Einen besinnlichen Karsamstag wünsche ich euch, liebe Leser! Aus der Karwoche gibt es allerlei zu berichten, sodass dieses Wochenbriefing mal wieder etwas länger geworden ist als die der vorangegangenen Wochen. Daher verzichte ich auf eine längere Vorrede...!
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Kreuzwegstation in St. Marien Maternitas, Berlin-Heiligensee |
Einkehrtag mit ein bis zwei Jugendlichen
Am vergangenen Samstag brach ich nach dem Frühstück nach Spandau auf, wo – im Gemeindesaal der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen – der Einkehrtag für Jugendliche stattfinden sollte, zu dessen Vorbereitungs- und Leitungsteam ich gehörte. Der Gemeindereferent, der die Idee zu der Veranstaltung gehabt hatte und federführend für das Konzept verantwortlich war, hatte uns schon im Vorfeld darauf eingestimmt, dass wohl nicht mit besonders vielen Teilnehmern zu rechnen sein würde: Die Ankündigung sei recht kurzfristig gewesen, es sei zu wenig Werbung gemacht worden und viele Jugendliche seien schon in die Ferien gefahren. Er meinte aber – zu Recht, wie ich fand –, selbst wenn überhaupt keine Jugendlichen kämen, könnten wir die Veranstaltung immerhin als eine Art "interne Leiterfortbildung" betrachten, das Konzept schon einmal im kleinen Kreis ausprobieren und daraus gegebenfalls Lehren ziehen, was man beim nächsten Mal besser machen könne. – Ganz allein waren wir dann aber doch nicht: Ein 17jähriger Ministrant aus Spandau fand sich als Teilnehmer ein, zudem war ein Mitglied des Vorbereitungsteams gerade mal 18 und konnte daher auch gerade noch als jugendlich durchgehen. Ein weiteres Teammitglied – der junge Mann, der beim Vorbereitungstreffen nicht dabei gewesen war – fiel mit 27 Jahren in die Kategorie "junger Erwachsener", somit waren nur der Gemeindereferent und ich deutlich älter als die eigentliche Zielgruppe der Veranstaltung.
Thematisch sollte die Evangelienstelle Lukas 5,17-26 im Mittelpunkt stehen: die Heilung eines Gelähmten, der von seinen Freunden auf seinem Bett durchs Dach herabgelassen wird, weil er Jesus sonst nicht hätte erreichen können. Erst einmal gab es aber ein paar lustige Kennenlernspiele, dann einführende Worte vom Gemeindereferenten und dann zwei Lobpreislieder: das von mir vorgeschlagene "So groß ist der Herr" sowie "Lobe den Herrn, meine Seele" von Norbert Kissel. Im Gemeindesaal von Maria, Hilfe der Christen steht ein Flügel und die erwähnte 18-Jährige aus dem Vorbereitungsteam kann sehr schön Klavier spielen, daher begleitete sie die Lieder. Lustig fand ich, dass ich bei "Lobe den Herrn, meine Seele" zunächst dachte "Ach guck, das haben wir auch schon vor über 30 Jahren beim Jugendgottesdienst gesungen", dann aber am unteren Rand des Liedzettels den Vermerk "©️ 1991" entdeckte und dachte "Oh, so alt ist das ja doch noch nicht" – bis mir klar wurde, dass 1991 sehr wohl schon über 30 Jahre her ist...
