Was bisher geschah: Die zurückliegende Woche hat mein ohnehin nicht unbedingt spannungsfreies Verhältnis zu meiner örtlichen Pfarrgemeinde erheblich belastet -- und das in mehrfacher Hinsicht. Das begann am Montag früh mit meinem Versuch, zusammen mit meiner zweijährigen Tochter die Messe zum Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria zu besuchen. Bekanntermaßen ist es in landläufigen Pfarrkirchen nicht gerade selbstverständlich, dass es montags überhaupt Werktagsmessen gibt, und wo das nicht der Fall ist, wird in der Regel auch für Hochfeste keine Ausnahme gemacht. Insofern kann man (und sollte man vielleicht) "meine" Pfarrkirche erst einmal dafür loben, dass es den berüchtigten "liturgiefreien Montag" hier nicht gibt. Die Messe zu Mariä Empfängnis war zudem etwas besser besucht als "normale" Werktagsmessen; aber ein bisschen traurig fand ich so ein Hochfest ohne Ministranten und ohne Orgel dann doch. Pünktlich zur Verlesung des Evangeliums hatte ich allerdings ein ganz anderes Problem, denn meine Tochter begann zu quengeln, ich solle mir mit ihr ein Bilderbuch anschauen. Auf meine Versuche, sie auf später zu vertrösten, reagierte sie zunehmend ungehalten; derweil spürte ich die missbilligenden Blicke der alten Damen in den Bankreihen hinter mir wie Nadelstiche in meinem Nacken und beschloss daher, lieber mit dem Kind nach hinten oder in den Vorraum zu gehen. Böser Fehler, denn daraufhin fing das Kind an zu schreien wie am Spieß. Pünktlich zu den Fürbitten hatte es sich zwar wieder beruhigt, aber inzwischen war ich so fertig mit den Nerven, dass ich das Kind in den Wagen packte und die Kirche fluchtartig verließ. Draußen reflektierte ich darüber, was in dieser Situation eigentlich so schief gelaufen war. Dass ein zweijähriges Kind einen lautstarken Wutanfall hat, weil es seinen Willen nicht durchsetzen kann, kommt schon mal vor. Normalerweise gelingt es mir aber schneller und leichter, sie wieder zu beruhigen. Warum diesmal nicht? Weil ich selbst zu angespannt war. Weil ich übertrieben darauf bedacht bin, dass mein Kind sich gerade in der Kirche "gut benehmen" soll. Weil ich mir nur allzu lebhaft ausmalen kann, was "die Leute" sonst wieder zu quaken haben. Na, das hat ja ganz toll funktioniert, Tobi. Das kommt dabei heraus, wenn man die Missbilligung "der Leute" internalisiert. Kein Wunder, dass so viele Eltern sich mit ihren Kleinkindern nicht in den Gottesdienst trauen.
Die konstituierende Sitzung des neuen Pfarrgemeinderates, die am Mittwoch stattfand, kann man zumindest insoweit als Erfolg bezeichnen, als es mir gelang, durchweg freundlich, gelassen und konstruktiv zu bleiben und keine Tische umzuwerfen. Leicht gefallen ist mir das nicht. Ernsthaft: Es war in annähernd jeder Hinsicht schlimmer als ich es mir hätte vorstellen können. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich nicht näher ins Detail gehe, aber jedenfalls kam ich mir vor wie Atréju im Dialog mit der Uralten Morla. Am Ende der Sitzung spielte ich sehr ernsthaft mit dem Gedanken, gleich wieder aus diesem erlauchten Gremium zurückzutreten und meine Zeit und Energie auf etwas Sinnvolleres zu verwenden, aber andererseits: Das wollen die ja nur! Außerdem hat fast ein Drittel derjenigen Gemeindemitglieder, die sich überhaupt an der Wahl beteiligt haben (und damit immerhin mehr als 1% aller Pfarreimitglieder), für mich gestimmt, also bin ich denen ja nun irgendwie verpflichtet. So oder so habe ich jetzt erst mal reichlich Zeit, meine Einstellung zu diesem Gremium zu überdenken, denn die nächste Sitzung ist erst Anfang März. Was wohl schon mehr als genug darüber aussagt, mit wieviel Elan und Motivation meine Gremiumskollegen an die Arbeit gehen.
