Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Samstag, 1. November 2025

Die 3 K der Woche (49): Kinder, Kirche, Kreuzfahrt

Saludos, geschätzte und verehrte Leser! Ich melde mich aus dem Hafen von Arrecife auf der Insel Lanzarote, wo es mobiles Internet gibt, nachdem ich den ganzen gestrigen Tag keines hatte. In diesem Wochenbriefing dürft ihr euch auf allerlei Urlaubseindrücke mit zahlreichen Fotos freuen, allerdings wäre ich wohl nicht der Tobi, wenn ich diese Urlaubseindrücke nicht mit solchen Themen und Reflexionen zu verknüpfen wüsste, für die man den Blog "Huhn meets Ei" kennt und liest. Überzeugt euch selbst, Freunde! 

Wenn das Rote Meer Grüne Welle hat. 

Auf Lolas Spuren 

Die Urlaubsplanung und –buchung fällt bei uns von jeher in das Ressort meiner Liebsten, und im Allgemeinen bin ich damit auch sehr zufrieden; im aktuellen Fall war ich jedoch anfangs nicht ganz überzeugt von ihrer Entscheidung, vor dem Antritt unserer Schiffsreise zwei Tage (und nicht nur einen) in Hamburg einzuplanen. Wie sich zeigte, war das aber doch gut so, denn die Zeit dort verging fast schneller als uns lieb war. Die Kinder kannten Hamburg bisher ja praktisch nur aus den "Lola"-Büchern von Isabel Abedi (und der Verfilmung des ersten Bandes), und da das Restaurant von Lolas Vater und Opa am Hamburger Hafen liegt und einige bedeutende Handlungsanteile sich in der Speicherstadt und der HafenCity abspielen, kamen wir an so allerlei Originalschauplätzen vorbei. 

Ob das Miniatur-Wunderland in den Lola-Büchern erwähnt wird, wüsste ich aus dem Gedächtnis nicht mit Sicherheit zu sagen, aber als wir uns so ziemlich direkt nach unserer Ankunft in Hamburg dorthin begaben, sahen wir unterwegs schon mal einiges von der Speicherstadt. 

In ziemlich unmittelbarer Nähe des Miniatur-Wunderlands schmückt eine Statue des Hl. Ansgar einen Brückenpfeiler. Die Möwe auf dem Kopf fand ich besonders kleidsam.

Beim Miniatur-Wunderland herrschte ein enormer Andrang, und an der Kasse erfuhren wir, dass man ein Zeitfenster für den Einlass reservieren musste, um hineinzukommen. Wir machten also eine Reservierung für den folgenden Tag und gingen erst mal wieder, um einen anderen geplanten Programmpunkt vorzuziehen: eine Besichtigung des Museumsschiffs "Rickmer Rickmers", das in mehreren Lola-Bänden eine markante Rolle spielt. Um dorthin zu gelangen, nahmen wir von der Elbphilharmonie zu den Landungsbrücken eine Fähre; das war an sich schon ein Highlight, vor allem (aber nicht nur) für die Kinder. 

Die "Rickmer Rickmers", von der Fähre aus gesehen. 

Die Besichtigung des Museumsschiffs war jedenfalls ein Programmpunkt, den ich Hamburg-Touristen – ob mit oder ohne Kinder, ob mit oder ohne den Hintergrund der Lola-Bücher – uneingeschränkt empfehlen möchte. Anschließend fuhren wir zurück zum Hauptbahnhof, wo wir unser Gepäck eingeschlossen hatten, aßen dort zu Mittag und machten uns dann mit unserem Gepäck auf den Weg zu unserer Unterkunft, einem Hostel im wenig idyllischen Stadtteil Hammerbrook. In diesem Hostel war meine Liebste vor Jahren schon mal mit einer Schulklasse untergebracht gewesen, bei ihrem ersten Einsatz als verantwortliche Lehrkraft bei einer Klassenfahrt. Aktuell präsentierte der Stadtteil Hammerbrook sich uns als eine krasse Baustellenwüste, aber auch wenn man sich die Baustellen wegzudenken versuchte, machte so ziemlich der gesamte Bereich zwischen Berliner Tor und Hauptbahnhof – gerade im Vergleich zu Berlin – den Eindruck, ausgesprochen fußgängerunfreundlich zu sein. Ich schätze mal, das hat damit zu tun, dass die Stadtplaner in der Nachkriegszeit die durch den Krieg zerstörten Stadtlandschaften als eine leere Leinwand auffassten, auf der sie ihre Vision einer Neuerfindung des Konzepts "Stadt" verwirklichen konnten; der Leitgedanke lautete damals, im Zeichen des rasanten Fortschritts der privaten Motorisierung, "autofreundliche Stadt", und "autofreundlich" heißt nun mal im Umkehrschluss "fußgängerunfreundlich".

