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Samstag, 27. Dezember 2025

Utopie und Alltag 5: Im Epizentrum der Heilsgeschichte

Frohe Weihnachten, Leser – Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen Seiner Gnade! Ich hoffe, ihr hattet soweit alle ein schönes und segensreiches Fest; wie's bei uns war, erfahrt ihr im Folgenden, aber natürlich geht es auch in diesem Wochenbriefing, wie immer, auch noch um andere Themen als darum, was die Familie so erlebt hat. Also freuet euch und fürchtet euch nicht! 

In reinlichen Windeln das himmlische Kind / viel schöner und holder als Engelein sind.

Wir warten aufs Christkind 

Der Samstag vor dem vierten Advent begann dramatisch – nämlich damit, dass unser Jüngster am Frühstückstisch eine Tasse frisch aufgebrühten Tee umstieß und sich Verbrühungen an der Hüfte und am Oberschenkel zuzog. Nach einer Sofortbehandlung mit kaltem Wasser sah es immer noch schlimm genug aus, dass wir es für ratsam hielten, einen Arzt aufzusuchen; was am Wochenende natürlich hieß: Notfallambulanz. Damit unsere Große dorthin nicht mitkommen musste, organisierten wir für sie spontan einen Besuch bei einer Schulfreundin. Bei der Kinder-Notfallambulanz wurden wir freundlich und kompetent behandelt, auch die Wartezeit war einigermaßen überschaubar, und der Knabe war schon bald wieder munter und fröhlich. 

Als ich am Nachmittag die Große bei ihrer Schulfreundin abholte, um mit ihr zur Krippenspielprobe zu fahren, kam die besagte Freundin kurzerhand dorthin mit – eigentlich nur zum Zuschauen, aber dann sprang sie spontan in der Rolle von "Engel 1" ein, da die eigentliche Darstellerin abwesend war. Es fehlten auch noch zwei weitere Darsteller, und der Musiker, der die Lieder zum Krippenspiel auf der Gitarre hätte begleiten sollen, fiel aus gesundheitlichen Gründen aus – und ich sah mich, auch wenn ich seit dem legendären Bandwochenende häufiger und regelmäßiger Gitarre übe und glaube, mich dadurch schon einigermaßen verbessert zu haben, nun auch nicht in der Lage, mal eben schnell die Gitarrenbegleitung für acht Lieder draufzukriegen. Nicht dass das jemand von mir verlangt hätte. Aber immerhin beim Gesang konnte ich helfen. – Trotz der genannten Ausfälle und einiger ungeklärter Technikfragen lief die Probe insgesamt so, dass ich hinsichtlich der Aufführung schon optimistischer war als vorher; aber ehe ich über die Aufführung berichte, sind noch ein paar andere Ereignisse zu würdigen. 

Dazu gehört erst einmal der dritte und letzte Kinderwortgottesdienst der diesjährigen Adventszeit in St. Joseph Siemensstadt. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass dieser KiWoGo eher schwach besucht sein würde, aber das erwies sich als Irrtum: 21 Kinder nahmen teil, mehr als an jedem anderen Kinderwortgottesdienst dieser Saison bisher, und dazu einige Eltern. Bis kurz bevor es losging, hatte ich zwar das Gefühl, unzureichend vorbereitet und insgesamt nicht gut in Form zu sein; aber dann klappte doch alles recht gut. Nach dem üblichen Lied zur Eröffnung ging's sowieso erst mal um das Friedenslicht aus Betlehem, das der Gemeindereferent mitgebracht hatte und über das er recht ausführlich sprach. Um das Evangelium vom Tag – Matthäus 1,18-24, die Botschaft des Engels an Josef – sollte es aber auch noch gehen; und um die Kinder an die Gestalt des Zimmermanns Josef näher zu bringen, hatte der Gemeindereferent ein kleines "Beruferaten" ausgeheckt, das ich "moderieren" durfte; das Spontane und Interaktive liegt mir einfach mehr. Der Hintergrund dieser Idee war, dass sowohl der Gemeindereferent selbst als auch mehrere Priester der Pfarrei ursprünglich mal einen ganz anderen Beruf erlernt haben. Daraus konnten die Kinder zunächst einmal die Lehre ziehen, dass es, wenn man einen Beruf erlernt, durchaus nicht gesagt ist, dass man dann tatsächlich bis zur Rente in diesem Beruf arbeitet; darüber hinaus wies ich sie aber auch darauf hin, dass es in den genannten Fällen eben auch damit zu tun hat, dass Gott Menschen in Seinen Dienst beruft, die eigentlich ganz andere Pläne für ihr Leben hatten – und dass das in der Geschichte des Christentums "schon immer" so war, angefangen bei den ersten Jüngern Jesu, die Fischer waren, bevor Jesus sie von ihren Netzen wegholte. – Machen wir uns mal die mentale Notiz, darauf vertiefend zurückzukommen, wenn beim KiWoGo mal ein Evangelium mit einer Berufungsgeschichte drankommt. 

Wie stellte man nun aber die Verbindung zum Evangelium von Josef und dem Engel her? Erst einmal mit der Frage an die Kinder, ob Jesus selbst wohl auch einen ganz normalen Beruf gelernt hat. Die Mehrheit tendierte zu "Nein". Aber doch, erklärte ich den Kindern: Jesus war gelernter Zimmermann, und das, womit Er berühmt geworden ist – durchs Land ziehen, vom Reich Gottes erzählen, Kranke heilen und so weiter – hat Er nur so ungefähr drei Jahre lang gemacht, davor hat Er ein ziemlich unauffälliges Leben geführt und als Zimmermann gearbeitet. Und wo hatte Er diesen Beruf gelernt? Das wussten die Kinder dann doch: bei seinem Vater, oder genauer gesagt: Ziehvater. Dem Josef. "Und von dem hören wir jetzt im Evangelium." Daraufhin wurde das Evangelium vorgetragen, und der Gemeindereferent schloss daran eine kurze Auslegung an, die sich vorrangig darum drehte, was für eine wichtige Rolle einem solchen "ganz einfachen Mann" in der Heilsgeschichte zukam. Und dann war die Zeit im Wesentlichen auch schon rum. 

Nach der Messe gingen wir essen bei Smash City (ehemals "Hühnerwald") und machten uns danach auf den Weg zum (evangelischen) Berliner Dom, wo wir mit meinen Schwiegermüttern zu einem Familienkonzert verabredet waren: Bachs Weihnachtsoratorium für Kinder. Ich war zwar ziemlich geschlaucht vom Trubel der vorangegangenen Tage, fand die Kinder anstrengend und hätte durchaus nichts dagegen gehabt, den Nachmittag allein zu Hause zu verbringen, aber auf das Konzert freute ich mich doch irgendwie – und zu Recht, wie sich zeigte. Die "Moderation", wenn man das denn so nennen kann und möchte, war zwar für meinen Geschmack ein wenig allzu "niederschwellig" – mir schien, der christliche Gehalt des Weihnachtsoratoriums werde dabei tendenziell eher heruntergespielt, verniedlicht und/oder belächelt, und ich fragte mich wirklich, ob so etwas bei einem Konzert in einem Gotteshaus, wenn's auch "nur" ein evangelisches ist, wirklich sein muss –, aber Bachs Komposition ist nun mal unverwüstlich, Orchester, Chor und Solisten lieferten eine sehr ordentliche Darbietung ab, und die Auswahl und Zusammenstellung der Passagen für diese auf etwa 45 Minuten gekürzte Fassung fand ich ebenfalls durchaus überzeugend. Vor allem aber stellte ich fest, dass die Musik meine Stimmung ganz beträchtlich hob. Unterm Strich also ein ausgesprochen erfreulicher Konzertbesuch; und wenn ich demnächst mal wieder schlechte Laune bekomme – oder jemand anderes in der Familie –, dann sing' und sage ich einfach "Lasset das Zagen, verbannet die Klage" – das wird dann ja wohl hoffentlich helfen. 

An dieser Leuchtreklame kam ich auf dem Weg vom Dom zur S-Bahn vorbei. 

Am Montag und Dienstag hatte ich im Interesse der Festvorbereitungen allerlei im Haushalt zu tun und verließ daher kaum die Wohnung – eher ungewöhnlich für mich, wenn ich nicht gerade krank bin. Übrigens erreichten uns dieses Jahr zahlreiche Weihnachtsgrüße mit der guten alten Briefpost: von meiner Mutter, von meinem Bruder und meiner Schwägerin, von einer langjährigen Künstlerfreundin und von Bloggerkollegin Claudia (die sich bemerkenswerterweise beide für das gleiche Bildpostkarten-Motiv entschieden hatten), aber auch vom Redaktionsteam der Tagespost, der Micha-Initiative, der "Rejoice"-Jüngerschaftsschule der Gemeinschaft Emmanuel und der Ostwind-Initiative von Pater Paulus Maria Tautz CFR. Was das über unsere Position innerhalb des KiNC-Netzwerks (siehe weiter unten) aussagt, sei indes mal dahingestellt. 

Nun freut euch, ihr Christen

Am Heiligabend stand ich um 8 Uhr auf, in der Hoffnung, noch ein bisschen Zeit für mich allein zu haben, ehe der Feiertagstrubel losging; aber ich war kaum mit Duschen fertig, da wurden auch die Kinder munter – und waren vor lauter Weihnachts-Vorfreude völlig außer Rand und Band. Im Laufe des Vormittags fing allerdings der Jüngste, der schon seit ein paar Tagen Anzeichen einer Erkältung gezeigt hatte, deutlich an zu schwächeln und zog sich schließlich ins Bett zurück; als dann der Zeitpunkt näher rückte, an dem wir uns auf den Weg zum Krippenspiel hätten machen sollen (Mitwirkende sollten eine Stunde vor Beginn der Aufführung vor Ort sein), entschied meine Liebste daher, es wäre wohl besser, sie bliebe mit ihm zu Hause. Also fuhren die Große und ich allein nach St. Stephanus. – Dass die Hirten durch den krankheitsbedingten Ausfall unseres Knaben statt zweier Schafe nur eines hatten (den kleinen Bruder der Maria-Darstellerin), ließ sich relativ leicht verschmerzen; die Rolle der "Frau von Herbergswirt 3", die meine Liebste hätte spielen sollen, übernahm spontan die Mutter der "Engel 2"-Darstellerin (einer Schulfreundin unseres Tochterkindes). Das klappte auch gut – wobei ich fand, dass sie der Rolle, obwohl sie nur ein paar kurze Sätze zu sagen hatte, einen deutlich anderen Charakter gab, als es bei meiner Liebsten der Fall gewesen wäre.

Noch zehn Minuten vor Beginn der Aufführung dachte ich, das diesjährige Krippenspiel würde ziemlich schwach besucht sein; dabei müsste ich als alter Theaterhase eigentlich daran gewöhnt sein, dass ein beträchtlicher Teil des Publikums immer erst auf den letzten Drücker kommt: Als es dann losging, war die Kirche doch ziemlich gut gefüllt. Was allerdings auffiel: In den letzten Jahren hatte ich den Eindruck gewonnen, bei der Planung für das alljährliche Krippenspiel in St. Stephanus Haselhorst werde davon ausgegangen, dass einerseits die benachbarte KiTa und andererseits das ebenfalls benachbarte Seniorenheim einen Großteil des Publikums stellen werde. Diesmal schien es mir jedoch, dass gar nicht besonders viele Senioren im Publikum waren, abgesehen von den Großeltern einiger Mitwirkender; stattdessen waren viele Familien mit Kindern im Vor- und Grundschulalter da, vereinzelt auch junge Erwachsene ohne Kinder. (Übrigens erzählte mir der Gemeindereferent am Rande der letzten Probe, er habe ein Plakat für das Krippenspiel im Edeka-Markt aufgehängt.) Jedenfalls sagte ich mir, angesichts des unerwartet jungen Publikums könnte man im nächsten Jahr vielleicht mal drüber nachdenken, das Krippenspiel ein bisschen moderner zu gestalten – gar nicht unbedingt vom Sprechtext her, der kann von mir aus ruhig so bleiben, aber vielleicht könnte man die eine oder andere Musiknummer z.B. aus dem Musical, das letztes Jahr in der Gemeinde auf dem Weg aufgeführt wurde, oder von Mike Müllerbauers Weihnachtsalbum einbauen. Was solchen Überlegungen allerdings entgegen stehen könnte, ist der Umstand, dass der Organist der Pfarrei für nächstes Jahr seine Mitwirkung am Krippenspiel in Aussicht gestellt hat... (Andererseits: Vielleicht spricht das auch gerade nicht dagegen, sondern eher dafür. Man müsste sich einfach mal rechtzeitig konspirativ mit dem guten Mann zusammensetzen.)

