Vor meinem jüngsten Trip nach Nordenham und Butjadingen hatte ich angekündigt, ich wolle mich nach meiner Rückkehr näher mit dem Blog juhopma.de und dem darin vorgestellten – oder sagen wir: sich entwickelnden – Konzept #einfachkirche befassen. Nachdem ich nun ein bisschen in dem von dem jungen Hamburger Vikar Jonas Goebel betriebenen Blog kreuz- und quergelesen habe, muss ich zunächst einmal gestehen, dass es mir schwerer fällt als erwartet, meine grundsätzlich wohlwollende Einstellung gegenüber dem Autor und den mancherlei Ideen, die er unter dem Schlagwort #einfachkirche ausbreitet, aufrecht zu erhalten. Beim Lesen habe ich mich immer mal wieder gefragt, ob der bereits erwähnte Umstand, dass Jonas Goebel es geschafft hat, den dümmsten anzunehmenden Beitrag zum Thema "Interkommunion bzw. gemeinsames Abendmahl" zu verfassen, vielleicht doch nicht nur ein „Ausrutscher“ gewesen ist. Womit ich sagen will: Zuweilen scheint mir, dass Denken insgesamt nicht so seine Stärke ist. Deshalb träumt er lieber. Wovon? Von einer Kirche, die "relevant" ist. Warum hat er diesen Traum? Diese Frage stellt er sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit selber, aber die Antworten, die er darauf gibt, wirken einigermaßen schwammig und wenig überzeugend. Da ist immer wieder von einer "Botschaft" die Rede, die die Kirche den Menschen zu verkünden habe. Okay; aber warum verkündet er sie dann nicht? Mir jedenfalls wird aus denjenigen seiner Beiträge, die ich bisher gelesen habe (und das waren nicht gerade wenige), nicht so richtig klar, was er als den inhaltlichen Kern dieser „Botschaft“ betrachtet. Irgendwie scheint es ihm nämlich immer wieder hauptsächlich um die Verpackung zu gehen. Diese ist – wenn ich ihn richtig lese – seiner Auffassung zufolge das entscheidende Manko der Kirche: Sie kriegt ihr "Produkt" nicht "verkauft", weil die Verpackung unattraktiv ist. Sie trifft nicht den "Geschmack" der Leute – seinen eigenen übrigens auch nicht:
"Für mich ist Sonntagmorgens zum Beispiel einfach eine blöde Zeit. Da gehe ich – egal zu was – nicht gerne irgendwohin. Also allein die Uhrzeit eines Gottesdienstes entscheidet für mich schon darüber, ob ich eher hingehe oder nicht. Auch der Ort ist für mich durchaus entscheidend. Eine kalte, dunkle Kirche – ich kann mir durchaus einladendere Dinge vorstellen.
Und [...] [i]ch stehe nun mal weniger auf Orgelmusik."
Gleichzeitig ist ihm durchaus bewusst, dass das, was nach seinem Geschmack wäre, wieder anderen nicht gefallen würde. Wie aber löst man dieses Dilemma? Durch eine Craft-Beer-Kirche! Kein Scherz:
"Ich glaube, ich wünsche mir Kirche so ein wenig wie die Craft-Bier-Szene. Es gibt auf einmal unzählige neue Biere. Und ja: viele davon sind echt nicht mein Geschmack. Aber es gibt auf einmal eine (Geschmacks-)Auswahl an Bieren… ich bin mir sicher, dass der eine oder andere nun Bier trinkt, für den es vorher nichts war.
Also… ich wünsche mir eine Kirche, die eine bunte Palette an Gottesdiensten im Angeboten hat – ganz wie die Craft-Bier-Szene."
(Bildquelle: Pixabay) |
Na gut, das kann man jetzt wohl als die in zeitgenössisches Marketing-Sprech übersetzte Version des paulinischen "allen alles sein" interpretieren. Aber ob der Völkerapostel sich da wirklich richtig verstanden fühlen würde? Geht es tatsächlich bloß darum, den Leuten das zu servieren, was nach ihrem persönlichen Geschmack ist? Im Grunde reproduziert dieser Ansatz doch bloß das Konzept der milieusensiblen Pastoral, von dem andere Vordenker pastoraler Erneuerungsprozesse sich schon wieder abzuwenden beginnen. Womit ich nicht sagen will, dass mir deren Vorstellungen nun unbedingt besser gefallen. Zu fragen bleibt aber: Wenn man jeder Zielgruppe ein passendes Angebot auf den Leib schneidert, wo bleibt dabei das Verbindende und Verbindliche? Bleibt man bei dem von Jonas Goebel gewählten Vergleich, kann man immerhin sagen: Es handelt sich bei allen ausgeschenkten Getränken um Bier. Aber genügt das als gemeinsamer Nenner?