Wie dem auch sei: Unser Familienzimmer im Hostel ließ keine wesentlichen Wünsche offen, außerdem gab es eine Dachterrasse, die einen recht eindrucksvollen Ausblick gewährte. Wir verbrachten also den Rest des Donnerstags in der Unterkunft, am Freitag frühstückten wir in einer Bäckerei und machten uns dann auf den Weg zu unserer reservierten Einlasszeit im Miniaturwunderland. 

Nein, in Rom waren wir nicht. 

Für den Besuch dort hatten wir rund drei Stunden eingeplant, und ich bezweifle auch nicht, dass man so viel Zeit oder noch mehr in der Ausstellung verbringen könnte, aber die Geduld der Kinder war nach knapp zwei Stunden erschöpft, obendrein herrschte trotz Einlassbeschränkung ein ziemliches Gedränge in den Ausstellungsräumen. Daher zogen wir uns noch für rund eine Stunde in den Kinderspielbereich zurück, und danach trafen wir uns mit meinem Bruder und meiner Schwägerin, die uns erst einmal in ein sehr hübsches bretonisches Lokal einluden. 


Dieser Werbeaufsteller sieht ein bisschen aus wie Rickmer Rickmers in bretonischer Tracht.

Und das Essen war auch lecker.

Danach gingen wir auf die Besucherterrasse der Elbphilharmonie, wo wir eine Aussicht hatten, die die von der Dachterrasse des Hostels doch noch um einiges in den Schatten stellte. 

Wer genau hinschaut, kann hier auch das Schiff entdecken, mit dem wir unterwegs sind.

Anschließend fuhren wir erneut mit einer Fähre von der Elbphilharmonie zu den Landungsbrücken – wobei ich noch erwähnen möchte, dass wir vom Fähranleger an der Elbphilharmonie einen weiteren Originalschauplatz der Lola-Bücher sehen konnten, nämlich den Marco-Polo-Tower. Im 9. Band, "Lola und die einzige Zeugin", findet darin die Geburtstagsparty eines Millionärs statt, und diese stellt einen Schlüsselmoment für einen der beiden Haupthandlungsstränge des Buches dar. – An den Landungsbrücken aßen wir noch Fischbrötchen mit meinem Bruder und meiner Schwägerin, dann verabschiedeten wir uns. Insgesamt war das ein sehr schöner Nachmittag und Abend, und wie schon beim Familientreffen im Sommer hat sich erneut gezeigt, wie gern unsere Kinder ihre Onkels und Tanten von meiner Seite der Familie mögen – und umgekehrt auch


Landei vs. Landratte 

Der Beginn unserer mit Spannung erwarteten Seereise wurde überschattet von Sturmtief "Joshua", oder, wie der Norddeutsche sagt: "Büschen windich, näch?". Im Kontrast zu dramatischen, mit Schockvokabeln wie "Bombenzyklon" gewürzten Unwetterwarnungen empfand ich einen Bericht des NDR, in dem ein Sprecher des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie mit der Einschätzung zitiert wurde, Sturm im Herbst sei ein ganz normaler Vorgang, recht erfrischend. Gleichwohl stand die Möglichkeit im Raum, dass die Elbe für den Schiffsverkehr gesperrt werden würde; daher war das Schiff, mit dem wir fahren wollten, von seiner vorherigen Reise einen Tag früher nach Hamburg zurückgekehrt und sollte nach Möglichkeit auch früher wieder ablegen, wenn auch nur zwei bis drei Stunden früher als geplant. Zu diesem Zweck wurde die zuvor festgelegte Check-In-Reihenfolge aufgehoben, und alle Passagiere sollten sich zwischen 10 und 14 Uhr am Terminal einfinden. Wir brachen also direkt nach unserem Checkout aus dem Hostel dorthin auf; die grundsätzlichen Abläufe im Kreuzfahrtterminal waren im Wesentlichen dieselben wie an einem Flughafen, aber infolge des vorgezogenen Boardings war alles etwas hektischer, als es wohl normalerweise gewesen wäre. Ich war während des gesamten Check-In-Vorgangs ziemlich nervös und dachte jedesmal, wenn eine Mitarbeiterin irgendwie streng guckte, es wäre etwas mit unseren Reiseunterlagen nicht in Ordnung und unsere Urlaubspläne würden in letzter Minute noch platzen. In Wirklichkeit lief aber alles recht reibungslos, sodass wir schon gegen halb Zwölf an Bord waren und, nachdem wir die digitale Version der Sicherheitseinweisung zur Kenntnis genommen hatten, erst mal in Ruhe zu Mittag essen konnten. Abgelegt wurde dann tatsächlich schon um 15 Uhr – unmittelbar nachdem ich mein voriges Wochenbriefing veröffentlicht hatte. 

