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Samstag, 23. August 2025

Die 3 K der Woche (39): Kinder, Kirche, Kommensalität

Willkommen zum neuen Wochenbriefing, Freunde! In Berlin und Brandenburg sind weiterhin Sommerferien, wodurch wir uns nach unserer Rückkehr aus Butjadingen in einem eigentümlichen Zwischenstadium zwischen Urlaub und Alltag befinden. Dass der aktuelle Artikel daher etwas kürzer geraten ist als die Wochenbriefings aus dem Urlaub, wird, wie ich vermute, manchen Lesern ganz recht sein. Was derweil das dritte K in der Überschrift angeht, dürfte denjenigen Lesern, die meine wöchentlichen "Blogoezese-Rundschauen" verfolgen, aufgefallen sein, dass ich den Begriff "Kommensalität" erst jüngst kennengelernt habe, und zwar in einem Artikel, den ich doof fand. Ich übernehme diesen Begriff daher eigentlich nur ungern, aber das, was er bedeutet – so etwas wie "Tischgemeinschaft" –, drängt sich mir als gemeinsamer Nenner derjenigen Themen auf, um die es in den beiden umfangreichsten Abschnitte dieses Wochenbriefings geht. Aber seht selbst! 


Bloggerrelations live: Zum ersten Mal zu Gast in der Naunynstraßen-WG  

Eine unerwartete Frucht meines Projekts "Blogoezese-Rundschau am Donnerstag" ist es, dass ich auf die schon seit gut 40 Jahren bestehende interkulturelle und interreligiöse Kommunität in der Naunynstraße in Kreuzberg aufmerksam geworden bin, aus deren Alltag (sofern man da überhaupt von "Alltag" reden kann) der Blog naunyn berichtet. Praktisch seit dem ersten Artikel, den ich auf diesem Blog gelesen habe – das war am 5. Juli, einen Tag nachdem ich damit begonnen hatte, die Bloggerliste des Kreuzknappen regelmäßig auf aktuelle Aktivitäten hin zu beobachten –, hatte ich den Wunsch verspürt, da mal vorbeizuschauen, und tatsächlich erhielt ich schon bald, in Form eines Kommentars zu meinem ersten Blogrundschau-Artikel, die Einladung, ich solle doch mal zum offenen Samstagsfrühstück kommen. Ich hätte das am liebsten gleich bei nächster Gelegenheit gemacht, aber in der Woche vor unserem Urlaub hatten wir zu viel um die Ohren, und dann waren wir erst mal drei Wochen weg. An dem Samstag nach unserer Rückkehr nach Berlin nun hatte meine Liebste, wie schon berichtet, eine von langer Hand geplante Verabredung mit einer Freundin, und auch wenn ich es einerseits etwas schade fand, dass sie auf diese Weise bei meinem ersten Besuch in der Naunynstraßen-WG nicht dabei war, sah ich dies andererseits doch als eine günstige Gelegenheit an, mit den Kindern "auf Abenteuer zu gehen", wie wir das familienintern gern nennen – ähnlich wie ich letztes Jahr gegen Ende der Sommerferien, als meine Liebste schon wieder zur Arbeit musste, mit den Kindern auf den Achorhof gefahren war

Einen oder zwei Tage zuvor hatte ich schon mal auf Google Maps geschaut, wo genau die Naunynstraßen-WG eigentlich zu finden ist und wie man da mit den Öffentlichen am besten hinkommt, und hatte überrascht bis amüsiert festgestellt, dass es sich um dasselbe Haus handelt, in dessen Erdgeschoss die Punk-Kneipe "Trinkteufel" untergebracht ist: Ende der Nuller Jahre hatte ich da in der Gegend einen Job und war manchmal nach Feierabend mit Kollegen in den "Trinkteufel" gegangen. 