Ich will mich damit durchaus nicht grundsätzlich gegen eine Vielfalt von Stilen in der Gestaltung von Gottesdiensten aussprechen. Die gibt es in der katholischen Kirche ja auch. Ja, tatsächlich ist diese Vielfalt innerhalb der katholischen Kirche sogar sehr groß -- wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man an einem Sonntag zur Petrusbruderschaft und am nächsten Sonntag zur Charismatischen Erneuerung geht. Zum Beispiel. Trotzdem sind die wesentlichen Elemente der Heiligen Messe immer und überall dieselben -- zumindest sollte es so sein. Wie sieht das nun bei #einfachkirche aus? Wie wird da die Gemeinschaft der Gläubigen über die Grenzen der jeweils unterschiedliche "Angebote" bevorzugenden Zielgruppen hinweg gewährleistet? Ich bezweifle, dass Jonas Goebel darauf eine überzeugende Antwort hat. An anderer Stelle erklärt er, #einfachkirche müsse „frei in ihrer Form“ sein, „weil es keine heiligen Formen von Kirche gibt, die es zu bewahren oder zu beschützen gälte“. Na ja, ich sag mal so: Ich kann mir schon vorstellen, wie man als Mitglied und Mitarbeiter einer evangelischen Landeskirche in Deutschland auf sowas kommt. Falsch ist es trotzdem, und man bräuchte eigentlich noch nicht einmal gläubig zu sein, um das zu kapieren. Heiliges verlangt nach einer heiligen Form, das ist geradezu eine anthropologische Konstante durch alle Zeiten und Weltgegenden hindurch. In diesem Zusammenhang verweist Rod Dreher in der "Benedikt-Option" auf ein Buch des Kulturanthropologen Paul Connerton mit dem Titel "How Societies Remember", das ich wohl mal im Ganzen lesen sollte. Wie dem auch sei, ich neige zu der Annahme, die grassierende Formlosigkeit, die im theologisch "liberalen" Lager gern geradezu als eine "Errungenschaft" betrachtet oder dargestellt wird, rühre von einem Verlust des Sinns für das Heilige her. Das verschwindet irgendwie aus der religiösen Praxis und wird durch "einen Topf voll Message" ersetzt, wie Walker Percy es mal formulierte. Womit wir wieder bei Jonas Goebels Insistieren auf dem "Eigentlichen" wären, das die Kirche den Menschen zu geben habe: "unserer Botschaft". Ich würde ja sagen: Das Eigentliche am christlichen Glauben ist nicht irgendeine Botschaft, sondern Jesus Christus persönlich, wahrer Mensch und wahrer Gott. Dazu, wie die Kirche es den Menschen ermöglichen kann, Ihm persönlich zu begegnen, habe ich unter dem Label #einfachkirche bisher noch nichts gefunden.
Aber möglicherweise ist das auch alles nur eine Momentaufnahme, und nächste Woche sieht Jonas Goebels Vision von #einfachkirche schon wieder ganz anders aus, weil er in der Zwischenzeit einen neuen Einfall gehabt hat. So jedenfalls scheint mir sein Blog insgesamt aufgebaut zu sein: Er ärgert sich über etwas in der Kirche oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit für die Kirche, dann kommt er nach Hause und bloggt darüber, dass man das ganz anders machen müsse; oder er erlebt außerhalb der Kirche etwas, das ihm gefällt, dann kommt er nach Hause und bloggt über die Frage, ob man so etwas Ähnliches nicht auch in der Kirche machen könnte.