Aber bleiben wir erst mal beim diesjährigen Krippenspiel: Das lief über alle Erwartungen gut. Wie letztes Jahr, könnte man sagen. Meine Tochter bewältigte ihre Doppelrolle als kaiserlicher Bote und "Engel 4" tadellos, und auch die anderen Kinder legten gegenüber dem, was sie bei den Proben gezeigt hatten, noch mal eine ordentliche Schippe zu. An einigen Stellen der Aufführung hatte ich sogar Tränchen in den Augen. – Und damit hatte Weihnachten für mich richtig begonnen! 


Wieder zu Hause, gab es erst einmal Bescherung – was natürlich vor allem für die Kinder ein Highlight des Weihnachtsfests war; ich war schon froh, dass die Bescherung friedlicher und unaufgeregter ablief als in den letzten Jahren, und half geduldig beim Zusammenbauen eines Playmobil-Reiterhofes mit, bis es Zeit wurde, das Essen auf den Tisch zu bringen. Beim Abendessen erlebte ich eine erfreuliche Überraschung: Ich hatte schon befürchtet, wenn der Jüngste erkältungsbedingt zu Hause bleiben müsste und meine Liebste dann natürlich bei ihm bliebe, würde ich Schwierigkeiten haben, das Tochterkind zu überreden, allein mit mir in die Christmette zu gehen. Tatsächlich war es nun aber der Knabe, der darauf bestand, dass wir alle zusammen zur Kirche gingen, und die Frage, ob er sich denn fit genug dafür fühle, bejahte er entschieden. Also machten wir uns auf den Weg nach St. Joseph Siemensstadt, und da war's sehr schön: 


Der Organist sang das Martyrologium der Heiligen Nacht, der Pfarrvikar trug das Jesuskind für die Krippe herein, es gab vier Messdiener und Weihrauch, die ganze Atmosphäre war sehr feierlich. In der Predigt betonte der Pfarrvikar: 

"Wir feiern heute Geburtstag – nicht nur den Geburtstag Jesu, sondern vor allem den Geburtstag des göttlichen Lebens in uns. Das Christentum ist keine Idee, auch keine Leistung, keine Moral, kein Anspruch, kein Auftrag, kein Engagement sondern das Christentum ist Christus in uns. Gott wird in unseren Herzen geboren." 

Nach dem Schlusssegen versammelte sich die Gemeinde noch, wie schon in den letzten Jahren, vor dem Kirchenportal, um zwei Lieder zu singen ("O du fröhliche" und "Nun freut euch, ihr Christen") – damit die Nachbarn auch etwas von unserer Weihnachtsfreude haben. 


Freikirchliches Raclette statt kommunistischer Weihnachtsgans 

Einige Leser werden sich vielleicht noch erinnern, dass ich letztes Jahr am Weihnachtstag mit Frau und Kindern bei einem alten Freund zum Gänseessen eingeladen gewesen, den ich in den Nuller Jahren in einer linken Kneipe beim Dominospielen kennengelernt habe, und dass mich der Verlauf jenes Abends veranlasste, die Frage "Wie feiern Marxisten Weihnachten?" mit "Gar nicht so viel anders als andere Leute"  zu beantworten. Im Prinzip wäre ich da dieses Jahr durchaus gern wieder hingegangen, aber unser Festprogramm war sozusagen "schon voll", als uns die Einladung erreichte. Dafür gab es heuer eine andere Attraktion, nämlich die Weihnachtsfeier der EFG The Rock Christuskirche – mit Raclette-Essen. Hatte ich seit bestimmt über 20 Jahren nicht gemacht und bin eigentlich auch kein so großer Fan von Party-Formaten, bei denen der Zubereitungsprozess des Essens der Haupt-Programmpunkt ist, aber mit den Leuten aus dieser Gemeinde Weihnachten zu feiern, hatte ich trotzdem Lust. Zu diesem Weihnachtsessen kamen um die 40 Leute, darunter ziemlich viele, die wir vom JAM kannten – als Mitarbeiter oder vom Elterncafé –; einige Kinder, die ungefähr im Alter unserer Kinder waren (und die wir logischerweise ebenfalls und erst recht vom JAM kannten), waren auch dabei. Erst einmal gab es Kaffee und Lebkuchen,  eine kurze, nette Begrüßungsansprache und ein Dankgebet für das Essen und die Tischgemeinschaft, dann wurden zu Gitarrenbegleitung ein paar Lobpreislieder gesungen. 

Das Herz-Jesu-Symbol mag stutzig machen, aber bei dem zum Einsatz kommenden Liederbuch – "Wiedenester Jugendlieder 17" – handelte es sich um eine freikirchliche Publikation. Ein paar Lieder von Albert Frey habe ich darin entdeckt, aber z.B. keine von Johannes Hartl.

Während dieses "Lobpreis-Blocks" (wie so etwas in einschlägigen Kreisen genannt wird) ging mir übrigens der Gedanke durch den Kopf, was wohl (beispielsweise) ein Reporter des Bayerischen Rundfunks denken würde, wenn er in er in eine kirchliche Weihnachtsfeier geriete, in der die Leute nicht "O du fröhliche" oder "Ihr Kinderlein kommet" singen, sondern "Unser Gott ist ein mächtiger Gott". Aber das mal (vorerst) nur am Rande Nach dem Singen wurden jedenfalls die Raclettegeräte angeheizt, wir unterhielten uns gut mit verschiedenen Gemeindemitgliedern, und das Essen war auch lecker und reichlich. Insgesamt kann ich nur sagen, es war eine wirklich schöne Art, den Nachmittag und frühen Abend des Weihnachtstages zu verbringen, und es berührt mich immer wieder, wie willkommen wir in dieser Gemeinde sind. 


Sind wir nicht alle ein bisschen KiNC?: Hilfe, die hippen Missionare kommen 

Dass das liberale (Post-)Christentum dahinsiecht und im Grunde nur noch durch einen kirchensteuerfinanzierten Apparat am Leben gehalten wird – dessen Zukunftsaussichten angesichts des galoppierenden Mitgliederverlusts der Großkirchen indes mehr als fraglich sind –, während andererseits "radikalere" Ausprägungen des Christentums, etwa in Form charismatischer, aber auch traditionalistischer Gemeinschaften, offenkundig Zulauf gerade auch von Seiten junger Erwachsener erleben, ist ein Phänomen, dem neuerdings verstärkt Aufmerksamkeit zuteil wird, nicht zuletzt wohl auch, weil es gängige Säkularisierungshypothesen in Frage stellt. Dass dieses Thema gerade um Weihnachten herum die Gemüter erregt, ist vielleicht auch nicht allzu verwunderlich, da das nun mal eine Zeit ist, in der die Reste des Kulturchristentums in unserer Gesellschaft besonders präsent sind – und in gewisser Weise die Frage aufwerfen, was man nun mit diesen Resten machen soll: Sollte man sie aus sentimentalen Gründen bewahren, sie konsequent aus dem öffentlichen Raum verbannen, sie "zeitgemäß" uminterpretieren oder sich womöglich darum bemühen, wiederzuentdecken, was eigentlich dahintersteckt? Ich denke, in diesen Zusammenhang muss man die Tatsache einordnen, dass alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit so allerlei christentumskritische bzw. –feindliche Wortmeldungen in den Medien kursieren, darunter immer wieder gern Artikel, die aus historisch-kritischer Perspektive darzulegen versuchen, was an den Weihnachtsevangelien so alles angeblich nicht stimmt. Und in denselben Zusammenhang gehört es meiner Einschätzung nach auch, dass die vom Bayerischen Rundfunk produzierte Dokumentation (wenn man sie denn so nennen kann) "Die hippen Missionare – Mit Jesus gegen die Freiheit?" gerade kurz vor Weihnachten in der Sendereihe "ARD Story" ausgestrahlt wurde. 

Okay: Dass es nicht mehr lange hin ist bis zur MEHR 2026, wird auch eine Rolle gespielt haben, denn das Gebetshaus Augsburg und die von ihm ausgerichtete MEHR-Konferenz spielen eine Hauptrolle in der Doku – eine Schurkenrolle, versteht sich. Daneben geht es um die Loretto-Gemeinschaft sowie, in vergleichsweise geringerem Umfang, u.a. um FOCUS, die Adoratio in Altötting und die Legionäre Christi; auch die Hallow-App wird erwähnt. Eine bunte Mischung also mal wieder. Mehrfach taucht auch der Passauer Bischof Stefan Oster in der Doku auf, nämlich als Paradebeispiel dafür, dass, wie es in der Sendungsbeschreibung in der Mediathek heißt, "diese neuen eher fundamentalistisch ausgerichteten christlichen Bewegungen [...] sogar von der Amtskirche unterstützt werden" – wozu ich sagen muss, dass ich über das Wörtchen "sogar" ein bisschen grinsen musste: Es sagt wohl viel über den Zustand der hiesigen Amtskirche aus, wenn hier die Auffassung anklingt, man würde es ihr eigentlich nicht zutrauen, dass sie Bewegungen unterstützt, denen es mit ihrem christlichen Glauben ernst ist

Nachdem ich mir die Sendung selbst angesehen habe – in der Mediathek –, finde ich, dass es dazu im Detail noch etwas mehr anzumerken gäbe, als in ein Wochenbriefing hineinpasst; da könnte also demnächst noch ein eigenständiger Blogartikel nachkommen. Als Gesamteindruck möchte ich jedoch festhalten: Sieht man von einigen tatsächlich gravierenden Vorwürfen ab, die gegen die in der Sendung porträtierten Gruppen erhoben werden, zu denen sowohl das Gebetshaus Augsburg als auch die Loretto-Gemeinschaft jedoch bereits Stellung genommen haben, wundert es mich im Großen und Ganzen überhaupt nicht, dass manch ein Zuschauer die Sendung eher als Werbung für eben jene Gruppen empfindet, vor denen sie eigentlich warnen will. Das sieht auch Bischof Oster so: "Womöglich suchen diese Menschen tatsächlich gegen das, was ihnen die Gesellschaft oder auch dieser Film als Freiheit verkaufen wollen, doch noch was Tieferes?", merkt er in seiner Stellungnahme zur Doku an. "Sie finden es auf der MEHR jedenfalls deutlich wahrscheinlicher, als wenn sie noch mehr Fernsehen dieser Art gucken würden." 

Zu den Auswirkungen der Doku, die ich persönlich besonders interessant finde, gehört es, dass das neue Team von Horse & Hound bei diesem Thema prompt seine harmonieselige Maske fallen lässt und ordentlich auf die Kacke haut. Netiquette am Arsch, wenn ich das mal so sagen darf! Das Gebetshaus Augsburg ist eben einfach der Feind, ohne dass das einer sachlichen Begründung bedürfte. Die wohl verständliche Freude der MEHR-Veranstalter darüber, dass die Tickets für die Konferenz nach der Ausstrahlung der ARD-Doku weggehen wie warme Semmeln, wird in einem Instagram-Beitrag von Horse & Hound zu Statements wie "Zusammenarbeit zwischen ARD und Gott* knüpft an die Erkenntnisse Calvins an: Segen ist dort, wo der Rubel rollt" oder "Gott* erhört Gebete der Gebetshausmissionare und lässt Ticketverkäufe in die Höhe schnellen" verzerrt, und es wird geblödelt, nun werde Johannes Hartl wohl die Hallow-App löschen müssen, "um Platz auf seinem schnieken Smartphone für die ARD-App zu schaffen". – Aber immerhin: So gequält unwitzig und obendrein KI-gestützt dieser Beitrag auch daherkommt, zeigt er doch, dass ich den bisherigen Oberhalunken Thomas Halagan doch nicht so sehr vermissen werde, wie ich zunächst dachte – vor allem deshalb, weil er entgegen der ursprünglichen Ankündigung doch immer noch im Team ist. Aber dazu vielleicht bei anderer Gelegenheit mehr. 

