Schon wieder eine Woche rum? Auweia, das ging schnell. Okay, zum Teil kommt mir das wohl deshalb so vor, weil ich erst am Mittwoch einen sozusagen aus dem vorigen Wochenbriefing ausgelagerten Artikel 'rausgehauen habe. Wie dem auch sei, es gibt mal wieder eine Menge zu berichten, und deshalb fange ich auch gleich damit an:
Pietro Perugini, Himmelfahrt Christi, ca. 1495/98 (gemeinfrei) |
Was bisher geschah
Am frühen Sonntagabend kamen das Tochterkind und ich vom "Väterwochenende" in Zinnowitz zurück nach Berlin; die Kurzantwort auf die Frage "Wie war's?" lautet: super, ich kann's nur empfehlen, gerne mal wieder. Ein bisschen genauer gehe ich darauf weiter unten unter der Überschrift "Wenn der Vater mit der Tochter" ein. Danach ging erst mal der Alltag wieder los, oder jedenfalls so einigermaßen; am Montag nach der Schule hatte das Tochterkind sozusagen einen Solo-Omatag, nachdem der Jüngste seinen Omatag bereits am Sonntag gehabt hatte; am Dienstag hielten der Jüngste und ich in St. Joseph Tegel eine Lobpreisandacht ab; am Mittwoch war "wie üblich" vormittags Messe in Heiligensee und nachmittags JAM, was allemal genug Stoff für die Weiterführung der Rubrik "Immer wieder mittwochs" bietet. Und dann war der Alltag auch schon wieder vorbei, denn am Donnerstag war Himmelfahrt, am Freitag Brückentag mit Kindergeburtstag. Zur Messe gingen wir an Christi Himmelfahrt in St. Joseph Siemensstadt, sie wurde zelebriert vom Spandauer Krankenhausseelsorger und war schön und feierlich – mit gesungenem Evangelium, gesungenem Credo, gesungener Präfation und sogar einem gesungenen Antwortvers bei den Fürbitten –, und am Ende erhielten die Haselhorster Pfadfinder, die an diesem Tag zu ihrer Frühlingsfahrt aufbrachen, einen Reisesegen. An der Predigt fand ich bemerkenswert, dass der Priester die Anwesenden – als "Hausaufgabe für die Tage bis Pfingsten", wie er sagte; "ich halt' mich auch dran" – dazu anregte, gewissermaßen eine Minimalversion der Pfingstnovene zu beten: "Beten Sie am Morgen 'Komm, Heiliger Geist', und wenn Sie ein bisschen mehr Zeit haben: 'Erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe'." Denn: "Ohne Gottes Geist geht alles flöten – die Liebe, der Glaube, die Hoffnung."
Morgen ist nicht nur der 7. Sonntag der Osterzeit, sondern auch Muttertag; also ruft eure Mütter an und seid mir dankbar, dass ich euch dran erinnert habe! Es folgt, was in diesem Monat eher eine Seltenheit ist, eine volle fünftägige Schul- und Arbeitswoche. Am Dienstag trifft sich der KiWoGo-Arbeitskreis, um den Kinderwortgottesdienst am Dreifaltigkeitssonntag und unseren Beitrag zur Spandauer Fronleichnamsfeier zu planen; zu beiden Themen habe ich mir schon ein bisschen was überlegt, aber das verrate ich erst zu gegebener Zeit. – Am Mittwoch dürfte aller Voraussicht nach wieder das übliche Mittwochsprogramm anstehen, darüber hinaus gibt's aber in meiner linken Ex-Stammkneipe in Prenzlauer Berg erneut, wie schon vor vier Wochen, einen Vortrag der Letzten Generation, und ich denke darüber nach, diesmal tatsächlich hinzugehen. – Was der Rest der Woche noch so bringen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.
