Sagt der Name Björn Odendahl hier jemandem etwas?
Ohne googeln? Na, muss ja nicht. Björn Odendahl schreibt für das
umstrittene Online-Portal der Firma APG (was in diesem Fall nicht für "Apostelgeschichte" steht, und auch nicht für "Austrian Power Grid", "Arbeitsgemeinschaft zur Preußischen Geschichte" oder "Alkylpolyglycoside", sondern für "Allgemeine gemeinnützige Programmgesellschaft mbH")
mit Sitz in Bonn, und vor ein paar
Jahren hat er dieses Portal international in die Schlagzeilen gebracht, indem er in einem Meinungsartikel erklärte, die Kirche sei
in Afrika ja nur deshalb so erfolgreich, weil die Neg Eingeborenen so
arm und ungebildet seien. Dass Odendahl inzwischen zum "Chef vom
Dienst" des betreffenden Portals avanciert ist, hat damit aber
vermutlich nichts zu tun. Egal, kommen wir zur Sache: Mit Datum von
heute ist auf dem Portal wieder einmal einer von Odendahls
berüchtigten Meinungsbeiträgen erschienen, mit dem Titel "Der 'heilige Rest' ist laut, aber nicht mächtig". Darin heißt es
unter anderem:
"Einschlägige 'katholische' Nachrichtenportale vermischen dabei Nachrichten mit Meinungen – inklusive Verunglimpfung von Einzelpersonen oder gesellschaftlichen Gruppen. Es werden Stellungnahmen und Kampfschriften der ewig gleichen Kirchenvertreter publiziert[.]"
Klingt nach einer recht präzisen Beschreibung der
Webpräsenz, für die Odendahl arbeitet, oder? Die meint er aber gar
nicht. Sondern vielmehr eine "kleine Gruppe" von "Reformgegnern
und Franziskus-Kritikern", die sich – "auch im 21. Jahrhundert
noch" (!) – dem "Dialog komplett verschließen; für die die
Gleichstellung von Mann und Frau ebenso verunsichernd ist wie
angedachte Reformen kirchlicher Hierarchien und Machtverhältnisse";
und die auf nicht näher erläuterte Weise irgendwie mit Priestern verbandelt sind, "die die 'Alte Messe' feiern". Und trotz ihrer
Rückständigkeit, ja Mittelalterlichkeit schafft diese kleine Schar
es "durch die Digitalisierung, die Sozialen Netzwerke und
kirchliche Filterblasen", den Eindruck zu erwecken, "weitaus
größer und mächtiger zu sein, als sie es wirklich ist".
Das ist freilich schlimm, und darum ist es so
wichtig, dass aus öffentlicher Hand finanzierte Qualitätsmedien die
Diskurshoheit zurückerobern. Kommt uns bekannt vor, oder? – Im
Ernst: Natürlich bin ich in dieser Angelegenheit kein unbeteiligter
oder neutraler Beobachter, aber ich stelle mir vor, dass ein solcher
sich an dieser Stelle fragen müsste: Wenn "diese Blogs... oder wie das heißt (ich lese sowas ja gar nicht)" derart unbedeutend sind,
wieso hält Odendahl es dann für nötig, über sie zu schreiben? Das
Ganze erinnert frappierend an einen Vorgang vor ein paar Jahren, als
der damalige CvD des Portals, Steffen Zimmermann, sich auf Twitter
über "Männchen ohne publizistische Relevanz" mokierte –
übrigens ebenfalls im Zusammenhang mit Reaktionen auf einen Beitrag
von Odendahl, aber nicht den mit den Neg Afrikanern. Ich habe schon damals etwas darüber gebloggt, und da das meiste von dem, was ich
seinerzeit geschrieben habe, immer noch stimmt und mir der Anlass
auch einfach nicht wichtig genug ist, um mir einen ganz neuen Artikel
aus den Rippen zu schwitzen, zitiere ich mich einfach mal selber.
Auszugsweise. Das dürfte insbesondere diejenigen Leser freuen, die
sowieso der Meinung sind, ich sollte zu jedem meiner Artikel gleich
eine Kurzfassung mitliefern. Wohlan denn:
- Ist es nicht ein bisschen, ein ganzganz kleines bisschen paradox, wenn der CvD eines Online-Portals mit Millionen-Etat sich über Äußerungen von Personen mokiert, denen er im selben Atemzug die Relevanz abspricht? Räumt er ihnen nicht schon dadurch Relevanz ein, dass er ihre Äußerungen nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sogar kommentiert?
