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Sonntag, 17. Juni 2018

#einfachkirche ist ganz schön kompliziert

Unlängst wurde ich auf einen Artikel des mir bis dahin unbekannten Blogs juhopma.de mit dem Titel "Ich wünsche mir runde Kirchen!" aufmerksam. Meine erste Assoziation zu dieser Überschrift lautete: "Aufgrund der Erfahrungen mit St. Hedwig in Berlin kann ich davon nur abraten." Ich schaute mir den Artikel dann aber doch mal etwas genauer an und stellte fest, dass die Idee einer Kirchenraumgestaltung, die auf ein Zentrum hin ausgerichtet ist - einschließlich entsprechender, auf diese Raumform abgestimmter Gottesdienstformen -, in den Kontext eines umfassenderen Konzepts gehört, das der Blogbetreiber #einfachkirche nennt. Okay, die Bezeichnung "Konzept" ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen. Tatsächlich ist #einfachkirche eher ein Bündel unausgegorener Ideen, und das meine ich überhaupt nicht abwertend: Ich halte unausgegorene Ideen prinzipiell für etwas potentiell Fruchtbares und habe, wie meine Leser wohl bestätigen können, selber eine ganze Menge davon. Der juhopma-Blogger selbst schreibt in seinem Einleitungstext zum Blog-Label Einfachkirche
"[I]ch bin mir bewusst: Ich habe nicht die ultimative Weisheit zu bieten. Viele meiner Beiträge werden zu diskutieren sein. Du sieht es vielleicht begründet anders als ich. Vielleicht hast du am Ende auch recht. Daher gilt: Reagiere auf meine Ideen, meine Träume. Meine Kritik. Meine Verbesserungsvorschläge.
Denk mit. Träum mit. Schreib mit." 
Challenge accepted, junger Padawan.

Nachdem ich mich jüngst mit den Thesen des Essays #TeamVolkskirche des Nordkirche-Pastors Philipp Kurowski auseinandergesetzt habe und diese Auseinandersetzung als anregender empfunden habe, als ich es selbst anfangs gedacht hätte, denke ich mir: Warum nicht als nächstes #einfachkirche unter die Lupe nehmen? So ziemlich jeder hat ja heute irgendwelche Ideen, Konzepte, Pläne oder Wünsche, "Kirche" (gern ohne bestimmten Artikel) "neu zu erfinden", und es stimmt ja auch, dass sich etwas ändern muss. Wenn man also nicht will, dass sich am Ende die blödesten Ideen (also sagen wir z.B. die von Erik Flügge) durchsetzen, dann kann es gewiss nicht schaden, sich mal verschiedene Entwürfe anzusehen und darauf zu untersuchen, was da womöglich Brauchbares und Wertvolles drin und dran ist. 