Es ist ja so: Seit meine Große ein Schulkind ist, verbringe ich mit ihr naturgemäß erheblich weniger Zeit als früher (und auch erheblich weniger als mit ihrem kleinen Bruder), und in letzter Zeit hatte ich immer mal wieder das Gefühl, dass diese gemeinsame Zeit uns beiden fehlt – und zwar insbesondere die exklusive Vater-Tochter-Zeit. Da war es schon eine bemerkenswerte Fügung, dass mir vor ein paar Wochen ausgerechnet in der Schriftenauslage von Herz Jesu Tegel ein Flyer für die Väterwochenenden im "Haus St. Otto" in Zinnowitz ins Auge fiel. Als ich den Text auf dem Flyer überflog, hatte ich gleich das Gefühl, das könnte genau das Richtige für mein Tochterkind und mich sein; und dann sah ich, dass die Anmeldefrist für den Mai-Termin just einen Tag zuvor abgelaufen war. Es gab noch einen weiteren Termin im September, aber der passte mir nicht so richtig; also dachte ich mir, was soll's, ich probier's einfach. Ich füllte folglich gleich an Ort und Stelle per Handy ein Online-Anmeldeformular aus und erhielt eine automatische Anmeldebestätigung, in der nicht stand, dass meine Anmeldung wegen Fristablaufs nicht berücksichtigt werden könne. Ein paar Tage später schickte der Kursleiter persönlich eine Rundmail an die Teilnehmer, und damit war klar: Wir sind dabei!
Dass die Nichteinhaltung der Anmeldefrist kein Problem darstellte, lag, wie sich zeigte, daran, dass dieses Väterwochenende nicht annähernd ausgebucht war: Theoretisch hätten bis zu 35 Personen daran teilnehmen können, tatsächlich waren es, wenn man den Kursleiter nicht mitzählt, nur 14 – fünf Väter und neun Kinder, wobei eins der "Kinder" schon annähernd erwachsen war. Die meisten teilnehmenden Kinder waren zwischen 8 und 12 Jahre alt, meine Tochter war die jüngste Teilnehmerin, allerdings knapp (ein Junge war wie sie sechs Jahre alt, nur ein paar Monate älter als sie). Mit Ausnahme eines Vaters und seines Sohnes, die aus Stralsund kamen, kamen alle Teilnehmer aus Berlin oder dem unmittelbaren Umland. Die überschaubare Gruppengröße gefiel mir persönlich sehr gut; ich bezweifle ehrlich gesagt, ob das Veranstaltungsformat mir mit doppelt so vielen oder noch mehr Teilnehmern genauso gut gefallen hätte.
Am Ankunftsabend wurden allerlei gruppendynamische Kennenlernspiele veranstaltet, und ich fand es recht charakteristisch, dass mein Tochterkind nach einer Weile keine Lust mehr darauf hatte und sich ausklinkte. Sie machte auch keine große Szene daraus, sondern verzog sich stillschweigend in den Garten, um Schnecken zu beobachten, und als der Kursleiter sie fragte, ob sie nicht mehr mitmachen wolle, sagte sie in aller Seelenruhe "Nein." Das ist mein Mädchen, dachte ich schmunzelnd, nahm mir ein Beispiel an ihr und machte an den folgenden Tagen bei der Morgengymnastik "von meinem Recht auf Nichtteilnahme Gebrauch", wie es im Club der Toten Dichter heißt.
Eine Lourdes-Grotte gab es auf dem Gelände auch, da durften wir uns also gut behütet fühlen. |
Insgesamt kam es mir am ersten Abend ein bisschen so vor, als verstünde ich mich mit den Kindern besser als mit ihren Vätern – was nicht etwa heißen soll, dass mir diese unsympathisch gewesen wären, aber gerade in Hinblick auf meine Tätigkeit als Wichtelgruppenleiter und Katechet empfand ich es doch als recht ermutigend, dass die Kinder mich durchweg spontan zu mögen schienen. Am Samstag gab es im Zeitraum zwischen Frühstück und Mittagessen getrenntes Programm für Kinder und Erwachsene: für die Kinder ein Rollenspiel zur Christianisierung Pommerns vor 900 Jahren, für die Väter eine Gesprächsrunde mit einem vorbereiteten Gesprächsleitfaden. Diesen Leitfaden fand ich wirklich gut, denn er lenkte – was ich, so komisch es klingen mag, in einer kirchlichen Einrichtung eher nicht erwartet hätte – den Gesprächsschwerpunkt auf Fragen der Glaubensweitergabe und den Stellenwert des Glaubens im Familienalltag. Auf diese Weise eröffnete das Gespräch interessante Einblicke in den (auch biographisch bedingt) unterschiedlichen "Glaubenshintergrund" der Teilnehmer. Eine bemerkenswerte Fügung war es auch, dass ich am Nachmittag bei einem Geländespiel im Wald ausgerechnet mit denjenigen Männern in ein Team geriet, von denen ich bei dieser Gesprächsrunde den Eindruck gehabt hatte, ich könnte mit ihnen am wenigsten "warm werden".