Ich bin noch nicht lange genug in dieser Gemeinde, um zu wissen und zu verstehen, woran es liegt, aber dass es in dieser Gemeinde eine ganz sonderbare und sehr ungesunde zwischenmenschliche Dynamik (oder eher Statik) gibt, ist unverkennbar. Konflikte gibt es innerhalb der Kerngemeinde - auch und nicht zuletzt unter den wenigen "Aktiven" sowie zwischen diesen und dem Pfarrer - zwar mehr als genug, aber wenn es gilt, den Status quo aufrecht zu erhalten und alles, was irgendwie neu oder anders ist, zu marginalisieren und abzuwürgen, halten sie alle zusammen. Symptomatisch dafür ist, dass aus dem alten Pfarrgemeinderat zunächst niemand für den neuen kandidieren wollte und nun mit wenigen Ausnahmen doch wieder dieselben Leute im Rat sitzen wie vor der Wahl.
Mit dem Pfarrer werde ich übrigens mal ein Vier-Augen-Gespräch suchen müssen. Aber nicht mehr vor Weihnachten und wahrscheinlich auch nicht mehr in diesem Kalenderjahr.
Am Freitag nahm ich, während meine Liebste mit dem Kind im Zoo war, eine Weihnachtsbrief-Aktion in Angriff, über die ich mich wohl demnächst mal genauer werde äußern müssen. Am Abend hätte sich eigentlich der Lokalausschuss Herz Jesu bei Tee und Adventsplätzchen treffen sollen, aber da einige der üblichen Verdächtigen krank oder anderweitig verhindert waren, wurde dieses Trffen kurzfristig abgesagt -- was mir unter den gegebenen Umständen gar nicht unrecht war. Für Samstag war die Aufstellung eines Büchertauschregals im Vorraum zur Außentoilette der Kirche geplant gewesen, aber wegen anhaltenden Regens fiel diese Aktion buchstäblich ins Wasser. Mich hätte der Regen zwar nicht unbedingt gestört, aber ich konnte das Regal schließlich nicht allein transportieren. Also widmete ich mich stattdessen weiter der Weihnachtsbrief-Aktion.
Am Sonntag feierten wir im fernen Wilmersdorf Claudias Gelübde-Erneuerung, und das war sehr schön. Claudia hat bereits selbst darüber berichtet; mir bleibt somit nur noch zu sagen, dass ich sowohl die Messe als auch das anschließende Frühstück im Kreise Gleich- und Ähnlichgesinnter sehr genossen habe.
Am Sonntag feierten wir im fernen Wilmersdorf Claudias Gelübde-Erneuerung, und das war sehr schön. Claudia hat bereits selbst darüber berichtet; mir bleibt somit nur noch zu sagen, dass ich sowohl die Messe als auch das anschließende Frühstück im Kreise Gleich- und Ähnlichgesinnter sehr genossen habe.
Was ansteht: Noch eine Woche, bis ich Berlin über die Feiertage verlasse, und auch wenn ich damit in kirchlicher Hinsicht zweifellos vom Regen in die Traufe komme, freue ich mich auf den Trip nach Nordenham. Bis dahin hat meine Liebste noch fünf Arbeitstage (einschließlich heute) zu bewältigen, derweil ich das Kind bespaßen darf. Besonders spannend wird das am Dienstag, denn da hat die Liebste abends auch noch Kollegiums-Weihnachtsfeier. Und dann kommt noch einmal ein sehr intensives Wochenende mit "Krabbelbrunch" am Samstag und "Büchertreff" am Sonntag. Zeitgleich mit dem Krabbelbrunch soll in der Kirche die Krippe aufgebaut und der Weihnachtsbaum geschmückt werden; da habe ich wohl eine ziemlich gute Ausrede, mich an der Aktion mal nicht zu beteiligen. Beim Büchertreff referiert Kollegin Claudia über die "Kulturgeschichte des Weihnachtsbaums"; ich gehe davon aus, dass das ebenso aufschlussreich wie unterhaltsam wird.
