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Samstag, 2. November 2024

Creative Minority Report Nr. 49

Grüß Gott, Leser, und einen gesegneten Allerseelentag! Ich muss sagen, dieser Herbst hat es, was den Stoff zum Bloggen angeht, ganz schön in sich: Nachdem die beiden vorigen Creative Minority Report-Folgen überdurchschnittlich umfangreich ausgefallen sind, habe ich mich veranlasst gesehen, Maßnahmen zu ergreifen, damit das aktuelle Wochenbriefing nicht ebenfalls Überlänge bekommt. Konkret heißt das, ich habe bereits Donnerstagabend einen "Redaktionsschluss" verhängt – alles, was danach noch "reingekommen" ist, muss bis zum nächsten Wochenbriefing warten –; zudem habe ich einen besonders umfangreichen, aber nicht unbedingt in einem kurzfristigen Sinne "aktuellen" Abschnitt aus dem Wochenbriefing ausgelagert, um eigenständigen Artikel daraus zu machen – worum es sich dabei handelt, verrate ich später. Auch so bleibt immer noch genug zu berichten und zu reflektieren... 

Hippie-Jesus vor der (neuen) St.-Andreas-Kirche in Runding. I Got Life, Brother.

Was bisher geschah 

Bis Montag früh waren wir noch in Runding im Urlaub; am Samstag unternahm ich mit den Kindern eine Wanderung zur Burgruine (s.u. "Letzte Eindrücke aus dem Urlaub"), und am Sonntag gingen wir in Runding in die Messe (s.u. "Weltmissionssonntag in Runding"). Am Montag genossen wir unsere Rückreise in vollen Zügen (ha ha); übrigens war unser Rückreisetag der Festtag der Apostel Simon und Judas, und an diesem Tag vor drei Jahren hatten meine Liebste und ich unsere Mitarbeit in der Pfarrei Herz Jesu Tegel beendet. Ich hatte während der langen Rückreise von Runding nach Berlin also reichlich Zeit und Gelegenheit, eine Bilanz der zurückliegenden drei Jahre zu ziehen; was dabei herausgekommen ist, reicht für einen eigenständigen Artikel, der in Kürze erst mal bei Patreon und etwas später dann auch hier erscheinen wird. – Am Dienstag nahmen Frau und Kinder zusammen mit einer Freundin und deren Sohn an einem vom Evangelischen Kirchenkreis Reinickendorf organisierten Halbtagsausflug zum Spargelhof Kremmen teil, der zu dieser Jahreszeit eher ein Kürbishof ist. Für mich wäre im Bus auch noch Platz gewesen, aber ich entschied mich dann doch dagegen, mitzukommen, und machte lieber zu Hause die Wäsche. 

Am Mittwoch fiel zwar das übliche Programm zur religiösen Früherziehung unserer Kinder ferienbedingt aus – ich ging nicht mit dem Jüngsten nach Heiligensee zur Messe, und JAM findet in den Ferien nicht statt –, aber der Jüngste setzte durch, dass es ein Alternativprogramm gab, indem er schon nach dem Frühstück anregte, wir könnten mal wieder "Beten mit Musik" gehen, und zwar diesmal mit der ganzen Familie. Aus unterschiedlichen Gründen dauerte es dann aber doch bis zum späten Nachmittag, ehe wir uns zur Kirche St. Joseph Tegel aufmachten; als wir dort ankamen, liefen wir geradewegs der im Zusammenhang mit dieser Kirche schon öfter erwähnten pensionierten Gemeindereferentin in die Arme, die die Kirche gerade zusperren wollte. Kurz nach 17 Uhr. Ob sie vergessen hatte, am Wochenende zuvor ihre Uhr umzustellen? Oder schließt sie die Kirche einfach dann ab, wenn's ihr gerade in den Kram passt? Zutrauen würde ich's ihr. Jedenfalls mussten wir unser Vorhaben, in der Kirche zu beten, für diesmal aufgeben, machten aber das Beste aus der Situation, indem wir vor der in einem Baum im Garten der Kirche versteckten Marienfigur, die die Kinder beim Gemeindefest im Mai entdeckt hatten, ein Ave Maria und ein "Unter deinen Schutz und Schirm" beteten. Dann gingen wir nach Hause und hörten uns dort zusammen ein paar Lobpreislieder an; danach verkrümelten sich die Kinder ins Kinderzimmer, während wir Erwachsenen das Abendessen (Kürbissuppe!) vorbereiteten. Während der Küchenarbeit hörten wir uns auf der Hallow-App – ja genau, diesem krassen Fundamentalisten-Tool, von dem hier vorige Rede war und das meine Liebste auf ihrem Handy installiert hat – einen Impuls zum Tagesevangelium und eine Meditation zum Vaterunser an. War schön, könnte man öfter so machen. 