Wie der Zufall es wollte, kamen wir praktisch gleichzeitig mit einer Frau an, die ebenfalls zum WG-Frühstück wollte, anders als wir aber schon öfter dort gewesen war. Wir wurden herzlich begrüßt, und das Frühstück war auch lecker. Hätte ich im Vorfeld beschreiben wollen oder sollen, wie ich mir die Kommunität in der Naunynstraße vorstellte, hätte ich vermutlich gesagt: wie eine Art urbanes Pendant zur Kommunität Grimnitz, die ich vor knapp sechs Jahren mal zusammen mit meiner Liebsten und dem Tochterkind besucht habe, oder zum Achorhof. Und tatsächlich erwies sich diese Einschätzung als gar nicht mal so verkehrt, jedenfalls vom "Vibe" her; auch wenn man wohl sagen kann, dass der Achorhof tendenziell katholischer ist – da gibt es eine Anbetungskapelle! – und die Kommunität Grimnitz dafür auf etwas klischeehaftere Weise "Alt-68er-mäßig". Okay, das sind alles nur punktuelle und teilweise oberflächliche Eindrücke; gemeinsam ist allen drei Orten jedenfalls neben einem gewissen Hang zur Hippie-Ästhetik (nicht falsch verstehen: mir gefällt das!) eine Atmosphäre bedingungsloser Gastfreundschaft und genuiner Aufgeschlossenheit gegenüber jedem, der durch die Tür kommt. Das könnte man natürlich, beispielsweise, auch über das Baumhaus sagen – wobei es auffällt, dass man dort im Durchschnitt signifikant jüngere Leute antrifft. Das ist zunächst mal eine ganz wertfreie Feststellung, aber zu denken gibt es doch: Falls es stimmt (und also nicht nur ein zufälliger punktueller Eindruck ist), dass religiös motivierte Formen gemeinschaftlichen Lebens, wie sie in Projekten wie der Kommunität Grimnitz, Achor oder eben auch der Naunynstraßen-WG praktiziert werden, sich eher schwer damit tun, junge Leute zu erreichen, wäre zu fragen, woran das liegt – und was Projekte, die gezielt junge Menschen ansprechen wollen, anders machen müssten. 

Aber wie gesagt, vielleicht stimmt das ja auch alles gar nicht und die Altersstruktur der Gäste sieht an anderen Samstagen ganz anders aus. Falls nicht, finde ich das übrigens auch nicht schlimm – und meine Kinder auch nicht: Andere Kinder waren zwar nicht da, dafür aber ein Hund, über den sich meine Kinder sehr freuten und der sich umgekehrt auch über sie zu freuen schien. Das Tochterkind unterhielt sich zudem recht angeregt mit der Frau, die gleichzeitig mit uns angekommen war. Nach und nach kamen noch einige weitere Gäste hinzu, überwiegend wohl Stammgäste bzw. alte Bekannte, schließlich aber auch einer, der wie wir zum ersten Mal da war – und der, über und über tätowiert (auch im Gesicht) und mit grünen Haaren, gut ins Ambiente des "Trinkteufels" im Erdgeschoss gepasst hätte. "Hallo, ich bin Lutz", sagte er überraschend schüchtern, "ich wollt' hier einfach mal reinschauen." Er wurde herzlich willkommen geheißen und nahm neben meinem Jüngsten Platz, der seine Tattoos anstaunte; und da an diesem Ende der langen Tafel gerade ein Gespräch über die Messe zu Mariä Himmelfahrt im Gange war, die einige der Anwesenden tags zuvor in der Kirche St. Marien Liebfrauen im Wrangelkiez besucht hatten, merkte er höflich an, er habe "auch noch eine Frage zu Mariä Himmelfahrt", nämlich ob diese eigentlich in der Bibel erwähnt werde. An der auf diese Frage folgenden Diskussion hätte ich mich eigentlich gern stärker beteiligt, aber wir mussten schon wenig später aufbrechen, da wir ja noch zum Baden verabredet waren. – Insgesamt hat es mir beim offenen Samstagsfrühstück der Naunynstraßen-WG jedenfalls so gut gefallen, dass ich Lust habe,  da demnächst mal wieder hinzugehen und dann auch meine Liebste mitzubringen. Im Übrigen nahm ich mir ein Exemplar des vergriffenen Buches "Brücke sein – Vom Arbeiterpriester zum Bruder" von Christian Herwartz SJ mit, aus dem auf dem naunyn-Blog unlängst ein Auszug präsentiert worden war und blätterte in der U-Bahn ein wenig darin; auf den ersten Blick schien es mir recht interessant, ich werde wohl noch darauf zurückkommen, wenn ich mehr gelesen habe. 


