Samstag, 10. Februar 2024

Creative Minority Report Nr. 16

Saludos! Frisch zurück aus dem Urlaub, hatte ich etwas Mühe, dieses Wochenbriefing termingerecht fertigzustellen; trotzdem ist es nicht viel kürzer geraten als "sonst meist", woraus man schließen kann, dass es wieder allerlei zu bieten hat. Und zwar, wie ich hoffe, auch für solche Leser, die es an und für sich nicht so brennend interessiert, was meine Familie und ich in den Winterferien gemacht haben... 

Herzlichst, Ihr Fachmarkt für Tinnef und Gedöns.


Was bisher geschah 

Der vergangene Samstag wurde größtenteils von Reisevorbereitungen eingenommen, wozu es auch gehörte, dem Tochterkind eine neue Jacke und dem Jüngsten eine neue Hose zu kaufen. Die Kinder waren den ganzen Tag sehr aufgekratzt, und am Abend waren wir alle ganz schön geschafft, nahmen uns aber trotzdem Zeit für eine Familien-Gebetszeit zum zweiten Tag der Lourdes-Novene; mehr dazu unter der Überschrift "Betet mehr Novenen!". Am Sonntag war in St. Joseph Siemensstadt Messe mit Spendung des Blasiussegens; am Montag brachen wir in aller Frühe in den Urlaub auf und kamen am gestrigen Freitagabend erst spät wieder zurück; was es über diesen Urlaub zu berichten gibt, findet ihr unter der Überschrift "Ein unbekannter Ort außerhalb der Zivilisation"


Was ansteht 

Nachdem wir gerade erst aus dem Urlaub zurückgekommen sind, fällt es ein bisschen schwer, sich wieder auf den Alltag einzustellen; aber auf dem Programm steht für die kommende Woche so einiges. Manches davon ist allerdings – glücklicherweise,  möchte man sagen – kein Muss. So habe ich mich zum Beispiel gefragt, was eigentlich aus der neuen Jugendgottesdienst-Reihe in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd geworden ist, auf die ich erstmals im Creative Minority Report Nr. 5 hingewiesen habe. Gibt's die noch? Die Antwort lautet: Ja, allerdings; und der nächste (insgesamt dritte) Termin dieser Veranstaltungsreihe ist... heute, und zwar in St. Joseph Tegel. Also, wenn ich mich dafür entscheide, da hinzugehen, dann bin ich gerade da, wenn dieser Artikel online geht. Was allerdings dagegen spricht, ist der Umstand, dass der leitende Pfarrer von St. Klara diesem Gottesdienst vorsteht, und das stelle ich mir dann doch eher cringe vor, wie die jungen Leute heutzutage (angeblich) sagen. – Am Mittwoch ist Aschermittwoch, da haben wir vor, in St. Stephanus Haselhorst zur Abendmesse zu gehen; ob wir davor zum JAM gehen, ist noch nicht sicher, vom zeitlichen Ablauf her würde es aber eigentlich ganz gut passen. Am Donnerstag steht dann ein Vorbereitungstreffen für den nächsten KiWoGo in St. Joseph Siemensstadt an, der am darauffolgenden Sonntag (dem 1. Sonntag der Fastenzeit) ansteht und den ich zusammen mit dem Gemeindereferenten gestalten und leiten soll/darf/will. Ob am kommenden Samstag Wichtelgruppentreffen ist, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. 


Predigtnotizen 

Die Messe in Siemensstadt am 4. Sonntag im Jahreskreis zelebrierte der leitende Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie, und bevor die Messe begann, warf unser Jüngster – zur Erinnerung sei noch einmal erwähnt: Er ist noch nicht ganz drei Jahre alt – eine interessante Frage auf: Wenn Jesus auf allen Bildern lange Haare hat, warum hat dann der Pfarrer keine langen Haare? 