aktuelle Lektüre:
Ganz so begeistert wie vom ersten Kapitel des Romans bin ich vom zweiten nicht: Vor lauter Exkursen über "die zwischen Winnetou und mir herrschenden Geldverhältnisse" (S. 118), über minderwertige Indianerbücher (S. 118ff.) oder über gegensätzliche Vorstellungen von gepflegter Gastlichkeit (S. 169ff.) kommt die Handlung nicht so richtig in Gang, und auch das überraschende Wiedersehen mit Frau Hiller alias Wagner geht für mein Gefühl irgendwie zu glatt und unspektakulär über die Bühne. Der Großteil des Kapitels spielt in einem Hotel in Weston/Missouri, wo Old Shatterhand inkognito als deutscher "Zeitungsschreiber" namens Meier abgestiegen ist; dass er dort, quasi an der Grenze zwischen dem bereits "zivilisierten" Bereich der USA und dem eigentlichen "Wilden Westen", ein echt deutsches Schützenfest besucht, ist ja durchaus irgendwie hübsch skurril. Der "Prayer-Man", nach dem das Kapitel benannt ist, ist ein aufdringlich frömmelnder Traktathändler, der dem Ich-Erzähler dessen eigenes Gedicht zu verkaufen versucht und dem man auf Anhieb noch erheblich größere Schurkereien als bloße Urheberrechtsverletzungen zutraut -- zu Recht, wie sich schon bald zeigt. Der falsche Frömmler könnte dem Methodisten Hesekiah Slong aus Sir John Retcliffes Romanen "Nena Sahib" und "Puebla" nachempfunden sein, erreicht aber nicht dessen Format. Die Kritik an der Kommerzialisierung von Religion und an süßlich-verkitschter Frömmelei, die sich an die Figur des Traktathändlers knüpft, ist durchaus ganz interessant; Spannung kommt aber erst etwa ab der Mitte des Kapitels auf, mit der Entzifferung des "Sprechenden Leders". Auf S. 274 tritt erstmals Winnetou auf, erst am Schluss des Kapitels erfolgt der Aufbruch in die Wildnis.
Sodann folgt die "Ordnung für die Katholische Charismatische Gemeindeerneuerung im Bereich der deutschen Bischofskonferenz" (S. 63-68), die, wie Fußnote 1 auf S. 63 verrät, "im August 1984 vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz zustimmend zur Kenntnis genommen und damit in Kraft gesetzt" wurde; über die eigentlichen Urheber steht da also nichts, aber vielleicht schaffen Baumerts "Schlußbemerkungen" (ab S. 157) in dieser Frage Klarheit. -- Vorläufig ist mein Eindruck von dieser "Ordnung" jedenfalls zwiespältig. Während mir der erste Hauptabschnitt "Gemeinde-Ebene" gut gefällt, erwecken die folgenden Abschnitte nun wirklich stark den Eindruck, hier gehe es darum, die Charismatische Bewegung durch institutionelle Einbindung zu "zähmen" -- oder, anders herum betrachtet, führenden Köpfen innerhalb der Charismatischen Bewegung gehe es darum, ein anerkannter Verband zu werden oder zu sein. So oder so betrachte ich das mit Skepsis. Man fragt sich auch, wie diese "Ordnung" praktisch funktionieren soll: Wenn es, wie es auf S. 63 über "Zellen" einer charismatischen Erneuerung "innerhalb einer Pfarrgemeinde, in Hauskreisen oder überpfarrlichen Gruppen" heißt, "in solchen Gemeinschaften keine Mitgliedschaft oder Mitgliedsbeiträge, keine festgeschriebenen Rechte und Pflichten" gibt, wie sollen dann aus solchen Gruppen diözesane und überdiözesane Verbände mit gewählten Vertretern hervorgehen? Gut, im einleitenden Absatz (ebenfalls auf S. 63) heißt es, diese Ordnung sei für "Gottesdienst-, Gebets- und Dienstgemeinschaften" bestimmt, "die einen übergreifenden Zusammenschluß suchen"; soll man daraus folgern, dass für Gruppen, die einen solchen Zusammenschluss nicht suchen, diese Ordnung keine Gültigkeit beansprucht? Ist es tatsächlich so einfach? Ich habe da meine Zweifel -- zumal man online eine 1992/93 aktualisierte Fassung der "Ordnung" finden kann, in der (bezeichnenderweise?) gerade diejenigen Passagen aus Abschnitt I, in denen von einem organischen, dezentralen und sozusagen "planlosen" Entstehen charismatischer Initiativen die Rede war, stark gekürzt sind. Mir scheint, daran lässt sich ein in der Zeit seit 1984 erheblich fortgeschrittener Institutionalisierungsgrad ablesen.