Überhaupt: Geländespiele im Wald! Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas Spaß machen könnte, aber tatsächlich hatte ich enorm viel Spaß, verausgabte mich ziemlich und hatte noch Tage danach Muskelkater in den Oberschenkeln.
Wie sich zeigte, waren die beiden Väter, mit denen (und deren Kindern) ich mich am besten verstand, auch diejenigen, deren Zuhause am nächsten an unserem liegt; am Abreisetag tauschte ich mit ihnen Telefonnummern aus, um den Kontakt halten zu können. Einer von ihnen war mit vier Kindern angereist, erwähnte aber schon am ersten Abend, das seien nur seine "mittleren" Kinder – er habe noch zwei ältere und zwei jüngere. Bei der Väter-Gesprächsrunde am Samstagvormittag verriet er dann, dass er dem Neokatechumenalen Weg angehört; das hatte ich mir angesichts der Zahl seiner Kinder schon gedacht, aber gleichzeitig gab diese Assoziation mir zu denken. Es hat schließlich Zeiten gegeben, da galt Kinderreichtum als typisch für katholische Familien insgesamt; wenn man hingegen heutzutage – jedenfalls in unseren Breiten – eine katholische Familie mit, sagen wir mal, mehr als vier Kindern sieht, denkt man automatisch "Die sind bestimmt bei den Neos." Was will uns dieses Phänomen sagen? – Zugegeben: In welchem Maße die Lehre von Humanae vitae im Kirchenvolk – gerade hierzulande – nicht angenommen wurde, ist nun nicht gerade ein Geheimnis. Aber das erklärt noch nicht, dass unter allen geistlichen Gemeinschaften, Bewegungen und Strömungen innerhalb der Kirche nur eine einzige für ihren Kinderreichtum bekannt ist. (Disclaimer: Ich kann nicht ausschließen, dass mir das nur so vorkommt, weil der Neokatechumenale Weg im Erzbistum Berlin einfach besonders stark vertreten und sichtbar ist.)
Aber lassen wir das mal so stehen und wenden uns lieber der viel wichtigeren Frage zu: Wie war das Wochenende denn so fürs Tochterkind? – Ich zitiere wörtlich: "Wunnnderbar!" Sie hat viel Spaß gehabt, neue Spiele ausprobiert, mit den Füßen in der Ostsee geplantscht, sich mit einem achtjährigen Mädchen angefreundet, sich aber auch mit den anderen Kindern überwiegend gut vertragen und wirkte während der gesamten Zeit viel ausgeglichener und zufriedener, als es im normalen Alltag oft der Fall ist – die Anzeichen der gefürchteten "Wackelzahnpubertät" waren wie weggeblasen. Und wie ich gehofft habe, hat sie es offenkundig genossen, ihren Papa mal für sich allein zu haben. Schon ein paar Tage nach unserer Rückkehr hat sie mich gefragt, wann wir denn mal wieder so ein tolles Wochenende machen könnten.
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf die Hauskapelle des Freizeitheims, in der wir am Sonntag zur Messe gingen; sie ist zugleich die reguläre Kirche für die katholischen Einwohner von Zinnowitz und gehört zur Pfarrei St. Otto Usedom-Anklam-Greifswald. Ja, Vorpommern ist wirklich tiefste Diaspora. Meine Tochter findet die Kirche übrigens, so wörtlich, "originell gebaut".