An dieser Stelle muss ich erst mal das Geständnis einschieben, dass ich lange Zeit ganz grundsätzliche Bedenken gegen diese Art des Urlaubs hatte. Man erinnere sich etwa daran, was ich schon vor gut eineinhalb Jahren über den Urlaub in einem "Holiday-Resort" geschrieben habe (oder lese es nach): "Ist das nicht arg kommerziell und un-punkig für den 'Bonifatius der Benedikt-Option'?" Das gilt für eine Kreuzfahrt natürlich erst recht, und hinzu kommen ökologische Bedenken: 

Gesehen am Fähranleger an der Elbphilharmonie. – Was ist eigentlich aus der Gruppe "Extinction Rebellion" geworden? Mein Eindruck ist, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung ziemlich deutlich von der "Letzten Generation" in den Hintergrund gedrängt wurde. Das ist wohl so ähnlich, wie Bommi Baumann es einst über die Frankfurter Kaufhausbrandstifter um Andreas Baader sagte: "Wer die knallhärtesten Taten bringt, gibt den Ton an."

Andererseits bin ich aber eben an der See aufgewachsen und das steckt mir einfach im Blut; kaum habe ich eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, macht sich bei mir eine Art gesteigertes Lebensgefühl bemerkbar. Folglich lösten sich meine Bedenken weitgehend in Luft auf, kaum dass wir an Bord waren. – Aber was war denn nun mit Sturmtief Joshua? Nun, solange wir die Elbe abwärts schipperten, verlief die Fahrt ruhig. 

Hier übrigens Övelgönne, der Schauplatz der Rahmenhandlung von "Der Leuchtturm auf den Hummerklippen" von James Krüss.

Anders wurde das, als wir am Abend bei Cuxhaven in die offene Nordsee vorstießen. Ich persönlich finde ja, ein bisschen Seegang muss sein, damit man merkt, dass man auf einem Schiff ist; aber das war schon nicht mehr nur ein bisschen Seegang. Wie der Kapitän am nächsten Morgen verriet, gab es in der Nacht bis zu sechs Meter hohe Wellen; wir wurden also ordentlich durchgeschaukelt, der Jüngste fiel im Schlaf aus dem Bett (schlief jedoch auf dem Fußboden weiter, bis ich ihn dort fand und ihn zurück ins Bett legte), und meine Liebste war am nächsten Morgen ernsthaft seekrank. Die Fahrt durch die Nordsee blieb weiter unruhig, bis wir am Nachmittag in den Ärmelkanal einfuhren. An der Rezeption holte meine Liebste sich Tabletten gegen Reiseübelkeit, und danach ging's – auch als die See am folgenden Tag, als wir aus dem Ärmelkanal in den offenen Atlantik fuhren, vorübergehend wieder unruhiger wurde. Irgendwie ironisch war es aber wohl doch, dass ich zumindest während der ersten 24 Stunden nach dem Auslaufen in Hamburg die Kreuzfahrt deutlich mehr genoss als meine Liebste. Als es ihr wieder besser ging, merkte sie an, immerhin habe diese Reise erwiesen, dass sich "die Geißeln des abenteuerlustigen Menschen" gleichmäßig auf uns beide verteilen: Ich neige zu Höhenangst – wie sich auf der Terrasse der Elbphilharmonie gezeigt hatte – und sie eben zu Seekrankheit


