Ich will es mal so sagen, Leser: Gemessen daran, wie viel Zeit ich in der zurückliegenden Woche zu Hause auf der Couch oder im Bett verbracht habe, finde ich es recht bemerkenswert, wie viel es trotzdem zu berichten gibt. Zugegeben, es handelt sich zu einem recht großen Teil um Dinge, die ich "von der Couch aus", im Wesentlichen via Internet, wahrgenommen und beobachtet habe. Aber das ist ja wohl nicht unbedingt ein Nachteil, und es kommen ja auch mal wieder andere Zeiten – nehme ich jedenfalls an. Lesern, die sich womöglich über den Fortgang meiner Genesung Gedanken machen, kann ich immerhin schon mal sagen: Es wird so langsam wieder. Und folglich rechne ich damit, dass ich kommende Woche schon wieder etwas mehr in der analogen Welt unterwegs sein werde als zuletzt. Aber warten wir's mal ab!
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Aus dem Symbolbilder-Archiv: Kein Kirchenfenster, sondern nur ein Fenster in einem Schweizer Restaurant, in dem ich vor Jahren mal mit Rod Dreher und dem Pfarrer von Lustenau war. Aber ich finde, die Bildsprache hat durchaus etwas Eucharistisches. |
So viele Festivals, und ich war nicht dabei
Theoretisch wäre das vorige Wochenende geradezu ideal geeignet für einen Straßenfest-Crawl gewesen, oder richtiger gesagt sogar einen Festival-Crawl: Es war nämlich nicht nur, wie schon angekündigt, Emergent Berlin Festival, sondern gleichzeitig auch Langer Tag der Stadtnatur, Fiesta Kreutziga und das Festival Allee der Klänge im Reinickendorfer Auguste-Viktoria-Kiez, und das alles bei strahlendem Sommerwetter. Leider hatte ich nicht viel davon, da ich mit meinem frisch operierten Bauch wenig dazu aufgelegt war, mich zu bewegen, und das Wochenende daher größtenteils zwischen Couch und Bett pendelnd verbrachte. Ich habe mich allerdings bemüht, wenigstens "medial vermittelt" so einigermaßen mitzubekommen was da alles los war; und da fand sich dann auch so allerlei. Beispielsweise entdeckte ich den Webradio-Sender OneLoveRadio, der umfangreich über das Emergent Berlin Festival berichtete; unter anderem hörte ich da am Samstagabend ein Interview mit der Künstlerin und Designerin Lacy Barry, die am Nachmittag in der Druckbar einen Workshop zum Thema "Introduction to Solarpunk" gehalten hatte; am Sonntag gegen Mittag hörte ich ein Interview mit einem Jugendlichen, der ehrenamtlich für die Obdachlosenhilfe tätig ist, und am Abend schaltete ich in den Abschlussvortrag von Baumhaus-Mitbegründer Scott Bolden 'rein. Für jemanden, der Scott schon öfter reden gehört hat, brachte diese Ansprache nicht unbedingt viel Neues, aber das störte mich nicht, ich finde es einfach immer wieder inspirierend, ihm zuzuhören. Obwohl wir sicherlich in allerlei Punkten ziemlich unterschiedliche Auffassungen haben; wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob "obwohl" hier wirklich die richtige Konjunktion ist.
Dass am Samstag Fiesta Kreutziga war, kriegte ich erst mit, als sie schon wieder vorbei war; und auch wenn es praktisch wohl keinen Unterschied für mich gemacht hätte, wenn ich es früher gewusst hätte, wunderte es mich doch, dass der Termin dieser Veranstaltung mir so völlig entgangen war. Langjährige Leser meines Blogs werden sich vielleicht erinnern, dass meine Liebste und ich diesem in der Hausbesetzerbewegung verwurzelten Straßenfest wichtige Impulse für das Konzept "Punkpastoral" verdanken, und nachdem wir es dort vor zwei Jahren eher enttäuschend gefunden hatten, war es letztes Jahr doch wieder ganz gut. – Wie dem auch sei: Als Termin für die nächste Fiesta Kreutziga wurde der 6.6.2026 angekündigt. Schauen wir mal, ob wir da dann wieder dabei sind...
