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Samstag, 25. Mai 2024

Creative Minority Report Nr. 31

Frohe Pfingsten, Leser! Mit dem Hochfest der Ausgießung des Heiligen Geistes, auch bekannt als Geburtsfest der Kirche, hat die diesjährige Osterzeit hat ihren Abschluss gefunden und wir sind wieder in die sogenannte "Zeit im Jahreskreis" eingetreten; gleichzeitig neigt sich der Marienmonat dem Ende zu (aber danach kommt der Herz-Jesu-Monat!), und was auch nicht ganz unwichtig ist: Wir haben ungefähr die Hälfte der Zeitspanne zwischen Oster- und Sommerferien 'rum. Zu berichten gibt es aus der zurückliegenden Woche wieder jede Menge, also fange ich gleich mal damit an: 

Arcabas (d.i. Jean-Marie Pirot): Pfingsten. (Bildquelle hier)


Was bisher geschah 

An den Pfingsttagen war bei uns eine Menge los – so viel, dass es eine eigene Rubrik ("Bolle reiste jüngst zu Pfingsten") verdient. Im Übrigen erfuhr ich am Sonntag aus den Vermeldungen, dass am Donnerstag in St. Joseph Siemensstadt Gemeinderatssitzung sein sollte; ich hätte das gern schon etwas früher erfahren, bemühte mich aber redlich, mich angemessen auf die Sitzung vorzubereiten – u.a. indem ich, wie schon seit einiger Zeit geplant, ein Konzeptpapier für das Projekt "Kinder-Lobpreis-Disco" erstellte (wer sich dafür interessiert, kann es sich hier ansehen). Zunächst ging aber ja der Schul- und Arbeitsalltag wieder los; ich war also wieder viel mit dem Jüngsten unterwegs (siehe unter "Wenn der Vater mit dem Sohne"; eine Extra-Rubrik "Immer wieder mittwochs" gibt's diesmal nicht, da der Mittwoch im Vergleich zu den anderen Wochentagen diesmal nicht so herausragend war). Am Donnerstag war dann also die besagte Gemeinderatssitzung (s. unter "Die Gremienarbeit hat mich wieder..."); und heute Vormittag war wieder Wichtelgruppentreffen, worüber ich aber, wie inzwischen üblich, erst im nächsten Wochenbriefing berichten werde. Nach dem Wichtelgruppentreffen machte meine Liebste sich mit den Kindern auf zum Fest "100 Jahre S-Bahn" in Erkner... 


Was ansteht 

Die Beantwortung der spannenden Frage "Gehen wir heute Abend ins Baumhaus?" wird womöglich davon abhängen, wie lange Frau und Kinder es bei dem S-Bahn-Fest aushalten und wie die Kinder danach drauf sind, aber ich möchte eigentlich schon gern hin – schon allein, um dort weiter für das Gartenprojekt in St. Stephanus zu werben. Morgen ist Dreifaltigkeitssonntag; dazu ein Service-Hinweis: Die Kollekte ist für den Katholikentag, also gebt euer Geld lieber dem Bettler vor der Kirchentür, statt es ins Kollektenkörbchen zu werfen, oder spendet es einer frommen Vereinigung eures Vertrauens! – In St. Joseph Siemensstadt steht der KiWoGo zum Thema "Gehet hin in alle Welt" (Alternativtitel "Willkommen im Dschungel") an; ich bin sehr gespannt und werde ausführlich berichten. Nach der Messe, so jedenfalls ist der aktuelle Stand der Planung, will meine Liebste mit den Kindern zum Feenfest im Britzer Garten; am Montag ist Omatag, am Mittwoch aller Voraussicht nach wieder das übliche Montagsprogramm, am Donnerstag Fronleichnam. In den letzten Jahren haben wir die zentrale Fronleichnamsfeier des Erzbistums Berlin ja gemieden, aber dieses Jahr wollen wir wohl doch hin: Die Predigt wird der Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, P. Nikodemus Schnabel OSB, halten, und im Anschluss an die Prozession soll es eine "Begegnung mit internationalen Speisen" geben. – Am Wochenende ist Fiesta Kreutziga, und auch wenn dieses Straßenfest im vorigen Jahr nicht so toll war, hat es doch einen besonderen Platz in meinem Herzen, also werden wir vielleicht doch mal gucken, ob es dieses Jahr wieder besser ist. Besonders würde mich ja das Straßenmusiktheaterstück "Allein machen sie dich ein" interessieren, das am Freitagabend in der Kreutziger Straße aufgeführt wird. Na, schauen wir mal. 


