Herzlich willkommen zum ersten Wochenbriefing des Jahres 2024! Ich bin zwar weder bei der MEHR noch in Rom und auch nicht beim Dreikönigs-Bloggertreffen in Köln, aber trotzdem hat das Jahr spannend begonnen – und es spricht alles dafür, dass es auch spannend weitergeht! Daher will ich mich auch gar nicht lange mit der Vorrede aufhalten...
Prost Neujahr! (Wandgemälde/Halbrelief an einer Hauswand in Berlin-Tegel) |
Was bisher geschah
Nach den im vorigen Wochenbriefing geschilderten Mißhelligkeiten am 4. Adventssonntag waren wir darauf gefasst, dass es auch am folgenden Sonntag zu liturgischen Komplikationen kommen würde; merke: Wenn Heiligabend auf den 4. Adventssonntag fällt, dann fällt Silvester auf den Sonntag in der Weihnachtsoktav (und mithin auf das Fest der Heiligen Familie). Immerhin waren wir aus Schaden soweit klug geworden, dass wir uns diesmal rechtzeitig über die Gottesdienstzeiten informierten und es so vermeiden konnten, am Sonntagvormittag erneut vor verschlossenen Türen zu stehen. Stattdessen schliefen wir erst mal aus, frühstückten in aller Ruhe und gingen am Nachmittag erst in die EFG The Rock Christuskirche und danach nach St. Stephanus – Näheres dazu unter "Auf der anderen Straßenseite" und "Predigtnotizen". – Nicht vorenthalten möchte ich meinem Lesern übrigens den Kommentar des Tochterkindes zum Thema Silvesterfeuerwerk: "Die, die nach was aussehen, sind toll. Aber die, die bloß Krach machen, sind langweilig wie eine leere Bananenschale."
Wegen des Neujahrstags wurde der wöchentliche "Omatag" von Montag auf Dienstag verlegt, und statt eines "normalen" Oma-Besuchs gab es einen gemeinsamen Ausflug zum Holland-Park in Schwanebeck. Am Mittwoch fanden wir endlich mal die Muße, Plätzchen zu backen – wozu wir während der ganzen Adventszeit nicht gekommen waren.
Während dieses Wochenbriefing online geht, bin ich, sofern alles nach Plan läuft, beim Neujahrsempfang der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland, und ich hoffe und erwarte, dass es darüber nächste Woche allerlei zu berichten geben wird. Am Montag geht die Schule wieder los, was bedeutet, dass ich tagsüber wieder ziemlich viel Zeit mit meinem Jüngsten verbringen werde. Vielleicht (hoffentlich) machen wir ein paar Kirchen in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd unsicher. Ansonsten steht noch nichts im Terminkalender...
Wie oben schon erwähnt, hatten wir uns diesmal rechtzeitig über die Gottesdienstzeiten in unserer Wahl-Pfarrei informiert, und nachdem wir festgestellt hatten, dass es am Sonntag in der Weihnachtsoktav morgens bzw. vormittags keine Messe in Siemensstadt oder Haselhorst gab, dafür aber um 18 Uhr eine "Jahresschlussmesse" in St. Stephanus Haselhorst, kam meine Liebste auf die Idee, dass wir dann ja vorher zum freikirchlichen Gottesdienst in der EFG The Rock Christuskirche gehen könnten – der fing nämlich um 15 Uhr an. Ich fand die Idee gut – zumal wir vor den Ferien zweimal nicht beim JAM waren und unsere religiöse Praxis als Familie insgesamt, ausgerechnet in der Adventszeit, einigermaßen darunter gelitten hatte, dass wir alle reihum krank gewesen waren. Da hatten wir nun einen gewissen Nachholbedarf.