Der Lange Tag der Stadtnatur war, der Website nach zu urteilen, entschieden das größte der hier angesprochenen Events: Angekündigt waren rund 500 Veranstaltungen an über 150 Orten in ganz Berlin, das Ganze wurde gefördert von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt und gesponsert u.a. von der Biomarkt-Kette Denn's und der Supermarktkette REWE; auch "Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses (MdA), Bezirksbürgermeister*innen, Bezirksstadträt*innen und Bundestagsabgeordnete (MdB)" beteiligten sich auf die eine oder andere Weise am Programm, wobei das ganze Parteienspektrum von der Linken bis zur AfD vertreten war. Die Liste der teilnehmenden bzw. mitveranstaltenden Institutionen, Vereine, Initiativen usw. wirkte schier endlos: Die Umwelt- und Naturschutzämter mehrerer Berliner Bezirke waren dabei, der BUND, die Deutsche Schreber-Jugend, die Deutsche Wildtier-Stiftung, der Deutsche Alpenverein, der ADFC, Greenpeace, der NABU, mehrere Imker- und Kleingartenvereine, das Landesdenkmalamt, das Naturkundemuseum, der Tierpark... Ebenfalls vertreten waren die Evangelische Schulstiftung in der EKBO und der Evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte, wohingegen ich Einrichtungen der katholischen Kirche nicht auf der Liste entdecken konnte – auch keine katholischen Verbände wie etwa die DPSG-Pfadfinder. Noch auffälliger fand ich allerdings das weitgehende Fehlen von Überschneidungen zwischen dem Langen Tag der Stadtnatur und dem Emergent Berlin Festival: Einzig das Himmelbeet war an beiden Festivals beteiligt, interessanterweise aber mit unterschiedlichen Veranstaltungen. Im Rahmen des Emergent Berlin Festivals fand im Himmelbeet am Samstag von 13-16 Uhr ein Workshop "Gärtnern ohne Garten: Salat- und Gemüsetürme bauen", von 17-18 Uhr ein "Krautschau-Spaziergang" und am Sonntag von 16-17:30 Uhr ein Workshop "Eat the City" statt, im Programm des Langen Tags der Stadtnatur wurde indes ein Heilkräuter-Workshop am Sonntag von 14-16 Uhr aufgeführt, außerdem am Samstag von 14-15 Uhr ein Workshop "Himmlisch Gärtnern" im ElisaBeet, das ebenfalls von der Himmelbeet gGmbH betrieben wird. Vielleicht ist es ein bisschen blauäugig von mir, aber ich habe mich schon ein bisschen gefragt, ob man diese Veranstaltungen nicht im Programm beider Festivals hätte aufführen können. Andererseits könnte ich aber auch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob (und wenn ja, warum) ich das für wünschenswert halten würde; erinnert sei indes daran, dass es anno 2018 eine Kooperation zwischen dem Langen Tag der Stadtnatur und dem Festival Suppe & Mucke gab. Warum also nicht auch mal mit dem Emergent Berlin Festival, oder noch besser, mit dem Emergent Berlin Festival UND Suppe & Mucke?
Vermischtes zum Dreifaltigkeitssonntag
Am Sonntag fühlte ich mich beim besten Willen noch nicht wieder fit genug, um zum Gottesdienst nach Siemensstadt zu fahren, und gab daher der Live-Übertragung auf YouTube den Vorzug. Meine Liebste war indes auch nicht sonderlich erpicht darauf, allein mit beiden Kindern in die Kirche zu gehen und quasi Raubtierbändigerin zu spielen, daher entschied sie sich dafür, allein in Herz Jesu Tegel in die Messe zu gehen, während das Tochterkind noch schlief und ich mit unserem Jüngsten frühstückte. Ein ziemliches Opfer, wenn man bedenkt, dass sie diese Kirche eigentlich nie wieder betreten wollte. Obendrein stand eine Familienmesse im Zelebrationsplan, zelebriert von Pater Brody.
Wie meine Liebste mir hinterher berichtete, waren tatsächlich einige Familien mit Kindern zu der Messe erschienen, allerdings erklärte Pater Brody schon in seinen Begrüßungsworten entschuldigend, trotz der Ankündigung eines Familiengottesdienstes sei gar keine entsprechende Gestaltung vorbereitet worden, da die dafür normalerweise zuständigen Ehrenamtlichen sämtlich in Urlaub seien. Er fügte hinzu, gerade der Dreifaltigkeitssonntag sei ja nun auch ein eher schwieriger Anlass für einen Familiengottesdienst. Ich muss sagen, diesen Gedanken hatte ich auch gehabt.