Übrigens erwäge ich derzeit, noch mehr über das Haus St. Otto in Zinnowitz und das Veranstaltungsformat "Väterwochenende" zu schreiben und das dann an anderer Stelle zu veröffentlichen, aber das ist noch nicht ganz spruchreif. Wenn was draus wird, erfährst du es hier zuerst, Leser!
Immer wieder mittwochs
Nachdem am vorigen Mittwoch ja Feiertag gewesen war, ging ich am Mittwoch der zurückliegenden Woche erstmals in diesem Wonne- und Marienmonat mit dem Jüngsten in St. Marien Maternitas in die Messe. Dem Wochenplan der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd zufolge werden derzeit an den meisten Standorten der Pfarrei (nicht jedoch in St. Joseph und St. Bernhard) wöchentlich Maiandachten gefeiert, und in St. Marien Maternitas sollte dies mittwochs vor der Messe der Fall sein, also genau dann, wenn sonst Rosenkranz gebetet wird (wir kennen das schon von den Kreuzwegandachten in der Fastenzeit). So eine Maiandacht mitzufeiern, hätte mich durchaus interessiert, aber das hätte erfordert, die Große früher zur Schule zu bringen, und zudem wollte ich vermeiden, dass dem Jüngsten die Geduld ausging, ehe die Messe auch nur begonnen hätte. So kamen wir also ungefähr zur selben Zeit wie sonst in der Kirche an – etwa zehn Minuten vor der regulären Anfangszeit der Messe –, und da war die Gemeinde gerade dabei, "ganz normal" den Rosenkranz zu beten. Sie war allerdings erst beim dritten Gesätz, und in der Folge begann die Messe mit einigen Minuten Verspätung; es erscheint somit denkbar, dass das Rosenkranzgebet nicht die ganze Maiandacht war, sondern "nur" ihr Abschluss. Ich werde es wohl nie erfahren. Was ich hingegen erfuhr, und zwar weil es sowohl im Rosenkranzgebet als auch in der Messe (die der Pfarrvikar aus Nigeria zelebrierte) angesprochen wurde, ist, dass ein Mitglied der Gemeinde kürzlich verstorben ist; jemand, der über lange Zeit zum festen Stamm der Werktagsmessbesucher in dieser Kirche gehört hatte. Ich kenne die Gemeindemitglieder natürlich nicht alle namentlich, glaube aber trotzdem zu wissen, um wen es sich handelt; ich hatte ihn schon seit ein paar Monaten nicht mehr in der Kirche gesehen, vermutlich war er schon zu schwer krank gewesen. – In diesem Sinne:
Am Nachmittag ging's zum JAM, wo – wie bei dem schönen Wetter kaum anders zu erwarten – zunächst Spielen im Garten angesagt war; dann folgte eine Runde Lobpreis (drei oder vier Lieder) im Gottesdienstraum, und danach wurde die Gruppe, wie üblich, in zwei Altersklassen getrennt. Als die kleineren Kinder nach oben in den Eltern-Kind-Raum geführt wurden, wies ich meine Tochter dezent darauf hin, dass sie ja eigentlich schon zu den größeren Kindern gehöre; daraufhin blieb sie im Gottesdienstraum und ich mit ihr. Die nun folgende Katechese setzte dort an, wo sie vor zwei Wochen geendet hatte: bei der ersten Missionsreise des Paulus (Apostelgeschichte 13-14). Zunächst war's wieder nur eine Nacherzählung des biblischen Texts, wenn auch eine sehr lebhaft und unterhaltsam gestaltete; richtig interessant wurde es aber, als – anknüpfend an die Blendung des Zauberers Elymas (Apg 13,11) und die Heilung eines Gelähmten in Lystra (Apg 14,8ff.) – ein längerer Exkurs zum Thema "Wunder" in die Erzählung eingeschoben wurde. Die beiden Kernaussagen dieses Exkurses – Gott vollbringt wirklich Wunder, auch heute noch; man muss aber auch mit der Möglichkeit