Kein geistlicher Beistand auf der AIDA 

Was die Frage nach der Erfüllbarkeit der Sonntagspflicht an Bord betrifft, wandte ich mich, nachdem ich im offiziellen Veranstaltungsprogramm der Reise keinerlei Hinweise darauf gefunden hatte, am Sonntag nach dem Frühstück an die Rezeption. Präzise gesagt fragte ich, ob möglicherweise ein katholischer Priester an Bord sei, der bereit wäre, mit interessierten Mitreisenden eine Messe zu feiern. Die junge Dame an der Rezeption erwiderte mit aufrichtig wirkendem Bedauern, so etwas hätten sie gar nicht im Angebot. Auf die Implikationen dieser Aussage komme ich noch zurück; vorerst sei gesagt, dass ich für den ja durchaus erwartbaren Fall, dass die Teilnahme an einer Heiligen Messe nicht zu realisieren sein würde, als Plan B im Hinterkopf hatte, auf der Kabine eine Wortgottesfeier im Familienkreis (mit Lobpreismusik) abzuhalten, aber diesem Vorhaben stand der Umstand im Wege, dass die Liebste, wie schon erwähnt, bis zum mittleren Nachmittag seekrank in den Seilen hing und ich, um ihr möglichst viel Ruhe zu gönnen, mit den Kindern die Decks durchstreifte und unsere Kabine möglichst mied. Letztendlich beschränkte ich mich darauf, die Tageslesungen vom 30. Sonntag im Jahreskreis – zuzüglich Eröffnungsvers und Tagesgebet – für mich allein zu lesen und, soweit der Tagesablauf mir Zeit und Muße dazu ließ, darüber nachzusinnen. 

Gleichwohl gab mir die Aussage der Dame an der Rezeption zu denken, so etwas gebe es an Bord gar nicht. Das betrifft ja nicht allein die Sonntagspflicht der Katholiken. Dass ein Kreuzfahrtunternehmen, das eine Flotte von elf schwimmenden Wellnesshotels über die Weltmeere schippern lässt, die spirituellen Bedürfnisse seiner Gäste so gar nicht im Blick hat, finde ich dann doch enttäuschend. Wenigstens einen Multi-Religious Prayer Room, wie man ihn an vielen internationalen Flughäfen findet, hätte man doch wohl irgendwo auf dem Schiff unterbringen können – auch wenn man diesen im Interesse der muslimischen Passagiere wohl mit einem Kompass ausstatten müsste, um feststellen zu können, in welcher Ecke des Raumes jeweils gerade Osten ist. 

Der Gedanke an muslimische Passagiere brachte mich um ein paar Ecken darauf, mich zu fragen: Was ist eigentlich mit der Crew? An einem Abend, an dem im Showprogramm eigentlich der Kapitän als Talkgast hätte auftreten sollen, aber aus dienstlichen Gründen kurzfristig verhindert war und von der Personalchefin des Schiffs vertreten wurde, erfuhr man beiläufig, dass große Teile der Crew aus Indonesien oder von den Philippinen kommen. Indonesier sind weit überwiegend Muslime; wo beten die? Gibt es wenigstens im Crewbereich einen Gebetsraum? Und die Crewmitglieder von den Philippinen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit katholisch. Wenn es keinen Priester an Bord gibt, dann heißt das wohl, dass sie nur zur Beichte und zur Kommunion gehen können, wenn sie Landurlaub haben. 

Nun wissen wir ja alle, dass sich da, wo der Heilige Geist nicht waltet, gern allerlei andere Geister und Ungeister tummeln. Wie mir erst am dritten Reisetag während einer Fahrstuhlfahrt von Deck 4 nach Deck 14 auffiel, dass es auf diesem Schiff kein Deck 13 gibt. Lohnt sich wahrscheinlich nicht. Will sagen: Man fürchtet, allzu viele potentielle Passagiere würden aus abergläubischen Gründen keine Kabine auf Deck 13 buchen wollen, und dann bekäme man die Kabinen dort nicht voll. In großen Hotels, so hört man, soll es auch so sein. – Zum Veranstaltungsangebot an Bord zählten z.B. Vorträge über Hypnose oder eine "Thalasso-Rasul-Zeremonie" im "Organic Spa"

