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Samstag, 15. März 2025

Die 3 K der Woche (16): Kinder, Kirche, Knetgummi

Es ist mal wieder Wochenbriefing-Zeit, Freunde; und wieder einmal mag ich mich nicht lange mit dem Versuch aufhalten, mir einen originellen Einleitungstext aus den Rippen zu schneiden. Kommen wir also lieber direkt zur Sache! 

Dieses Wandgemälde in Teltow habe ich vor rund zweieinhalb Jahren mal fotografiert; wer da nun einen Zusammenhang mit unserem Pfarrhausfamilien-Projekt (s.u.) vermutet, den muss ich enttäuschen. 

Update Pfarrhausfamilie 

Also, so langsam wird es hier ernst, Freunde. Zwar ist die Option, dass wir in absehbarer Zeit (sagen wir mal: in einem halben Jahr) Berlin verlassen und ins Pfarrhaus einer eher kleinstädtischen Diaspora-Pfarrei ziehen, um dort unsere Ideen und unser Engagement für eine Aufpäppelung des Gemeindelebens einzubringen, noch nicht so eindeutig in Sack und Tüten, dass ich mich damit wohlfühlen würde, hier konkrete Details auszuplaudern; aber im Moment spricht jedenfalls mehr dafür als dagegen. Wie im vorigen Wochenbriefing angekündigt, haben wir am vergangenen Samstag alle vier einen Tagesausflug in Sachen Pfarrhausfamilie unternommen, das heißt, wir haben uns gemeinsam eine Pfarrhauswohnung angeschaut, in die wir eventuell einziehen könnten, und uns anschließend noch in der Stadt umgesehen. Ich schätze, was der aufmerksame Leser daraus schließen kann, ist, dass es sich um einen Ort handelt, der nahe genug an Berlin dran ist, dass man innerhalb eines Tages hin und zurück fahren kann, aber mehr als das möchte ich lieber doch nicht verraten, solange wir nicht sicher wissen, ob die ganze Sache klappt. Was ich auf jeden Fall schon mal sagen kann, ist, dass sowohl die Wohnung als auch der Ort uns allen gut gefallen hat, gerade auch den Kindern, die am liebsten gleich festgelegt hätten, wer von ihnen welches Zimmer bekommt. 

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge würde ich daher sagen, an unserem Wollen wird's nicht scheitern. Aber natürlich hat auch der Kirchenvorstand der betreffenden Pfarrei noch ein Wort mitzureden, und es gibt noch mancherlei zu bedenken und zu klären, was z.B. Arbeit und Schule betrifft; eine einfache Entscheidung ist so etwas wohl nie, selbst wenn die Aussichten so attraktiv sind wie im vorliegenden Fall. Daher möchte ich hier auf jeden Fall nochmals meine Bitte um Gebetsunterstützung erneuern! 

– Davon abgesehen hatten wir ja, wie erwähnt, noch ein "zweites Eisen im Feuer", in dem Sinne, dass noch eine weitere Gemeinde in einem anderen Bistum Interesse daran signalisiert hatte, dass wir dort ins ehemalige Pfarrhaus ziehen und in der Gemeinde mitarbeiten. Da haben wir jetzt abgesagt, aus der Erwägung heraus, dass wir nun mal nicht beides machen können und der Ort, den wir am Samstag besucht haben, uns im direkten Vergleich die besseren Perspektiven bietet. Aber wir hoffen natürlich, dass es außer uns noch weitere Familien gibt, die sich für das Projekt bzw. Lebensmodell "Pfarrhausfamilie" interessieren – und dass es solche idealerweise auch unter den Lesern dieses Blogs gibt. Wenn das so ist, bin ich ausgesprochen gern bereit, einen Kontakt zu vermitteln. 

Noch was aus dem Symbolbilder-Archiv: Das hier stand mal auf dem Etikett einer Colaflasche. 

