    Pastor Jasbinschek hatte als leitende Themen den Dreifaltigkeits-Sonntag mit der Aussage, dass Gott nicht einfältig, sondern dreifältig und damit vielfältig ist – und das Pfingstfest mit dem Bibelzitat über die Liebe Gottes, die Gott durch den heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen hat.
    In seiner bewegenden und leidenschaftlichen Predigt verband Pfarrer Jasbinschek diese Themen mit einem Bild von lebendiger Gemeinde für die Zukunft von St. Willehad, in der Vielfalt möglich und wichtig ist, ohne die Gemeinschaft und die wichtigste Gabe Gottes, die Liebe, aus den Augen zu verlieren.
    Offenbar traf er damit bei vielen Gemeindemitgliedern „ins Schwarze“, denn ich hatte es bis dahin nicht erlebt, dass nach einer Predigt begeisterter Beifall aufkam.

    Wer mehr über die Amtseinführung lesen möchte, kann dies bei der nwz online oder auf der Facebook Seite von St. Willehad tun.

    Vielleicht können Sie jetzt verstehen, warum ich mich über Ihren Artikel, in dem es um Messdienergewänder, Anordnung von Kerzenleuchtern, Mutmaßungen über krümeliges Brot usw. ging, geärgert habe.

    Ich will damit nicht absprechen, dass es nicht auch wichtig ist, sich über schöne kirchliche Gewänder, den Schmuck des Altarraumes, die Liturgie und Vieles mehr sinnvolle Gedanken zu machen, altes Wissen weiterzugeben und sich zu bemühen, wichtige Kirchentraditionen zu erhalten.

    Aber da sie gar nicht vor Ort waren und auch anscheinend mit niemand gesprochen haben, der bei der Einführung des neuen Pfarrers dabei war, hat mich Ihre wenig inhaltliche Art, darüber zu schreiben, gestört.

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    1. Danke für die eindrückliche Schilderung!
      Ich möchte übrigens betonen, dass ich meinen Artikel keinesfalls boshaft gemeint habe und denen, die den Amtsienführungsgottesdienst in St. Willehad gestaltet haben, nichts unterstellen wollte. Wenn das so gewirkt hat, tut es mir leid.

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    2. Danke. Ich hatte vorher auch den Eindruck, aus anderen Beiträgen von Ihnen, dass Sie ein ehrliches Interesse an dieser Gemeinde haben.

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