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Samstag, 11. Januar 2025

Die 3 K der Woche (7): Kinder, Kirche, Kranksein

Gott zum Gruße, großgünstiger Leser! Um gleich vorweg das dritte K aus der Überschrift aufzulösen: Die zurückliegende Woche war stark davon geprägt, dass meine Liebste krankgeschrieben war (und immer noch ist). Dadurch musste sie zwar einerseits nicht zur Arbeit, aber andererseits ging es ihr während eines Großteils der Woche so schlecht, dass sie am liebsten den ganzen Tag im Bett bleiben und in Ruhe gelassen werden wollte. Ein Ergebnis davon war, dass ich noch mehr mit den Kindern beschäftigt war als in einer normalen Schul- und Arbeitswoche, und eigentlich ist es erstaunlich, was ich trotzdem noch so alles geschafft habe. Zum Beispiel habe ich zwei Beiträge für die Tagespost verfasst: einen Essay für die Familienseite, dessen Veröffentlichungstermin allerdings noch nicht feststeht, und einen Kommentar für die Online-Ausgabe, der bereits gestern veröffentlicht wurde. Wenn ich's mir recht überlege, habe ich da nun keine besonders gute Ausrede mehr, warum ich nicht jede Woche so produktiv sein könnte. Werde diesbezüglich wohl mal in mich gehen müssen. – Nun aber mal zu den Top-Themen der zurückliegenden Woche! 

Heilige Drei Könige in Wartestellung (in St. Joseph Siemensstadt) 


Abenteuer Krippenpilgern 

Wie bereits erwähnt, hat mich in diesem (Kirchen-)Jahr der Ehrgeiz gepackt, zu versuchen, bei der "Krippenpilgerweg"-Aktion der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland tatsächlich alle acht Stempel zusammenzubringen – wofür es erforderlich wäre, an allen acht Kirchenstandorten dieser flächenmäßig sehr großen Pfarrei die Weihnachtskrippe zu besuchen. Der Anfang war leicht gemacht, denn wie schon berichtet war ich am Sonntag in der Weihnachtsoktav, dem Fest der Heiligen Familie, in St. Joseph Siemensstadt und am Silvesterabend in St. Stephanus Haselhorst in der Messe und holte mir dort natürlich auch gleich die jeweiligen Stempel für den Krippenpilgerpass – in St. Joseph stellte der Stempel stimmigerweise Josef dar, in St. Stephanus einen Esel

Danach wurde es natürlich schwieriger. Wie schon erwähnt, ging direkt nach Neujahr die Schule wieder los, und meine Liebste ging wieder zur Arbeit, obwohl sie sich schon an Silvester ziemlich krank gefühlt hatte; ab Freitag ließ sie sich aber doch krankschreiben, und da ich mir sagte, das Beste wäre wohl, ihr möglichst viel Ruhe zu verschaffen, überredete ich meinen Jüngsten, nachdem wir die Große zur Schule gebracht hatten, zu einem Regionalbahn-Ausflug – nach Dallgow-Döberitz. Da waren wir ja im Februar letzten Jahres schon einmal gewesen und kannten uns daher schon einigermaßen aus. Wir steuerten also direkt die Kapelle des Caritas-Seniorenzentrums St. Johannes der Täufer an; der dort hinterlegte Stempel für den Krippenpilgerpass stellte den Stern von Betlehem dar. 

Im Übrigen forderte ein kleines Hinweisschild den geneigten Besucher auf, sich auch die Krippe im Foyer des Seniorenzentrums anzuschauen, also taten wir das. Einen weiteren Stempel gab's dort allerdings nicht

Auf den ausdrücklichen Wunsch des Knaben hin gingen wir dann noch ein wenig in Dallgow-Döberitz spazieren, ehe wir mit der Regionalbahn nach Spandau fuhren. Dort nahmen wir beim Edeka-Bäcker in den Spandau Arcaden einen kleinen Mittagssnack zu uns und machten uns dann auf den Weg in die Altstadt. Dabei überraschten uns die ersten Schneeflocken des Jahres, aber nicht lange darauf schlief mein Jüngster im Kinderwagen ein. – Auf dem Weg zur Kirche St. Marien am Behnitz kamen wir an der evangelischen Nikolaikirche, der Wiege der Reformation in der Mark Brandenburg, vorbei, und da ich sah, dass sie zur Besichtigung geöffnet war, ging ich kurzerhand hinein. Eine Krippe gab es auch dort zu sehen, an der Krippenpilgeraktion mit den Stempeln nimmt die Nikolaikirche allerdings, trotz der im Allgemeinen sehr guten ökumenischen Beziehungen in Spandau, nicht teil. (Dafür erfuhr ich durch einen Aushang im Eingangsbereich der Kirche, dass es morgen in der ebenfalls evangelischen St.-Petrus-Kirche am anderen Ufer der Havel einen Familiengottesdienst mit den Sternsingern gibt. Auch interessant.) 


