Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Samstag, 6. April 2024

Creative Minority Report Nr. 24

Frohe Ostern, Leser! Christus ist auferstanden – ja, Er ist wahrhaft auferstanden! Und folgerichtig steht dieses Wochenbriefing, wie es sich gehört, ganz im Zeichen des Osterfests. Na ja: fast ganz. Sagen wir, das Thema Ostern prägt die Mehrzahl der thematischen Abschnitte dieser "Creative Minority Report"-Ausgabe, von den Eindrücken, die ich aus zwei Ostergottesdiensten in St. Joseph Siemensstadt mitgenommen habe, bis hin zum "Geistlichen Impuls der Woche" und zum "Ohrwurm der Woche". Als weitere Themen werden Aprilscherze auf kirchlichen Social-Media-Kanälen sowie Neuigkeiten zum Religionsunterricht an Berliner Schulen angesprochen. Also dann: Hinein ins Vergnügen! 

Dieses Foto habe ich schon vor ein paar Wochen beim JAM aufgenommen, habe es aber für den passenden Anlass "aufgehoben". 


Was bisher geschah 

Am vergangenen Wochenende galt es zunächst einmal, die religiöse und die säkulare Observanz des Osterfest unter einen Hut zu bringen: Am Samstagabend gingen wir mit den Kindern in St. Joseph Siemensstadt in die Osternacht (Näheres dazu unter "Dies ist die Nacht!"), danach mussten wir erst mal gründlich ausschlafen, und gegen Mittag am Ostersonntag ging's dann zu meinen Schwiegermüttern, wo Ostern mehr mit Eiern und Schokohasen zu tun hatte als mit der Auferstehung Christi. Das Wetter war toll, daher durfte auch eine Ostereiersuche im Garten nicht fehlen. 


Am Ostermontag wollten wir erneut in Siemensstadt in die Kirche; allerdings waren die Kinder, deren Biorhythmus durch die Kombination von Osternacht und Zeitumstellung offenbar gründlich durcheinandergebracht worden war, morgens nicht wach zu kriegen, also ging ich, sozusagen stellvertretend für die ganze Familie, allein zur Kirche, während meine Liebste die Kinder ausschlafen ließ und später mit ihnen ins Schwimmbad ging. Ein bisschen schade war das nicht zuletzt deshalb, weil es im Anschluss an die Ostermontagsmesse eine Ostereiersuche für Kinder auf dem Kirchengelände gab; aber okay, so blieben "die religiöse und die säkulare Observanz des Osterfest", wie ich sie weiter oben genannt habe, wenigstens säuberlich voneinander getrennt. 

In den folgenden Tagen nahmen meine Liebste und ich einige überfällige Arbeiten in der Wohnung in Angriff; das als "Frühjahrsputz" zu bezeichnen, wäre wohl etwas euphemistisch – "Frühjahrs-Entrümpelung" trifft es besser. Daneben nutzte meine Liebste die Ferien aber auch dazu, Verschiedenes mit den Kindern zu unternehmen, was ich wiederum dazu nutzte, mal ein bisschen "Zeit für mich" zu haben. Der für Freitag – also gestern – angedachte Ausflug nach Beelitz wurde derweil erst einmal verschoben. Stattdessen äußerte der Jüngste schon morgens beim Aufstehen den Wunsch, einen Kuchen zu backen, und das machten wir denn auch, weil, warum denn nicht. Und heute war schon wieder Gorkistraßenfest, womit wohl feststeht, dass ich mich deutlich verschätzt habe, als ich unlängst angab, diese Veranstaltung finde "ungefähr zweimal im Jahr" statt. 


