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Montag, 4. August 2025

Von Strandkrabben, Schafen, Mühlenmäusen und anderen Schönheiten

Alle Jahre wieder zur Urlaubszeit beobachte ich in den diversen Facebook-Gruppen zum Thema "Urlaub in Butjadingen" das folgende Phänomen: Ein Gruppenneuling schreibt etwas wie "Wir fahren dieses Jahr zum ersten Mal nach Butjadingen, was kann man denn da so machen bzw. was sollte man sich unbedingt ansehen?", und dann ernten sie seitenweise Empfehlungen für Ausflugsziele im Umland (Jaderberg, Dangast, Bremerhaven, Bremen, Oldenburg, ja sogar Norddeich – da ist man selbst mit dem Auto hin und zurück drei Stunden unterwegs, mit öffentlichen Verkehrsmitteln mindestens fünf). Ich denke mir da immer: Also bitte, ich fahr doch nicht nach Butjadingen, um von dort aus ständig woanders hinzufahren! Statt in die Ferne zu schweifen, würde ich empfehlen, erst mal zu gucken, was es in der Nähe so alles gibt – und das ist, zumindest in der Hauptsaison, Einiges

Symbolbild: Barbie auf dem Lande. 

Zu den Spitzenattraktionen eines Urlaubs in Butjadingen gehören definitiv die Ausflugsfahrten mit der Wega II ab Fedderwardersiel. Letztes Jahr hatten wir da eine Piratenfahrt mit Schatzsuche gebucht, das war ein großer Spaß für die Kinder, aber natürlich mit viel Unruhe verbunden. Diesmal – am vergangenen Dienstag – entschieden wir uns für die Wattenmeerfahrt mit Netzfang.

Das Besondere an dieser Veranstaltung wsr, dass nach rund einer Dreiviertelstunde Fahrt ein Netz ausgeworfen wurde, woraufhin die darin gefangenen Meerestiere zusammen mit ein paar Eimern Meerwasser auf drei Plastikwannen verteilt und am Ende der Fahrt wieder lebend in die Freiheit entlassen wurden. Der Kapitän, der, wie er sagte, selbst 20 Jahre lang in der Krabbenfischerei tätig gewesen war, hielt einen ebenso humorvollen wie kenntnisreichen Vortrag über die verschiedenen Tiere, die da gefangen worden waren. Da erfuhr man zum Beispiel, dass Sandgarnelen – besser bekannt unter ihrem Handelsnamen "Nordseekrabben" – ein Grundnahrungsmittel für viele in der Nordsee und im Wattenmeer lebende Tiere sind und das maximal 15% des Bestandes von Menschen gefischt und konsumiert wird; oder dass die Strandkrabbe, eine in dieser Gegend häufige Krebsart (wovon mit Abstand die meisten Exemplare im Netz waren), auf Plattdeutsch "Dwarslöper", d h. "Querläufer", genannt wird. – Anschließend durften die Kinder die gefangenen Meerestiere selbst in die Hand nehmen. 


Dieses Tierchen nennt sich Aalmutter. Aber nicht deshalb, weil ea die Mutter vom Aal ist. "Das ist wie mit Mama Lauda", meinte der Kapitän, "die hat da auch nix mit zu tun."

Außer den schon genannten Tieren enthielt der Fang auch noch Stinte, Seenadeln (eine Art Seepferdchen) und eine Kompassqualle – die war allerdings schon tot. 

Als die Wega II wieder in Fedderwardersiel anlegte, hatten wir Hunger, also gingen wir essen an der Imbissbude der Butjadinger Fischereigesellschaft. Aber keine Krabbenbrötchen, die sind zur Zeit nämlich zu teuer – darüber gab es jüngst, im Zusammenhang mit der Krabbenpul-Meisterschaft bei der Kutterregatta, sogar einen Beitrag bei "Hallo Niedersachsen". Am ersten Kutterregatta-Tag haben wir uns trotz des horrenden Preises zwei Krabbenbrötchen geleistet, aber das muss wohl für dem ganzen Urlaub reichen. Diesmal gab's Backfisch mit Pommes, auch sehr lecker. 