In der schönen alten, 2003 renovierten Kirche St. Marien am Behnitz hielt ich mich, da dee Knabe sehr ausdauernd Mittagsschlaf hielt, rund eine Stunde auf und betete dort still die Sext und einen Rosenkranz. Der hier erhältliche Krippenstempel zeigte übrigens einen Engel

Für Samstag hatten wir eigentlich einen Museumsbesuch zusammen mit den Omas angedacht, aber da meine Liebste ja nun krank war und ich mich ebenfalls recht angeschlagen fühlte, disponierten wir um, in der Form, dass die Omas die Kinder bei uns abholten und mit ihnen ein paar Stunden lang in Tegel etwas unternahmen, damit wir Eltern uns in dieser Zeit ein bisschen ausruhen konnten. Derweil machte ich mir Gedanken, wie ich wohl an den Krippenpilgerstempel aus Falkensee herankommen könnte: Wie vorige Woche bereits angedeutet, genügt es schließlich nicht, irgendwann vor dem Ende der liturgischen Weihnachtszeit alle acht Kirchenstandorte der Großpfarrei zu besuchen; man muss dabei ja auch noch die Öffnungszeiten der Kirchen beachten. Und damit sieht's in Falkensee wirklich mau aus. Außerhalb der Gottesdienstzeiten ist die Kirche dort offenbar gar nicht geöffnet, und neben zwei Sonntagsmessen (eine am Vorabend, eine am Sonntagvormittag) gibt es da nur einmal pro Woche, nämlich dienstags, eine Werktagsmesse. Im Prinzip wäre ich geneigt zu sagen, es sei typisch für "liberale" Kirchengemeinden, dass in ihren Kirchen außer der Sonntagsmesse nichts los ist (kaum Werktagsmessen, keine Andachten oder Gebetskreise, keine Anbetung, keine Möglichkeit zur individuellen Einkehr), und es sei doch sonderbar, dass die Leute, die in solchen Gemeinden den Ton angeben, sich einbilden, sie stünden für die Zukunft der Kirche; auf die Großpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland bezogen muss man allerdings zugeben, dass es in St. Stephanus Haselhorst auch nicht besser aussieht, und das kann man nicht darauf zurückführen, dass die Gemeinde da besonders liberal wäre. 

Wie dem auch sei: Dem Übersichtsplan über die Öffnungszeiten der Kirchen in der Großpfarrei entnahm ich, dass die Kirche St. Konrad in Falkensee an diesem Samstag immerhin eine Stunde vor der Vorabendmesse zwecks Beichtgelegenheit geöffnet sein würde, also sagte ich mir, vielleicht würden sich die Kinder ja am Nachmittag zu einem Ausflug nach Falkensee überreden lassen. Nachdem die Omas die Kinder wieder zu Hause abgeliefert hatten, musste ich allerdings zunächst mal etwas einkaufen gehen, und als ich vom Einkaufen zurückkam, saßen die Kinder vor dem Fernseher (oder, richtiger gesagt, vor dem Computerbildschirm; einen Fernseher im eigentlichen Sinne haben wir gar nicht) und guckten "Paw Patrol – Der Mighty Kinofilm". Ich stellte fest, dass es, wenn der Film zu Ende wäre, schon ein bisschen spät sein würde, um noch nach Falkensee aufzubrechen, machte den Kindern aber trotzdem diesen Vorschlag; die Große sagte "Okay", der Kleine zeigte zunächst keine eindeutige Reaktion, aber als der Film dann zu Ende war, erklärten beide Kinder, sie wollten nicht nochmal raus. Da war ich natürlich sauer, denn hätten sie das gleich gesagt, hätte ich mir vielleicht überlegt, allein zu fahren. Sie gegen ihren Willen mitzuschleifen, schien mir aber auch nicht praktikabel – wenngleich ich einigermaßen überzeugt bin, dass sie bei diesem Abendausflug mehr Spaß gehabt hätten als damit, die Zeit bis zum Schlafengehen irgendwie zu Hause zu verdaddeln. Na ja, selbst schuld. 