Zu dieser Art "erlebnisorientierter Spiritualität" muss man es wohl auch rechnen, dass am 4. Reisetag Ausflüge von La Coruña (galicisch: A Coruña) ins gut 75 km entfernte Santiago de Compostela angeboten wurden, einschließlich eines Stückchens Wandern auf dem Jakobsweg; das machten wir aber nicht mit, das wäre ja nicht stilecht gewesen. Stattdessen erkundeten wir die Umgebung des Hafens von La Coruña sowie die Altstadt auf eigene Faust und zu Fuß – und hatten Glück: Die erste Kirche, an der wir vorbeikamen, war San Jorge (galicisch: San Xurxo), und als ich dort die Aushänge studierte, zeigte sich, dass in rund zehn Minuten eine Messe begann. Also blieben wir dort. Übrigens war es das Fest der Apostel Simon und Judas, ein Datum, das – wie sich treue Leser meines Blogs vielleicht erinnern – in der Geschichte unseres Familienapostolates (wenn mir der hochtrabende Ausdruck gestattet ist) eine besondere Bedeutung hat. – Vor Beginn der Messe machte ich aber erst mal einige Fotos: 







Zur Messe erschienen etwa dreißig bis vierzig Personen; der Priester, den ich auf etwa Mitte 70 schätzen würde, zelebrierte recht zügig, es gab keine Predigt und keinen Gesang, und so dauerte die Messe insgesamt nur knapp eine halbe Stunde. – Zur Kommunion nahmen wir die Kinder mit nach vorn, da wir es von zu Hause her gewohnt sind, dass sie bei dieser Gelegenheit einen Segen erhalten können; das war hier aber offenbar nicht ortsüblich, und der Priester schien etwas unsicher, ob er unserer achtjährigen Tochter die Kommunion spenden sollte oder nicht. Ich konnte dies gestisch klären, aber nach dem Ende der Messe kam der Priester zu uns, um sich noch einmal zu vergewissern, ob das Tochterkind denn schon zur Erstkommunion gegangen sei. Anschließend fragte er, woher wir denn kämen und wie wir hießen; er war ausgesprochen entzückt, als wir ihm verrieten, dass unsere Tochter Bernadette hieß, und machte uns darauf aufmerksam, dass es in seiner Kirche eine Statue Unserer Lieben Frau von Lourdes gab. Den gewünschten Segen erhielten die Kinder bei dieser Gelegenheit auch noch. 

Im weiteren Verlauf unseres Altstadtbummels in La Coruña sahen wir noch mehrere weitere Kirchen; zunächst Santa Maria del Campo



In dieser Seitenkapelle ist u.a. ein Stuhl zu sehen, auf dem der Hl. Johannes Paul II. bei einem Besuch in Santiago de Compostela gesessen hat. Eine Berührungsreliquie also.

Sodann die Igrexa Santiago, die, wie der Name schon vermuten lässt, am Jakobsweg liegt: 





Und schließlich San Francisco, die ich zwar versäumt habe von außen zu fotografieren, aber wie die meisten spanischen Kirchen, die ich bisher gesehen habe, ist sie von innen ohnehin eindrucksvoller: 




An einem kleinen Devotionalien-Verkaufsstand in dieser Kirche kauften wir den Kindern auf ihren eindringlich vorgetragenen Wunsch hin je einen Rosenkranz; dann kehrten wir zurück an Bord. 


Die alte Frage "Spandau oder Portugal"...

...hat wieder erheblich an Brisanz gewonnen, seit wir am Mittwoch zum ersten Mal in unserem Leben tatsächlich portugiesischen Boden betreten haben. Im Reiseplan der Kreuzfahrt stand eigentlich Porto auf dem Programm, aber das war ein bisschen eine Mogelpackung: Das Kreuzfahrtterminal lag rund 10 km von der Stadt entfernt, und wenn man nicht sowieso einen Ausflug gebucht hatte, konnte man 35 € für den Shuttle-Service berappen oder eine halbe Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Gegend gurken. Der Ort, der der Anlegestelle am nächsten lag – Matosinhos –, machte allerdings ebenfalls den Eindruck, einen Besuch wert zu sein, also entschieden wir uns dafür, uns dort ebenso auf eigene Faust umzusehen wie tags zuvor in La Coruña. Das erwies sich als eine glückliche Idee. Auch wenn die alten Häuser der Stadt teilweise etwas zu heruntergekommen aussahen, um als malerisch bezeichnet zu werden, hatte der verblasste Glanz besserer Tage doch etwas unbestreitbar Elegantes an sich. 