Gleichwohl nahm Pater Brody die Anwesenheit von Familien, die sich auf einen Familiengottesdienst eingestellt hatten, zum Anlass, seine Predigt etwas kindgerechter und – unter Zuhilfenahme eines Handmikrofons – interaktiver zu gestalten, als er es sonst wohl getan haben würde; soweit ich es der Schilderung meiner Liebsten entnehmen konnte, lag der Schwerpunkt der Predigt offenbar auf Anmerkungen zur Dogmengeschichte, und sie attestierte ihm, "inhaltlich nichts Falsches gesagt" zu haben – was ja für eine Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag schon mal keine geringe Leistung ist.
Die Messe in St. Joseph Siemensstadt, die ich live auf YouTube verfolgte, wurde vom leitenden Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland zelebriert; damit war schon mal eine untadelige Liturgie gewährleistet, und was die (gut eine Viertelstunde lange) Predigt betraf, fand ich es besonders bemerkenswert, dass der Pfarrer sie mit einem persönlichen Zeugnis einleitete: Er sprach davon, dass er in Ostberlin aufgewachsen sei, in einer Zeit, in der man "von Gott offen nicht sprechen" konnte bzw. durfte: "In der Schule zu erzählen, dass man ein Christ sei, da wurde man verlacht" – nun gut, das könnte einem auch heute immer noch oder wieder passieren. – "Gott gibt es gar nicht", das sei in der DDR sozusagen die offizielle Wahrheit gewesen; "aber in meinem Kinderherzen hatte sich eine andere Wahrheit festgesetzt". Er betonte:
"Es ist das eine, dass man theoretisch an einen Gott glaubt, und das andere – das werden die Kinder und Jugendlichen auch verstehen –, wenn du zum ersten Mal persönlich, ohne Mama und Papa, für dich alleine sagst: 'Hallo, du da oben, hörst du mich eigentlich?', und du tief in deinem Herzen weißt: Er hört mich."
Diese Gewissheit, so führte der Pfarrer aus, habe ihn schließlich dazu geführt, im Alter von 15 Jahren zur katholischen Kirche zu konvertieren. – Der Hauptteil der Predigt drehte sich dann allerdings um das Konzil von Nizäa, das sich heuer ja zum 1.700. Male jährt, um die historischen Hintergründe und Voraussetzungen dieses Konzils und nicht zuletzt darum, dass das dort formulierte Credo von der Auseinandersetzung mit dem Arianismus geprägt sei. An diesen Ausführungen könnte man kritisieren, dass der Pfarrer der theologischen Position des Arius nicht gerecht geworden und sie allzu unbekümmert mit früheren "adoptianistischen" Häresien in einen Topf geworfen habe, aber eine Predigt ist nun mal keine akademische Vorlesung über Dogmengeschichte und sollte meiner Auffassung nach auch nicht versuchen, eine zu sein. Viel entscheidender war allemal, dass der Pfarrer die Bedeutung des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel für die Einheit der Christenheit hervorhob:
"Wir unterscheiden uns als Christen am vielen Stellen – mit den Orthodoxen, den Protestanten noch mehr –, aber an einer Stelle sind wir uns eins: Wir alle, die orthodoxen Christen, die Christen des Protestantismus und wir Katholiken sowieso, bekennen den dreifaltigen Gott [...]. Und das, finde ich, ist ein großes Geschenk. Denn es bedeutet, dass wir uns im Wesentlichsten, im Geheimnis des dreifaltigen Gottes einig sind."
Gleichwohl merkte der Pfarrer an, die Irrlehre des Arianismus existiere "doch auch unterschwellig in der Kirche, auch unter Theologen" weiter und werde "manchmal auch falsch gepredigt": "Wenn jemand nicht deutlich sagt, es ist Gottes Sohn von Ewigkeit, dann ist das nicht mehr die Lehre Christi". Und er warnte vor der Vorstellung, man könne am Credo der Kirche "rumändern" – "in einer Synode vielleicht" – und sagen "Ach, das passt ja nicht mehr, wer will denn dit noch hören, interessiert doch niemanden mehr."