Bolle reiste jüngst zu Pfingsten 

Wahrscheinlich weil wir kurz vor dem Schlafengehen noch über unsere Reisepläne für die Sommerferien geredet hatten, träumte ich in der Nacht zum Pfingstsonntag, wir würden die Pfingsttage in Nordenham verbringen – präziser gesagt in Einswarden. Und zwar bei einer "gestalteten" Familienfreizeit, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Väterwochenende in Zinnowitz hatte, aber für die ganze Familie war. Zum Programm dieser Familienfreizeit gehörte auch der Besuch zweier verschiedener Kirchen am Pfingstsonntag und Pfingstmontag; Kirchen, von deren Existenz ich bislang nichts wusste – was sich außerhalb des geträumten Universums dadurch erklärt, dass es sie schlicht nicht gibt, aber im Traum wunderte ich mich, dass ich sie bisher nicht gekannt hatte. Es handelte sich um zwei ihrem Aussehen nach wohl in den 1970er Jahren gebaute Kirchen, die, so reimte ich es mir zusammen, von missio oder einem ähnlichen Hilfswerk in der expliziten Absicht finanziert worden waren, mit den dort abgehaltenen Gottesdiensten Spenden für Missionsprojekte im Afrika zu generieren; dazu passend war der Innenraum der einen Kirche von Künstlern aus Mali gestaltet worden und der der anderen von Künstlern aus Äthiopien. Irgendwie spielten wohl auch unsere Überlegungen dazu, wie wir in der wirklichen Welt den Gottesdienstbesuch zu Pfingsten mit unserem sonstigen Feiertagsprogramm koordinieren wollten, in diesen Traum hinein. 

Tatsächlich gingen wir am Pfingstsonntag in St. Joseph Siemensstadt in die Messe; sie wurde zelebriert vom leitenden Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie und musikalisch mitgestaltet vom Knabenchor Hösel. Ausgesprochen bemerkenswert fand ich die Predigt, auf die ich daher in einer gesonderten Rubrik eingehen werde. Von der Kirche aus machten wir uns direkt auf den Weg ans ganz andere Ende Berlins, zum Dr.-Hans-Hess-Stadion in Mariendorf, wo unsere Kinder am Kids Survival Race teilnahmen – einem Hindernislauf, der nach Angaben der Veranstalter "nicht nur eine ausgezeichnete Form körperlicher Betätigung" darstellt, "sondern auch eine großartige Möglichkeit, Entschlossenheit zu entwickeln, eigene Grenzen zu überwinden und den Horizont zu erweitern". Unser Jüngster hatte darauf bestanden, zu diesem Event sein Spiderman-Kostüm anzuziehen, und zog damit zahlreiche Blicke auf sich; übrigens waren auch zwei der drei liebsten Schulfreundinnen unserer Großen mit von der Partie. Den Hindernislauf meisterten unsere Kinder sehr gut und hatten eine Menge Spaß dabei; nachdem sie allerdings vor lauter Vorfreude auf diese Veranstaltung schon den ganzen Vormittag extrem aufgekratzt gewesen waren, waren sie hinterher erst recht total überdreht. Auf dem Heimweg schliefen dann beide Kinder in der U-Bahn ein – der Kleine auf Mamis Schoß, die Große an meine Schulter gelehnt –, was zu einigen Komplikationen führte, als wir am Kurt-Schumacher-Platz in den Schienenersatzverkehr umsteigen mussten. 

Am Pfingstmontag standen wir eine Stunde früher auf, um in St. Stephanus Haselhorst in die Messe zu gehen, die vom örtlich zuständigen Pfarrvikar zelebriert wurde, und brachen danach zu dem schon länger geplanten Ausflug nach Beelitz zum Baumkronenpfad auf; unterwegs stießen meine Schwiegermütter und die Cousine meiner Liebsten mit ihrem Sohn zu uns. 

Man muss sagen, dass der Baumkronenpfad eine eindrucksvolle Aussicht auf die Ruinen der Beelitzer Heilstätten – und natürlich auf die Bäume rundherum – ermöglicht: 




Das Problem, jedenfalls für ein eigenbrötlerisches Dorfkind wie mich, war dabei, dass eben Pfingstmontag war und gefühlt ganz Berlin eine Landpartie machte. Das das führte dazu, dass das Zahlenverhältnis Baum zu Mensch nicht so ganz nach meinem Geschmack war, oder schlichter gesagt: Ich fand, es war zu voll, als dass die Atmosphäre des Ortes so richtig hätte wirken können. Vielleicht müsste man die Anlage mal an einem Werktag besichtigen. 