Am Donnerstag waren wir – quasi zum Ausgleich dafür, dass durch unseren Urlaub zweimal der reguläre "Omatag" ausgefallen war, und um im Familienkreis ein bisschen den Geburtstag unserer Großen nachzufeiern – bei meinen Schwiegermüttern zum Frühstück eingeladen; am späten Nachmittag bzw. frühen Abend gingen die Kinder zusammen mit einer Schulfreundin des Tochterkindes auf Halloween-Beutezug; nicht speziell dazu, aber allgemein zum Thema Halloween folgt weiter unten ein eigener Abschnitt ("Alle Jahre wieder kommt das Kürbisgesicht"). 


Was ansteht 

Wie weiter oben bereits angekündigt, habe ich mich aus Platzgründen dazu entschlossen, die Ereignisse des gestrigen Freitags und des heutigen Samstags ins nächste Wochenbriefing "mitzunehmen"; das betrifft u.a. einen Brief vom Erzbischof und den Besuch einer Messe zum Hochfest Allerheiligen in St. Stephanus Haselhorst (mit der ganzen Familie). Am morgigen 31. Sonntag im Jahreskreis ist in St. Joseph Siemensstadt Kinderwortgottesdienst – der erste in dieser Saison, an dessen Gestaltung ich nicht nur marginal beteiligt bin. Am Montag, dem Gedenktag des Hl. Karl Borromäus, geht die Schule wieder los – sieben Wochen Schule sind's noch bis Weihnachten, nebenbei bemerkt. Am Dienstag feiern wir Kindergeburtstag, am Donnerstag, dem Gedenktag des Hl. Willibrord, wird in der Schule unseres Tochterkindes Halloween gefeiert. Außerdem soll am Donnerstag die neueste Folge meiner Tagespost-Kolumne erscheinen, die ich allerdings erst noch schreiben muss. Hat jemand einen Vorschlag oder einen Wunsch für ein Thema? 


Letzte Eindrücke aus dem Urlaub 

Zum vergangenen Samstag wäre noch nachzutragen, dass es am Vormittag erneut einen geführten Ausritt gab; danach wollte meine Liebste, die erkältet war und schlecht geschlafen hatte, ein bisschen Mittagsruhe halten, weshalb ich zusammen mit den Kindern zunächst bei dem kleinen Edeka-Markt am Dorfplatz ein paar Snacks und Getränke einkaufte und dann mit ihnen eine Wanderung zur Burgruine unternahm – da wollte ich ja sowieso nochmal hin. Schon auf dem Weg den Schlossberg hinauf kamen wir an einem großen Kruzifix mit einer Gedenktafel vorbei: 

Der Text auf der Gedenktafel – auf dem Foto wohl nur mit einiger Mühe zu entziffern – lautet: "Dieser Christus überlebte nach unserer Vertreibung 1946 aus Oberschlag im Böhmerwald die darauf folgende Vernichtung des Dorfes. Er wurde dort 1967 unter Trümmern gefunden." Spannend, oder? Unweit davon sahen wir eine an einem Findling angebrachte Tafel mit dem Bibelvers Joel 3,5 ("Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll errettet werden") und dazu eine Strophe aus einem geistlichen Lied oder Gedicht, das ich indes nicht habe identifizieren können. 

Die Burgruine selbst – "Bayerns größtes archäologisches Freilichtmuseum", wie ich irgendwo gelesen habe – bot einen ausgesprochen imposanten An- und Ausblick, auch und gerade den Kindern gefiel's dort ausgesprochen gut.  




Beim Ausritt am Vortag hatte ich registriert, dass wir auf dem Weg vom Schlossberg zurück ins Dorf an einem kleinen Marienkapellchen vorbeigekommen waren. Ich fand es auch jetzt ohne Schwierigkeiten wieder, und wir machten dort kurz Station, um ein Ave Maria und ein "Unter deinen Schutz und Schirm" zu beten. 