In die Reihe der Sonntagsimpulse auf dem Instagram-Kanal der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd (oder, wie ich gern sage, die Reihe "Schlecht predigen für Anfänger") habe ich anlässlich des Dreifaltigkeitssonntags auch mal wieder reingeschaltet; der für diese Reihe zuständige Theologiestudent hat diesen Impuls zur Abwechslung mal in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach aufgezeichnet, tut ansonsten aber das, was er am besten kann: mit anekdotischen Trivia aus der Theologiegeschichte ums Thema drumherumreden und dabei Grimassen schneiden. Kurz vor Schluss kommt er dann noch mit dem Kleeblatt des Hl. Patrick. Hätte er doch lieber mal das Lutheran Satire-Video "St. Patrick's Bad Analogies" angeschaut! Das sollte eigentlich sowieso Pflichtprogramm für jeden sein, der es unternimmt, etwas über die göttliche Dreifaltigkeit auszusagen.
Wenn man doch mal das Haus verlässt
Die ersten Tage nach meiner Hernien-Operation verbrachte ich, abgesehen von einem Termin zur Wundkontrolle und zum Verbandswechsel, durchweg zu Hause, aber ab Montag begann der Alltag schrittweise zurückzukehren – zunächst in der Form, dass ich am Montag und am Dienstag die Kinder zur Schule und zur KiTa bringen und am Dienstag den Jüngsten, der ja noch in der Eingewöhnung ist, auch wieder abholen musste; am Montag konnte ich das an meine Schwiegermütter delegieren.
Am Dienstag wurde mir auf diese Weise ein Herzensmoment mit meiner Tochter zuteil, den ich so charakteristisch finde, dass ich ihn hier gern mitteilen möchte. Ich hatte die Große gerade in der Schule abgeliefert und wollte mit dem kleinen Bruder weiter zur KiTa, da kam sie noch einmal aus dem Schulgebäude gelaufen, mit einem Buch in der Hand, und rief: "Ich hab was für dich!" Im nächsten Moment stellte sie allerdings fest: "Oh, ich hab das falsche Buch erwischt. Es ist aus Versehen über Frankreich, dabei sollte es eigentlich über das Alte Ägypten sein." – Bei dem Buch, das sie in der Hand hielt, handelte es sich um Johannes Mario Simmels "Es muss nicht immer Kaviar sein", und auf dem Einband war der Eiffelturm abgebildet. Wie sich herausstellte, hatte jemand in der Schulgarderobe eine große Tragetasche voller Bücher mit dem schriftlichen Hinweis "zu verschenken" abgestellt, und bei dem Buch, von dem meine Tochter eigentlich gemeint hatte, es wäre etwas für mich, handelte es sich um C.W. Cerams "Götter, Gräber und Gelehrte". Da war eine Horus-Figur auf dem Einband abgebildet.
Im weiteren Verlauf des Dienstags hatte ich zwei Begegnungen mit Frauen, die zur Beerdigung eines langjährigen Gemeindemitglieds und verdienten Ehrenamtlichen von St. Marien Maternitas Heiligensee wollten oder von dort kamen. Mit einer dieser Frauen, die ich vom Mittwochs-Gemeindefrühstück her oberflächlich kannte, hatte ich ein etwas längeres Gespräch; unter anderem erzählte sie mir, sie gehe seit 25 Jahren in dieser Gemeinde zum Gottesdienst und auch zum Gemeindefrühstück, und sie äußerte sich betrübt darüber, dass in letzter Zeit einige alteingesessene Gemeindemitglieder gestorben seien und "wir immer weniger werden". Es war irgendwie ein sehr berührendes Gespräch.