Erwähnt seien abschließend aber noch ein paar Beobachtungen aus dem Bereich "Überall hat Gott seine Leute": Auf dem Weg zurück von den luftigen Höhen des Baumkronenpfads zum festen Erdboden nahm ich angesichts der starken Auslastung des Aufzugs die Treppe; dabei kam ich an zwei Frauen um die 30 (oder vielleicht etwas älter) vorbei und schnappte auf, wie die eine zur anderen sagte: "Und wie wäre es, einfach auf Gott zu vertrauen, dass Er die Gemeinde wieder neu belebt?" Spannend, dachte ich. Damit nicht genug, saß ich in der Regionalbahn auf dem Rückweg nach Berlin neben einer Gruppe älterer Männer (älter als ich, meine ich), von denen einer anscheinend aus Bayern, jedenfalls aus Süddeutschland kam und erzählte, er habe vor, in Berlin an einer Fronleichnamsprozession teilzunehmen – und zwar nicht an der zentralen Fronleichnamsfeier des Erzbistums; einige Indizien schienen mir dafür zu sprechen, dass es sich um die Prozession des Instituts St. Philipp Neri handelte. Der Mann fügte hinzu, während eines größeren Teils seines Erwachsenenlebens sei er "praktisch Atheist gewesen". Der ihm gegenüber sitzende Mann merkte an, bei ihm sei es ähnlich gewesen; er sei evangelisch, habe aber erst mit über 50 angefangen, sich in nennenswertem Ausmaß für die Kirche zu interessieren. An das Stichwort Fronleichnam schlossen sich Diskussionen über konfessionelle Unterschiede im Eucharistie- bzw. Abendmahlsverständnis sowie zum Sakramentenverständnis insgesamt an. Soviel mal zu der verbreiteten Vorstellung, Religion, geschweige denn die christliche, sei gesamtgesellschaftlich gesehen kein relevantes Thema mehr... 


Predigtnotizen 

Die obige Bemerkung scheint mir übrigens eine durchaus passende Überleitung zur Pfingstpredigt des Pfarrers von Heilige Familie darzustellen. Wie bei diesem Priester nicht selten, begann die Predigt als detaillierte, mit allerlei Anmerkungen zum kirchen- und liturgiegeschichtlichen Kontext sowie Querverweise zu anderen Bibelstellen angereicherte Nacherzählung des biblischen Texts, in diesem Fall also der Pfingsterzählung aus der Apostelgeschichte; dabei lag das Hauptaugenmerk des Pfarrers darauf, das Selbstverständnis und den Auftrag der Kirche aus dem Pfingstereignis herzuleiten. Solide, aber nicht besonders aufregend – bis der Pfarrer nach gut acht Minuten recht unvermittelt auf die Situation der Kirche im Hier und Heute zu sprechen kam. Die Kirche, so merkte er an, werde "ja heute sehr oft kritisiert"; gleichzeitig gebe es aber auch immer wieder Leute – auch unter den "Mitgliedern der Kirche, die noch da sind" –, die "ganz genau wissen, wenn wir das und das machen, dann wird es gut". Insbesondere gelte dies für die Forderung, die Kirche müsse in Form und Inhalt ihrer Botschaft zeitgemäßer werden: "Seit Jahrzehnten", so betonte der Pfarrer, habe die Kirche "versucht, sich zu modernisieren"; aber zumindest "in unseren Breiten" habe das offenkundig "nicht geholfen": "Hunderttausende treten aus", übrigens auch aus den evangelischen Landeskirchen, in denen ja vieles von dem, was in der innerkatholischen Debatte als notwendige Reform gehandelt wird, längst verwirklicht ist. – Laufen der Kirche also tatsächlich deshalb die Leute weg, "weil wir nicht so modern sind"? "Ich weiß, viele von Ihnen sagen mir das ins Gesicht: Wir müssen noch poppiger werden", merkte der Pfarrer an – schloss daran aber sogleich die Prognose an: "Da kommt keiner." Mehr Erfolg hätten derweil ganz andere Ansätze: 

"Junge Menschen ziehen an diesem Wochenende nach Chartres; das sind 20.000, und die lieben lateinische Gebete und keine Gitarrenmessen. Die Priesterseminare, die heute voll sind, da betet man lateinisch. Ist Ihnen das bewusst? Unsere Seminare sind leer! Wir haben einen einzigen, den wir nächste Woche weihen, in diesem Bistum. Warum? Weil der Heilige Geist nicht mehr wirkt? Quatsch. Der Heilige Geist wirkt immer und hat immer gewirkt. Aber es gibt auch Widerstände." 