Was man schon auf den ersten Blick feststellen kann, ist, dass #einfachkirche jünger, wilder, radikaler daherkommt als das betont moderat und pragmatisch auftretende #TeamVolkskirche. Das müsste mir ja erst mal gefallen (und tut es zu einem gewissen Grad auch). Gemeinsam ist den Urhebern der beiden Konzepte, dass sie beide im Dienst der Nordkirche stehen: Philipp Kurowski als Gemeindepastor im ländlichen Schleswig-Holstein, juhopma-Blogger Jonas Goebel ist Vikar (das heißt im Sprachgebrauch der evangelischen Kirche: in der Ausbildung zum Pastor) in Hamburg. In einem offenbar nicht ohne Augenzwinkern als "Eine wirklich seriöse Selbstvorstellung" betitelten Text beschreibt er sich hinsichtlich seiner theologischen Ausrichtung als "reformiert-liberalen-evangelikal-charismatischen Lutheraner", der aber obendrein auch "dem aktuellen Papst" "sehr, sehr viel abgewinnen" kann. Somit erscheint sein "persönlicher Glaube" als eine ziemlich bunte Mischung - was mir einerseits gar nicht unsympathisch ist, andererseits aber natürlich auch seine Tücken hat. Gerade wenn, wie er betont, dieser sein "persönlicher Glaube" für ihn "ganz klar" die entscheidende "Motivation und Grundlage" für seine zukünftige Tätigkeit als Pastor ist. Müsste er als Pastor - also als Hirte - seiner Herde gegenüber nicht den Glauben der Kirche vertreten, in deren Dienst er steht? Das hat er, wie er an anderer Stelle ganz explizit bekennt, nicht vor: "Ich möchte nicht Pastor dieser Kirche werden. Ich möchte kein Verteidiger dieser Kirche sein. Ich möchte Anwalt der Frohen Botschaft sein. Ein Pastor für Menschen. Nicht irgendeiner Kirche." An Sendungsbewusstsein mangelt es ihm offenkundig nicht. Woher bezieht er das? Wenn er sich seinen Glauben aus unterschiedlichen Quellen selbst zusammengebastelt hat, müsste er dasselbe Recht nicht auch seinen Schäfchen zugestehen? Was will oder kann er sie dann aber lehren

Aber okay: Was für seine zukünftige Tätigkeit als Pastor ein Problem sein mag, hat für seine Tätigkeit als Blogger zweifellos seine guten Seiten. So zum Beispiel, dass Jonas Goebel keine ideologischen Scheuklappen bzw. Berührungsängste hat. Die hat er sogar so sehr nicht, dass er sich die Souveränität leisten kann, darüber Scherze zu machen. "Neulich war ich bei Pfingstlern zu Besuch", bekennt er beispielsweise zu Beginn des eingangs erwähnten Artikels über runde Kirchen. "Bei einer Richtung der evangelischen Kirche, die von der liberal-landeskirchlichen Front meistens kritisch beäugt wird. Bei den Pfingstlern wird nämlich der Heilige Geist meistens besonders betont. Und mit dem haben wir es in der Landeskirche nicht so." Dennoch geht der Jonas da "immer mal wieder gerne hin", und zwar unter anderem deshalb, "weil es dort Musik gibt, die mir gefällt". Völlig legitimer Grund, finde ich. Also, für den Anfang

Überhaupt gefällt mir an Jonas Goebel, dass er den Mut hat, Gedanken schon auszusprechen, bevor er sie zu Ende durchdacht hat. Das kann natürlich auch mal in die Hose gehen. Sein Artikel "Warum wir alle das Abendmahl katholisch feiern sollten" beispielsweise ist, bei aller erkennbar guten Absicht, eindeutig das Dümmste, was ich bisher zum Thema Interkommunion (bzw., aus protestantischer Sicht, "gemeinsames Abendmahl") gelesen habe. Das ist schade, vor allem um die wie gesagt sehr deutlich erkennbare und glaubwürdige gute Absicht; aber manchmal, wenn auch nur manchmal, ist "gut gemeint" eben tatsächlich das Gegenteil von "gut". Ich komme eventuell zu einem späteren Zeitpunkt noch auf diesen Artikel zurück. 

Stellen wir uns aber erst einmal die bzw. der Frage, was es allgemein und insgesamt mit #einfachkirche auf sich hat. "Kirche ist ein fettes, unsportliches Kind, das den ganzen Tag zuhause sitzt", beginnt der Jonas die Vorstellung seines Konzepts; und das finde ich erst mal cool. Ein starkes und amüsantes Bild. "Es wird Zeit, dass Kirche rausgeht und Sport treibt. Fit wird. Am Leben teilnimmt. Von dieser Kirche träume ich. Über diese Kirche schreibe ich."

Na denn man tau, wie der Norddeutsche so sagt.

Symbolbild: Sieht so die Kirche der Zukunft aus? (VitraHaus in Weil am Rhein, Bildquelle hier.)