Weiter geht es mit einer 1984 vom "Bischöflichen Verbindungsausschuß für die katholische Charismatische Erneuerung in den USA herausgegebene "pastorale Erklärung" (S. 69-84), in der zwar grob gesehen in etwa dasselbe drinsteht wie in der deutschen, aber sie ist eben weniger deutsch und wirkt daher irgendwie kraftvoller und weniger verschnarcht. Sodann einen Bericht des Bischofs von Nantes, Émile Marcus, vor der Vollversammlung der französischen Bischöfe im Oktober 1982 in Lourdes (S. 85-106). Über diesen Vortrag heißt es im Vorwort (S. 10) , im Gegensatz zu den "oft etwas schwerfällig[en]" "Kommissionspapiere[n" "erfrisch[e]" er "durch seine pastorale Weite"; in der aktuellen Leseetappe bin ich erst bis zum ersten der drei Hauptabschnitte des Marcus-Berichts gekommen, kann aber durchaus nachvollziehen, wie Baumert zu dieser Einschätzung gelangt. Stellenweise ist mir die hymnische Huldigung des Bischofs von Nantes (und späteren Erzbischofs von Toulouse) an die Adresse der Charismatischen Erneuerung zwar etwas too much, aber es gibt immerhin schon Anzeichen dafür, dass der Text im weiteren Verlauf noch recht interessante Denkanstöße liefern könnte. Schon ganz zu Beginn spricht Bischof Marcus mehrfach - auf S. 86 und 88 - von der "widersprüchlichen Notwendigkeit", eine "institutionelle Ausrüstung sicherzustellen", bzw. dem "paradoxen Erscheinungsbild" einer "Strömung, die sich institutionalisiert". Damit spricht er im Grunde genau das Dilemma an, das mich an diesem ganzen Band so zwiespältig berührt. Bin mal gespannt, was da noch kommt.
Ganz so begeistert wie vom ersten Kapitel des Romans bin ich vom zweiten nicht: Vor lauter Exkursen über "die zwischen Winnetou und mir herrschenden Geldverhältnisse" (S. 118), über minderwertige Indianerbücher (S. 118ff.) oder über gegensätzliche Vorstellungen von gepflegter Gastlichkeit (S. 169ff.) kommt die Handlung nicht so richtig in Gang, und auch das überraschende Wiedersehen mit Frau Hiller alias Wagner geht für mein Gefühl irgendwie zu glatt und unspektakulär über die Bühne. Der Großteil des Kapitels spielt in einem Hotel in Weston/Missouri, wo Old Shatterhand inkognito als deutscher "Zeitungsschreiber" namens Meier abgestiegen ist; dass er dort, quasi an der Grenze zwischen dem bereits "zivilisierten" Bereich der USA und dem eigentlichen "Wilden Westen", ein echt deutsches Schützenfest besucht, ist ja durchaus irgendwie hübsch skurril. Der "Prayer-Man", nach dem das Kapitel benannt ist, ist ein aufdringlich frömmelnder Traktathändler, der dem Ich-Erzähler dessen eigenes Gedicht zu verkaufen versucht und dem man auf Anhieb noch erheblich größere Schurkereien als bloße Urheberrechtsverletzungen zutraut -- zu Recht, wie sich schon bald zeigt. Der falsche Frömmler könnte dem Methodisten Hesekiah Slong aus Sir John Retcliffes Romanen "Nena Sahib" und "Puebla" nachempfunden sein, erreicht aber nicht dessen Format. Die Kritik an der Kommerzialisierung von Religion und an süßlich-verkitschter Frömmelei, die sich an die Figur des Traktathändlers knüpft, ist durchaus ganz interessant; Spannung kommt aber erst etwa ab der Mitte des Kapitels auf, mit der Entzifferung des "Sprechenden Leders". Auf S. 274 tritt erstmals Winnetou auf, erst am Schluss des Kapitels erfolgt der Aufbruch in die Wildnis.