Während aber das Humorniveau der hier angesprochenen Instagram-Beiträge wohl einigermaßen deutlich macht, dass die Halunk*innen die Stilisierung Johannes Hartls und des Gebetshauses Augsburg zu gefährlichen fundamentalistischen Sektierern selbst nicht so ganz ernst nehmen, kann man z.B. auf Bluesky beobachten, was dieses Narrativ bei Leuten anrichtet, denen es schlichtweg an Bezugsgrößen mangelt, um die angesprochenen Phänomene einzuordnen. Das ist ein bisschen so wie mit dem Scheinriesen Tur Tur in Michael Endes "Jim Knopf": Die Dinge werden scheinbar größer und furchterregender, je weiter der Betrachter von ihnen entfernt ist. Exemplarisch wurde dies anhand eines Threads deutlich, den der Bluesky-Account von "Fundi-Watch" teilte, der ursprünglich aber von einem laut Eigenbeschreibung queerfeministischen Account verfasst worden war. Angekündigt werden da Informationen über "eine Reihe von christlichen/evangelikalen Veranstaltungen/Konferenzen/Konzerten", die für das Jahr 2026 geplant sind und "hinter denen zum großen Teil missionarische Absichten stehen"; in "Teil 1", der seinerseits bereits aus 35 Einzelpostings besteht, geht's aber erst mal nur um die MEHR-Konferenz, die vom 3.-6. Januar in Augsburg stattfinden soll. Die zitierte Einleitung lässt ja bereits erkennen, dass "missionarische Absichten" wohl etwas ganz arg Schlimmes sein müssen; im Weiteren Verlauf erweist sich der ganze Thread als ein Paradebeispiel dafür, wie Maria Hinsenkamps Forschungen zu dem von ihr so benannten Phänomen "KiNC" ("Kingdom-minded Network Christianity") von Leuten, um deren Fähigkeit zu sinnerfassendem Lesen es offenbar nicht zum Besten steht, zur Verschwörungstheorie verflacht werden. KiNC, so teilt die Thread-Erstellerin mit, sei ein Netzwerk, das das Ziel verfolge, "einen christlichen Gottesstaat zu errichten"; und da etwa ein Johannes Hartl "nachweislich zur KiNC-Landschaft gehört", kann man jedem, der mit ihm bzw. dem Gebetshaus Augsburg zusammenarbeitet, attestieren: "D.h. auch er möchte einen christlichen Gottesstaat errichten." Man könnte darüber lachen, wenn... ach was, lassen wir den Konjunktiv und lachen einfach drüber. "Fundi-Watch" indes dankt der Verfasserin für ihre "unermüdliche Arbeit"; nun ja, "unermüdlich" ist wohl eine zutreffende Bezeichnung. 

Wenn man es recht bedenkt, hat es durchaus eine gewisse Logik, dass gerade Leute, die die ganze "fromme Szene" nur von Weitem kennen, sich unter dem Phänomen "KiNC" etwas unheimlich Krasses und Gefährliches vorstellen; denn wenn man ihnen sagte, dass es sich im Grunde nur um Leute handelt, die die Lehren des Christentums etwas ernster nehmen als andere nominelle Christen oder die ihrem Glauben einen größeren Stellenwert in ihrem Alltagsleben, über den sonntäglichen Gottesdienstbesuch hinaus, einräumen, dann würden sie nicht verstehen, wieso das überhaupt der Rede wert sein sollte. Gleichzeitig stehen sie den Inhalten der christlichen Glaubens- und Sittenlehre so fern, dass ihnen schon moderat christliche Positionen als extrem erscheinen. Ich schätze, das wird man an anderer Stelle vertiefen müssen. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Karl Barth hat darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Geschichte Jesu zwei Punkte gibt, an denen Gottes Wirken unmittelbar in die materielle Welt eingreift: die Geburt aus der Jungfrau und die Auferstehung aus dem Grab, in dem Jesus nicht geblieben und nicht verwest ist. Diese beiden Punkte sind ein Skandal für den modernen Geist. Gott darf in Ideen und Gedanken wirken, im Geistigen – aber nicht an der Materie. Das stört. Da gehört er nicht hin. Aber gerade darum geht es: dass Gott Gott ist und sich nicht nur in Ideen bewegt. Insofern geht es bei beiden Punkten um das Gottsein Gottes selbst. Es geht um die Frage: Gehört ihm auch die Materie? 

Insofern sind diese beiden Punkte – Jungfrauengeburt und wirkliche Auferstehung aus dem Grab – Prüfsteine des Glaubens. Wenn Gott nicht auch Macht über die Materie hat, dann ist er eben nicht Gott. Aber er hat diese Macht, und er hat mit Empfängnis und Auferstehung Jesu Christi eine neue Schöpfung eröffnet. So ist er als Schöpfer auch unser Erlöser. Deswegen ist die Empfängnis und Geburt Jesu aus der Jungfrau Maria ein grundlegendes Element unseres Glaubens und ein Leuchtzeichen der Hoffnung. 

(Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth, Prolog) 


Ohrwurm der Woche 

José Feliciano: Feliz Navidad 


Oft gehört auf Weihnachtsmärkten, allerdings nicht selten in Form von Coverversionen eher fragwürdiger Qualität; daher hier zum Genießen das Original von José Feliciano. Top-Kommentar auf YouTube (mit über 18.000 Likes): "Unlike most other modern Christmas songs, I have no doubt this man actually wants to wish me a merry Christmas." Schöner kann man's eigentlich kaum sagen. 


Vorschau/Ausblick 

Weihnachten ist noch nicht vorbei, Freunde – also auf in den Supermarkt, preisreduzierte Lebkuchen kaufen! – Am morgigen Sonntag ist das Fest der Heiligen Familie, außerdem wird in der Tegeler Pfarrkirche Herz Jesu der aus Nigeria stammende Pfarrvikar der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd in den Ruhestand verabschiedet, nachdem er acht Jahre lang hier tätig war. Damit verliert diese Pfarrei den einzigen ihrer Geistlichen, der mir nie Anlass gegeben hat, an seiner Rechtgläubigkeit zu zweifeln. Man darf gespannt sein, wann und durch wen die Stelle neu besetzt wird – vielleicht kommt ja mal ein junger Kaplan... Aber wie dem auch sei, zu der Abschiedsmesse möchte ich schon gern gehen. – Davon abgesehen sind in der gesamten kommenden Woche noch Ferien, besondere Pläne haben wir da aber noch nicht, auch nicht für den Silvesterabend. Ich bin aber dennoch optimistisch, dass es auch in "Utopie und Alltag" Nr. 6 wieder genug Interessantes zu berichten geben wird... 


Samstag, 20. Dezember 2025

Utopie und Alltag 4: Im Epizentrum des Advents

Na, Leser – seid ihr alle schon schön in Weihnachtsstimmung? Ich freue mich sagen zu können, bei uns wird's so allmählich – nachdem Schule und KiTa für dieses Kalenderjahr abgehakt sind und im Briefkasten auch kaum noch was anderes landet als Weihnachtsgrüße. Das schlägt sich natürlich auch in den Themen dieses Wochenbriefings nieder; aber wer mich kennt, wird sicherlich trotzdem nicht erwarten, dass es hier durchweg harmonisch und unkontrovers zugeht. Überzeugt euch selbst! 

Es fehlt noch das Kind in der Krippe, aber ansonsten ist alles bereit. 

Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Nachdem es in St. Joseph Siemensstadt am 2. Adventssonntag keinen Kinderwortgottesdienst gegeben hatte, waren wir am 3. Advent wieder im Einsatz; und inhaltlich spielte da jemand eine bedeutende Rolle, von dem in dieser Adventszeit schon öfter die Rede war, nämlich Johannes der Täufer. Das Evangelium dieses Sonntags – Matthäus 11,2-11 – beginnt nämlich damit, dass Johannes im Gefängnis sitzt und Zweifel bekommt, ob Jesus wirklich der verheißene Messias ist. Was mich an dieser Perikope von jeher am meisten fesselt, ist, dass Johannes nach dem Zeugnis anderer Evangelienstellen doch ganz genau wusste, wer Jesus ist – und trotzdem stellt er hier diese Frage. Ich fand, das sei eine gute Vorlage, um mit den Kindern über Zweifel zu sprechen. Der Gemeindereferent wollte mit der Katechese über diese Evangelienstelle aber eigentlich auf etwas anderes hinaus, nämlich auf einen Vergleich zwischen der Verkündigung des Täufers und der Botschaft Jesu. Schließlich hatten wir uns aber auf einen Ablaufplan geeinigt, der es jedem von uns gestattete, seine eigenen Schwerpunkte zu setzen. Zur Eröffnung spielte ich wie üblich ein Lobpreislied auf der Gitarre, dann erzählte der Gemeindereferent erst einmal von Johannes dem Täufer und seiner Rolle als Vorläufer und Wegbereiter Jesu, was auch eine Nacherzählung des Evangeliums vom vorherigen Sonntag (Matthäus 3,1-12) beinhaltete – und den Einsatz von Playmobil-Figuren, was meinen Kindern, wie sie mir hinterher verrieten, besonders gut gefiel

Jordan-Landschaft mit Täufer und reuigen Sündern. 

Sodann fiel mir – da die Teamkollegin, die dafür "normalerweise zuständig gewesen wäre", aus gesundheitlichen Gründen ausfiel – die Aufgabe zu, das Evangelium vom Tag (in einer gekürzten Fassung) vorzutragen, und dann kam auch schon "mein" Auslegungsschwerpunkt an die Reihe: Ich wies in aller gebotenen Kürze auf Marias Besuch bei Elisabet sowie auf die Stelle im Johannesevangelium hin, wo Johannes der Täufer auf Jesus hinweist und sagt "Seht, das Lamm Gottes", um anhand dieser Beispiele aufzuzeigen, dass Johannes eigentlich wusste, wer Jesus ist; dann sprach ich mit den Kindern über Beispiele aus ihrem eigenen Erfahrungsbereich, wie es dazu kommen kann, dass man plötzlich an Dingen zweifelt, die man eigentlich weiß (Sind meine Freunde wirklich meine Freunde? Haben meine Eltern mich wirklich lieb?). Dann spielte ich mit der Bemerkung, interessant sei es, wie Jesus im Evangelium auf die Zweifel des Täufers antwortet, den Ball zurück zum Gemeindereferenten, und der sprach nun darüber, dass Jesus sich durch den Verweis auf seine Wundertaten als der Messias zu erkennen gibt und damit zeigt, dass das Reich Gottes schon nahe gekommen ist. Abschließend durfte ich dann noch ein Gebet im JAM-Stil sprechen. – Ich würde sagen, das war ein ziemlich gelungener Aufbau, der exemplarisch deutlich macht, dass wir so allmählich ein wirklich gut eingespieltes Team sind; wir hatten diesmal auch keine Schwierigkeiten, mit der Zeit auszukommen. 

Übrigens nahmen an diesem KiWoGo dreizehn oder vierzehn Kinder teil, dazu auch einige Eltern. Witzig fand ich, dass am Ende der Messe der Zelebrant – Padre Ricardo – sagte, er hoffe, die Kinder hätten einen schönen Wortgottesdienst gehabt, und im nächsten Atemzug fragte, ob da etwas gebastelt oder gemalt worden sei. Da kann man mal sehen, wie sehr sich die Arbeit unseres KiWoGo-Teams von verbreiteten Vorstellungen über dieses Format unterscheidet: Ich glaube, es ist schon fast zwei Jahre her, dass bei uns im KiWoGo gemalt oder gebastelt wurde. Aber es heißt ja schließlich nicht umsonst Kinderwortgottesdienst, und davon abgesehen ist mein Eindruck,, Bastelangebote für Kinder gibt es auch so schon genug, da muss man sie nicht auch noch während der Sonntagsmesse basteln lassen. 