rechnen, dass Wunder ausbleiben, auch wenn man noch so sehr um sie betet – untermauerte die JAM-Mitarbeiterin mit dem Hinweis auf eigene Erfahrungen. Ich war recht beeindruckt und fragte mich, wie ein derartiges Glaubenszeugnis wohl in der volkskirchlichen Kinderkatechese aufgenommen werden würde, geschweige denn im schulischen Religionsunterricht (zu letzterem Stichwort folgt weiter unten noch ein eigener Abschnitt). Damit meine ich gar nicht so sehr die Reaktionen der Kinder als vielmehr die der Eltern – oder der Vorgesetzten der Lehrer bzw. Katecheten. Am Ende schriebe da wohl noch jemand einen "Standpunkt"-Artikel bei häretisch.de, darüber, dass man Kinder vor solcher fundamentalistischer Indoktrinierung schützen müsse. –
Nachdem die Erzählung am Ende der ersten Missionsreise des Paulus angelangt war, durften die Kinder wieder im Garten spielen; kurz darauf kamen auch die kleineren Kinder von oben zurück – darunter mein Jüngster, der allerdings nicht in dem Garten wollte, sondern zu seiner Mami. Die war wie üblich zum Elterncafé gegangen, also nahm ich den Knaben an der Hand und führte ihn zu ihr – und nutzte die Gelegenheit, mir im Elterncafé auch einen Kaffee einzuschenken und ein bisschen zuzuhören. Ergebnis: Es hat schon seine Gründe, dass ich da normalerweise nicht mit hingehe. Dieses Veranstaltungsformat ist auf eine Art "nicht mein Ding", die gar nicht so leicht zu beschreiben bzw. zu erklären ist; vielleicht versuche ich es bei Gelegenheit mal, aber nicht jetzt. Ein interessantes Detail gab's allerdings in Hinblick auf die schon vor zwei Wochen festgestellte Parallelität zur Leseordnung des katholischen Kirchenjahres. Das Thema beim Elterncafé lautete in dieser Woche "Wer bin ich?", und wie man sich unschwer denken kann, war die Kernaussage, auf die das Ganze hinauslaufen sollte: "Gott als unser Schöpfer kennt uns am besten, darum ist es der beste Weg zur Selbsterkenntnis, Gott kennenzulernen". Dies untermauerte die Frau, die das Elterncafé diesmal leitete, mit ein paar Bibelstellen, die sie vorlas, und eine davon war die Rede des Paulus auf dem Areopag (Apg 17,22-31) – die ich bereits am Morgen in der Messe gehört hatte.
Update Religionsunterricht in Berlin
Vor einigen Wochen – im "Creative Minority Report" Nr. 24 – hatte ich hier das Thema "Religionsunterricht in Berlin" am Wickel, daher fühle ich mich nun meinen Lesern gegenüber in gewissem Maße verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass es in dieser Sache Neues gibt. "Kai Wegner: Verpflichtender Religionsunterricht in Berlin kommt 2026", berichtet die Berliner Zeitung mit Datum vom 7. Mai. Wer sich nun fragt "Wer ist denn dieser Kai Wegner?", dem sei gesagt: Das ist der Regierende Bürgermeister von Berlin, und mach dir nichts draus, ich weiß auch nicht, wie der Regierungschef deines Bundeslandes heißt. Nun aber zur Sache: "[N]ach einer gemeinsamen Sitzung des Senats mit der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO)", so liest man in der Berliner Zeitung, habe der Regierende Bürgermeister das "gemeinsame Ziel" bekräftigt, "den Religionsunterricht noch in dieser Legislaturperiode als Wahlpflichtfach einzuführen". "Das wollen wir bis 2026 hinbekommen", wird Wegner wörtlich zitiert. Weiter heißt es: "Schon jetzt werde dazu mit dem neuen Schulgesetz Rechtssicherheit geschaffen und Lehrpläne würden erarbeitet."