Die nächste Gelegenheit, sich in Falkensee den Krippenpilgerstempel zu holen, wäre am Dienstag früh gewesen, aber dafür hätten wir erheblich früher aufstehen müssen. Somit blieb es erst einmal dabei, dass wir mit Stand von heute morgen lediglich vier von acht Stempeln in unserem Krippenpilgerpass hatten; allerdings habe ich mir einen Masterplan zurechtgelegt, der es uns ermöglichen soll, heute Nachmittag bzw. Abend noch drei weitere Stempel zu erbeuten und den letzten dann noch fehlenden – nämlich eben den aus Falkensee – eventuell morgen; ob das alles so geklappt haben wird, wie ich es mir vorgestellt habe, erfahrt ihr im nächsten Wochenbriefing... 


Heilige Drei Könige in dreierlei Gestalt 

Nun aber mal zurück zur chronologischen Reihenfolge: Am Sonntag nach dem Frühstück schnappte ich mir die Kinder und fuhr mit ihnen nach Siemensstadt zur Messe, während meine Liebste zu Hause blieb, um sich auszukurieren. Wie sich zeigte – und wie man sich aus kalendarischen Gründen vielleicht hätte denken können –, wurde in St. Joseph Siemensstadt allerdings nicht die Messe vom 2. Sonntag der Weihnachtszeit gefeiert, sondern stattdessen eine vorgezogene Messe zum Dreikönigstag, und zwar im Familiengottesdienst-Stil: mit großem Einzug der Sternsingerkinder, mit NGL, ohne Antwortpsalm und 2. Lesung, und statt Predigt gab es einen Vortrag über die Arbeit des Kindermissionswerks. Im Großen und Ganzen war das nicht unbedingt dazu geeignet, meine Vorbehalte gegen die Sternsingerei nach Art des Kindermissionswerks abzubauen; allerdings teilte mir meine Tochter – von sich aus und ohne dass ich sie auch nur fragend angesehen hätte – mit, nächstes Jahr wolle sie auch bei den Sternsingern mitmachen, unter der Voraussetzung, dass ich als Betreuer dabei bin. Na dann. 

Richtig interessant wurde es dann nach dem Schlussegen: Schon im Vorfeld hatte ich dem Terminkalender der Gemeinde entnommen, dass es im Anschluss an die Messe ein "Dreikönigsspiel" geben solle, und ich hatte mich schon gefragt, ob das wohl von den Sternsingerkindern aufgeführt werden würde. Die Antwort lautete: mitneffen, bzw. –nichten. Vielmehr kamen drei ausgewachsene Männer als Heilige Drei Könige kostümiert den Mittelgang entlang – wie ich hörte, handelte es sich wohl um Seminaristen vom neokatechumenalen Priesterseminar Redemptoris Mater


Kann es sein, dass Weibsvolk anwesend ist? 

Zwar muss ich sagen, dass ich mir unter einem "Dreikönigsspiel" eigentlich etwas anderes vorgestellt hätte – sagen wir: etwas Szenischeres; tatsächlich handelte es sich in der Hauptsache um einen Monolog eines der Heiligen Drei Könige, zuweilen aufgelockert durch Interaktion mit den anwesenden Kindern, woran sich auch meine Kinder engagiert beteiligten –, aber als Zeichen gegen die Monopolisierung des Dreikönigsbrauchtums durch das Kindermissionswerk fand ich diese Aktion allemal recht ermutigend, und dazu gab's viel Musik: deutsche und polnische Weihbachtslieder im Wechsel mit einigen Liedern im charakteristischen Stil des Neokatechumenalen Wegs – monotones Gitarrengeschrammel und repetitive Texte, nein, ich meine das nicht (ab-)wertend, sondern rein deskriptiv. Spannend fand ich, dass auf dem ausgeteilten Liederzettel auch ein Lied vertreten war, das ich von einer der drei beim Advents-Flohmarkt in der Gemeinde auf dem Weg gekauften Kinder-Lobpreis-CDs kannte: "Königskind" von Peter Menger. Gesungen wurde es dann aber leider doch nicht – schade eigentlich. 

Ein weiteres Highlight dieser Messe mit anschließendem Dreikönigsspiel war es schließlich, dass die Heiligen Drei Könige – die echten! – dabei auch körperlich anwesend waren, nämlich in Form einer Reliquie. Der Pfarrvikar spendete zum Abschluss des Gottesdienstes Familien, die dies wünschten, einen Einzelsegen mit dieser Reliquie; das nahmen wir natürlich gern in Anspruch. Im Übrigen nahmen wir uns ein Schraubglas voll Weihwasser und einen "20+C+M+B+25"-Türaufkleber aus der Kirche mit, um damit, wie schon im vorigen Jahr, bei uns zu Hause eine Wohnungssegnungs-Andacht zu feiern. Dazu kamen wir allerdings erst am Mittwochabend. (Den Andachtstext, den wir hierfür verwendeten, hatte ich letztes Jahr im Internet entdeckt, und ich möchte nicht die Gelegenheit versäumen, ihn erneut wärmstens zu empfehlen.) 