Was man hier nicht gut erkennen kann, ist der doch recht skeptische Gesichtsausdruck, mit dem das Jesuskind den Betrachter mustert.

Weltmissionssonntag in Runding

Am Sonntag gingen wir in Runding zur Messe – allerdings nicht in der alten Kirche St. Andreas am Dorfplatz, deren Glocken zwar nach wie vor die Uhrzeit verkünden, die aber derzeit wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen ist (und von der ich im Übrigen nicht sicher bin, ob sie überhaupt noch als Gottesdienstort genutzt wird), sondern im ebenfalls dem Hl. Andreas geweihten Neubau aus dem Jahr 1978. Dieser ist, wie Tante Wikipedia es formuliert, "mit einem Pultdach quer zum Hang und mit grauen Faserzementplatten ausgeführt, was eher ungewöhnlich für ein Bauwerk im vorderen Bayerischen Wald ist" – tja, das kann man wohl sagen. Dass diese neue Kirche größer ist als der örtliche Supermarkt, hatte ich ja schon vorige Woche angemerkt; nun allerdings drängte sich der Eindruck auf, dass die Größe der Kirche das Ergebnis etwas allzu optimistischer Erwartungen zum Zeitpunkt ihrer Erbauung war – "Schwung des Konzils" und so. Zur Sonntagsmesse erschienen schätzungsweise 60-80 Personen, was für einen normalen Sonntag im Kirchenjahr und in einem so kleinen Ort nicht unbedingt schlecht ist, aber das Verhältnis zwischen verfügbaren und besetzten Plätzen erinnerte mich doch ziemlich an die Messe in St. Bernhard Tegel-Süd, die ich Ende September besucht hatte. Auch zwischen den Kirchengebäuden entdeckte ich einige Ähnlichkeiten, wozu in erster Linie die Kreuzigungsgruppe vor dem Hintergrund einer schlichten weißen Wand gehört. 

In St. Andreas Runding sehen die Figuren allerdings deutlich barocker aus.

Zelebriert wurde die Messe von einem einigermaßen betagten und schon leicht zittrigen Geistlichen, dem man geradezu an der Nasenspitze ansah, dass er gewiss ein herzensguter Mensch, aber theologisch doch arg liberal war. Und das im seit Menschengedenken als ausgeprägt konservativ bekannten Bistum Regensburg... Dass es nach der 1. Lesung (Jeremia 31,7ff.) statt des Antwortpsalms einen Zwischengesang gab, überraschte mich noch nicht besonders: Das bin ich aus meiner Kindheit in Butjadingen so gewohnt, ich wüsste gar nicht zu sagen, wann ich herausfand, dass die Leseordnung des römischen Ritus für jede Heilige Messe im Kirchenjahr einen bestimmten Antwortpsalm nach der 1. Lesung vorsieht, aber auf jeden Fall war ich da schon erwachsen. Dass auch die 2. Lesung (Hebräer 5,1-6) einfach weggelassen wurde, konsternierte mich dann aber doch einigermaßen. 

Das Evangelium dieses Sonntags war Markus 10,46b-52, die Heilung des blinden Bartimäus – eigentlich ein Kindergottesdienst-Klassiker. Dann kommen wir mal zur Predigt: Einleitend erzählte der Priester davon, wie er vor Jahren mal zusammen mit Ministranten seiner damaligen Pfarrei das "Erfahrungsfeld der Sinne" in Nürnberg besucht habe. Besonders beeindruckt habe ihn da das Dunkelcafé: "Da ist es ganz finster drinnen. Da sieht man nichts. Absolut nichts." Die Schilderung dieses Erlebnisses nahm rund ein Viertel der ganzen Predigt ein, aber dann leitete der Geistliche über zum blinden Bettler Bartimäus. "Damals hatte ein Blinder keine Chance; der musste betteln", betonte er. "Es gab ja keine soziale Absicherung." Ich muss an dieser Stelle anmerken, dass ich geradezu reflexartig mit den Augen zu rollen beginne, wenn in einer Predigt hervorgehoben wird, zur Zeit Jesu habe es ja keinen Sozialstaat, kein öffentliches Gesundheitswesen, keine wissenschaftsbasierte Medizin und Pharmazeutik gegeben. Okay, man muss das vielleicht nicht unbedingt im Sinne von "Ein Glück, dass wir heute so fortschrittlich sind und nicht mehr auf herumstreunende Wunderheiler angewiesen sind" verstehen; aber wenn es nicht so gemeint ist, wozu erwähnt man es dann? – Nicht weniger bezeichnend fand ich es, dass der Prediger recht schnell vom eigentlichen Heilungswunder auf die metaphorische Ebene abbog: "Auch wir sind manchmal blind... blind für andere... blind für uns selber... blind für Gott." Ich will gar nicht bestreiten, dass auch das theoretisch ein Ansatz für eine anregende, spirituell bereichernde Predigt hätte sein können, aber was der Prediger dazu zu sagen hatte, ging kaum über Kalenderspruchniveau hinaus. Er hatte auch gar nicht so viel Zeit, schließlich musste er im letzten Viertel seiner Predigt noch auf den Weltmissionssonntag eingehen. 

