...und zwar kommt es pünktlich zum Advent, also ab nächster Woche. Dies hier ist also quasi die "Nullnummer" der neuen Serie -- ein Vorschauartikel, um meine geschätzten Leser darauf einzustimmen, was sie hier zukünftig erwartet und was sich gegenüber der bisherigen wöchentlichen Reihe "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim" ändert. Und dazu gehört es natürlich auch und sogar vorrangig, die Umstände zu erläutern, die mich zur Eröffnung einer neuen Wochenbriefing-Reihe veranlasst haben. Beginne wir also mit der altbewährten Rubrik...
Was bisher geschah: Am 28. Oktober, dem Fest der Apostel Simon und Judas, fassten meine Liebste und ich einhellig den Entschluss, die Mitarbeit in unserer Wohnortpfarrei zu beenden. Auf die Ereignisse des vorangegangenen Abends, die den unmittelbaren Auslöser für diese Entscheidung darstellten, will ich hier nicht näher eingehen, denn die waren für sich betrachtet eigentlich ziemlich banal -- und kaum der Rede wert im Verhältnis dazu, was wir in den vergangenen fünf Jahren in dieser Gemeinde an Feindseligkeit, Ablehnung und übler Nachrede haben einstecken müssen, an Be- und Verhinderung unserer Initiativen, sei es aus Desinteresse, Konkurrenzdenken, Bosheit oder auch aus purer Inkompetenz. Also, relativ gesehen ist an dem besagten Abend gar nichts Besonderes vorgefallen, aber es war eben der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es geht mir nicht um persönliche Schuldzuweisungen. Wir haben in den zurückliegenden Jahren oft gedacht, unser größtes Problem in dieser Gemeinde wäre der Pfarrer, aber das war offenbar zu kurz und zu schlicht gedacht. Zu optimistisch wohl auch, denn mit einem einzelnen Gegner, selbst wenn's der leitende Pfarrer der Gemeinde ist, kann man noch irgendwie fertig werden. Gegen ein toxisches, kodependentes Beziehungsgeflecht, das das gesamte Gemeindeleben prägt (und von dem leider zu vermuten steht, dass es weniger spezifisch für diese eine Pfarrgemeinde als vielmehr typisch für durch Mitgliederschwund und Nachwuchsmangel ausgezehrte und überalterte Strukturen ist), ist man machtlos.
Die Entscheidung ist mir dennoch nicht leicht gefallen. Im ersten Moment dominierte das Gefühl, vor einem Trümmerhaufen zu stehen: Fünf Jahre Aufbauarbeit, oft über die Grenze der Erschöpfung hinaus, gegen allerlei Widerstände -- sollte das nun wirklich alles umsonst gewesen sein? Aber so nach und nach dämmerte mir, dass das durchaus nicht der Fall war. Wie es in der Rap-Strophe von Miriam Buthmanns "Beschützer der Welt" heißt:
Meine Liebste und ich haben schließlich eine Menge gelernt in diesen fünf Jahren, haben Erfahrungen gesammelt, Fertigkeiten erworben, Ideen und Konzepte entwickelt -- auch wenn deren Umsetzung in unserer Gemeinde meist schon im Ansatz stecken blieb. Der Gedanke daran, was wir hier alles hätten bewegen können, wenn wir mal ein bisschen mehr Unterstützung bekommen hätten statt immer nur aufs Maul, führte wie von selbst zu der Erkenntnis: Wir können mehr. Wir verschwenden in dieser Gemeinde nur unser Potential. Am nächsten Tag, Freitag, kamen wir auf einem ausgedehnten Spaziergang (mit dem großen Kind im Bollerwagen und dem Baby im Tragetuch) an der Kirche St. Joseph vorbei, und da meine Liebste sowieso gerade festgestellt hatte, sie müsse unseren Jüngsten mal aus dem Tragetuch herausnehmen und stillen, gingen wir in die Kirche hinein und hielten eine spontane, improvisierte Andacht. Danach hatte ich meinen Frieden mit der Entscheidung zum Rückzug aus der Gemeindearbeit gemacht.
Symbolbild: St. Joseph und sein treuer Luchs hüten eine Herde Rosenkohl. |
Aber wie jetzt weiter? Erst kürzlich, anlässlich meines zehnjährigen Bloggerjubiläums, hatte ich geschrieben, meine Liebste und ich dächten
"in jüngster Zeit verstärkt darüber nach, ob es nicht allmählich an der Zeit wäre, den nächsten Schritt zu tun und mit dem schon wiederholt angedachten Projekt Ernst zu machen, mit Hilfe von Crowdfunding ein geistliches Zentrum in einem ehemaligen Pfarrhaus - oder gegebenenfalls auch in einem Resthof oder einem alten Wasserturm - aufzubauen."