Nachdem wir das Hochfest der Erscheinung des Herrn nun also schon am Sonntag "vorgefeiert" hatten, erübrigte sich wohl die Notwendigkeit, am Montag erneut in eine Messe zu gehen; aber was war eigentlich mit der Sonntagspflicht? Na, ich schätze, wenn man eine kranke Ehefrau zu Hause hat, selbst gesundheitlich auch nicht hundertprozentig auf dem Posten ist und bei alledem zwei Kinder in noch nicht sonntagspflichtigem Alter zu betreuen hat, bekommt man da wohl mildernde Umstände. – Theoretisch hätte es auch am Montag allerlei Möglichkeiten für eine die Themenbereiche Kinder und Kirche miteinander verbindende Tagesgestaltung gegeben; so hätte man z.B. um 15 Uhr in St. Joseph Tegel zu einem weiteren Sternsingergottesdienst mit anschließendem "Neujahrs-Umtrunk" im Gemeindehaus gehen können und/oder um 18 Uhr zum "Tschai am Lagerfeuer" mit den DPSG-Pfadfindern in Spandau. Wären noch Ferien gewesen und/oder meine Liebste nicht krank gewesen, hätten wir wohl die eine oder andere dieser Veranstaltungen "mitgenommen", aber so passte das alles nicht so richtig in den Tagesablauf. Immerhin schaffte ich es aber, gegen Mittag mit dem Jüngsten in St. Joseph Tegel die erste "Beten mit Musik"-Andacht des neuen Kalenderjahres abzuhalten – zugleich die erste, die ich fast zur Gänze mit Liedern von den beim Advents-Flohmarkt in der Gemeinde auf dem Weg erworbenen Kinder-Lobpreis-CDs bestritt. Tags darauf hielten wir am selben Ort gleich noch eine weitere Lobpreisandacht ab, und am Donnerstag noch eine, die allerdings etwas kürzer ausfiel, da wir direkt im Anschluss die Große von der Schule abholen mussten. In dieser Hinsicht hat das Jahr also gut begonnen... 


Neues aus Synodalien: Wer hat Angst vor ZIMZUM? 

Dass das vom Gebetshaus Augsburg in Zusammenarbeit mit Campus für Christus ausgerichtete Jugendfestival ZIMZUM, das vom vorletzten Freitag bis zum vergangenen Montag in der Messe Augsburg stattfand, unter verschärfter Beobachtung der postchristlichen Unglaubenswächter im institutionellen Apparat der Kirche stand, hatte sich ja schon länger abgezeichnet; wobei es mir erwähnenswert scheint, dass häretisch.de im Vorfeld überhaupt nicht über das Festival berichtete und lediglich im Nachgang einen etwas miesepetrigen Artikel brachte, in dem vor allem beklagt wurde, dass beim ZIMZUM keine Pressevertreter zugelassen waren. 

Recht neutral bis wohlwollend berichtete derweil die Augsburger Allgemeine – immerhin bringt so ein Event ja ein paar Tausend Besucher und damit auch Geld in die Stadt –; dafür zog diese Berichterstattung aber auch die Aufmerksamkeit von kirchenfernen und allgemein religionsskeptischen Leuten auf sich, die in den Sozialen Netzwerken Kommentare wie diesen hinterließen: 

"Selig sind die Armen im Geiste, denn sie können ins abergläubische Augsburg pilgern, wo man sogar das schlechteste Märtyrer-Märchen aller Zeiten als bare Münze der Stadtgeschichte verkauft. Der #niewiederCSU gefällt das, diese Sorte Tourist*innen melkt sich fast von selbst und der unselige Fugger rollt vor Lachen auf dem Boden seines Sarkophags." 