"Das kirchliche Hilfswerk missio richtet in diesem Jahr den Blick vor allem auf Papua-Neuguinea und die pazifischen Inseln", führte der Geistliche aus. "Die Menschen dort sind ja vom Klimawandel besonders hart betroffen, viel schlimmer als wir." – Beim Stichwort Papua-Neuguinea fällt mir immer ein, dass eine Freundin von mir mal rund ein Jahr lang dort auf Missionseinsatz war und darüber gebloggt hat; der Blog ist immer noch online, und ich kann ihn sehr empfehlen. Bemerkenswert ist indes, dass – wenn man der Suchfunktion auf der Seite Glauben schenken darf – das Stichwort "Klimawandel" auf diesem Blog nicht einmal erwähnt wird. Okay, das war vor zehn Jahren, vielleicht würde das heute anders aussehen. Ich will mit dieser Bemerkung auch nicht "den Klimawandel leugnen". Zumal ja nicht allein Papua-Neuguinea im Fokus dieses Weltmissionssonntags stand, sondern "Papua-Neuguinea und die pazifischen Inselstaaten", und mir ist durchaus bekannt, dass es da Staaten gibt, die schon bei einem geringen Anstieg des Meeresspiegels unmittelbar in ihrer Existenz bedroht sind. Ich will nur sagen, auf der Basis dessen, was ich durch den besagten Blog über Papua-Neuguinea und die Arbeit der Kirche in diesem faszinierenden Land gelernt habe, hätte ich gedacht, es gäbe da ganz andere Themen, über die man im Zusammenhang mit dem Weltmissionssonntag reden könnte, als ausgerechnet das Modethema Klimawandel. Huch, habe ich den Klimawandel gerade als "Modethema" bezeichnet? Okay, hier eine Klarstellung: Dies ist nicht als Urteil darüber gemeint, wie ernst und wie dringlich dieses Thema tatsächlich ist, sondern lediglich als Urteil über die Art und Weise, wie es in den Medien behandelt wird. – Bei dieser Gelegenheit mal ein kurzer Seitenblick auf die Facebook-Seite des Erzbistums Hamburg: Dort ist im Beitrag zum Weltmissionssonntag nicht von Papua-Neuguinea und den pazifischen Inselstaaten die Rede, dafür liest man dort u.a.: 

"Missio widmet sich unter dem Aspekt des Klimawandels den dadurch benachteiligten Frauen und ihren prekären Lebenssituationen." 

Das hat ja nun schon geradezu Loriot'sche Qualität. Verein zur Integration der Begriffe Frau und Klimawandel in den Missionsgedanken. Ganz heißes Eisen

Aber mal zurück nach Runding. Hier lagen auch die Fürbitten inhaltlich und stilistisch ganz auf der Linie der vorangegangenen Predigt: Erst wurde für "die Menschen in Papua-Neuguinea und in den pazifischen Inselstaaten" gebetet, "die unter den Folgen des Klimawandels leiden", dann "für alle Frauen und Männer, die sich für die Bewahrung der Schöpfung und umfassende Gerechtigkeit einsetzen", "für alle Menschen, die nicht genug zum Leben haben und die um ihr Wohlergehen fürchten müssen" sowie "für die Frauen und Männer hierzulande, die sich nach Solidarität und Verständigung sehnen". Mit Blick auf den bevorstehenden Allerseelentag folgte abschließend noch eine Fürbitte für "unsere verstorbenen Verwandten und Freunde, mit denen wir uns auch weiterhin verbunden wissen". Was, so fragt man sich da, ist mit denjenigen Verstorbenen, mit denen sich niemand mehr verbunden fühlt? Hätten die unser Gebet nicht erst recht nötig? 