Wir ziehen los nach Betlehem 

Chronologisch muss ich nun aber nochmal einen kleinen Schritt zurückgehen, denn schon am Samstag vor dem 3. Advent war in St. Stephanus wieder eine Probe für das diesjährige Krippenspiel. Die Erkenntnis, dass dies bereits die vorletzte Probe war, traf mich mit einem gewissen Schrecken, nachdem wir die erste Probe verpasst hatten und die zweite bereits zwei Wochen zurücklag (dazwischen war Nikolaus gewesen). Hinzu kamen Besetzungsprobleme. Nach dem Ausfall zweier Darstellerinnen war zwar die wichtige Rolle "Hirte 2" neu besetzt worden, und der Junge, der diesen Part nun überahm, machte seine Sache auch gut; dafür erschienen nun aber "Engel 2", "Engel 3" und die "Frau von Herbergswirt 3" nicht zur Probe. Der letztgenannte Part wurde daraufhin spontan meiner Liebsten übertragen, und ich fand, die Rolle passte gut zu ihr: Die "Frau von Herbergswirt 3" ist in dieser Krippenspielversion nämlich diejenige, die, als ihr Mann Maria und Josef schon abweisen will, einschreitet und sinngemäß sagt "Das geht doch nicht, wir müssen doch was für diese Leute tun, und wenn wir schon kein Bett mehr frei haben, dann sollen sie wenigstens im Stall übernachten". – Unsere Tochter übernahm zusätzlich zu ihrer Rolle als Herold noch den Part von "Engel 4". Geprobt wurde so gut, wie es unter diesen Umständen eben ging; währenddessen sagte eine Stimme in meinem Kopf "Es ist ja erst die dritte Probe", während eine andere zu bedenken gab: "Ja, aber die dritte von vier!" – Damit will ich sagen: Eigentlich sagt mir meine Theatererfahrung, dass vier jeweils einstündige Proben deutlich zu wenig sind, um ein Stück dieser Größenordnung mit Kindern im Grundschulalter einzustudieren; erst recht, wenn zwischen den Probenterminen jeweils eine Woche Abstand ist, zwischen der zweiten und dritten sogar zwei Wochen. Andererseits ist es mir auch klar, dass es umso schwieriger würde, Mitwirkende zu finden, wenn man, wie ich es eigentlich sinnvoll fände, über einen Zeitraum von vier Wochen drei bis vier Probentermine pro Woche ansetzen wollte (und diese Proben dann womöglich jeweils zwei Stunden dauern würden, oder wenigstens eineinhalb). Und vielleicht sollte man seine Ansprüche auch nicht zu hoch schreiben, wenn man doch davon ausgehen kann, dass am Ende sowieso alle sagen "Das haben die Kinder aber toll gemacht". Aber ich kann da halt nicht so ganz aus meiner Haut. – Andererseits wiederum: Wie man u.a. aus dem Weihnachts-Klassiker "Hilfe, die Herdmanns kommen" lernen kann, braucht es in letzter Konsequenz ohnehin ein Wunder, damit ein Krippenspiel gelingt. Hoffen wir also, lieber Leser! – 

Am Sonntag fuhren wir nach der Messe in Siemensstadt nicht nach Hause, sondern gingen zum Mittagessen in einen Pommesladen und fuhren dann direkt weiter zum "Waldadvent" der KPE-Pfadfinder, der mit einer Messe in St. Michael Wannsee begann. In gewissem Sinne also schon wieder ein "Gottesdienst-Double-Feature". Wäre ich nicht beim Kinderwortgottesdienst eingespannt gewesen, hätten wir wohl auf die Messe in Siemensstadt am Vormittag verzichtet und wären "nur" am Nachmittag in Wannsee in die Messe gegangen, aber im Grunde fand ich's ganz gut, nach dem KiWoGo noch einen "erwachsenen" Wortgottesdienst mit allen Lesungen (einschließlich Antwortpsalm) und Predigt mitzuerleben, und die Kinder beschwerten sich auch nicht darüber, zweimal an einem Tag in die Kirche gehen zu "müssen". — Bevor die Messe in St. Michael Wannsee losging, hörten wir aber erst mal einen Kurzvortrag zur Geschichte dieser 1927 geweihten Kirche und ihrer expressionistisch inspirierten Innennausstattung. 



Die Messe wurde von elnem jungen Kaplan zelebriert, und ich fand es recht spannend zu beobachten, dass diese Messe trotz der Anwesenheit von schätzungsweise 30-40 Kindern und im Verhältnis dazu gar nicht mal so vielen Erwachsenen nichts von dem enthielt, was man gemeinhin unter "kindgerechter" oder "familiengerechter Gestaltung" versteht – weder in der Liedauswahl noch in der Predigt noch an anderen Stellen der Liturgie, die in Kinder- oder Familiengottesdiensten gern mal etwas "aufgelockert" werden. Ganz im Gegenteil strahlte der Zelebrationsstil des Kaplans eine fast strenge Feierlichkeit aus – und "trotzdem" waren die Kinder, jedenfalls die meisten, sehr gut bei der Sache. Ob das eine Frucht der Pfadfinderpädagogik ist oder vielleicht auch ein Indiz dafür, dass gängige Vorstellungen darüber, was "kindgerecht" sei und was nicht, nicht unbedingt stimmen, sei mal dahingestellt. 

Im Anschluss an die Messe ging es mit Einbruch der Dunkelheit mit Fackeln und Fahnen in den Düppeler Forst, um dort "den Weg von Nazareth nach Betlehem mit Maria und Josef nachzugehen". 

In der Abenddämmerung auf dem Weg in den Düppeler Forst. 

An mehreren Stationen wurde die Wanderung durch den Wald für kleine geistliche Impulse zur Weihnachtsgeschichte – zur Verkündigung des Engels an Maria, zum Besuch Marias bei Elisabet, zur Botschaft des Engels an Josef – unterbrochen; diese Stationen waren jeweils unterschiedlich gestaltet – szenisch-pantomimisch, dialogisch, musikalisch –, aber allen war gemeinsam, dass zur Eröffnung ein Ave Maria gebetet und zum Abschluss ein Lied gesungen wurde. Zur letzten Station – betitelt "Ich an der Krippe" – ging es zurück in die Kirche, wo inzwischen eine Monstranz mit dem Allerheiligsten auf dem Altar ausgesetzt worden war. Diese letzte Station wurde von zwei Pfadfindermädchen als Dialog zwischen dem Jesuskind und einem Kind gestaltet, das nicht weiß, was es Ihm schenken soll – die Textvorlage kursiert in verschiedenen Varianten und unter Überschriften wie "Drei Wünsche für das Jesuskind", "Drei Geschenke für Jesus" oder einfach "Zwiegespräch an der Krippe" im Internet; bei allen Unterschieden im Detail geht es dabei im Kern darum, dass das Jesuskind nicht die elektrische Eisenbahn oder das schöne neue Bilderbuch geschenkt haben möchte, sondern die verhauene Klassenarbeit, die zerbrochene Tasse und die Widerworte gegenüber den Eltern. Um das Misslungene, das Zerbrochene und das Verkehrte zu heilen und gut zu machen. Ich fand das sehr bewegend, gerade in Kombination mit der Eucharistischen Anbetung, die den "Programmteil" der Veranstaltung abschloss. 

Insgesamt glaube ich ohne Übertreibung sagen zu können, dass dieser "Waldadvent" der KPE-Pfadfinder für mich ein Highlight der diesjährigen Adventszeit war. Sehr erfreulich war es auch, dass ich bei dieser Veranstaltung meinen Küchenteam-Kollegen vom Herbstlager wiedertraf, dessen Tochter sich so innig mit meiner angefreundet hatte; die Mädchen freuten sich natürlich nicht minder über dieses Wiedersehen (was indes die Schattenseite hatte, dass es zu einer gewissen Albernheit und Überdrehtheit Anlass gab, aber das muss man wohl in Kauf nehmen). – Beim "geselligen Teil" der Veranstaltung – Lagerfeuer, Fingerfood-Büffet und heiße Getränke im Pfarrgarten – führte insbesondere meine Liebste einige interessante Gespräche mit anderen Eltern, und dabei kam auch das Projekt der Gründung eines weiter im Norden Berlins angesiedelten Stammes der KPE-Pfadfinder zur Sprache, das in der Zwischenzeit offenbar erhebliche Fortschritte gemacht hat. Wie wir erfuhren, haben sich bei einem ersten Infotreffen – just an dem Wochenende, an dem ich zwecks Band-Reunion in Neufahrn war – ganze acht Erwachsene gefunden, die in der Gruppenleitung mitarbeiten wollen, und an Kindern, die mitmachen wollen, fehlt es auch nicht; darunter sind allerdings vergleichsweise wenige Mädchen. Insbesondere im "Wichtel"-Alter (4-7 Jahre) handelt es sich bei den Interessenten fast durchweg um Jungs. Das wäre also vielleicht was für unseren Jüngsten, aber was die Große angeht, glaube ich doch, dass ich sie lieber beim Schöneberger Stamm zu den Wölflingen anmelden möchte. In der Praxis mag es einen gewissen Mehraufwand bedeuten, wenn beide Kinder in verschiedenen Pfadfinderstämmen sind, aber damit stehen wir nicht allein: Eine Mutter, mit der wir sprachen, hat zwei Töchter, von denen eine im Schöneberger und eine im Teltower KPE-Stamm ist, und das bringt oft ganz schön viel Fahrerei mit sich. Und dann haben wir auch Familien kennengelernt, die z.B. aus Wandlitz oder Eberswalde jeden Sonntag nach Berlin-Gesundbrunnen zur Messe fahren. "Das ist die #BenOp", sagte ich spontan zu meiner Liebsten, und sie stimmte mir zu – obwohl man einwenden könnte, im Buch "Die Benedikt-Option" stehe doch buchstäblich das Gegenteil drin, nämlich dass man nach Möglichkeit in der Nähe seiner Kirchengemeinde wohnen sollte. Das halte ich im Grundsatz auch nach wie vor für richtig, aber die Kombination aus Schmutzigem Schisma und einer angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt bringt es eben mit sich, dass man die Formulierung "nach Möglichkeit" etwas flexibel auslegen muss. 

Nebenbei sei erwähnt, dass ich dank der Tatsache, dass wir direkt vom KiWoGo zum Waldadvent aufgebrochen waren, meine Gitarre dabei hatte, mich jedoch (noch) nicht traute, sie am Lagerfeuer zum Einsatz zu bringen. Dafür spielte ich auf der Heimfahrt in der S-Bahn ein paar Lieder, u.a. das "Kaugummi"-Lied von Daniel Kallauch. Die Hoffnung des Tochterkindes, ich könnte dadurch außerplanmäßige Einnahmen generieren ("Andere Leute kriegen doch auch Geld dafür, dass sie in der S-Bahn Musik machen!"), erfüllte sich zwar nicht, aber immerhin beschwerte sich auch niemand. 


Diverse Neuigkeiten aus dem Erzbistum Berlin (und insbesondere aus St. Klara Reinickendorf-Süd) 

Am Dienstag fand ich den diesjährigen Weihnachtsgruß meiner Wohnortpfarrei im Briefkasten vor, in dem, wie aus früheren Jahren gewohnt, ein spezieller Gruß an jene Pfarrkinder enthalten ist, die, wenn sie schon sonst nichts mit der Kirche am Hut haben, wenigstens Kirchensteuer zahlen. Über den genauen Wortlaut dieser Passage, der sich in Nuancen von dem des Vorjahres unterscheidet, ließe sich durchaus noch das eine oder andere sagen, aber ich glaube, ich lasse das lieber bleiben und rede stattdessen über was anderes. Zum Beispiel darüber, dass das zum Axel-Springer-Verlag gehörende Berliner Boulevardblatt "B.Z." nach 20 Jahren seine wöchentliche Kolumne "Was würde Jesus dazu sagen?" eingestellt hat, für die die evangelischen und katholischen Bischöfe Berlins Beiträge verfasst hatten. Die erste Folge dieser Kolumne hatte im November 2005 der damalige evangelische Landesbischof Wolfgang Huber verfasst, die letzte, die am vergangenen Donnerstag erschienen ist, Generalvikar P. Manfred Kollig SSCC. Inhaltlich ging's da um das Jubiläum der Abschaffung der Todesstrafe in der DDR (1987) und in Großbritannien (1969), verbunden mit der Hoffnung auf eine weltweite Ächtung der Todesstrafe. Der abschließende Absatz lautet: 

"Heute schreibe ich zum letzten Mal diese Kolumne in der B.Z. Ich bin dankbar, dass in der B.Z. mehr als 20 Jahre lang gefragt wurde, was Jesus zu aktuellen Themen sagen würde. Wenn es auch 2026 diese Kolumne nicht mehr geben wird, so bleibt die Frage, was Jesus zu Themen unserer Zeit sagen würde, wichtig; nicht nur, wenn es um Leben und Tod geht." 