Der Witz an der Sache ist, dass es annähernd gleichlautende Kommentare wohl auch gegeben hätte, wenn der Katholikentag oder sonst irgendein Event des linksliberal-postchristlichen Funktionärskatholizismus in Augsburg stattgefunden hätte: Aus der Distanz verschwimmen die Unterschiede. Das gehört zu den Absurditäten des innerkirchlichen Lagerdenkens: Das von teilweise bis in die Zeit der sogenannten Aufklärung (Stichwort "Priestertrug"), wenn nicht sogar bis in die Reformationszeit zurückreichenden Vorurteilen, Missverständnissen und Schwarzen Legenden geprägte Kirchen(zerr)bild, das sich in Kommentaren wie dem oben zitierten ausspricht, unterscheidet sich nicht unbedingt wesentlich davon, wie z.B. viele Verfechter der Agenda des Synodalen Weges die "vorkonziliare" Kirche sehen oder wie sie ihre, wie sie meinen, "fundamentalistischen" oder "reaktionären" Kontrahenten im innerkirchlichen Richtungsstreit beurteilen; aber dass sie aus dem Blickwinkel der Kirchenfernen selbst mit in diesen Topf geworfen werden, schmerzt natürlich und verstärkt das Abgrenzungsbedürfnis. Wobei ich mich manchmal an dem Gedanken erheitere, so ein "progressiver Katholik" würde einem meiner atheistischen oder agnostischen Freunde – zum Beispiel dem, bei dem wir an Weihnachten zum Gänseessen eingeladen waren – ausführlich auseinandersetzen, dass und warum er ja gar nicht so sei, und mein Freund würde trocken erwidern: "Aber wenn du das alles gar nicht glaubst und gar nicht praktizierst, wieso nennst du dich dann katholisch?" 

Kommen wir nach diesem kleinen Exkurs aber mal zurück zu den Reaktionen auf das ZIMZUM-Festival. Wie praktisch immer, wenn Johannes Hartl und/oder das Gebetshaus Augsburg irgendwo mitmischen, meldeten sich natürlich auch diesmal wieder sowohl Katholiken, denen das alles zu evangelikal ist, als auch Evangelikale, denen das alles zu katholisch ist, in den Sozialen Netzwerken zu Wort; auf der Facebook-Seite von idea wurde insbesondere der Name des Festivals kritisiert, denn Zimzum sei ein Begriff bzw. Konzept aus der Kabbala und somit esoterisch, unbiblisch und geradezu antichristlich. – Aber diese Rubrik meines Wochenbriefings heißt ja nicht umsonst "Neues aus Synodalien", also interessiere ich mich hier vorrangig für die Reaktionen der eingangs schon angesprochenen "postchristlichen Unglaubenswächter im institutionellen Apparat der Kirche". Auch wenn die im Grunde nicht weniger vorhersehbar sind. 

Die Münsteraner Bistumszeitung Kirche + Leben, mit deren ideologischer Ausrichtung wir ja schon so unsere Erfahrungen gemacht haben, veröffentlichte am Tag vor dem Festivalstart einen Artikel des frischgebackenen "Newsroom"-Redakteurs Louis Berger, der "Viele Fragen an ein frommes Festival" zu stellen verspricht – allerdings nur für Abonnenten zugänglich ist. (Dass die Online-Ausgabe von Kirche + Leben, immerhin ein im Wesentlichen kirchensteuerfinanziertes Medium, neuerdings praktisch ihren gesamten Content hinter einer Paywall verbirgt, ist indes ein Thema für sich.) Der junge Herr Berger war, bevor er bei Kirche + Leben landete, u.a. Praktikant beim Publik Forum und der taz, und wem das zu seiner Einordnung noch nicht genügt, der kann sich ja mal seinen Account auf der App formerly known as Twitter ansehen. Mal wieder so ein Fall, wo ich geneigt bin zu sagen: Wäre er eine fiktive Figur, würde man ihn übertrieben klischeehaft finden. 