Als wir mit dem Essen fertig waren, stellten wir fest, dass der nächste Bus nach Burhave erst in einer Stunde fuhr; da gingen wir lieber zu Fuß, und einen Teil der Strecke gingen wir auf dem Deich entlang. Die Kinder freute das vor allem wegen der Deichschafe. 


Streicheln lassen mochten sich die Schafe zunächst nicht, aber während wir auf dem Deich spazierten, kam zweimal aus unklaren Gründen die ganze Herde an uns vorbeigaloppiert, und da waren dann doch ein paar Tiere dabei, die Lust hatten, sich streicheln zu lassen. Leider nicht zu diesen gehörte ein "buntes" (d.h. geschecktes) Texelschaf, das meine Tochter – so wörtlich – "märchenschön" fand. 


Zur Fahrt mit der Wega II sei übrigens noch angemerkt, dass wir in einem früheren Urlaub vor ein paar Jahren schon mal eine Fahrt mit diesem Schiff gemacht und dabei Schweinswale gesehen hatten; dieses Glück hatten wir diesmal nicht, was vielleicht an der Jahreszeit lag: Ein von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer herausgegebenes Faltblatt "Schweinswale im Wattenmeer" verrät, die besten Chancen, an den Flussmündungen in der Nordsee Schweinswale zu sichten, gebe es zwischen März und Mai. In Wilhelmshaven gab es im April sogar "Schweinswaltage". – Wie dem auch sei, unser Jüngster wurde durch die Schiffsfahrt dazu angeregt, zu spielen, er sei ein Schweinswal – ein Schweinswal-Baby, um genau zu sein –, und die Mama sollte einen großen Wal, also etwa einen Blau- oder Buckelwal, spielen, der ihn beschützt. Sie dichtete und sang daraufhin spontan dieses Lied: 

"Ich fresse Plankton den ganzen Tag 
Ich fresse Plankton, das ist alles was ich mag 
Ich beschütze meinen Freund, 
den kleinen Baby-Schweinswal, 
und wenn es kein Plankton gibt, 
ist das für mich fatal." 

Am nächsten Tag, Mittwoch, bestand unser erster Programmpunkt in einem Backworkshop ("Vom Korn zum Brot") im Museum Moorseer Mühle; bedingt durch die Busfahrtzeiten waren wir allerdings rund eine Dreiviertelstunde zu früh da und nutzen diese Zeit, um das historische Müllerhaus zu besichtigen und nach den Mühlenschafen zu schauen. 

Und die Mühlenschafe schauten nach uns

Bienen gibt es auf dem Mühlengelände auch. 

Den Backworkshop leitete eine recht betagte Dame, die, wie sie erzählte, seit 30 Jahren Gästeführerin ist; zunächst lernte man da einiges über verschiedene Getreidesorten, über Aussaat und Ernte, und dann wurde den Teilnehmern, Kindern wie Erwachsenen, beigebracht, Brötchen in Form von Mäusen, Igeln oder anderen Tieren zu backen. 




Übrigens ist die Moorseer Mühle auch unabhängig vom Backworkshop immer einen Besuch wert – auch wenn wir schon so oft da waren, dass es in der Mühle selbst und im Mühlenmuseum für die Kinder nicht mehr viel Neues zu entdecken gab. Schade ist nur, dass das Mühlencafé seit einiger Zeit geschlossen ist. In der Presse war zu lesen, dass es keine Pläne gibt, es mit neuer Bewirtschaftung wieder zu eröffnen; da kann man nur hoffen, dass es diesbezüglich früher oder später einen Sinneswandel geben wird. 

