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Donnerstag, 16. März 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #21 – Die (erneute) Rückkehr des Wochenbriefings

Du siehst richtig, Leser: Nachdem ich nach langer, allzulanger Pause kürzlich wieder mit dem Bloggen angefangen habe, habe ich mir vorgenommen, nicht so bald wieder damit aufzuhören; und ich habe mir gedacht: Die beste Methode, mich zu einigermaßen regelmäßigem "Output" zu motivieren, ist es, das erpobte Format "Wochenbriefing" wieder aufzugreifen. Auch wenn es aus praktischen Gründen vorläufig donnerstags abends statt montags morgens erscheint und ich zudem keine Garantie dafür übernehme, jede Woche eine neue Folge rauszuhauen. Wir werden sehen, wie die Sache sich entwickelt. – Aber lassen wir die Vorrede und wenden uns lieber mal der Frage zu: Was ist eigentlich aus der Alternative 

Spandau oder Portugal 

geworden? – Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Entscheidung sei gefallen, und bis auf Weiteres ist sie das wohl auch: Bis auf Weiteres haben meine Familie und ich unsere kirchliche Heimat in der Großpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland gefunden, präziser gesagt in den Gemeinden St. Joseph Siemensstadt und St. Stephanus Haselhorst, die, bevor sie mit Beginn des laufenden Kalenderjahres in der besagten Großpfarrei aufgingen, eine gemeinsame Pfarrei bildeten; und in jüngster Zeit zeichnen sich auch einige recht interessante Perspektiven für ein verstärktes Engagement in der Gemeinde ab – darüber wird weiter unten noch einiges zu sagen sein. Dennoch ist die Option Portugal damit noch nicht vom Tisch: Erst kürzlich hat meine Liebste sich einen Pilgerführer für den Caminho Português – den portugiesischen Jakobsweg – gekauft, mit der expliziten Absicht, zu prüfen, wo ein strategisch günstiger Ort wäre, um eine Pilgerherberge zu eröffnen. Auch dazu später mehr... 

Symbolbild zur Fastenzeit. 
(Der Stapel lag übrigens tatsächlich so im Regal, ist also nicht eigens für das Foto arrangiert worden.) 

Zur kirchlichen Situation in Siemensstadt und Haselhorst ist zunächst einmal zu sagen, dass der für diese Gemeindestandorte zuständige Pfarrvikar (bis vor kurzem noch: Pfarrer) sympathisch und glaubwürdig 'rüberkommt, die Liturgie geradlinig und ohne Firlefanz zelebriert, oft anregende und manchmal sogar ganz exzellente Predigten hält und wiederholt zu verstehen gegeben hat, dass er mit der Agenda des "Synodalen Weges" nichts am Hut hat. Von den beiden genannten Gottesdienstorten ist St. Stephanus in Haselhorst für uns zwar schneller und unkomplizierter zu erreichen, aber St. Joseph in Siemensstadt ist, sowohl von der Sozialstruktur der Gemeinde als auch von den Räumlichkeiten her, familienfreundlicher. In der Regel entscheiden wir daher von Fall zu Fall, ob wir da oder dort zur Sonntagsmesse gehen. 

Was nun den Punkt "Engagement in der Gemeinde" betrifft, wird mancher Leser sich vielleicht erinnern, dass ich schon vor bald einem Jahr schrieb, meine Liebste und ich würden in St. Stephanus Haselhorst die Leitung einer Krabbelgruppe übernehmen. Nun ja, das haben wir auch gemacht, aber so richtig befriedigend hat sich dieses Projekt nicht entwickelt. Die Nachfrage nach diesem Angebot war innerhalb der Gemeinde offenbar überschaubar, es gab wiederholt Unklarheiten bezüglich der Raumbelegung, und zu guter Letzt fackelte unser Jüngster beinahe die Küche ab (okay, das ist jetzt übertrieben dramatisch ausgedrückt). Vor allem aber stellte ich, nachdem meine Liebste nach dem Ende der Elternzeit wieder arbeiten ging und ich die Leitung der Krabbelgruppe allein weiterführen musste, fest, dass das eigentlich nicht so mein Ding ist. Aber hey, sogar in der Benedikt-Option steht, man soll sich nicht scheuen, Projekte aufzugeben, wenn sich abzeichnet, dass sie nicht funktionieren. Also machen wir jetzt was anderes. 