Was ich über das Angebot, das wir abgelehnt haben und das somit weiterhin für andere Interessierte offen steht, verraten kann, ist, dass es sich um eine Gemeinde im Umland von Hamburg handelt, die im Obergeschoss ihres Pfarrheims – eines profanierten ehemaligen Kirchengebäudes – eine 4-Zimmer-Wohnung zu vermieten hat; und natürlich wäre es schön, wenn da eine Familie einzöge, die Interesse hätte, in der Gemeinde mitzuarbeiten. Wenn sich da nun also jemand, der dies liest, angesprochen fühlt, bitte ich um Rückmeldung! 

Umgekehrt gilt natürlich auch, dass ich mich weiterhin über Hinweise auf leerstehende Wohnungen in ehemaligen Pfarrhäusern, die günstig an engagierte Familien vermietet werden könnten, freuen würde. Wäre doch toll, wenn das Modell "Pfarrhausfamilie" Schule macht und Kreise zieht...! 


Erster Fastensonntag in Siemensstadt 

Nachdem wir am Samstagabend erst spät von unserem Tagesausflug zurückgekommen waren, entschieden wir uns, es lieber nicht auf die vage Chance ankommen zu lassen, dass der so gut wie abgesagte Familientag in St. Stephanus vielleicht doch stattfinden würde, sondern lieber eine Stunde länger zu schlafen und zur späteren Sonntagsmesse in St. Joseph Siemensstadt zu gehen. Diese wurde vom leitenden Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie zelebriert; was indes die im vorigen Wochenbriefing geäußerte Hoffnung anging, an diesem Sonntag würde es vielleicht endlich mal wieder eine anregende Predigt geben, hatte ich nicht bedacht, dass am 1. Fastensonntag in allen Messen der Fastenhirtenbrief des Erzbischofs verlesen wurde. Von solchen Hirtenbriefen ist ja in der Regel wenig Gutes zu erwarten: Ähnlich wie man zuweilen den Eindruck haben kann, im Theologiestudium müsse es einen Pflichtkurs "Langweilig predigen" geben (aber dazu vielleicht mal an anderer Stelle mehr), scheint es für höhere geistliche Würdenträger einen Aufbaukurs "Repräsentativ predigen" zu geben – und das heißt: rhetorisch ausgefeilt, politisch korrekt und möglichst nichtssagend. Gemessen an dieser Erwartung muss oder darf man immerhin sagen, dass der diesjährige Fastenhirtenbrief unseres lieben Erzbischofs Heiner gar nicht so schlecht ist; aber ehrlich gesagt frage ich mich allmählich, wie lange es wohl dauern wird, bis er mal eine Predigt zu einem repräsentativen Anlass verfasst, in der er nicht um Verständnis bzw. Akzeptanz für die Neugestaltung der Hedwigskathedrale wirbt. (Hast du übrigens mitgekriegt, Leser, dass die Krypta der Kathedrale wegen eines Schadens am Deckenputz "bis auf Weiteres" geschlossen ist? Dit is Berlin, sach ick ma'.) – Auch das 1.700jährige Jubiläum des Konzils von Nizäa, von dem wir seit Beginn des laufenden Kirchenjahres schon verschiedentlich gehört haben, wurde in dem Hirtenbrief ausführlich gewürdigt; tatsächlich empfand ich diesen Teil als den überzeugendsten und gehaltvollsten des ganzen Texts, denn hier ging es darum, warum die Aussage, Jesus Christus sei "wahrer Mensch und wahrer Gott", von so zentraler Bedeutung für unseren Glauben ist. – Wer möchte, kann den gesamten Fastenhirtenbrief hier nachlesen. 

So oder so schränkte die Verlesung des Hirtenbriefs natürlich die Möglichkeiten des Pfarrers ein, in dieser Messe eigene Akzente zu setzen, aber dafür fügte er den vom Lektor "vom Blatt" vorgetragenen Fürbitten einige frei formulierte Bitten hinzu: für Papst Franziskus "um Beistand in seiner Krankheit"; für die jugendlichen und erwachsenen Taufbewerber im Erzbistum Berlin, die zu Ostern getauft werden sollen; und schließlich "für die Minderheiten, die in Syrien jetzt schrecklichen Verfolgungen ausgesetzt sind, um Beistand und um Rettung". Fand ich gut. 