Es folgen einige Eckpunkte (bei ihm als Fließtext, das bulletpoint-Layout stammt von mir):

"Ich schreibe über eine Kirche, 
  • die keine Kirchensteuer erhebt 
-- na, hossa. Wohlgemerkt, das schreibt ein angehender Pastor einer Landeskirche. Mutig. Tatsächlich hat er sogar einen ganzen Artikel darüber geschrieben, dass (und warum) er, der angehende hauptamtliche Pastor, sich eine Kirche ohne hauptamtliche Pastoren wünscht. Das wäre ein Thema für sich, aber jetzt mal ganz unabhängig von der Frage, was ich inhaltlich von dieser Forderung halte: Erst mal Respekt.  
  • und in der es keine Pastoren als Flaschenhälse gibt. 
"Flaschenhälse"?!? 
  • Eine Kirche, die demokratisch und ökumenisch ist. 
Na ich weiß ja nich'. Als ich ungefähr 17 und im Pfarrgemeinderat meiner heimatlichen Dorfpfarrei war und einmal etwas übellaunig anmerkte, die Kirche sei nicht sehr demokratisch strukturiert, widersprach mir der Pfarrer: "Doch, die Kirche ist sehr demokratisch strukturiert, aber sie ist keine Demokratie." Das habe ich damals natürlich nicht verstanden; heute verstehe ich es. Im Leben einer Kirchengemeinde gibt es eine Vielzahl von Abläufen und Entscheidungen, bei denen eine quasi-demokratische Mitbestimmung aller Mitglieder sinnvoll und wünschenswert ist, und ich zweifle im Großen und Ganzen nicht daran, dass die Strukturen, die dazu gedacht sind, eine solche Mitbestimmung zu ermöglichen bzw. zu fördern, verbesserungsbedürftig sind. Konkrete Beispiele oder gar Vorschläge habe ich dazu gerade nicht auf Lager, da ich mich im Allgemeinen nicht besonders für Gremienstrukturen innerhalb der Kirche interessiere. Oder allenfalls insofern interessiere, als ich gelegentlich ihre Ineffizienz bestaune, so wie man ein Rokoko-Jagdschlösschen bestaunen würde ("Hm, es ist total geschmacklos, aber irgendwie schon auch imposant"). -- Soweit es aber den Kern ihres Wesens und Auftrags betrifft, ist die Kirche eben keine Demokratie, sondern eine Monarchie. Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit. Sonst nichts. 

Was indes das Stichwort "ökumenisch" angeht: Gewiss, das "ut unum sint" aus Johannes 17,11 beschreibt einen göttlichen Auftrag, den die Kirche nicht einfach ignorieren oder als vermeintlich unrealisierbar beiseite schieben kann bzw. darf. Als angestrebtes Ziel ist die Einheit der Christen somit schlechthin unaufgebbar; über den richtigen Weg zu diesem Ziel dürften die Ansichten der verschiedenen Konfessionen (und auch innerhalb dieser) ebenso weit auseinandergehen wie die Vorstellungen darüber, wie so eine geeinte Christenheit denn im Ergebnis aussehen soll. Wie Jonas Goebel sich das vorstellt, wird wohl deutlicher werden, wenn man sich einige seiner unter dem Label #einfachkirche versammelten Artikel genauer ansieht.  
  • In deren Mittelpunkt das Abendmahl und die Botschaft eines am Kreuz gestorbenen Jesus steht. 
Das klingt nun wirklich vielversprechend, aber - und das ist das zentrale Problem, das ich insgesamt mit #einfachkirche habe - ich bin mir nicht so recht sicher, was er damit meint. Ich komme darauf weiter unten noch ausführlicher zurück. 
  • Eine Kirche, die aus ihren erstarrten Strukturen ausreißt 
Uff jed'n. Gib mir fünf, Keule. Oder gleich die Faust. Ka-pchiuh
  • und in der weniger Teilnahme wieder mehr ist. 
Also, das verstehe ich ja nun wieder gar nicht - bzw. verstünde es nicht, hätte ich nicht in den einen oder anderen der unter dem Label #einfachkirche versammelten Blogbeiträge schon mal reingeschmult. So habe ich zumindest eine vage Ahnung, in welche Richtung dieser Stichpunkt geht, und die gefällt mir nicht besonders; aber dazu (voraussichtlich) ein Andermal mehr. 
  • Eine Kirche, die Zeit hat in der Welt zu leben. 
Das ist jetzt lustig. Als wohl führender deutschsprachiger Apologet bzw. Interpret der "Benedikt-Option" würde ich ja sagen, die Kirche - verstanden nicht als Organisation bzw. Institution, sondern die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen - braucht mehr Zeit, abseits von der Welt zu leben (vgl. BenOp S. 41). Darüber könnte man sich prima bei 'nem Bier unterhalten, wenn ich mal wieder in Hamburg bin. Oder lieber Tee, Jonas? 
  • Und Menschen zu begegnen."