Der Artikel weist indes auch darauf hin, dass Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) erst kürzlich erklärt habe, "aus ihrer Sicht" sei "das Ziel 2026 nicht zu schaffen": "Die Zeit reiche nicht aus, um ein Wahlpflichtfach Weltanschauungen/Religionen zu entwickeln und einzuführen. So müssten etwa ein Rahmenlehrplan erarbeitet, rechtliche Fragen geklärt und Personal ausgebildet werden." Ich schätze, was die gute Frau uns sagen möchte, ist, dass es ein bisschen schwierig ist, ein Schulfach aus dem Boden zu stampfen, von dem in der gesamten Berliner Bildungsverwaltung niemand etwas versteht. Genau deswegen strebt der Regierende in dieser Angelegenheit einen "enge[n] Austausch mit den Kirchen" an; aber ob's davon besser wird?
Es fällt jedenfalls auf, dass an dem Gespräch, auf das der Presseartikel sich bezieht, das Erzbistum Berlin nicht beteiligt war; ich gehe aber davon aus, dass es mit Vertretern der katholischen Kirche dann wohl ein separates Treffen gibt oder auch schon gegeben hat. Einstweilen beansprucht EKBO-Landesbischof Christian Stäblein (übrigens ein Stiefsohn der legendären "Wort zum Sonntag"-Wuchtbrumme Oda-Gebbine Holze-Stäblein) für beide Großkirchen zu sprechen, wenn er erklärt: "Wir sind als Kirchen [...] sehr, sehr froh und dankbar" über die Zusage, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach einzuführen. Gleichzeitig betont er den Wert des Religionsunterrichts für die Gesellschaft, der darin liege, dass er "zur Aufklärung von Menschen über sich selbst, über andere, über andere Religionen und damit immer wieder zum Friedensunterricht im Miteinander dieser Stadt wird": "Religionsunterricht ist Friedensunterricht" – und nicht zuletzt "auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Antisemitismus". Bürgermeister Wegner fügt hinzu: "Religion sollte etwas sein, was verbindet. Was unsere Gesellschaft verbindet."
Was soll man dazu sagen? – Ich bin mir sicher, es schon öfter gesagt zu haben, aber ich kann mir kaum etwas Erbärmlicheres vorstellen, als wenn die Großkirchen die Existenzberechtigung ihrer Institutionen verteidigen, indem sie deren Gebrauchswert für die säkulare Gesellschaft betonen. Das ist ein bisschen so wie wenn die Maus zum Löwen sagt "Friss mich nicht, vielleicht brauchst du mich eines Tages noch."
Nun wissen wir – wenn wir die Fabel kennen – allerdings, dass die Maus damit am Ende Recht behält; und ich muss einräumen, dass die Frage, inwieweit die kirchlichen Institutionen tatsächlich nützlich für die säkulare Gesellschaft sind, allzu facettenreich ist, um hier so nebenbei abgehandelt zu werden. Versuchen wir's trotzdem mal ganz simpel zu sagen: Ich bin sehr wohl der Überzeugung, dass es einer Gesellschaft nützt, wenn es in ihr Christen gibt – auch dann, wenn es sich nur um eine Minderheit handelt –, und zwar einfach deshalb, weil es zum Weltauftrag der Christen gehört, "der Stadt Bestes" zu suchen (vgl. Jeremia 29,7). Je weniger christlich eine Gesellschaft als ganze ist, desto mehr wird sich allerdings die Vorstellung der Christen davon, was denn konkret "der Stadt Bestes" sei, von der der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Daraus folgt, dass die kirchlichen Institutionen der säkularen Gesellschaft gerade dann am wenigsten nützen, wenn sie sich deren Vorstellungen darüber anbequemen, was ihr angeblich nütze. Und das ist für mich ein wesentlicher Grund, einem Religionsunterricht zu misstrauen, den sich die staatlichen Behörden nach ihren Bedürfnissen zurechtkonstruieren.