Erwähnen möchte ich außerdem noch, dass zum Einzug das Lied "Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet" (GL 275) gespielt und gesungen wurde, das auch schon in beiden Aschermittwochsmessen, die ich besucht hatte, an verschiedenen Punkten der Liturgie zum Einsatz gekommen war. Den Textdichter Bernardin Schellenberger, einen ehemaligen Trappisten, betrachte ich zwar als eine recht problematische Gestalt, aber gerade die erste Strophe des Liedtexts empfand ich dennoch als eine willkommene Ermutigung in Hinblick auf das Projekt "Pfarrhausfamilie" – und so gesehen fühlte es sich schon nach einer bemerkenswerten Fügung an, dieses Lied innerhalb weniger Tage ganze dreimal zu hören bzw. mitzusingen. 


Immer wieder mittwochs 

Am Mittwoch ging ich mit meinem Jüngsten, wie gewohnt, vormittags in St. Marien Maternitas in Heiligensee in die Messe; wie ich schon im vorigen Jahr zu Protokoll gegeben habe, wird dort in der Fastenzeit vor Beginn der Messe statt des Rosenkranzes eine Kreuzwegandacht gebetet, und als wir die Kirche betraten, begann gerade die 10. Station (Jesus wird seiner Kleider beraubt). Wie sich zeigte, handelte es sich um die Kreuzwegandacht aus dem Gotteslob (GL 683f.), und die finde ich, wie mein Herr Sohn sagen würde, "so mittel": Die Auswahl der Bibelstellen für die einzelnen Stationen finde ich gelungen, gegen die Gebetsrufe am Ende der Stationen ist auch nicht viel einzuwenden, aber die Betrachtungen zeigen doch allzu deutliche Spuren jenes bildungsbürgerlichen Jargons, der sich seit den 70ern so hartnäckig in der großkirchlichen Glaubenskommunikation eingenistet hat. – Die Messe hielt Pater Brody, der in seinem Begrüßungsimpuls erzählte, er sei am Abend zuvor in St. Marien Reinickendorf "zur Kommunionvorbereitungsstunde" gegangen: "Ich hatte denen gesagt, ich wollte mal kommen, weil ich gar nicht richtig weiß, was die eigentlich machen, so die Katechetinnen da." Auf diese Weise habe er dort einen Kinderkreuzweg miterlebt, bei dem es darum gegangen sei, "den Kindern begreiflich zu machen, wofür das Kreuz eigentlich steht"; diesem Ziel sollte u.a. eine Art Kirchenrallye dienen, bei der die Kinder suchen sollten, "wie viele Kreuze da in der Kirche vorhanden waren". (Beim an die Messe anschließenden Gemeindefrühstück, an dem der Geistliche selbst diesmal nicht teilnahm, äußerten ein paar der alten Herren aus der Kerngemeinde, ihnen hätte bei dieser Erzählung die "Pointe" gefehlt, oder anders ausgedrückt, es sei nicht so recht klar geworden, was er damit habe sagen wollen; und da kann ich ihnen guten Gewissens nicht widersprechen.) – Aber mal weiter der Reihe nach: Im Rahmen einer von Pater Brody frei formulierten Kyrie-Litanei fiel der Satz "Lass uns deine Zeichen in unserem Leben erkennen"; das sprach mich doch sehr an. In der Einleitung zu den Fürbitten, die er zu einem weiteren Zwei-Minuten-Impuls ausbaute, griff er diesen Gedanken nochmals auf. 