Wir machten uns also am frühen Nachmittag auf den Weg nach Haselhorst; unser Jüngster schlief auf dem Weg dorthin im Kinderwagen ein, darum blieb meine Liebste mit ihm im Foyer, während das Tochterkind und ich uns Plätze im Gottesdienstraum suchten. – Es mag ein Klischee über freikirchliche Gemeinden im Vergleich zu volkskirchlichen Gemeinden sein – Lothar Zenetti schilderte ein entsprechendes Erlebnis schon 1966 –, aber wahr ist es nun einmal trotzdem: Ich war beeindruckt von der Herzlichkeit, mit der die Gemeindemitglieder einander, und übrigens auch uns, vor Beginn des Gottesdienstes begrüßten. Leute, die wir maximal vom Sehen kannten, behandelten uns wie lange nicht gesehene alte Freunde, und einige, die wir tatsächlich ein bisschen besser kannten – hauptsächlich JAM-Mitarbeiter – betonten, wie sehr sie sich freuten, dass wir gekommen waren.
Eröffnet wurde der Gottesdienst mit einem Lied ("Herr der ganzen Schöpfung"), dann folgten ein paar Worte zur Begrüßung, und dabei erfuhren wir auch, dass bei diesem Gottesdienst ein paar Dinge anders sein würden als "sonst". Zum Beispiel, dass es diesmal kein separates Kinderprogramm gab. Tatsächlich waren auch gar nicht so viele Kinder da, aber diese wenigen kannten wir alle vom JAM. – Eine weitere Besonderheit dieses Jahresend-Gottesdienstes war es, dass es, wie angekündigt wurde, anstelle einer Predigt mehrere "Zeugnisse" von Gemeindemitgliedern geben würde: Verschiedene Personen aus der Gemeinde würden davon erzählen, wie "ihr Weg mit Gott" im zurückliegenden Jahr verlaufen sei.
Auf die Begrüßungsansprache folgte ein Gebet, und dazu wurde angesagt, wer könne, möge bitte aufstehen; daran schloss sich ein "Lobpreis-Block" an, und dazu setzte die Gemeinde sich wieder hin. Erst einmal folgte ich schlicht dem Herdentrieb und nahm auch wieder Platz, aber gleich darauf dachte ich: Moment mal. Es gibt Lobpreis, und alle setzen sich? Versteh' ich nicht. Als dann auch noch "So bist nur du" ("Our God") als erstes Lied gespielt wurde, hielt es mich nicht mehr auf meinem Sitz. Ich ließ mich nicht sonderlich davon verunsichern, dass ich der einzige war, der das Lied stehend und mit erhobenen Händen mitsang; aber irgendwie ironisch kam es mir doch vor, besonders wenn ich mich an meine erste MEHR-Konferenz erinnerte, wo mich ich als von Haus aus eher introvertiertes Nordlicht zunächst ziemlich schwer damit tat, aus mir herauszukommen. Und jetzt hatte ich hier plötzlich die Rolle des Ober-Charismatikers inne... Nach "So bist nur du" kamen zwei ruhigere Lieder, die ich zudem nicht kannte, da setzte ich mich wieder hin; aber dann kam "Zehntausend Gründe", und das konnte ich nun wirklich nicht im Sitzen anhören oder gar mitsingen. Tatsächlich standen diesmal auch noch vier oder fünf andere Gemeindemitglieder auf. Andererseits drehte sich, als ich ein paarmal einen Vers etwas anders rhythmisierte als die Vorsänger, eine ältere Dame in der Reihe vor mir zu mir um und musterte mich missbilligend.