Auf eine weitere interessante Neuigkeit wurde ich zuerst durch die Vermeldungen der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd aufmerksam: Zu den "Orten kirchlichen Lebens" in dieser Pfarrei gehört, wie ich Ende Mai anlässlich des Patronatsfest der dazugehörigen Kirche geschildert habe, das Augustinerkloster St. Rita, und wie manche Leser meines Blogs sich vielleicht erinnern werden, wurde die Messe zum Patronatsfest von einem Augustinerpater aus dem Wallfahrtsort Maria Eich bei München zelebriert. Genau dieser Pater – Felix Meckl OSA – wird nun "neues Mitglied der Klostergemeinschaft St. Rita" bzw. ist es bereits geworden: Wie aus den Vermeldungen der Pfarrei hervorgeht, wurde am Nikolaustag eine Konventsmesse zu seiner Begrüßung gefeiert; er werde "eine überpfarrliche Aufgabe im Erzbistum übernehmen", hieß es weiter. Genaueres erfuhr ich wenig später aus dem Presseverteiler des Erzbistums: Ab dem neuen Jahr wird Pater Felix "Hochschulseelsorger der Katholischen Studierendengemeinde Berlin (KSG) Edith Stein" – was mich vor allem deshalb aufhorchen ließ, weil diese Position doch bisher Pater Max Cappabianca OP innehatte, den ich – was sich in meinem Blog schon verschiedentlich niedergeschlagen hat – stets als eine ausgesprochen problematische Figur wahrgenommen habe. Nun habe ich festgestellt, dass das Wörtchen "bisher" auf Pater Max' Tätigkeit als Hochschulseelsorger nicht so ganz zutrifft, denn tatsächlich wurde er schon im September aus dieser Position verabschiedet. Dass mir dies bisher entgangen war, ist aber wohl keine große Schande: Auch Tante Wikipedia weiß noch nichts davon. Die KSG Edith Stein hat bereits am 4. August eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der es ohne weitere Erläuterungen lediglich heißt, Pater Max werde zum 30. September "die KSG Berlin verlassen und nicht mehr in der Hochschulpastoral im Erzbistum Berlin tätig sein"; Pater Max selbst kündigte seinen Abschied am 6. September auf Instagram an und verriet dabei: "Ich weiß noch nicht, welche Aufgabe ich in Zukunft übernehmen werde." Im Oktober brach er dann erst mal "zu einer mehrwöchigen Reise nach Peru" auf, meldete aber am 10. Dezember, er sei "Back in Berlin". Was für eine Aufgabe er zukünftig übernehmen wird, bleibt aber weiter offen. Queerpastoral vielleicht? 

Was derweil Pater Felix Meckl OSA betrifft, hat er bei der oben erwähnten Messe zum Patronatsfest in St. Rita zwar einen ausgesprochen durchwachsenen Eindruck bei mir hinterlassen – sowohl mit seiner Predigt als auch mit seiner Handhabung der Liturgie –, aber ich übe mich in Optimismus und möchte in dem Umstand, dass dieser Priester anstelle von Pater Max Cappabianca OP zum Hochschulseelsorger ernannt wurde, gern ein Zeichen dafür sehen, dass ein paar Dinge im Erzbistum wenigstens tendenziell in die richtige Richtung gehen. Ein Indiz dafür könnte es auch sein, dass man in der Pressemitteilung des Erzbistums liest, der neue Hochschulseelsorger wolle "das weltkirchliche Profil der Studierendengemeinde fördern". Man darf gespannt sein, was daraus wird. 


Horse & Hound News: Ohne Kaffee erwacht hier gar nichts 

Wie geht es derweil weiter mit dem Projekt "Heilige, Halunk*innen und (Sinn)Suchende" [sic]? Sagen wir mal so: Nachdem ich vor zwei Wochen prognostiziert habe, dass es auf dieser Plattform ohne den "narzisstische[n] Macho-Charme, die Streitlust und Chuzpe des Gründers" Thomas Halagan eher langweilig zugehen dürfte, scheint mir das, was ich bisher von dem neuen Team zu sehen bekommen habe, wenig dazu geeignet, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Das geht los mit einem auf dem Instagram-Profil "angehefteten" Beitrag, in dem das neue Team seine "Netiquette" erläutert – unter Schlagworten wie "Respektvoller Umgang", "Unterschiedliche Meinungen", "Konstruktiv statt destruktiv", "Diskussionskultur" und "Kein Platz für Hass". Nun neige ich schon ganz grundsätzlich zu der Auffassung, "Netiquette" werde gern als ein (recht durchsichtiges) Mittel eingesetzt, der Diskursverengung ein moralisierendes Mäntelchen umzuhängen, also die Unterdrückung unerwünschter Äußerungen als eine Form von virtue signalling zu betreiben; wie es bei Monty Python mal so treffend hieß: "We're not only proud of it, we're smug about it." Und bei einer Plattform mit einem Namen wie "Heilige, Halunk*innen und (Sinn)Suchende" wird es wohl kaum jemanden überraschen, diesem Phänomen in besonders ausgeprägter Form zu begegnen. Man findet es unter so gut wie jedem der soeben genannten Schlagworte. So folgt auf die Versicherung "Unterschiedliche Perspektiven bekommen hier Raum" sogleich die Einschränkung "solange sie andere Menschen nicht diskriminieren, beleidigen oder abwerten"; unter der Überschrift "Kein Platz für Hass" heißt es wenig überraschend "Rechtswidrige Inhalte, Hassrede, extremistische Positionen oder diskriminierende Aussagen werden kommentarlos entfernt"; lustig fand ich aber vor allem, unter dem Stichwort "Diskussionskultur" zu lesen: "Was wir nicht brauchen: Provokationen, Shitstorms oder Beiträge, die lediglich Streit anheizen." – Warum lustig? Weil das ein bezeichnendes Licht auf Thomas Halagans Rückzug aus dem Projekt wirft: Für den war da, wenn die Plattform ihre eigenen Netiquette-Regeln ernst nimmt, einfach kein Platz mehr... 

Derweil ist das neue Team bisher hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, sich dem Publikum vorzustellen. Genauer gesagt wurden bisher zwei neue Teammitglieder vorgestellt, beides Frauen, und beide wirken auf mich recht unsympathisch. Wozu ich anmerken möchte, dass Sympathie natürlich kein Argument ist. Nur weil ich die Damen unsympathisch finde, können andere sie natürlich trotzdem sympathisch finden, auch wenn ich Schwierigkeiten habe, mir das vorzustellen. Interessant finde ich aber, dass die beiden auf mich auf so unterschiedliche, ja geradezu gegensätzliche Art unsympathisch wirken: So bildungsbürgerlich-etepetete die eine 'rüberkommt, so vulgär-prollig stellt sich die andere dar. Soviel mal zum Thema "Unterschiedliche Perspektiven"! Aber reden wir zunächst mal nur über die erstere; die stellt sich dem Publikum mit einem kleinen Image-Filmchen vor, das wohl niederschwellig und "relatable" wirken soll – und was für ein Thema könnte dieser Absicht wohl besser gerecht werden als... Kaffee?!

"Kaffee treibt mich an. Alleine, um morgens schon aus dem Bett zu kommen. Kaffee verbindet Menschen. Egal ob beim Seelsorgegespräch oder beim Kirchcafé. Diese Tasse habe ich von einer Freundin geschenkt bekommen. Sie erinnert mich jeden Morgen daran, wie wichtig Freundschaft in meinem Leben ist. So wie Kaffee für mich Verbundenheit ausstrahlt, so tut es auch Social Media. Über konfessionelle Grenzen hinweg und auch zwischen den Generationen." 

Da werden ja direkt Erinnerungen wach an die Wellness-Impulse von Susanne Niemeyer et al., die einem die Facebook-Seite des Bistums Münster in früheren, weniger polarisierten Zeiten aufzutischen pflegte. Will man dahin zurück? "Ein bisschen mehr Frieden und weniger Streit"? – "Zwischen den Generationen" scheint die Urheberin dieser Zeilen übrigens auch selber zu stehen, sie entspricht einem (in bestimmten Milieus gar nicht so seltenen) Typ Frau, bei dem man nicht so genau weiß "Ist sie Mitte Vierzig und versucht auszusehen wie Mitte Zwanzig, oder ist es genau umgekehrt?". Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Und was die "konfessionellen Grenzen" angeht, geht aus einem anderen Beitrag hervor, dass die junge (?) Dame Vikarin in der evangelischen Kirche ist. Man muss sagen, das passt ins Bild. 

Zu der anderen neuen Mitarbeiterin dann vielleicht nächste Woche, oder vielleicht auch lieber nicht. – Bei alledem muss man jedenfalls einräumen, dass der neue Facebook- und Instagram-Auftritt von Horse & Hound erheblich professioneller 'rüberkommt als der "alte", der den Eindruck erweckte, dass der Halagan das alles eigenhändig auf seinem Handy zusammrnklöppelt. Aber wer mich kennt und so halbwegs versteht, wie ich ticke, der wird wissen, dass Professionalisierung für mich nicht unbedingt ein positiv besetzter Begriff ist; und so empfinde ich auch hier das neue, schickere Erscheinungsbild in erster Linie als Verlust, nämlich als Verlust an Unmittelbarkeit und Authentizität. Gleichzeitig gibt der neue, professionellere Anstrich von "Heilige, Halunk*innen und (Sinn)Suchende" aber auch Anlass, die neulich nur so nebenbei aufgeworfene Frage, wer eigentlich hinter dem Projekt steht – sprich: wer es bezahlt – mit gesteigertem Nachdruck zu wiederholen. Denn, wie schon angedeutet: Bisher konnte man noch annehmen, der Halagan mache das sozusagen "privat" (was natürlich, angesichts seiner beruflichen Tätigkeit für das Bistum Essen, letztendlich auch nur hieße, dass das Projekt indirekt vom Kirchensteuerzahler "querfinanziert" wird). Danach sieht es jetzt entschieden nicht mehr aus. Aber wer diesen Horse & Hound-Relaunch nun gesponsert hat, ob es sich um private Investoren oder doch um irgendwelche amtskirchlichen Töpfe handelt, dazu habe ich bisher keinerlei belastbaren Informationen ausfindig machen können. Da gilt es wohl dranzubleiben... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Freilich – immer bleibt auch das Wort wahr, das Jesus zu Pilatus gesagt hat: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt" (Joh 18,36). Manchmal in der Geschichte ziehen es die Mächtigen dieser Welt an sich. Aber gerade dann ist es bedroht: Sie wollen ihre Macht mit der Macht Jesu verknüpfen, und gerade so entstellen sie sein Reich, bedrohen sie es. Oder aber es ist der beständigem Verfolgung durch die Herrscher ausgesetzt, die kein anderes Reich dulden und den machtlosel König vernichten möchten, dessen geheimnisvolle Macht sie dennoch fürchten. 

Aber "seine Reiches ist kein Ende": Dieses andere Reich ist nicht auf weltliche Macht aufgebaut, sondern gründet allein auf Glaube und Liebe. Es ist die große Kraft der Hoffnung inmitten einer Welt, die so oft von Gott verlassen zu sein scheint. Das Reich des Davidsohnes Jesus kennt kein Ende, weil in ihm Gott selbst herrscht, weil in ihm Gottes Reich in diese Welt eindringt. Die Verheißung, die Gabriel der Jungfrau Maria übermittelt hat, ist wahr. Sie erfüllt sich immer neu. 

(Joseph Ratzinger – Benedikt XVI., "Jesus von Nazareth", Prolog) 


Ohrwurm der Woche 

Manfred Mann's Earth Band: Joybringer


Nachdem hier neulich schon meine erste selbst gekaufte Vinyl-LP gewürdigt wurde, sei nun auch verraten, dass ich mir im zarten Alter von 16 Jahren die CD "Blinded by the Light: The Very Best of Manfred Mann's Earth Band" zu Weihnachten wünschte und auch bekam und dass dies zwar nicht meine allererste, aber doch eine meiner ersten eigenen CDs war. Richtig erklären kann ich mir aus heutiger Sicht eigentlich nicht, warum ich mir diese CD damals gewünscht habe, denn von den 16 darauf enthaltenen Stücken kannte ich zuvor nur den Titelsong und "Davy's on the Road Again" ("The Mighty Quinn" kannte ich im Prinzip auch, aber nicht in dieser Version); aber jedenfalls war es eine erstaunlich gute Wahl, wie ich heute noch sagen muss – oder ehrlich gesagt: heute wieder. In der Zwischenzeit gab es nämlich durchaus eine Phase, in der ich über Manfred Mann's Earth Band geurteilt habe, sie erwecke den Eindruck, ihr Band-Motto laute "Wenn ich mal groß bin, will ich Pink Floyd werden". Das würde ich heute nicht mehr sagen, und zwar nicht nur deshalb, weil die Gruppe zuweilen mehr nach Emerson, Lake & Palmer, Yes oder Kansas klingt als nach Pink Floyd. Vor allem finde ich, dass sich die Musik von Manfred Mann's Earth Band dadurch wohtuend von der ihrer Prog-Rock-Mitbewerber abhebt, dass sie weniger bierernst, "sophisticated" und perfektionistisch 'rüberkommt; anders ausgedrückt: Die Musik klingt mehr als bei den anderen Bands danach, dass die Musiker Spaß dabei haben. Man mag finden, dadurch wirke sie weniger professionell, aber das ist eine Art von Professionalität, auf die ich gut verzichten kann. Die Spiel- und Experimentierfreude der Earth Band zeigt sich auch und gerade darin, dass es sich bei der Mehrzahl der Stücke auf der Best-Of-Compilation um Coverversionen handelt, die aber gegenüber den jeweiligen Originalen stilistisch gründlich gegen den Strich gebürstet wurden. – "Joybringer" zählt zu den Stücken, die ich ursprünglich eher so mittel fand, aber heute würde ich sagen, es ist eins der besten der Sammlung. Was ich mit 16 natürlich auch noch nicht wusste, ist, dass "Joybringer" auf dem 4. Satz von Gustav Holsts Planeten-Suite"Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit" – basiert. 