An diesem Punkt mochte man den Eindruck haben, die Kernbotschaft der Predigt laute "Mehr Traditionalismus wagen!"; aber tatsächlich ging es in der zweiten Hälfte der insgesamt rund zwanzigminütigen Predigt noch um ganz andere Aspekte der Frage, wie die Kirche sich angesichts der Herausforderungen der Gegenwart verhalten solle. Ich will mich hier mal nur auf einige wenige der angesprochenen Punkte konzentrieren. So führte der Pfarrer aus, nach der ungeheuren Aufbruchstimmung, die die Anfänge der Kirche geprägt habe, habe die Kirche sich im Laufe der Jahrhunderte "verfestigt", sei "ein Teil der Gesellschaft" geworden; Gleichwohl gebe es "immer wieder Stationen, wo wir merken: Nein – wir müssen auch gegen diese Welt etwas sagen". Der Weltauftrag der Kirche verwirkliche sich zuweilen eben auch darin, da Nein zu sagen, wo alle anderen Ja sagen. Als Beispiel nannte er die Forderung nach Freigabe der Abtreibung: Dies könne "die katholische Kirche niemals zulassen. In Fragen der Moral wird sie niemals – es sei denn, sie gibt sich auf – dem Zeitgeist entsprechen." Dabei verhehlte er nicht, dass diese Haltung der Kirche Schwierigkeiten bereiten werde; aber das sei historisch gesehen ja nichts Neues. 

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt: "Am Anfang der Kirche haben wir noch keine Kirchengebäude gehabt"; heute hingegen könne man vielfach den Eindruck haben, es sei "unsere einzige Sorge", alle Kirchengebäude zu erhalten. Der Pfarrer räumte ein, die Sorge der Kirche um den Erhalt ihrer Gebäude sei nicht zu trennen von der Sorge darum, in der Gesellschaft präsent und sichtbar zu sein: "Man sieht den Glauben nicht mehr, wenn wir die Gebäude nicht mehr haben." Aber: "Wenn wir den Glauben nicht mehr haben, brauchen wir auch die Gebäude nicht mehr." – Und schließlich:

"Die Kirche hört auf den Heiligen Geist. Er hat sie geführt, und ohne diesen Geist gäbe es sie gar nicht mehr. Da war so viel Widerstand, da war so viel Sünde, so viel Boshaftigkeit auch in der Kirche, dass man eigentlich sagen müsste, sie hätte schon gleich am Anfang untergehen müssen." 

Ich will nicht leugnen, dass sich bei mir an dem einen oder anderen Punkt der Predigt Widerspruch regte. Zum Beispiel war mir die Polemik gegen "Gitarrenmessen" zu plakativ: Ich wüsste nicht, wieso Messen mit Gitarre nicht ebenso feierlich, würdevoll und rechtgläubig sollten sein können wie solche mit Orgel. Andere Hörer werden an anderen Stellen Kritikpunkte haben. Aber das finde ich überhaupt nicht schlimm – eher im Gegenteil: Ich bin geneigt zu sagen, es macht gerade die Stärke dieser Predigt aus, dass sie zum Widerspruch reizt. 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Wegen Pfingsten fing die Schul- und Arbeitswoche erst am Dienstag an; nach dem aufregenden Wochenende ließ ich die Kinder erst einmal ausschlafen, dann brachten der Jüngste und ich gemeinsam das Tochterkind zur Schule und gingen danach erst einmal für rund eine Stunde in Tegel auf den Spielplatz. Anschließend wollte der Knabe Roller fahren, also machten wir einen kurzen Boxenstopp zu Hause, damit der Junge sein Fahrzeug holen konnte. Bei der Gelegenheit packte ich auch meine mobile Lautsprecherbox ein, die wir über Pfingsten zu Hause gelassen hatten ("Boxenstopp", hihi – no pun intended, oder vielleicht doch). Das erwies sich als gute Entscheidung, denn es dauerte dann gar nicht mehr lange, bis mein Jüngster den Wunsch nach etwas "Beten mit Musik" äußerte. Wir steuerten also St. Joseph Tegel an – und unmittelbar bevor wir die Kirche betraten, kam der Pfarrer auf dem Fahrrad an uns vorbei. Er machte allerdings keine Anstalten, in die Kirche hineinzugehen, also sagte ich mir, er habe wahrscheinlich etwas in der benachbarten KiTa zu tun. Trotzdem wartete ich vorsichtshalber ein paar Minuten, ehe ich mit der Lobpreisandacht begann. Ein Teil von mir fand zwar, wenn jetzt der Pfarrer hereinkäme, wäre das ja die perfekte Gelegenheit, mit meinen vollmundigen Vorsätzen zum Thema "Ich lasse mir das Lobpreisen nicht verbieten" Ernst zu machen, und vielleicht wolle Gott ja genau das von mir; ein anderer Teil von mir wollte einer Konfrontation aber doch lieber aus dem Weg gehen. – Endlich ließ ich es aber doch darauf ankommen, und wir hielten eine schöne feierliche Andacht mit pfingstlichen Lobpreisliedern ("Sei willkommen hier" von Anton Svoboda feat. Joy Fackler, "Geist des Vaters" vom Album "Feiert Jesus! Vol. 10" und "Wie ein Brausen des Himmels" vom Gebetshaus Augsburg feat. Veronika Lohmer), den Psalmen aus der Sext vom Tag und den Bitten aus den Laudes vom Tag zuzüglich einiger freier Fürbitten. Da der Jüngste sich beharrlich "Volle Kanne, Badewanne" wünschte – Also "Absoluto guto (Meinem Gott vertrau ich gern)" von Mike Müllerbauer –, beschloss ich, dieses Lied zum Abschluss zu spielen, als Zugabe gewissermaßen; und ausgerechnet da öffnete sich die Sakristeitür, und der Pfarrer kam herein. Da ich ihn nicht einfach ignorieren wollte, hielt ich die Musik kurz an – und erlebte eine Überraschung, denn der Pfarrer sagte in durchaus freundlichem Ton "Machen Sie ruhig weiter, das ist schon in Ordnung." Er ging dann in den Vorraum der Kirche, offenbar um dort Plakate aufzuhängen und/oder abzunehmen; daher trafen wir ihn auf dem Weg nach draußen nochmal, und wieder richtete er einige recht nette Worte an uns. Tja, man wundert sich manchmal. Aber schließlich hatte ich noch kurz zuvor in dem freien Fürbitten ausdrücklich auch für ihn und seinen Dienst in dieser Gemeinde gebetet... (Zum Abendessen kochte ich, inspiriert durch den Müllerbauer-Song, Bratkartoffelsuperpfanne.) 