Was ansteht 

Morgen ist einerseits Barmherzigkeitssonntag, andererseits aber auch der erste Sonntag im Monat und damit der einzige Termin im Monat, an dem die EFG The Rock Christuskirche ihren Sonntagsgottesdienst vormittags feiert – direkt im Anschluss an die Heilige Messe in St. Stephanus schräg gegenüber. Aus diesem Anlass haben wir uns vorgenommen, mal nicht in Siemensstadt in die Messe zu gehen, sondern in Haselhorst. Am Montag wird das Hochfest der Verkündigung des Herrn "nachgefeiert"; am selben Tag geht allerdings auch die Schule wieder los. Ob sich für diejenigen Familienmitglieder, die nicht zur Schule müssen – also unseren Jüngsten und mich – eine Möglichkeit ergeben wird, das Hochfest mit einem Messbesuch zu würdigen, erscheint fraglich; aber wenigstens eine Lobpreisandacht sollte eigentlich drin sein. Am Dienstag trifft sich der KiWoGo-Arbeitskreis, um die nächsten anstehenden Kinderwortgottesdienste zu planen. Für den April-KiWoGo, am 4. Sonntag der Osterzeit, habe ich schon ein paar Ideen, aber dazu zu gegebener Zeit mehr. Am Mittwoch ist wieder JAM, ich gehe davon aus, dass wir da hin wollen. Am Donnerstag soll die dritte Folge meiner Tagespost-Kolumne erscheinen, die ich allerdings erst noch schreiben muss. Am Samstag steht dann der erste von sieben regelmäßigen Wichtelgruppen-Terminen bis zu den Sommerferien an; ich bin sehr gespannt, wie das läuft, da ich die Hoffnung habe, dass diese sieben Gruppentreffen endlich mal signifikante Fortschritte beim Aufbau der Gruppe bringen werden... 


Dies ist die Nacht! 

Am Abend des Karsamstags brachen wir früher als nötig zur Feier der Osternacht in Siemensstadt auf; wobei "früher als nötig" den Sachverhalt vielleicht nicht ganz trifft: Die Kinder waren mehr oder weniger den ganzen Tag, oder jedenfalls immer wieder im Laufe des Tages, ziemlich chaotisch und anstrengend drauf gewesen, und nach dem früher als gewöhnlich aufgetischten Abendessen äußerte meine Liebste die Vermutung, unser Jüngster sei so müde, dass er praktisch jeden Moment einschlafen könne, daher sollten wir uns beeilen, uns auf den Weg zu machen. Diese Kalkulation erwies sich als richtig: Der Knabe schlief während der Busfahrt ein und verbrachte daraufhin einen Großteil des Gottesdienstes friedlich schlummernd im Kinderwagen. Auch die Große nickte im Bus kurz ein oder war zumindest kurz davor, aber meine Erwartung, sie werde in der Kirche einschlafen – womöglich während der Lesungen aus dem Alten Testament –, erfüllte sich nicht. Zwar klagte sie zwischendurch mal, sie sei so müde, dass sie kaum die Augen offen halten könne, aber geschlossen halten konnte sie sie offenbar erst recht nicht

Ich möchte bei dieser Gelegenheit übrigens zu Protokoll geben, dass ich ein absoluter Fan der Osternacht-Liturgie bin, und natürlich hoffe ich, diese Begeisterung an meine Kinder weitergeben zu können. Bei der ersten Osternacht-Feier, an die ich noch vage Erinnerungen habe, muss ich so neun oder zehn Jahre alt gewesen sein; so gesehen haben meine Kinder mir gegenüber schon mal einen Vorsprung. – Wie dem auch sei: Ich finde diese Liturgie großartig. Das Entzünden der Osterkerze und des Weihrauchs am Osterfeuer, den Einzug in die dunkle Kirche, das Exsultet, die vielen Lesungen (wir hatten, wie schon letztes Jahr, fünf Lesungen aus dem Alten Testament; wer bietet mehr?), das pompöse Gloria, die Weihe des Taufwassers... Diese Feier ist wirklich in mehr als einer Hinsicht der Höhepunkt des Kirchenjahres. 