Auf unschöne Weise ins Gesamtbild passte es auch, dass die Kommunion aus einer Holzschale gespendet wurde. – Nicht unbedingt speziell für diese Gemeinde kennzeichnend ist es, dass es dort offenbar nicht üblich ist, die Lieder laut und kräftig mitzusingen; man konnte gar den Eindruck haben, das sei auch seitens der Organistin nicht erwünscht, denn zuweilen schien mir, sie versuche die Mitsingenden durch häufige überraschende Tempowechsel geradezu abzuschütteln. Gibt so Organisten. Ich ließ mich davon nicht schrecken, stellte aber fest, dass eins der Erstkommunionkinder in der Bank neben unserer mich mit offenem Mund anstarrte. Ob das an meinem Gesang lag oder ob er einfach noch nie einen Mann mit langen Haaren gesehen hat, mag dahingestellt bleiben; für möglich halte ich beides. 


Nach gerade mal 45 Minuten war die Messe dann auch schon vorbei; im Anschluss wurden im hinteren Teil des Gottesdienstraums noch "Eine-Welt-Produkte" feilgeboten. Meine Vermutung, der Zelebrant sei bestimmt ein netter Mensch, erfuhr eine Bestätigung, als er in Zivilkleidung (mit Trachtenjanker) aus der Sakristei kam, während ich mir noch die Heiligenfiguren an den Wänden der Kirche anschaute. Er kam auf mich zu, sprach mich freundlich an, und nach einem kurzen Gespräch darüber, wen die Figuren darstellten und an welchen Attributen man sie identifizieren konnte, zeigte er sich wohlwollend interessiert, wo wir denn wohl herkämen und was uns hierher verschlagen hätte. Als ich ihm verriet, dass wir auf dem Reiterhof Urlaub machten, äußerte er sich hocherfreut, dass wir im Urlaub in die Kirche gingen. – In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass ich mich, bei aller Kritik, ebenfalls gefreut habe, mal an einem Ort Urlaub zu machen, wo man ohne größeren organisatorischen Aufwand sonntags in did Heilige Messe gehen kann. Den besten Kommentar zu dieser Messe hat aber doch das Tochterkind abgegeben: 

"Ich glaube, Gott gefallen die Gottesdienste in St. Joseph besser." 



Alle Jahre wieder kommt das Kürbisgesicht 

Wäre unser Urlaub im Bistum Regensburg eine Woche später im Jahr gewesen, hätten wir dort am Donnerstag den Gedenktag des Bistumspatrons, des Hl. Wolfgang, begehen können; außerhalb der Regensburger Diözese ist der 31. Oktober hingegen traditionell von der Konkurrenz zweier Feiertage geprägt: Bei dem einen geht es um untote Fratzen und ihr gottloses Treiben, und der andere ist Halloween. 'Tschuldigung, liebe evangelische Freunde, aber das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. Ich habe diesem Thema schon vor Jahren, als ich noch im Berliner Gruselkabinett arbeitete, einen umfang- und materialreichen Artikel gewidmet, aber das schlechtgelaunte und schlecht informierte Genöle über Halloween geht mir von Jahr zu Jahr mehr auf die Nerven. Unter den handelsüblichen Klagen über das Umsichgreifen des Halloween-Brauchtums ist das Insistieren engagierter Protestanten, eigentlich sei ja Reformationstag und man dürfe nicht zulassen, dass der durch Halloween verdrängt werde, ja schon rein historisch Blödsinn, denn die Vigil von Allerheiligen wurde in der Christenheit schon rund 700 Jahre vor der Reformation gefeiert. Noch ein bisschen blöder ist aber wohl die Behauptung, Halloween gehe auf das keltische Jahreszeitenfest Samhain zurück: Ähnliches behaupten die Neuheiden schließlich auch über Ostern und Weihnachten – sollen wir das etwa auch nicht mehr feiern? 