Mittwoch, der 22. Mai, war der Gedenktag der Hl. Rita von Cascia, die ja die Patronin eines der Kirchenstandorte der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd ist; die Gemeinde von St. Rita feiert ihr Patrozinium zwar aus pragmatischen Gründen erst am heutigen Samstag, aber dafür wurde der Tagesheiligen in der Werktagsmesse in Heiligensee gedacht. Zelebriert wurde die Messe vom Pfarrvikar vom Orden der Afrikamissionare, dem ich nach allerlei Hin-und-her-Überlegen den Spitznamen "Pater Brody" zu verpassen beschlossen habe, benannt nach einer Figur aus der Kinderserie "Top Wing". Die Insel Paradiso ist ein cooler Ort; ist man einmal dort, will man nie mehr fort. Aber zurück zum Thema. Pater Brody gestand, er habe erst am Tag zuvor "zum ersten Mal" etwas über diese Heilige gelesen, und zwar hauptsächlich deshalb, weil er wissen wollte, was es mit der in den Vermeldungen der Pfarrei erwähnten Segnung von "Rita-Rosen" auf sich habe. Die kurze Predigt (knapp vier Minuten), die er aus Anlass ihres Gedenktags hielt, ließ erkennen, dass er sich über Nacht noch nicht so richtig darüber klar geworden war, was er von dieser Heiligen halten sollte. So hob er hervor, die Hl. Rita sei mit einem gewalttätigen Mann verheiratet gewesen, und merkte an, es sei doch fragwürdig, inwieweit die Tatsache, dass sie bei diesem ausgeharrt habe, aus heutiger Sicht noch als vorbildlich angesehen werden könne. Nun, sagen wir so: Natürlich wäre es aus seelsorgerischer Sicht mehr als problematisch, einem Opfer häuslicher Gewalt zu suggerieren "Das musst du aushalten, dann wirst du heilig". Gleichzeitig ist es aber nicht von der Hand zu weisen, dass Geduld im Ertragen von Leiden eine in der katholischen Heiligenverehrung durchaus hochgeschätzte Tugend ist. Dieser komplexen Problematik im Rahmen eines nicht ganz vier Minuten langen Predigtimpulses gerecht zu werden, kann man nun wirklich von niemandem verlangen; aber wäre es dann nicht vielleicht klüger, sich gar nicht erst auf dieses dünne Eis zu begeben? 

Im Anschluss an die Messe gab es diesmal wieder Frühstück, und ich fand es wirklich auffällig, wie sehr die Kerngemeinde meinen Sohn inzwischen ins Herz geschlossen hat. Sogar die Frau, die sich mal bei Pater Mephisto über uns beschwert hat; fast bin ich geneigt zu sagen: besonders diese. Auch Pater Brody zeigte sich wieder einmal sehr erfreut über die Anwesenheit des Knaben, setzte sich beim Frühstück neben ihn und plauderte angeregt mit ihm. 

