Ich weiß: Eigentlich wird es höchste Zeit, dass ich die Saga um die "eingekerkerte Nonne" fortsetze; und das habe ich auch vor. Nun hat mich allerdings ein befreundeter Nordenhamer Lokalblogger, der mich schon seit Jahren immer mal wieder mit Interna aus meiner alten Heimat versorgt, auf einen Fall aufmerksam gemacht, der einem antiklerikalen Kolportageroman aus dem 19. Jahrhundert in Sachen "Mystery", Intrige und Klischeehaftigkeit nicht viel nachsteht – aber in der Realität spielt, in der Gegenwart und in Brake/Unterweser.
Die katholische Kirche St. Marien in Brake (Foto: Gerd Fahrenhorst; Quelle und Lizenz hier. Belichtung und Farbe nachbearbeitet von mir.) |
"In der katholischen Kirchengemeinde St. Marien Brake rumort es. Denn der sicher geglaubte Nachlass zweier vermögender Wohltäterinnen, die in der Kirchengemeinde fest verankert waren, fällt nun nach deren Ableben nicht etwa der katholischen Gemeinschaft zu. Stattdessen hat die älteste der beiden Schwestern das gemeinsame Haus an der Wilhelmstraße 24 dem katholischen Pfarrer Wolfgang Schmitz und dessen Haushälterin zu gleichen Teilen überschrieben."
"Auch in der katholischen Kirchengemeinde herrschen Unverständnis und Fassungslosigkeit. [...] In einem Brief ans Bistum drücken die Unterzeichner ihre Verunsicherung darüber aus, wie es in Brake weitergehen soll. Einen gemeinsamen Weg mit Pfarrer Wolfgang Schmitz könne man sich nicht mehr vorstellen, so das Fazit. Die Glaubwürdigkeit habe Schaden genommen."
"Die beiden Schwestern Helga Fastje, Jahrgang 1938, und Margrit Fastje, Jahrgang 1936, waren wohlhabend. Und sie waren äußerst gläubig und der katholischen Kirchengemeinde in Brake eng verbunden. So bedachten sie unter anderem das katholische St.-Bernhard-Hospital in Brake mit einer sehr großzügigen Spende.
Die Schwestern hatten sich, beide kinderlos, angeblich schon sehr früh entschieden, nach ihrem Tod ihr gesamtes Vermögen St. Marien zu vermachen. So stellt es ein langjähriges Mitglied des Kirchenausschusses dar, das namentlich nicht in Erscheinung treten möchte, der Redaktion aber bekannt ist. Am 8. Dezember vergangenen Jahres verstarb, 'plötzlich und unerwartet', wie das Kirchenausschussmitglied schreibt, Helga Fastje."
Plötzlich und unerwartet, so so, hm hm. Der geschulte Kolportageroman-Leser fragt sich, was das ungenannte Kirchenausschussmitglied damit andeuten will.
– Aber mal zurück zum zitierten Artikel: "Ihre Schwester Margit folgte ihr am 28. Mai dieses Jahres." Okay, das ist nun schon etwas auffällig. Kommt aber vor. Gerade bei alten Ehepaaren ist es ein vertrautes Phänomen, dass die Partner kurz hintereinander sterben, weil sie sich so aneinander gewöhnt haben, dass der eine ohne den anderen buchstäblich nicht mehr leben kann. Warum sollte es das also nicht auch bei Geschwisterpaaren geben.
Halten wir jedenfalls fest: Der Kirchenvorstand ging fest davon aus, dass die Pfarrei St. Marien die Fastje-Schwestern beeerben würde.
"Doch tatsächlich kam alles ganz anders. Im April dieses Jahres habe Wolfgang Schmitz auf die Frage, was mit dem Erbe der Fastje-Schwestern geschehen werde, nur ausweichend geantwortet. Im August habe er schließlich dem Kirchenausschuss auf dessen Drängen hin mitgeteilt, dass die Kirche leer ausgehen werde. Die Schwestern hätten ihr Haus in der Wilhelmstraße 24 in Brake noch zu Lebzeiten zu gleichen Anteilen ihm, Wolfgang Schmitz, und seiner Haushälterin Anne Therhardt."
Auf die Rolle, die diese Haushälterin in der ganzen Geschichte spielt, wird wohl noch zurückzukommen sein; derweil konzentriert sich das Interesse der Lokalzeitungen ebenso wie die Empörung der Gemeinde auf die Person des Pfarrers. "[V]iele Mitglieder der Gemeinde und des Kirchenausschusses", so heißt es in der Kreiszeitung, sähen "in dem Vorfall mindestens eine moralische Verfehlung des Pfarrers". Dieser habe "seine Stellung als Pastor missbraucht und es gezielt darauf abgesehen, sich privat zu bereichern", urteilt das ungenannte, aber der Redaktion bekannte Kirchenausschussmitglied.