Vorschau/Ausblick 

Weihnachten steht vor der Tür, Freunde! Heute war in St. Stephanus Haselhorst die letzte Krippenspielprobe, am morgigen 4. Adventssonntag ist erneut Kinderwortgottesdienst (mit dem Friedenslicht aus Betlehem) und am Nachmittag findet im Berliner Dom ein "Familienkonzert" (Bachs Weihnachtsoratorium für Kinder) statt – da wollen meine Schwiegermütter mit uns hin. Montag und Dienstag ist dann noch Gelegenheit, letzte Weihnachtsvorbereitungen zu erledigen, zu denen man bis dahin womöglich nicht gekommen ist. Und dann ist auch schon Heiligabend! Am Nachmittag steht in St. Stephanus Haselhorst die Krippenspiel-Aufführung an, danach geht's wohl erst mal nach Hause zur Bescherung und zum Abendessen, ehe wir uns zur Christmette in St. Joseph Siemensstadt aufmachen. Am Donnerstag, dem eigentlichen Weihnachtstag, ist in der EFG The Rock Christuskirche Weihnachtsfeier mit Raclette-Essen, dazu hat uns meine Liebste angemeldet; "Oma-Weihnachten" mit meinen Schwiegermüttern steht dann am Stephanustag – Freitag – an, und dann wird ja auch schon wieder das nächste Wochenbriefing fällig. Neben Erlebnisberichten aus den Weihnachtstagen hoffe ich in diesem auch einen Abschnitt über die ARD-Doku "Die hippen Missionare – Mit Jesus gegen die Freiheit?" und die Reaktionen darauf unterbringen zu können; womit man dann auch gleich die angedachte neue Rubrik "Sind wir nicht alle ein bisschen KiNC?" aus der Taufe heben könnte. Alles Weitere bleibt abzuwarten... 


Samstag, 13. Dezember 2025

Utopie und Alltag 3: Im Epizentrum der Glaubwürdigkeitskrise

Salvete, hochgeschätztes Publikum! Wie alle Jahre wieder schreitet die Adventszeit fast schneller voran als einem lieb ist – wenn man mal von den Kindern absieht, denen Weihnachten gar nicht schnell genug kommen kann. Es ist daher wohl nicht verwunderlich, dass dieses Wochenbriefing stark von adventlichen Themen und adventlicher Stimmung geprägt ist; im Epizentrum des Advents sind wir damit jedoch noch nicht angekommen – das ist dann vielleicht nächste Woche dran... 

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Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum ich dieses Bild aufgenommen habe, aber irgendwie gefällt es mir. Und deshalb verwende ich es hier als Vorschaubild: um ihm einen Zweck zu geben.

Nikolaustag in Spandau 

Seit meine Familie sich, was Gottesdienstbesuch und Mitarbeit in der Pfarrei angeht, von Tegel nach Spandau umorientiert hat, ist die Nikolausandacht in St. Joseph Siemensstadt für uns eigentlich ein fester Programmpunkt in der Vorweihnachtszeit; nur vor zwei Jahren waren wir krankheitsbedingt nicht dabei, dafür durfte ich voriges Jahr und auch schon vor drei Jahren selbst ins Kostüm des bärtigen Geschenkebringers schlüpfen. Das war durchaus eine lustige Erfahrung, aber ich hatte trotzdem nichts dagegen, dass es dieses Jahr wieder jemand anders übernahm. 

Als die Kinder morgens aufwachten und in ihren Schuhen allerlei Süßigkeiten (und je ein kleines Kuscheltier) vorfanden, zeigte sich allerdings bald, dass sie zu aufgeregt waren, um den ganzen Vormittag zu Hause zu verbringen. Also unternahmen wir erst mal einen Ausflug zum Weihnachtsmarkt in der Spandauer Altstadt. Da war's sehr stimmungsvoll: 

Die Kinder durften je zweimal mit zwei Karussells und einmal mit dem Riesenrad fahren und ihr Glück beim Entenangeln und beim Pfeilewerfen auf Luftballons versuchen, für die Erwachsenen gab's derweil Gratisproben von heißem Kirschlikör und Schnaps mit Bratapfelaroma

Zu Protokoll geben möchte ich übrigens, dass die musikalische Gestaltung dieses Weihnachtsmarkts recht eindeutig von maßvoll angejazzten säkularen Weihnachtsschlagern angloamerikanischer Herkunft ("Santa Claus is Coming to Town", "Rocking Around the Christmas Tree", "Sleigh Ride", "Let It Snow") dominiert wurde; auf durchaus erfrischende Weise aus dem Rahmen fiel dabei die Musik am Kettenkarussell; da lief u.a. 

Auf dem Weg nach St. Joseph zur Nikolausandacht kamen wir an einem Infostand der Partei Die Linke vorbei, und da wir sowieso reichlich früh dran waren, blieben wir ein Weilchen dort stehen, aßen Kuchen und tranken alkoholfreien Punsch. Danach gingen wir noch kurz in die Kirche, wo es schön ruhig war (die Andacht fand im Gemeindesaal statt), und das war auf jeden Fall hilfreich für die Kinder, um ein bisschen "runterzukommen". – Einschließlich zweier schon etwas größerer Mädchen, die als Helferlein des Nikolaus beim Einlass eine Namensliste führten, nahmen zwölf Kinder an der Nikolausfeier teil; das waren schon mal deutlich mehr gewesen, allerdings hatten wir noch am selben Vormittag festgestellt, dass der Termin der Veranstaltung nicht einmal auf der Website der Pfarrei angekündigt worden war. Darauf angesprochen, erklärte der Gemeindereferent, er kenne niemanden, der sich auf der Website über Veranstaltungstermine der Pfarrei informiere; worauf meine Liebste erwiderte: "Ja eben – es geht ja gerade darum, die zu erreichen, die man nicht kennt." Habe ich nicht eine kluge Frau? 

Der Ablauf der Veranstaltung selbst folgte im Wesentlichen einem seit Jahren etablierten Schema: Der Gemeindereferent begrüßt die Anwesenden und eröffnet die Andacht mit einem Gebet; ein paar Lieder werden gesungen; während des zweiten Liedes betritt der Nikolaus den Saal. Anschließend wird er vom Gemeindereferenten "interviewt" und erzählt in Ich-Form eine Legende aus dem Leben des populären Heiligen nach; anschließend trägt eine Lektorin einen thematisch passenden Bibeltext vor (dieses Jahr handelte es sich dabei um Lukas 6,30-35). Dann werden die anwesenden Kinder einzeln namentlich aufgerufen und erhalten je ein kleines Geschenk aus dem großen Sack des Nikolaus, ehe dieser erklärt, er müsse jetzt leider weiter, und mit einer weiteren Liedstrophe verabschiedet wird. Der Abschluss der Veranstaltung liegt dann wieder in den Händen des Gemeindereferenten, der auf Weihnachten hinweist und mit den Kindern ein Vaterunser betet, ganz zum Schluss wird ein weiteres Lied gesungen. Das ist alles nicht unbedingt große Wissenschaft, aber es funktioniert – zumindest und vorrangig für Kinder im Vorschulalter. Und den Ansatz, zwar der kindlichen Erwartungshaltung "Der Nikolaus kommt, und wir kriegen Schokolade" gerecht zu werden, zugleich aber auch eine religiöse Botschaft 'rüberzubringen, finde ich grundsätzlich lobenswert. 

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang übrigens auch noch, dass meine Liebste auf der Hallow-App (jaaa, dieses krasse Fundamentalisten-Tool, wir hörten davon) eine Hörspielreihe für Kinder entdeckt hat, in der die Heiligen der Adventszeit vorgestellt werden. Am Montag auf der Rückfahrt von unserem wöchentlichen "Omatag" – eine Situation, in der es erfahrungsgemäß oft eine Herausforderung ist, die Kinder bei Laune zu halten – hörten wir uns die Abschnitte über die Hl. Barbara und den Anfang des Beitrags über den Hl. Nikolaus an, zu dem in den folgenden Tagen noch Fortsetzungen erschienen. Die hörten wir uns daraufhin auch an. Schöne Sache, auch wenn es mich wirklich unverhältnismäßig triggert, dass die Sprecherin permanent das weiche und das harte ch ("Ich-Laut" und "Ach-Laut") verwechselt... 


Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst: Advent-Edition 

Die Entscheidung, wo wir am 2. Adventssonntag zur Kirche gehen sollten, fiel nicht leicht und kam in den letzten Tagen davor noch ein paarmal leicht ins Wanken: zuerst, als der Jüngste mir erzählte, er habe in einer Krippenspielprobe für den KiTa-Gottesdienst Josef gespielt. Bei genauerem Nachfragen stellte sich allerdings heraus, dass er lediglich bei einem Durchgang der Probe für den eigentlichen Josefs-Darsteller eingesprungen war und dass nur diejenigen Kinder für die Mitwirkung am Gottesdienst eingeplant worden waren, deren Eltern ihre Teilnahme verbindlich zugesagt hatten. Und dann wurden wir am Rande der Nikolausandacht gefragt, ob wir zu dem Empfang anlässlich des Weihejubiläums des örtlichen Pfarrvikars kommen würden, der an diesem Sonntag im Anschluss an die Messe in St. Joseph Siemensstadt stattfand. Letzten Endes konnte uns aber auch das nicht davon abbringen, dem Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst den Vorzug zu geben. Und das erwies sich alles in allem auch als die richtige Entscheidung. 

Die Messe in St. Stephanus war vergleichsweise schwach besucht – möglicherweise deshalb, weil einige Gemeindemitglieder, die sonst hier zur Kirche gegangen wären, an diesem Sonntag St. Joseph Siemensstadt den Vorzug gaben, wegen des anschließenden Empfangs –; immerhin waren aber ungefähr sechs Erstkommunionkinder und auch ein paar Jugendliche. Zelebriert wurde die Messe von demselben Pfarrvikar, der an diesem Tag sein Weihejubiläum feierte, aber die Predigt, die er hielt, war – wie ich später via YouTube in Erfahrung brachtenicht dieselbe wie in der späteren Messe in Siemensstadt. Während er dort das Weihejubiläum zum Anlass nahm, über seine Berufung zu sprechen – ein beeindruckendes, sehr berührendes Zeugnis, bei dem er es obendrein noch fertigbrachte, auf die Lesungstexte vom Tag Bezug zu nehmen –, wandte er sich in Haselhorst zunächst an die Kinder, um ihnen den Vers "Der Wolf findet Schutz beim Lamm" (Jesaja 11,6) aus der 1. Lesung auszulegen: "Manchmal sind wir Wölfe, manchmal auch Schafe. Wenn ihr mit den Geschwistern streitet – manchmal passiert eine Ungerechtigkeit, aber manchmal sind auch wir ungerecht mit den anderen." – "Der Advent hilft, nicht der Wolf zu sein. Denn der Wolf ist einer, der sagt 'Ich ich ich ich ich'." – "Der Wolf findet Schutz beim Lamm, wenn das Lamm verzeiht, was der Wolf falsch gemacht hat. Dann wird was Neues draus. Das ist Advent: Da kommt Christus." – An die Erwachsenen gewandt, sprach er anschließend über die heilsgeschichtliche Rolle Johannes des Täufers, was ich nicht zuletzt auch deshalb interessant fand, weil davon am vorangegangenen Mittwoch beim JAM-Elterncafé (um das ich mich nicht hatte herumdrücken können) die Rede gewesen war: Da war im Zuge der gemeinsamen Lektüre des Markusevangeliums der Abschnitt über die Enthauptung des Täufers (Mk 6,14-29) drangekommen, übrigens die einzige Passage dieses Evangeliums, in der jemand anderes als Jesus im Mittelpunkt steht. Wie die Diskussion zeigte, konnten einige der Teilnehmer mit der Gestalt Johannes des Täufers nicht so recht etwas anfangen oder zumindest nicht verstehen, warum er so wichtig ist. Möglicherweise hätte die Predigt dieses Sonntags in St. Stephanus da einiges zur Klärung beitragen können; vielleicht aber auch nicht: Der Pfarrvikar betonte die priesterliche Herkunft des Täufers und führte aus, das Besondere an Johannes sei, dass er anders als noch sein Vater seine priesterliche Berufung nicht im Tempeldienst verwirklicht, sondern in der Wüste – als dem ursprünglichen Ort der Gottesbegegnung des Volkes Israel – ein missionarisches Priestertum praktiziert. (Dieser Teil der Predigt fand übrigens auch im Berufungszeugnis des Pfarrvikars in Siemensstadt erneut Verwendung.) Dieses missionarische Priestertum, so führte er weiter aus, sei aber eine Aufgabe für alle Gläubigen: "Wir alle haben diesen Dienst durch die Taufe, Propheten, Priester und Könige zu sein – das heißt, diesen Dienst des Johannes, den Menschen den Bräutigam zu zeigen." Mit Blick auf die erwachsenen Taufbewerber in der Pfarrei betonte er, die Hälfte davon sei einfach deshalb da, "weil sie einen Christen gesehen haben – weil sie einen Christen kennen, der sie zu Gott geführt hat; wo sie etwas gesehen haben, wovon sie sagen: Das möchte ich auch haben." 