Nachmittags beim JAM gab es, so lange es nicht regnete, erst mal wieder freies Spiel im Garten, dann ging ich mit beiden Kindern in den Gottesdienstraum zum Lobpreis, während meine Liebste zum Elterncafé ging. (Sie erzählte mir hinterher, im Elterncafé sei es diesmal um das Thema "Buße" gegangen, und sie habe aus katholischer Perspektive einiges zur Diskussion beitragen können; so habe sie am Beispiel des Zöllners Zachäus – vgl. Lk 19,1-10 – die Bedeutung von Werken der Buße als Ausdruck und Konsequenz der Umkehr aufgezeigt.) Bei der Kinderkatechese ging es diesmal um die Rede des Paulus auf dem Areopag; dazu wurden die Kinder, wie es meistens der Fall ist, nach Altersgruppen aufgeteilt (eine Gruppe für Kinder bis 5 Jahre, eine für die älteren), allerdings bestand mein Jüngster diesmal darauf, dass ich bei ihm blieb, also ging ich mit der Gruppe der "Kleinen" nach oben (wo die Katechese wieder einmal von der älteren Dame geleitet wurde, von deren Eignung für diese Aufgabe ich nicht so recht überzeugt bin; diesmal gab's aber nichts Besonderes zu bemängeln), während das Tochterkind bei der Gruppe der "Großen" blieb. Danach zu urteilen, was sie mir hinterher erzählte, unterschied sich die Gestaltung der Katechese in den beiden Gruppen gar nicht so sehr, es wurde sogar dasselbe Bildmaterial zur Visualisierung verwendet. 

Ein schönes Erlebnis hatten mein Jüngster und ich auch am Donnerstag gegen Mittag: Einer der beiden Rockabilly-Brüder, die am Samstag nach Ostern beim Gorkistraßenfest gespielt hatten – nämlich der Sänger und Gitarrist – trat am selben Ort solo auf; als wir auf ihn aufmerksam wurden, stimmte er gerade seine Gitarre nach oder so etwas, und ich fragte meinen Sohn, ob wir ein bisschen stehen bleiben und uns anhören sollten, was er als nächstes spielen würde. Der Junior bejahte, und als der Musiker daraufhin "Don't Be Cruel" anstimmte, legten wir dazu eine flotte Sohle aufs Pflaster der Fußgängerzone. Der Musiker lobte unseren Tanz, fragte "Wollt ihr noch was, wozu ihr so richtig abtanzen könnt?" und spielte als nächstes "Tutti frutti" und dann – passend zu den neuen Schuhen des Knaben, die blau, wenn auch nicht aus Wildleder waren – "Blue Suede Shoes". Wir tanzten weiter, und währenddessen scharten sich mehr und mehr Menschen um uns und den Musiker – der sich schließlich bei uns bedankte. – "Beten mit Musik" wollte der Junior danach eigentlich auch noch, schlief aber auf dem Weg zur Kirche St. Joseph Tegel im Kinderwagen ein. 


Die Gremienarbeit hat mich wieder... 

Dass die Aussicht, an einer kirchlichen Gemeinderatssitzung teilzunehmen, bei mir keine ungetrübte Vorfreude auslöste, wird wohl niemanden sonderlich überraschen: Nicht nur habe ich selbst ausgesprochen frustrierende Erfahrungen mit Gremienarbeit in Pfarreien gemacht und habe prinzipiell erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit der gesamten kirchlichen Gremienstruktur, sondern ich kenne auch praktisch niemanden, der das grundsätzlich anders sähe. Nicht hinzugehen, war aber keine Option; schließlich galt es, das Thema "Garten-AG St. Stephanus" in den Köpfen der tonangebenden Leute präsent zu halten. Und darüber hinaus fand ich, wenn ich schon mal da wäre, könnte ich auch gleich das Projekt "Kinder-Lobpreis-Disco" ins Gespräch bringen. 

Etwas unglücklich war es natürlich, dass ich von dem Termin für diese Sitzung erst erfuhr, als die Tagesordnung bereits feststand; aber es ist ja nun nicht so, als könnte man irgendwem einen Vorwurf daraus machen, dass ich, als Nichtmitglied dieses erlauchten Gremiums, nicht früher über den Termin informiert worden war. Wünschen hätte man sich vielleicht können, dass es jemand anderem rechtzeitig eingefallen wäre, den Garten von St. Stephanus als Thema auf die Tagesordnung zu setzen, aber nun gut: So kam es also unter "Verschiedenes" dran, auch nicht schlimm. 