Mariä Himmelfahrt, nachgefeiert 

Am Sonntag gingen wir in St. Joseph Siemensstadt in die Messe, mussten aber vorher noch beim Bäcker frühstücken, da wir abgesehen von Restbeständen an Keksen und Gummibärchen buchstäblich nichts zu Essen in der Wohnung hatten. Trotzdem schafften wir es pünktlich zur Messe, wenn auch nur dank eines kleinen Sprints beim Umsteigen von einem Bus in den anderen. Die Messe wurde vom Spandauer Krankenhausseelsorger zelebriert, und schon allein die Tatsache, dass er ein weißes Messgewand trug und kein grünes, barg einen deutlichen Hinweis darauf, dass an diesem Sonntag die äußere Feier des Hochfests der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel nachgeholt werden sollte – was der Zelebrant dann in seinen Worten zur Eröffnung auch explizit bestätigte. Auch in der musikalischen Gestaltung der Messe schlug sich dies nieder: Zum Einzug, zur Gabenbereitung, als Danklied nach der Kommunion und zum Auszug wurden traditionelle Marienlieder gesungen, zum Credo, Sanctus und Agnus Dei gab es lateinische Gesänge. Alles in allem ergab das einen deutlichen Kontrast zu den in der musikalischen Gestaltung sehr NGL-lastigen und liturgisch insgesamt eher formlosen Messen, die wir in im Urlaub in Burhave erlebt hatten; fast möchte man da von High Church vs. Low Church sprechen. Nebenbei fiel mir auf, dass der Innenraum der Burhaver Herz-Mariä-Kirche mindestens viermal, wenn nicht sechsmal in den von St. Joseph Siemensstadt hineinpassen würde, aber das hat natürlich nicht zwingend etwas mit Stil und Qualität der dort gefeierten Gottesdienste zu tun. 

Schade ist es, dass die Sonntagsmessen aus St. Joseph Siemensstadt während der Sommerferien nicht wie sonst auf Video aufgezeichnet und auf YouTube gestreamt werden, und noch "schader" ist, dass ich das nicht vorher wusste, denn sonst hätte ich mir bei der Predigt Notizen gemacht, statt mich darauf zu verlassen, dass ich sie mir ja später noch einmal anhören könnte. Jedenfalls gefiel mir die Predigt, die sich teils auf die Vision von der Apokalyptischen Frau aus der 1. Lesung (Offb 11,19a; 12,1–6a.10ab), teils auf das Magnificat (Lk 1,46-55) aus dem Evangelium bezog, insgesamt recht gut, sie wirkte theologisch solide und in ihrem Aufbau stringenter, als ich es bei anderen Gelegenheiten bei diesem Geistlichen erlebt habe. Umso irritierter war ich, dass er am Ende der Messe, vor dem Entlassungssegen, partout noch eine zweite (allerdings kürzere) Predigt halten musste. Zugegeben, erlebt habe ich das auch bei anderen Geistlichen schon mal: Im Alten Ritus gab's ein Schlussevangelium, im neuen hält mancher Zelebrant gern mal eine Schlusspredigt. Im vorliegenden Fall schien es, als wolle der Zelebrant einige Gedanken, die er in der eigentlichen Predigt nicht hatte unterbringen können, unbedingt noch loswerden, bevor die Leut' nach Hause gehen; konkret betraf das die politischen Implikationen des Magnificat – durchaus kein abwegiger Blickwinkel, wenn man an den Vers "Er stürzt die Mächtigen vom Thron" denkt. Ohne Länder oder Personen namentlich zu nennen, spielte der Krankenhausseelsorger auf eine Reihe aktueller politisch-militärischer Konfliktherde an; er sprach mit einer an ihm sonst nicht unbedingt gewohnten Leidenschaft, es war also durchaus zu spüren, dass es ihm wirklich ein Anliegen war, das noch zu sagen, ehe die Messe zu Ende war; es bleibt dennoch die Frage, ob es nicht passender gewesen wäre, dies innerhalb der Predigt zu tun. 