Uarrrgh. Da ist es wieder, dieses 70er-Jahre-Neue-Innerlichkeits-Pathos, das dem Pastoraltheologenjargon so hartnäckig anhaftet wie Fußpilz. Bist du für so etwas nicht eigentlich zu jung, Jonas? Bei Leuten, die so reden, frage ich mich immer, unter was für einem Felsen die eigentlich leben. Wenn ich Menschen begegnen will, kann ich in eine Kneipe gehen, mich an den Tresen setzen oder gegebenenfalls stellen und „Hi“ sagen. Klappt prima. Dafür brauche ich keine Kirche

Sagen wir's ganz deutlich: Die Kirche ist nicht dazu da, dass in ihr Menschen einander begegnen, sondern dazu, dass sie Christus begegnen. Durchaus auch und nicht zuletzt in der Gestalt des Nächsten, das wohl; das heißt, natürlich ist es ein notwendiger Bestandteil kirchlichen Lebens, dass Menschen einander begegnen, aber das ist nicht der Endzweck „von Kirche“.

Weiter unten legt Jonas Goebel erheblichen Wert darauf, dass
"eine erneuerte Kirche auch zu einer besseren Welt führt. Die Frohe Botschaft, von der ich in der Bibel lese, ist radikal. Revolutionär. Der Beginn einer besseren Welt. Aber die Kirche hat diese Botschaft weichgespült und zugeschüttet. These: Wenn Kirche wieder Kirche ist, dann kann sie auch (wieder) die Welt positiv verändern." 
Ich bin durchaus geneigt, ihm da zuzustimmen. Aber diese Zustimmung steht unter dem Vorbehalt, dass er diese Sätze zumindest ungefähr so meint, wie ich sie gerne verstehen würde. Und da bin ich  mir, wie oben schon angedeutet, unsicher. Das hat auch mit seiner unklaren theologischen Positionierung zu tun (die gleichzeitig aber ja auch gerade den Reiz seiner Perspektive ausmacht): Ist die "Frohe Botschaft, von der [er] in der Bibel [liest]", tatsächlich dieselbe, die beispielsweise ich da lese? Wie kann ich das wissen, ohne mich zunächst durch seinen ganzen, auf unterhaltsame, aber zugleich auch anstrengende Weise unsystematischen Textkorpus zu ackern? (Ich räume ein, dass manch ein Leser sich diese Frage auch bei mir stellen mag, und ich kann in solchen Fällen nur hoffen, dass er sich diese Mühe macht.) 