Nun wäre ich wohl nicht der Tobi, wenn mich diese Beobachtungen nicht zu einigen Reflexionen angeregt hätten. Oder sagen wir: dazu, einige bei früheren Gelegenheiten unvollendet liegengebliebene Gedankenstränge wieder aufzunehmen. Nämlich die folgenden:
Auf der Basis meiner persönlichen Erfahrungen mit freikirchlichen Gemeinden, Gemeindekreisen oder Einzelpersonen neige ich dazu, das Evangelikale und das Charismatische als gegenläufige Tendenzen in der evangelisch-freikirchlichen Frömmigkeit zu betrachten; nicht als einander ausschließende Gegensätze, aber doch als Pole, zwischen denen es ein gewisses Spannungsverhältnis gibt. Ich weiß nicht, ob das eine Privattheorie von mir ist oder ob es womöglich gar kein so origineller Gedanke ist – recherchiert habe ich dazu nichts. Jedenfalls ist mein Eindruck, dass ein ausgeprägt evangelikales Glaubensverständnis – im Sinne einer starken Fixierung auf die reformatorischen solae, allen voran natürlich das sola scriptura – typischerweise mit einer Mentalität einhergeht, die ich an anderer Stelle mal als "linkshirnig" beschrieben habe: pedantisch, regelfixiert, sehr streng in moralischer Hinsicht, aber auch in Hinblick auf gesellschaftliche Konventionen. Demgegenüber ist charismatische Frömmigkeit, die das unmittelbare Wirken des Heiligen Geist im Leben des einzelnen Christen in den Fokus nimmt, in ihren Ausdrucksformen typischerweise spontan, emotional, individuell und unkonventionell. Ich würde sagen, die Spannung zwischen diesen Polen erklärt sich von selbst. Mein Eindruck von der EFG The Rock Christuskirche ist, dass hier eine verhältnismäßig große Ausgewogenheit zwischen diesen Polen herrscht – aber eine leichte Schlagseite in die streng-evangelikale Richtung nehme ich zuweilen doch wahr. Wobei ich mir bewusst bin, dass manch einer, wenn er diese Gemeinde kennenlernte, den genau gegenteiligen Eindruck hätte. Umso mehr, als ja auch das Ersetzen der Predigt durch persönliche Zeugnisse verschiedener Gemeindemitglieder in diesem Gottesdienst zu einem gewissen Grad ein "charismatisches" Element war.
Diese Zeugnisse – sechs oder acht, ich habe nicht genau mitgezählt – waren in Inhalt und Vortragsstil sehr unterschiedlich, und, sagen wir mal so, die "Zeugnisgebenden" waren mir in recht unterschiedlichem Maße sympathisch; aber von einigen der Zeugnisse fühlte ich mich sehr bewegt und angesprochen. Und auch das Tochterkind war bemerkenswert gut bei der Sache: Der Gottesdienst dauerte insgesamt gut eineinhalb Stunden, und während dieser ganzen Zeit fragte meine Tochter mich nicht ein einziges Mal, wie lange es noch dauern würde.
Anschließend hatten wir noch etwas Zeit, an der Gartenfelder Straße verfrühtes Silvesterfeuerwerk anzugucken, bis wir uns zur Heiligen Messe in der Kirche St. Stephanus einfanden. Wir waren früh dran, aber die kleine Kirche füllte sich ziemlich bald. Liturgisch war dies allerdings nicht die Messe vom Sonntag, sondern die Vorabendmesse zum Oktavtag von Weihnachten, dem Hochfest der Gottesmutter Maria. "Der Oktavtag führt uns noch einmal in den Stall zurück", stellte der Pfarrvikar mit Blick auf das Tagesevangelium (Lk 2,16-21) fest – und nahm diese Feststellung zum Ausgangspunkt für eine wieder einmal höchst bemerkenswerte Predigt: "Der Stall war die erste Pfarrei", lautete ihr Leitgedanke. Der Rückblick des Predigers auf das Jahr 2023 war somit auch und nicht zuletzt davon bestimmt, dass es ein Jahr war, "in dem der Stall größer geworden ist" – womit er auf Pfarreifusionen anspielte; und was er zu diesem Thema zu sagen hatte, ließ, wie auch schon manche Randbemerkungen in anderen Predigten des zurückliegenden Jahres, eine gewisse Frustration angesichts des Übermaßes an Bürokratie und Verwaltungsaufwand in der neuen Großpfarrei erkennen: "Es gibt viele Dinge in der Pfarrei, die technisch sind. Wir sind sehr kompliziert geworden nach der Pfarreifusion. Ich will Sie jetzt nicht quälen mit allen neuen Computer-, Software-Programmen und sonstigen Geschichten, die absolut unerträglich sind, die nichts bringen – oder vielleicht bringen sie etwas, aber wir sind noch nicht so weit, das zu entdecken. Wir werden mit Datenschutz, mit allen möglichen Sachen überschüttet, aber am Ende fragt man sich: Füttern wir nur die Bürokratie oder machen wir noch Seelsorge?"