Anschließend wurde ich aufgefordert, ein Gebet zu sprechen; ich entschied mich für das Tagesgebet aus der Stundenbuch-App, gefolgt von einer frei formulierten Segensbitte für das Anliegen des Einkehrtags. Und dann ging es an die "Bibelarbeit"! Der Bibeltext wurde gemeinsam gelesen, und für den weiteren Verlauf hatte der Gemeindereferent verschiedene Methoden zur meditativen und kreativen Auseinandersetzung mit dem Bibeltext zusammengestellt, zwischen denen die einzelnen Teilnehmer wählen durften; dazu gehörte es, ein Haiku zur betreffenden Bibelstelle zu dichten oder die Perikope (oder einzelne Auszüge daraus) als "Sehtext" graphisch zu gestalten. Als eine weitere Methode wäre es eigentlich vorgesehen gewesen, in Gruppenarbeit ein Hörspiel zu erarbeiten, und ich, mit meinem Studienabschluss in Theaterwissenschaft, hätte diese Gruppenarbeit anleiten sollen. Angesichts der überschaubaren Teilnehmerzahl entschieden wir uns jedoch dafür, das wegzulassen; stattdessen versuchte ich mich ebenfalls am Haiku-Dichten. Zur Einstimmung malte ich erst mal eine niedliche Hai-Kuh auf mein Blatt:
Ein erstes Gedicht mit der korrekten Silbenanzahl pro Zeile kam mir schon recht schnell in den Sinn:
So ganz befriedigte mich das aber noch nicht, außerdem war noch Zeit, also vertiefte ich mich etwas mehr in den Text und kam schließlich auf dieses Haiku:
Da ich so gut in Fahrt war und immer noch Zeit war, versuchte ich mich außerdem noch an einem "Elfchen" – der eine oder andere aufmerksame Leser wird sich vielleicht erinnern, dass von dieser Gedichtform auf meinem Blog schon mal die Rede gewesen ist, und zwar im Zusammenhang mit einem "Slam-Workshop" beim Evangelischen Kirchentag 2015. Okay, das war in meiner Prä-Punkpastoral-Zeit und somit schon fast nicht mehr wahr, aber meine damalige in die Form eines "Elfchens" gekleidete Kritik an der Zeitschrift Chrismon finde ich immer noch recht gelungen. Beim Vorbereitungstreffen zum Jugendeinkehrtag hatte ich sogar angedeutet, es wäre möglicherweise einfacher, die Teilnehmer Elfchen dichten zu lassen statt Haikus, aber das ist wohl Geschmackssache; als ich es jetzt probierte, kam ich prompt mit der Wörter- und Zeilenzahl nicht aus und fabrizierte, ohne es richtig zu merken, ein "Sechzehnchen":
Aber wie dem auch sei, ich finde, die Erinnerung an meine sarkastischen Anmerkungen zum "Slam-Workshop" beim Evangelischen Kirchentag illustriert recht gut, dass ich früher™️ zweifellos der Meinung gewesen wäre, so Sachen wie "Meditationen über Bibeltexte in Gedichtform verfassen" wären eher nicht so mein Ding. Aber ich muss sagen, ich bin jetzt auf den Geschmack gekommen. Beim nächsten Mal traue ich mich vielleicht auch mal an einen "Sehtext" heran.
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Hier ein Beispiel dafür, wie so etwas aussehen könnte. |
Zum Abschluss der "Bibelarbeit" sollte es abermals etwas Lobpreis geben; und nachdem ich beim Vorbereitungstreffen erklärt hatte, mit ein bisschen Üben könnte ich es wohl hinkriegen, das Lied "So bist nur Du" zur Gitarre vorzutragen, und meine Gitarre nun auch tatsächlich zum Einkehrtag mitgebracht hatte, kam ich aus der Nummer nicht mehr raus. Hinterher merkte ich an, ich hätte vielleicht besser noch mehr üben sollen, aber die anderen reagierten positiv auf meine Darbietung; ich schätze, sie kam authentisch rüber. – Das Konzept für den Einkehrtag sah eigentlich auch gemeinsames Kochen und Essen vor, was ich grundsätzlich prima fand (nicht umsonst war das allererste Projekt des Mittwochsklubs das "Dinner mit Gott"), aber das Interesse der wenigen Teilnehmer daran hielt sich in Grenzen, also ließen wir es sein und machten früher Schluss – jedoch nicht ohne zunächst noch zu einer von Padre Ricardo geleiteten Andacht mit Eucharistischer Anbetung in die Kirche zu gehen. Ein würdiger und schöner Abschluss.
Im Ganzen bin ich geneigt zu sagen, auch wenn eine etwas größere Teilnehmerzahl sicherlich schön gewesen wäre, war es eine gelungene Veranstaltung, das Konzept hat sich als stimmig und tragfähig herausgestellt, man könnte sowas ruhig öfter machen. Und dabei müsste man gar nicht unbedingt ausschließlich Jugendliche und/oder junge Erwachsene als Zielgruppe im Auge haben – auch wenn man sicherlich einkalkulieren sollte, dass die Chancen, dass Jugendliche zu einer Veranstaltung kommen, größer sind, wenn man ihnen den Eindruck vermittelt, das Veranstaltungskonzept sei speziell auf sie zugeschnitten...