Dann doch lieber wieder zu Horse & Hound, da weiß man, was man hat. Auf der Instagram-Präsenz dieser hier schon mehrfach gewürdigten Publikation herrschte während der vier Festivaltage ein regelrechtes Dauerfeuer an Polemik gegen das ZIMZUM-Festival, größtenteils allerdings in "Story"-Form, was bedeutet, dass die einzelnen Beiträge nur für begrenzte Zeit sichtbar blieben. Es kann also sein, dass ich gar nicht alles mitgekriegt habe, was da veröffentlicht wurde; was ich aber sagen kann, ist, dass da kein noch so plumper Versuch ausgelassen wurde, das Festival und seine Veranstalter irgendwie in ein schlechtes Licht zu rücken. Beispielsweise wurde recht suggestiv gefragt, ob beim ZIMZUM-Festival "wohl Rechtsradikale erwünscht" seien – und als Indiz dafür wurde angeführt, die in der Werbung für das Festival verwendete Schriftart sehe rechts aus. Damit griff Horse & Hound auf einige Kommentare zurück, die bereits Mitte Oktober auf der Facebook-Seite des Gebetshauses Augsburg hinterlassen wurden: "Könnt ihr nicht bitte einen anderen Schriftstil wählen?", fragte da etwa ein Augsburger Methodistenpastor. "Dieser erinnert an eine unrühmlich deutsche Vergangenheit. Die möchte ich eigentlich in christlichen Verlautbarungen und Posts nicht sehen." Und ein freievangelischer Pastor und Coach, den ich schon in der Frühzeit meines Blogs mal am Wickel hatte, urteilte, der Schriftzug gehe "halt Richtung Runenschrift" – womit er einmal mehr beweist, dass er keine Ahnung hat, wovon er redet; vermutlich meinte er Fraktur. Tatsächlich handelt es sich bei der ZIMZUM-Schrifttype um eine sogenannte gebrochene Schrift, bei der die Buchstaben keine Rundbögen, sondern Ecken und Kanten haben; wer meint, das sehe "rechts aus", wird sich wahrscheinlich wundern zu erfahren, dass z.B. die Schwabacher Schrift, auf die dieses Merkmal ebenfalls zutrifft, von den Nazis als "Judenlettern" diffamiert und 1941 verboten wurde. Horse & Hound jedenfalls schaltete sich in die Debatte ein, um den zitierten Bedenkenträgern zu versichern, die Wahl dieser Schriftart sei "wahrlich kein Versehen", sondern vielmehr "Fischen am rechten Rand". Gibt es in der Kommunikationspsychologie eigentlich einen Fachbegriff dafür, die eigenen Assoziationen jemand anderem als Absicht zu unterstellen? 

Dass das Gebetshaus Augsburg sich (verständlicherweise, wie ich finde) zu diesem ganzen Quatsch nicht äußerte, verunsicherte eine andere Facebook-Nutzerin offenbar zutiefst: "Sympathisiert Ihr neuerdings mit rechten Gruppen? Denn wenn Ihr nicht sympathisiert, dann ist es auch kein Problem, das klar zu stellen. Ich bin über Euer Schweigen zutiefst erschrocken! [...] Das hat schon einmal in der deutschen Geschichte zur Katastrophe geführt. Reden ist Gold! Mir geht es hier um Klarstellung. Positioniert Euch bitte!" Da sieht man mal, was derart manipulative Unterstellungen bei schlichten Gemütern anrichten. 

Aber das mal nur nebenbei; spannender und zugleich auch bezeichnender ist die Auseinandersetzung um den Themenbereich "Liebe, Sex und Zärtlichkeit" (wie die entsprechende Rubrik früher in der BRAVO hieß oder vielleicht auch immer noch heißt. So kreidet Horse & Hound es dem Festival an, dass dort ein Workshop über die "Theologie des Leibes" des Hl. Johannes Paul II. und einer über Natürliche Empfängnisregelung angeboten wurde; der ebenfalls auf dem Festival vertretenen Initiative "free!ndeed" wird vorgeworfen, sie male "das Schreckensbild einer nach Pornographie und Selbstbefriedigung süchtigen Jugend an die Wand" – wobei die Frage, inwieweit dieses "Schreckensbild" eine Basis in der Realität haben könnte, sicherheitshalber gar nicht erst in den Blick genommen wird. – Einigermaßen lustig ist indes, dass Horse & Hound-Vodkaster Halagan in Hinblick auf das Thema Natürliche Empfängnisregelung Widerspruch seitens einiger "weiblich gelesene[r] Personen" erntete und daraufhin prompt in die Defensive ging: "Ich möchte hier keiner Person vorschreiben, wie sie/er/xier [!] verhütet und auch nicht ein Fass aufmachen über die kirchliche Sexualmoral und auch keinen belehrenden Ton anschlagen und was weiß ich..." Ich muss sagen, es hat mich amüsiert, den Herrn Halagan zur Abwechslung mal so kleinlaut zu erleben, aber es ist natürlich folgerichtig, dass er sich aus intersektionalistischen Gründen keinesfalls dem Verdacht aussetzen darf, er wolle "weiblich gelesene Personen" irgendwie von oben herab belehren. Dass ich der Meinung bin, jemand, der sich so geläufig und unkritisch der Sprache der Genderideologie bedient, habe im kirchlichen Dienst absolut nichts verloren, sei nur nebenbei angemerkt, das wird hier niemanden überraschen; viel interessanter finde ich die Aussage, er wolle kein "Fass aufmachen über die kirchliche Sexualmoral". Was denn sonst?, möchte man fragen. Lassen wir mal beiseite, dass ich den Begriff "kirchliche Sexualmoral" selbst nicht so besonders mag, nicht nur, weil er vom vornherein nach etwas Verstaubtem, Engen und Freudlosen klingt, sondern auch, weil ich finde, dass er zu kurz greift – weil es in der kirchlichen Lehre zur menschlichen Sexualität um mehr geht als um Moral; letztlich geht es um Fragen des Menschenbildes. Aber lassen wir das, wie gesagt, hier und jetzt mal beiseite und fragen: Wenn Halagan nicht über die "kirchliche Sexualmoral" reden will, was hat es dann für einen Sinn, die auf dem ZIMZUM-Festival artikulierten Positionen zu Sexualität, Empfängnisverhütung, Pornographie usw. zu skandalisieren? Man könnte natürlich sagen: Gerade wenn er dieses "Fass aufmachen" wollte, müsste er zugeben, dass die von ihm attackierten Positionen ganz und gar auf dem Boden der kirchlichen Sexuallehre stehen und dass es folglich offenbarer Unsinn ist, einem christlichen Festival diese Positionen zum Vorwurf zu machen. Vergessen wir aber nicht, dass die "kirchliche Sexualmoral" zu den Dingen gehört, die der Synodale Weg unbedingt loswerden wollte; und in klassischer Berufsrevolutionärs-Manier behandelt Horse & Hound-Halagan diese kirchliche Lehre so, als wäre sie bereits abgeschafft. Wer dennoch an ihr festhält bzw. sich positiv zu ihr bekennt, erscheint aus dieser Perspektive als ein gefährlicher Konterrevolutionär, den es zu bekämpfen gilt. 