Dieser Ansatz ist ja nicht unbedingt unsympathisch. Dass Jonas Goebel mit dem Zustand "von Kirche", wie er ihm in seiner Tätigkeit als Vikar in einer evangelischen Landeskirche tagtäglich begegnet, unzufrieden ist – wer wollte es ihm verübeln? Dass er keinen "Masterplan" dafür hat, wie man alles, alles besser machen könnte, ist ihm ebenfalls bzw. erst recht nicht vorzuwerfen. Und wenn ich den Eindruck habe, dass die diversen Ideensplitter, aus denen er seine Vision von #einfachkirche zusammenzubasteln versucht, nicht so recht zusammenpassen oder einander tendenziell sogar widersprechen – na schön, das kann ja auch an mir liegen. Jedenfalls könnte ich mir ohne Weiteres vorstellen, dass mancher Leser diesen Eindruck auch bei dem haben mag, was ich so alles zusammenschreibe, wenn der Tag lang ist. Möglicherweise ergeben diejenigen Ideenfragmente aus dem Brägen des Jonas Goebel, die mir so disparat erscheinen, in seiner eigenen Wahrnehmung sehr wohl ein einigermaßen kohärentes Bild; vielleicht habe ich das "missing link", mit dessen Hilfe sich alles stimmig zusammenfügt, auf seinem Blog einfach noch nicht entdeckt, vielleicht hat er dieses "missing link" auch noch gar nicht explizit schriftlich ausformuliert, möglicherweise weil er es selbst bislang eher nur erahnt, als dass es ihm in ausreichendem Maße klar wäre, um darüber zu schreiben. All das könnte ich sehr gut nachvollziehen.
Nachdem ich somit meine eingangs infrage gestellte wohlwollende Grundhaltung wiedergefunden habe, muss ich ehrlicherweise dennoch einräumen, dass ich davon ausgehe, dass Jonas Goebel und ich in nahezu jeder kirchenrelevanten Streitfrage auf verschiedenen Seiten der Frontlinie stehen würden. Schon allein mit Blick auf Stichworte wie "Identität-Relevanz-Dilemma", "Heiliger Rest"... you name it. Wobei diese Themen im Grunde nur Spitzen eines Eisbergs sind: Was dabei eigentlich im Hintergrund steht, ist der Umstand, dass wir wohl erhebliche Mühe hätten, uns darüber zu verständigen, was die Kirche ist und wozu sie da ist. Das hat natürlich auch und sicher nicht zu allerletzt mit konfessionellen Unterschieden zu tun, aber durchaus nicht nur. Ja, im Grunde weiß ich gar nicht, ob ein Jonas Goebel mit jemandem wie mir überhaupt würde reden wollen. Aber dann liest man auf juhopma.de eben auch – wenn man lange genug sucht oder beim planlosen Hin-und-her-Klicken einfach Glück hat – gänzlich Unerwartetes und Überraschendes. Beispielsweise die Geschichte, wie der Jonas in der S-Bahn zufällig neben einem Hamburger Original sitzt:
"Wer aus Hamburg kommt, der kennt vermutlich diesen Mann. Er steht gerne in der belebtesten Einkaufsstraße Hamburgs [...] und spricht laut [...] über Gott, die Bibel und dass es Zeit ist an diesen Gott zu glauben.
Ich habe noch niemanden getroffen, der positiv über diesen Mann spricht. Meine eher nicht zur Kirche gehenden Freunde finden ihn komisch. Die eher zur Kirche gehenden Freunde meistens peinlich. Manche finden ihn auch richtig schlimm. Und ich kann das durchaus verstehen.
Er wirkt nicht gerade sympathisch. Eher einschüchternd. Seine Wortwahl scheint drastisch. Es fallen Worte wie 'Umkehr' oder 'Endgericht'. Ich habe ihm noch nie lange zugehört, deswegen weiß ich gar nicht, ob er richtig Predigten hält oder stundenlang das gleiche ruft. Ich weiß auch nicht, ob er nicht auch zwischendurch 'schöne' Sachen sagt. Bei mir ist der Eindruck hängen geblieben, dass er eher droht, als einzuladen."
Kurzkommentar zum gefühligen Pastoralsprech des letzten Absatzes: Seufz bzw. gähn. Wobei ich mir gut vorstellen kann, dass dieser Mann auch mir nicht sonderlich sympathisch wäre – und dass ich auch gegen seine "Theologie", sofern von einer solchen die Rede sein kann, meine Einwände hätte. Aber um den Mann geht es im Grunde gar nicht – sondern eher darum, dass Jonas ihn als Kontrastfigur zu sich selbst in Szene setzt. Und dass er sich durch diesen Kontrast infrage stellen lässt.