In der Predigt schlug der Pfarrer einen Bogen vom Evangelium dieses Sonntags – Mk 1,29-39, Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus, heilt weitere Kranke und treibt Dämonen aus – zum Blasiussegen, der am Ende der Messe gespendet wurde. Das lag schließlich nicht nur kalendarisch, sondern auch thematisch nahe; das zentrale Thema hieß also Heilung. Der Pfarrer legte großen Wert auf die Einordnung der Perikope in den zeitgeschichtlichen Kontext, betonte also z.B. eindrücklich, was die Vollmacht Jesu, Kranke zu heilen, in einer Gesellschaft bedeutete, die kein dem unseren vergleichbares öffentliches Gesundheitswesen kannte, schon gar nicht für die Armen; darüber, welchen Mehrwert diese Ausführungen für den heutigen Hörer des Evangeliums haben, mögen die Meinungen auseinandergehen, aber okay. Im Ganzen würde ich die Predigt als solide bezeichnen, aber in einem Punkt kann ich dem Pfarrer, den ich im Allgemeinen durchaus schätze, eine gewisse Kritik nicht ersparen. Diese Kritik ist indes umso weniger persönlich gemeint, als ich geneigt bin zu vermuten, acht von zehn Priestern, deren Art zu predigen mir geläufig ist, würden sich in diesem Punkt sinngemäß ähnlich äußern. Dieser Punkt betrifft die Unterscheidung zwischen Krankheit und Besessenheit, oder präziser gesagt: zwischen der Heilung von Kranken und der Austreibung von Dämonen. "Das ist für uns moderne Menschen ehrlich gesagt etwas befremdlich", merkte der Pfarrer zur Aussage des Evangeliums an, Jesus habe Dämonen ausgetrieben; er fügte hinzu, er halte es "nicht für unmöglich, dass es auch dunkle Kräfte gibt; daran wollen wir auch festhalten, wie es hier steht. Aber wir können auch der festen Überzeugung sein, dass viele Menschen, die da kamen, auch krank waren, aber an ihrer Seele, an ihrem Herzen. Das, was wir heute Depressionen und all die anderen psychischen Krankheiten nennen." – Was sagen wir dazu, Leser? Fakt ist, dass die Evangelien sehr klar zwischen Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen unterscheiden, und ich würde sagen, das ist ein klassischer Fall, wo man nicht der Versuchung erliegen sollte, sich einzubilden, man sei klüger als die Evangelisten, weil man ein naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild hat. Ich muss in diesem Zusammenhang immer an einen früheren Kommilitonen denken, der mit mir zusammen an der Humboldt-Uni Theaterwissenschaft, parallel dazu aber an der FU Religionswissenschaft studierte und einmal in einem Seminar Aufsehen mit der Äußerung erregte: Wenn man das, was in früheren Zeiten Besessenheit genannt worden sei, heute als Paranoide Schizophrenie deute, dann müsse man sich auch die Frage gefallen lassen, warum es in unserer fortschrittlichen, naturwissenschaftlich geprägten Kultur drei Jahre stationärer Behandlung brauche, um Paranoide Schizophrenie zu heilen, wohingegen bei den sogenannten Naturvölkern jeder Schamane in der Lage sei, Besessenheit sehr viel schneller und nachhaltiger zu heilen. Was ist das für 1 Fortschritt? – Natürlich verstehe ich, warum Prediger heutzutage die Neigung verspüren, sich um das Thema "dämonische Besessenheit" irgendwie herumzumogeln. Der Glaube an Dämonen wird als "unzeitgemäß" und darum, wie man in der Pastoraltheologie so gern sagt, "schwer vermittelbar" betrachtet, und deswegen scheut man sich, den Leuten dieses Thema zuzumuten. Allerdings genügt ein kurzer Blick ins Stichwortverzeichnis des Katechismus der Katholischen Kirche, um sich davon zu überzeugen, dass es laut kirchlicher Lehre Dämonen tatsächlich gibt, dass sie von Gott abgefallene Engel sind (Nr. 391ff.), dass sie Macht über Menschen gewinnen können (Nr. 550) und dass dämonische Einflüsse nicht mit psychischen Erkrankungen verwechselt werden dürfen (Nr. 1673). Wenn man der Lehre der Kirche in diesem Punkt nun nicht geradewegs widersprechen will – und das hat unser Pfarrer wohlgemerkt nicht getan –, müsste man sich dann nicht auch der seelsorgerlichen Verantwortung bewusst sein, die Gläubigen darüber nicht im Unklaren zu lassen? Ist es da nicht gerade kontraproduktiv, um nicht zu sagen gefährlich, den Unterschied zwischen psychischer Krankheit und dämonischer Besessenheit zu verwischen und wegzuerklären? (Nicht umsonst gibt es in der katholischen Kirche Exorzisten, die zugleich Psychiater oder Psychotherapeuten sind: weil diese doppelte Qualifikation sie dazu befähigt, zu unterscheiden, ob sie es mit natürlichen oder übernatürlichen Phänomenen zu tun haben.) Um es mal ganz zugespitzt zu sagen: Wenn selbst die Kirche aus lauter Angst, "unzeitgemäß" zu wirken, nicht mehr bereit ist, die Leute vor Dämonen zu warnen und zu beschützen, wer soll es denn dann tun? 