Das mag nach einem etwas hoch gegriffenen Ziel aussehen, aber im Prinzip ist es das, was jetzt auf unserer Agenda steht. -- Nun haben wir allerdings den präzisen Plan, inklusive Location, Finanzierungskonzept und allen möglichen sonstigen organisatorischen Details, nicht einfach so fertig in der Schublade. Und ich bin sogar geneigt zu sagen: Das ist auch gut so. Es ist in diesem Stadium der Entscheidungsfindung wichtig, offen für die Führung des Heiligen Geistes zu bleiben -- und dafür, dass sich "etwas ergibt". Wir haben daher vorläufig zwei alternative strategische Ansätze für das weitere Vorgehen ausgeheckt, die wir, soweit möglich, vorerst parallel verfolgen wollen, bis sich herauskristallisiert, welcher Weg der richtige ist. Schlagwortartig zusammengefasst, gibt diese Doppelstrategie auch gleich den Titel für die neue Wochenbriefing-Reihe ab, nämlich (...Trommelwirbel...):
Spandau oder Portugal.
Was ich an diesem Begriffspaar - abgesehen von seinem reinen Klang - so mag, ist, dass beide Bestandteile gewissermaßen metaphorisch gemeint sind, aber zu einem gewissen Grad auch wortwörtlich verstanden werden können. Das muss ich jetzt wohl erklären.
Spandau ist einfach der nächste Stadtbezirk, man kommt mit dem Bus recht unkompliziert hin und wir kennen da einen Priester. Es könnte also eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Lösung sein, bis auf Weiteres erst mal dort in die Messe zu gehen, zu sondieren, ob und inwieweit wir unsere bisherigen Gemeindeaktivitäten oder zumindest Teile davon - Lobpreisandacht, Krabbelbrunch bzw. kindergartenfrei-Spieltreff, evtl. auch das Büchereiprojekt? - in die dortige Pfarrei verlegen könnten. Zur "Option Spandau" im wortwörtlichen Sinne gehört auch, dass es dort eine sympathische freikirchliche Gemeinde gibt, die wir vor einigen Monaten eher zufällig kennengelernt haben und mit der wohl auch eine Kooperation denkbar wäre.
Die Option, einigermaßen "wohnortnah" nach einer neuen Location (oder mehreren) für unsere Aktivitäten zu suchen, ist natürlich nicht auf den Bezirk Spandau beschränkt; wir hätten da durchaus schon ein paar Ideen, wo man diesbezüglich anfragen könnte, und zum Teil liegen die sogar diesseits der Havel, will sagen: in Tegel, Borsigwalde oder jedenfalls im Bezirk Reinickendorf. Aber im erweiterten oder "metaphorischen" Sinne gehört auch das zur "Option Spandau" -- die man folglich beschreiben könnte als:
"Erst mal hierbleiben und so ähnlich weitermachen wie bisher, nur nicht mehr unter dem (physischen und institutionellen) Dach unserer bisherigen Pfarrei; und dann mal ganz in Ruhe schauen, was sich daraus noch so ergibt und entwickelt."
Demgegenüber wäre die "Option Portugal" natürlich die erheblich radikalere Variante:
"Sachen packen, Staub von den Füßen schütteln und irgendwo weit weg ein Exerzitienhaus aufmachen, oder so."
Das müsste natürlich nicht zwingend in Portugal sein. Vor längerer Zeit haben wir auch schon mal über Costa Rica gesprochen; das ist auch ein schönes Land, die Hauptstadt heißt San José, und der Hl. Josef ist doch ein prima Schutzpatron für eine Familie, die als Familie Gott dienen will (s. Bild). Also, wenn meine Liebste eine Stelle als Lehrerin am Colegio Humboldt in San José bekäme, würde ich das auf jeden Fall gutheißen. Aber Portugal hat auch einiges für sich. Unter anderem, dass dort eine der traditionellen Hauptrouten den Jakobswegs verläuft. Da könnte man eine Pilgerherberge aufmachen und jeden Abend (zumindest in den Sommermonaten) ein Dinner mit Gott mit Gästen aus aller Welt veranstalten.
