Es ist wieder Wochenbriefing-Zeit, Freunde; und diesmal hatte ich einige Mühe, termingerecht damit fertig zu werden– was nicht daran lag, dass in dieser Woche so viel los gewesen wäre. Tatsächlich steht, wie ich gleich schon mal vorausschicken will, dieses Wochenbriefing so sehr im Zeichen des Gebetstags "eins in Christus", dass für andere Themen kaum noch Platz sein wird. Ich denke aber, dass dieses Thema "in sich" vielseitig genug ist, dass es trotzdem nicht langweilig werden wird. Nächstes Mal kommen dann aber wieder andere und mehr verschiedene Themen dran, versprochen...!
Was bisher geschah
Okay, am vergangenen Samstag war also dieses besagte Gebets-Event; und sonst so? – Am Sonntag gingen wir, wie meistens, in St. Joseph Siemensstadt zur Messe; von Sonntag auf Montag übernachtete unsere Große bei einem Freund, dessen Mutter sie dann am Morgen auch zur Schule brachte, und von Dienstag auf Mittwoch übernachtete dann eine der Schulfreundinnen des Tochterkindes bei uns. Beides war für uns eine Premiere, aber es klappte alles gut. Ich muss sagen, dass mich insbesondere der Gedanke an die Übernachtung eines anderen Kindes bei uns im Vorfeld einigermaßen gestresst hatte: Schließlich muss ich mich am Morgen, während meine Liebste bereits bei der Arbeit ist, alleinverantwortlich darum kümmern, dass die Kinder sich anziehen, frühstücken und wir uns rechtzeitig auf den Schulweg machen; mit meinen eigenen Kindern habe ich da inzwischen eine gewisse Routine, aber ein zusätzliches fremdes Kind bringt da doch ein erhebliches Maß an Unberechenbarkeit hinein. Tatsächlich kann ich aber sagen, dass es nicht halb so schwierig war, wie ich es mir vorgestellt hatte. – Heute vormittag hätte theoretisch ein Stammestreffen der Katholischen Pfadfinder Haselhorst sein sollen, und ich hatte, wie schon mal erwähnt, erwogen, da kurzerhand ein Wichtelgruppentreffen "dranzuhängen"; meine Teamkolleginnen (und damit auch deren Kinder) konnten am diesem Termin allerdings nicht, und während ich noch überlegte, ob ich mit meinen Kindern, wenigstens mit der Großen, trotzdem hingehen und gegebenenfalls bei den Wölflingen mitmachen sollte, wurde aus davon unabhängigen Gründen das ganze Stammestreffen abgesagt. Das nächste soll nach den Winterferien sein...
Was ansteht
Ob ich es heute Abend ins Baumhaus schaffe, ist, während ich diese Zeilen schreibe, noch nicht ganz sicher, aber ich möchte eigentlich schon gern. Am morgigen Sonntag hätte in St. Stephanus Haselhorst wieder einmal Familientag sein sollen, aber wie ich hörte, wurde der kurzfristig abgesagt; immerhin soll es nach der Messe einen Familienbrunch geben, aber ob das für uns ein hinreichender Grund ist, dort zur Messe zu gehen statt in St. Joseph Siemensstadt, ist auch noch nicht ganz raus. Im Übrigen habe ich eine Deadline für einen neuen Tagespost-Beitrag einzuhalten, der am Donnerstag erscheinen soll; um was für einen Beitrag es sich dabei handelt, wird aber noch nicht verraten. Sodann liegt die letzte Schul- und Arbeitswoche vor den Winterferien vor uns; für meine Liebste beinhaltet diese Arbeitswoche eine Dienstberatung und einen Tag der Offenen Tür, was beides einen erheblich späteren Feierabend als an normalen Arbeitstagen bedingt; und an einem dieser Tage hat das Tochterkind infolge einer Mitarbeiter-Fortbildung schulfrei. Da werde ich mir was einfallen lassen müssen, um die Kinder zu beschäftigen; vielleicht gehe ich mit ihnen in den Tierpark. (Hoffentlich ist gutes Wetter!) Weiter steht noch nichts Besonderes im Terminkalender...