Ein unbekannter Ort außerhalb der Zivilisation 

Unseren Urlaub in den diesjährigen Winterferien hatte meine Liebste bereits vor rund einem Jahr gebucht – nämlich gegen Ende der vorigen Winterferien, die wir am selben Ort verbracht hatten. Genauer gesagt sogar in derselben Ferienanlage, und meine in solchen Dingen stets sehr gewitzte Liebste hatte herausgefunden, dass man, wenn man seinen nächsten Urlaub gleich direkt live an der Rezeption bucht, einen Rabatt bekommt. Auf den Punkt gebracht, ermöglichte uns dieser Rabatt, zum selben Preis wie im Vorjahr ein erheblich luxuriöseres Gesamtpaket zu buchen, mit Frühstücksbüffet, Aktivitätengutscheinen für die Kinder und und und. Aber eigentlich muss ich noch ein Stück weiter zurückgreifen, denn wir waren auch vor vier Jahren schon mal in dieser Ferienanlage – das war unser letzter Urlaub "vor Corona". Seinerseits habe ich auf meinem Blog wie auch auf meinen Social-Media-Kanälen behauptet, ich würde mit meiner Familie "Urlaub an einem unbekannten Ort außerhalb der Zivilisation" machen; und tatsächlich fällt es nicht allzu schwer, mittels einiger sorgfältig ausgewählter Fotos diesen Eindruck zu untermauern. 




Dennoch handelte es sich um ein Täuschungsmanöver, und dieses hatte wohl mindestens zwei Gründe: Einerseits machte ich mir einfach einen Spaß daraus, so zu tun, als wäre ich inkognito unterwegs und hätte Grund, meinen Aufenthaltsort und den meiner Familie geheim zu halten; andererseits war es mir aber wohl irgendwie auch peinlich, zuzugeben, dass ich in so einem "Holiday-Resort" Urlaub machte: Ist das nicht arg kommerziell und un-punkig für den "Bonifatius der Benedikt-Option"? Umso mehr, als es sich um eine Ferienanlage handelt, der, als sie gebaut wurde, so ziemlich meine ganze Familie und mein ganzer Bekanntenkreis skeptisch bis ablehnend gegenüberstand. Tja, damit isses wohl raus: Die besagte Ferienanlage liegt in meiner alten Heimat, in Butjadingen – nicht direkt in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, aber im Nachbardorf, in dem ich zwei Jahre lang, in der 5. und 6. Klasse, zur Schule gegangen bin. Das Gute an dieser Lage ist, dass ein Urlaub dort sich unschwer mit einem Besuch bei meiner Mutter verbinden lässt. 