Letztlich war das jedoch nicht das Entscheidende an dieser Predigt; entscheidend war vielmehr die Feststellungen: "Der Stall bleibt der Stall. Die Kirche ist prinzipiell so gebaut, dass wir nicht das perfekte Schloss sind mit rotem Teppich, sondern dass wir letzten Endes eben ein Stall sind." Er arbeitete eine ganze Reihe von Analogien zwischen Stall und Pfarrei heraus, bis hin dazu, dass es "in einem Stall immer viel Mist" gebe; im Grunde wäre diese Predigt es – vielleicht abzüglich einiger Randbemerkungen – wert, in voller Länge wiedergegeben zu werden, aber ich beschränke mich mal auf ein paar Punkte, von denen ich denke, dass sie einigermaßen repräsentativ für das Ganze sind:
- "Der Stall ist offen. In den Stall kann jeder rein. Auch die Pfarrei ist offen für jeden. Keiner braucht Angst zu haben, rausgeschmissen zu werden, weil er ein bisschen stinkt. Es gibt nicht diese Hürde, perfekt sein zu müssen."
- "Wenn man in den Stall reingeht, steht man direkt vor den Tieren. Und auch die Hirten stehen sofort vor dem Jesuskind. Es gibt einen kurzen Weg, das ist die Seelsorge. Nutzen Sie diesen kurzen Weg. Der kurze Weg zum Herrn geschieht durch das Wort, durch die Sakramente, durch die Beichte, durch die Anbetung; und Er kann Ihnen auf mehr Fragen Antwort geben als der beste Seelsorger."
- "Der Stall ist einfach. Wir brauchen nicht viele große Dinge. Das Wichtige ist da. Oft verzetteln wir uns in Aktionismus, und dann verlieren wir das Kind Jesus. Glauben ist einfach: Es ist Vertrauen in den Herrn, und anzufangen Ihn zu fragen: Was möchtest du heute von mir?"
Um das Bild komplett zu kriegen, müsste man allerdings bis nach Dallgow-Döberitz fahren, und ich bezweifle stark, dass wir das bis zum Ende der Weihnachtszeit noch hinkriegen. Das Tochterkind hat dieses Problem derweil auf ganz eigene Art gelöst.
Ich hatte es neulich schon erwähnt: Der nächste Kinderwortgottesdienst in St. Joseph Siemensstadt, der eigentlich erst am 28. Januar an der Reihe gewesen wäre, ist kurzfristig um zwei Wochen vorverlegt worden, folglich musste sich auch der Vorbereitungskreis früher zusammensetzen als gedacht. Das Gute daran ist, dass das Evangelium vom 2. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) – die Berufung der ersten Jünger nach Joh 1,35-42 – sich wirklich gut für eine kindgerechte Gestaltung eignet. Ich will hier allerdings gar nicht so viel darüber verraten, was wir uns inhaltlich dazu überlegt haben; lieber berichte ich im übernächsten Wochenbriefing darüber, "wie's gelaufen ist".