Dass nicht nur radikale Protestanten, in deren Wahrnehmung die Unterscheidung zwischen heidnisch und katholisch ohnehin unscharf ist (und mit denen man sich trefflich im Kommentarbereich der Facebook-Präsenz von idea herumstreiten kann), den modernen Mythos vom angeblichen heidnischen Ursprung von Halloween weiterkolportieren, sondern offenbar auch nicht wenige Katholiken auf den Quatsch reinfallen, ist ein regelrechtes pet peeve von mir. Heuer postete schon am 15. Oktober die Katholische Pfarrei Finsterwalde auf Facebook ein Anti-Halloween-Meme und kommentierte dies mit den Worten "Für Katholiken eh klar...", und befremdlicherweise wurde dies tags darauf sogar vom Account des Bistums Görlitz geteilt. Darüber hinaus meine ich sogar in der Facebook-Gruppe "Catholic Memes" einige Beiträge gesehen zu haben, die Halloween als heidnisch und/oder satanistisch verdammten, aber bei nochmaligem Suchen habe ich sie nicht wiedergefunden; wurden sie womöglich gelöscht? Unter Gruppenbeiträgen, die eine eher gelassene oder sogar positive Haltung zu Halloween ausdrücken, finden sich indes noch einschlägige Kommentare, diese scheinen jedoch insgesamt deutlich in der Minderheit zu sein. Auf häretisch.de beurteilt derweil mein Vornamensvetter Tobias Glenz die "[k]atholische Kritik an Halloween" als "peinlich und schädlich", allerdings sind die Argumente, die er zur Begründung dieser an sich durchaus zustimmungsfähigen These vorbringt, nicht unbedingt weniger blöd als das, was er kritisiert. 

Insgesamt scheint es aber, dass das Thema Halloween im katholischen, jedenfalls im erz- und dunkelkatholischen Milieu heuer von einem anderen Aufreger überschattet wurde: von Luce, dem offiziellen Maskottchen des Vatikans für das kommende Heilige Jahr 2025. Dieses Maskottchen ist im Chibi-Stil, also angelehnt an die Darstellung von Kindern in Mangas bzw. Animes, gestaltet, hat blaue Haare, trägt einen gelben Regenmantel, matschverschmierte Wanderstiefel, einen Pilgerstab sowie einen Rosenkranz als Halskette trägt. Mir ist nicht so richtig klar, was weite Teile der erz- und dunkelkatholischen Netzgemeinde für ein Problem mit Luce haben; ich find' Luce knuffig. Okay, vielleicht ist gerade das das Problem: dass sie zu knuffig ist, und darum nicht sakral und würdig genug. Vielleicht sind's auch die blauen Haare. Von düsteren Verschwörungstheorien, die sich um den "gehörnten" Stab der Figur sowie darum drehen, dass der Name Luce (italienisch für "Licht") an Lucifer erinnere, will ich hier gar nicht erst anfangen. Ach ja, und der Designer, der das Maskottchen erworfen hat, soll schwul sein und/oder Artwork für den Pride Month gestaltet haben. Man hat vielleicht Probleme, ey. 


#Ansgarwort der Woche: Alle Menschen werden Geschwister, wo dein sanfter Flügel weilt 

Die Rubrik #Ansgarwort auf den Social-Media-Kanälen des Erzbistums Hamburg ist zum zweiten Mal im neuen Format erschienen (wir erinnern uns: Das bahnbrechend Neue daran ist, dass unter dem Hashtag #Ansgarwort jetzt tatsächlich Worte des Hl. Ansgar gepostet werden und nicht irgendwelche Glückskekssprüche), und da ich ja in gewissem Sinne zu dieser Neukonzeption des Formats beigetragen oder angeregt habe, ist es mir durchaus ein Anliegen, im Auge zu behalten, wie sich die Dinge da so entwickeln. Und siehe, das jüngste #Ansgarwort"Gieße aus, bitten wir, Herr, in deine Gemeinde die Liebe der Brüderlichkeit und des Friedens" – stößt auf Kritik. Warum? Wegen des Wortes "Brüderlichkeit". Eine Facebook-Nutzerin mahnte an, es müsse "die Liebe der Geschwisterlichkeit" heißen, und zwar ausdrücklich auch dann, "wenn das der Heilige so nicht geschrieben hat". Angesichts einer so reflexartigen Forderung nach "geschlechtergerechter Sprache" – der die Kirche in Deutschland allerdings selbst Vorschub geleistet hat, z.B. indem sie in der Gotteslob-Neuausgabe von 2013 mehrere Kirchenliedtexte in diesem Sinne verschlimmbessert hat (ich selbst, das gebe ich ohne Scham zu, singe allerdings in "Nun singe Lob, du Christenheit" immer noch "Er lasse uns wie Brüder sein", in "Dank sei dir, Vater" immer noch "und alle Brüder" und in "Eine große Stadt ersteht" immer noch "Gott nennt jeden Sohn und Kind)" – hätte es wohl wenig Zweck, darauf hinzuweisen, dass Brüderlichkeit in dem Sinne, wie dieser Begriff z.B. auch im Motto der Französischen Revolution verwendet wird, nichts mit dem Geschlecht zu tun hat. Gleichwohl frage ich mich, ob die Dame auch schon mal gefordert hat, den Text der Nationalhymne zu ändern ("geschwistlerlich mit Herz und Hand"); oder eben den der "Ode an die Freude" (s. Zwischenüberschrift). Es gibt noch viel zu tun...! 