Palmsonntag im Tal von Achor
In meinem Dossier-Artikel zum Thema "Pfarrhausfamilie" hatte ich die Absicht festgehalten, den Achor-Hof in Märkisch-Wilmersdorf, einem Ortsteil von Trebbin – nachdem ich dort zuerst nur mit meinem Sohn und dann noch einmal mit beiden Kindern gewesen war – "auch mal zusammen mit meiner Liebsten" zu besuchen, und zwar "[v]ielleicht in den Osterferien". Nachdem ein Blick in den Terminkalender des Hofes (bzw. seines Trägervereins) uns verraten hatte, dass am Palmsonntag dort eine Messe gefeiert wurde (und zwar von Domkapitular und Ordinariatsrat Stefan "Dybo" Dybowski, aber das war letztlich nicht ausschlaggebend), stand unser Plan fest: Am späten Sonntagvormittag machten wir uns mit S-Bahn und Regionalbahn auf den Weg zum Bahnhof Thyrow, von wo aus wir bei schönstem Frühlingswetter knapp drei Kilometer weit zum Achor-Hof spazierten. Außer uns fanden sich dort überwiegend ältere Leute ein, was den Verdacht nahelegte, die Achor-Community habe womöglich Nachwuchsprobleme; ein paar Kinder (abgesehen von unseren eigenen) waren allerdings auch da – anscheinend waren sie mit ihren Großeltern gekommen. Unsere Kinder interessierten sich zunächst hauptsächlich für die Schafe und Ziegen auf dem Nachbargrundstück: Als wir das letzte Mal hier gewesen waren, gegen Ende der Sommerferien, hatten sie im Schatten unter einer Wellblechbaracke gedöst, aber jetzt kamen sie neugierig an den Zaun und ließen sich füttern.
Die Heilige Messe zum Palmsonntag sollte um 14:30 Uhr beginnen – oder jedenfalls so ungefähr; "pünktlich ist hier nie irgendwas", informierte uns eine ältere Dame –, dazu wurden Sträuße aus verschiedenen auf dem Grundstück gewachsenen Grünpflanzen verteilt.
Nach der Segnung der Sträuße ging es dann aber doch nach drinnen, in den Gottesdienstraum des Hofes.
Musikalisch wurde die Messe mit lateinischen Gesängen gestaltet, dargeboten von drei Frauen von der Schola St. Annen.
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Diese Instrumente kamen nicht zum Einsatz, die standen nur so im Flur. |
Am Palmsonntag, so meinte Prälat Dybowski, brauche es keine große Predigt, da das Passions-Evangelium eindrücklich genug für sich selbst spreche; eine kleine Predigt hielt er aber doch, nämlich über den Esel, auf dem Jesus in Jerusalem einzieht – gerade im Lukasevangelium, meinte er, werde die Episode mit diesem Esel ja mit bemerkenswert viel "Liebe zum Detail" ausgemalt; und von diesem Esel könne man so allerlei über die Nachfolge Jesu lernen. – Ein für uns besonders schönes Detail war, dass der Kuschelhund unserer Tochter – den wir vor fast sieben Jahren aus dem Gebetshaus Augsburg mitgebracht haben und der seither ihr unzertrennlicher Begleiter ist – in der Predigt Erwähnung fand: Die Lieblingsspielzeuge von Kindern, meinte Prälat Dybowski zu Recht, seien häufig gerade nicht die, die besonders schön und prächtig aussehen – denn das täten nur Spielzeuge, mit denen nicht oft gespielt werde. "Aber das ist ja das schönste Beispiel", fügte er erfreut hinzu, als ihm der arg abgenutzt aussehende Kuschelhund auffiel: "Ja, der sieht nicht mehr neu aus, aber der ist geliebt worden. Der ist oft an die kleine Brust gedrückt worden, mit ins Bett genommen worden oder wo auch immer. Das macht den Wert aus."
Ein anderer Gedanke, auf den mich diese Predigt über den Esel des Palmsonntags brachte, war eine Erinnerung an unser allererstes "Dinner mit Gott": Da hatte ich bei Tisch erzählt, wie ich beim "Nightfever" im Rahmen des Katholikentags in Leipzig einen Bibelvers aus einem Körbchen gezogen und dadurch Orientierung für eine wichtige Lebensentscheidung erhalten hatte; und der damalige Kaplan der Tegeler Pfarrei hatte scherzhaft eingeworfen, dieser Bibelvers müsse wohl gelautet haben "Bindet diesen Esel los, der Herr braucht ihn!" Man muss zugeben: Das hätte durchaus gepasst.