Am Mittwoch ging es mir schon wieder gut genug, um zum JAM mitzukommen, und eingedenk dessen, was ich im vorigen Wochenbriefing zu diesem Thema geschrieben hatte, ging ich diesmal sogar freiwillig zum Elterncafé, während meine Liebste von unserem Jüngsten genötigt wurde, beim Kinderprogramm zu bleiben. Ironischerweise war diese Ausgabe des Elterncafés über weite Strecken ein Paradebeispiel dafür, was mir an diesem Format nicht gefällt. Anhand des Abschnitts des Markusevangeliums, der sowieso gerade "dran war", wurde die sogenannte "Västeras-Methode" vorgestellt, eine Form des Bibelstudiums, bei der es darum geht, einzelne Textpassagen mit Symbolen zu markieren, die beispielsweise besagen "Das finde ich wichtig", "Das verstehe ich nicht", "Das berührt mich". In Hinblick darauf, dass ich mir beim Elterncafé tendenziell mehr offene, zweckfreie Geselligkeit und weniger "Seminaratmosphäre" wünschen würde, war das so ziemlich der worst case, denn gefühlt die Hälfte der Zeit waren alle damit beschäftigt, still für sich am Text zu arbeiten. Im Übrigen sagte mir diese Form des Bibelstudiums auch überhaupt nicht zu; als es endlich daran ging, sich darüber auszutauschen, wer welche Textstellen wie markiert habe, bestätigten die Ergebnisse meinen Verdacht, dass diese Methode zu einem Umgang mit dem Text einlädt, der oberflächlich und naiv zugleich ist. (Mit dem Wörtchen "zugleich" möchte ich andeuten, dass das grundsätzlich zwei verschiedene Dinge sind, die keineswegs zwingend miteinander einhergehen; aber wenn sie es doch tun, isses halt doof.) Okay, ich bin da vielleicht ein bisschen streng, aber ich würde denken, gerade wenn man an sola scriptura glaubt, sollte man doch erst mal genau hingucken, was im Text tatsächlich drinsteht, statt sich darauf zu konzentrieren, was für Empfindungen der Text bei einem auslöst.
Eine interessante Fügung war es indes, dass der Bibeltext, um den es im dieser Elterncafé-"Sitzung" ging – Markus 2,1-12, die Heilung eines Gelähmten – im Wesentlichen derselbe war wie beim Jugendeinkehrtag in Spandau vor Ostern, nur dass wir da die Lukas-Version verwendet hatten. Das nahm ich zum Anlass, gegen Ende der Veranstaltung ein bisschen über diesen Einkehrtag zu erzählen und die beiden Haikus vorzutragen, die ich da gedichtet hatte. Zum Abschluss gab es, obwohl wir eigentlich schon das Zeitlimit überschritten hatten, noch eine kurze, aber durchaus schöne Gebetszeit, sodass meine Bilanz dieses Besuchs beim Elterncafé am Ende doch recht ausgewogen ausfiel. Über meine grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber der konzeptionellen Entwicklung des JAM-Elterncafés ungefähr seit Beginn dieses Jahres hatte ich am nächsten Tag eine interessante Diskussion mit meiner Liebsten, und ich könnte mir vorstellen, darauf in absehbarer Zeit mal in einem eigenständigen Artikel zurückzukommen.
Beim Kinderprogramm ging es derweil um die Salbung Davids zum König, und zwar in Form eines Rollenspiels, in dem unser Tochterkind den jungen David spielen durfte.
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Als Fazit aus diesem Rollenspiel gab es diesen Vers, den die Kinder bis nächsten Mittwoch auswendig lernen sollen. |
Kommt und seht! – Fronleichnam in Köln
Am Donnerstag sah ich mir im Livestream von EWTN das Pontifikalamt zum Hochfest Fronleichnam auf dem Roncalliplatz vor bzw. neben dem Kölner Dom sowie den Beginn der daran anschließenden Prozession an. Warum gerade Köln? Nun, einerseits ist Köln, wie Kardinal Woelki betonte, der Ort, an dem die erste Fronleichnamsprozession der Geschichte stattfand – vier Jahre sind es noch bis zum 750jährigen Jubiläum. Und andererseits bildete dieses Pontifikalamt auch den Auftakt zu einem Event, von dem ich im Vorfeld kaum etwas gehört hatte und das mir vielleicht komplett entgangen wäre, wenn ich mich nicht frühzeitig über das EWTN-Live-Programm am Fronleichnam-Wochenende informiert hätte: nämlich der vom Generalvikariat des Erzbistums Köln ausgerichteten Eucharistischen Konferenz kommt & seht, die auf der Website als eine Gelegenheit beschrieben wird, "deinen katholischen Glauben neu zu entdecken und Tradition, Weltoffenheit und Innovation gemeinsam zu feiern":
"Unsere Sehnsucht ist es, eine einzigartige Atmosphäre zu schaffen, in der viele Menschen Jesus in der Eucharistie begegnen können. Neben stimmungsvollen Gebetszeiten, die unter die Haut gehen, wird es jede Menge spannende Impact Sessions geben. Zwei Tage voller inspirierender Workshops, mitreißender Keynotes & lebendiger Gemeinschaft."