Zu den Themen, die auf der Tagesordnung standen, gehörten der Beitrag der Gemeinde St. Joseph/St. Stephanus zur Spandauer Fronleichnamsfeier, die zurückliegenden und bevorstehenden Erstkommunion- und Firmkurse und das Sommerfest in St. Stephanus nach den Ferien. Insgesamt empfand ich die Atmosphäre bei der Sitzung als durchaus produktiv, konzentriert und von gutem Willen geprägt, jedenfalls sehr viel mehr, als ich das aus gewissen anderen Gremiensitzungen gewohnt war. Insbesondere fand ich es ermutigend, dass im Gemeinderat das Bewusstsein dafür ausgesprochen präsent zu sein scheint, dass man in der Kinder- und Jugendpastoral mehr dafür tun muss, um zwischen Erstkommunion und Firmung und dann erst recht nach der Firmung nicht den Kontakt zur Jugend zu verlieren. Übrigens nahm neben dem für die Gemeinde St. Joseph/St. Stephanus zuständigen Pfarrvikar auch der leitende Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie an der Sitzung teil – als Gast, der aber naturgemäß zu den meisten der besprochenen Themen etwas beizutragen hatte. 

Unter "Verschiedenes" stellte ich dann zunächst den aktuellen Stand des Gartenprojekts und dann die Projektidee "Kinder-Lobpreis-Disco" vor; zum letzteren Thema tanzte ich zur Erheiterung der Anwesenden sogar etwas vor, nämlich eine einfache Choreographie zu "Vor mir, hinter mir" von Mike Müllerbauer. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass meine Vorschläge und Anregungen – sowohl zum Thema "Permakultur im Pfarrgarten" als auch zur Kinder-Lobpreis-Disco – mit Interesse, Wertschätzung und Wohlwollen aufgenommen wurden, auch und nicht zuletzt vom Pfarrer, was ja nicht unwichtig ist. – Natürlich gab es zu beiden Themen auch Einwände und Bedenken. Ich möchte betonen, dass das nicht unbedingt etwas Schlechtes ist. Wenn man jemand ist, der oft und gern Ideen hat, dann kann es durchaus hilfreich und nützlich sein, auf Leute zu stoßen, die Einwände und Bedenken haben; es kann dabei helfen, die eigene Vision genauer zu durchdenken, sie auf Schwachstellen zu überprüfen, Hindernisse und Schwierigkeiten zu identifizieren, die man zuvor womöglich nicht gesehen hat. Es gibt indes auch eine Sorte von Einwänden und Bedenken, die aus einer Haltung kommen, die ich mal versuchsweise als "vorauseilende Frustration" bezeichnen möchte: Man ist so fixiert auf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs, dass man es lieber gar nicht erst versuchen möchte. Und dann gibt es noch diejenigen Einwände und Bedenken, die sich aus einer generellen Skepsis gegenüber neuen Ideen speisen. Von beidem war, meiner Wahrnehmung zufolge, auch die Diskussion in dieser Gemeinderatssitzung in St. Joseph nicht ganz frei, aber das war erheblich weniger stark ausgeprägt, als ich es von woanders gewohnt bin. Ein klares Ja habe ich aus den Reaktionen auf meine Vorschläge zwar nicht herausgehört, aber auch das ist ja einigermaßen typisch für diese Art von Gremiensitzungen: Beschlossen wird da kaum mal etwas, in erster Linie geht es darum, mal drüber geredet zu haben. Wie es nun konkret mit beiden Projekten weitergeht, muss man sehen; ich bin jedenfalls entschieden gewillt, dranbleiben... 

Die Teilnahme an der Sitzung lohnte sich auch insofern, als es anschließend etwas zu essen gab. Das ist aber wohl nicht immer so...


Geistlicher Impuls der Woche 

Herr Jesus Christus, wir danken Dir, weil Du bei der Hochzeit in Kana das Wasser in Wein verwandelt hast. Wandle unsere Trauer im Freude und führe uns zur himmlischen Hochzeit. 

Herr Jesus Christus, wir danken Dir, weil Du vor Deinem Leiden mit Deinen Jüngern das Abendmahl gehalten hast, um Dich selbst ihnen zur Speise und zum Trank zu geben. Gib uns, Dich so zu empfangen, dass wir mit Dir ewig leben dürfen. 

(aus einem Gebet des Hl. Hermann Josef von Steinfeld


Ohrwurm der Woche 

Norman Greenbaum: Spirit in the Sky 

Tja, was soll man machen. Normalerweise bringe ich hier nach hohen christlichen Feiertagen gern thematisch passende Lobpreislieder, aber mein Lieblings-Lobpreislied mit pfingstlicher Thematik, "Sei willkommen hier" von Anton Svoboda feat. Joy Fackler, habe ich schon letztes Jahr an dieser Stelle gebracht, und die anderen Pfingst-Lobpreislieder, die ich kenne und gut finde (Beispiele s. oben unter "Wenn der Vater mit dem Sohne"), haben, wie ich finde, einfach nicht so ganz dieselbe Ohrwurmqualität. (Wozu ich anmerken möchte, dass ich es eigentlich erstaunlich finde, wie wenige explizit zum Thema Pfingsten passende Lobpreislieder ich kenne – wenn man bedenkt, dass die Charismatische Bewegung auch als "Pfingstbewegung" bekannt ist...) 