Auf das von Schola und Gemeinde im Wechsel gesungene lateinische Credo aus der Vierten Choralmesse "Adventus et Quadragesima" (Nr. 122 im Gotteslob) folgten freie Fürbitten; überwiegend kamen dabei Anliegen einzelner namentlich benannter Personen zur Sprache, die dem harten Kern der hier versammelten Gemeinde offenbar bekannt waren. Etwas aus dem Rahmen fiel eine Fürbitte "für eine menschliche Kirche", vorgetragen von einer auf mich etwas sauertöpfisch wirkenden Frau. Musste dabei unwillkürlich an Mutter Teresas berühmte Antwort auf die Frage denken, was sich in der Kirche ändern müsse: "Sie und ich!" Mir scheint, das Anliegen, die Kirche menschenfreundlicher zu machen, ist ein geradezu klassisches Beispiel dafür, dass man da erst mal mit sich selber anfangen sollte.
Im Anschluss an die Messe gab es eine Kaffeetafel im Garten, und danach hielt Prälat Dybowski in der Scheune einen Vortrag zum Heiligen Jahr. Wenn ich sage, dass dieser Vortrag in Tonfall und Gehalt eher Seniorenkränzchen-Niveau hatte, dann klingt das vermutlich böser, als ich es eigentlich meine: Zum einen schien mir der Stil des Vortrags von so einer Art leisem und freundlichem Humor geprägt, der zum Schmunzeln einlud – oder anders ausgedrückt, auf Reaktionen zwischen milder Heiterkeit und Rührung abzielte. Aber wahrscheinlich ist das einfach Dybos Art – jedenfalls wirkte es bei ihm absolut authentisch. Zum anderen war mir der Vortrag auf der inhaltlichen Seite zu betont niederschwellig, in dem Sinne, dass er durchweg darauf abzuzielen schien, Berührungsängste gegenüber dem Begriff des "Heiligen" abzubauen. Diese Art von Niederschwelligkeit, die man recht stimmig durch die Formulierung "Wir sind ja gar nicht so" charakterisieren könnte, scheint mir bei (volks-)kirchlichen Vortragsveranstaltungen recht weit verbreitet zu sein, und mir drängt sich dabei immer der Verdacht auf, diese ganze "Wir sind ja gar nicht so"-Rhetorik richte sich an ein Publikum, das zu diesen Veranstaltungen mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst kommt. Zugegeben, möglicherweise irre ich mich da. Gerade an einem so besonderen Ort wie dem Achor-Hof würde ich allerdings gerne annehmen, es in der Hauptsache mit einem Publikum zu tun zu haben, das sich bereits entschieden hat, Christus nachfolgen zu wollen, dem das auch nicht peinlich ist und dem man das Christentum nicht zu ermäßigten Preisen zu verkaufen versuchen muss. Nun gut, ich wiederhole mich: Möglicherweise irre ich mich.
Eine Gelegenheit, mit jemandem von den Achor-Leuten über unsere eigenen Projektpläne zu reden und uns eventuell ein paar Tipps geben zu lassen – z.B. was das Thema "Wie wird man eigentlich ein 'Ort kirchlichen Lebens'?" angeht, aber auch zum Thema "Fördermittel beantragen und bekommen" – ergab sich nicht so recht, da müssen wir womöglich noch mal wiederkommen, wenn gerade nichts Besonderes anliegt. Insgesamt waren wir uns aber einig, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, den Palmsonntag hier zu feiern. Eine der älteren Damen, die wir dort getroffen hatten, leistete uns noch auf der Heimfahrt mit der Regionalbahn Gesellschaft; unter anderem erzählte sie uns, sie sei in einem Hauskreis der Gemeinde auf dem Weg. So klein ist die Welt...!
Gründonnerstag in Spandau, Karfreitag in Siemensstadt
Ich hatte es bereits erwähnt: Die Messe vom Letzten Abendmahl wurde am diesjährigen Gründonnerstag für die gesamte Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland zentral in der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen gefeiert. Das war 2023, im ersten Jahr des Bestehens dieser durch die Zusammenlegung dreier zuvor selbständiger Pfarreien entstandenen Großpfarrei, auch schon so gemacht worden, und schon da war zu hören gewesen, dass das in Zukunft wohl immer – oder zumindest regelmäßig – so sein solle. Damit solle das Zusammenwachsen der Pfarrei gefördert werden. Letztes Jahr gab es dann doch wieder in jeder der drei Teilgemeinden eine eigene Gründonnerstagsmesse, aber das war wohl eine einmalige Ausnahme.