- Sr. M. Lucia OCD (Hg.): Umkehr - Heiligung -Freude in Gott
- Norbert Baumert (Hg.): Jesus ist der Herr
Sodann folgt die "Ordnung für die Katholische Charismatische Gemeindeerneuerung im Bereich der deutschen Bischofskonferenz" (S. 63-68), die, wie Fußnote 1 auf S. 63 verrät, "im August 1984 vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz zustimmend zur Kenntnis genommen und damit in Kraft gesetzt" wurde; über die eigentlichen Urheber steht da also nichts, aber vielleicht schaffen Baumerts "Schlußbemerkungen" (ab S. 157) in dieser Frage Klarheit. -- Vorläufig ist mein Eindruck von dieser "Ordnung" jedenfalls zwiespältig. Während mir der erste Hauptabschnitt "Gemeinde-Ebene" gut gefällt, erwecken die folgenden Abschnitte nun wirklich stark den Eindruck, hier gehe es darum, die Charismatische Bewegung durch institutionelle Einbindung zu "zähmen" -- oder, anders herum betrachtet, führenden Köpfen innerhalb der Charismatischen Bewegung gehe es darum, ein anerkannter Verband zu werden oder zu sein. So oder so betrachte ich das mit Skepsis. Man fragt sich auch, wie diese "Ordnung" praktisch funktionieren soll: Wenn es, wie es auf S. 63 über "Zellen" einer charismatischen Erneuerung "innerhalb einer Pfarrgemeinde, in Hauskreisen oder überpfarrlichen Gruppen" heißt, "in solchen Gemeinschaften keine Mitgliedschaft oder Mitgliedsbeiträge, keine festgeschriebenen Rechte und Pflichten" gibt, wie sollen dann aus solchen Gruppen diözesane und überdiözesane Verbände mit gewählten Vertretern hervorgehen? Gut, im einleitenden Absatz (ebenfalls auf S. 63) heißt es, diese Ordnung sei für "Gottesdienst-, Gebets- und Dienstgemeinschaften" bestimmt, "die einen übergreifenden Zusammenschluß suchen"; soll man daraus folgern, dass für Gruppen, die einen solchen Zusammenschluss nicht suchen, diese Ordnung keine Gültigkeit beansprucht? Ist es tatsächlich so einfach? Ich habe da meine Zweifel -- zumal man online eine 1992/93 aktualisierte Fassung der "Ordnung" finden kann, in der (bezeichnenderweise?) gerade diejenigen Passagen aus Abschnitt I, in denen von einem organischen, dezentralen und sozusagen "planlosen" Entstehen charismatischer Initiativen die Rede war, stark gekürzt sind. Mir scheint, daran lässt sich ein in der Zeit seit 1984 erheblich fortgeschrittener Institutionalisierungsgrad ablesen.
Weiter geht es mit einer 1984 vom "Bischöflichen Verbindungsausschuß für die katholische Charismatische Erneuerung in den USA herausgegebene "pastorale Erklärung" (S. 69-84), in der zwar grob gesehen in etwa dasselbe drinsteht wie in der deutschen, aber sie ist eben weniger deutsch und wirkt daher irgendwie kraftvoller und weniger verschnarcht. Sodann einen Bericht des Bischofs von Nantes, Émile Marcus, vor der Vollversammlung der französischen Bischöfe im Oktober 1982 in Lourdes (S. 85-106). Über diesen Vortrag heißt es im Vorwort (S. 10) , im Gegensatz zu den "oft etwas schwerfällig[en]" "Kommissionspapiere[n" "erfrisch[e]" er "durch seine pastorale Weite"; in der aktuellen Leseetappe bin ich erst bis zum ersten der drei Hauptabschnitte des Marcus-Berichts gekommen, kann aber durchaus nachvollziehen, wie Baumert zu dieser Einschätzung gelangt. Stellenweise ist mir die hymnische Huldigung des Bischofs von Nantes (und späteren Erzbischofs von Toulouse) an die Adresse der Charismatischen Erneuerung zwar etwas too much, aber es gibt immerhin schon Anzeichen dafür, dass der Text im weiteren Verlauf noch recht interessante Denkanstöße liefern könnte. Schon ganz zu Beginn spricht Bischof Marcus mehrfach - auf S. 86 und 88 - von der "widersprüchlichen Notwendigkeit", eine "institutionelle Ausrüstung sicherzustellen", bzw. dem "paradoxen Erscheinungsbild" einer "Strömung, die sich institutionalisiert". Damit spricht er im Grunde genau das Dilemma an, das mich an diesem ganzen Band so zwiespältig berührt. Bin mal gespannt, was da noch kommt.