Zeitweilig habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, das Lied "Feuer" vom unvermeidlichen Peter Janssens zum Ohrwurm der Woche zu ernennen – was durchaus interessant hätte werden können, da die Platte, auf dem es 1970 erschien, ohne Übertreibung ein Meilenstein der NGL-Bewegung war und das Lied zudem auf YouTube mit einem zeitgeschichtlich interessanten Video versehen worden ist; aber auch dieses Video hatte ich auf meinem Blog schon mal verlinkt, wenn auch lange bevor es die Rubrik "Ohrwurm der Woche" gab, nämlich in einem Beitrag zum Evangelischen Kirchentag 2017. (Nicht so richtig erklären kann ich mir, warum das Vorschaubild des YouTube-Videos das Cover von John Lennons erstem Soloalbum "John Lennon/Plastic Ono Band" zeigt.) 

Stattdessen gibt's hier also ein Stück, das gewissermaßen nur so tut, als hätte es eine religiöse Message. Ich warte eigentlich schon lange darauf, dass mein bevorzugter YouTube-Popmusikkritiker Todd in the Shadows sich Norman Greenbaums "Spirit in the Sky" mal in seiner Reihe "One Hit Wonderland" vorknöpft, denn dieser Song dürfte wohl eins der größten One-Hit-Wonders der Popmusikgeschichte sein. Der Sänger und Songschreiber Greenbaum komponierte und textete "Spirit in the Sky" innerhalb von 15 Minuten, nachdem er im Fernsehen einen Gospelsong gehört und gedacht hatte "Sowas kann ich auch"; der eigentliche Schlüssel zum Erfolg lag aber darin, die Gospel-inspirierte Songstruktur mit Psychedelic-Rock-Sound zu kombinieren – was im Jahr 1970 einfach den Nerv der Zeit traf. Dabei hatte Greenbaum, der aus einer Familie orthodoxer Juden stammt, mit der etwa gleichzeitig aufgekommenen Jesus-People-Bewegung eigentlich gar nichts zu tun; somit braucht man sich über einige theologisch fragwürdige Passagen im Text (besonders auffällig: "Never been a sinner, I never sin") nicht groß zu wundern. 


3 Kommentare:

  1. Ja, hl. Messen mit Gitarrenmusik können auch schön und würdig gefeiert werden. Das war bei den Pfingstwochenenden, die von der Lorettogemeinschaft ausgehend an vielen Orten in Deutschland gefeiert wurden, deutlich erkennbar. Lobpreisband (und zwar richtig gut), Text mit Beamer an der Wand zu lesen usw... aber der würdigen Feier der Liturgie hat all das in keiner Weise geschadet. Es hat wirklich die Herzen zu Gott erhoben und man hat gemerkt, dass die Musik kein Selbstzweck ist und nicht der Unterhaltung dient, sondern Gebet ist, das von Herzen kommt. Ich persönlich finde es wundervoll, dass in der Kirche jeder, der aufrichtig beten möchte, seine Form, seinen Stil findet, der ihm dabei am besten hilft. Das macht mich froh. :-)

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  2. Diasporakatholik27. Mai 2024 um 06:40

    Bekanntlich bin ich zwar ein grottenschlechter Sänger und mache mir eher weniger aus Musik im Gottesdienst - ich bete dann halt leise brummen oder gänzlich innerlich aufmerksam die Liedtexte mit - wenn sie denn gut sind und etwas taugen.
    Beim sog. neuen geistlichen Lied der 60er bis 80er Jahre ist das nur vereinzelt meiner Meinung nach der Fall.
    Auch mag ich keine Bands, die sich noch dazu vorne im Altarraum selbst produzieren - im Extremfall noch mit Leadsänger(in)....
    Aber eine ältere Gemeindereferentin, die bei uns in einer von ihr geleiteten Wortgottesfeier mit ihrer Gitarre das Gott lobpreisende Lied "Der mich atmen lässt, bist du lebendiger Gott" begleitete, schätzte ich doch sehr.

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    1. Es kommt bestimmt auf den jeweiligen Fall an. In diesem Fall war es nicht im Altarraum, sondern unauffällig an der Seite und die Lieder waren sowohl vom Alter als auch vom Stil her ganz und gar nicht NGL, sondern viel neuer und ähm... schöner. Irgendwann müsste man NGL mal in AlteGL umbenennen, um Verwechslungen zu vermeiden.

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