Gekachelte Außenfassaden scheinen eine regionale Besonderheit zu sein.


Aber nicht nur wegen der Architektur gefiel die Stadt mir – und übrigens auch meiner Liebsten – ausnehmend gut: Es gibt viele kleine Cafés, Bars und Kramläden, die Leute wirken sehr nett und die Stadt ist ausgesprochen fußgängerfreundlich, sogar eine Straßenbahn gibt es. Damit nicht genug, liegt Matosinhos nicht nur am Caminho Portugues, dem portugiesischen Jakobsweg, sondern ist auch selbst seit dem 16. Jahrhundert ein Wallfahrtsort, an dem das Gnadenbild des Bom Jesus de Matosinhos verehrt wird. Schon auf dem Weg vom Hafen in die eigentliche Stadt kamen wir an einem Denkmal vorbei, das die Stelle markieren soll, an der dieses Gnadenbild der Legende nach im Jahr 124 angeschwemmt wurde: 


Die vier Ecken des Gebäudes sind mit Statuen der Evangelisten geschmückt; hier Lukas und Johannes, zu einem Bild zusammengeschnitten.

Vor allem aber wollten wir die Wallfahrtskirche Igreja do Bom Jesus besuchen; als wir dort ankamen, war sie leider geschlossen, aber mit Hilfe von Google Maps fanden wir heraus, wann sie nach der Mittagspause wieder öffnete. 


Statuen der Apostel Petrus und Paulus an der Fassade, auch wieder zu einem Bild zusammengeschnitten. 

Bis dahin hielten wir uns im Garten der Kirche auf; dort gab es sechs kleine Kapellen, in denen durch lebensgroße Figuren Szenen aus der Passion Christi dargestellt wurden. Leider hinter Gittern, was das Fotografieren erschwerte, aber ich tat mein Möglichstes. 




Als die Kirche dann endlich geöffnet wurde, gingen wir natürlich hinein; und was wir da zu sehen bekamen, stellte die Kirchen in La Coruña, die wir tags zuvor besucht hatten, noch in den Schatten: 







In einem Nebengebäude, das den schönen Namen Casa dos Milagres ("Haus der Wunder") trug, wurde eine breite Auswahl an Rosenkränzen, Heiligenfiguren und ähnlichem feilgeboten, und die Kinder überredeten uns mit vereinten Kräften, eine kleine Figur des Erzengels Michael, der den Teufel besiegt, zu erwerben. 

Hier in trauter Eintracht mit den Spielfiguren, die unseren Jüngster in den Urlaub mitgenommen hat.

Am Donnerstag verzichteten wir auf einen Stadtbummel in Lissabon, um stattdessen an einem Tagesausflug zur Tropfsteinhöhle von Mira de Aire, einem der sieben Naturwunfer Portugals, teilzunehmen. Das war ein Erlebnis ganz eigener Art, allerdings wohl nicht so sehr blogrelevant. Immerhin liegt diese Höhle in der Nähe des Marienwallfahrtsortes Fátima, weshalb die Reiseleiterin auf der Busfahrt ein paar Sätze über die dortigen Marienerscheinungen von 1917 sagte. Meine Tochter meinte dazu, die Art, wie die Reiseleiterin darüber spreche, erwecke den Eindruck, sie sei nicht gläubig. Ich wandte ein, als Reiseleiterin drücke sie sich einfach neutral aus, da sie ja nicht wissen könne, ob ihre Zuhörer gläubig oder ungläubig seien; aber bemerkenswert fand ich diesen Kommentar meiner Achtjährigen doch. 