Zur ersten Orientierung helfen aber vielleicht schon ein paar Stichproben. -- Einige Stichworte in dem zuletzt zitierten Absatz (und nicht nur da) können ja den Verdacht aufkommen lassen, bei #einfachkirche gehe es ebenso wie bei vielen anderen ihrem Selbstverständnis nach "progressiven" Ansätzen zur Erneuerung der Kirche um den Versuch, die Kirche der 1970er-Jahre mit deren eigenen Mitteln zu überwinden. Also indem man die Impulse, mit denen die 68er damals gegen die alte Honoratiorenkirche angetreten sind, über sich selbst hinaus weitertreibt. Noch mehr Politisierung, noch weniger Liturgie (um's mal ganz holzschnittartig zu sagen). Aber dann steht da plötzlich dieser Satz, "im Mittelpunkt" müssten das Abendmahl und das Kreuz stehen. Das lässt aufhorchen. Tatsächlich war es hauptsächlich diese Passage, die mich motiviert hat, das Konzept #einfachkirche überhaupt eines zweiten Blickes zu würdigen. Nur - die Frage klang oben schon an - was meint Jonas Goebel überhaupt mit diesen wohklingenden Worten? 

Die einigermaßen problematische Antwort lautet: Man weiß es nicht. Womöglich weiß er es nicht mal selber. Zum Stichwort "Abendmahl" liest man etwa in dem bereits erwähnten Artikel "Warum wir alle das Abendmahl katholisch feiern sollten" (auf den ich hier und jetzt gleichwohl nicht näher einzugehen gedenke): 
"Ganz klar: Für mich verwandeln sich Brot und Wein nicht in Körper und Blut von Jesus."
Da frage ich mich nun (als Katholik natürlich; aber strenggläubige Lutheraner könnten ihn, der immerhin im Dienst einer lutherischen Landeskirche steht, im Prinzip dasselbe fragen): Wenn das so wäre - wenn Jesus Christus in der Eucharistie nicht leiblich anwesend wäre -, was genau wäre am Abendmahl dann eigentlich so wichtig? Diese Frage beschäftigt Jonas Goebel offenbar schon länger: Im zarten Alter von 25 Jahren hat er sogar ein Buch dazu veröffentlicht. Sollte ich vielleicht mal lesen, was? Na, vielleicht lieber nicht. Ich würde ja auch nicht auf der Basis von Jugendsünden beurteilt werden wollen, die ich mit Mitte 20 verzapft habe. Darf gar nicht dran denken. Im Blogartikel zum Buch jedenfalls erklärt der Verfasser: 
"Glaubt man wichtigen theologischen Nachschlagewerken, dann ist das Abendmahl 'der höchste Ausdruck der Einheit der Kirche' und 'der Höhepunkt und die Quelle der christlichen Glaubensgemeinschaft'. Doch die Realität in den Kirchen unseres Landes sieht häufig anders aus."
Und aus diesem Grund - weil er die Abendmahlspraxis so, wie er sie kennt, eher doof findet - bietet er in seinem Buch 
"sieben Anstöße. Für ein erneuertes Abendmahl, das in seinem Inhalt, seiner Form und seiner Atmosphäre mit dem ursprünglichen bzw. neutestamentlichen Abendmahl wieder vergleichbar wird."
Ich  weiß ja nicht: Letzteres klingt für mich irgendwie eher nach LARP. Wobei mir bewusst ist, dass eine solche Auffassung über Sinn und Funktion von Abendmahl bzw. Eucharistie heutzutage recht verbreitet ist. Zum Teil sogar unter Katholiken. Katechetisch mangelhaft gebildeten Katholiken natürlich, aber wer ist das heutzutage nicht