- Carlo Carretto: Wir sind Kirche
- Herbert Scurla (Hg.): Auf Kreuzfahrt durch die Südsee
- Patrick Heiser/Christian Kurrat (Hg.): Pilgern gestern und heute
Linktipps:
Pfarrer Norbert Fink ist jemand, den man wohl mit einigem Recht als bunten Vogel bezeichnen kann. Er ist schon als Elvis-Imitator aufgetreten, es gibt Rap-Videos von ihm auf YouTube, und außerdem hat er live im TV-Programm von RTL2 Daniela Katzenberger getraut. (Kennt eigentlich noch jemand Daniela Katzenberger? Na, wie auch immer.) Außerdem ist er aber auch Stadtjugendseelsorger von Neuss und mithin Präses des Stadtverbands des Bundes der deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Es hat hat daher einiges Aufsehen erregt, dass er sich öffentlich scharf ablehnend über eine von "seinem" BDKJ-Diözesanverband Köln verantwortete Kampagne mit dem Motto katholischkreuz geäußert hat, die in Fragen von Sexualität bzw. "Gender", Weihe- und Amtsverständnis usw. deutlich von der katholischen Lehre abweichende Positionen propagiert. Inzwischen haben zwar auch der Kölner Generalvikar Markus Hofmann und der Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp Kritik an katholischkreuz geübt, aber die Schärfe von Pfarrer Finks Stellungnahme bleibt dennoch herausragend: Auf Facebook warf er der Kampagne explizit Häresie vor. Im Interview mit Rudolf Gehrig von CNA Deutsch erläutert er diesen Vorwurf näher. So erinnert er daran, dass "selbst Papst Franziskus bereits mehrmals die Gender-Lehre als eine dämonische Ideologie bezeichnet" habe, "die die Grundfesten unserer Gesellschaft erschüttern will", und urteilt, die BDKJ-Kampagne propagiere einen "subjektiven Glauben, der sich der jeweiligen Zeit anpasst, der sich nur das aus dem Glaubensschatz aussucht, was ihm passt", im Gegensatz zum "Glauben der Kirche, der auch mal unbequem sein kann und mich zur ständigen Umkehr aufruft". Ausgesprochen erfrischend, so etwas mal von einem prominenten und populären Kirchenvertreter zu lesen.
In der Kleinstadt St. Marys im US-Bundesstaat Kansas hat eine Niederlassung der Piusbruderschaft so viele Anhänger angelockt, dass das Städtchen inzwischen gewissermaßen "ihnen gehört". Atlantic-Autorin Emma Green beschreibt diese gezielte Ansiedlung traditionalistischer Katholiken an einem Ort, an dem sie unter Gleichgesinnten sind, als eine Verwirklichung der Benedikt-Option; und sie tut das, wie man sich vorstellen kann, in kritischer Absicht: Der Rückzug in mehr oder weniger geschlossene Gemeinschaften Gleichgesinnter, so meint sie, stelle geradezu "das amerikanische Projekt" infrage -- oder, weniger pathetisch ausgedrückt, die Grundidee des politischen Liberalismus, aus einem freien Wettbewerb der Ideen entstehe die beste aller möglichen Gesellschaften, und zwar für alle. Man kann nun natürlich sagen, für ihre Kritik habe die Autorin ein bequemes Beispiel gewählt: nicht nur, weil es sich um die ultra-traditionalistische Piusbruderschaft handelt, die, trotz aller Aussöhnungsbemühungen unter dem gegenwärtigen und dem vorigen Pontifikat, immer noch mit mindestens einem Fuß außerhalb der Gemeinschaft der katholischen Kirche steht, sondern auch, weil es schon eine besonders radikale Version der Benedikt-Option ist, die "Idee eines christlichen Dorfes" so wörtlich zu nehmen, wie das augenscheinlich in St. Marys geschieht. Andersherum ausgedrückt, es gäbe durchaus Beispiele für #BenOp-Communities, die weniger Angriffsfläche für diese Art von Kritik böten. Trotzdem wirkt Ms. Greens Schilderung der Piusbrüder-Niederlassung in St. Marys halbwegs fair: Man bekommt durchaus einen Eindruck davon, warum das Leben in St. Marys für eine wachsende Zahl von Menschen, nicht zuletzt für junge Familien, eine attraktive Option darstellt. Nebenbei räumt die Autorin ein, diese Community sei längst nicht so abgeschlossen und weltabgewandt wie manche anderen religiösen Sondergemeinschaften, beispielsweise die Amish.