Im Grundsatz geht die "Option Portugal" jedenfalls von der Überlegung aus, ob es überhaupt sinnvoll bzw. erfolgversprechend ist, innerhalb Deutschlands "woanders hinzugehen" -- ob man nicht damit rechnen muss, überall auf dieselben kranken und dysfunktionalen Strukturen in den Pfarrgemeinden zu stoßen, allenfalls teils mehr, teils weniger stark ausgeprägt; und ob man nicht darüber hinaus damit rechnen muss, dass im Zeichen von Schismatischem Weg, Coronapolitik und demnächst wahrscheinlich auch noch Ampelkoalition zumindest auf kurze Sicht alles noch viel schlimmer wird. Im Zuge solcher Überlegungen stieß meine Liebste vor einiger Zeit auf Twitter auf eine Diskussion darüber, wo man denn hingehen könne, wenn man's in Deutschland nicht mehr aushielte, und da gab es einige Argumente für Portugal als attraktives Auswanderungsziel. Das ist bei meiner Liebsten hängen geblieben, und deshalb heißt dieser Aspekt unserer Zukunftsplanung nun eben "Option Portugal". Obwohl meine Liebste neulich meinte: "Wir könnten natürlich auch sagen Spandau oder Spanien, Pankow oder Portugal, Costa Rica oder Charlottenburg, Ungarn oder... äh..." -- "Oder vielleicht Limburg!", warf unsere kürzlich vier Jahre alt gewordene Tochter fröhlich ein. Na ja. Kindermund tut ja manchmal überraschende Einsichten kund, aber ich denke, wenn das eine Option sein soll, dann wohl eher das Limburg mit dem Käse als das an der Lahn.
Und wenn unsere jetzige Pfarrkirche mitsamt Pfarrhaus dann irgendwann für einen symbolischen Euro zum Verkauf steht, dann kommen wir zurück und kaufen sie. Vielleicht.
Soweit, so gut. Das wesentliche Strukturprinzip für die kommende Artikelreihe "Spandau oder Portugal" stelle ich mir daher in etwa vor wie folgt: Von Woche zu Woche protokollieren, was es in Hinblick auf die "Option Spandau" und auf die "Option Portugal", jeweils im engeren und im weiteren Sinne, Neues gibt. Und daran dann jeweils weiterführende Reflexionen anschließen. Mir schwebt vor, auch die Linktipps nach diesen Kategorien zu ordnen, aber da muss ich erst noch schauen, ob sich das als praktikabel erweist. Eine Rubrik "Was es sonst noch Neues gibt" dürfte sich so oder so als unerlässlich erweisen, und auf jeden Fall erhalten bleiben die Rubriken "Ohrwurm der Woche" und "Aus der Lesehore"; da geht mir der Stoff so schnell nicht aus.
Was auch noch erwähnt werden muss: Ich hatte diesen Vorschauartikel - und das Konzept für die neue Artikelserie mithin erst recht - schon größtenteils fertig, als mich die Mitteilung ereilte, das Erzbistum Berlin habe beschlossen, in der Advents- und Weihnachtszeit für alle Veranstaltungen, einschließlich der Gottesdienste, die "2G"-Regel einzuführen. Das hat mir erst mal ziemlich die Luft rausgelassen, und ich habe daraufhin kurz geschwankt, ob ich nicht doch lieber die Reihe "Grüße aus dem Corona-Park" wiederaufnehmen oder meine Blogpause lieber gleich bis April oder so (wenn die Coronavirus-Saison vorbei ist) verlängern sollte. Habe mich dann aber doch entschieden, bei dem oben ausgeführten Konzept zu bleiben. Sollte es in nächster Zeit wenig bis nichts im Sinne praktischer Basisarbeit zu beschicken geben, so gibt es umso mehr zu planen und Konzepte zu entwickeln. Und ich schätze mal, meine Familie und ich werden schon dafür zu sorgen wissen, dass das auch aus der Leserperspektive nicht langweilig wird.
Und noch etwas kann an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben: Weiter oben fiel schon mal das Stichwort "Finanzierung", und das ist natürlich ein ernstes Thema. Dieser Blog ist kostenlos und werbefrei und soll es auch bleiben, aber ich denke dennoch verstärkt darüber nach, ob es nicht möglich sein sollte, über das Bloggen ein kleines Zubrot zu erwirtschaften. So etwa 500 Euro im Monat (über mehr würde ich mich natürlich auch nicht beschweren) würden meiner Familie schon gelegen kommen, gerade jetzt in der Elternzeit. Vielleicht hat der eine oder andere Leser ja Ideen oder sachdienliche Hinweise zu diesem Thema... Einstweilen möchte ich aber nicht vergessen zu sagen: Danke für die Gebete und die Schokolade!
