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Mittwoch, 16. April 2025

Ein neuer Pfarrer für Brake – und für Nordenham

Ich hatte es in meinem vorletzten Wochenbriefing schon kurz erwähnt: Die katholische Pfarrei St. Marien in Brake/Unterweser soll einen neuen Pfarrer bekommen. Die dortige Pfarrstelle ist derzeit vakant, nachdem der vorherige Pfarrer Wolfgang Schmitz infolge einer Erbschleichereiaffäre im November 2023 zunächst suspendiert worden war und im Juli 2024 formell auf sein Amt verzichtet hat; und der nun zu seinem Nachfolger bestimmte Christian Fechtenkötter soll zugleich auch die Pfarrstelle in Nordenham übernehmen, deren jetziger Inhaber Karl Jasbinschek im kommenden Herbst in den Ruhestand tritt. Daraus kann man offenbar schließen, dass die beiden Pfarreien in der Wesermarsch – zu St. Marien Brake gehört auch die Nachbarstadt Elsfleth mit der Kirche St. Maria Magdalena, zu St. Willehad Nordenham auch die Gemeinde Butjadingen mit der Kirche Herz Mariä in Burhave sowie die Gemeinde Stadland, die seit der Profanierung der Kirche St. Josef in Rodenkirchen kein eigenes katholisches Gotteshaus mehr hat – zwar bis auf Weiteres noch formell eigenständig bleiben, dass jedoch für beide zusammen nur noch eine Pfarrstelle vorgesehen ist. Ehe wir uns Gedanken darüber machen, was von diesem Umstand zu halten ist, wäre aber erst einmal zu fragen: Was ist denn der Neue so für einer? 

Kirchturm von St. Marien Brake, aus der Bahn heraus fotografiert im Februar 2024

Hierzu fällt es zunächst auf, dass der im traditionell erzkatholisch geprägten Oldenburgischen Münsterland geborene, aber im Osnabrücker Land aufgewachsene Christian Fechtenkötter mit 56 Jahren zwar nicht mehr jung, aber dennoch ein "Neupriester" ist: Erst 2021 wurde er vom jüngst emeritierten Münsteraner Bischof Felix Genn geweiht, seitdem war er Kaplan in Bocholt. Und nun darf er also gleich zwei Pfarreien auf einmal übernehmen, noch dazu zwei als nicht gerade unproblematisch bekannte. – Aber was hat er eigentlich vorher gemacht? Genauer als beim Münsteraner Bistumsblatt Kirche + Leben erfährt man das auf der Lokalnachrichten-Website "Made in Bocholt": Da liest man, dass Fechtenkötter zwar "gut katholisch sozialisiert aufgewachsen" sei und sich u.a. "in der Kolpingjugend auf Bezirks- und Diözesanebene" engagiert habe, zunächst jedoch der Meinung gewesen sei, Abitur und Theologiestudium kämen für ihn nicht in Frage: Stattdessen habe er einen Abschluss an der Handelsschule gemacht, in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung Zivildienst geleistet und dann, angeregt durch diese Erfahrung, eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger absolviert. "Doch die Idee von einem geistlichen Leben ließ ihn nicht los", und so trat Fechtenkötter im Alter von 28 Jahren in den Benediktinerorden ein, und zwar zunächst in die Abtei Münsterschwarzach in Unterfranken. Kommt uns bekannt vor? Durchaus: Münsterschwarzach gehört laut Tante Wikipedia zu den bedeutendsten Benediktinerklöstern in Deutschland und hat eine bis ins 8. Jahrhundert zurückreichende Geschichte, ist in jüngerer Zeit aber wohl vor allem als Wirkungsort von Anselm Grün bekannt – der Cellerar, also wirtschaftlicher Leiter, des Klosters war, als Christian Fechtenkötter dort eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolvierte. Fechtenkötter selbst war dann 15 Jahre lang für die Buchhaltung des Priorats St. Benedikt in Damme, einer Tochtergründung von Münsterschwarzach, zuständig, bis die Benediktiner diese Niederlassung zum Jahresende 2016 aus Kostengründen aufgaben. Dafür, dass Fechtenkötter danach aus dem Orden austrat, war diese Klosterschließung, seiner eigenen Aussage zufolge, nicht ausschlaggebend: Vielmehr sei ihm im Zuge einer "vierjährigen Ausbildung zum ständigen Diakon [...] immer klarer" geworden, dass seine "Leidenschaft in der Gemeinde und der Seelsorge vor Ort liegt". Als Begründung für einen Ordensaustritt leuchtet mir das zwar nicht so ganz ein, schließlich kann man auch als Ordensgeistlicher in der Gemeindeseelsorge tätig sein – mir sind da mehrere Beispiele persönlich bekannt –, aber lassen wir das mal so stehen; jedenfalls begann er daraufhin eine Ausbildung zum Diözesanpriester und war bis zu seiner Weihe als Pastoralassistent und Ständiger Diakon in Coesfeld tätig, danach, wie schon gesagt, als Kaplan in Bocholt. Nun freut er sich, wie er sagt, auf die Arbeit in der Diaspora. 