Der vom Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg, der Evangelischen Allianz, dem ökumenischen Netzwerk Gemeinsam für Berlin und weiteren Initiativen ausgerichtete Gebetstag "eins für Christus" fand, wie im Laufe des Tages immer mal wieder betont wurde, heuer bereits zum 7. Mal statt; da könnte man nun sagen: Eigentlich komisch, dass wir bisher nie etwas davon mitgekriegt haben. Vor einigen Jahren – genauer gesagt: im Oktober 2019 – waren wir mal bei einem Gebets-Event namens "einklang", das damals in der "Gemeinde auf dem Weg" in Tegel, nicht allzu weit von unserer Wohnung, stattfand und das aussah und sich anfühlte wie eine Miniaturausgabe der MEHR, einschließlich der Tatsache, dass man Johannes Hartl als Hauptredner engagiert hatte. Nun hatte ich zwischenzeitlich die Vorstellung, bei "eins in Christus" könne es sich um eine Art Fortsetzung von "einklang" unter leicht geändertem Namen handeln, aber trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten oder Ähnlichkeiten – auf die ich im Folgenden zum Teil eingehen werde und zum Teil nicht – war es doch ersichtlich nicht dasselbe Veranstaltungsformat; das käme ja auch schon chronologisch kaum hin, wenn man nicht annehmen wollte, dass dieses Event in nur 4¼ Jahren siebenmal stattgefunden hätte, und das trotz Corona.
Aber mal von vorne: Ort des Geschehens war diesmal die "Equippers"-Gemeinde in Hohenschönhausen; den Namen fand ich persönlich ja eher abschreckend, aber nun gut. Wir fuhren mit der S-Bahn bis Landsberger Allee und dann mit der Tram weiter; in der Tram entnahm ich den Gesprächen einiger Mitreisender, dass sie dasselbe Ziel hatten wie wir, aber an der Zielhaltestelle stieg dann eine unerwartet große Zahl von Leuten aus, die offenbar alle zu diesem Event wollten. Da kam schon ein bisschen MEHR-Feeling auf.
Die Sprayer waren etwas voreilig: Tatsächlich war Lenins 100. Todestag erst einen Tag später. |
So, bin ich das? |
Interessant war auch die Besucherstatistik im Eingangsbereich:
Man kann vielleicht sagen, dass das nur eine Momentaufnahme war, aber dass es sich bei der großen Mehrheit der Teilnehmer um Mitglieder von Freikirchen handelte, ist wohl doch recht aussagekräftig. Auffällig ist auch, dass an zweiter Stelle, mit deutlichem Abstand in beide Richtungen, die evangelische Landeskirche folgte. Was die Beteiligung von Katholiken angeht, muss ich anmerken, dass, soweit ich es mitbekommen (bzw. eben gerade nicht mitbekommen) habe, in katholischen Gemeinden kaum für diese Veranstaltung geworben worden war. Wir hatten bezeichnenderweise nur durch einen Flyer, der im Foyer der EFG The Rock Christuskirche auslag, davon erfahren.
Eröffnet wurde die Veranstaltung im großen Saal des "Equippers"-Gemeindezentrums; ich würde mal schätzen, dass es da gut 300 Sitzplätze gab, und die waren nicht ganz voll besetzt. Überrascht war ich vom Alter des Publikums: Ich möchte behaupten, die Mehrheit der Anwesenden war älter als ich, zu einem signifikanten Teil erheblich älter. Das ist zwar bei kirchlichen Veranstaltungen insgesamt kein ungewohnter Anblick, aber hier hätte ich das nicht erwartet. – Moderiert wurde die Eröffnung von einem katholischen Priester, Pfarrer Ulrich Kotzur, und einer Frau, von der ich nicht mitbekommen habe, ob sie irgendwie vorgestellt wurde oder sich selbst vorstellte, die aber, wie ich fand, den Charme einer Teleshopping-Moderatorin aus den Nuller Jahren ausstrahlte. Unangenehm fiel mir an ihr nicht zuletzt der Gebrauch der sogenannten "Gender-Pause" beim Sprechen auf, und ihre Ansprache zur Kollekte fand ich derart bizarr, dass ich bedaure, sie nicht aufgezeichnet zu haben; sie aus dem Gedächtnis zu zitieren, fühle ich mich nämlich nicht in der Lage. Ersatzweise verweise ich auf das Video zu "Jesus He Knows Me" von Genesis, das vermittelt einen halbwegs stimmigen Eindruck. – Aber nochmals zurück zu Uli Kotzur: Der hatte schon anno 2019 das "einklang"-Event moderiert, damals war er Diözesanjugendseelsorger, seit Anfang 2022 leitet er die Pfarrei Heilige Drei Könige in Nord-Neukölln. Meine Liebste und ich kannten ihn schon lange – u.a. vom Nightfever her –, hatten ihn aber schon eine Weile nicht mehr gesehen; als wir ihm nach der Eröffnung über den Weg liefen, freute er sich sichtlich über das Wiedersehen und staunte, wie groß unsere Kinder geworden sind.