Hier und jetzt festhalten möchte ich hingegen meine Freude über die offene, sympathische und kreative Atmosphäre in diesem Arbeitskreis, die einmal mehr unterstrichen hat, dass meine wiederholt geäußerte Überzeugung, in dieser Gemeinde laufe Vieles besser als woanders, mehr als nur eine Behauptung zur Selbstermutigung ist. Ein häufig anzutreffendes "typisch volkskirchliches Problem" ist es ja, dass in Gremien, Arbeitsgruppen usw. sehr überwiegend Leute sitzen, die seit ewig und drei Tagen in volkskirchliche Strukturen eingebunden sind und von klein auf mit volkskirchlichen Gewohnheiten aufgewachsen sind und die deshalb recht festgefügte Vorstellungen davon haben, wie die Dinge gemacht werden; und deshalb ändert sich nie was. Mehr noch: Wenn Leute, die vor Jahrzehnten selbst zur Zielgruppen volkskirchlicher Kinder- und Jugendkatechese gehörten, als Erwachsene immer noch (wohlgemerkt: nicht wieder, sondern immer noch) in der Kirche aktiv engagiert sind, sind das mit hoher Wahrscheinlichkeit Leute, die das, was man ihnen als Kindern geboten hat, gut fanden, also reproduzieren sie das. – Davon kann in diesem KiWoGo-Arbeitskreis glücklicherweise nicht die Rede sein. Vielmehr scheint hier ein recht ausgeprägtes Bewusstseins dafür zu herrschen, dass seine Aufgabe und Existenzberechtigung gerade darin besteht, nicht alles so zu machen, wie alle es schon immer machen.
"Egli-Figuren mag ich nicht, die sehen einfach so total 'churchy' aus." – "Die haben wir sowieso nicht, wir nehmen Playmobil-Figuren." |
Wie man den bisherigen Abschnitten dieses Wochenbriefings wohl deutlich genug anmerkt, habe ich, kaum dass das neue Jahr begonnen hat, mit der Basisarbeit in Familie und Pfarrgemeinde mehr als genug zu tun, als dass ich mich noch ausgiebig mit der "großen" Kirchenpolitik befassen könnte; aber das Gute ist ja, man muss nicht alles selber machen. So hat sich Bloggerkollegin Anna von "Katholisch ohne Furcht und Tadel" mit der Jahresabschlusspredigt von Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, auseinandergesetzt in der dieser wiederum auf die Ergebnisse der jüngsten "Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung" (KMU) eingeht. Und ihr Blogartikel zu diesem Thema ist so gut, dass ich nicht wüsste, was ich ihm noch hinzufügen sollte. Aber zitieren möchte ich hier ein paar Passagen. Ein zentraler Gedanke des Artikels ist es nämlich, dass Bischof Bätzings auf die Ergebnisse der KMU-Studie gestützte Aussage, ein Großteil der Menschen in Deutschland sei "religiös kaum noch ansprechbar", im Grunde ein Missverständnis sei – das letztlich ein schiefes und verengtes Verständnis von Religiosität verrate, oder genauer gesagt, eine Verwechslung von Religiosität mit Kirchlichkeit:
"Religiosität boomt nämlich in Deutschland. Da sind einmal esoterische und pseudoreligiöse Phänomene: Traumfänger, Engelrufen, Tarot, Ausräuchern mit Salbei, frei schwebende 'Spiritualität'. Synkretistische Tendenzen: Buddhastatuen, ein weit verbreiteter Glaube an Wiedergeburt oder Karma. Und schließlich ersatzreligiöse Tendenzen: Es ist ganz erstaunlich, wie 'dogmatisch' in unserer an sich relativistischen Gesellschaft bestimmte Haltungen als moralisch einzig vertretbar und unumstößlich wahr erachtet werden – so wahr, dass jeder, der eine andere Meinung vertritt, dafür geächtet, verspottet und gehasst wird. Während der Pandemie etwa haben sich zwei 'Religionen' herausgebildet; die Angst vorm Klimawandel hat fanatische Züge entwickelt – die Jünger dieser Pseudoreligion haben das Gefühl, dazu berechtigt zu sein, Gesetze zu brechen, Kulturgut zu zerstören; manche opfern die Zukunft in der eigenen Nachkommenschaft zum Wohl des Planeten, viele sind davon überzeugt, für die Erlösung der Welt auf Genüsse und Annehmlichkeiten verzichten zu müssen: Während Christen den Gedanken der Sühne aufgeben, blüht er in der Klimareligion auf.