Übrigens war sowohl in den Fürbitten als auch in den Vermeldungen die Rede davon, dass es in der Spandauer Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen gebrannt habe; etwas genauer erfuhr man's auf der Website der Pfarrei: Am Sonntag, den 3. August, habe es "im hinteren Bereich" der Kirche einen "Schwelbrand" gegeben, der erst am Montagmorgen entdeckt wurde – soweit ich gehört habe, soll dieser Brand vom Opferkerzenständer ausgegangen sein, wo sich wohl Wachsreste entzündet haben. In der Mitteilung auf der Website heißt es weiter, es sei "kein Gegenstand in der Kirche massiv vernichtet worden", jedoch sei es "zu einer deutlichen Rußentwicklung in der gesamten Kirche gekommen". Und deswegen ist die Kirche nun bis auf Weiteres geschlossen: Die Schäden am Kirchenraum, seinen Kunstwerken und nicht zuletzt an der Orgel sollen von einem Sachverständigen begutachtet werden, und der Pfarrei wurde "eindringlich vom Erzbischöflichen Ordinariat nahegelegt", bis dahin "die Gottesdienste [...] nicht in diesem Raum zu feiern". Wie ich aus den Gesprächen auf dem Kirchenvorplatz im Anschluss an die Messe herausgehört habe, gibt es aus den Reihen der Gemeinde durchaus Kritik an dieser Entscheidung: Nicht jeder ist davon überzeugt, dass eine mehrwöchige Schließung der Pfarrkirche eine angemessene Reaktion auf ein bisschen Ruß an den Wänden ist. Ein eigenes Urteil will ich mir in dieser Frage gar nicht anmaßen, zumal ich keine klare Vorstellung davon habe, wie umfangreich und schwerwiegend die Rußschäden sein mögen; aber das eine muss ich doch sagen, dass den #BenOpper in mir die Vorstellung einer Gemeinde, die sich in einer im Inneren rußgeschwärzten Kirche zum Gottesdienst versammelt, deutlich mehr anspricht als der Gedanke an eine Amtskirche, die sagt "Erst mal brauchen wir ein Gutachten, damit die Versicherung für die Schäden an unserer kostbaren Orgel aufkommt, und solange kommt hier keiner rein". 


Verzögerter Wiedereinstieg in den Alltag 

Wenn man spät am Donnerstagabend, eigentlich mitten in der Nacht, aus dem Urlaub zurückkommt und dann praktisch den ganzen Freitag und den ganzen Samstag nicht zu Hause ist, stellt man spätestens am Sonntag fest, dass man immer noch nicht eingekauft und immer noch keine Wäsche gewaschen hat und dass das allmählich nicht mehr so weitergehen kann. Der Einkauf muss allerdings notgedrungen bis Montag warten, und wenn dann auch noch die Waschmaschine Zicken macht, wird es allmählich ungemütlich. Wir hatten also ab Montag einiges zu tun, um wieder im Alltag anzukommen, und ich würde auch nicht unbedingt behaupten, dass uns das seither vollumfänglich gelungen ist – zumal zwischendurch auch immer wieder noch was Nicht-Alltägliches los war. Aber immerhin, allmählich gibt es Fortschritte, und bis der "echte" Alltag (mit Arbeit, Schule und KiTa) wieder losgeht, ist ja noch ein bisschen Zeit – was unterstreicht, dass es eine gute Entscheidung war, das Verreisen diesmal in die erste Hälfte der Sommerferien zu legen. – Übrigens, da ich gerade "KiTa" sagte: Die KiTa unseres Jüngsten hat schon seit Montag wieder geöffnet, aber bis jetzt hat der Knabe noch kein Interesse gezeigt, da wieder hinzugehen – und da greift bei mir als altgedientem #kindergartenfrei-Veteranen wieder die Grundregel "Wenn das Kind nicht in die KiTa will, dann muss es auch nicht". Wenn die Mami wieder zur Arbeit und die große Schwester wieder zur Schule geht, reguliert sich das schon von alleine... 