Liturgisch war die Messe derweil mal wieder eine ziemliche Berg-und-Tal-Fahrt. Das Robbenbaby überlebte, aber dafür zuckte ich gehörig zusammen, als Pater Brody die Zelebrationshostie schon während der Wandlung brach (was man intuitiv naheliegend finden mag, aber in der Instruktion Redemptionis Sacramentum, Nr.55, als "Missbrauch" bezeichnet wird, der "zu verwerfen und dringend zu korrigieren" sei). Darüber hinaus war das Eucharistische Hochgebet gespickt mit kleinen Abweichungen vom approbierten Text, die ich umso irritierender fand, als sie jeweils für sich genommen so geringfügig waren: Warum, so fragte ich mich, ändert man einen Text, wenn sich dadurch im Grunde gar nichts an ihm ändert? – Tatsächlich habe ich aber durchaus eine Vorstellung davon, was für eine Absicht hinter solchen, sagen wir mal, "Variationen" steckt: Aus der an sich realistischen Annahme, regelmäßige Gottesdienstteilnehmer kennten die liturgischen Texte in- und auswendig (was besonders dann nahe liegt, wenn die Mehrzahl der Anwesenden alt genug ist, um die Liturgiereform noch miterlebt zu haben), wird gefolgert, die Leute wären durch Gewohnheit abgestumpft und würden gar nicht mehr richtig hinhören; indem man aber hier und da den Wortlaut verändere, den Satzbau umstelle oder sonstwie vom Gewohnten abweiche, könne man sie gewissermaßen wieder "aufwecken" und ihnen – etwa im Sinne eines Brechtschen Verfremdungseffekts – eine neue Perspektive auf das vermeintlich längst Bekannte eröffnen. Das halte ich allerdings für ein massives (wenn auch nicht gerade selten anzutreffendes) Missverständnis dessen, was Liturgie ist bzw. wozu Liturgie da ist; aber das ist ein Thema, zu dem ich längst schon mal einen eigenständigen Artikel schreiben wollte. Irgendwann komme ich hoffentlich dazu... 

Am Nachmittag war dann wieder JAM, und die Schulfreundin unserer Großen kam auch wieder mit. Thematisch ging es dort schon deutlich auf Ostern zu: Beim Mal- und Bastelangebot in der Ankunftszeit wurden aus Knete bunte Abendmahlskelche geformt, und auch bei der Kinderkatechese ging es um das Letzte Abendmahl. Letzteres erzählten mir die Kinder allerdings erst hinterher, da ich mich nach kurzem Zögern erneut dazu entschloss, mit meiner Liebsten zum Elterncafé zu gehen. 

Das bereute ich auch nicht, denn diesmal ging es auf vielfachen Wunsch um das Thema "Kinder und Erziehung". Dazu gab es ein paar Impulse aus der Bibel und ansonsten vor allem Erfahrungsaustausch unter den Anwesenden Eltern, und das fand ich gut. Was die biblischen Impulse angeht, möchte ich hier etwas erwähnen, was ich in der Diskussion nicht angesprochen habe – einfach weil ich es sich nicht ergab –, was ich aber hinterher meiner Liebsten und einer Mitarbeiterin erzählte: Wenn es um die Bibel als Leitfaden für Kindererziehung geht, gibt es ja immer wieder Debatten um den Vers "Wer die Rute spart, verdirbt sein Kind" (Sprüche 13,24) – einen Satz, der vielfach als Plädoyer für körperliche Züchtigung aufgefasst wurde und wird. Nun las ich aber mal in einer Facebook-Diskussion den Hinweis, die Rute, von der in diesem Vers die Rede sei, sei eigentlich ein Hirtenstab – derselbe Stab, von dem es in Psalm 23,4 heißt "Dein Stecken und Stab trösten mich"! Der Hirte benutzt seinen Stab, um seine Schafe zu beschützen, zu lenken und auch anzuspornen – aber nicht, um sie zu verprügeln

Gut war an diesem JAM-Elterncafé auch und nicht zuletzt, dass die Leiterin diesmal wieder darauf achtete, am Ende eine Viertelstunde für Gebetsanliegen zu reservieren. Da kam allerlei zusammen, wovon das meiste auch mehr oder weniger unmittelbar mit dem Thema der Woche zusammenhing. 


