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Donnerstag, 21. Februar 2019

Hose runter, Lattenmessen!


Sagt der Name Björn Odendahl hier jemandem etwas? Ohne googeln? Na, muss ja nicht. Björn Odendahl schreibt für das umstrittene Online-Portal der Firma APG (was in diesem Fall nicht für "Apostelgeschichte" steht, und auch nicht für "Austrian Power Grid", "Arbeitsgemeinschaft zur Preußischen Geschichte" oder "Alkylpolyglycoside", sondern für "Allgemeine gemeinnützige Programmgesellschaft mbH") mit Sitz in Bonn, und vor ein paar Jahren hat er dieses Portal international in die Schlagzeilen gebracht, indem er in einem Meinungsartikel erklärte, die Kirche sei in Afrika ja nur deshalb so erfolgreich, weil die Neg Eingeborenen so arm und ungebildet seien. Dass Odendahl inzwischen zum "Chef vom Dienst" des betreffenden Portals avanciert ist, hat damit aber vermutlich nichts zu tun. Egal, kommen wir zur Sache: Mit Datum von heute ist auf dem Portal wieder einmal einer von Odendahls berüchtigten Meinungsbeiträgen erschienen, mit dem Titel "Der 'heilige Rest' ist laut, aber nicht mächtig". Darin heißt es unter anderem:
"Einschlägige 'katholische' Nachrichtenportale vermischen dabei Nachrichten mit Meinungen – inklusive Verunglimpfung von Einzelpersonen oder gesellschaftlichen Gruppen. Es werden Stellungnahmen und Kampfschriften der ewig gleichen Kirchenvertreter publiziert[.]" 
Klingt nach einer recht präzisen Beschreibung der Webpräsenz, für die Odendahl arbeitet, oder? Die meint er aber gar nicht. Sondern vielmehr eine "kleine Gruppe" von "Reformgegnern und Franziskus-Kritikern", die sich – "auch im 21. Jahrhundert noch" (!) – dem "Dialog komplett verschließen; für die die Gleichstellung von Mann und Frau ebenso verunsichernd ist wie angedachte Reformen kirchlicher Hierarchien und Machtverhältnisse"; und die auf nicht näher erläuterte Weise irgendwie mit Priestern verbandelt sind, "die die 'Alte Messe' feiern". Und trotz ihrer Rückständigkeit, ja Mittelalterlichkeit schafft diese kleine Schar es "durch die Digitalisierung, die Sozialen Netzwerke und kirchliche Filterblasen", den Eindruck zu erwecken, "weitaus größer und mächtiger zu sein, als sie es wirklich ist". 