Diese biographischen Fakten geben ja nun ein recht buntes, aber auch unscharfes Bild ab. Auf YouTube kann man ein dreiminütiges Video-Interview finden, das Kirche + Leben vor seiner Priesterweihe mit ihm geführt hat; da kommt er durchaus sympathisch 'rüber, wenn auch ein bisschen bieder und zugleich so "gewollt locker" wie ein Lehrer, der von seinen Schülern lieber gemocht als respektiert werden möchte. Spirituelle oder theologische Fragen spielen in diesem Interview überhaupt keine Rolle, wenn man mal davon absieht, dass Fechtenkötter es "super" findet, wenn "die Kirche kritisch betrachtet wird". Was ja nun auch alles Mögliche bedeuten kann. 

Und was erwartet ihn an seinem künftigen Wirkungsort? – Mit den Verhältnissen in der Braker Pfarrei kenne ich mich zugegebenermaßen nicht so aus; die Pfarrbrief-Ausgaben der letzten knapp eineinhalb Jahre, die ich online zur Kenntnis genommen habe, erwecken den Eindruck eines typisch post-volkskirchlichen Wischiwaschi-Liberalismus, aber wie ich u.a. aus Berlin-Spandau weiß, muss das oberflächliche Erscheinungsbild eines Pfarrbriefs nicht unbedingt repräsentativ dafür sein, wie es in der Pfarrei tatsächlich aussieht. Auch der Eindruck, die beiden Pastoralreferenten (m/w) hätten sich während der Vakanz der Pfarrstelle recht behaglich in der Rolle der faktischen Leiter der Pfarrei eingerichtet, mag trügen. Erheblich besser glaube ich die Situation in St. Willehad Nordenham/Butjadingen/Stadland beurteilen zu können. Wenn ich sage, dass es dort wohl wenig Grund gibt, dem scheidenden Pfarrer Karl Jasbinschek eine Träne nachzuweinen, muss ich diese Einschätzung eigentlich gleich wieder relativieren, denn immerhin ist er auch Vorsitzender des Trägervereins des Arbeitslosenzentrums Nordenham und erfreut sich in dieser Eigenschaft wohl allgemeiner Wertschätzung. Aber es entsteht doch der Eindruck, dass solches zivilgesellschaftliches Engagement ihm wichtiger war als seine im engeren Sinne priesterlichen Aufgaben. So war seine immerhin neun Jahre lange Amtszeit als Pfarrer von St. Willehad geprägt von der Profanierung zweier Kirchengebäude (St. Josef in Stadland-Rodenkirchen und Herz Jesu in Nordenham-Einswarden) sowie von einer drastischen Reduzierung der Gottesdienste an den verbleibenden Standorten (im letzteren Punkt hat sich der Trend wieder umgekehrt, seit Michael Kenkel Subsidiar in der Pfarrei ist, aber dazu später); die von ihm zelebrierten Messen, die ich im Laufe der letzten Jahre miterlebt habe, waren liturgisch oft jenseits der Schmerzgrenze – womit er natürlich an das Wirken seines Vorvorgängers Bögershausen anknüpfen konnte, aber man sollte doch denken, die Generation von Katholiken, die derlei Ringelpiez mit Anfassen im Gottesdienst schätzt und erwartet, stürbe langsam mal aus – und seine Predigten, gelinde gesagt, unbedeutend. So gesehen kann's also eigentlich fast nur besser werden

Wohlgemerkt: fast. Was man Pfarrer Jasbinschek immerhin zugute halten kann, ist, dass er – wenn auch vielleicht aus purer Wurstigkeit – keine spezielle theologische und/oder kirchenpolitische Agenda verfolgte. Dafür, dass die Pfarrei in den letzten Jahren auffällige Bemühungen gezeigt hat, sich als "LGBT-affirming" zu positionieren (was, nebenbei bemerkt, immerhin den "Erfolg" hatte, mich aus meiner Blogpause herauszulocken), scheint mir eher der Diakon verantwortlich zu sein – und der wird der Pfarrei ja aller Voraussicht nach weiterhin erhalten bleiben. 