Zwar versichert er seinen Lesern: "Keine Sorge, ich will kein 'Hardliner' werden. Ich werde mich in diesem Leben auch nicht auf die Straße stellen und laut aus der Bibel vorlesen." Aber: "Aber ich werde die Sorge nicht los, dass wir als Kirche (und ich als Teil dieser Kirche) [...] uns selber weichgespült haben." Und weiter:
"Jedes Mal, wenn ich diesen Mann in Hamburg sehe, dann denke ich an Paulus. Den ersten großen christlichen Missionar. Und an die Jünger von Jesus. Und frage mich, wer von uns beiden Paulus und den Jüngern ähnlicher ist.
Und ich frage mich, ob es nun eher gut oder schlecht ist, wenn man den Jungs von damals heute (noch) ähnlich ist."
Dass er sich das fragt, finde ich zwar komisch – ich würde sagen, die Frage beantwortet sich von selbst –, aber es ist wohl allemal besser, als wenn er sich das nicht fragen würde. Immerhin bringt diese Begegnung ihn dazu, zu erwägen, "dass wir eigentlich das gleiche Ziel haben. Wir wollen beide das Gleiche. Wir scheinen beide von der 'Frohen Botschaft' überzeugt zu sein." Darauf lässt sich doch aufbauen! Irgendwo, so scheint mir, steckt in dem jungen Mann zwischen all dem Unausgegorenen doch ein gewisses Potential.
Kurz und gut: Ich muss sowieso irgendwann mal wieder nach Hamburg, ich habe schließlich Familie dort. Und wenn ich dann mal dort bin, würde ich mich durchaus gern mal mit dem Jonas Goebel bei einem Bier zusammensetzen. Wenn's unbedingt sein muss, darf es auch ein Craft Beer sein.
Ich hätte dort beinahe kommentiert, und zwar unter dem Interkommunion-Artikel. Ich habe es dann doch gelassen, einfach weil ich das nicht für sinnvoll halte.
AntwortenLöschenAber hier schreib ich es mal:
Goebels Vorschlag: Jemand, der nicht an die Transsubstantiation glaubt und nicht geweiht ist, möchte so tun, als glaubte er an die Transsubstantiation und sei geweiht, damit die Katholiken nicht gekränkt werden.
Das ist nun aber wirklich ein Weg, Katholiken zu kränken (sofern sie nicht so heiligmäßig sind, darüber einfach nur milde lächelnd den Kopf zu schütteln). Denn es heißt nichts anders als: Wir machen den Katholiken was vor, wir tun so als ob.
Man kann das auch "Lüge" nennen.
Na ja, ob es ein Zeichen von Heiligkeit ist, über eine Irrlehre (eine pastorale Lüge) nur milde zu lächeln und den Kopf zu schütteln stelle ich mal dahin und bezweifle das stark. Fakt ist, dass Jonas Goebel Rückenwind in Orkanstärke hat um seine Meinung unters Volk zu bringen. Bischof Feige meinte unlängst in einem Interview mit der FAZ, dass z.B. die Gegner der Handreichung zum gemeinsamen Kommunionempfang von Protestanten und Katholiken ein "vorkonziliares Kirchenbild" vertreten. Wenn er es dabei belassen hätte, könnte man wirklich milde lächeln und den Kopf schütteln. Aber Bischof Feige setzt noch einen drauf: "Aufgrund meiner DDR Erfahrungen weiß ich, was eine Ideologie ist, die alles ordnen und regeln will und dabei jedes Abweichlertum unterdrücken und aus der Gemeinschaft ausschließen muss." Es ist also wirklich vergebene Liebesmüh, beim Herrn Goebel zu kommentieren, wenn er ihnen vermutlich den katholischen Bischof "Feige" vor den Latz knallt um ihr vorkonziliares Weltbild zu zertrümmern. Unlängst schrieben sie in ihrem Blog, dass der dreißigjährige Krieg vorbei wäre, manchmal wünsche ich mir dreißig Jahre echte Katholizität von den Bischöfen, die uns ja auf gute Weide führen sollen. Ich würde mich auch schon mit einem Jahr zufrieden geben.
Löschen>>dass z.B. die Gegner der Handreichung zum gemeinsamen Kommunionempfang von Protestanten und Katholiken ein "vorkonziliares Kirchenbild" vertreten.
LöschenIch kram' mal kurz meinen inneren Piusbruder hervor:
Und was sagt uns das über das Konzil?
Einschub Ende.
>>Aufgrund meiner DDR Erfahrungen weiß ich, was eine Ideologie ist, die alles ordnen und regeln will und dabei jedes Abweichlertum unterdrücken und aus der Gemeinschaft ausschließen muss
LöschenVon einem Bischof mit DDR-Erfahrung sollte man annehmen, daß er weiß, was der entscheidende Unterschied zwischen Kommunismus und Katholizismus ist.