Lobend zu erwähnen ist übrigens, dass unsere Kinder während der Messe gut bei der Sache waren und sich untadelig benahmen. Nach der Messe gingen wir direkt 'rüber auf die andere Straßenseite zur EFG The Rock Christuskirche – wo im Foyer Klemmbretter und Arbeitsblätter zur Predigt ausgeteilt wurden. Wenn ich so etwas sehe, pflegt mein linker Fuß nervös Richtung Ausgang zu zucken an, aber ich riss mich zusammen, sagte mir "Es ist eben ein sehr anderes Gottesdienstverständnis" und erinnerte mich daran, dass ich, wenn wir hier zum Gottesdienst gingen, von der Predigt ja ohnehin meist nicht viel mitkriegte; und das würde mir ja wohl auch diesmal gelingen. 

Zur Eröffnung wurde ein Lobpreislied katholischer Herkunft – "Wo ich auch stehe" von Albert Frey – gesungen, und ich glaube, ich war der einzige im Saal, der dazu aufstand. Ich habe es bestimmt schon nal gesagt, aber ich finde, im freikirchlichen Gottesdienst wird allgemein zu viel gesessen. Auch das hat natürlich mit dem anderen Gottesdienstverständnis zu tun, mit der Auffassung, man komme in erster Linie zu dem Zweck in die Kirche, eine Predigt anzuhören

Als ein Glücksfall erwies es sich, dass die "Kinderkirche" für die Altersgruppe der 6-11Jährigen diesmal von derjenigen Mitarbeiterin geleitet wurde, die auch beim JAM die Gesamtleitung hat und die wir daher gut kennen; da war es nicht nur kein Problem, dass ich zur Kinderkatechese mitkam, sondern sie lud ausdrücklich auch unseren Jüngsten ein, daran teilzunehmen, obwohl der ja erst vier ist. Inhaltlich ging es in der Katechese darum, die Prophezeiung aus Jesaja 7,14 – "Siehe, die Jungfrau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn und wird ihm den Namen Immanuel geben" – zu der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria in Lukas 1,31 in Beziehung zu setzen, und gestaltet war das Ganze als Detektivspiel

Indizien sammeln, Zusammenhänge herstellen – und den Roten Faden beachten!

Das Konzept gefiel mir ausgesprochen gut, und meine Kinder waren mit großem Eifer dabei – auch der Kleene. Und zum Schluss gab's sogar Geschenke. Eigentlich handelte es sich um die Auswertung eines Gewinnspiels, an dem meine Kinder gar nicht teilgenommen hatten; wobei die Bezeichnung "Gewinnspiel" vielleicht einen etwas falschen Eindruck erweckt, es handelte sich vielmehr um eine "Challenge", für die über einen längeren Zeitraum hinweg Punkte gesammelt werden mussten – genauer erkläre ich das eventuell bei einer späteren Gelegenheit, da ich finde, so etwas könnte man in der Kinder- und Jugendarbeit in St. Joseph/St. Stephanus auch mal machen. – Wie dem auch sei: Diejenigen Kinder, die bei der besagten Challenge die meisten Punkte gemacht hatten, durften sich als erste einen Preis aussuchen, und am Ende blieben auch für meine Kinder noch Preise übrig. 

Währenddessen hörte meine Liebste sich nicht nur die Predigt an, sondern ging nach dem Gottesdienst sogar noch zum Predigtnachgespräch. Sie erzählte hinterher, in der Predigt, in der es um Fragen in Bezug auf das Leben nach dem Tod gegangen sei, habe sie eine größere Nähe zur katholischen Lehre über die Letzten Dinge festgestellt, als man es in einer evangelikalen Freikirche eigentlich hätte erwarten sollen – etwa was die Frage des persönlichen Gerichts und der Läuterung (sprich: Fegefeuer!) anging; damit nicht genug, habe der Prediger sich im Nachgespräch ausdrücklich auf die Einheitsübersetzung der Bibel berufen und den Teilnehmern diese Übersetzung empfohlen. Es geschehen erstaunliche Dinge – das sollte man wohl mal im Auge behalten... 


Weiteres vom Abenteuer christliche Kindererziehung 

Am Mittwoch hatte meine Liebste ihre Kollegiums-Weihnachtsfeier, daher musste ich allein mit den Kindern zum JAM. Im Vorfeld war davon die Rede gewesen, dass eventuell wieder einmal eine Schulfreundin unseres Tochterkindes zum JAM mitkommen würde; dann entschied sie sich aber doch dagegen. Beim Bastelangebot im Rahmen der Ankunftsphase wurden diesmal Krippen aus Eisstielen hergestellt, und unsere Große baute gleich zwei – eine davon als Geschenk für ihre Freundin, die nicht mitgekommen war. 

Da meine Liebste, wie gesagt, nicht dabei war, verdonnerte unser Jüngster mich dazu, zum katechetischen Teil mit ihm nach oben zu den "Minis" zu gehen statt ins Elterncafé – wogegen ich wenig einzuwenden hatte. Inhaltlich ging es da um die Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers und Marias Besuch bei Elisabet. Man sieht, Johannes der Täufer ist eine wichtige Figur in der diesjährigen Adventszeit. 

Am Donnerstag beim Frühstück kam die Große überraschend noch einmal auf das unlängst durchgekaute Thema Wahrsagerei zu sprechen, und zwar speziell auf das Thema "Wahrsagen aus Büchern": Sie habe sich gefragt, was wohl passieren würde, wenn man dafür die Bibel benutzte. Ich nahm das zum Anlass, ihr etwas über die Praxis des sogenannten "Bibelstechens" zu erzählen; zu Demonstrationszwecken griff ich nach einer praktischerweise gerade auf dem Tisch liegenden Taschenausgabe der alten Einheitsübersetzung, schlug sie aufs Geratewohl auf, tippte mit dem Finger auf die Seite – und da stand: 

"Der Eifer für dich verzehrt mich, / denn meine Gegner vergessen deine Worte." (Psalm 119,139) 

Echt wahr! Für ein bloßes Demonstrationsbeispiel war das ja fast schon zu gut. – Wie dem auch sei, ich bemühte mich, meiner Tochter zu erklären, diese Methode sei durchaus legitim, um daraus Anregungen, Denkanstöße, so etwas wie geistliche Orientierung zu gewinnen; aber wenn man sie als eine Form der Wahrsagerei betrachte und praktiziere, sei das eben doch wieder problematisch. Meine Große bewies mir daraufhin, dass sie mich verstanden hatte, indem sie anmerkte: "Klar, wenn man zufällig die Stelle erwischt, wo David Goliat besiegt, kann man ja auch nicht einfach losgehen und den größten Menschen, den man kennt, totschlagen." Kluges Kind, nicht? 


Neues aus Synodalien: Bischöfe von der traurigen Gestalt 

Im Erzbistum Paderborn haben die Gläubigen zum Advent von ihrem Erzbischof nicht wie ehedem einen Hirtenbrief erhalten, sondern ein "Wort des Erzbischofs", in dem es um Fragen der Bistumsreform geht – und wer mit dem Sprachgebrauch unserer Tage vertraut ist, der weiß oder ahnt, dass mit diesem Begriff nicht, wie man ja theoretisch hoffen könnte, das Bemühen um eine geistliche Erneuerung gemeint ist, sondern eine Sanierung von Strukturen, die auf Rationalisierung durch Verwaltungszentralisation und Standortschließungen hinausläuft. Doppelt ärgerlich ist es da natürlich, wenn diesen Rationalisierungsmaßnahmen auf Biegen und Brechen eine geistliche Qualität zugeschrieben werden soll. Aus Berlin kennen wir das schon seit Jahren, nun ist es auch in Paderborn soweit. Aufmerksam geworden bin ich darauf durch einen außerordentlich kraftvollen Text von Peter Winnemöller, der am "Wort des Erzbischofs" kein gutes Haar lässt. Da heißt es unter anderem: 

"Selbst nach dreimaliger Lektüre bleibt der Eindruck einer entsetzlichen Leere. Der Erzbischof hat mir nichts zu sagen. Er hat kein Evangelium zu verkünden. Der Advent ist das Warten auf den Niedergang." 

Ernüchternd ist das alles natürlich nicht zuletzt deshalb, weil, wie ich mich noch recht gut erinnere, vor zwei Jahren, als der bisherige Mainzer Weihbischof Bentz zum Erzbischof von Paderborn ernannt wurde, einige Gläubige damit die Hoffnung verbanden, mit ihm würde im Erzbistum manches wenigstens tendenziell besser werden. Und nun ist er, wie Peter Winnemöller schreibt, als "Reisender in Sachen Bistumsreform" unterwegs: "Wäre er Staubsaugervertreter, hätte ich ihm bis dato nicht einmal einen Staubsaugerbeutel abgekauft, von einem neuen Gerät ganz abgesehen." Das hier gewählte Bild erinnert an ein berühmtes Wahlkampfplakat aus dem Jahr 1960, das ein unvorteilhaftes Foto des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Richard Nixon mit dem Satz "Würden Sie diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen?" kombinierte. – Ich betone zwar immer wieder gern, Bischöfe seien keine Politiker und sollten auch nicht wie solche agieren, aber mindestens eines haben sie doch mit Politikern gemeinsam: Es kommt nicht nur darauf an, welche Positionen sie vertreten, sondern auch darauf, wie glaubwürdig sie dabei wirken. Und in dieser Hinsicht macht ein großer Teil unseres Episkopats, gelinde gesagt, keine besonders glückliche Figur. 

Zum Nachfolger von Udo Bentz als Weihbischof im Bistum Mainz hat Papst Leo jetzt übrigens den aus Indien stammenden Ordenspriester Joshy George Pottackal OCarm ernannt. Dass ein gebürtiger Inder in Deutschland Bischof wird, ist ein Novum mindestens der neueren Kirchengeschichte, daher verwundert es nicht, dass diese Personalie allerlei Aufmerksamkeit auf sich zieht. Als ich auf der Facebook-Seite des Bistums Limburg das wie üblich grinsende Konterfei des dortigen Bischofs Bätzing sah, garniert mit der Aussage, er freue sich über die Ernennung des neuen Weihbischofs im Nachbarbistum, konnte ich es mir nicht verkneifen, zu kommentieren: "Ich finde ja, man sollte den Mann nicht schon öffentlich beschädigen, bevor er sein Amt auch nur angetreten hat." Das provozierte natürlich irritierte Nachfragen, woraufhin ich erläuterte, von Bätzing gelobt zu werden "dürfte so ziemlich das Schlimmste sein, was einem Bischof passieren kann". – Den Widerspruch, den ich darauf ernetete, fand ich in seiner Vehemenz überraschend: 

"Bätzing ist mutig, schwimmt gegen den Strom, macht sich stark für die Ausgegrenzten und Diskriminierten. Rampenlicht und Beifall aus Rom interessieren ihn nicht. Das alles ehrt ihn." 