Auch erwähnenswert ist, dass die Reiseleiterin, als wir durch den Ort Moitas Venda fuhren – ein Gebirgsdorf mit einer hübschen kleinen Kirche und reizenden weißen Häuschen mit roten Ziegeldächern –, anmerkte, dies sei "ein typisch portugiesisches Dorf". Ich glaube, ich bin verliebt in dieses Land. – Jedenfalls gilt es festzuhalten, dass die Vorstellung, irgendwann (und sei es im Rentenalter) nach Portugal zu übersiedeln und eine Pilgerherberge oder so etwas in der Art zu eröffnen, eindeutig ihren Reiz hat. In der Zwischenzeit sollte auf jeden Fall mal wieder ein Urlaub in Portugal drin sein – es muss ja nicht gleich wieder eine Kreuzfahrt sein. Wie wär's zum Beispiel mal mit einer Woche Lissabon, den verpassten Altstadtbummel nachholen, ins Ozeanarium, Tagesausflug nach Fátima? Wär doch mal was. 


Neues aus Synodalien: I Fell Into a Burning Ring of Nothelle-Wildfeuer 

Derweil versorgt mich mein Google News-Algorithmus – soweit ich Internetzugang habe, natürlich – weiterhin zuverlässig mit Meldungen von häretisch.de. Als ich dort unlängst die Überschrift "Theologin: Lobpreis nicht für Evangelisierung instrumentalisieren" las, lautete meine spontane Reaktion: "Was hat die denn für ein Problem?" Dann las ich, dass es sich bei der betreffenden Theologin um Ursula Nothelle-Wildfeuer handelt, und dachte nur noch: Ach so, die ist das. – Zur Einordnung dieser Reaktion sei gesagt, dass mir diese Dame vorrangig dadurch ein Begriff ist, dass sie anno 2018 in einem Interview mit häretisch.de kein gutes Haar am damals frisch erschienen Mission Manifest ließ und vor einer "Versektung und Evangelikalisierung der katholischen Kirche" warnte. Auch am Gebetshaus Augsburg fand Frau Nothelle-Wildfeuer in diesem Zusammenhang "wenig Positives": "Es gibt in der katholischen Kirche scheinbar auch so etwas wie freikirchliche oder katholische Evangelikale, mit denen haben wir es hier zu tun." Und: "Das, was ich da höre und sehe, schreckt mich ab." – Offenkundig diente dieses Interview seinerzeit nicht zuletzt der Promotion für das von Frau Nothelle-Wildfeuer gemeinsam mit Magnus Striet herausgegebene Buch "Einfach nur Jesus?"; und da spricht ja schon der Titel Bände. Es muss wohl ziemlich frustrierend sein, wenn man im Studium gelernt hat, den christlichen Glauben zu dekonstruieren, und nun als wohlbestallte Professorin die nächste(n) Generation(en) von Theologen auf diesen postchristlichen Kurs einnordet, und dann kommen irgendwelche Leute daher, die so unbekümmert und ohne intellektuelle Distanz und Relativierung über oder sogar mit Jesus reden, als kennten sie Ihn persönlich. Kein Wunder, dass Frau Nothelle-Wildfeuer auf den Fotos, die von ihr im Internet kursieren, immer so sauer guckt. Auch ihre neuerliche Wortmeldung bringt gegenüber derjenigen von 2018 nichts wesentlich Neues, neu ist nur der Anlass dieser Äußerung: Die Freiburger Theologin hat eine eine Stellenausschreibung im Erzbistum Köln gelesen, in der eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter für "Gemeindegründung mit Schwerpunkt Lobpreis" gesucht wird, und das hat sie offenbar so ergrimmt, dass sie darüber einen Beitrag für die Herder Korrespondenz verfassen musste. Nun scheint es aber in der katholischen Medienlandschaft ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, demzufolge alles, was in der Herder Korrespondenz steht, automatisch relevant sei, und so berichteten diverse andere kirchliche oder kirchennahe Publikationen über diesen Beitrag – darunter eben häretisch.de, andererseits aber auch CNA deutsch, wo der redaktionelle Kommentar dankenswerterweise darauf aufmerksam machte, dass beim Stichwort "Gemeindegründung mit Schwerpunkt Lobpreis" offenbar Frau Nothelle-Wildfeuers von Vorurteilen und blinden Flecken geprägte Assoziationen mit ihr durchgehen – insofern, als sich die von ihr formulierten Vorwürfe durchweg "nicht aus der Stellenausschreibung belegen" lassen, auf die sich ihre Kritik bezieht. 