Und wie läuft die Fastenzeit sonst so? 

Keine Sorge, Leser: Ich werde euch jetzt nicht mit Ernährungsdetails behelligen. Was ich aber sagen kann, ist, dass ich meinen Fastenvorsatz, den Tag nach Möglichkeit mit "Kaffee & Laudes" zu beginnen, solange die Kinder noch schlafen, bislang recht tapfer durchgehalten habe; zudem hat mich eine eMail-Benachrichtigung der Website praymorenovenas.com rechtzeitig daran erinnert, dass das Hochfest des Hl. Josef vor der Tür steht, also habe ich am Montag der vorigen Woche mit einer Novene zum Hl. Josef begonnen – die in Grundzügen auf derjenigen basiert, die ich anno 2021 mit Blick auf das Patronatsfest der Kirche St. Joseph in Tegel zusammengestellt habe, auch wenn dieses (ebenso wie das der gleichnamigen Kirche in Siemensstadt) am 1. Mai (Hl. Josef der Arbeiter) gefeiert wird. Zum "Beten mit Musik" in St. Joseph Tegel bin ich in der zurückliegenden Woche nur einmal, nämlich am Freitag, gekommen. Derweil ist die Reihe der täglichen Fastenimpulse auf der "Mittwochsklub"-Patreon-Seite auch nach elf Tagen noch ungebrochen, und ich hoffe sehr, diese Serie weiter aufrechterhalten zu können. 


Neues aus Synodalien: Vakanz in meinem allerzweitliebsten Bistum 

Felix Genn, der seit 2009 Bischof von Münster und zuvor sechs Jahre lang Bischof von Essen war, ist anlässlich seines 75. Geburtstags von Papst Franziskus in den Ruhestand entlassen worden. Gut drei Monate nach dem Amtsantritt von Klaus Krämer als Bischof von Rottenburg-Stuttgart ist damit die Zeit, in der die Bischofsstühle aller 27 deutschen Diözesen besetzt waren, schon wieder vorbei. Bezogen auf die Zahl der dort lebenden Katholiken ist Münster übrigens die zweitgrößte Diözese Deutschlands (nach Köln), was die anstehende Neubesetzung des dortigen Bischofsstuhls womöglich besonders spannend macht. Hinzu kommt, dass Genn einer der dienstältesten Diözesanbischöfe in der Deutschen Bischofskonferenz war: Einzig der rund dreieinhalb Jahre jüngere Kardinal Marx ist schon länger im Amt. Der DBK-Vorsitzende Bätzing würdigte Genn in seiner Ansprache zu dessen Verabschiedung als "prägend für das Bistum Münster und prägend für die Deutsche Bischofskonferenz", was ich ja als ein ausgesprochen zwiespältiges Lob betrachten würde. Bei der abschließenden 5. Synodalversammlung des Synodalen Wegs vom 9.-10.03.2023 in Frankfurt stimmte Bischof Genn fast allen Vorlagen zu, lediglich bei der Abstimmung zum Handlungstext "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" enthielt er sich. Davon abgesehen ist er mir vor allem durch seine Äußerung in Erinnerung geblieben, er wolle "vorkonziliare klerikale Typen" nicht als Priester und würde "sie auch nicht weihen". Ach ja, und dann hat er mal einen komplett aus Emoticons bestehenden Brief an die Schüler seines Bistums geschickt. – Alles in allem würde ich sagen, auch wenn Bischof Genn sich, verglichen mit einigen seiner Amtsbrüder, im Licht der Öffentlichkeit eher wenig hervorgetan hat, dürfte es so einige Leute geben, die die anstehende Neubesetzung des bischöflichen Stuhls von Münster eher als Chance sehen, als dass sie Genns altersbedingtes Scheiden bedauerten. Exemplarisch sei hier auf einen Leserkommentar auf der Facebook-Seite der Catholic News Agency (Deutsch) verwiesen, in dem es heißt, "Herr Dr. Genn" habe mit seiner Amtsführung "enorme Spuren hinterlassen, die u.a. im Ruhrbistum dazu führten, dass ihm keine Träne nachgeweint wurde"; es gibt wohl kaum Grund zu der Annahme, dass das in Münster anders sein wird. 