Pfarrer Norbert Fink ist jemand, den man wohl mit einigem Recht als bunten Vogel bezeichnen kann. Er ist schon als Elvis-Imitator aufgetreten, es gibt Rap-Videos von ihm auf YouTube, und außerdem hat er live im TV-Programm von RTL2 Daniela Katzenberger getraut. (Kennt eigentlich noch jemand Daniela Katzenberger? Na, wie auch immer.) Außerdem ist er aber auch Stadtjugendseelsorger von Neuss und mithin Präses des Stadtverbands des Bundes der deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Es hat hat daher einiges Aufsehen erregt, dass er sich öffentlich scharf ablehnend über eine von "seinem" BDKJ-Diözesanverband Köln verantwortete Kampagne mit dem Motto katholischkreuz geäußert hat, die in Fragen von Sexualität bzw. "Gender", Weihe- und Amtsverständnis usw. deutlich von der katholischen Lehre abweichende Positionen propagiert. Inzwischen haben zwar auch der Kölner Generalvikar Markus Hofmann und der Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp Kritik an katholischkreuz geübt, aber die Schärfe von Pfarrer Finks Stellungnahme bleibt dennoch herausragend: Auf Facebook warf er der Kampagne explizit Häresie vor. Im Interview mit Rudolf Gehrig von CNA Deutsch erläutert er diesen Vorwurf näher. So erinnert er daran, dass "selbst Papst Franziskus bereits mehrmals die Gender-Lehre als eine dämonische Ideologie bezeichnet" habe, "die die Grundfesten unserer Gesellschaft erschüttern will", und urteilt, die BDKJ-Kampagne propagiere einen "subjektiven Glauben, der sich der jeweiligen Zeit anpasst, der sich nur das aus dem Glaubensschatz aussucht, was ihm passt", im Gegensatz zum "Glauben der Kirche, der auch mal unbequem sein kann und mich zur ständigen Umkehr aufruft". Ausgesprochen erfrischend, so etwas mal von einem prominenten und populären Kirchenvertreter zu lesen.
In der Kleinstadt St. Marys im US-Bundesstaat Kansas hat eine Niederlassung der Piusbruderschaft so viele Anhänger angelockt, dass das Städtchen inzwischen gewissermaßen "ihnen gehört". Atlantic-Autorin Emma Green beschreibt diese gezielte Ansiedlung traditionalistischer Katholiken an einem Ort, an dem sie unter Gleichgesinnten sind, als eine Verwirklichung der Benedikt-Option; und sie tut das, wie man sich vorstellen kann, in kritischer Absicht: Der Rückzug in mehr oder weniger geschlossene Gemeinschaften Gleichgesinnter, so meint sie, stelle geradezu "das amerikanische Projekt" infrage -- oder, weniger pathetisch ausgedrückt, die Grundidee des politischen Liberalismus, aus einem freien Wettbewerb der Ideen entstehe die beste aller möglichen Gesellschaften, und zwar für alle. Man kann nun natürlich sagen, für ihre Kritik habe die Autorin ein bequemes Beispiel gewählt: nicht nur, weil es sich um die ultra-traditionalistische Piusbruderschaft handelt, die, trotz aller Aussöhnungsbemühungen unter dem gegenwärtigen und dem vorigen Pontifikat, immer noch mit mindestens einem Fuß außerhalb der Gemeinschaft der katholischen Kirche steht, sondern auch, weil es schon eine besonders radikale Version der Benedikt-Option ist, die "Idee eines christlichen Dorfes" so wörtlich zu nehmen, wie das augenscheinlich in St. Marys geschieht. Andersherum ausgedrückt, es gäbe durchaus Beispiele für #BenOp-Communities, die weniger Angriffsfläche für diese Art von Kritik böten. Trotzdem wirkt Ms. Greens Schilderung der Piusbrüder-Niederlassung in St. Marys halbwegs fair: Man bekommt durchaus einen Eindruck davon, warum das Leben in St. Marys für eine wachsende Zahl von Menschen, nicht zuletzt für junge Familien, eine attraktive Option darstellt. Nebenbei räumt die Autorin ein, diese Community sei längst nicht so abgeschlossen und weltabgewandt wie manche anderen religiösen Sondergemeinschaften, beispielsweise die Amish.
Heilige der Woche: Der Regionalkalender für den deutschen Sprachraum sieht in dieser ganzen Woche keine Fest- oder Gedenktage von Heiligen vor; erst nächsten Montag wieder. Dafür fangen am Dienstag aber die "O-Antiphonen" an. Es weihnachtet sehr!
Aus dem Stundenbuch:
Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem kommt sein Wort. (Jesaja 2,3)
Kleiner Tipp von einem Vater, der drei Kinder durch 100e von Hl. Messen gebracht hat: Gummibärchen.
AntwortenLöschenBernadette ist 2 Jahre alt und entdeckt ihren eigenen Willen auszuprobieren und durchzusetzen versuchen.
AntwortenLöschenDie hl. Messe ist für sie noch in weiten Strecken nicht begreifbar und schlicht sterbenslangweilig, deshalb auch der Versuch, dem zu entgehen und mit Papa zusammen ein Bilderbuch anzusehen.
Dass der Papa diesmal nicht mitmachen kann oder mag, versteht sie in dem Moment nicht und versucht einfach beharrlich-stur sich durchzusetzen.