Leser, die sich erinnern, wie ich in meinem Wochenbriefing von vor zwei Wochen über den Neujahrsempfang der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland hergezogen bin – und besonders solche, die meine Kritik nicht nachvollziehen konnten – werden es als Ironie des Schicksals empfinden, dass zur Eröffnung des Gebetstags unter anderem ein Grußwort des Bezirksbürgermeisters von Lichtenberg gehörte; ich selbst empfand es auch so. Man muss allerdings dazu sagen, dass der erst im vergangenen Jahr zum Bezirksbürgermeister von Lichtenberg gewählte Martin Schaefer (CDU), bevor er "in die Politik ging", evangelisch-freikirchlicher Pastor war und daher keine Schwierigkeiten hatte, in seiner Ansprache einen Ton zu treffen, der zu diesee Veranstaltung passte. Zugespitzt könnte man sogar sagen, seine Äußerungen zur Kommunalpolitik in Berlin-Lichtenberg wirkten stärker vom Glauben an Jesus Christus durchdrungen als das, was der Pfarreiratsvorsitzende der Pfarrei Heilige Familie über den "Pastoralen Prozess Wo Glauben Raum gewinnt" gesagt hatte. – Gleichwohl denke ich, wenn ich so gern über die Staatsnähe der Großkirchen meckere, wäre es nur recht und billig, auch mal das eigentümliche Verhältnis zu Staat und Nation unter die Lupe zu nehmen, das man in evangelikalen und charismatischen Kreisen zuweilen antrifft; das kann ich im Rahmen dieses Wochenbriefings allerdings nicht leisten, hoffen wir also, dass ich in absehbarer Zeit Gelegenheit finde, darauf zurückzukommen.
Suchet der Stadt Bestes! |
Als biblische Lesung gab's das Gleichnis von Barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37); eine Art Predigt (die allerdings nicht so genannt wurde, vielleicht weil die anwesenden Freikirchler unter einer Predigt etwas zu verstehen gewohnt waren, was eine Stunde oder länger dauert) steuerte der griechisch-orthodoxe Bischof Emmanuel Sfiatkos bei, der ungefähr in meinem Alter ist und ziemlich sympathisch 'rüberkam. Zum Inhalt seiner Ausführungen kann ich indes nichts sagen, da davon absolut nichts bei mir hängen geblieben ist.
Zwischen den Wortbeiträgen gab's ein bisschen Lobpreis, dargeboten von der Band der gastgebenden Gemeinde; tatsächlich war die Bezeichnung "Band" ein bisschen hoch gegriffen, es handelte sich um einen Gitarristen, der auch sang, und eine weitere Sängerin. Was mich an und für sich nicht gestört hätte: Natürlich kann man auch mit nichts als Gesang und akustischer Gitarre Lobpreis machen. Umso irritierender fand ich es, dass die Musiker es für nötig hielten, die Lobpreis-Atmo durch Halbplayback aufzumotzen, sprich: durch aus dem Off eingespielte Sphärenklänge. ("Svea-Klänge", nannten wir das in der Schülerband, in der ich vor rund 30 Jahren gespielt habe – nach einer Mitschülerin, die wir doof fanden. Ihr damaliger Freund besaß ein aus unserer Sicht obszön teures Yamaha-Keyboard, das jede Menge solcher silbrig glitzernden Sounds hatte, daher... also, wir fanden das jedenfalls witzig.) – Davon abgesehen hatte ich über die Performance dieses Lobpreis-Duos jedoch nichts zu meckern; mindestens ein Lied – "Ich will dich anbeten" ("Here I Am to Worship") – konnte man wohl als allgemein bekannt voraussetzen.