Bedenkt man, wie viel Zeit es in den letzten beiden Jahren in Anspruch genommen hat, die (erz-)bischöflichen Stühle von Paderborn, Bamberg, Osnabrück und Rottenburg-Stuttgart neu zu besetzen, erscheint es nicht abwegig, dass Felix Genns Nachfolger in Münster der erste deutsche Diözesanbischof sein könnte, der vom nächsten Papst ernannt wird. Derweil liest man, Genn habe die Absicht, sein Amt im vatikanischen Dikasterium für die Bischöfe noch bis 2029 weiter auszuüben – wodurch er wohl in der Lage sein dürfte, einen gewissen Einfluss auf die Auswahl seines eigenen Nachfolgers auszuüben. 

Zum Diözesanadministrator in Münster wurde derweil Antonius Hamers gewählt, der seit 2014 das Katholische Büro in Düsseldorf leitet und damit eine Schlüsselposition für die Kontakte zwischen den nordrhein-westfälischen Bistümern und der Landesregierung innehat; seit 2020 ist Hamers außerdem residierender Domkapitular in Münster. Ich meine mich zu erinnern, seinen Namen vor nicht allzu langer Zeit schon einmal im Zusammenhang mit der Neubesetzung eines Bischofsstuhls gelesen zu haben, also in dem Sinne, dass er als geeigneter Kandidat fürs Bischofsamt gehandelt wurde; ich vermute mal, das war in Paderborn. Seien wir mal gespannt, ob der 1969 geborene Hamers jetzt in Münster zum Zuge kommt, und wenn ja, ob das eine gute Nachricht ist... 


Atheismus als Religion? Verwaltungsgericht Wien sagt Nein 

Wenn ich irgendwo die These höre oder lese, Atheismus sei letzten Endes "auch eine Art Religion", dann – so mein Eindruck – kommt sie in der Regel von Anhängern etablierter Religionen, die sich damit gegen die Behauptung kämpferischer Atheisten wehren, "Religion" – egal welche – sei ein überholtes Welterklärungsmodell oder, simpler ausgedrückt, nur etwas "für Doofe". Ich könnte mich nicht erinnern, es je erlebt zu haben, dass ein Atheist, dem man vorhält, sein Atheismus sei "auch eine Art Religion", dies nicht schärfstens zurückgewiesen hätte. Umso überraschter war ich, jüngst von meinem Freund und Manager Patrick (Name geändert) zu erfahren, dass es in Österreich einen atheistischen Verband gibt, der seit 2019 die Anerkennung als Religionsgemeinschaft anstrebt: die "Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich" (ARG). Deren Präsidiumsmitglied Wilfried Apfalter erklärt im ORF: "Unser Ziel ist es, in allen Bereichen gleichberechtigt mit anderen Religionsgemeinschaften zu sein – auch auf religiöser Ebene. Wir verstehen uns als atheistische religiöse Bekenntnisgemeinschaft und möchten, dass dies offiziell anerkannt wird." Beim Wiener Verwaltungsgericht sind die Atheisten mit diesem Ansinnen nun aber abgeblitzt: Unter Berufung auf mehrere Gutachten, "die die Lehre der ARG als nicht religiös einstuften", lehnte das Gericht "die Anerkennung der ARG als religiöse Bekenntnisgemeinschaft ab". Atheist Apfalter moniert indes, "dass für die Gutachten von gerichtlicher Seite keine Religionswissenschaftler bzw. Religionswissenschaftlerinnen beauftragt wurden, sondern ein Experte für evangelische Theologie und ein Experte für Religionsrecht", und verweist seinerseits auf Stellungnahmen eines (ungenannten) Professors für Religionswissenschaft, "die klar bestätigen, dass die ARG eine eigene religiöse Lehre hat". Zum Argument des Verwaltungsgerichts, "dass die ARG nicht über eine religiöse Praxis verfüge", was aber "notwendige Voraussetzung für die Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft" sei, merkt Apfalter an: 