Schnitzelrekord in der Malzfabrik 

Zu den nicht-alltäglichen Ereignissen der Woche zählte ein Event in der Malzfabrik in Schöneberg am Dienstagnachmittag, das unter dem Motto "Einmal Schnitzel mit Weltrekord, bitte" stand und über die einschlägigen Foodsaving-Netzwerke beworben worden war. "Das größte gerettete Schnitzel-Buffet der Welt" sollte es werden,  zugleich das "größte Lebensmittelrettungs-Event des Jahres": 15.000 vegane Schnitzel, 11.000 vegane Käsetaler und 100.000 weitere Produkte sollten da unter die Leute gebracht werden. Veranstalter war das Unternehmen Sirplus – laut Selbstbeschreibung "ein Online-Supermarkt, bei dem Du Lebensmittel bestellst, die von Produzent:innen und Großhändler:innen nicht mehr verkauft werden können". Angekündigt war zudem, dass im Rahmenprogramm die Influencerin Bianca Heinecke, bekannt durch "BibisBeautyPalace", mit von der Partie sein sollte. 

Endlich kann ich dieses Foto mal gebrauchen, das ich schon länger in meinem Symbolbilder-Archiv habe. Kartoffelbrei gab's beim Schnitzel-Event allerdings nicht. Schade.

Übrigens war dieses Riesen-Event in der Szene durchaus nicht unumstritten, was es für mein Empfinden nur umso interessanter machte: Im Vorfeld wurden Bedenken geäußert, das sei "doch keine Rettung, sondern nur eine riesengroße Lebensmittelausgabe" – "eine Aktion, die [...] echtes Engagement für Lebensmittelrettung als Marketing-Aktion missbraucht. Es geht um Bekanntheit und Greenwashing für Sirplus und ein neues Image für Bibis Ex-Beautypalace". Der letztgenannte Aspekt erfüllte auch die taz mit "Skepsis": "Ein Schelm, wer dabei denkt, es gehe hier in erster Linie gar nicht um gute Taten, sondern darum, den zweiten Karriereweg einer Influencerin von gestern zu pushen", schrieb Jonas Wahmkow in seinem Wochenvorschau-Kommentar und empfahl stattdessen, "sich diese Woche mit Afro-deutscher Geschichte auseinanderzusetzen" und zur feierlichen Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin-Mitte zu gehen (die heute ab 14 Uhr stattfinden sollte, zwischenzeitlich infolge des Eilantrags einer Bürgerinitiative beim Berliner Verwaltungsgericht vorerst abgesagt, dann aber doch wieder zugelassen wurde – aber das ist hier eigentlich nicht mein Thema). "Wer weiß, wenn Bibi in Zukunft auch weiter Schnitzel verschenkt, wird vielleicht irgendwann mal eine Straße nach ihr benannt", witzelte Wahmkow abschließend. 

In Foodsaver-Kreisen wurde derweil sogar der Verdacht "gezielte[r] Überproduktion" geäußert, "die wir doch bei anderen Betrieben auch kritisch diskutieren. Es gibt hier nichts zu 'retten', die Sachen werden eigens zu diesem Anlass produziert." Immerhin diese Bedenken konnte Sirplus-Gründer Raphael Fellmer in einem Interview mit dem Portal Utopia allerdings zerstreuen: Die Lebensmittelmarke Veganz habe Sirplus eine große Menge veganer Schnitzel angeboten, "die wegen Produktionsstopp und abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mehr verkäuflich sind"; diese nun im Rahmen eines großen Events unter die Leute zu bringen, solle dazu dienen, ein öffentlichkeitswirksames Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung zu setzen: "Das Ziel ist es, maximale Aufmerksamkeit und Bewusstsein für echte Lebensmittelwertschätzung zu schaffen." 