Womit wir beim Aspekt der "sonstigen Personalsituation" angekommen wären: Die Pfarrei St. Willehad ist derzeit, was das geistliche Personal angeht, vergleichsweise ausgesprochen gut aufgestellt, neben dem Pfarrer gibt es dort einen Subsidiar bzw. "Pastor" (so die ortsübliche Amtsbezeichnung) und einen Ständigen Diakon, der auch die Aufgaben eines Pastoralreferenten wahrnimmt. Ich neige zu der Annahme, dass beide auch unter dem neuen Pfarrer in St. Willehad bleiben sollen und dass gerade diese einigermaßen komfortable Personalsituation eine gewisse Rolle dabei gespielt hat, dass man es im Bistum als praktikabel angesehen hat, nur einen neuen Pfarrer für die Pfarreien St. Willehad und St. Marien zu bestellen. Zieht man weiter in Betracht, dass es in der Pfarrei St. Marien Brake keine weiteren Geistlichen, sondern wie gesagt "nur" zwei Pastoralreferenten (m/w) gibt, liegt die Vermutung nahe, dass der neue Pfarrer, soweit es das Feiern der Heiligen Messe und das Spenden der Sakramente betrifft, seinen Tätigkeitsschwerpunkt eher in Brake (und Elsfleth) haben wird, während in Nordenham (und Butjadingen) womöglich noch mehr als bisher der Subsidiar Michael Kenkel für diese Aufgaben zuständig sein wird. Sollte ich mit dieser Einschätzung richtig liegen, würde ich das als eine gute Nachricht betrachten, denn alles in allem habe ich den Eindruck, dass sich in St. Willehad einiges zum Besseren verändert hat, seit Kenkel dort ist; gerade auch bei den beiden von ihm zelebrierten Messen, die ich in den letzten Sommerferien miterlebt habe, hatte ich einen ausgesprochen positiven Eindruck von ihm. Indes bleibt natürlich noch abzuwarten, wie er mit seinem neuen Vorgesetzten klarkommt und dieser mit ihm, oder ob das Bistum ihn früher oder später doch wieder woanders hinversetzt. Für Diakon Richter ist der künftige Pfarrer Fechtenkötter derweil schon der dritte Vorgesetzte, den er an dieser Stelle erlebt, und er wird auch nicht zwingend der letzte sein. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass gemäß einer zum Jahresbeginn in Kraft getretenen neuen Leitlinie "für den Einsatz und das Versetzungsverfahren des pastoralen Personals im Bistum Münster" "Priester, Diakone im Hauptamt und Pastoralreferentinnen sowie Pastoralreferenten eine Ernennung für einen Einsatz grundsätzlich befristet für die Dauer von sechs Jahren" erhalten sollen; "[n]ach Ablauf der ersten sechs Jahre ist grundsätzlich eine einmalige Verlängerung des bisher definierten Einsatzes um weitere bis zu sechs Jahre möglich". Demnach darf man davon ausgehen, dass Christian Fechtenkötter zunächst bis 2031, dann aber vielleicht auch bis zur Rente Pfarrer in Brake und Nordenham bleiben soll; Diakon Richter hat seine jetzige Stelle jedoch schon seit August 2014 inne, was durchaus die Frage aufwirft, ob da nicht nächstes Jahr eine Versetzung "dran sein" sollte. (Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die beiden Pastoralreferenten der Braker Pfarrei, Thomas Fohrmann und Carola Lenz, seit August 2021 im Amt sind.) 

Christian Fechtenkötters Amtsantritt als Pfarrer von St. Marien und St. Willehad ist für den 1. September geplant; das heißt, wenn ich in den Sommerferien mit meiner Familie "in der Gegend bin", ist er noch nicht da und personaltechnisch alles noch beim Alten. Ich werde mich trotzdem bemühen, die lokalen Entwicklungen im Auge zu behalten... 


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