Der Hauptteil der Veranstaltung bestand aus drei etwa halbstündigen Workshop-Blöcken, in denen unterschiedliche christliche Konfessionen, Gemeinden oder Initiativen in den einzelnen Räumen des Gemeindezentrums entweder verschiedene Gebetsformen vorstellten (z.B.: "Beten im Geist", "Herzens-Gebet", "kreatives Gebet", "Tanz", "altkirchliche Lichtvesper") oder zu bestimmten oder Anlässen beteten – von denen die meisten, oder jedenfalls auffallend viele, mehr oder weniger politisch ausgerichtet waren: Gebet für die Ukraine, für Geflüchtete, für obdachlose Menschen, für Betroffene von Prostitution und Menschenhandel... ein Workshop nannte sich sogar direkt "Politisches Gebet", was angesichts der anderen genannten Themen wohl kaum ein Alleinstellungsmerkmal war.
Ein weiteres Angebot nannte sich "Gebet mit Grundschulkindern", und da wir ja ein solches in unserer Familie haben, dachten wir uns, gehen wir da mal zuerst hin. Wie sich zeigte, war der Name dieses Angebots jedoch eher eine Mogelpackung: Es handelte sich eher um ein Kinderbetreuungs-Angebot, das vorrangig dazu gedacht zu sein schien, dass Eltern ihre Kinder abgeben und ohne sie zu den anderen Angeboten gehen konnten. Nun bin ich allerdings bekanntermaßen kein besonderer Freund davon, meine Kinder irgendwo abzugeben; dafür sind sie mir zu wertvoll. Also blieb ich zusammen mit dem Tochterkind dort, während meine Liebste mit unserem Jüngsten – der sowieso gerade dabei war, im Kinderwagen einzuschlafen – loszog, um zu erkunden, was es sonst noch so für Angebote gab.
Im Kinderbetreuungsraum gab es diverse Spiel-und Bastelangebote, die meinem Tochterkind ausgesprochen gut gefielen; derweil empfand ich den Versuch, pro forma so zu tun, als habe das etwas mit dem Thema Gebet zu tun, als etwas arg angestrengt. Veranstaltet wurde das Kinderprogramm übrigens von der "Micha-Initiative", laut Selbstbeschreibung "eine weltweite Kampagne und ein globales Netzwerk, das Christinnen und Christen zum Engagement gegen extreme Armut und für globale Gerechtigkeit begeistern möchte", sich in jüngster Zeit aber, wie es scheint, vorrangig das Schlagwort "Klimagerechtigkeit" auf die Fahnen geschrieben hat.
Nach dem ersten halbstündigen Workshop-Block kam meine Liebste zurück in den Kinderbetreuungsraum, um mich "abzulösen", wie sie sagte. Sie berichtete, sie habe sich zuerst nicht recht entschließen können, wo sie hingehen sollte, und sei schließlich bei "Harp & Bowl" vom Gebetshaus Berlin gelandet: "Das ist so eine Art Bibelmeditation mit Musik, das fand ich ganz gut." Auf dem Flyer des Gebetshauses, den meine Liebste sich mitgenommen hatte, las sich das so:
"Wir beten gern nach dem Harp-and-Bowl-Modell, das anhand von Offenbarung 5,8 entwickelt wurde. Die Harfe steht symbolisch für die Anbetung und die Schale für die Fürbitten dee Heiligen. Wir starten mit Lobpreis und anschließend kommt eine Gebetszeit, in der Musiker und Gebetsleiter interagieren. Dabei beten wir Jesus auf Grundlage einer Bibelstelle an oder bringen ein bestimmtes Anliegen vor den Thron Gottes. Zum Abschluss gehen wir wieder zurück in eine Zeit des Lobpreises.
Wir lieben dieses Modell, weil es nichts Kraftvolleres gibt, als mit Gottes Wort zu beten. Es bringt viel Freude, Zuversicht und Fokus".
Rückblickend betrachtet wäre es wahrscheinlich das Beste gewesen, ich wäre ebenfalls zu "Harp & Bowl" gegangen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, bei einer solchen Fülle von unterschiedlichen Angeboten könne es nicht Sinn der Sache sein, wenn wir beide zu denselben gingen. Außerdem kann man ins Gebetshaus Berlin ja auch einfach so mal gehen, und ich denke, das werden wir auch mal tun. – Wie dem auch sei, ich erwog, zu "Familien + Paare" zu gehen, kam auf dem Weg dorthin aber am "Gebet für die Ukraine" vorbei, wo Porträtfotos des ukrainischen Präsidenten Selenskyj und anderer Regierungsmitglieder, u.a. des Verteidigungsministers, an der Wand hingen, offenbar damit die Teilnehmer visualisieren konnten, für wen sie beten. Nicht im Ernst, oder?, dachte ich. Bei "Familien + Paare" stand, wie ich aus einiger Entfernung sah, ein Grüppchen von Leuten mittleren Alters im Kreis, und ich sagte mir: Auf keinen Fall stellst du dich da dazu. Lieber machte ich auf dem Absatz kehrt.