Geistlicher Impuls der Woche
Wie schwach und wankelmütig Petrus, der Fels, auf den Christus Seine Kirche erbaute, zuweilen sein konnte! Tatsächlich gilt daa für alle Seine Apostel, selbst nachdem sie das irdische Leben Jesu in den drei Jahren Seines öffentlichen Wirkens geteilt hatten. Immerhin kannten sie Ihn ja "nur" drei Jahre lang – damit mochten sie sich rechtfertigen. Selbst nach Seiner Auferstehung, als Er ihnen erschien und mit ihnen aß, fragten sie Ihn noch nach dem irdischen Königreich. Gleichwohl hielten sie fest an Ihm, hörten auf Ihn, und nach Seiner Himmelfahrt – nachdem Er sie endgültig verlassen hatte, soweit es Seine körperliche Anwesenheit betraf – folgten sie Seiner Weisung, indem sie neun Tage lang im Gebet beisammen blieben. Die Kirche nennt dies die erste Novene. Neun Tage lang beteten sie gemeinsam, in Erwartung der Verheißung, die Er ihnen gegeben hatte – und an Pfingsten, was für eine Flutwelle des Heiligen Geistes ergoss sich da über sie! Sie waren wie neue Menschen, neu geboren, "wiedergeborene Christen"; sie streckten sich aus nach dem neuen Leben, dem Leben der Gnade.
(Dorothy Day, Tagebücher, 22.2.1966; eigene Übersetzung)
Ohrwurm der Woche: Double-Feature
Avril Lavigne: My Happy Ending
vs.
Ashlee Simpson: Pieces of Me
Anfang der Woche war ich mit meinem Jüngsten auf dem Spielplatz, und während ich ihm aus einiger Entfernung beim Klettern und Buddeln zusah, hatte ich Kopfhörer in den Ohren und zappte mich aufs Geratewohl durch YouTube-Empfehlungen; und dabei blieb ich schließlich bei meinem alten Faible für Girlie-Punk hängen. – Nun mag der eine oder andere Leser mit Blick auf die von mir hier verlinkten Songs mehr oder weniger empört einwerfen wollen "Also hömma, das ist doch kein Punk!"; worauf ich erwidern möchte: Ja ja, Raider heißt jetzt Twix; als die beiden Lieder rauskamen, nannte man diese Musikrichtung Alternative Rock oder zuweilen auch Post-Grunge; geschenkt. Und wenn dann noch jemand sagt "Das ist auch kein Alternative Rock, das ist einfach Mainstream-Pop der Nuller Jahre, der Stilelemente des Alternative Rock aufgreift", dann sage ich: Ach komm. Ist aber ja letztlich auch egal, wie man das nennt. Faszinierend an diesen beiden Songs, die im Jahre 2004 im Abstand von gerade mal vier Wochen als Singles veröffentlicht wurden, finde ich es, wie ähnlich sie sich sind. Man könnte von dem einen Stück ins andere überblenden, und viele Hörer würden nicht bemerken, wo der eine aufhört und der andere anfängt. Fast wäre ich versucht zu sagen, es ist im Prinzip derselbe Song. Was nicht zuletzt deshalb bemerkenswert ist, weil "My Happy Ending" ein bitterer Break-Up-Song ist und "Pieces of Me" ein glückstriefendes Liebeslied. Den Unterschied hört man irgendwie nicht so raus, wenn man nicht genau auf den Text achtet. – Tatsächlich bin ich der Meinung, dass "My Happy Ending" der bessere der beiden Songs ist, aber auch das ist natürlich wieder eine Einschätzung, die Fragen aufwirft: Wenn zwei Songs sich so ähnlich sind, wir kommt es dann, dass trotzdem der eine besser ist als der andere? Nun, ein wesentlicher Grund dürfte sein, dass Avril Lavigne einfach mehr Charisma hat. Nichtsdestotrotz mochte ich Ashlee Simpson, seit ich sie in der Fernsehserie "Eine himmlische Familie" (für die ich seinerzeit eine innige Hassliebe empfand) in der Rolle der flippig-rebellischen Freundin des jüngsten Sohnes der kreuzbrav-biederen Protagonistenfamilie gesehen hatte. Ihr Debütalbum "Autobiography" habe ich mir seinerzeit zwar nicht gekauft, immerhin aber aus der Bücherei ausgeliehen und durchaus gern angehört. Bald danach verlor sich mein Interesse an Ashlee Simpson aber wieder. Ich bekam gerade noch mit, dass sie sich 2006 die Nase operieren ließ – was natürlich, wie man von Jennifer Grey aus Ferris macht blau Dirty Dancing hätte lernen können, ein schwerer Fehler war: Never change the nose that made you famous. – Wenn ich's recht bedenke, fällt mir allerdings auf, dass ich auch Avril Lavignes Neuerscheinungen ab 2007 keine große Aufmerksamkeit mehr geschenkt habe, aber das hatte wohl eher biographische Gründe – in meiner Biographie, meine ich, nicht etwa in ihrer. Mal sehen, vielleicht bringe ich nächste Woche noch ein Lied, dass ich mit dieser Lebensphase assoziiere. Vielleicht gehe ich aber auch mal wieder in Richtung Proto-Punk/Psychedelic-Garage-Rock. Lass dich überraschen, Leser...