(Beispielbild.) |
1: If you need a piper....
AntwortenLöschen2: Mein spirituelles Heil liegt in (zuid-)Limburg: www.benedictusberg.nl
Ich kann Ihre Frustration ob Ihrer oftmaligen Ablehnung in der rötlichen Gemeinde verstehen.
AntwortenLöschenAber, so verständlich und nachvollziehbar Ihre Überlegungen zu einer Auswanderung auch sind, scheint mir ein so radikaler Bruch doch zumindest derzeit noch verfrüht zu sein.
Wir waren vor etwas über 20 Jahren in einer ähnlichen Situation wie Sie und Ihre Familie:
Erst war unser glaubenstreuer Gemeindepfarrer, ein altgedienter ehemaliger Afrikamissionar, vom PGR und KV wg. seiner Einstellung gemobbt worden, so dass er sich wegmeldete und zurück in die Mission ging, wo er übrigens zufrieden bis zu seinem Lebensende vor wenigen Jahren wirken konnte. Seine Nachfolge trat hier damals ein sehr liberaler und selbstherrlicher anderer Pater aus dem gleichen Orden an, mit dem wir wg. seiner eigenwilligen Einstellung nicht warm werden konnten.
Zum Bruch mit der Ortsgemeinde kam es, als im Zuge der damaligen innerkirchlichen Auseinandersetzungen um die Ausstellung von Schwangerschaftsberatungsscheinen dem Verein Donum Vitae bei uns kirchliche Räume zu einer sog. Informations- und Werbeveranstaltung offiziell mit Billigung der Gremien geöffnet wurden und auch im Gottesdienst vom Priester dazu öffentlich eingeladen wurde.
Wir trennten uns damals schlagartig von der hiesigen Ortsgemeinde, deren Kirche nur rd. 8 min Fußweg von unserer Wohnung entfernt liegt und besuchten seitdem konsequent und ausnahmslos rund 18 Jahre lang nacheinander uns jeweils zusagende Kirchen und Gemeinden in der näheren und weiteren Umgebung mit Entfernungen zwischen 8 und bis zu 40km.
Das waren durchaus insbesondere auch erhebliche zeitliche Opfer, aber es hat sich gelohnt: Unser Horizont hat sich dadurch zumindest für das hiesige Umland bzgl. der kirchl. Situation ganz erheblich geweitet, obwohl wir unser Engagement in den unterschiedlichen Gemeinden auf rein kirchliche Veranstaltungen beschränkten.
Inzwischen ist hier eine aus 6 über den ganzen Landkreis verstreute Gemeinden sich erstreckende Großpfarrei gebildet worden, deren einzelne Gemeinden wir so quasi "spielerisch" in den letzten beiden Jahrzehnten näher kennenlernen und einschätzen konnten.
Die uns seinerzeit das Leben so schwer machenden Menschen aus und in der eigenen Ortsgemeinde sind fast alle weg: verzogen, versetzt, pensionierte und manche gar gestorben. Inzwischen haben wir hier auch neue und andere Priester in der Großpfarrei, mit denen man gut klarkommen kann, und so besuche ich auch wieder hier am Ort inzwischen Sonntags regelmäßig die Hl. Messe sowie den wöchentlichen freitäglichen Gottesdienst. Meine Frau muss aus gesundheitlichen Gründen darauf verzichten und ist auf Fernsehgottesdienste angewiesen, aber ich kann und darf ihr die Hl. Kommunion mit nach Hause bringen. Es hat sich also für uns durch Gottes Fügungen und Führungen alles bisher zum Guten gewandelt.
Das wünsche ich auch Ihnen und Ihrer Familie in ähnlicher Form.
Sorry, ein Buchstabendreher, den ich beim Korrekturlesen leider übersehen habe: "örtlichen" statt "rötlichen Gemeinde" sollte es heißen.
LöschenDie amerikanischen Blogger haben ja oft so ein Patreon-Konto, wo man als Leser eine gewisse Summe im Monat einbezahlt und dann irgendwelche Extras kriegt - eine handsignierte Kaffeetasse, hier und da mal einen Blogpost nur für "Patreons" oder was auch immer. Vielleicht ist das ja auch für dich eine Option?
AntwortenLöschenIch kann dir ja empfehlen, in die Schweiz auszuwandern. Zumindest der ganze Coronakram ist hier deutlich entspannter. Um die Situation der Kirche sieht es allerdings auch nicht besser aus als in Deutschland...