Als das scheitert, ist sie wütend und schreit, scheint sich dann aber dank der Ablenkungskünste des Papas schnell zu beruhigen, zumal sie ja doch einen gewissen Teilerfolg erreicht hat, indem sie dem für sie öden Missgeschehen entkommen ist und in der von Papa geschobenen Karre die weitaus interessantere Welt draußen außerhalb der dunklen Kirche erleben kann und neue Hoffnung auf neu zuteil werdende Eindrücke hegen kann.
Der Papa Tobias ist erst einmal gründlich frustriert, dass ihm sein Messbesuch so gründlich vernagelt ist.
Eigentlich möchte er sich über das Töchtern ärgern, aber das darf man im aufgeklärten 21. Jahrhundert in Mitteleuropa nicht (mehr), denn dazu wissen wir zuviel über die gesunde frühkindliche Entwicklung, für die elterliches Schimpfen oder gar ein Klaps einfach tabu ist.
Ganz im Gegensatz zur sog. guten alten Zeit, die man selbst noch als Kleinkind mit seelischen Blessuren überlebt hat.
Nun richtet sich der Frust und Zorn gegen andere, denn irgendwohin muss man ja seine Aggressionen ablassen, nicht wahr? Und sei es nur schriftlich verbal in diesem Artikel.
Es sind dann die "lieben Mitchristen" - Klischee: die "alten Damen" hinter einem in der Kirche mit ihren bösen Blicken und Gedanken - obwohl ja wohl keine den Papa Tobias bis dato zur Rede gestellt hat, was er denn mit seinem armen 2jährigen Töchterchen ausgerechnet in der morgendlichen Montagsmesse will.
Zumindest das arme Kind hat nix davon, dem tut anderes garantiert besser gefallen.
Merke: Man kann's mit einer 2jährigen versuchen, die Messe auch werktags zu besuchen.
Aber wenn's scheitert, bitte nicht frustriert sein und bitte nicht die Schuld auf andere schieben, denn das Karnickel war man selbst
Bitte warum soll man mit einer zweijährigen nicht in die Werkltagsmesse? Die zweijährige ist getauft und im übrigen gilt für die Gemeinde "einer trage des anderen Last". Meine Kinder haben übrigens das Wort von der "Todesblickoma" kreiert. Witzigerweise sind das meist die gleichen Leute die dann wortreich beklagen, dass die Jugend ausbleibt und die Erstkommunionkinder keine Ahnung davon haben, was sie in der Kirche eigentlich sollen.
LöschenWohlmeinende Priester haben den sich über meine Kinder beschwerenden Damen einmal erklärt, dass die Eltern keineswegs die Kinder dazu anstacheln zu schreien, oder zu quengeln und wenn die Eltern wüssten wie sie das Kind ruhig halten könnten, dann würden die Eltern das durchaus machen, würden doch die Eltern unter dem Gequengel des Kindes genauso leiden wie die anderen Gottesdienstbesucher, sogar doppelt wegen der bösen Blicke. Besser sei es also, als sich gestört fühlende Fromme, für Kind und Papa bzw Mama zu beten.
Diesen Typ alte Giftnudeln gibt es nun leider überall, in Kirche und Welt.
AntwortenLöschenDie waren als kleine Kinder genauso drauf, nur hatten sie fiesere Eltern. Kann man ihnen bei Gelegenheit vielleicht mal sagen...
Ich hätte bei den Fürbitten heute übrigens aufgrund einer einzigen Giftnudel um ein Haar angefügt "Herr, der Du Israel weidest wie eine Herde, vernichte alle Feinde Israels. Wir bitten Dich, erhöre uns." Hab es dann doch gelassen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Ich weiß, dass das Thema Kleinkinder im Gottesdienst hier auf diesem Blog vermintes Gelände sein kann, allerdings alte Damen mit Giftnudeln in Verbindung zu bringen, schiesst dann doch übers emotionale Ziel hinaus. Vielleicht sei an dieser Stelle der Herr selber zitiert, der die verlorenen Giftnudeln sucht, bis er sie gefunden hat. Von Vernichtung derselben ist im neuen Testament nix zu lesen.
LöschenDen lieben hier kommentierenden Glaubensbrüdern und -schwestern möchte ich doch an dieser Stelle die Mahnungen des hl. Paulus aus dem Galaterbrief in Erinnerung rufen:
AntwortenLöschenGal 5,14:
Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!
und Gal 5,15
Wenn ihr einander beißt und verschlingt, dann gebt Acht, dass ihr euch nicht gegenseitig umbringt.
Ich füge dazu:
Auch nicht mit Worten!
Das ist nicht immer leicht, aber notwendig.