"Da wir keine theistischen Rituale wie Gottesdienste haben, liegt unser Fokus auf anderen Formen der Gemeinschaft. Dazu gehören Dialog, gegenseitiger Austausch und – wo es gewünscht wird – auch eine Art seelsorgerische Unterstützung für Menschen, die sich intensiv mit dem Atheismus als existenzielle Frage auseinandersetzen." 

Man muss zugeben, das klingt ein bisschen so, wie sich manche Vertreter der postchristlichen Theologenbubble eine "Kirche der Zukunft" vorstellen. – Derweil drängt sich mir, was das Streben der ARG nach Anerkennung als Religionsgemeinschaft betrifft, der Vergleich mit der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" auf, die ja eigentlich ein "practical joke" atheistischer Religionsverächter sein sollte: eine ausgedachte Quatschreligion, die denselben Rechtsstatus beanspruchte wie etablierte Religionsgemeinschaften – womit die Initiatoren dokumentierten, dass sie Religion(en) insgesamt für ausgedachten Quatsch hielten, und zugleich die Pflicht des Staates zu weltanschaulicher Neutralität einforderten. Das Ironische an der Sache ist nun aber, dass die "Pastafaris" diese ausgedachte Quatschreligion tatsächlich praktizieren, z.B. indem sie "Nudelmessen" feiern und Nudelsiebe als Kopfbedeckungen tragen, und dabei einen missionarischen Eifer anden Tag legen, bei dem man den Eindruck haben könnte, sie nähmen ihre Religion ernster als viele Angehörige etablierter Glaubensrichtungen die ihre. Die spannende Frage ist nun, was das auf längere Sicht mit einem Menschen macht. Mir fällt da ein, was ich vor ein paar Jahren in einem Buch zum Thema "Islam in Deutschland" gelesen habe; da wurde Ali Kızılkaya, der damalige Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland und frühere Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş, mit der Aussage zitiert: 

"[W]er nicht so lebt, wie er glaubt, der glaubt, wie er lebt. Das heißt, wenn einer vierzig Jahre lang etwas vormacht, dann glaubt er das schließlich. Wenn er denn überhaupt etwas vorgemacht hat."

Im Kontext ist diese Äußerung zwar, wie ich seinerzeit notierte, als Zurückweisung "des immer wieder auftretenden Verdachts" gemeint, "gewisse Islamverbände gäben sich nur nach außen hin verfassungstreu, verträten nach innen aber ein fundamentalistisches Religionsverständnis"; aber der hier benannte Sachverhalt könnte auch in umgekehrter Richtung funktionieren. Schon Pascal riet Menschen, die gern glauben wollten, dazu, so zu leben, als täten sie es bereits: Konsequentes Befolgen der religiösen Praxis führe "ganz natürlich" dazu, dass der Glaube sich nach und nach einstelle. Damit will ich nun nicht die These wagen, dass engagierte "Pastafaris" irgendwann anfangen, buchstäblich an die Existenz eines Fliegenden Spaghettimonsters zu glauben; wohl aber, dass sie durch das (wenn auch nur spielerische) Einüben religiöser Praktiken in einem wenn auch vagen, inhaltlich unbestimmten Sinne "religiös werden". Das ist nicht unbedingt und automatisch eine gute Nachricht, denn wenn eine solche grundsätzliche Offenheit für religiöse Phänomene mit den falschen Inhalten gefüllt wird, kann das Ergebnis verheerend sein. Aber ein gewisses Evangelisierungspotential liegt in diesem Phänomen wohl doch – das die Großkirchen allerdings wohl nur dann werden nutzen können, wenn sie sich trauen, sich als unverhohlen religiös zu präsentieren, statt sich als zivilgesellschaftliche Institutionen mit dünnem spirituellem Anstrich zu verkaufen. (Memo an mich: Ich muss dringend das neue Buch meines Freundes Rod Dreher, "Living in Wonder", weiterlesen. Und dann rezensieren.) 