Und was für Vorwürfe sind das so? Die üblichen, möchte man sagen: "Indoktrination und Manipulation", mangelhafte Rezeption des II. Vatikanischen Konzils, "populistisch anmutende einfache Antworten". Und schließlich: "Evangelisierung durch Lobpreis" erwecke den Eindruck, "allein auf Kirchenwachstum, nicht aber auf ein verantwortetes Ja zum Glaubensbekenntnis" ausgerichtet zu sein. – Natürlich darf dabei auch die Warnung vor einer Orientierung an "evangelikalen und neucharismatischen Bewegungen" wieder nicht fehlen – und davor, "von deren Worship-Musik lernen" zu wollen. An dieser stört Frau Nothelle-Wildfeuer der vorrangig emotionale Zugang zum Glauben: Wo bleibt denn da die Auseinandersetzung "mit den vielfältigen Anfragen der Moderne an Religionen und die Kirche"? Schön, Evangelikale und Charismatiker haben vielleicht mehr Freude am Glauben, mehr Gottvertrauen und mehr Eifer für das Reich Gottes, aber dafür kann unsere akademische Theologenzunft viel schlauer über "komplexe Glaubenswahrheiten, existenzielle Spannungen und ethische Zumutungen" schwadronieren. – Der Fairness halber sei betont, dass es diese linkshirnig-miesepetrige Auffassung des Christentums ebenso wie in einer progressiven auch in einer konservativen Variante gibt. Gleichwohl fällt mir dazu vorrangig immer Gudrun Ensslin ein, die im Zuge von Sondierungsgesprächen zwischen RAF und "Bewegung 2. Juni" zu Bommi Baumann sagte, die Revolution dürfe keinen Spaß machen. Ich persönlich halte es da ja eher mit Bommi Baumann, der darauf schlicht erwiderte "Du spinnst doch". 

(Ich stelle gerade fest, dass ich in diesem Wochenbriefing zweimal in unterschiedlichen Zusammenhängen Bommi Baumann erwähnt habe. Schade, dass er das nicht mehr miterlebt.


Geistlicher Impuls der Woche 

Ihr seid jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch Ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch Ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut. 

(Epheser 2,19-22) 


Ohrwurm der Woche 

Enya: Orinoco Flow 

Die Musik auf dem Kreuzfahrtschiff war durchweg sehr gut, sei es in den Fahrstühlen, in den Bars oder in den Showprogrammen; somit hätte es mehr als genug geeignete Kandidaten für den Titel des "Ohrwurms der Woche" gegeben, aber letzten Endes war der markanteste wiederkehrende musikalische Moment der Reise dann doch die Auslaufmusik, die sowohl beim Beginn der Reise in Hamburg als auch beim Ablegen in La Coruña, Porto und Lissabon über die Decks schallte. Zwar wurde da eine eigens für die Kreuzfahrtfirma eingespielte Coverversion verwendet, angeblich weil Enya nicht bereit war, dem Unternehmen die Verwendung der Originalaufnahme zu gestatten; aber hier gibt's trotzdem das Original von 1988. 


Vorschau/Ausblick 

Vom heutigen Tag auf Lanzarote wird wohl im nächsten Wochenbriefing noch die Rede sein müssen, und auch ein Gesamtfazit unserer Kreuzfahrt-Erfahrung wird nicht ausbleiben dürfen. Morgen früh machen wir uns dann von Las Palmas de Gran Canaria aus auf die Rückreise; es dürfen noch Wetten abgeschlossen werden, ob wir unsere Anschlüsse erreichen – noch besser wäre es aber, wenn ihr, o Leser, das Anliegen einer glücklichen Rückreise in eure Gebete einschließen wolltet. Und dann geht auch schon direkt die Schul- und Arbeitswoche los. Langweilig wird's sicherlich auch da nicht werden, denn gleich am Dienstag feiert unsere Tochter mit ihren Freundinnen ihren Geburtstag nach und am Donnerstag ist an ihrer Schule Halloween-Party. Gleichzeitig steht in St. Joseph Siemensstadt schon der nächste KiWoGo vor der Tür, für den es auch noch Manches vorzubereiten geben wird. – Im Übrigen rechne ich damit, dass es nach dieser Reise erst mal eine ziemliche Herausforderung sein wird, wieder im Alltag anzukommen... 


1 Kommentar:

  1. Der Verweis darauf, dass es nie und nimmer auf irgendetwas eine einfache Antwort geben darf, scheint mir auch so ein Fetisch zu sein.

    AntwortenLöschen