In der Folge irrte ich einige Minuten ziellos durchs Gebäude, warf in ein paar Räume einen kurzen Blick, konnte mich aber nicht entschließen, irgendwo reinzugehen, und im Foyerbereich fand ich's unerträglich stickig. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sich das tatsächlich nur auf die Atemluft bezog oder ein Urteil über die geistig-geistliche Atmosphäre der Veranstaltung einschloss. Jedenfalls entschied ich, ich müsse mal an die frische Luft, und das Ergebnis war, dass ich das gesamte für die zweite Workshop-Runde vorgesehene Zeitfenster für einen Spaziergang nutzte. Gleichzeitig ärgerte ich mich, dass es mir nicht gelingen wollte, dieser Veranstaltung, auf die ich mich doch eigentlich gefreut hatte, etwas Positives abzugewinnen. Umso mehr, als es meiner Liebsten in dieser Hinsicht erheblich besser erging als mir: Während ich für den dritten Workshop-Block in den Kinderbetreuungsraum zurückkehrte, ging sie zum Angebot "Hörendes Gebet" – und äußerte sich, als wir uns danach wiedertrafen, ausgesprochen begeistert. – Wie genau dieser Workshop aufgebaut war und "funktionierte", kann ich hier nicht nacherzählen, zumal ich es ja selbst nur aus zweiter Hand weiß; aber jedenfalls ging es darum, im stillen Gebet Botschaften, oder sagen wir: Impulse aufzufangen und diese auf kleine Zettel zu schreiben, die dann nach einem für mich nicht ganz durchschaubaren System an die anderen Teilnehmer verteilt wurden. Meine Liebste fand die Zettelnotizen, die sie auf diese Weise erhielt, jedenfalls ausgesprochen treffend und hilfreich, einschließlich eines Zettels, den sie selbst geschrieben hatte, ohne dabei voraussehen zu können, dass er zu ihr "zurückkommen" würde.
In gewissem Sinne deprimierte mich dieses positive Erlebnis meiner Liebsten nur noch mehr – weil ich keins gehabt hatte. Oder, um's mal charismatisch-pathetisch auszudrücken, Gott bei dieser Veranstaltungen nicht zu mir sprach, zu anderen aber schon. Da nagte nun der Gedanke an mir, das müsse ja wohl an mir liegen – also zum Beispiel daran, dass ich allzu fixiert darauf war, was ich hier alles Scheiße fand, und mich damit selbst blockierte.
Meine Liebste meinte, um mich aus meinem Stimmungstief hersuszuholen, müssten wir unbedingt noch zum Lobpreiskonzert bleiben, das um 19 Uhr im großen Saal begann. Das erwies sich dann auch als eine richtige Entscheidung, auch wenn man sarkastisch zugespitzt behaupten könnte, dieser Teil des Programms, für den die Initiative "Young Adults United" innerhalb des Gemeinsam für Berlin-Netzwerks verantwortlich zeichnete, sei lediglich auf eine ganz andere Art nicht mein Ding gewesen als alles Vorangegangene. Immerhin aber anders. Das ging schon mit dem Publikum los: In der Anmoderation des Konzerts wurde die Frage gestellt, wer von den Anwesenden denn erst jetzt, also eigens für diesen Teil der Veranstaltung, gekommen sei; und soweit ich es überblicken konnte, meldeten sich daraufhin nahezu alle. Der Saal schien mir auch bedeutend stärker gefüllt als bei der Eröffnung am Nachmittag. Und nachdem mir die Veranstaltung bisher vorgekommen war wie eine unerfreuliche Mischung aus der mittelständischen Biederkeit des Forums Altötting und der politischen Ausrichtung des Evangelischen Kirchentags, ging es nun dezidiert "neocharismatisch" zu. Dass die Band was konnte, war nicht zu bestreiten, auch wenn die Musik mir persönlich zu süßlich überarrangiert und zu sehr auf Hochglanz poliert war – mit allzu vielen "Svea-Klängen", siehe oben. Zwischen den Liedern gab es allerlei Wortbeiträge, darunter ein Zeugnis von einer sehr sympathisch 'rüberkommenden jungen Frau mit roten Haaren sowie ein ungelenk gemeinter Vortrag einer anderen jungen Frau – das sollte wohl "Slam Poetry" sein, aber ich würde es eher "Rap ohne Rhythmus" nennen – und natürlich allerlei Gebetsaufrufe. Und ich muss gestehen, tendenziell ging's mir mit den Wortbeiträgen ähnlich wie mit der Musik. Zum einen