In der Predigt wies der Pfarrvikar zunächst darauf hin, in welcher Lage sich die Jünger nach dem Tod Jesu befanden: "Sie haben alles für Jesus gegeben, sie sind Ihm nachgefolgt, sie haben Jahre mit Ihm verbracht, ihr Geld, ihre Zeit, alles für Ihn investiert, und dann, auf einmal, platzen alle Träume." Er fügte hinzu, es sei "klar, dass auch unser Leben manchmal so ist". An die Passage in der Passionslesung erinnernd, im der Petrus sich an einem Kohlenfeuer wärmt, während Jesus den Hohepriestern vorgeführt wird, führte er aus, "das kleine Kohlenfeuer" stehe für "die kleinen Sicherheiten im Leben, das Bankkonto, das kleine Glück zu Hause. Aber dieses Kohlenfeuer wärmt nicht wirklich. Es bleibt außenherum kalt. [...] Das heißt, sich abzufinden mit einem kleinen Leben." Zum Besuch der Frauen am Grab, von dem im Evangelium der Osternacht die Rede ist, merkte er an: "Christus wartet gerade dort in der Dunkelheit auf uns. In der dunkelsten Ecke unseres Lebens ist die Begegnung mit Christus: Das ist Ostern. Wo wir uns am meisten vom Leben entfernt haben, in unserem Grab, da ist Christus. Dort ist der Wendepunkt." Und weiter: "Jeder sucht Christus, unbewusst. Wir suchen das Glück des Lebens und damit Christus. Aber wir suchen an den falschen Orten: im Grab." (So herausgelöst aus dem Zusammenhang mögen diese beiden Aussagen auf den ersten Blick etwas widersprüchlich erscheinen. Ich kann nur sagen, im Zusammenhang der Predigt waren sie das nicht. Aber diesen Zusammenhang präzise nachzuzeichnen, würde hier und jetzt den Rahmen sprengen.) 

Festhalten möchte ich indes noch ein paar Kernsätze aus dem Schlussteil der Predigt; so betonte der Pfarrvikar: "Ostern ist immer persönlich. Es ist keine Theorie, keine Ideologie. Ostern ist eine persönliche Begegnung mit dem, der mich aus dem Geab geholt hat." Und schließlich: "Mit Ihm zusammen ist das Leben ein phantastisches Abenteuer, eine Hochzeitsreise. Diese Hochzeitsreise startet heute." 


Wir haben Zeit! – Ein Predigtimpuls zum Ostermontag 

Die Messe am Ostermontag hielt der Spandauer Krankenhausseelsorger; diese Tatsache registrierte ich mit einem spontanen "Och nö"-Gefühl, aber im nächsten Moment sagte ich mir, ich sollte besser aufpassen, meine negative Voreingenommenheit gegenüber diesem Geistlichen nicht überhand nehmen zu lassen. Man darf sich auch ruhig mal in Erinnerung rufen, dass es nicht zu den wesentlichen Aufgaben (geschweige denn Pflichten) eines Priesters gehört, mir persönlich sympathisch zu sein. Dass er die Gemeinde gleich bei der Begrüßung aufforderte, Platz zu nehmen, um sich einen kleinen (etwa zweieinhalb Minuten langen) Impuls anzuhören, und beschwichtigend anmerkte "Dafür gibt's keine Predigt", entlockte mir zwar ein Stirnrunzeln – über die Unsitte, in Gottesdiensten, in denen nicht gepredigt wird, ersatzweise die Begrüßungsworte zu einer Kurzpredigt auszubauen, habe ich mich erst kürzlich in einem (bisher allerdings nur auf Patreon erschienenen) Artikel ausgelassen –, aber inhaltlich fand ich das, was er an dieser Stelle zu sagen hatte, durchaus bedenkenswert. Ausgehend von der Feststellung, dass, während nach weltlichem Verständnis das Osterfest schon wieder fast vorbei sei, im kirchlichen Kalender die Osterzeit gerade erst begonnen habe, sprach er darüber, dass es auch und nicht zuletzt unter Katholiken eine Tendenz dazu gebe, dass "alles nicht schnell genug gehen" könne: Auch in der Heiligen Messe solle möglichst alles kurz und bündig sein, denn danach will man nach Hause und das Mittagessen soll pünktlich auf dem Tisch stehen. Dabei gerate leicht aus dem Blick, dass manche Dinge nun mal Zeit brauchen, um zu wachsen und zu reifen. Gerade in Glaubensdingen. "Es dauert doch eigentlich lange, bis man sich hineinfindet und heimisch wird in der göttlichen Haushaltung, sagt Kierkegaard." Beiläufig merkte der Krankenhausseelsorger an, es gebe Pläne, im Tennis ein neues Punktesystem einzuführen, "damit die Spiele schneller gehen. Und ich habe es geliebt, wenn ein Spiel ewig dauerte." Guck an, dachte ich, da bin ich ganz auf seiner Seite. – Als Fazit oder die "Take-Home-Message" dieser Kurzpredigt könnte man festhalten, dass die Kirche, indem sie sieben Wochen lang Ostern feiert, ein Zeichen gegen den allgegenwärtigen Hang zu Eile und Schnelllebigkeit setzt; und das ist ein Gedanke, mit dem ich durchaus etwas anfangen kann. 