Also, da halte ich es ja mit Luke Skywalker:

Im Ernst: Mir ist durchaus klar, dass Leute, die die Agenda des Synodalen Weges – oder anders ausgedrückt: die Dekonstruktion von Amt und Sakrament und die Unterwerfung der christlichen Anthropologie unter das Diktat der Gender-Ideologie – gut und richtig finden, das Wirken von Bischof Bätzing, gerade auch in seiner Funktion als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, anders beurteilen als ich. Aber ich hätte doch gedacht, auch diese Menschen müssten wahrnehmen, dass Bätzing beim Vertreten der Positionen, die er nun mal vertritt, eine eher klägliche Figur macht, und würden ihn daher eher unter dem Gesichtspunkt "Einen besseren haben wir nun mal nicht" unterstützen, als dass sie ihn wirklich für genau den richtigen Mann auf seinem Posten hielten. Tja, war wohl ein Irrtum. 

Und was sagt derweil der Bischof von Mainz, Peter Kohlgraf, zu "seinem" neuen Weihbischof? "In der Weltkirche ist niemand fremd", erklärte er mit Blick auf Pottackals Herkunft – was einen Kommentator auf Facebook zu der recht hellsichtigen Bemerkung veranlasste: "Wer die Herkunft zum Thema macht, meint wohl selbst, die Herkunft sei ein Thema." Irgendwie muss ich dabei unwillkürlich an Formulierungen in Arbeitszeugnissen denken, die für den unbefangenen Betrachter positiv aussehen, in Wirklichkeit aber das Gegenteil bedeuten. Und genau diesen Eindruck einer gewissen Diskrepanz zwischen dem Wortlaut seiner Aussagen und dem, was er in Wirklichkeit damit sagen will, habe ich bei Bischof Kohlgraf öfter. Das ging mir schon bei seiner Stellungnahme zur "Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung" (KMU) von 2023 so, und jüngst wieder mit seiner Predigt zum Hochfest Mariä Empfängnis. Diese Predigt würde grundsätzlich wohl eine detailliertere Auseinandersetzung verdienen, nicht zuletzt unter dem Aspekt, dass sie durchaus Aussagen enthält, die ich als im Prinzip richtig oder zumindest potentiell richtig einordnen würde; vielleicht komme darauf an anderer Stelle noch zurück. Hier und jetzt möchte ich mich auf die Feststellung beschränken, dass der Bischof von Mainz in dieser Predigt einen zugleich beleidigten und defensiven Eindruck macht – was mir vielleicht deshalb besonders auffällt, weil ich diesen Tonfall vom Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd so gut kenne. Wenn Bischof Kohlgraf den angeblich "immer wieder" gegen ihn "und andere Bischöfe in Deutschland" erhobenen Vorwurf, "dass wir nicht mehr katholisch seien", vollmundig als "Unsinn" zurückweist, ist das im Wesentlichen ein Strohmannargument, mit dem er einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem eigentlich gemeinten Vorwurf ausweicht, einige Bischöfe verträten – gerade im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Synodalen WegesPositionen, die nicht im Einklang mit der katholischen Lehre stehen. Die Vermeidung einer Auseinandersetzung mit dieser Kritik setzt sich fort in dem wohl meistzitierten Satz aus dieser Predigt: 

"Katholisch ist nicht der, der den anderen die Glaubenswahrheiten und die Morallehre wie einen Lappen um die Ohren haut, sondern der versucht, den anderen Menschen zu verstehen." 

Nicht inhaltliche Positionen werden hier als das Kriterium des Katholischen ausgemacht, sondern die Haltung, mit der man diese vertritt. Eine treffende Erwiderung darauf hat die Initiative Maria 1.0 auf Facebook und Instagram veröffentlicht: 

"Nicht um die Ohren schlagen… ja, gut. Franz von Sales sagt, man solle die bittere Medizin mit einem Löffel Honig verabreichen. Aber man darf die Medizin auch nicht weglassen und nur den Honig verabreichen." 

In derselben Stellungnahme weist Maria 1.0 auch darauf hin, dass Bischof Kohlgraf in seiner Predigt ja sehr wohl bekräftige, "dass es eine unveränderliche Wahrheit gibt". Dennoch scheint er jene, die sich um die Treue der Kirche zu dieser ewigen Wahrheit sorgen und dabei womöglich mal übers Ziel hinausschießen, als das größere Problem zu betrachten als die, die diese ewige Wahrheit leugnen, über Bord werfen wollen oder schlicht ignorieren. – Ich bin geneigt, die Grundhaltung dieser Predigt als ein Buhlen um Beifall von der falschen Seite zu bezeichnen; und das ist eine Haltung, die man an Vertretern der kirchlichen Hierarchie (nicht nur) hierzulande immer öfter beobachten kann. Man wird wohl einräumen müssen, dass dies eine Versuchung ist, der auch solche Amtsträger unterliegen können, die eigentlich gute Absichten haben – denen aber ein durch und durch verweltlichter institutioneller Apparat im Nacken sitzt, ohne den sie nicht arbeiten können und gegen ihn erst recht nicht. 

Vom Gesamteindruck her erinnert mich das übrigens an etwas, worüber ich schon seit Jahren mal bloggen wollte, aber bisher nie so richtig den Dreh gekriegt habe: Man könnte sicherlich eine Menge über die Unterwanderung des institutionellen Apparats der Kirche durch die 68er-Bewegung (Stichwort: "Langer Marsch durch die Institutionen") sagen, aber immer öfter habe ich den Eindruck, das Hauptproblem ist, dass aus dem Spektrum dessen, was man mit "68" assoziiert, vorrangig die Laschen und die Lauen, die Spießer und die Langweiler in den kirchlichen Institutionen gelandet sind. Wenn sie ein bisschen mehr Mumm, mehr Feuer und mehr missionarischen Eifer gehabt hätten, wären diese Leute zur RAF gegangen oder hätten wenigstens ein Haus besetzt, statt Pastoralreferenten zu werden oder sich in den Pfarrgemeinderat wählen zu lassen. – Das ist jetzt natürlich etwas überspitzt formuliert, aber einen wahren Kern hat es doch, davon bin ich überzeugt. Deshalb ist es auch alles andere als zufällig, dass der deutsche Verbands- und Gremienkatholizismus unserer Tage – ebenso wie seine evangelisch-landeskirchlichen Pendants – von allen politischen Kräften im Land gerade den Grünen am nächsten steht: Wenn es schon nicht buchstäblich dieselben Leute sind, die da wie dort den Ton angeben, stammen sie doch aus demselben Milieu, haben ähnliche Mentalitäten und eine ähnliche Geschichte. Wer Erfahrungen mit kirchlicher Gremienarbeit hat und sich aus so konträren Quellen wie Christian Y. Schmidts Joschka-Fischer-Biographie "Wir sind die Wahnsinnigen", Svende Merians "Tod des Märchenprinzen" oder der Autobiographie des Öko-Esoterik-Gurus Baldur Springmann über die Parteigründungs-(Vor-)Geschichte der Grünen beliest, wird staunen, was er da strukturell so alles wiedererkennt. Na, auch dazu vielleicht mal bei einer anderen Gelegenheit mehr. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Gott hat die eine Zeit bestimmt für Seine Verheißungen und die andere Zeit für deren Erfüllung. Die Zeit der Verheißungen reichte von den Propheten bis zu Johannes dem Täufer; von da an bis zum Ende reicht die Zeit, in der die Verheißungen erfüllt werden. Gott ist treu; Er hat sich selbst zu unserem Schuldner gemacht, nicht dadurch, dass Er von uns etwas angenommen hätte, sondern dadurch, dass Er uns so Großes versprach. Gott versprach ewiges Heil, ein seliges Leben mit den Engeln ohne Ende, ein unverwelkliches Erbe, immerwährende Herrlichkeit, das selige Schauen Seines Angesichts, das Wohnrecht in Seinem heiligen Himmel, und durch die Auferstehung der Toten versprach Er das Ende der Angst, noch einmal sterben zu müssen. Das ist gleichsam Sein endgültiges Versprechen, auf das wir uns ganz ausrichten, und wenn wir dahin gekommen sind, wollen wir nichts weiter suchen, nichts weiter erbitten. Dem Menschen hat Er die Gottheit versprochen, Sterblichen die Unsterblichkeit, Sündern die Rechtfertigung, Verworfenen die Verherrlichung. Aber den Menschen schien unmöglich, was Gott versprach, dass nämlich aus Sterblichkeit, Hinfälligkeit, Verworfenheit, Schwachheit, aus Staub und Asche Menschen werden sollen, die den Engeln gleichen.  So setzte Er einen Mittler Seiner Treue ein, nicht irgendeinen Fürsten, einen Engel oder Erzengel, sondern Seinen einzigen Sohn, um durch ebendiesen Sohn darzutun, auf welchem Weg Er uns zu dem versprochenen Ziel führen werde. Es war Gott zuwenig, Seinen Sohn zum Wegweiser zu machen; Er machte Ihn selbst zum Weg, damit Er dich beim Gehen leitet, während Er selbst einherschreitet aus eigener Kraft. So sollte also der einzige Sohn Gottes zu den Menschen kommen und den Menschen annehmen. Durch das, was Er annahm, sollte Er Mensch werden, sterben, auferstehen, in den Himmel aufsteigen, zur Rechten des Vaters sitzen und an den Völkern Seine Verheißungen erfüllen.

(Augustinus, Auslegung zu Psalm 110) 


Ohrwurm der Woche 

Simply Red: Stars 

Steht die Geschmackspolizei schon mit gezückter Dienstwaffe vor meiner Tür? Ich weiß, manche Leute würden sagen, wäre "Musik für frustrierte Hausfrauen" ein eigenes Genre, dann müsste man Simply Red zu dessen Hauptvertretern zählen. Ich selbst stehe durchaus zu der Auffassung, dass Mick Hucknall ein exzellenter Sänger ist, aber nachdem die Band zunächst vor allem mit Coverversionen von Soul-Klassikern bekannt geworden war, schlug sie in dem 90ern mit der Hinwendung zu Eigenkompositionen und einer zunehmend überkandidelten Selbstinszenierung Hucknalls als flamboyanter und zugleich tragischer Liebhaber einen Kurs ein, der oft hart am Rande der Peinlichkeit segelte. Meine persönliche Faustregel lautet: "Stars" (1991) geht noch, "Fairground" (1995) ist schon drüber. Seinen Status als Ohrwurm der Woche verdankt "Stars" dem Umstand, dass der Song neulich in der Lobby der Kampfsportschule unseres Jüngsten lief, und da fiel mir auf, dass ich eine bestimmte Textstelle immer und immer falsch verstanden hatte: "A lover's promise never came with the Navy". Okay, vielleicht eine etwas ungewöhnliche Metapher, aber für mein Empfinden doch überzeugend genug, um sie nie ernsthaft zu hinterfragen. Tatsächlich lautet der Vers aber "A lover's promise never came with a maybe". Ach so, na dann. – Übrigens finde ich, das Video weckt durchaus weihnachtliche Assoziationen: Seinem Stern folgend, zieht Mick Hucknall als Heiliger Dreikönig durch die Wüste und bringt den Hörern Gold, Weihrauch und Myrrhe mit. Oder so. 


Vorschau/Ausblick 

Heute war die dritte (und vorletzte!) Probe für das diesjährige Krippenspiel in St. Stephanus Haselhorst – allerdings aus bereits geschilderten Gründen erst die zweite, an der wir teilnahmen; davon wird im nächsten Wochenbriefing sicherlich noch die Rede sein. Am morgigen 3. Adventssonntag ist nicht nur Kinderwortgottesdienst in St. Joseph Siemensstadt (und nebenbei auch Krippensegnung), sondern zudem, am Nachmittag bis gegen Abend, der "Waldadvent" der KPE-Pfadfinder im Düppeler Forst, und ich glaube, das könnte ein ziemlich tolles Erlebnis werden. 

Und dann beginnt auch schon die letzte Schul- und Arbeitswoche vor den Weihnachtsferien! Folgerichtig ist so gut wie jeden Tag irgendwas Besonderes los, ständig findet irgendwas "zum letzten Mal vor Weihnachten" statt – z.B. JAM am Mittwoch. In der evangelischen KiTa des Jüngsten gibt's am Freitag eine Weihnachtsfeier, an der säkularen Schule des Tochterkindes dagegen offenbar nicht; aber "gewichtelt" wird da trotzdem, also müssen wir noch ein Geschenk im Wert von bis zu 5 € besorgen. Auch sonst sollten bis dahin die wesentlichen Weihnachstvorbereitungen mach Möglichkeit erledigt sein... Hoffen wir mal das Beste!