Jedenfalls ist es angesichts der Propaganda-Maschinerie, die gegen das ZIMZUM-Festival aufgefahren wurde, kaum verwunderlich, dass in den Sozialen Netzwerken Stimmen laut wurden, sie sich fragten, warum so eine Veranstaltung eigentlich nicht verboten wird. "Wer genehmigt eigentlich solche Veranstaltungen?", wurde da etwa gefragt. "Es ist schon bedenklich, dass hier das Bistum Augsburg nicht gegensteuern, sich zumindest dazu äußert..." – "[J]edes Kind, dass dieser 'Evangelikalisierung' anheim fällt, ist definitiv eines zu viel", urteilte eine Facebook-Nutzerin, die sich auf ihrem Profil als "christlich * feministisch * vegan" beschreibt; und ein anderer Diskussionsteilnehmer meinte: "Nennen wir es beim Namen: Es handelt sich um einen Fundamentalistenkongress. Wie heißt eigentlich das 'christliche' Pendant zu 'Islamismus'?" 

Wer zum Ausgleich etwas Positives über das ZIMZUM-Festival lesen möchte, und zwar aus der Perspektive von Leuten, die tatsächlich dabei waren, wird z.B. bei der Tagespost fündig; auf Facebook berichtete ein mir bekannter Priester, er habe während des Festivals zehn Stunden lang Beichte gehört, was ja auch eine bemerkenswerte Information ist. Und die Initiative Maria 1.0, die mit einem Infostand auf dem Festival vertreten war, berichtet auf Instagram, man habe "ein tolles Wochenende erlebt": "Die Teilnehmer waren offen und interessiert an Gesprächen über den katholischen Glauben. Besonders mit Nicht-Katholiken konnten wir tolle Gespräche führen und Vorurteile über die katholische Kirche abbauen. [...] Auch mit katholischen Glaubensgeschwistern hatten wir anregende Gespräche etwa zur Berufung der Frau oder den Aufgaben der Priester." – In einem inzwischen anscheinend wieder gelöschten Kommentar bezeichnete ein "üblicher Verdächtiger" aus dem postchristlich-progressiven Lager es übrigens als "nicht wirklich überraschend", dass Maria 1.0 beim ZIMZUM-Festival präsent war; da muss ich sagen, da hat er mir etwas voraus – mich hat es nämlich sehr wohl überrascht, ich hätte gedacht, für Maria 1.0 wäre diese Veranstaltung zu popkulturell und in ästhetischer Hinsicht nicht konservativ genug. Aber das nur nebenbei; das eigentlich Interessante an diesem Kommentar war, dass sein Verfasser hinzufügte: "Was wohl Maria, die Mutter Jesu, dazu sagen würde? Erfreut wäre sie sicher nicht." – Zugegeben, Äußerungen nach dem Muster "Wenn Jesus (oder in diesem Fall eben Maria) heute leben würde [!], dann..." begegnen einem ja durchaus öfter; aber ich frage mich dabei immer: Glauben die das eigentlich echt? Ist diesen Leuten tatsächlich nicht klar, dass bis vor ein paar Jahrzehnten (von Jahrhunderten oder Jahrtausenden ganz zu schweigen) buchstäblich kein Mensch in der Geschichte des Christentums das geglaubt hat, was sie heute als angeblich "christlich" propagieren?