Auffällig erscheint es in diesem Zusammenhang auch, dass Schmitz erst seit gut zwei Jahren in Brake ist: Von 1995-2018, fast ein Vierteljahrhundert lang, war Karl-Heinz Vorwerk Pfarrer von St. Marien, dann drei Jahre lang Gregor Stratmann. Im Frühjahr 2021, rund ein halbes Jahr vor Wolfgang Schmitz' feierlicher Antseinführung an der Unterweser, erschien auf der Website des Bistums Münster ein Artikel, dem man einige Eckdaten zu seinem Werdegang entnehmen kann: geboren 1966, Priesterweihe 1997, Kaplansstellen in Kirchhellen und Voerde, erste Pfarrstelle ab 2004 in Rheinberg am Niederrhein, ab 2017 dann Pastor (bzw., wie man anderswo sagen würde, Pfarrvikar) in Ennigerloh im Münsterland; außerdem ist er Gehörlosenseelsorger. – Weiterhin erfährt man in diesem Artikel: "Der neue Pfarrer wird von seiner Haushälterin Anne Terhardt" – hier, anders als in der Kreiszeitung, ohne Th geschrieben; welche Schreibweise die richtige ist, sei mal dahingestellt – "nach Brake begleitet, die bereits mit ihm vom Niederrhein in den Kreis Warendorf gezogen war." –
Ach guck. Von diesem Typus der Pfarrhaushälterin, die ihrem Dienstherrn treu von einer Pfarrstelle zur anderen folgt, hätte ich eigentlich angenommen, dass er in ein anderes Jahrhundert gehört. Ich kenne ja nun so einige Priester persönlich, im Erzbistum Berlin und auch in anderen Diözesen, und von denen hat kein einziger so eine Haushälterin. Umso interessanter ist es, was der Artikel auf der Bistumsseite so alles über das Verhältnis zwischen Pfarrer Schmitz und seiner Haushälterin verrät. "Wir gehen mit einem traurigen Herzen aus Enniger weg, denn wir fühlen uns hier zu Hause, sind menschlich und geistlich gut aufgehoben", wird Schmitz anlässlich seiner Versetzung zitiert, und weiter heißt es: "Die Vorfreude auf den Umzug in den Norden überwiegt dennoch bei beiden." Wiederum O-Ton Schmitz: "Den Wunsch, in den hohen Norden zu gehen, in eine Gegend, die geprägt ist von Deichen und Gezeiten, tragen wir seit fast 25 Jahren mit uns".
Wonach sieht das aus, geschätzter und verehrter Leser? Ich würde sagen, es sieht danach aus, dass die Bezeichnung "Haushälterin" hier als Platzhalter für "Lebensgefährtin" eingesetzt wird, weil man "Lebensgefährtin" eben nicht offen sagen darf, aber im Grunde ist es für jedermann offensichtlich, was hier tatsächlich der Fall ist, und es wird auch gar nicht der Versuch unternommen, das zu verbergen, nicht einmal auf der offiziellen Website des Bistums Münster.
Und jetzt haben die beiden sogar ein gemeinsames Haus an ihrem Sehnsuchtsort. Wie schön für sie.
Nur eine Pfarrstelle hat Schmitz dort zukünftig wohl nicht mehr: Nachdem die Nordwest-Zeitung ihre Leser noch vorige Woche auf ein "[l]angwieriges Verfahren" einstellte, hat das Offizialat in Vechta letzten Pressemeldungen zufolge den Amtsverzicht des Pfarrers bekanntgegeben. Was zukünftig aus ihm wird, bleibt abzuwarten – und ebenso, wie es mit der Braker Pfarrei weitergeht. In der Kreiszeitung war Ruhestandspfarrer Stratmann mit der Einschätzung zitiert worden, die "große Mehrheit der Gemeindemitglieder sei der Meinung, dass Wolfgang Schmitz nicht ins Amt zurückkehren sollte. Die Minderheit, die den Geistlichen zurückhaben möchte, sei von der Sorge getrieben, dass St. Marien künftig überhaupt keinen Pfarrer mehr hat" – und diese Befürchtung ist wohl kaum ganz aus der Luft gegriffen.
Es soll indes nicht verschwiegen werden, dass es auch Stimmen gibt, die den Fall ganz anders beurteilen, als er in der Darstellung der Lokalpresse erscheint. In den Leserkommentaren auf der Facebook-Seite der Nordwest-Zeitung überwiegt die Auffassung, die Schwestern würden wohl "ihre Gründe gehabt haben", ihr Haus an den Pfarrer und seine Haushälterin zu überschreiben: Diese hätten sich "rührend um die beiden Damen gekümmert", daher hätten sie es "wohl auch verdient". Überhaupt könne doch jeder Mensch "mit seinem Hab und Gut machen was er möchte" und "sein Eigentum an diejenigen vermachen, die dem Erblasser zu Lebzeiten wichtig waren". "Wenn das ihr Wille war, so soll doch auch die katholische Kirche dieses respektieren." Dafür, dass "so einseitig berichtet wird", werden "Neider" verantwortlich gemacht, und es wird kritisiert, dass der Pfarrer "an den Pranger gestellt" werde: "Sein Ruf ist damit sehr geschädigt worden, obwohl [er] rechtlich nichts falsches getan hat".