Ein Grund für den Kinderreichtum der Neos mag natürlich tatsächlich auch sein, daß sie nicht nur Humanae vitae gehorchen, sondern (und zumindest ersteres habe ich gerüchteweise gehört) deren „laxen Teil“ vielmehr im Gegenteil *ablehnen*: also die Zeitwahl und vielleicht auch (hier gebe ich nun kein „immerhin Hörensagen“ mehr wieder, sondern spekuliere nur noch selber entlang der Linie weiter) die dauerhafte einvernehmliche Fast-Enthaltsamkeit.
AntwortenLöschenEs ist ja bekannt und ein subsidiäres Debattenargument auf unserer Seite, daß wer *will* ab 21 mit etwas Schulung und Disziplin die Effekte der verbotenen Verhütung auch (vollständig: der „Pearl-Index“ ist eher noch besser) mit erlaubten natürlichen Mitteln erreichen kann. Und Leute, die Humanae vitae anerkennen, sind ja an sich schon selten, aber deren Anteil unter *Undisziplinierten* dürfte noch signifikant *noch* geringer sein.
Eine Frau, die beim neokatechumenalen Weg sehr aktiv war (ist dann in einen Orden eingetreten) hat mir mal erzählt, dass es dort u.a deshalb viele große Familien gibt, weil sie sich gegenseitig sehr viel helfen bei der Kinderbetreuung und finanziell und sich so gegenseitig auch ermutigen, auf die Vorsehung zu vertrauen und offen zu sein für noch ein Kind oder noch eins... Wie sie es mit der natürlichen Empfängnisregelung halten, habe ich sie nicht gefragt, aber ich glaube, dass sie darin kein Problem gesehen hat. Wahrscheinlich hätten grundsätzlich mehr christliche Eltern den Mut zu einer großen Familie, wenn sie mehr praktische Unterstützung hätten oder es finanziell machbar wäre. Aber da fängt es ja meistens bereits an, eng zu werden, wenn man z.B. möchte, dass den Kindern und ihrer seelischen Gesundheit zuliebe in den ersten drei Jahren einer von beiden bei den Kindern bleibt und nicht arbeiten geht. Ich habe es selbst mal für uns durchgerechnet (haben noch keine Kinder) und mehr als 2 Kinder sind einfach nicht möglich, und das ist schon wirklich knapp. Finde ich persönlich traurig, weil wir beide aus sehr kinderreichen Familien kommen und wissen, dass das wirklich sehr schön und lustig ist, so viele Geschwister zu haben und beim Abendessen z.B. 9 Teller auf den Tisch zu zu stellen, aber mehr als 2 Kinder geht leider einfach nicht, außer wir gewinnen unversehens im Lotto. Das ist dann ja auch verantwortliche Elternschaft, zu sagen, für 2 Kinder hat man vom lieben Gott die Mittel geschenkt bekommen und wenn es sein Wunsch wäre, dass man mehr Kinder großzieht, hätte er einem auch mehr Mittel dafür zur Verfügung gestellt (in dem Fall finanziell, aber es geht ja auch um emotionale/psychische/physische/soziale/familiäre usw. Möglichkeiten, die man hat). Und dann seinen Frieden damit machen. :-)
AntwortenLöschenWenn man dann Drillinge bekommt, kann man aber auch darauf vertrauen, dass der Herr schon sorgen wird, dann hat er es ja höchstpersönlich so gefügt. :)