Wir fuhren an diesem Gründonnerstag also nach Spandau, und als wir die Pfarrkirche zehn Minuten vor Beginn der Messe erreichten, war sie schon ziemlich voll; aber in bewährter volkskirchlicher Manier waren ganz vorne noch Plätze frei. Alle Priester der Pfarrei waren zugegen, Hauptzelebrant war, was ja eine gewisse Logik hat, der leitende Pfarrer; die Predigt hielt hingegen der Spandauer Krankenhausseelsorger. Von diesem hatte ich seit Ende Januar keine Predigt mehr gehört, aber ein bisschen fragte ich mir doch, was für eine Absicht dahinter stecken mag, bei Anlässen, bei denen die gesamte Geistlichkeit der Pfarrei konzelebriert – wie z.B. letztes Jahr anlässlich des Neujahrsempfangs der Pfarrei und eben jetzt – gerade ihn predigen zu lassen, der dazu neigt, mit vielen Worten relativ wenig zu sagen, und nicht etwa den Pfarrvikar aus Siemensstadt/Haselhorst, bei dem es umgekehrt ist. Dann fiel mir allerdings auf, dass genau dieser Pfarrvikar der Predigt mit geschlossenen Augen und hoch konzentriert wirkendem Gesichtsausdruck lauschte, und ich sagte mir, vielleicht sollte ich das besser auch tun – vielleicht hätte ich dann mehr von der Predigt, als wenn ich meine Aufmerksamkeit darauf fokussierte, mich über etwaige ins Klo gefallene Rasierpinsel zu ärgern.
Ein offenbarer Vorzug einer gemeinsamen Gründonnerstagsmesse für die ganze Großpfarrei zeigte sich darin, dass tatsächlich ganze zwölf Gemeindemitglieder zur Fußwaschung antraten, während es, meiner Erfahrung nach, sonst vielerorts schon schwierig ist, auch nur sechs Freiwillige dafür zu finden. Die Personen, denen der Pfarrer die Füße wusch, gaben nach Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft ein recht bunt gemischtes Bild ab, auch vier Kinder waren darunter, sämtlich Geschwister aus einer Familie, die in der Bank hinter uns saß und und noch mindestens zwei weitere Kinder hat.
Nachdem unsere Kinder sich während der ersten Hälfte der Messe noch recht verträglich benommen hatten, wurden sie ab der Gabenbereitung doch recht unruhig – genauer gesagt war es zunächst und vor allem der Jüngste, der unruhig wurde und damit zunehmend auch seine große Schwester anstiftete, die mit ihren sieben Jahren noch nicht die Reife und Gelassenheit hat, ihn in solchen Momenten zu ignorieren. So war ausgerechnet der eucharistische Teil der Messe für mich und meine Liebste von permanenten Bemühungen überschattet, die Kinder voneinander fernzuhalten und am Durchdrehen zu hindern. Als wir nach der Messe zur Agape im Gemeindesaal gingen, war ich ziemlich gestresst und obendrein hungrig; aber ach, ehe man sich an Brot, Käsehäppchen und Weintrauben laben durfte, hatte erst noch die Gemeindereferentin ihren großen Auftritt. Dass sie Wert auf einen gemeinsamen Beginn der Agape legte, kann man ja durchaus noch verstehen und gutheißen; dass sie die Anwesenden dabei in einem Tonfall herumkommandierte, als habe sie eine Horde Sechstklässler auf Klassenfahrt vor sich, schon weniger, und dass sie Leute, die gerade aus einer gut eineinhalb Stunden langen Messfeier kamen, partout dazu verdonnert musste, noch mehr zu singen und zu beten, bevor sie etwas zu essen bekamen, sorgte auf den Plätzen um mich herum für einigen Unmut. Als die Gemeindereferentin dann noch darüber zu dozieren begann, dass die Agape am Gründonnerstag ihre Wurzeln im jüdischen Pessach-Fest habe, flüchtete ich lieber aufs Klo. Als ich zurückkam, war die Gemeindereferentin gerade dabei, die Speisen für die Agape zu segnen, wobei sie Formulierungen verwendete, die an das Gabengebet der Messliturgie angelehnt waren. Sah mir arg demonstrativ nach "Frauenpriestertum light" aus, da blieb ich lieber auf dem Flur, bis sie fertig war.
Zur Feier vom Leiden und Sterben Christi am Karfreitag um 15 Uhr fuhren wir nach Siemensstadt, obwohl ich angesichts der bei den Kindern herrschenden Stimmung erwogen hatte, es wäre vielleicht besser, wenn meine Liebste und ich mit je einem Kind in zwei verschiedene Kirchen gingen. Tatsächlich darf ich meiner Großen attestieren, dass sie sichtlich bemüht war, ruhig und fokussiert zu bleiben, aber der Kleene war sehr krawallig drauf, sodass meine Liebste zeitweilig mit ihm 'rausgehen musste. Ist mir wirklich ein Rätsel: Wenn ich an Schultagen allein mit ihm unterwegs bin, benimmt er sich völlig anders.