kann ich, wie ich wohl schon öfter erwähnt habe, einfach den typischen neocharismatischen Jargon nicht leiden; aber ich schätze, das ist letztlich nur ein oberflächliches Symptom für ein tiefer liegendes Problem, nämlich, dass mir die in diesen Kreisen gepflegte Art der Glaubenskommunikation allzu gefühlszentriert und "ich-zentriert" ist, zu "befindlichkeitsfixiert", zu sehr "Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz", um's ein bisschen polemisch zu formulieren; irgendwie dreht sich immer alles um die Trias "Gott, mein Gefühlsleben und ich". Man kann sicherlich behaupten, dass solche Tendenzen beispielsweise auch bei der MEHR ziemlich präsent sind, aber meiner Erfahrung zufolge findet man dort andererseits auch Beiträge, die einen nicht nur subjektiven, nicht nur emotionalen, sondern auch den Verstand ansprechenden Zugang zum Glauben in den Fokus nehmen. Die Nachbarn in der Ökumene mögen es mir nicht allzu übel nehmen, wenn ich darin ein "katholisches Element" der MEHR sehe, und es ist wohl einigermaßen folgerichtig, dass dieses Element hier fehlte.
Meine Stimmung besserte sich trotzdem allmählich, und ich glaube, das lag sehr wesentlich daran, dass ich mich selbst von dem Erwartungsdruck freisprach, diese Veranstaltung unbedingt gut finden zu müssen. Wenn etwas einfach nicht so mein Ding ist, ist es deswegen ja noch nicht unbedingt schlecht; und für viele der jungen Erwachsenen um mich herum schien gerade das, was mich am Stil dieser Abendveranstaltung nervte, genau der richtige Zugang zu sein. Und vielleicht, ganz ganz vielleicht, kann man sinngemäß Ähnliches auch über manche der Dinge sagen, die mich am Tagesprogramm geärgert oder abgestoßen haben.
Übrigens waren wir davon ausgegangen, dass es bei dieser Veranstaltung etwas zu essen geben würde; tatsächlich bekamen wir aber nur ein paar Laugenstangen – kurzzeitig wurden, wie ich hörte, auch Grillwürste angeboten, die aber trotz des stattlichen Preises von 3 € schnell ausverkauft waren. So hatten wir am Ende des Abends ziemlichen Hunger und legten daher auf dem Heimweg einen Zwischenstopp bei Würgerking ein. Während wir dort auf unser Essen warteten, sagte das Tochterkind aus heiterem Himmel etwas zu mir, was ich gern ohne weiteren Kommentar als Tagesfazit stehen lassen möchte:
"Weißt du, wann ein magischer Tag ist? – Immer! Weil Jesus immer da ist."
In der Sonntagsmesse in St. Joseph Siemensstadt wurde die Tauferneuerung der Erstkommunionkinder gefeiert – und eine Taufe, denn eins der angehenden Erstkommunionkinder war bisher noch ungetauft gewesen. Eine Taufe ist natürlich stets ein Anlass zu Freude und Jubel im Himmel wie auf Erden, da kann man auch über diverse Pannen im Ablauf (die der mexikanische Pfarrvikar mit einem gewissen komödiantischen Talent zu überspielen wusste) und über die weitgehend auf NGL-Ladenhüter setzende musikalische Gestaltung hinwegsehen. Wobei mir das letzte Lied – "Gottes guter Segen sei mit euch" von Rolf Krenzer und Siegfried Fietz (1992) – ehrlich gesagt ziemlich gut gefiel. Eine kritische Anmerkung kann ich mir indes nicht verkneifen, und die betrifft die Entscheidung, die Erstkommunionkinder auf Stühlen im Altarraum zu platzieren, der Gemeinde zugewandt. Hätte es nicht genügt, ihnen die ersten zwei Bankreihen zu reservieren und sie nur in den Altarraum zu holen, wenn und solange sie dort tatsächlich etwas zu tun hatten, also bei der Kyrie-Litanei, den Fürbitten und natürlich beim Akt der Tauferneuerung selbst? Während der gesamten Messe so auf dem Präsentierteller zu sitzen, war den Kindern sichtlich unangenehm, und mindestens ebenso gewichtig ist die Frage: Was will man eigentlich damit ausdrücken, dass man die Erstkommunionkinder in dieser Weise von der Gemeinde separiert? Nebenbei bemerkt konnten die Kinder so auch nicht während der Wandlung knieen; bzw. genauer gesagt: Gekonnt hätten sie natürlich, aber ohne Kniebänke macht das natürlich niemand.