Das Kernstück dieser Ferienanlage ist ein Schwimmbad, daran angrenzend gibt es einen sogenannten "Market Dome" mit zwei Restaurants, einer Showbühne, einem Indoor-Kinderspielplatz und weiteren Attraktionen, und zur Übernachtung gibt es einerseits ein Hotel, andererseits aber auch Ferienhäuser. Vor vier Jahren, mit nur einem damals zweijährigen Kind, hatten wir eine Ferienhaushälfte, letztes Jahr dann schon ein ganzes Ferienhaus; dieses Jahr waren wir im Hotel. Was im Wesentlichen zwei Vorteile hatte: Zum einen war das Frühstücksbüffet inklusive, zum anderen konnte man vom Hotelzimmer aus trockenen Fußes zum Schwimmbad und zum Market Dome gelangen, was nicht zuletzt angesichts des unbeständigen Wetters Gold wert war. Tatsächlich hielten wir uns von Montagnachmittag bis Mittwochvormittag ununterbrochen innerhalb des Gebäudes auf; aber mal der Reihe nach: 

Am Montag brachen wir schon gegen 6 Uhr  früh zum Bahnhof auf, die Bahnfahrt verlief außergewöhnlich reibungslos, und mittags waren wir dann bei meiner Mutter zum Grünkohlessen eingeladen. Am späten Nachmittag kamen wir in unserer Urlaubs-Unterkunft an und hatten dort noch einen ereignisreichen Abend mit Kinderdisco und mediterranem Büffet

Dabei bediente ich mich so reichlich, dass ich am nächsten Morgen immer noch satt war und das ebenfalls sehr reichhaltige Frühstücksbüffet gar nicht so ausgiebig nutzen konnte, wie ich es gern getan hätte; aber dafür blieben ja noch ein paar weitere Urlaubstage. Am Dienstag jedenfalls nahmen die Kinder einmal vormittags und einmal nachmittags an je einem Kreativ-Workshop teil, dazwischen gingen wir ins Schwimmbad, und am frühen Abend gab es dann noch eine Spielshow für Kinder, an der das Tochterkind teilnahm, wohingegen der Jüngste sie verschlief. 

Am Mittwoch nach dem Frühstück verließen wir die Ferienanlage dann doch mal, denn für die Kinder stand Ponyreiten auf dem Programm. Merke: Wenn die Kinder nicht wenigstens einmal reiten gehen, ist es dann überhaupt Urlaub? Bei der Location, die wir zu diesem Zweck ansteuerten, handelte es sich übrigens nicht um einen regulären Reiterhof, sondern um einen Bio-Bauernhof, der mehr oder weniger "nebenbei" auch Reitstunden für Kinder anbietet. Das hatte seinen ganz eigenen Reiz: Ich hatte am Vortag telefonisch einen individuellen Termin für die Reitstunde vereinbart, der dann aber kurzfristig um zwei Stunden verschoben werden musste, da die Mitarbeiterin, die den Reitunterricht erteilen sollte, am Vormittag noch mit Mistfahren beschäftigt war. So ist das auf einem Bauernhof, es gibt immer etwas zu tun, und die Arbeit, die jeweils gerade "dran" ist, wartet nicht – da müssen dann im Zweifel andere Dinge warten. Daran könnte man nun allerlei Meditationen zum Thema Zeit anknüpfen – mir fällt dazu z.B. eine Passage aus Henri Nouwens "Ich hörte auf die Stille" ein, wo in der Klosterbäckerei der Brotteig versehentlich eine Stunde zu früh angesetzt wird und folglich alle weiteren Arbeitsschritte ebenfalls eine Stunde früher erfolgen müssen. Für uns bedeutete die Verschiebung der Reitstunde aber im Grunde nur, dass wir mehr Zeit fürs Frühstücksbüffet hatten. 

Wie dem auch sei: Als wir auf dem Hof ankamen, hatte die zuständige Mitarbeiterin Zeit für uns. Zuerst gab es einen kleinen geführten Ausritt mit beiden Kindern auf einem Pferd, danach durften beide einzeln in der Reithalle trainieren. Und sie fanden's toll. 

Gestatten: Rasmus – ein manchmal etwas eigensinniges, im Ganzen aber sehr gutmütiges Pony.

Danach fuhren wir mit dem nächsten Bus weiter nach Burhave, wo Frau und Kinder in die Spielscheune gingen; was ich währenddessen machte, verrate ich weiter unten, aber ich kann schon mal vorausschicken, dass am Fahnenmast des Rat-Schinke-Hauses derzeit keine Regenbogenflagge weht (und, ehe hier Gerüchte aufkommen: Ich war's nicht!). 