Osterlachen mit Aprilscherzen 

Der – laut Tante Wikipedia – vom 14. bis ins 19. Jahrhundert vor allem im süddeutschen Raum nachgewiesene Brauch des "Osterlachens" (risus paschalis) scheint sich in jüngster Zeit wieder wachsender Beliebtheit zu erfreuen, auch wenn er bei Menschen, die mit dieser Tradition nicht vertraut sind, zuweilen Irritationen auslöst: Es handelt sich nämlich darum, in der Predigt im Ostergottesdienst die Gemeinde zum Lachen zu bringen. Darin soll die Freude über die Auferstehung zum Ausdruck kommen. Bekannt dafür, gern an dieses alte Brauchtum anzuknüpfen, ist besonders der Passauer Bischof Oster (nomen est omen, mag man da versucht sein zu kalauern); aber auch hier in Berlin habe ich seit einigen Jahren immer mal wieder mehr oder weniger gelungene Versuche von Priestern erlebt, in der Osterpredigt einen Witz zu machen. Was das mehr oder weniger Gelungene angeht, ist es nun einmal so, dass das Witzeerzählen einfach nicht jedem liegt, das gilt für Priester genauso wie für andere Menschen; und wenn man das nicht gut kann und es trotzdem versucht, kann das Ergebnis recht peinlich wirken. Insofern bin ich ganz zufrieden damit, dass in den Ostergottesdiensten, die ich heuer besucht habe, keine Witze erzählt wurden; man könnte sagen, es ließ sich umso eher verschmerzen, als Ostern (genauer gesagt: der Ostermontag) dieses Jahr auf den 1. April fiel, sodass an Witzischkeit, auch und gerade im religiös-kirchlichen Kontext, ohnehin kein Mangel herrschte. 

Vergleichsweise simpel gestrickt und daher unschwer durchschaubar fand ich einen Aprilscherz auf der Facebook-Seite des Erzbistums Paderborn über eine Kooperation zwischen der Diözese und dem Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07, die ihren sichtbaren Ausdruck darin finde, dass das Vereinslogo am Turm des Paderborner Doms angebracht worden sei – "eine Verbindung, die Tradition und Moderne, Glauben und Sport vereint". Dem SCP07-Geschäftsführer Martin Hornberger wird die Stellungnahme in den Mund gelegt: "Recht häufig sprechen wir über den 'Fußballgott', sodass die Unterstützung durch das Erzbistum sehr willkommen ist. Gerne realisieren wir mit der katholischen Kirche auch zukünftig gemeinsame Projekte." Weiterhin ist davon die Rede, dass man sich "einen positiven Effekt für das Spiel gegen Hertha BSC" erhoffe. 

In der geschlossenen Facebook-Gruppe "Ein ungenanntes Bistum" war derweil von einer neu erlassenen Apostolischen Konstitution "Ut donum ordinationis presbyteralis" die Rede, "durch die die dogmatischen und kirchenrechtlichen Anforderungen an Spender und Empfänger der Priesterweihe ganz neu geregelt werden": Demnach solle es fortan "nicht allein den Bischöfen vorbehalten" sein, Priester zu weihen, sondern es solle auch "Priestern die Erlaubnis zur Spendung der Priesterweihe" erteilt werden: 

"Jeder Priester darf nun einen oder mehrere Priesterlehrlinge annehmen. Voraussetzungen für die Lehre: Männlich (dem Augenschein nach) und mindestens 16 Jahre alt mit Grundkenntnissen im Lesen, Schreiben und Rechnen. Bewerber unter 16 Jahren benötigen die Erlaubnis ihres Ortspfarrers. Die Lehre dauert ein Jahr, danach finden die Weihen durch alle sieben Weihestufen bis zum Priestertum statt. Einzige Einschränkung: Die neuen Priestergesellen arbeiten zunächst als Altaristen ohne Beicht- und Predigtbefugnis. Nach einem Jahr Priestertum erhalten sie die Beichtfacultas, nach zwei weiteren Jahren die Predigtfacultas." 