(Über die Entscheidung des Wiener Verwaltungsgerichts, die ARG-Atheisten nicht als Religionsgemeinschaft anzuerkennen, schreibt übrigens auch Sebastian Moll in der Tagespost. Das habe ich aber erst gesehen, als ich den obigen Abschnitt meines Wochenbriefings schon fertig hatte.) 


Geistlicher Impuls der Woche 

In dieser düsteren Zeit gibt es einen Hunger nach Buße, da die Sünden der Welt, die andauernden Kriege, so schwer auf uns lasten. 

Daniel, ein Franko-Kanadier aus Saskatchewan, lebt diesen Winter bei uns, und Gott weiß, wie sehr wir ihn brauchen. Er hat als Einsiedler gelebt, hat Blockhütten gebaut, um in der Wildnis zu leben – er ist ein praktizierender, frommer Katholik, und er ist sanftmütig. Jetzt gerade fastet er, so wie Gandhi gefastet hat, wenn es Sünde in seiner Umgebung gab. Dan fastet für Pfarrer J., der gestern den ganzen Tag betrunken war, und ist bis ein Uhr mit Mary H. wach geblieben, die gesagt hat "Ich weiß, ich bin heruntergekommen, aber Pfarrer J. ist noch heruntergekommener als ich". Er war still, aber sie hielt das Haus wach mit ihrem Lärm.

Was für andere Hilfsmittel haben wir außer Gebet und Fasten? 

"Wo die Sünde mächtig würde, da ist die Gnade übergroß geworden" (Röm 5,20). Rätselhafte Worte. Aber es gibt Heilige in unserer Mitte, Einsiedler, Pilger, und durch diese Kleinen wird der Geist der Gewaltlosigkeit wachsen. 

Davon überzeugt zu sein, bringt Freude. Wahre Freude, die uns niemand nehmen kann.

(Dorothy Day, Tagebucheintrag vom 05. Februar 1969. Eigene Übersetzung.) 


Ohrwurm der Woche 

Tasmin Archer: Sleeping Satellite 


Platz 60 in meinen "Abi 95 Top 100": Ein Song, an dem mich schon immer vor allem sein recht kryptischer Text fasziniert hat. Es geht irgendwie um die Mondlandung, aber eigentlich ist diese nur eine Metapher für Desillusionierung und Vertrauensbruch. Oder so. Wie dem auch sei: Schönes Lied! 


Vorschau/Ausblick 

Heute hat unser Jüngster seinen vierten Geburtstag gefeiert, und zwar im Holland-Park in Panketal. Morgen ist der 2. Sonntag der Fastenzeit, und ich gehe mal davon aus, dass wir wiederum in St. Joseph Siemensstadt in die Messe gehen werden. Am Montag hat das Tochterkind keine Schule; mal sehen, was ich da mit den Kindern unternehme – vielleicht gibt's ja irgendwelche kindertauglichen Events zum St. Patrick's Day... Die "Rumpelberggruppe", d.h. die Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg, soll ab kommender Woche dienstags und freitags stattfinden, eine bemerkenswerte Entwicklung, wenn man bedenkt, dass sie zu der Zeit, als wir anfingen, da hinzugehen, nur zweimal im Monat stattfand; aber ob ich es mit meinem Jüngsten zu beiden Terminen schaffe, sei mal dahingestellt. Zum JAM am Mittwoch – dem Hochfest des Hl. Josef – wollen wir einen Geburtstagskuchen mitbringen, den ich folglich vorher noch zusammen mit den Kindern werde backen müssen. Wird dann wohl wieder der unbezwingliche, stets gelingende Fantakuchen werden. Und am Samstag haben die Royal Rangers in Tegel Stammestreffen; vielleicht gehe ich da mit meiner Großen einfach mal gucken, falls sie Lust hat... 


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