Soweit also der derzeitige Stand der Dinge. Ich werde die Sache auf jeden Fall weiterhin im Auge behalten und wäre insbesondere für Kommentare und sachdienliche Hinweise von Lesern aus der Region dankbar...
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Grüß Gott, ich habe diesen Blog erst vor einigen Tagen entdeckt - und ihn sofort sehr gemocht.
AntwortenLöschenDiese Geschichte mit den beiden verstorbenen Damen hat in der Tat tatsächlich etwas von einem Krimi. Weshalb ich mich aber jetzt zu Wort melde: Sie schreiben vom Typus der Haushälterin aus dem letzten Jahrhundert. Irgendwie verstehe ich das ja - aber ich bin auch eine solche. Und nein! ich bin nicht die Lebensgefährtin, es ist ein katholisches katholisches Pfarrhaus!
Dieser Lebensentwurf war meinerseits ganz sicher so nicht geplant, aber ich bin sicher, dass der Liebe Gott seine Finger im Spiel hatte. Und by the way: Was im letzten Jahrhundert gut war, ist doch heute nicht schlecht.
Möchte mich jeglicher mMn unangebrachter Spekulationen bzw. gar Unterstellungen enthalten.
AntwortenLöschenDer Fehler des Pfarrers Schmitz war, die Erbschaft für sich entgegen der Vorgaben des Bistums anzunehmen.
Bei seiner Haushälterin sieht das dagegen anders aus, denn sie ist an die Bistumsvorgaben nicht gebunden.
Ob die Erbschaftsannahme auch in ihrem Falle klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn auf Grund der recht kurzen Zeit der Verbundenheit mit den beiden verstorbenen alten Damen, kann selbst für wohlmeinende Außenstehende der Eindruck von Erbschleicherei entstehen. Da hätte wohl auch Pfarrer Schmitz seine Haushälterin vorher besser beraten sollen.
Wenn ich es richtig aus obigem Artikel entnehme, dürfte Pfarrer Schmitz mit seiner Haushälterin Frau Therhardt etwa im Herbst 2021 offiziell in die besagte Gemeinde gekommen sein.
LöschenWenn dann noch vor Anfang Dez. 2022 das Haus der Geschwister Fastje auf ihn und seine Haushälterin notariell überschrieben wurde, so liegt also 1 gutes Jahr Betreuung der beiden Schwestern Fastje durch ihn und Frau Th. dazwischen. Es kommt dann nochmal ein weiteres knappes halbes Jahr Betreuung der 2. Dann noch lebenden Schwester dazu.
Dafür eine Erbschaft im Wert von zumindest wohl jeweils mehreren zehn- bis hunderttausend Euro zu erhalten, ist schon eine geradezu fürstliche Entlohnung für die geleisteten Dienste an den beiden betagten Damen.
Ich kann mich da eines Verdachtes der Erbschleicherei kaum erwehren.
Ein Aachener Weihbischof wurde in einem ähnlichen Fall jedenfalls m.W. verurteilt.
Ich verfolge diese "Geschichte"bereits von Anfang an und frage mich,wann es ein Ende hat.Erst die sehr einseitige Berichterstattung der NWZ,dann ein Interview im Radio und natürlich auch hier.Warum möchte/darf das "langjährige Mitglied im Kirchenausschuss"anonym bleiben,wo doch alle weitere Namen usw öffentlich gemacht werden?Hat zB jmd die Haushälterin gefragt,ob sie namentlich erwähnt werden möchte? Jetzt kommen noch unterschwellige Unterstellungen dazu,wie u.a.ein unterstelltes Verhältnis zwischen Pastor und Haushälterin-was hat das noch mit der eigentlichen Sache-der Schenkung zu Lebzeiten-zu tun?Weiter geht's mit Bereicherung oder gar der "Normalität"des kurz nacheinander Ablebens der beiden Damen?Über was reden wir hier eigentlich?Ich würde mir wünschen,daß diese Schmutzkampagne aufhört!Eins noch:Es wird von "moralischer Verfehlung"gesprochen-was bitte haben die Leute für eine Moral,die sich an dieser Schmutzkampagne beteiligen und sie unterstützen?
AntwortenLöschenEin Priester hat mit der Seelsorge eigentlich genug zu tun. Er soll Diener aller Diener sein und keine Erbschaften antreten. Meine Meinung.
AntwortenLöschenhttps://www.kirche-und-leben.de/artikel/immobilienstreit-wolfgang-schmitz-verzichtet-auf-pfarrstelle-in-brake
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