Von uns zu Hause bis zur Malzfabrik war es eine ziemliche Weltreise, und auf dem letzten Teil des Weges, ab Bahnhof Südkreuz, zeichnete sich ab, dass eine ganze Menge Volk dorthin unterwegs war: Der Bus war extrem voll – aber muss ja: Wie sollte man sonst 15.000 Schnitzel verteilt bekommen? Vor der Hofeinfahrt zur Malzfabrik staute sich eine Menschenmenge auf dem Gehsteig, ab und zu kamen Mitarbeiter raus, versuchten gute Laune zu verbreiten und erklärten, der Einlass werde sich aus technischen Gründen noch etwas verzögern; so ein Weltrekordversuch bringt eben gewisse organisatorische Herausforderungen mit sich. Später war zu erfahren, in erster Linie sei die defekte Ladeklappe eines LKWs schuld daran gewesen, dass das Schnitzelbraten erst mit einer Stunde Verspätung beginnen konnte. Immerhin gehörten wir zu den ersten 500 Besuchern, die aufs Gelände gelassen wurden, wo schon mal Pakete mit Glückskeksen und anderem veganem Knabberkram verteilt wurden, und zu trinken gab's auch schon was. Und in dem ganzen Gewusel trafen wir sogar Bekannte – nämlich eine Familie, die wir durch das #kindergartenfrei-Netzwerk kennengelernt, zuletzt aber vor zwei, wenn nicht sogar drei Jahren bei einem Kindergeburtstag getroffen hatten. 

Schließlich war es dann auch so weit, dass in rauen Mengen Schnitzel-Sandwiches, je nach Wunsch mit oder ohne Soße, unters Volk verteilt wurden, und ich muss sagen, die veganen Schnitzel schmeckten gar nicht schlecht. Gleichzeitig wurden Kartons mit tiefgekühlter Ware verteilt; dass der Karton, den ich dabei erbeutete, keine Schnitzel enthielt, sondern (ebenfalls vegane) Käsetaler, merkte ich erst später, fand ich aber auch nicht schlimm. 

Zu den Organisationen und Initiativen, die sich im Rahmen des Events in der Malzfabrik vorstellten und mit denen das Unternehmen Sirplus zusammenarbeitet, gehörte auch das Hilfswerk "Mary's Meals", das nach eigenen Angaben Schulmahlzeiten für über 2 Millionen Kinder in den ärmsten Ländern der Welt organisiert. Das fand ich nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil ich mir annähernd sicher war, dass es sich bei "Mary's Meals" um eine christliche Initiative handelt – was ich nicht nur des Namens wegen annahm, sondern auch, weil ich mich vage erinnerte, vor Jahren mal etwas über diese Hilfsorganisation gelesen zu haben. In dem auf dem Schnitzel-Event ausliegenden Infomaterial von "Mary's Meals" war von einem christlichen Hintergrund allerdings keine Rede, und auch auf der Website der Organisation muss man ganz schön tief graben, ehe man etwas zu diesem Aspekt findet: Unter der Überschrift "Der Name Mary’s Meals und seine Hintergründe" erfährt man da, dass die Gründung der direkten Vorläuferorganisation von "Mary's Meals", ursprünglich "Scottish International Relief" genannt, auf die private Initiative einer schottischen Familie zurückging, die nach einer Pilgerreise nach Medjugorje in ihrem Zuhause eine Gebetsstätte, das "Craig Lodge Family House of Prayer", eingerichtet hatte. Weiter liest man da: "Der Name 'Mary’s Meals' wurde von einer Gruppe von Menschen vorgeschlagen, deren Leben sich ebenfalls durch eine Wallfahrt nach Medjugorje verändert hatte." Und: "2012 wurde Scottish International Relief offiziell zu Mary’s Meals umbenannt. Mary’s Meals trägt den Namen zu Ehren Marias, der Mutter Jesu, und wird oft als 'Frucht von Medjugorje' bezeichnet." Interessant, oder? Jenseits aller Debatten um die Echtheit oder Glaubwürdigkeit der Marienerscheinungen von Medjugorje muss ich allerdings anmerken, dass ich es schade finde, in dem beim Schnitzel-Event ausgelegten Infomaterial so gar keine Hinweise auf den christlichen Hintergrund dieser Hilfsorganisation vorzufinden. Ist das nicht eine verpasste Gelegenheit, ein Werk der Barmherzigkeit mit einem Zeugnis für den Glauben zu verbinden? Meine Liebste vermutet, die Initiative wolle das Wohlwollen und die Unterstützung nichtreligiöser, womöglich sogar antireligiöser Kreise nicht aufs Spiel setzen, und das kann ich mir durchaus gut vorstellen; aber ist das nicht ein Geist der Verzagtheit und der Menschenfurcht? Nicht dass ich dafür persönlich kein Verständnis hätte, aber deswegen finde ich es noch lange nicht richtig. Verzeihlich, ja; aber nicht gut

Ein Blick auf die Umhängetasche eines Menschen, der in der Warteschlange vor mir stand.