Wem das etwas mittelalterlich vorkommt, der hat wohl nicht ganz Unrecht: Nicht umsonst wird auf die Päpste Bonifatius IX. (Pontifikat 1389-1404) und Martin V. (Pontifikat 1417-30) verwiesen, die ähnliche Regelungen getroffen hätten. Es ist wohl keine große Überraschung, dass gerade das Anachronistische an dieser Idee mich irgendwie anspricht. Zwar würde ich, wenn ich darüber zu entscheiden hätte, durchaus daran festhalten, dass die Spendung des Weihesakraments den Bischöfen vorbehalten ist; aber die Idee, dass man Priester wird, indem man bei einem Priester in die Lehre geht, hat was, finde ich. Zwar müsste man dabei das Risiko in Betracht ziehen, dass Priester fehlerhafte Anschauungen und fragwürdige Praktiken an ihre Lehrlinge weitergeben, aber ich halte es keineswegs für ausgemacht, dass man mit dieser Methode im Durchschnitt schlechtere Ergebnisse erzielen würde als mit dem derzeitigen System der Priesterausbildung. 

Aber genug von diesem Gedankenspiel; kommen wir mal zu dem Aprilscherz, den häretisch.de seinen Lesern aufgetischt hat – und in dem es ebenfalls um ein angebliches neues Schreiben aus dem Vatikan geht, in diesem Fall ein Motu proprio mit dem Titel "Insignia et mirabilia". Mit diesem Schreiben, so heißt es in der Meldung, habe Papst Franziskus mit sofortiger Wirkung "die Verwendung von traditionellen Wappen in der katholischen Kirche abgeschafft": 

"Die Heraldik habe in der Kirche unter einem seit Jahrzehnten bestehenden Reformstau gelitten [...]. Zudem stünden Wappen für Klerikalismus und würden Bischöfe sowie Priester von den Gläubigen abheben. Damit müsse nun Schluss sein". 

Weiter heißt es, die Bischöfe sollten fortan "einzelne Symbole anstelle eines Wappenschildes" verwenden: 

"So könnte etwa eine Rose für Aufmerksamkeit und Zuneigung stehen, ein Labyrinth für die oft verworrenen Lebenswege vieler Menschen oder ein Smiley für die Lebensfreude, die der Glaube vermittele." 

Ich denke, man geht nicht fehl, wenn man in diesem Aprilscherz ein gewisses Quantum Wunschdenken vermutet. Bei aller absichtsvollen Überspitzung steht doch kaum zu bezweifeln, dass diese ausgedachte Meldung wiederspiegelt, wie die Mitarbeiter des Bonner Ketzportals sich "zeitgemäße" Reformen in der äußeren Form der kirchlichen Selbstrepräsentation tatsächlich vorstellen. 

Dahingestellt mag indes bleiben, ob Ähnliches auch für den Aprilscherz des Facebook-Accounts des Erzbistums Bamberg gilt. Dieser nimmt Bezug auf die ebenfalls am 1. April in Kraft getretene Legalisierung von Cannabis und behauptet, die "Erzbischöfliche Kraut- und Gartenkammer" habe 

"eine auf Grundlage von Cannabispflanzen hergestellte Weihrauchmischung mit dem Namen 'CANNABISTUM' entwickelt. Ersten Versuchen zufolge verbreitet die neuartige Mischung nicht nur einen einzigartigen Duft, sondern trägt auch dazu bei, dass die spirituellen Erfahrungen der Gottesdienstbesucher neue Höhen erreichen".

Nicht so richtig witzig fand dies indes der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der den Beitrag mit den Worten kommentierte: "Schade, dass die Cannabis Freigabe nicht auch ein Aprilscherz ist. Sie wird viel Unheil unter Kindern, Jugendlichen aber auch Erwachsenen anrichten." 


Doch kein Religionsunterricht in Berlin? 