Von Moorsee aus fuhren wir mit dem Bus nach Stollhamm zur Tierschau, für die wir seit unserer Ankunft in Butjadingen viel Werbung in Form von Plakaten und Flyern gesehen hatten. Außer Kühen, Pferden, Schafen und Kaninchen gab es dort auch einiges an Unterhaltungsprogramm einschließlich einer Hüpfburg, aber das hätte es für unsere Kinder gar nicht gebraucht: Tiere angucken war schon Attraktion genug. Leider war es ziemlich regnerisch, und außerdem war ein großer Teil des Programms schon vorbei, als wir ankamen; beides zusammen führte dazu, dass uns der Eintrittspreis (wären 20 € für die ganze Familie gewesen) kurzerhand erlassen würde. Diesen Geldbetrag gaben wir dann stattdessen für Speisen und Getränke aus – Erdbeermilch und Käsespieße an der "Melkhus"-Bude, Spanferkel-Teller an der Bude von "Schweine-Didi" (kein Witz). 







Als Veranstaltungstipp taugt die Stollhammer Tierschau allerdings zugegeben nur bedingt, da die nächste erst für 2028 geplant ist. – Nach unserem Besuch dort waren wir ziemlich durchnässt und hatten matschige Schuhe, daher verzichteten wir darauf, noch zur Beachparty (mit Kinderdisco) am Friesenstrand in Tossens zu fahren, und verbrachten den Abend lieber in der Ferienwohnung. Die Beachparty ist schließlich auch nächsten Mittwoch nochmal, bei hoffentlich besserem Wetter. 

Übrigens lesen wir als Gutenachtgeschichte derzeit "Harry Potter und der Orden des Phönix", und am Mittwochabend kamen wir endlich zu dem Kapitel, in dem Harry und seine Freunde nach Hogwarts zurückkehren und in ihr fünftes Schuljahr starten. Warum ist das an dieser Stelle relevant? Weil es zum Schuljahresbeginn in Hogwarts immer ein großes Dinner gibt, und bei dessen Schilderung –
"[A]us dem Nichts waren Speisen erschienen, und die fünf langen Tische ächzten unter Braten und Pasteten und Schüsseln mit Gemüse, unter Brot und Soßen und Krügen voll Kürbissaft" (S. 246) 

– musste ich daran denken, dass wir uns für den folgenden Abend beim Grill- und Smokerabend auf Hof Iggewarden angemeldet hatten, und ich erwartete, dass es da ähnlich zugehen würde. Das Große Dinner von Igwarts, sozusagen. 

Ein bisschen war es wirklich so. 

Auch was die Beflaggung betraf. 

Zwar sagt mir meine Erinnerung hartnäckig, dass es, als wir vor sechs Jahren zum ersten Mal beim Grillabend in Iggewarden waren, ein noch üppigeres Büffet und eine noch größere Auswahl an Grillspezialitäten gegeben habe, aber auch so zögere ich nicht, zu sagen: Wer in Butjadingen Urlaub macht und gern Fleisch isst, sollte sich dieses kulinarische Erlebnis nicht entgehen lassen. 

Die Beflaggung gehörte übrigens zu den Vorbereitungen auf den Schottisch-Friesischen Mehrkampf, der eigentlich an diesem Sonntag auf dem Gelände von Iggewarden hätte stattfinden sollen, der aber wegen der unsicheren Wetterlage kurzfristig um eine Woche verschoben wurde. Möglicherweise gehen wir da mal gucken – am ursprünglichen Termin hätten wir nicht gekonnt, wegen Familientreffen. – Beim Stichwort "Schottischer Mehrkampf" fällt mir übrigens immer eine Geschichte aus einem Lustigen Taschenbuch ein, an die ich mich leider nur sehr verschwommen erinnere; da muss Donald Duck gegen einen schottischen Cousin (oder so) in einer Reihe von Sportarten antreten, darunter auch Caberwerfen – woraufhin Donald sich beschwert, das sei keine echte Sportart, das habe sich sein Kontrahent nur ausgedacht. Frage an euer Schwarmwissen, Freunde: Erinnert sich jemand außer mir an diese Geschichte, oder ist das ein Mandela-Effekt? Und wird es beim Schottisch-Friesischen Mehrkampf auf Iggewarden Caberwerfen geben? 


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