Ich würde gerne sagen, das sieht nach etwas aus, was vom Style her irgendwo zwischen MEHR-Konferenz und Adoratio Altötting liegt, aber im Grunde kann ich das gar nicht beurteilen, denn bei der Adoratio Altötting war ich noch nie. Ganz verkehrt wird diese Einschätzung indes wohl nicht sein, zumal Kardinal Woelki in einer Ansprache am Freitag verriet, die Idee zur kommt & seht-Konferenz sei voriges Jahr bei der Adoratio Altötting entstanden, aus dem Wunsch heraus, "so etwas Ähnliches auch in Köln zu machen". – Die Programmankündigung versprach Vorträge, Zeugnisse, Podiumsgespräche, Workshops, Lobpreis und Eucharistische Anbetung; als "Keynote Speaker" sollten u.a. Bischof Oster aus Passau und Bernadette Lang von der HOME Akademie Salzburg dabei sein.
– Und was sagen (beispielsweise) Horse & Hound, die Eule, Fundi-Watch und Regina Nagel dazu? Dem ersten Eindruck zufolge: nicht besonders viel. Okay, Horse & Hound-Halagan schien in letzter Zeit insgesamt nicht (mehr?) so richtig motiviert, zur Hatz auf Rechtgläubige zu blasen: Vor vier Wochen hatte er auf Facebook und Instagram eine Art Stellenanzeige für einen neuen Mit-Halunken ("werde teil von heilige & halunken") gepostet, seitdem waren auf seinem Account nur noch "Stories" erschienen, die, soweit ich es verfolgt habe, größtenteils aus Urlaubsfotos, Selfies und sonstigem Privatkram bestanden. Just als ich schon dachte, mit dem Account sei überhaupt nichts mehr los, wurde dann – ebenfalls in "Story"-Form – ein Beitrag des Theologen und Bloggers Christian Bauer zur angekündigten Visitation des Stifts Heiligenkreuz geteilt; darin hieß es, das Stift sei "mit seiner Hochschule Benedikt XVI. [...] ein Zentrum des deutschsprachigen Rechtskatholizismus" und habe "auch Verbindungen zum politischen Rechtsextremismus", und folgerichtig lautete das Fazit "Endlich schaut da jemand mal genauer hin!". Aus dem Vatikan war zwar zu vernehmen, die Visitation von Heiligenkreuz solle als "Ausdruck wohlwollender Unterstützung" verstanden werden, aber warten wir mal ab, was am Ende wirklich dabei herauskommt. Im Eule-Magazin rezensiert derweil Louis Berger – Redakteur bei Kirche + Leben in Münster und früher u.a. für taz und Publik-Forum tätig – Johannes Hartls neues Buch "Die Kraft eines fokussierten Lebens", und das aktuelle Topthema bei Fundi-Watch ist ein Vortragstag an der Katholischen Stiftungshochschule München zum Thema "Christlicher Fundamentalismus, Anti-Choice-Bewegung und ihre Verbindungen in die Soziale Arbeit", der am vergangenen Mittwoch stattgefunden hat und zu dem "Fundi-Watch" ein Referat über "Loretto, Mission Freedom und die Soziale Arbeit" beigesteuert hat. Kurzum, die Fundamentalistenjäger haben derzeit offenbar anderes zu tun, als sich groß um eine auf eucharistische Spiritualität fokussierte Veranstaltung in Köln zu bekümmern.
– Oder? Vielleicht kommt da ja im Nachhang noch was. Sollte mich eigentlich wundern, wenn nicht; denn unter dem Aspekt des Schmutzigen Schismas betrachtet, wird da doch recht eindeutig eine Version bzw. Vision von Katholizismus vertreten, die mit derjenigen der Synofanten und PUU-Anhänger kaum vereinbar dürfte, und von Kardinal Woelki bis hin zur Loretto-Gemeinschaft sind schließlich auch so einige Lieblings-Feindbilder der üblichen Verdächtigen am Start; nicht zuletzt übrigens auch der Erzbischof von Denver/Colorado, Samuel J. Aquila, der zu den prominentesten internationalen Kritikern des Synodalen Weges zählt. Also, falls mir in den nächsten Tagen noch die eine oder andere zitierwürdige Stellungnahme über den Weg läuft, komme ich im nächsten Wochenbriefing darauf zurück.