In den Tagen um Ostern herum habe ich festgestellt, dass das Thema "Religionsunterricht an Berliner Schulen" gerade wieder in der Debatte ist. Allem Anschein nach war es ein Wahlversprechen der CDU bei der letzten Abgeordnetenhauswahl, Religion als ordentliches Lehrfach einzuführen; als Wahlpflichtfach, genauer gesagt. Irgendwie muss mir das bisher entgangen sein. – Wie konnte mir das entgehen, fragst du, o großgünstiger Leser? Nun, ich schätze, dafür gibt es mindestens zwei Gründe: zum einen eine gewisse Skepsis gegenüber der Annahme, Religionsunterricht an staatlichen Schulen sei ein erstrebenswertes Anliegen, und andererseits eine generelle Skepsis gegenüber Wahlversprechen der CDU. Was den letzteren Punkt angeht, muss ich zudem gestehen, es ist in über einem Jahr noch immer nicht so richtig in meinem Bewusstsein angekommen, dass die CDU die Berliner Abgeordnetenhauswahl tatsächlich gewonnen hat. Das erscheint mir so surreal. Wobei, das geht mir mit dem Thema Politik insgesamt mehr und mehr so. Seit Jahren nehme ich mir immer wieder vor, mich weniger für Politik zu interessieren. In einer Gesellschaft wie der unseren kann man diesbezüglich natürlich nur Teilerfolge erzielen, aber ich sag mal: Nicht zu wissen, wer in dem Bundesland, in dem ich lebe, gerade an der Regierung ist, wäre ja schon mal was. 

Aber das nur nebenbei; kommen wir lieber mal zu meiner grundsätzlichen Einstellung zum schulischen Religionsunterricht, denn die, so behaupte ich mal ganz forsch, ist noch kontroverser. Andeutungsweise habe ich mich dazu schon mal geäußert, aber irgendwann werde ich es mal ausführlich tun müssen, vorzugsweise unter der Überschrift "Pro Reli hat mich radikalisiert". – Die Älteren und/oder die Berliner unter uns werden sich vielleicht noch erinnern, wie der 2007 gegründete Verein Pro Reli mittels Volksbegehren und Volksentscheid die Einführung von Religionsunterricht als Wahlpflichtfach an Berliner Schulen (und damit als Alternative zum neu eingeführten Pflichtfach Ethik) durchzusetzen, und damit zwei Wochen nach Ostern 2009 scheiterte. Ich war seinerzeit ein entschiedener Befürworter des Ansinnens von Pro Reli und führte zahlreiche engagierte Diskussionen mit Gegnern der Initiative; aus heutiger Sicht scheint mir indes, dass die Argumente für den konfessionellen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, die ich in solchen Diskussionen vorbrachte, eigentlich Argumente dagegen sind. Aber das ist, wie gesagt, eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. 

Aufmerksam wurde ich auf das ganze Thema erst wieder, als mir am Gründonnerstag über den Presseverteiler des Erzbistums Berlin eine Pressemitteilung des Diözesanrats in mein digitales Postfach flatterte, die die Überschrift "Einführung von Religion als ordentliches Lehrfach in Berlin ist weiterzuverfolgen" trägt. Darin heißt es einleitend: 

"Die Festlegung der Berliner Koalitionsparteien, ein Wahlpflichtfach Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach einzuführen, hat der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin seit seiner Ankündigung begrüßt. Die Vollversammlung Anfang März hat sich einstimmig in einem Beschluss für die baldige Einführung ausgesprochen." 

Bis hierhin fühlte ich mich ja nun erst einmal – nach dem Motto "Kann denn vom Diözesanrat etwas Gutes kommen?" – in meiner kritischen Haltung zum Thema Religionsunterricht bestärkt. Interessant wird's jedoch, als auf einen "aktuellen Pressebericht" Bezug genommen wird, allerdings ohne diesen konkret zu benennen oder gar zu verraten, was da denn nun eigentlich drinsteht. Die charakteristische passiv-aggressive Angepisstheit, mit der die (übrigens in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd beheimatete) Diözesanratsvorsitzende Karlies [sic] Abmeier erklärt, sie gehe "weiter davon aus, dass der Koalitionsvertrag eingehalten wird", daran erinnert, dass "[a]lle Gespräche der jüngsten Zeit [...] darauf hingewiesen" hätten, "dass Religion als ordentliches Lehrfach kommen werde", und schließlich einfordert, "dass noch in dieser Legislaturperiode" – mit anderen Worten: solange noch die CDU am Ruder ist – "mit der Umsetzung begonnen wird, damit der Unterricht auch in Berlin dauerhaft als Angebot im regulären Unterrichtsplan verankert ist", lässt doch sehr vermuten, dass in dem angesprochenen Pressebericht etwas drinstand, was dem Diözesanrat nicht gefallen hat. Mit Hilfe der Google-Nachrichtensuche ließ sich recht leicht ermitteln, worum es ging: Ebenfalls mit Datum vom Gründonnerstag meldete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), Religion werde "vorerst wohl doch kein reguläres Schulfach in Berlin." Weiter heißt es da: 

"Die von der schwarz-roten Koalition geplante Einführung eines Wahlpflichtfachs Religion ist in der vom Senat vorgesehenen Schulgesetzänderung nicht enthalten. Das geht aus einer Gesetzesvorlage des Senats hervor, die dem rbb vorliegt." 