Am Mittwoch, dem Gedenktag des Hl. Franz von Sales, wäre ich an sich gern mit dem Jüngsten in Heiligensee zur Messe gegangen; aber wie oben schon erwähnt, hatte eine Schulfreundin des Tochterkindes bei uns übernachtet, was dazu führte, dass am Morgen alles etwas länger dauerte als sonst, und obendrein streikte die S-Bahn mal wieder. Kurz und gut, nachdem wir die Mädchen in der Schule abgeliefert hatten, war es schon zu spät, als dass wir es noch rechtzeitig zur Kirche geschafft hätten. Als ich jedoch um die Mittagszeit den Jüngsten, der praktisch schon den ganzen Vormittag deutliche Anzeichen von Müdigkeit gezeigt hatte, im Kinderwagen durch die Gegend kutschierte und darauf hoffte, dass er einschlafen würde, kamen wir an St. Joseph Tegel vorbei, und der Knabe bestand darauf, dass wir hineingingen. Wir zündeten in der Kirche zunächst eine Opferkerze an, und dann schlug ich vor, wir könnten eine kleine "Beten mit Musik"-Andacht abhalten. Der Junior befürwortete das, also beteten wir die Sext vom Tag, erweitert um die Bitten aus den Laudes (und ein paar freie Fürbitten), ein Vaterunser sowie drei Lobpreislieder: zur Eröffnung "Du bist heilig" von Johannes Hartl & Friends, nach den Psalmen "Du allein rettest mich" ("Mighty to Save") und zum Abschluss "Jesus, Erlöser der Welt" von Albert Frey. Danach fühlte ich mich seelisch gestärkt, und mit dem Mittagsschlaf des Jüngsten klappte es bald darauf auch. Am Nachmittag war JAM, wo's mit dem Buch Nehemia weiterging.
Ich erkläre euch, Brüder: Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen; ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen. Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte. In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein. Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate; ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück. Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm. Von den anderen Aposteln habe ich keinen gesehen, nur Jakobus, den Bruder des Herrn.
Danach ging ich in das Gebiet von Syrien und Zilizien. Den Gemeinden Christi in Judäa aber blieb ich persönlich unbekannt, sie hörten nur: Er, der uns einst verfolgte, verkündigt jetzt den Glauben, den er früher vernichten wollte. Und sie lobten Gott um meinetwillen.
Ohrwurm der Woche
Ton Steine Scherben: Mensch Meier
Für diese Rubrik etwas auszuwählen, ist mir diese Woche ziemlich schwer gefallen, da ich die ganze Woche lang – abgesehen von den beiden Lobpreisandachten mit meinem Jüngsten – nicht so richtig "Musik in mir" hatte. Beinahe hätte ich mich daher aus lauter Trotz für "I've Got the Music in Me" von Kiki Dee entschieden, was wohl auch gar keine schlechte Wahl gewesen wäre. Aber dann überraschte mich meine Liebste mit der Neuigkeit, dass nach der S-Bahn demnächst auch die BVG streiken will (die, Nicht-Berlinern sei's erklärt, in Berlin Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen betreibt, wohingegen die S-Bahn zur Deutschen Bahn gehört), fiel mir dieser Scherben-Klassiker von 1972 ein, der seinerzeit für eine Protestkampagne gegen Fahrpreiserhöhungen bei der BVG geschrieben und auf Platte gepresst wurde. Der Song ist fast so groovy wie die Kiki-Dee-Nummer, dafür aber viel kontroverser...
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