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Samstag, 16. Mai 2015

Es ist Christi Himmelfahrt, ihr Luschen!

"Katholiken, die den Glauben der Kirche, wie ihn die Konzilien über Jahrhunderte zu glauben vorgelegt haben und wie ihn das letzte Konzil, sowie die nachkonziliare Lehrentwicklung für unsere Zeit entfaltet hat, für sich angenommen haben [...,] fühlen sich in den letzten Jahren zunehmend innerhalb der Kirche - auch von ihren Bischöfen - marginalisiert". Das schrieb vor wenigen Tagen Bloggerkollege Cicero im Zusammenhang mit den neuesten Verlautbarungen des "ZdK". Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte ich derartige Klagen über die Marginalisierung gläubiger Katholiken innerhalb der eigenen Kirche noch für übertrieben gehalten bzw. zumindest halten wollen. Da hätte ich zu der Auffassung geneigt, diejenigen Vertreter von kirchlichen Gremien, Verbänden oder gruseligen "Laieninitiativen" à la "Wir sind Kirche", die immer fordern, die Kirche müsse "zeitgemäß" werden und sich darum von Ewigen Wahrheiten trennen, wären eine zwar laute, an Zahl und tatsächlichem Einfluss jedoch recht überschaubare Minderheit. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. Es scheint, dass die Idee, die Kirche müsse, um sich in einer pluralen Gesellschaft zu behaupten, ihr seelsorgerliches und spirituelles "Angebot" möglichst stromlinienförmig und marktkonform gestalten, zunehmend auch in den Ordinariaten Einzug hält - und erst recht in den Pressestellen der deutschen Bistümer. Da breitet sich ein Klima aus, in dem Katholiken, die sich engagiert und unmissverständlich zum Glauben der Kirche bekennen, zunehmend als störend empfunden werden

Da störe ich dann allerdings nur allzu gern.

Am Hochfest von Christi Himmelfahrt erlebte ich in der St.-Clemens-Kirche am Anhalter Bahnhof ein sehr schönes und feierliches Hochamt - einschließlich einer bemerkenswerten Predigt von Pfarrer Oliver Cornelius, der die interessante Frage aufwarf: Warum muss Christus nach seiner Auferstehung eigentlich in den Himmel auffahren? Warum bleibt er nicht auf der Erde? In diesem Zusammenhang hob Pfarrer Cornelius es als bemerkenswert hervor, dass sowohl im Markusevangelium (16,15-20) als auch in der Apostelgeschichte (1,1-11) die Himmelfahrt Christi unmittelbar auf die Aussendungsrede an die Jünger folgt. "Vierzig Tage lang hat der Auferstandene Seine Jünger instruiert, wie sie Sein Werk fortsetzen, Seine Botschaft verkündigen sollen. Jetzt ist die Zeit der Ausbildung vorbei - der Meister zieht sich zurück, und die Gesellen müssen sich selbst an die Arbeit machen." Natürlich lässt der Meister die Seinen nicht wirklich, nicht ganz und gar allein: Er sendet ihnen den Heiligen Geist als Seinen Beistand - das feiern wir dann demnächst an Pfingsten. Dennoch gehört zur Botschaft von Christi Himmelfahrt auch und nicht zuletzt die Botschaft: "Geht hinaus in alle Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!" (Mk 16,15). Ich war begeistert von dieser Predigt und strotzte geradezu vor Motivation. 

Nach der Messe betrachtete ich meine Facebook-Timeline, und auch da wurde eifrig Christi Himmelfahrt gefeiert, mit vielen künstlerischen Darstellungen, Bibelzitaten und geistlichen Reflexionen. Mittendrin ein Beitrag des Bistums Münster, der aus dem Rahmen fiel: ein Foto mit Blümchen, genauer gesagt mit Tulpen. Nanu, dachte ich, Muttertag war doch erst? Beigefügt war dem Bild ein Gedicht, oder so etwas Ähnliches. Ein "Spruch im Treppenhaus eines Wohnblocks", wie das Social-Media-Team des Bistums Münster freundlicherweise mitteilte. "The words of the prophets are ritten on the subway walls / And tenement halls", wussten ja schon Simon und Garfunkel.

"Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit. 
Ein bisschen mehr Güte und weniger Neid.
Ein bisschen mehr Wahrheit immerdar und viel mehr Hilfe in jeder Gefahr!
Ein bisschen mehr "Wir" und weniger ich. 
Ein bisschen mehr Kraft - nicht so zimperlich! 
Und viel mehr Blumen während des Lebens, 
denn auf den Gräbern da sind sie vergebens! 

Bei den Facebook-"Fans" des Bistums Münster kam dieser Eintrag offenbar bestens an (bis zur Stunde hat er 124 "Likes" eingeheimst und wurde 39mal geteilt); meine erste Reaktion auf diese süßlich-klebrigen Verse war jedoch ein spontaner Würgereiz. Mein nächster Gedanke war: Gebt mir eine Ukulele, und ich mache ein NGL daraus. Dann aber dachte ich: Das darf ja wohl nicht wahr sein, dass einem deutschen Bistum zum Hochfest von Christi Himmelfahrt nichts Besseres einfällt als derart platte Poesiealbums-Lyrik ohne den leisesten Hauch eines christlichen Bekenntnisses! Ich hätte gedacht, für Spruchweisheiten dieses Kalibers gäbe es schon Seiten wie Made My Day, Collective Evolution oder Hör auf damit, wir müssen jetzt seriös wirken, dafür bräuchte man die Kirche nicht. Nun ja, und da ich eher selten dazu neige, meine Meinung für mich zu behalten, versah ich den Facebook-Beitrag des Bistums Münster mit folgendem Kommentar: 


Prompt meldeten sich andere Nutzer des Sozialen Netzwerks und merkten pikiert an, der Spruch sei doch total schön und wahr und nett und, und was ich denn dagegen einzuwenden hätte. Unter meinen Gegenrednern war auch ein Ordenspriester, und ausgerechnet dieser setzte direkt zum Tiefschlag an:


Schon klar: Wer an Blumenbildern keine Freude hat und wessen Herz von Treppenhauspoesie unberührt bleibt, der muss ein schlimmer Bösewicht sein, und wer die Heilige Dreifaltigkeit des Friedens, der Freude und des Eierkuchens leugnet, der sei anathema. Aggressive Einwürfe wie der meine beweisen gerade, wie nötig wir "ein bisschen mehr Friede und weniger Streit" haben. Derartige "Argumentations"-Strategien sind mir durchaus nicht neu, aber ich muss sagen, aus geweihtem Munde ärgerten sie mich dann doch besonders - weshalb ich prompt zurückpampte: 


Hier nun schritt die Moderation ein. Hatte ich ja eigentlich schon längst erwartet. 


Also: Ab in die Ecke und schämen! Zu meinem Glück und meiner Freude schaltete sich just in diesem Stadium der Debatte Bloggerkollege Andreas von Pro Spe Salutis zu - und las der Social-Media-Abteilung des Bistum Münster mit weit kühlerem Kopf, als ich ihn in diesem Moment hätte aufbringen können, die Leviten: 
"Das Problem scheint mir darin zu liegen, dass sich diese Allerweltspoesie (so nett sie auch sein mag) immer mehr an die Stelle der Verkündigung setzt. [...] Gewiss schadet es nicht, sowas zu beherzigen [...], aber es ist der Kirche aufgetragen,  Größeres und Umfassenderes zu verkündigen." 
In Münster zeigte man sich uneinsichtig:


An dieser Stelle stieg ich aus der Debatte aus, weil es mir schlicht zu blöd wurde. Nicht so Andreas, der erneut betonte, es wäre wünschenswert, wenn kirchliche Medienarbeit sich mehr einer "Evangelisierung", die "diesen Namen auch verdient", widmete, anstatt über "Bienchen, Blümchen und Bäumchen" zu säuseln:
"Der Spruch oben, an dem sich diese Debatte entzündet, mag ja meinethalben nicht schlecht sein [...]. Aber Hand aufs Herz: Brauche ich dazu Christus, den Glauben oder die Kirche? Nein! Darauf kann ich mich ohne Gott, ohne Kirche und ohne Glauben mit jedem Atheisten einigen. Haben wir als Christen nicht ein "Mehr" zu bieten? Und warum wird dieses "Mehr" so oft verschwiegen oder (verschämt?) unter den Teppich gekehrt?" 
Auf eine überzeugende Münsteraner Antwort hierauf wartete man vergeblich. Stattdessen berief man sich in der Social-Media-Redaktion des Bistums auf die positive "Resonanz auf den von Ihnen so kritisierten Beitrag" (schon klar, Wohlfühlsprüche, die niemandem weh tun, finden immer eine positive Resonanz - fragt mal die Redaktion von Made My Day!) und resümierte: 
"Offensichtlich haben wir ein anderes Verständnis, wie und auf welchen Wegen die Verkündigung des Glaubens erfolgt."
Das scheint mir in der Tat auch so. Habe mal auf der Facebook-Chronik des Bistums Münster zurückgescrollt, um zu schauen, wann da zuletzt ein Beitrag mit "Glaubenscontent" erschienen ist. Ich fand: eine Segensbitte, gepostet am 13. Mai; eine Reflexion über Sinn und Nutzen des Betens, gepostet am 12. Mai; am 11. Mai einen Gebetstext von Jörg Zink; danach hört ich auf zu suchen. Es gibt ihn also, den "Glaubenscontent" auf dieser Seite, aber er ist gut versteckt zwischen allerlei Belanglosem und bleibt auch selbst gern ein wenig schwammig. 

Die Konsequenz, die ich für mich aus dieser ganzen Auseinandersetzung ziehe, ist, dass ich der Abteilung Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Bischöflichen Generalvikariats Münster am Montag eine Initiativbewerbung für den Bereich "Neue Medien" schicken werde. Das kann ja so nicht weitergehen mit denen, und qualifiziert fühle ich mich allemal. Es könnte aber natürlich sein, dass ich ein bisschen zu katholisch für den Job bin. 

Als sehr treffend gestaltet empfinde ich angesichts der hier beschriebenen Tendenzen übrigens das offizielle Logo des Bistums Münster: Es ist bunt und unscharf. Aber es besteht Hoffnung: Mit ein bisschen Phantasie kann man in der Mitte ein Kreuz erkennen. 


8 Kommentare:

  1. Zwar bringe ich es nicht fertig, den Zauber der Karibik (ZdK) für verheerender zu halten als den Mongolensturm (was ja in den dunkelkatholischen Kreisen, in denen ich gern verkehre, oft getan wird). Schlimm sind sie schon! Aber allzu gern wird so getan, als gebe es außer ZdK-Fans und einem tapferen Häuflein romtreuer Blogger gar nix in deutschen Landen.
    Schlimm genug ist es aber schon. Das Gedichtchen (ich glaube, in meiner Jugend hat eine vergessene Popsängerin damit kurzen Ruhm erworben) ist so peinlich schlecht! Und die Frage des Bistums "Kann die Kirche Größeres verkünden als die Botschaft der Nächstenliebe?" beantworte ich mit einem klaren Ja.
    Die Botschaft der Nächstenliebe haben auch andere Religionen und auch religionslose Gemeinschaften. Die weit größere Botschaft von Kreuz und Auferstehung hat in der Tat nur die Kirche.
    "Kann die Kirche Größeres verkünden als die Botschaft der Nächstenliebe?" Ja, kann sie, muß sie und tut sie immer noch, so als Ganzes.
    "Kann das ZdK Größeres verkünden als die Botschaft der Nächstenliebe?" Nö.