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Immer wieder bewegend: die Prostratio zu Beginn der Karfreitagsliturgie. |
Dass die Karfreitagsliturgie in St. Joseph Siemensstadt insgesamt kaum länger als eineinhalb Stunden dauerte, war einmal mehr auch dem Umstand zu verdanken, dass der Pfarrvikar sich in seiner Predigt ziemlich kurz fasste. Er richtete sein Augenmerk hauptsächlich auf die beiden Gärten, in denen die Passion beginnt und endet und in denen sich der Garten Eden des Buches Genesis widerspiegelt – jener Garten, durch den Gott geht und nach Adam, dem Menschen, ruft. Auch die Seitenwunde Jesu verweise auf die Paradieseserzählung des Buches Genesis: Wie aus Adams geöffneter Seite Eva hervorgeht, so geht aus der geöffneten Seite Jesu die Kirche als Seine Braut hervor.
Vermischte Lektüreeindrücke
Ich freue mich zu Protokoll geben zu können, dass der Frühjahrsputz in unserer Wohnung erfolgreich abgeschlossen ist; und wie schon angedeutet, hat diese Aufräumaktion auch und sogar eine übersichtlichere Sortierung unserer Bücherregale eingeschlossen. Ein unmittelbarer Erfolg dieser Bemühungen ist, dass ich seither wieder mehr lese, also so richtig Bücher aus Papier. – Nachdem ich "Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten" durchgelesen hatte, verspürte ich einerseits große Lust, wieder einmal den ersten Teil der Reihe, also das "Tagebuch eines frommen Chaoten", zu lesen; andererseits sagte ich mir, ich sollte mich vielleicht endlich mal an das schon vorige Woche erwähnte Buch "Der Berg der sieben Stufen" von Thomas Merton heranwagen. Kurz entschlossen nahm ich es aus dem Regal, schlug es aufs Geratewohl an irgendeiner Stelle auf – auf S. 19, um genau zu sein – und las da die folgende Passage:
"Vermutlich war die Mutter schon im Spital, als ich eines Sonntags mit dem Vater ins Bethaus der Quäker ging. Er hatte mir erklärt, die Leute säßen einfach schweigend, unbeweglich und still da, bis der Heilige Geist jemand von ihnen zum Sprechen antrieb. Er hatte mir auch gesagt, ein berühmter alter Herr, einer der Begründer der amerikanischen Pfadfinderbewegung, werde dort sein. Er meinte Dan Beard. Daher gingen mir, während ich unter den Qäukern saß, stets die drei gleichen Fragen durch den Kopf. Wer war Dan Beard? Wurde er nur 'Bart' genannt, oder trug er wirklich einen? Und was würden all diese Leute unterm Antrieb des Heiligen Geistes tun oder sagen?"
Amüsiert stellte ich fest, dass sich das gar nicht so sehr vom "Tagebuch eines frommen Chaoten" unterschied, jedenfalls längst nicht so sehr, wie ich erwartet hätte. – Im Übrigen fiel mir auf, dass wir noch mindestens ein weiteres Buch von Adrian Plass im Regal haben, das ich noch nicht kenne, nämlich "Heiliger Schein – Geheimwissen für Gemeindeprofis". Meine Liebste, der ich das Buch über den Küchentisch hinweg zeigte, las die Titel-Unterzeile zunächst als "Geheimnisse von Gemeindepromis". Auch nicht schlecht. Das Buch lese ich dann aber wohl mal zu einem späteren Zeitpunkt; erst einmal habe ich mich doch wieder für Plass' erstes "Tagebuch" entschieden, nicht obwohl, sondern gerade weil ich es stellenweise so gut wie auswendig kenne. Wohlfühllektüre, wenn man so will. Das habe ich nun aber auch schon wieder fast durch...