Halten wir also fest: Das Abendmahl soll im Rahmen von #einfachkirche eine irgendwie ganz doll wichtige Stellung einnehmen, nur welche, das ist irgendwie unklar. Und wie ist es nun mit dem Kreuz? Unter der "Botschaft eines am Kreuz gestorbenen Jesus" kann man schließlich auch eine ganze Menge Unterschiedliches verstehen. Nicht zuletzt auch in Abhängigkeit davon, ob man die Botschaft vom Kreuz von der Auferstehung her versteht oder eben nicht. Dass in der zitierten Passage des #einfachkirche-Minimanifests von Auferstehung keine Rede ist, muss freilich nichts zu bedeuten haben; könnte aber. Folglich habe ich mal "Auferstehung" in die Suchmaske des Blogs eingegeben, und der erste Treffer (von insgesamt nur zweien) war ein Artikel über die erste Beerdigung, der der junge Vikar vorzustehen hatte. Da heißt es: 
"Ich habe – wie ich finde – viel und deutlich über Jesus und die Auferstehung gesprochen. Was ich dabei tunlichst umgehe: Klare Aussagen über exakt den Verstorbenen zu machen. Wo ist er jetzt? Schon bei Gott? Oder noch nicht? Kommen alle Menschen zu Gott? Gibt es ein Gericht? Gibt es eigentlich Himmel und Hölle?
Ich habe eine klare theologische Meinung zu all diesen Themen. Aber hat das seinen Platz auf der Beerdigung? Ich merke: Es ist ein Spagat zwischen tröstenden Worten und theologischen Zweifeln oder Auffassungen." 
Nun wohl: Was den Spagat gegenüber den trauernden Beerdigungsgästen angeht, gebe ich ihm Recht. Aus der Perspektive des Bloglesers hingegen finde ich es, gelinde gesagt, unbefriedigend, dass der Verfasser zwar zu erkennen gibt, "eine klare theologische Meinung" zu haben, diese aber nicht mitteilt? (Ich hatte zuerst "verrät" geschrieben, dann aber festgestellt, dass das doppeldeutig klingt.) Soll so #einfachkirche funktionieren? Dass man sich zu schwierigen, sperrigen Glaubensfragen bedeckt hält und sich stattdessen lieber auf neue Formen des "Kirche-Seins" konzentriert? Es sieht ein bisschen danach aus. 

Trotz alledem habe ich den Eindruck, es könnte sich lohnen, sich mit einigen Aspekten von #einfachkirche näher zu befassen. Ich habe vor, an der Sache dranzubleiben, auch wenn es recht wahrscheinlich ist, dass ich erst nach meiner Reise in die Wesermarsch dazu kommen werde. Eins muss ich aber auf jeden Fall noch loswerden; wenn Jonas Goebel schreibt:
"Ich nenne diese Kirche einfachkirche. Weil sie einfach Kirche ist. Nichts besonderes. Kirche. Nicht mehr und nicht weniger. Einfach Kirche. Und weil Kirche – eigentlich – einfach einfach ist. Nicht kompliziert. Nicht schwer zu verstehen", 
dann muss ich ihm da schon mal widersprechen. Mir erscheint seine Vorstellung von #einfachkirche alles andere als einfach. Ich finde sie ziemlich kompliziert und sehr schwer zu verstehen. Allerdings kann ich vorläufig nicht ausschließen, dass das vielleicht nur daran liegt, dass ich mehr aus diesem Konzept rauszuholen versuche, als in Wirklichkeit drin ist. Wir werden sehen...



1 Kommentar:

  1. "Vielleicht hast du am Ende auch recht."

    Ich HASSE diesen Satz. Wünscht mir der Blogbetreiber auf juhopma den Tod? Der steht nämlich meistens unmittelbar vor dem Ende. Zumindest gibt der Verfasser zu, dass er es vermeidet klare Aussagen zu tätigen. Das sehen zumindest meine Frau und ich ganz anders: Als ich ihr vor dem Altar meine Liebe und Treue versprach, musste ich mit einem "Ja" antworten, ein "Vielleicht" wurde nicht akzeptiert.

    "Denk mit. Träum mit. Schreib mit."

    Denken und schreiben? Immer her damit! Für den Rest, ich schrieb es anderswo: Träumt weiter" Oder mit Gandalf nach seinem Treffen mit dem Balrog "Flieht, ihr Narren!"

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