Hier der Bildbeweis.

Zum Abendessen gab's im Hotel diesmal ein Western-Büffet, das, entgegen meiner Erwartungen, nicht ganz so gut war wie das mediterrane Büffet am Anreisetag. Dazu wollte ich ein Hefeweizen trinken, aber der Barmann überredete mich, lieber ein Beck's vom Fass zu nehmen, da das beim Büffet inklusive sei, während das Hefeweizen extra koste. Geschäftstüchtig ist was anderes, aber ich fand's lustig. – Am Donnerstag stand nach dem Frühstück ein erneuter Kreativ-Workshop an, danach unternahmen wir einen Spaziergang zum Strand, nahmen an einer Fischbude einen kleinen Mittagssnack ein und gingen am Nachmittag noch einmal ins Schwimmbad; und das war's dann auch schon fast mit dem Urlaub. Aber eben nur fast. Nachdem wir am gestrigen Freitag noch einmal ausgiebig gefrühstückt und aus dem Hotel ausgecheckt hatten, besuchten wir abermals meine Mutter, die nämlich Geburtstag hatte. Wir schenkten ihr eins der Erzeugnisse der diversen Kreativworkshops und verbrachten insgesamt einen sehr schönen Nachmittag bei ihr, ehe wir uns auf die Rückreise machten. 


Betet mehr Novenen! 

Morgen ist der Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes, und auch wenn es nur ein nicht-gebotener Gedenktag ist, der heuer liturgisch vom Sonntag verdrängt wird, ist dies für meine Familie doch ein signifikantes Datum: Ich schätze, man kann sagen, dass die Erscheinungen von Lourdes in unserer persönlichen Spiritualität (auch wenn ich diese Formulierung ungern gebrauche) eine wichtige Rolle spielen. Nicht umsonst haben wir unsere Tochter Bernadette genannt. Irgendwie ist das auch Ironie des Schicksals, denn in meiner Jugend stand ich dem ganzen Thema Marienerscheinungen sehr skeptisch gegenüber – woran wohl nicht zuletzt meine damalige Augenärztin schuld war, die ich an anderer Stelle schon mal erwähnt habe, nämlich als Paradebeispiel für eine Främmigkeitsform, die ich als "worst of both worlds"  zwischen charismatischer und traditionalistischer Spiritualität zu betrachten geneigt bin: 

"Damit meine ich eine spezifische Verbindung von charismatischer Schwärmerei mit einem Faible für (vorzugsweise kirchlicherseits noch nicht offiziell anerkannte) Marienerscheinungen und sonstige Privatoffenbarungen, wundertätige Medaillen und quietschbunte Andachtsbildchen. Veranstaltungen, die auf diese Klientel zugeschnitten sind, stelle ich mir in etwa vor wie Fatima-Sühnenacht plus Zungenrede, Ausdruckstanz und Heilungsgebet. Also so, dass Unkundige, wenn sie sich dort hineinverirren würden, sich womöglich nicht ganz sicher wären, ob sie nicht vielleicht bei irgendwelchen obskuren Okkultisten gelandet sind." 

Ironischerweise war es auch diese Augenärztin, aus deren Mund ich erstmals davon hörte, was eine Novene sei. Als Teenager war ich im Pfarrgemeinderat von Herz Mariae Burhave, und die Augenärztin war im Pfarrgemeinderat von Herz Jesu Nordenham-Einswarden; da diese Gemeinden, die 2010 in der Pfarrei St. Willehad aufgingen, schon damals in vielfacher Hinsicht miteinander verflochten waren und auch denselben Pfarrer hatten, hielten die beiden Pfarrgemeinderäte regelmäßig gemeinsame Sitzungen ab, und in einer solchen, in der ich das Protokoll führte ("Das ist doch 'ne schöne Aufgabe für so'nen Jugendlichen", hatte man sich offenbar gedacht), sprach die Augenärztin (in welchem Zusammenhang, weiß ich nicht mehr) von Novenen, und da mir das kein Begriff war, fragte ich nach – fürs Protokoll, wohlgemerkt. Die Augenärztin wirkte zunächst indigniert, dass ich nicht wusste, was das ist, ließ sich dann aber doch dazu herab, es mir zu erklären; ihre Erklärung lautete in etwa: 

"Man betet neun Tage lang für ein bestimmtes Anliegen, und wenn man das die ganzen neun Tage lang durchhält, dann wird einem das erfüllt." 