Einstweilen mal ein paar Worte zu Kardinal Woelkis Fronleichnamspredigt: "Die Kirche, liebe Schwestern, liebe Brüder, sie lebt vom Herrn und nur von Ihm", das war gleich zu Beginn, nach kaum einer Minute, ein Kernsatz dieser Predigt, wie man ihn sich deutlicher kaum wünschen konnte. Und etwas später: "Wir hungern nach dem Leben, nach Freude, nach Glück, nach Sinn. Und Christus gibt uns dieses wunderbare Brot, das Er selbst ist, Er schenkt sich uns selbst im Brot des Lebens, und Er schenkt uns damit die Erfüllung unseres Menschseins." Daran knüpft der Kardinal die Frage: "Wie kann unsere menschliche Antwort auf ein solches Geschenk aussehen?" Und die Antwort, die er darauf gibt, lautet: Anbetung. Auch der Hl. Augustinus habe gelehrt, der Empfang der Heiligen Kommunion setze die Anbetung voraus. "Keiner, so sagt er, kann den Leib und das Blut des Herrn empfangen, ohne vorher angebetet zu haben." Weiterhin zitierte Kardinal Woelki Mutter Teresa von Kalkutta: "Wenn du wirklich in der Liebe wachsen willst, kehre zurück zur Eucharistie, kehre zurück zur Anbetung." Damit, so darf man wohl sagen, war auch der Grundton der kommt & seht-Konferenz der folgenden Tage angeschlagen.
Im Übrigen möchte ich zur Messe und zur anschließenden Prozession nur anmerken, dass das Hemdsärmelige und Saloppe des rheinischen Katholizismus meinem Naturell wohl doch eher fremd ist. Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust / Wir glauben an den Lieben Gott und han uch immer Durscht, das beschreibt so in etwa die Atmosphäre der ganzen Veranstaltung, aber was ein echter Kölner ist, der wird mir vermutlich erklären, das sei ganz richtig so und müsse so sein und es sei auch ganz selbstverständlich, dass bei der Fronleichnamsprozession die Karnevalsvereine an prominenter Stelle mit von der Partie sind.
Das Hauptprogramm von kommt & seht fand (bzw. findet) in der Event-Location X-Post statt – einem ehemaligen Paketzentrum, daher der Name; verglichen mit der MEHR in der Messe Augsburg ist das dann doch einige Nummern kleiner, aber das ist ja nicht unbedingt ein Nachteil. Am Freitag um 9 Uhr begann das Programm mit einer vom Apostolischen Nuntius Erzbischof Nikola Eterović zelebrierten Messe, bei der Kardinal Woelki, die Kölner Weihbischöfe und die anderen an der Konferenz teilnehmenden Bischöfe sowie zahlreiche weitere Priester konzelebrierten. Musikalisch wurde die Messe teils von einer Choralschola, teils von einer Lobpreisband (Anna Schinnerl, Keyboards und Gesang; Ralph-Jon Lavarro, Gitarre; Maria Stelzer, Cello) gestaltet. Die Predigt des Nuntius riss mich nicht gerade vom Hocker, also ging ich währenddessen duschen (was ich seit Mittwoch endlich wieder darf).
Das weitere Programm am Freitag verfolgte ich nur sporadisch; am heutigen Samstag war der jüngst emeritierte Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke OSB, Hauptzelebrant der Messe am Morgen, die Predigt hielt jedoch Erzbischof Aquila aus Denver. Die Predigt hätte mich ja eigentlich sehr interessiert, aber leider kollidierte die Live-Übertragung zeitlich mit dem gemütlichen Frühstück im Familienkreis. Dafür schaute ich mir aber am späteren Vormittag die "Keynote" von Katharina Hauser, Referentin für Neuevangelisierung im Bistum Passau, zum Thema "Warum wir Christen anders leben" an, und die fand ich sehr gut. In gerade mal einer Dreiviertelstunde Redezeit enthielt dieser Vortrag so viel Bemerkenswertes und Anregendes, dass ich gar nicht so schnell mitschreiben konnte; was ich mir aber gemerkt habe, ist ein Zitat von Kierkegaard: Dieser habe Hoffnung definiert als "Leiden am Wirklichen und Leidenschaft für das Mögliche". – Mit einigen der in diesem Vortrag angesprochenen Aspekte würde ich mich eigentlich gern noch genauer befassen; na, vielleicht werde ich ja in der Mediathek des Domradios fündig oder finde wenigstens eine schriftliche Zusammenfassung. Dasselbe gilt natürlich auch für die Predigt von Erzbischof Aquila und andere Beiträge zur kommt & seht-Konferenz, die mir entgangen sind; es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass da noch Material für einen Extra-Artikel (oder sogar mehrere) zusammenkommt.