Zum Beispiel: Seit Herbst 2021 gibt es in St. Stephanus eine kleine Pfadfindergruppe – "Stamm", sagt man, glaube ich, dazu. Sie gehört bislang keinem Verband an, aber ich schätze mal, man darf sagen, dass sie der KPE tendenziell näher steht als der DPSG. Derzeit gibt es Pläne, diese Gruppe um ein Angebot für Kinder im Alter von 5-7 Jahren, eine sogenannte "Wichtelgruppe" zu ergänzen; und siehe, ich bin gebeten (!) worden, gemeinsam mit einer Frau aus der Gemeinde diese Wichtelgruppe zu leiten. Nach Ostern soll's losgehen, und zur Vorbereitung habe ich ein paarmal bei der Leitung der "Wölflinge" – also der 8- bis 11jährigen – "hospitiert" und meine Tochter, obwohl sie erst 5 und somit gerade mal im "Wichtel"-Alter ist, kurzerhand dazu mitgenommen. Sie findet's super: Abenteuer, Lagerfeuer... 


Nun habe ich bei früherer Gelegenheit ja mal geschrieben, so ziemlich alles, was ich über Pfadfinder wisse, hätte ich von Tick, Trick und Track und dem Fähnlein Fieselschweif; insofern könnte man vielleicht meinen, ich sei nicht unbedingt eine naheliegende Wahl für die (Co-)Leitung einer pfadfinderisch inspirierten Kindergruppe, aber ich sage mir, gerade dieser "fremde Blick" auf die pfadfinderischen Bräuche und Gepflogenheiten kann die Sache interessant machen. Davon abgesehen bin ich dank einer Spende aus Leserkreisen im Besitz von ca. 40 Jahrgängen des legendären "Komm-mit-Kalenders" und denke, daraus lassen sich bestimmt allerlei Anregungen beziehen – wenn auch natürlich mit angemessener kritischer Distanz. 

Und sonst so? Zum einen muss ich sagen, dass ich sehr darauf erpicht bin, das bewährte Konzept unserer Lobpreisandachten (unter der Überschrift "Lobpreis mit dem Stundenbuch") wieder aufzugreifen, sei es in Siemensstadt oder in Haselhorst. Die Osterzeit wäre vielleicht ein guter Anlass, damit anzufangen. Ich sollte wohl mal mit dem zuständigen Vikar darüber sprechen. – Davon abgesehen war unlängst "Familientag" in St. Stephanus, und während ich mit unserer Tochter zum Kinderprogramm (Trommelworkshop, Kinderschminken, Lagerfeuer) ging, knüpfte meine Liebste Kontakte beim Erwachsenenprogramm. Daraus hervorgegangen ist die Idee zur Gründung einer Frauen- und einer Männergruppe. (Meine erste Frage dazu: "Gibt's bei der Männergruppe Bier?" – "Unbedingt!"). Schauen wir mal, wie die Sache sich entwickelt... 

Was ich auch schon mal erwähnt habe, ist, dass in unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche St. Stephanus in Haselhorst die EFG The Rock Christuskirche liegt; und da gehen wir mit unseren Kindern fast jede Woche zum Kinderprogramm, das sich JAM nennt – ein Kürzel für "Jungschar am Mittwoch". Das Konzept dieser Veranstaltungsreihe finde ich so gut, dass ich es hier kurz vorstellen möchte: Ab 16 Uhr geht es los mit freiem Spiel, dann folgt kindgerechter Lobpreis (mit Bewegungsliedern), eine Katechese und zum Abschluss ein gemeinsames Abendessen. Alles kostenlos übrigens. Parallel zum Kinderprogramm findet auch ein "Elterntreff" (mit Kaffee) statt, aber ich gehe meistens mit unserer Tochter zur Kinderkatechese – und habe selten etwas daran auszusetzen, was, wenn man mich kennt, schon einiges heißen will. Wenn meine katholischen Leser nun die Frage aufwerfen möchten, wie es denn mit konfessionellen Eigenheiten aussehe – ob die Kinderkatechese in einer evangelischen Freikirche nicht mehr oder weniger zwangsläufig gewisse Elemente enthalte, die aus katholischer Sicht einer gewissen Richtigstellung oder zumindest Ergänzung bedürfen – dann kann ich nur sagen: Ja, das gibt es durchaus; aber meinen bisherigen Erfahrungen zufolge hält sich das sehr im Grenzen, und verglichen mit dem Niveau, das man in der volkskirchlichen Kinderkatechese vielfach antrifft, finde ich das eher unproblematisch. – Im Übrigen möchte ich über die The Rock-Freikirche noch zu Protokoll geben, dass die Leute dort wirklich gut darin sind, Besuchern das Gefühl zu vermitteln, willkommen zu sein. Davon könnten sich die meisten katholischen Gemeinden, die ich kenne, eine dicke Scheibe abschneiden. 