Das kann man nun, wenn auch nicht direkt verkehrt, so doch ein bisschen übersimplifiziert finden; ergänzen könnte man zum Beispiel noch, dass die Form eines neuntägigen Gebetszyklus ihren Ursprung darin hat, dass, wie die Apostelgeschichte berichtet, nach der Himmelfahrt Jesu die elf Apostel zusammen mit der Jungfrau Maria, den zum Jüngerkreis gehörenden Frauen und den Brüdern Jesu im Obergemach eines Hauses in Jerusalem "einmütig im Gebet" verharrten (Apg 1,14), bis am Pfingsttag der Heilige Geist über sie kam. Die "Mutter aller Novenen" ist also die Pfingstnovene, und so ist es nur folgerichtig, dass auch meine erste Novene eine Pfingstnovene war. Anno 2019 kam ich erstmals auf die Idee, gewissermaßen als Ausbaustufe unserer damals schon seit einiger Zeit regelmäßig stattfindenden wöchentlichen Lobpreisandachten eine Pfingstnovene mit Lobpreismusik zu gestalten, die meine Liebste und ich dann auch die vollen neun Tage zu einer festen, im Wochenplan angekündigten Uhrzeit in der Kirche Herz Jesu Tegel vorbeteten. Schon damals notierte ich in meinem Wochenbriefing

"Ich kann nur sagen: Betet mehr Novenen, Leute! Und sofern Ihr die Möglichkeit dazu habt, tut es öffentlich; dann haben Andere auch etwas davon. Meine Liebste und ich jedenfalls sind in der zurückliegenden Woche, in der wir in unserer Pfarrkirche die Pfingstnovene gebetet haben, mit Segen nur so überschüttet worden." 

Jedenfalls war ich nun auf den Geschmack gekommen und gestaltete in der Folgezeit eine Novene anlässlich der Weihe des Erzbistums Berlin an das Heiligste Herz Jesu und das Unbefleckte Herz Mariens, eine Novene zum Hl. Josef und eine Novene zum Heiligsten Herzen Jesu. Damit aber nicht genug, habe ich seit einiger Zeit ein Mail-Abo der Website praymorenovenas.com und bekomme daher regelmäßige Erinnerungen daran, was es im Kirchenjahr noch so an Anlässen für Novenen gibt. Und nicht nur Erinnerungen: Man bekommt jeweils auch gleich die passenden Gebete zugeschickt, auf Englisch allerdings, aber übersetzen kann ich sie ja selber. Ehrlich gesagt: Wollte man alle Novenen mitbeten, zu denen die Seite  praymorenovenas.com einlädt, käme man aus dem Novenenbeten gar nicht mehr heraus; womit ich nicht sagen will, dass das etwas Schlechtes wäre, aber ich beteilige mich daran in der Regel nur dann, wenn ich einen speziellen Bezug zum Anlass der jeweiligen Novene habe. Wie zum Beispiel eben jetzt bei der Novene zu Unserer Lieben Frau in Lourdes, deren letzter Tag heute ist. 

Wie bereits vorige Woche angedeutet, hatte ich die spontane Eingebung gehabt, man könnte die Lourdes-Novene zum Anlass nehmen, uns konsequenter als bisher darum zu bemühen, regelmäßige Familien-Gebetszeiten in unseren Tagesablauf zu integrieren. Gemessen daran, dass eine Woche, in der man in Urlaub fährt und infolgedessen der ganze Tagesablauf eher untypisch (und vollgepackt mit Attraktionen) ist, eigentlich keine besonders günstigen Rahmenbedingungen für ein solches Ansinnen bietet, möchte ich die Ergebnisse dieses Versuchs als gar nicht so schlecht bezeichnen. Nachdem wir, wie bereits geschildert, den ersten Tag der Novene im Rahmen einer Familien-Gebetszeit gemeinsam begangen hatten, gelang uns das auch am zweiten Tag; der Jüngste schlief während der Gebetszeit auf Mamis Schoß ein, das Tochterkind hingegen malte ein Bild. 