Die letzten Messen – man verzeihe mir den Kalauer – sind in dieser Angelegenheit allerdings wohl noch nicht gesungen: 

"Religion als ordentliches Unterrichtsfach war auf Drängen der CDU in die Koalitionsvereinbarungen mit der SPD aufgenommen worden. Warum es nun nicht in die geplante Schulgesetzänderung aufgenommen wurde, dazu äußerte sich Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bisher nicht. Von der Bildungsverwaltung hieß es, daran werde noch gearbeitet." 

Der Diözesanrat beharrt derweil "[b]ekenntnisorientierter Religionsunterricht" sei gerade "in einer multireligiösen Stadt wie Berlin von erheblicher Bedeutung", aber so ganz ohne Erläuterung oder Begründung finde ich diese Behauptung nicht besonders überzeugend. Übrigens entnehme ich dem Bericht des rbb – sofern ich ihn richtig verstehe –, dass die Vereinbarung der Koalition zum Thema Religion als Wahlpflichtfach von vornherein keine Wahlfreiheit zwischen Religions- und Ethikunterricht vorgesehen hat, wie Pro Reli es seinerzeit angestrebt hatte. Und da muss ich dann vollends sagen: Wenn Religionsunterricht an öffentlichen Schulen nicht einmal dazu nützt, der Indoktrinierung durch den staatlich verordneten Ethikunterricht zu entgehen, dann kann man gut darauf verzichten. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Wenn aber verkündet wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube. 

Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden; und auch die in Christus Entschlafenen sind dann verloren. Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen. Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. 

(1. Korinther 15,12-14.16-20) 


Ohrwurm der Woche 

Tevin Campbell: I Know That My Redeemer Liveth 

Nachdem wir in dieser Rubrik schon vorige Woche Lobpreis hatten, dachte ich mir, zu Ostern darf's mal wieder ein Stück von dem schon mehrfach gewürdigten Album "Handel's Messiah – A Soulful Celebration" sein. Das von Händel als Sopran-Arie komponierte "I Know That My Redeemer Liveth" wird hier von Schmusesänger Tevin Campbell als Soul-Ballade interpretiert. Mit Blick auf den Text – aus Hiob 19,25f. – ist mir übrigens etwas Interessantes aufgefallen: In der King James Version heißt es in Vers 26 "in my flesh shall I see God", was die Lehre von der Auferstehung des Fleisches vorwegzunehmen scheint; dagegen wird dieselbe Stelle in der Einheitsübersetzung (und ähnlich auch in der Lutherbibel-Ausgabe von 2017) als "ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen" wiedergegeben, was ja nun geradezu das Gegenteil auszusagen scheint. Eine Formulierung, die gewissermaßen die Balance zwischen diesen Gegensätzen hält, bietet die Elberfelder Übersetzung: Da heißt es "aus meinem Fleisch". Ob der hebräische Urtext ebenfalls eine derartige Ambivalenz aufweist, vermag ich indes nicht zu sagen. 


2 Kommentare:

  1. Zu Hiob 19,62: Die Vulgata übersetzt "in carne meo", also "im Fleisch"; meine Ausgabe gibt aber in einer Fußnote an, dass der hebräische Text hier "aus dem Fleisch" ließt. Luther selbst (Ausgabe 1534) übersetzt auch "inn meinem fleisch". Die Einheitsübersetzung 1980 ließt auch schon "ohne mein Fleisch", meine Ausgabe gibt aber in einer Fußnote an, dass andere auch "von meinem Fleisch aus" oder "in meinem Fleisch" übersetzen. Ich vermute die Ambivalenz daher tatsächlich im Hebräischen (LXX liest sehr anders), kann das mangels Sprachkenntnissen allerdings nicht bestätigen.

    AntwortenLöschen
  2. Das ist meine Lieblingsarie im "Messiah" - ;-) da muss ich wohl konservativ beim Original bleiben und mitsingen:
    "...and in my flesh shall I see God, shall I see God."

    AntwortenLöschen