Aktuelles Feedback aus der Wesermarsch
Am Mittwoch ging endlich mein bereits rund eineinhalb Wochen zuvor angekündigter Artikel über die bevorstehende Neubesetzung der Pfarrstellen von St. Marien Brake/Unterweser und St. Willehad Nordenham online – und fand schnell ein interessiertes Publikum, wie eigentlich immer, wenn ich Artikel zur kirchlichen Situation in der Wesermarsch poste. Die Reaktionen in den einschlägigen Facebook-Gruppen ließen zum Teil allerdings nicht sicher erkennen, ob ihre Urheber meinen Artikel überhaupt gelesen hatten oder nur die Überschrift und den Teaser-Text – aber mit so etwas muss man wohl rechnen. Als eine vergleichsweise maßvolle und sachliche Einschätzung kann man es wohl betrachten, dass ein Leser meinte, die Tatsache, dass die Pfarreien in Brake und Nordenham einen gemeinsamen Pfarrer bekommen, sei "[v]ielleicht auch darin begründet, das[s] die Gemeinden immer kleiner werden und mannigfaltig aus den Kirchen ausgetreten wird". Bei einem anderen Kommentarschreiber klang das erheblich grobschlächtiger: "[W]o keine Schäfchen mehr zu[r] Melkkuh gemacht werden können, muss das Geldeintreibep[e]rsonal gestrichen oder halbiert werden." Auch eine Anspielung auf das Thema Missbrauch durfte nicht fehlen: "Zudem lohnen sich die paar Kleinkinder nicht mehr für mehrere Geistliche." – Der Verfasser dieser Zeilen fügt hinzu, man solle seinen Beitrag "mit einem ironischen und einem sarkastischen Auge lesen": "Ich selber bin katholisch erzogen worden. Ich bin nur nicht religiös oder gläubig – zahle aber brav noch meine KSt." Letzeres finde ich ja ehrlich gesagt am interessantesten an dieser Wortmeldung. Normalerweise bin ich es gewohnt, dass Leute, die nach eigenem Bekunden nicht gläubig sind, aber trotzdem Kirchensteuer zahlen, das damit rechtfertigen, dass die Kirche mit dem Geld "ja auch viel Gutes" tue. Danach hört es sich bei diesem Herrn aber ja nun nicht gerade an... Kurzum, die hohe Zahl der "Nur-Kirchensteuerzahler" in den deutschen Großkirchen bleibt ein Mysterium.
Auf ein Thema, das nicht direkt mit der Personalsituation der beiden katholischen Pfarreien im Landkreis Wesermarsch zusammenhängt (indirekt hingegen irgendwie doch – aber das zu erläutern, würde hier und jetzt ein bisschen weit führen), das aber ebenfalls Brake und Nordenham betrifft, machte mich ein Bloggerkollege aus Nordenham-Einswarden aufmerksam: Während das St.-Bernhard-Hospital in Brake, das einer katholischen Stiftung gehört, vom Land Niedersachsen Fördergelder in Höhe von 53 Millionen Euro für Modernisierung und Ausbau erhalten soll, soll im Gegenzug die Helios-Klinik im Nordenhamer Ortsteil Esenshamm zu einer "Mini-Klinik" mit nur noch 20 Betten ohne Notfallversorgung herabgestuft werden. Dies hätte gravierende Folgen für die medizinische Versorgung in der nördlichen Wesermarsch, gerade in Butjadingen: Von Orten wie Burhave oder Tossens würde sich der Anfahrtsweg zu einem vollwertig ausgestatteten Krankenhaus dadurch praktisch verdoppeln. Nun, jedenfalls hat mein Bloggerkollege mich gebeten, meine Reichweite zu nutzen, um auf eine Online-Petition an den Niedersächsischen Landtag aufmerksam zu machen, die die "Sicherstellung der medizinischen Notfallversorgung im Landkreis Wesermarsch" einfordert – auch wenn das eigentlich "nicht unbedingt [m]ein Thema" sei.
Ich sag dazu mal Folgendes: Es ist nicht so, dass ich es dem Braker St.-Bernhard-Hospital nicht gönnen würde, in der Krankenhausplanung des Landes Niedersachsen für den Landkreis Wesermarsch gegenüber der Nordenhamer Helios-Klinik bevorzugt zu werden; aber der Punkt mit der Notfallversorgung ist schon heikel. Man kann sich unschwer eine Vielzahl von Notfall-Szenarien vorstellen, in denen ein erheblich verlängerter Anfahrtsweg des Rettungswagens eine Angelegenheit von Leben und Tod ist. Das ist nicht lustig. Also, hier der Link zur Online-Petition. Geht mal in euch, Leser, ob ihr euch da beteiligen mögt.