Nämlich daß der erstere eine Irrlehre und der zweitere die Wahrheit ist.
In vielem, was dann noch übrig bleibt (was naturgemäß nicht viel ist), war der Kommunismus gar nicht so schlecht: zum Beispiel in der Geschlossenheit und dem Eifer seiner Anhänger, im Liedgut oder eben auch im prinzipiell dogmatischen Umgang mit der Wahrheitsfrage.
Daß ein Bischof Menschen, die einfach nur die Eucharistie ernst nehmen, mit atheistischen Diktatoren vergleicht - das finde ich wirklich schlimm. Das wußte ich nicht, und ich hätte es bei aller - öh... Vorbehalte - gegenüber deutschen Würdenträgern nicht für möglich gehalten.
LöschenMir ist diese etwas selbstgefällige Dummheit schwer zu ertragen, da probiere ich mich lieber durch fünferlei Achterbahnen oder achterlei Biersorten durch.
AntwortenLöschenWenn er damit kokettiert, dass er am Sonntag am liebsten nirgendwo hingeht, dann sollte er sich einmal überlegen, welchem Umstand und WEM er den Feiertag überhaupt verdankt. Soll er doch undankbar weiterwurschteln. Aber das Haus Gottes soll er in Frieden lassen.
Allgemein fällt auf, wie viele Leute in derlei Diskussionen immer so tun, als befänden wir uns in einem Mittelalter, das womöglich imaginär und ideell ist und das es womöglich so nie gegeben hat, das aber jedenfalls lange her ist, wenn es es gegeben hat, und "der Sonntagsgottesdienst" fände immer post Tertiam statt, wobei für die Terz die veritas horarum eingehalten würde.
AntwortenLöschenFrühmessen (tendenziell für alte Leute, die Frühaufsteher sind, und für das Dienstpersonal) und Mittagsmessen für Langschläfer gibt es bei den Katholiken gefühlt schon immer; Abendmessen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, Vorabendmessen mit der Liturgiereform (jedenfalls so ungefähr) eingeführt.
"Vorabendmessen mit der Liturgiereform (jedenfalls so ungefähr) eingeführt."
LöschenDer Pfarrer meiner Jugend hat sich bis zuletzt dagegen gewehrt die Vorabendmesse in unserer Gemeinde zu etablieren. "Dann kommt am Sonntag keiner mehr!" 40 Jahre später erkennt man den Wahrheitsgehalt seiner Prophetie.
Die Vorabendmesse wurde in unserer Gemeinde "ersatzlos" gestrichen. "Sonst kommt am Sonntag keiner mehr!"
Zumindest die Leute, die am Sonntag Frühschicht haben, kommen dann in der Tat nicht mehr.
LöschenIn Zeiten, da ich in der Pflege gearbeitet habe, war ich für Vorabendmessen unendlich dankbar.
Zur Frage der Sinnhaftigkeit der Vorabendmesse wollte ich mich jetzt nicht äußern. Nur zu dem erstaunlichen Befund, daß (unter anderem) sie, aber auch die immer schon möglichen Sonntagmittag-Spätmessen, in solchen Diskussionen ganz übersehen werden.
LöschenDer Sache nach geht jedenfalls die Erlaubnis der Vorabendmesse aus einer Motivation hervor, nämlich dem Gedanken "auch wenn's bissel untraditionell ist, machen wir es den Leuten so leicht wie möglich, ihre Sonntagspflicht zu erfüllen, damit nicht ein bißchen verständliche Bequemlichkeit, mag sie auch an und für sich vorwerfbar sein, dazu führt, daß gleich *schwere* Sünden begangen werden" [*] - die dem eigentlichen Grund für den Niedergang des Kirchgängers, nämlich a) Glaubensverlust und b) das bisweilen ja auch offen propagierte "wer nicht **wirklich** Lust hat, soll besser gleich daheimbleiben", klarerweise diametral entgegensteht. Das jetzt unabhängig davon gesagt, ob man sie nun für gut befindet oder nicht.
[* Dem gegenüber war die Motivation von wegen Schichtarbeiter die @Claudia Sperlich anspricht, wohl sekundär, weil es bei denen ja "nur" in Anführungsstrichen um das Nichterkalten des religiösen Gefühls etc. ging, aber ihnen das Fernbleiben von der Messe an sich erlaubt war.]