Hübsch, nicht? 

Am Dienstag, dem 5. Tag der Novene, hielten wir in unserem Hotelzimmer eine Familien-Gebetszeit ab; an den übrigen Tagen verrichtete ich die Novenen-Gebete allein, und zumeist still – letzteres jedoch nicht am 6. Tag der Novene, dem Mittwoch. Denn da gingen, wie schon erwähnt, Frau und Kinder in Burhave in die Spielscheune, weshalb ich mir sagte, ich könne ja mal der guten alten Herz-Mariae-Kirche einen Besuch abstatten, die ja dankenswerterweise tagsüber geöffnet ist. 

Fotos aus dieser Kirche – in der ich gewissermaßen religiös aufgewachsen bin – habe ich im Laufe der Jahre schon so einige gepostet. Hier mal eins vom recht expressionistisch anmutenden Kreuzweg.

Da es gerade um die neunte Stunde – sprich: 15 Uhr – war, betete ich zunächst die Non nach unserem bewährten "Lobpreis mit dem Stundenbuch"-Modell; im Anschluss daran nutzte ich die Gelegenheit, mein "Gebet für die Pfarrei St. Willehad", das ich im vorigen Jahr anlässlich der Regenbogenflaggen-Affäre verfasst hatte, erstmals an Ort und Stelle zu beten, und danach kam dann die Lourdes-Novene an die Reihe. Dazu gab's alles in allem ganze sieben Lobpreislieder (meine mobile Lautsprecherbox hatte ich nicht dabei, aber in dieser kleinen Kirche tat's der interne Lautsprecher meines Handys auch), und so verbrachte ich insgesamt fast eine Stunde damit, in dieser Kirche zu beten. Und ich kann nur sagen, die Zeit verging wie im Flug. 

Heute, am letzten Tag der Novene, würde ich ja gern eine weitere Familien-Gebetszeit abhalten; mal sehen, ob wir das hinkriegen. Und ansonsten gilt: Die nächste Novene kommt bestimmt! (Spätestens, allerspätestens zu Pfingsten.) 


Geistlicher Impuls der Woche 

Gott will, dass ihr immer mehr nur auf Ihn vertraut, nicht auf andere. Er wirkt Seine Werke nicht an denen, die sich weigern, ihren ganzen Glauben und ihre ganze Hoffnung nur auf Ihn zu setzen. Dagegen gießt Er die ganze Fülle Seiner Liebe aus auf die, welche einen großen Glauben und eine große Hoffnung haben. Ihnen hat Er Großes getan. Wenn ihr daher mit Glauben und Hoffnung ausgerüstet seid, tut Er Großes an euch, da Er die Niedrigen erhöht. 

Gott will euch wie Gold im Feuer läutern. Die Schlacken des Goldes werden im Feuer verzehrt, das gute Gold aber bleibt zurück und gewinnt an Wert. So macht es Gott mit dem guten Knecht, der hofft und während der Bedrängnis standhaft in Ihm bleibt. Gott richtet ihn auf, erstattet ihm in dieser Welt hundertfach, was er aus Liebe zu Ihm verlassen hat, und gibt ihm einst das ewoge Leben. 

(Hieronymus Amiliani, Brief an seine Mitbrüder) 

  

Ohrwurm der Woche 

Nirvana With The Beatles: About a Girl (Remix) 

Ein kurioses YouTube-Fundstück: das Nirvana-Frühwerk "About a Girl", arrangiert im Stil der frühen Beatles. Das Ergebnis klingt, wie ich finde, derart überzeugend, dass man denken könnte, "das gehört so". 



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