Das ist freilich schlimm, und darum ist es so wichtig, dass aus öffentlicher Hand finanzierte Qualitätsmedien die Diskurshoheit zurückerobern. Kommt uns bekannt vor, oder? – Im Ernst: Natürlich bin ich in dieser Angelegenheit kein unbeteiligter oder neutraler Beobachter, aber ich stelle mir vor, dass ein solcher sich an dieser Stelle fragen müsste: Wenn "diese Blogs... oder wie das heißt (ich lese sowas ja gar nicht)" derart unbedeutend sind, wieso hält Odendahl es dann für nötig, über sie zu schreiben? Das Ganze erinnert frappierend an einen Vorgang vor ein paar Jahren, als der damalige CvD des Portals, Steffen Zimmermann, sich auf Twitter über "Männchen ohne publizistische Relevanz" mokierte – übrigens ebenfalls im Zusammenhang mit Reaktionen auf einen Beitrag von Odendahl, aber nicht den mit den Neg Afrikanern. Ich habe schon damals etwas darüber gebloggt, und da das meiste von dem, was ich seinerzeit geschrieben habe, immer noch stimmt und mir der Anlass auch einfach nicht wichtig genug ist, um mir einen ganz neuen Artikel aus den Rippen zu schwitzen, zitiere ich mich einfach mal selber. Auszugsweise. Das dürfte insbesondere diejenigen Leser freuen, die sowieso der Meinung sind, ich sollte zu jedem meiner Artikel gleich eine Kurzfassung mitliefern. Wohlan denn:
  • Ist es nicht ein bisschen, ein ganzganz kleines bisschen paradox, wenn der CvD eines Online-Portals mit Millionen-Etat sich über Äußerungen von Personen mokiert, denen er im selben Atemzug die Relevanz abspricht? Räumt er ihnen nicht schon dadurch Relevanz ein, dass er ihre Äußerungen nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sogar kommentiert? 
  • Außerhalb dunkelkatholischer Zirkel, also z.B. seitens der säkularen Medien, wird etwas, das auf katholisch.de steht, vermutlich eher als seriös und zitierfähig eingestuft als etwas, das auf irgendwelchen Blogs steht. Dann bliebe aber zu fragen: Wenn publizistische Relevanz nur eine Frage des Status ist, warum hat katholisch.de diese Stichelei gegen andere katholische Seiten im Internet dann nötig? Die wären dann doch von vornherein keine Konkurrenz! 
  • Als offizielles Online-Portal der Katholischen Kirche in Deutschland betrachtet katholisch.de es als seine Aufgabe, das Erscheinungsbild der Katholischen Kirche im deutschsprachigen Internet zu definieren und zu kontrollieren; und das Bild, das sie dabei abgeben möchten, ist das eines undogmatischen, weltoffenen, politisch korrekten, locker-flockigen Wellness-Katholizismus. Dumm nur, dass Leute, die eine andere Auffassung vom katholischen Glauben haben, ebenfalls über Möglichkeiten verfügen, Beiträge im Internet zu publizieren. Deshalb sind insbesondere Blogs so lästig und gehören bekämpft. 
  • Alles in allem ist es aus Bloggersicht relativ leicht, [solche] Einlassungen [...] als "Pfeifen im Walde" zu durchschauen. Man könnte es ja geradezu amüsant finden, wie sehr die Medienprofis in Bonn ihren Status durch unbezahlte Amateure bedroht sehen. Ja, die haben offenbar richtig Schiss vor uns. 
  • Aber ärgerlich ist es dennoch, was dabei herauskommt. Nicht so sehr für die bloggende Community, sondern für die Außendarstellung des deutschen Katholizismus insgesamt. […] Dass Katholiken, die sich auch da für den Glauben ihrer Kirche einsetzen, wo er dem modernen Menschen Schwierigkeiten bereitet (und wo täte er das nicht?), in den Redaktionen kirchlicher Internetauftritte fast ausschließlich als Störenfriede betrachtet werden, müsste eigentlich zu denken geben.
Nur in einem Punkt habe ich mich damals – vor ziemlich genau drei Jahren – getäuscht, oder genauer gesagt, ich war zu optimistisch. Nämlich in meiner Einschätzung, führende Mitarbeiter des umstrittenen Portals dürften sich nur deshalb so ungeniert gebärden, weil "unsere Bischöfe die Bedeutung des Internets als Medium der Neuevangelisation bis heute nicht richtig erkannt haben": "Andernfalls würde man [...] vielleicht doch mal etwas genauer hinschauen, ob die Arbeit, die dort geleistet wird, dem Verkündigungsauftrag der Kirche gerecht wird." Okay, soweit es unsere Bischöfe betrifft, mag an dieser Einschätzung doch was dran sein, aber was ich heute nicht mehr glaube, ist, dass die inhaltliche Ausrichtung des Portals dadurch zustande kommt, dass der Redaktion zu wenig auf die Finger geschaut wird. Vielmehr zeigt sich in den letzten Monaten immer deutlicher, dass die Redaktionslinie des Portals im Dienst einer "Reform"-Agenda steht, die in interessierten Kreisen zwar schon seit Jahrzehnten auf kleiner Flamme vor sich hinköchelt, nun aber, mit dem Rückenwind des Missbrauchsskandals, im Eiltempo durchgedrückt werden soll. Unter diesem Aspekt mag man der Auffassung sein, als gläubiger Katholik katholisch.de zu lesen sei aus demselben Grund sinnvoll, wie es zu DDR-Zeiten sinnvoll war, das Neue Deutschland zu lesen -- nämlich um über den aktuellen Stand der offiziellen Parteilinie auf dem Laufenden zu bleiben. 

Ich jedenfalls liebäugle mit dem Gedanken, das umstrittene Portal aus Bonn nur noch "die Propagandapostille der Kryptoschismatiker" zu nennen. Eine Bezeichnung, die mir nicht trotz, sondern wegen ihrer Sperrigkeit ausgesprochen gut gefällt.




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