In diesem Zusammenhang ist es vielleicht ganz interessant, dass wir, als wir schließlich den Rückweg antraten, an der Bushaltestelle von einer jungen Frau angesprochen wurden, die sich wunderte, dass zu solchen Events "nur so linke Leute kommen". Meine Liebste äußerte die Vermutung, das liege daran, auf welchen Kanälen diese Veranstaltungen beworben werden; das laufe eben zu einem großen Teil über Netzwerke, in denen eher konservativ gesonnene Menschen wenig präsent seien. Unsere Gesprächspartnerin merkte an, sie selbst habe von einer Arbeitskollegin von dem Event erfahren. – Was mich an dieser Unterhaltung im Grunde am meisten wunderte, war, dass diese junge Frau, als sie uns ansprach, offenbar davon ausging, dass wir nicht zu diesen "linken Leuten" gehörten. Warum war sie sich da eigentlich so sicher? 

Ob der Weltrekordversuch gelungen ist, war übrigens vorerst nicht zu erfahren. In den einschlägigen Foodsaver-Foren wurde am Abend verbreitet, es seien rund zehn Paletten Tiefkühlware "und sonst auch viel verpackte Trockenware" übrig geblieben, die noch bis 21 Uhr oder am Folgetag ab 12 Uhr abgeholt werden könnten. Bei uns gab's am nächsten Tag vegane Käsetaler zum Abendessen. Mit Kartoffelbrei. 


Nach dem Butjadingen-Urlaub ist vor dem Butjadingen-Urlaub 

Man kann wohl behaupten, dass unser unlängst zu Ende gegangener Sommerurlaub im Vergleich zu früheren Jahren zwei Dinge bewiesen hat: a) Es ist entspannender, längere Zeit an einem Urlaubsort zu verbringen, als mitten im Urlaub "umzuziehen"; und b): Man kann durchaus drei Wochen in Butjadingen verbringen, ohne dass es einem langweilig wird – selbst dann, wenn über die Hälfte dieser Zeit nicht so richtig Strandwetter ist. Auf der Basis dieser Erkenntnisse hat meine Liebste schon vor unserer Rückreise damit begonnen, unseren Sommerurlaub fürs nächste Jahr zu planen, und hat nun tatsächlich kurz entschlossen erneut eine Ferienwohnung in Burhave für uns gebucht – diesmal in einem Privathaus, wo man auch den Garten mitbenutzen darf, ungefähr auf halbem Wege zwischen Strand und Dorfzentrum. Und da die nächsten Sommerferien in Berlin und Brandenburg noch zwei Wochen früher beginnen als in diesem Jahr, sind es nur noch ungefähr 10½ Monate bis dahin. Da sollte ich wohl demnächst mal damit anfangen, meine bisher nur vage angedachten Ideen zum Thema "Guerilla-Urlauberseelsorge" zu konkretisieren! 

Okay, im Ernst: Natürlich ist das noch ganz schön lange hin, und in der Zwischenzeit wird es noch manches Dringlichere zu tun und zu bedenken geben. Aber das Thema im Auge zu behalten dürfte trotzdem sinnvoll sein. Zu bedenken ist auch, dass wir zwischen dem vergangenen und dem nächsten Sommerurlaub noch ein weiteres Mal in Butjadingen sein werden – nur für eine knappe Woche, im Februar, aber möglicherweise kann man da schon mal sondieren, wie sich die Dinge in der Pfarrei St. Willehad inzwischen entwickelt haben, und ganz, ganz vielleicht ergibt sich sogar eine Gelegenheit, den neuen Pfarrer kennenzulernen. 