Nun aber noch einmal kurz zurück zu den Stichworten "Caminho Português" und "Pilgerherberge": Der Wunschtraum, "irgendwann mal" – und sei es im Rentenalter – eine Herberge für Jakobspilger zu eröffnen und zu leiten, bewegt meine Liebste wohl schon länger, als wir uns kennen; seit unserem gemeinsamen Jakobsweg im Sommer 2016 ist das jedenfalls immer mal wieder Gesprächsthema zwischen uns gewesen, und mich reizt die Vorstellung auch – nicht zuletzt, weil sie sich sicherlich unschwer mit anderen Aspekten eines Konzepts kombinieren ließe, wie es im Buch "Mission Manifest" unter der Überschrift "Der Traum vom lebendigen Pfarrhaus" beschrieben wird. Und etwas in der Art wollen wir mittelfristig auf jeden Fall machen. Das muss natürlich nicht unbedingt am portugiesischen Jakobsweg sein, aber es könnte immerhin. Mit dem Pilgerführer habe ich mich noch nicht besonders eingehend befasst, aber einen Ort an der Strecke gibt es schon mal, der mir auf den ersten Blick reizvoll erscheint: die Stadt Tui, direkt am Grenzfluss Minho bzw. Miño gelegen, allerdings bereits auf dessen spanischer Seite. Na, bei Gelegenheit mal mehr zu diesem Thema. 


Währenddessen in Tegel 

Derweil wohnen wir – u.a. deshalb, weil die Situation auf dem Wohnungsmarkt es nahezu unmöglich macht, umzuziehen – nach wie vor auf dem Territorium unserer "Ex-Gemeinde", in fußläufiger Entfernung von der Pfarrkirche. Da bleibt es nicht aus, dass ich immer mal wieder – z.B. beim Einkaufen oder wenn ich mit den Kindern spazieren gehe – Leuten aus der Gemeinde begegne. Mehrfach wurde ich in den vergangenen Monaten sogar von Gemeindemitgliedern angesprochen, die ich persönlich gar nicht oder nur flüchtig vom Sehen kannte, denen meine Liebste und ich aber durch unsere früheren Aktivitäten in der Pfarrgemeinde bekannt waren und die sich nun erkundigen wollten, wie es denn komme, dass man uns "gar nicht mehr sehe". Ich habe es bei solchen Gelegenheiten vermieden, aus dem Nähkästchen zu plaudern, und stattdessen lediglich angedeutet, es habe "Konflikte" mit den tonangebenden Leuten in der Gemeinde (worunter nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiter zu verstehen sind) gegeben. Umso überraschter war ich, dass die Reaktion meiner Gesprächspartner durchweg lautete, ja, das hätten sie sich schon gedacht, und sie hätten selbst auch schon öfter die Erfahrung gemacht, dass Leute, die neue Impulse ins Gemeindeleben einzubringen versuchten, in dieser Gemeinde einen schweren Stand hätten. Einige erklärten sogar ganz direkt, dass sie uns und unser Engagement vermissten. Das hat ja doch etwas Tröstliches. 

Übrigens sind auch die bislang vier Pfarreien des Pastoralen Raums Reinickendorf-Süd inzwischen offiziell zu einer Großpfarrei mit dem Namen St. Klara fusioniert. Viel geändert hat sich dadurch abgesehen vom Briefkopf,  aber wohl nicht. Positiv ist zu vermerken, dass es am Standort Herz Jesu Tegel nach wie vor jeden Freitag Eucharistische Anbetung gibt; manchmal gehe ich da hin, bemühe mich aber, nicht gesehen zu werden. An dem wöchentlichen Termin, an dem früher unsere Lobpreisandacht stattfand, gibt es jetzt (und wohl auch schon seit rund einem Jahr) ein Friedensgebet für die Ukraine; num gut. Das von uns installierte Büchertauschregal gibt es auch noch, und offenbar erfreut es sich eines recht regen Zuspruchs. Und schließlich kann ich mir nicht verkneifen, noch ein weiteres Detail anzusprechen, das ich einigermaßen bezeichnend für diese Gemeinde finde: Noch bis vor kurzem wurde in den Vermeldungen allwöchentlich auf die Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen gepocht, und das mit einer solchen Eindringlichkeit, dass ich mich, als das Erzbischöfliche Ordinariat die Aufhebung des Schutzkonzepts beschloss und verkündete, unwillkürlich fragte: Was schreiben die wohl jetzt in ihre Vermeldungen? Und siehe da, seitdem findet sich in den Vermeldungen der Satz: 

Wir bitten weiterhin alle um ehrliches Bemühen zur Minimierung des Covid-19-Ansteckungs-Risikos und ermutigen zur Eigenverantwortung! 