Geistlicher Impuls der Woche
So spricht die Weisheit Gottes: Der Herr hat mich geschaffen als Anfang seines Weges, vor seinen Werken in der Urzeit; in frühester Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, beim Ursprung der Erde. Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren, als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen. Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren. Noch hatte er die Erde nicht gemacht und die Fluren und alle Schollen des Festlands.
Als er den Himmel baute, war ich dabei, als er den Erdkreis abmaß über den Wassern, als er droben die Wolken befestigte und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer, als er dem Meer sein Gesetz gab und die Wasser nicht seinen Befehl übertreten durften, als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.
(Sprichwörter 8,22-31; 1. Lesung zum Dreifaltigkeitssonntag)
Ohrwurm der Woche
Jim Croce: Time in a Bottle
Vor ungefähr 20 Jahren bekam ich von meiner damaligen Freundin eine Doppel-CD mit dem Titel "Pure Acoustic" geschenkt; sie enthielt 40 Songs, deren Entstehungszeitraum sich von Mitte der 60er bis in die damalige Gegenwart, also die frühen "Nuller Jahre", erstreckte und deren nahezu einzige Gemeinsamkeit darin bestand, dass in ihren Arrangements eine akustische Gitarre eine prominente Stellung einnahm. Gemessen an diesem eher dürftigen Konzept handelte es sich um eine bemerkenswert gute Auswahl, viele der Songs kannte ich zuvor nicht und die meisten mag ich noch heute sehr. Beides trifft auch auf den hier verlinkten Song zu. Was ich bis vor Kurzem nicht wusste: Singer-Songwriter Jim Croce schrieb "Time in a Bottle" für seinen Sohn Adrian, der, als der Song auf Croces Album "You Don't Mess Around With Jim" veröffentlicht wurde, gerade mal ein halbes Jahr alt war – und noch nicht ganz zwei Jahre alt, als Jim Croce bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Mit diesem Hintergrundwissen geht einem der melancholische Tonfall des Liedes noch mehr an die Nieren als sowieso schon. Insofern passt das Lied natürlich gut zu meinem vorige Woche festgehaltenen Vorsatz, jeden Tag bewusst dankbar dafür zu sein, dass ich meine Kinder aufwachsen sehen kann.
Vorschau/Ausblick
Heute wäre theoretisch schon wieder das nächste Festival gewesen, nämlich die Fête de la Musique; aber irgendwie habe ich seit Jahren den Eindruck, da läuft in Berlin nicht mehr so sonderlich viel. Stattdessen war ich am Nachmittag mit Frau und Kindern beim traditionellen Geburtstagspicknick einer in den letzten Jahren schon öfter erwähnten Künsterfreundin; darauf komme ich gegebenenfalls im nächsten Wochenbriefing noch zurück. Am morgigen 12. Sonntag im Jahreskreis wird an vielen Orten, an denen der vergangene Donnerstag kein gesetzlicher Feiertag war, Fronleichnam nachgefeiert; so auch in Spandau. Die beiden Spandauer Großpfarreien Heilige Familie und Johannes der Täufer veranstalten wieder eine gemeinsame Prozession durch die Altstadt, anschließend gibt's im Garten des Gemeindehauses von Maria, Hilfe der Christen ein Grillfest mit Kinderprogramm. Sofern es mir nicht plötzlich schlechter geht als in den letzten Tagen, werden wir da wohl hingehen. Dann folgt eine weitere "ganz normale" Schul- und Arbeitswoche; die KiTa-Eingewöhnung unseres Jüngsten neigt sich erkennbar ihrem erfolgreichen Abschluss zu, am Mittwoch wollen wir wieder zum JAM, am Donnerstag habe ich einen erneuten Arzttermin zum Fädenziehen. Am Freitag ist das Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu, da muss ich mir noch überlegen, wie wir das gebührend würdigen können; das Mindeste wäre wohl, endlich mal wieder eine "Beten mit Musik"-Andacht in St. Joseph Tegel abzuhalten (der Jüngste hat selbst schon gesagt, dass er das mal wieder machen möchte). Und am Samstag ist dann wieder Community Networking Night im Baumhaus, die letzte vor der Sommerpause, wenn ich richtig sehe; da würde ich ja schon ganz gerne hingehen, um mich für das verpasste Emergent Berlin Festival schadlos zu halten. Schauen wir mal...
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