- Außerhalb dunkelkatholischer Zirkel, also z.B. seitens der säkularen Medien, wird etwas, das auf katholisch.de steht, vermutlich eher als seriös und zitierfähig eingestuft als etwas, das auf irgendwelchen Blogs steht. Dann bliebe aber zu fragen: Wenn publizistische Relevanz nur eine Frage des Status ist, warum hat katholisch.de diese Stichelei gegen andere katholische Seiten im Internet dann nötig? Die wären dann doch von vornherein keine Konkurrenz!
- Als offizielles Online-Portal der Katholischen Kirche in Deutschland betrachtet katholisch.de es als seine Aufgabe, das Erscheinungsbild der Katholischen Kirche im deutschsprachigen Internet zu definieren und zu kontrollieren; und das Bild, das sie dabei abgeben möchten, ist das eines undogmatischen, weltoffenen, politisch korrekten, locker-flockigen Wellness-Katholizismus. Dumm nur, dass Leute, die eine andere Auffassung vom katholischen Glauben haben, ebenfalls über Möglichkeiten verfügen, Beiträge im Internet zu publizieren. Deshalb sind insbesondere Blogs so lästig und gehören bekämpft.
- Alles in allem ist es aus Bloggersicht relativ leicht, [solche] Einlassungen [...] als "Pfeifen im Walde" zu durchschauen. Man könnte es ja geradezu amüsant finden, wie sehr die Medienprofis in Bonn ihren Status durch unbezahlte Amateure bedroht sehen. Ja, die haben offenbar richtig Schiss vor uns.
- Aber ärgerlich ist es dennoch, was dabei herauskommt. Nicht so sehr für die bloggende Community, sondern für die Außendarstellung des deutschen Katholizismus insgesamt. […] Dass Katholiken, die sich auch da für den Glauben ihrer Kirche einsetzen, wo er dem modernen Menschen Schwierigkeiten bereitet (und wo täte er das nicht?), in den Redaktionen kirchlicher Internetauftritte fast ausschließlich als Störenfriede betrachtet werden, müsste eigentlich zu denken geben.
Nur in einem Punkt habe ich mich damals – vor
ziemlich genau drei Jahren – getäuscht, oder genauer gesagt, ich
war zu optimistisch. Nämlich in meiner Einschätzung, führende
Mitarbeiter des umstrittenen Portals dürften sich nur deshalb so
ungeniert gebärden, weil "unsere Bischöfe die Bedeutung des
Internets als Medium der Neuevangelisation bis heute nicht richtig
erkannt haben": "Andernfalls würde man [...] vielleicht doch mal
etwas genauer hinschauen, ob die Arbeit, die dort geleistet wird, dem
Verkündigungsauftrag der Kirche gerecht wird." Okay, soweit es
unsere Bischöfe betrifft, mag an dieser Einschätzung doch was dran
sein, aber was ich heute nicht mehr glaube, ist, dass die inhaltliche
Ausrichtung des Portals dadurch zustande kommt, dass der Redaktion zu
wenig auf die Finger geschaut wird. Vielmehr zeigt sich in den
letzten Monaten immer deutlicher, dass die Redaktionslinie des
Portals im Dienst einer "Reform"-Agenda steht, die in
interessierten Kreisen zwar schon seit Jahrzehnten auf kleiner Flamme
vor sich hinköchelt, nun aber, mit dem Rückenwind des
Missbrauchsskandals, im Eiltempo durchgedrückt werden soll. Unter
diesem Aspekt mag man der Auffassung sein, als gläubiger Katholik
katholisch.de zu lesen sei aus demselben Grund sinnvoll, wie es zu
DDR-Zeiten sinnvoll war, das Neue Deutschland zu lesen -- nämlich um
über den aktuellen Stand der offiziellen Parteilinie auf dem
Laufenden zu bleiben.
Ich jedenfalls liebäugle mit dem Gedanken, das
umstrittene Portal aus Bonn nur noch "die Propagandapostille der
Kryptoschismatiker" zu nennen. Eine Bezeichnung, die mir nicht
trotz, sondern wegen ihrer Sperrigkeit ausgesprochen gut gefällt.
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