[...]
Die Straßen sind also voller Religiosität. Nur die Kirchen sind leer. Und nun erweist sich die ganze Tragik des bischöflichen Missverständnisses: Bätzing schließt irrtümlich aus der Engführung von Kirche und Religion, dass die Leute Religion nicht mehr wollen – also geben wir ihnen mehr Nichtreligion: Das, was Religion ausmacht, bietet die Kirche unter Bischöfen wie Bätzing so gut wie nicht mehr an! Sie verneint, eine universale Wahrheit zu lehren. [...] Jeder kann hier alles glauben [...]. Dass die Menschen intuitiv davon Abstand nehmen, ist nicht nur verständlich, es ist richtig so. Intuitiv verstehen sie, dass eine Kirche, die nicht für eine universale und absolute Wahrheit einsteht, die ihre eigenen Prinzipien verrät und lächerlich macht, [...] kein glaubwürdiges religiöses Angebot ist."
Epiphanie ist ein Fest des Lichtes. "Auf, werde licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir" (Jes 60,1). Mit diesen Worten des Propheten Jesaja beschreibt die Kirche den Inhalt des Festes. Ja, der ist in die Welt gekommen, der das wahre Licht ist und der die Menschen Licht werden läßt. Er schenkt ihnen die Macht, Kinder Gottes zu werden (vgl. Joh 1,9.12). Der Weg der Weisen aus dem Morgenland ist für die Liturgie nur der Anfang einer großen Prozession, die sich die ganze Geschichte hindurch fortsetzt. Mit diesen Menschen beginnt die Wanderung der Menschheit zu Jesus Christus – zu dem Gott, der im Stall geboren wurde; der am Kreuze starb und der als Auferstandener bei uns bleibt alle Tage bis zur Vollendung der Welt (vgl. Mt 28,20). Der Weg dieser Männer ist nur ein Anfang. Zuerst waren die Hirten gekommen – die einfachen Seelen, die näher bei dem Gott wohnen, der ein Kind wurde, und die leichter zu ihm "hinübergehen" (Lk 2,15) und ihn als Herrn erkennen konnten. Aber nun kommen auch die Weisen dieser Welt. Es kommen Große und Kleine, Könige und Knechte, Menschen aller Kulturen und aller Völker. Die Männer aus dem Morgenland sind die ersten, denen viele folgen alle Jahrhunderte hindurch. Sie eröffnen den Weg der Völker zu Christus.
(Benedikt XVI., Predigt zum Hochfest der Erscheinung des Herrn, 2012)
Ohrwurm der Woche
Crosby, Stills, Nash & Young: Almost Cut My Hair
Dieser Song ist für den Hippie in mir ein absolutes Muss zum Jahreswechsel. Vorsatz fürs neue Jahr: nicht die Haare schneiden lassen. "I feel like letting my freak flag fly / And I feel like I owe it to someone". Dieses Jahr hat der Song mich irgendwie besonders berührt. "Must be because I had the flu this Christmas", na ja, nicht genau zu Weihnachten, aber immerhin im Advent.
Vom Krippenpilgerweg wußte ich bis jetzt nichts. Super Idee. Danke für den Hinweis. In Kreuzberg am Südstern in der Körtestraße gibt es immer eine Krippenmeile . Ganz unterschiedliche Krippen sind in den verschiedenen Geschäften ausgestellt vom 1. Advent bis 6. Januar
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