Geistlicher Impuls der Woche
Tiefes Schweigen herrscht heute auf der Erde, tiefes Schweigen und Einsamkeit. "Furcht packt die Erde, und sie verstummt" (Ps 76,9), weil Gott – als Mensch – in Schlaf gesunken ist und Menschen auferweckt hat, die seit unvordenklicher Zeit schlafen. Gott ist – als Mensch – gestorben, und die Unterwelt erbebt. Er geht auf die Suche nach dem erstgeschaffenen Menschen wie nach dem verlorenen Schaf (vgl. Lk 15,3ff.). Besuchen will er, "die völlig in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes" (Lk 1,79). Er kommt, um den gefangenen Adam und die mitgefangene Eva von ihren Schmerzen zu erlösen, er, zugleich Gott und der Eva Sohn (vgl. Gen 3,15). Er faßt Adam bei der Hand, hebt ihn auf und spricht: "Wach auf, Schläfer, und steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein!" (Eph 5,14). Ich habe dich nicht geschaffen, damit du im Gefängnis der Unterwelt festgehalten wirst. Steh auf, mein Geschöpf, steh auf, meine Gestalt, nach meinem Abbild geschaffen! Du bist in mir und ich in dir (vgl. Joh 17,21-23), wir sind eine unteilbare Person. Deinetwegen wurde ich dein Sohn, ich, dein Gott. Für dich nahm ich, der Herr, deine Knechtsgestalt an. Für dich kam ich auf die Erde und unter die Erde, ich, der über den Himmeln thront. Für dich, den Menschen, bin ich ein Mensch geworden. Du wurdest vom Garten ausgestoßen, ich wurde vom Garten aus den Juden überliefert und in einem Garten begraben. Sieh den Speichel in meinem Gesicht! Deinetwegen ließ ich es geschehen, um dir den Anhauch des Ursprungs wiederzugeben (Gen 2,7). Sieh die Backenstreiche, die ich empfing, um deine verderbte Gestalt nach meinem Bild wiederherzustellen. Sieh die Spur der Geißelhiebe auf meinem Rücken, die ich mir gefallen ließ, um deine Sünden zu vernichten, die auf deinem Rücken lasten. Sieh meine Hände, die so glückverheißend mit Nägeln an das Kreuz geheftet sind, deinetwegen: denn du strecktest einst zu deinem Unglück deine Hände aus nach dem Holz. Ich entschlief am Kreuz, und die Lanze durchbohrte meine Seite, für dich, denn im Paradies fielst du in Schlaf und brachtest aus deiner Seite Eva hervor. Meine Seite heilte die Wunden deiner Seite. Mein Schlaf wird dich aus dem Schlaf der Totenwelt herausführen.
(Homilie am Großen und Heiligen Sabbat, Epiphanius von Konstantinopel zugeschrieben)
Ohrwurm der Woche
U2: Mysterious Ways
Platz 21 in meinen "Abi 95 Top 100". – Die Zeiten, in denen U2 in gewissen Kreisen mindestens gerüchteweise in dem Ruf standen, eine christliche Band zu sein, waren 1991, als das Album "Achtung Baby" herauskam, wohl schon vorbei; was indes stimmt, ist, dass der olle Bono in seinen Songtexten immer mal wieder gern mit Motiven aus Bibel und christlicher Tradition arbeitete, und das gilt natürlich auch für den Titel dieses Songs – und nicht zuletzt auch für die Textstelle "If you wanna kiss the sky, better learn how to kneel". – Seine Position in meiner Abi-Hitliste verdankt der Song derweil in erster Linie der Erinnerung daran, wie eine damalige Mitschülerin von mir im Rahmen der "Jazztanz-AG" unserer Schule mit einer Gruppe jüngerer Schülerinnen eine Choreographie dazu einstudierte, die beinhaltete, sich bei den Worten "On your knees, boy" plötzlich auf die Knie fallen zu lassen. Ich kam mehrfach bei den Proben vorbei, die in der Pausenhalle stattfanden. (Übrigens steht in meinem Abiturzeugnis, dass ich an der Jazztanz-AG teilgenommen hätte; aber wie es dazu gekommen ist, obwohl ich niemals Jazz getanzt habe, ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.)
Vorschau/Ausblick
Heute Abend wollen wir in St. Joseph Siemensstadt die Osternacht feiern; morgen, am Ostersonntag, sind wir bei meinen Schwiegermüttern eingeladen, ich nehme an, dass es da – wie in früheren Jahren – für die Kinder wieder eine Ostereiersuche im Garten geben wird. Und dann folgt noch eine weitere Ferienwoche. Für Ostermontag haben wir ins Auge gefasst, etwas mit einer Schulfreundin des Tochterkindes und deren Mutter zu unternehmen, nachdem wir diese (also die Mutter) am Gründonnerstag an einer Bushaltestelle getroffen haben; außerdem geht der Schwimmkurs der Kinder weiter, der in der zurückliegenden Woche recht vielversprechend gestartet ist. Am nächsten Samstag ist dann wieder mal Community Networking Night im Baumhaus, und ich hoffe sehr, diesmal schaffen wir es, da hinzugehen...