Die Verfasserin des Kommentars hat auf Facebook übrigens neben ihrem privaten Profil auch eine Seite, die sich "Eva's sinnvolle Seite" (nur echt mit dem Apostroph) nennt. Schaut sie euch an, Leser – wenn ihr Lust habt. Ich will das, was ich da gesehen habe, gar nicht weiter kommentieren, außer mit dem Satz: Ja, das passt ins Bild. 


Servicehinweis: Allerseelenablass 

"Wer gegen die Wahrheit der apostolischen Ablässe redet, der soll gebannt und verflucht sein." (Martin Luther, These 71. Kein Witz.) Umso "schader" ist es, dass heute sogar in katholischen Kreisen das Thema Ablass vielfach nur noch mit spitzen Fingern amgefasst wird. Es sei daher daran erinnert, dass es im Zeitraum vom 1.-8. November wie in jedem Jahr die Möglichkeit gibt, einen vollkommenen Ablass für Verstorbene zu erlangen. Neben den allgemeinen Voraussetzungen für einen Ablass – Beichte, entschlossene Abkehr von jeder Sünde, Empfang der Kommunion und Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters – ist dafür erforderlich: 

a) am Allerseelentag, 2. November (oder auch schon am 1. November nach 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder Kapelle, mit Gebet des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses oder das Gebet der Laudes oder Vesper aus dem Totenoffizium des Stundengebets; oder 

b) in der Zeit vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch mit Gebet für die Verstorbenen. 

O mein Jesus, verzeih uns unsere Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Dass Liebe ins Jenseits hinüberreichen kann, dass ein beiderseitiges Geben und Nehmen möglich ist, in dem wir einander über die Grenze des Todes hinweg zugetan bleiben, ist eine Grundüberzeugung der Christenheit durch alle Jahrhunderte hindurch gewesen und bleibt eine tröstliche Erfahrung auch heute. Wer empfände nicht das Bedürfnis, seinen ins Jenseits vorangegangenen Lieben ein Zeichen der Güte, der Dankbarkeit oder auch der Bitte um Vergebung zukommen zu lassen? 

Unsere Existenzen greifen ineinander, sind durch vielfältige Interaktionen miteinander verbunden. Keiner lebt allein. Keiner sündigt allein. Keiner wird allein gerettet. In mein Leben reicht immerfort das Leben anderer hinein: in dem, was ich denke, rede, tue, wirke. Und umgekehrt reicht mein Leben in dasjenige anderer hinein: im Bösen wie im Guten. So ist meine Bitte für den anderen nichts ihm Fremdes, nichts Äußerliches, auch nach dem Tode nicht. 

(Benedikt XVI., Enzyklika "Spe salvi", 48) 


Ohrwurm der Woche 

All Saints: Pure Shores 


Okay, zugegeben: Meine erste Wahl wäre eigentlich "Thriller" von Michael Jackson gewesen, aber dann habe ich mir gedacht, man muss es auch nicht übertreiben mit dem Halloween-Content; nehmen wir lieber was, was zu Allerheiligen passt. Haha. 

Übrigens ist dies, wie man im Video sehen kann, der Titelsong zum Film "The Beach"; den habe ich zwar nicht gesehen, aber das Buch habe ich gelesen – und dabei, wie hier und hier dokumentiert, festgestellt, dass es bemerkenswert #BenOp-relevant ist. 


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