Aber wie dem auch sei: Neben dem erprobten Format "Lobpreis mit dem Stundenbuch" (intern auch bekannt als "Beten mit Musik") wäre meine derzeitige Lieblingsidee zum Thema "Guerilla-Urlauberseelsorge" ein "Dinner mit Gott" für die (bzw. mit den) Gruppen, die im Rat-Schinke-Haus zu Gast sind. Kinderlobpreisdisco am Strand wäre natürlich auch was Schönes... Na, schauen wir mal. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Die Liebe genügt sich selbst, sie gefällt durch sich selbst und um ihrer selbst willen. Sie ist sich selbst Verdienst und Lohn. Außerhalb ihrer selbst sucht sie keinen Grund und keine Frucht; ihre Frucht ist, dass man sie übt. Ich liebe, weil ich liebe, ich liebe, um zu lieben. Unter allen Regungen der Seele, unter allen Sinnen und Gemütsbewegungen ist es die Liebe allein, in der das Geschöpf dem Schöpfer antworten kann, wenn auch nicht in ebenbürtiger Weise; in ihr allein kann es ihm mit Ähnlichem vergelten. Denn wenn Gott liebt, so will er nichts anderes, als geliebt werden. Zu keinem anderen Zweck liebt er, als um geliebt zu werden, denn er weiß, dass alle, die ihn geliebt haben, in dieser Liebe selig werden. 

(Bernhard von Clairvaux, Auslegung zum Hohelied) 


Ohrwurm der Woche 

Michael Jackson: Beat It 

Dieser Song verdankt seinen Status als Ohrwurm der Woche meiner Liebsten, die vor ein paar Tagen – angeregt durch mehrere Kurzvideos ("Reels"), die ihr unaufgefordert auf Facebook angezeigt wurden – angefangen hat, sich mehr oder weniger systematisch durch das musikalische Gesamtwerk des "King of Pop" durchzuhören. So lief "Beat It" bei uns gestern zum Frühstück – und zwar mehrmals, auf Verlangen unseres Jüngsten, der insbesondere vom Video sehr fasziniert zu sein schien. Ich persönlich finde ja, das Beste an dem Song ist Eddie Van Halens Gitarrensolo. Es heißt, als Produzent Quincy Jones ihn anrief, um ihn zu bitten, ein Solo für den Song einzuspielen, habe Eddie dies zunächst für einen Scherzanruf gehalten; aber dann erschien er doch im Studio, mit seiner selbstgebauten Gitarre, einem geliehenen Verstärker und einem Echogerät, spielte in zehn Minuten zwei Versionen eines Gitarrensolos ein und verlangte keinerlei Vergütung dafür. Dass während der Aufnahme ein Monitor-Lautsprecher des Studios in Flammen aufgegangen sein soll, gilt allerdings als Urbane Legende


Vorschau / Ausblick 

Heute hatte ich den größten Teil des Tages "sturmfrei", da meine Liebste mit den Kindern und einer Freundin einen Ausflug zu den "Gärten der Welt" unternommen hat; und morgen wird es ähnlich sein, da wollen meine Liebste und die Kinder zusammen mit einer anderen Freundin und deren Tochter, die unsere Große schon seit der Krabbelgruppe kennt, einen Reiterhof in Französisch Buchholz besuchen. Wir haben daher angepeilt, in Herz Jesu Tegel in die Abendmesse zu gehen, die von Pater Brody zelebriert werden soll; allerdings spiele ich mit dem Gedanken, schon vormittags in St. Bernhard Tegel-Süd in die Messe zu gehen, denn dort wird das Patronatsfest (Bernhard von Clairvaux, 20. August) nachgefeiert, und laut Website der Pfarrei ist für die Zelebration "Erzbischof Koch angefragt". – Am Montag feiert eine Schulfreundin unseres Tochterkindes Geburtstag; das vorrangige Thema des nächsten Wochenbriefings dürfte indes die Kinderbibelwoche sein, die von Dienstag bis Freitag in der EFG The Rock Christuskirche in Haselhorst stattfindet; vereinfacht ausgedrückt, wird das so wie "jeden Tag JAM, nur mit noch mehr Spiel und Spaß". Letztes Jahr waren wir nicht dabei, da wir zu der Zeit, als die Kinderbibelwoche stattfand, in Ostfriesland auf'm Ponyhof waren; aber dieses Jahr wollen wir uns das nicht entgehen lassen. Ob daneben noch Platz für andere interessante Themen sein wird, bleibt abzuwarten; aber wenn ja, dann wäre das Festival "Fête du Seeee#3", das am nächsten Wochenende am Strandbad Tegelsee stattfinden soll, wohl ein solches. Schauen wir mal! 


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