So schwer kann es sein, loszulassen. Man frage nur mal Björn Casapietra


Neues aus Synodalien 

Es läge vielleicht nahe, in dieser neu ersonnenen Rubrik darauf einzugehen, was es in der Butjenter Regenbogenflaggen-Affäre Neues gibt – denn Neues gibt es da in der Tat –, aber das hebe ich mir lieber für einen separaten Artikel auf. Es ist ja auch nicht so  dass es nicht auch sonst genug Stoff für eine Rubrik "Neues aus Synodalien" gäbe. Zum Beispiel bin ich unlängst auf den Twitter-Account des BDKJ-Bundesvorsitzenden Gregor Podschun aufmerksam geworden. Das war allerdings ein kurzes Vergnügen, da er mich gleich nach der ersten Interaktion geblockt hat. Das ist an und für sich nicht unbedingt ehrenrührig: Ich halte die großzügige Nutzung der Blockierfunktion in Sozialen Netzwerken für ein völlig legitimes Mittel zur Optimierung des eigenen Nutzererlebnisses und habe selbst enorm viele Leute auf Facebook und Twitter geblockt, aus den unterschiedlichsten Gründen. Gregor Podschun indes fühlt sich auch beim Leute-Blocken als Rächer der intersektionell Marginalisierten: "Ich habe in den letzten Tagen viele Hassbotschaften auf Twitter bekommen", twitterte er am 11. März. "Oft gegen mich gerichtet, aber ich viel gegen Trans*Personen und homosexuelle Menschen. In der Konsequenz habe ich die schlimmsten Account blockiert, komme aber nicht bei allen hinterher." – Meine Interaktion mit ihm fand wohlgemerkt erst ein paar Tage später statt; und sie bestand lediglich darin, dass ich zu einem Tweet von ihm, in dem er die Zustimmung der Synodalversammlung zum "Handlungstext zu Frauen im sakramentalen Amt" als "Mega wichtig für alle Frauen!" bezeichnete und darüber hinaus forderte "Wir brauchen endliche [sic] die Priester*innenweihe und Öffnung aller Ämter für Frauen!", anmerkte, so eine Äußerung könne man "doch schon rein sprachlich unmöglich ernst nehmen". Ja, schlimm sowas. Schon klar, dass die "Solidarität mit allen Menschen, die auf Twitter und sonst wo aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung Hass erfahren", es erfordert  so üble Typen wie mich zu blockieren. Nun, wie gesagt: Kann er ja ruhig machen. Wobei ich allerdings zu bedenken geben möchte, dass man, wenn man offiziell als Repräsentant eines großen Verbands in den Sozialen Netzwerken unterwegs ist, vielleicht doch die Weisheit "Zieh die Filterblase nicht zu klein" beherzigen sollte. Derzeit hat Podschun jedenfalls nur gut halb so viele Twitter-Follower wie, beispielsweise, ich; ich finde, das sollte ihm zu denken geben. 


Was ich gerade lese 

  • zu Studienzwecken: Günter Hegele (Hg.), Warum neue religiöse Lieder? Eine Dokumentation. Regensburg: Bosse,  1964. 
Ein zeitgeschichtliches Dokument aus der Frühzeit des Neuen Geistlichen Liedes, herausgegeben von einem der zentralen Anreger dieser ganzen kirchenmusikalischen Bewegung. Auch wenn das Buch sich "Dokumentation" nennt, kann es seinen Charakter als Streitschrift nicht verleugnen. Abgesehen von einer gewissen unfreiwilligen Komik ist die Lektüre nicht unbedingt unterhaltsam, aber aufschlussreich. 

Der letzte Band einer uneingeschränkt empfehlenswerten Fantasy-Trilogie. So empfehlenswert, dass es eine Überlegung wert wäre, die Trilogie in einem separaten Blogartikel angemessen ausführlich zu rezensieren. Wenn ich mal dazu komme... 


Aus dem Stundenbuch 

Wenn seine Söhne meine Weisung verlassen, *
nicht mehr leben nach meiner Ordnung,

wenn sie meine Gesetze entweihen, *
meine Gebote nicht mehr halten,

dann werde ich ihr Vergehen mit der Rute strafen *
und ihre Sünde mit Schlägen.

Doch ich entziehe ihm nicht meine Huld, *
breche ihm nicht die Treue.

Meinen Bund werde ich nicht entweihen; *
was meine Lippen gesprochen haben, will ich nicht ändern. 

(Psalm 89,31-35 – dem Synodalen Weg gewidmet) 

Ohrwurm der Woche 

Helge Schneider: Comeback 


Selbsterklärend, oder? 



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