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    1. Liebe Claudia, das war "Nicole" mit "ein bisschen Frieden" und die ist bei uns in der Pfalz in Saarlandnähe gaaar nicht vergessen! Nööö! Und als sie das sang war sie 17 Jahre, da kann man es noch nicht besser! ;-)

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    2. Und immerhin hat sie damit den "Grand Prix" gewonnen, als es noch nicht "ESC" hieß und es dort auch eher um die Musik ging, als um die Show.

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  2. Herrlich! Das ist mal wieder was zum Schmunzeln, passend zur Zwerchfell - Robusta. Das Sprüchlein erinnerte mich an etwas, deshalb habe ich ein wenig "herumgekugelt". Zu meinem Erstaunen fand ich, dass es von Peter Rosegger stammt. Es ist in einem seiner Gedichtbände veröffentlicht worden, "mein Lied" heißt der. Peter Rosegger ist für mich immer mit Weihnachten verbunden, denn von ihm stammt die Erzählung "als ich die Christtagsfreude holen ging".
    http://www.gemeinde-schoenfeld.de/xmas/weihnachtsgeschichten1.htm#t36
    Ich habe jetzt einige seiner Gedichte gelesen und denke mal, das war nicht ganz so seins, das Dichten. Aber aufgrund der "Christtagsfreude verzeihe ich ihm! Und überhaupt - das erinnert mich an eigene Reimversuche, als ich so um die 15 war .... ;-)
    Viele liebe Grüße von Mechthild

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  3. Dann mal viel Erfolg bei der Initiativbewerbung! Wobei ich mir aktuell nicht sicher bin, ob die Provenienz "Storybunker" der Bewerbung förderlich ("nah am Menschen") oder hinderlich ("Gefahr einer Mythologisierung") sei. Ferner: http://prospesalutis.blogspot.de/2015/05/weisheiten-aus-wald-und-wiese.html

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  4. Also das Gedicht stammt nicht aus dem Poesiealbum, sondern von dem österreichischen Heimatdichter Peter Rosegger. Wir hatten das mal vor Jahren in einem Glaubenskurs. ist mir sofort wieder eingefallen und ich hatte das Papier noch in einem Ordner ... Und als Steirer Bua war der Herr Rosegger ganz bestimmt auch ein guter Katholik, nur hat er das Gedicht sicher nicht für die Kirche geschrieben, sondern wahrscheinlich für eines der Blätter, für die er geschrieben hat. Und er lebte ja nicht gerade in friedlichen Zeiten.
    Ist doch schön, dass das Bistum Münster soviel Sinn für Tradition hat, ein österreichisches Gedicht aus dem 19. Jhd. hervorzukramen. Aber die Kommentare aus Münster lassen nicht darauf schließen, dass sie den Rosegger kennen, sonst hätten sie ja drauf hingewiesen ;-)

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    1. Das Rosegger-Gedicht habe ich inzwischen nachgelesen und ein paar kleine, aber nicht unbedeutende Textabweichungen festgestellt. Im direkten Vergleich finde ich Roseggers Original um Nuancen besser als die vom Bistum Münster gepostete Treppenhaus-Fassung. Und auch katholischer...

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  5. "Kann die Kirche Größeres verkünden als die Nächstenliebe?" fragte das Bistum Münster.

    Nun, über der Verkündigung der Nächstenliebe darf die Verkündigung der Gottesliebe eben keinesfalls vergessen werden.
    Zwar gilt nach Mt25,35ff am Mitmenschen geübte Nächstenliebe als dem Herrn selbst und somit Gott erwiesen.
    Trotzdem ist direkte Anbetung Gottes unabdingbar für den Christen, wie es z.B. gerade auch Mutter Theresa ihren Ordensschwestern immer wieder einschärfte.
    Gutes den Mitmenschen erweisen, das tun auch manche Ungläubige.
    Aber der gläubige Christ und Jude hat neben dem Gebot der Nächstenliebe eben auch das Gebot der Gottesliebe zu beherzigen und zu befolgen.
    Das muss eigentlich gerade die Kirche - hier das Bistum Münster - bei ihrer Verkündigung berücksichtigen.

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