Bei der ganzen Aufregung um das ZIMZUM-Festival ein bisschen untergegangen ist übrigens, dass knapp eine Woche vorher in Köln, auf Einladung von Kardinal Woelki, die von der Fellowship of Catholic University Students (FOCUS) ausgerichtete SEEK-Konferenz stattfand; mit dabei war u.a. Bischof Oster aus Passau. Dazu wird evtl. im nächsten Wochenbriefing noch etwas zu sagen sein... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Gütiger Gott, wir gehen durch eine Welt voll Zwielicht und Schatten. Lass dein Licht in unseren Herzen aufstrahlen und führe uns durch das Dunkel dieses Lebens in deine unvergängliche Klarheit. Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen. 

(Tagesgebet vom Mittwoch der 2. Woche der Weihnachtszeit) 


Ohrwurm der Woche 

Fury in the Slaughterhouse: Won't Forget These Days 

Wir schreiben das Jahr 2025, und mein 30jähriges Abi-Nachtreffen rückt näher; zur Einstimmung auf dieses Ereignis, und auch mit Blick darauf, dass ich mich bereit erklärt habe, bei der Jubiläumsparty ein bisschen Musik aufzulegen, habe ich schon vor längerer Zeit angefangen, eine "Abi 95 Top 100"-Hitliste zu erstellen. Den hier als "Ohrwurm der Woche" ausgewählten Song hatte ich dabei, ehrlich gesagt, zunächst gar nicht auf dem Schirm und erinnerte mich erst an ihn, als ein früherer Mitschüler ihn auf Facebook postete. Daraufhin räumte ich dem Song dann aber sogleich einen Platz in den Top 10 ein. Ich hatte tatsächlich vergessen, wie gut der ist, und ich schätze, das hat seinen Grund: Die Gruppe Fury in the Slaughterhouse kommt aus Hannover, und der Prophet gilt nun mal nichts im eigenen Land. Natürlich hat man die damals gehört und fand sie auch gut, war aber doch insgeheim so halbwegs überzeugt, dass das mehr mit Lokalpatriotismus zu tun habe als mit der tatsächlichen Qualität der Musik und dass diese Band einfach nicht in derselben Liga spiele wie die britischen Gruppen, an denen sie sich stilistisch orientierte. Okay, letzteres stimmt wohl auch im Großen und Ganzen. Aber zumindest dieser eine Song ist ein Juwel, und zwar nicht nur wegen der Jugenderinnerungen, die da dranhängen. (Das aber natürlich auch.) 


Vorschau / Ausblick 

Wenn dieses Wochenbriefing nicht, wie sonst üblich, pünktlich um 18 Uhr online gehen sollte, dann wird das damit zu tun haben, dass wir in der Vorabendmesse in der Spandauer Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen sind und anschließend am Neujahrsempfang der Pfarrei Heilige Familie teilnehmen. Auch wenn das im vorigen Jahr ja kein so sehr erfreuliches Erlebnis war. Zu berichten geben dürfte es darüber im nächsten Wochenbriefing allemal so einiges; außerdem muss ich natürlich auflösen, was aus meinem Masterplan zur Vervollständigung des Krippenpilgerpasses geworden ist. Und dann ist die Weihnachtszeit vorbei und die Zeit im Jahreskreis beginnt – und gleichzeitig gehen in der kommenden Woche auch JAM und die "Rumpelberggruppe" wieder los. Für Freitag ist zudem das erste Treffen des KiWoGo-Arbeitskreises in diesem Kalenderjahr angesetzt: Es gilt die Kinderwortgottesdienste bis März zu planen, und ein neuer Kinderkreuzweg soll ebenfalls bereits ins Auge gefasst werden. 

Davon abgesehen steht zu erwarten, dass ich zum Thema meines weiter oben schon erwähnten Tagespost-Online-Kommentars, "Wem gehört das Dreikönigssingen?", noch mehr werde sagen müssen: Wer mich kennt, weiß wohl, dass dieses Thema ein "pet peeve" von mir ist; auf das Feedback zu meinem sehr kurz gefassten Beitrag für die Tagespost wäre Manches zu erwidern; und zu dem konkreten Fall der Mutter aus Vechta, gegen die nun wegen Betrugs ermittelt wird, hoffe ich auch noch Genaueres in Erfahrung bringen zu können. Ob das ein Thema für das nächste Wochenbriefing wird oder eher für einen eigenständigen Artikel (oder mehrere?), muss sich noch zeigen... 


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