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Mittwoch, 15. Oktober 2025

Glanz und Elend der Urlauberkirche – Teil 1

In den zurückliegenden Sommerferien hat – wie ich in meinen Wochenbriefings aus dem Urlaub (zuzüglich eines separaten Artikels zur musikalischen Gestaltung) recht ausführlich geschildert habe – meine Familie erstmals in nennenswertem Umfang die Angebote der Urlauberkirche in Butjadingen genutzt, und das hat mich einmal mehr daran erinnert, dass ich schon lange mal etwas über meine Erinnerungen an die Urlauberseelsorge-Projekte bloggen wollte, die ich in meiner Kindheit und Jugend in Butjadingen erlebt habe. Umrissen habe ich dieses Thema schon vor über acht Jahren in meinem Blogartikel "Wer darf Gast sein in deinem Zelt" – meinem allerersten Debattenbeitrag in Sachen Urlauberseelsorge. Dort schrieb ich: 

Da ich [...] praktisch am Burhaver Strand aufgewachsen bin, habe ich schon seit frühester Kindheit so allerlei Erfahrungen mit Urlauberseelsorge gemacht. Zunächst einmal gab es da die evangelikal ausgerichtete "Strandmission", die vom "Geistlichen Rüstzentrum Krelingen" betrieben wurde. Krelingen ist ein Ortsteil von Walsrode und somit nicht direkt "um die Ecke", aber das Rüstzentrum betrieb ein Gästehaus in Burhave, und im Sommer kamen da immer Teams von Studenten oder solchen, die es werden wollten, hin und machten Programm für Urlauber und Einheimische. Trotz seines etwas militant wirkenden (und daher in neuerer Zeit gern abgekürzten) Namens gehört das GRZ Krelingen zur Evangelischen Landeskirche Hannovers; dennoch war, so lange ich mich erinnern kann, das Verhältnis zwischen "den Krelingern" und der örtlichen evangelischen Kirchengemeinde stets einigermaßen konfliktbeladen. Auf katholischer Seite gab es ab 1986 die "Strandkorbkirche", deren Teams, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, meist vom BDKJ Münster oder Vechta kamen. Jedes Team blieb für drei Wochen, so wurde mit drei Teams pro Jahr die ganze Sommerferiensaison abgedeckt. Ich ging als Kind und Jugendlicher immer zu beiden Gruppen, zur "Strandmission" UND zur "Strandkorbkirche", aber bei den evangelikalen "Krelingern" gefiel es mir meist besser. Nicht nur, aber mit zunehmendem Alter zunehmend auch deshalb, weil es bei den "Krelingern" immer auf die eine oder andere Weise um Gott, Jesus Christus und den christlichen Glauben ging und bei der "Strandkorbkirche" oft eher um Basteln und Grillen. Wobei, nichts gegen Grillen. 

Damit ist ja schon allerlei ausgesagt, aber ich möchte doch versuchen, das – auch unter Rückgriff auf zeitgenössische Quellen, z.B. Tagebücher – noch zu präzisieren. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass – was in dem oben zitierten Abschnitt schon anklingt – die evangelikale "Strandmission" aus Krelingen zuerst da war; während ich an die Anfänge der katholischen "Strandkorbkirche" noch einigermaßen konkrete Erinnerungen habe, ist das Kinderprogramm der Krelinger-Strandmission – das, wie ich inzwischen nachgelesen habe, zumindest zeitweilig den Namen "Kinderhafen" trug – in meiner Erinnerung als etwas abgespeichert, was es gefühlt "schon immer gab". Fangen wir damit also mal an: Wie ich in dem bereits zitierten Blogartikel von 2017 notierte, wurde dieses Kinderprogramm

beworben, indem die Veranstalter mit einem Plakat und einer Gitarre über das gesamte Strandgelände wanderten, ein Einladungslied ("Kommt alle her, hallihallo" - ich hab das heute noch im Ohr) sangen und auf diese Weise die Kinder einsammelten wie weiland der Rattenfänger von Hameln. Klar, dass die Kinder da in Scharen angerannt kamen. Ebenso klar, dass unter den Erwachsenen Gerüchte kursierten, es handle sich um eine Sekte. Ein solches Image scheuen die Vertreter der "großen Kirchen" vermutlich. Und das ist ihr Problem. Das war damals auch schon so.

Aus heutiger Sicht scheint es mir, dass die damals kursierenden Verdächtigungen, "die Krelinger" seien "eine Sekte" (ich bin mir annähernd sicher, das u.a. auch aus dem Mund meines in religiöser Hinsicht eher volkskirchlich-moderat eingestellten Vaters gehört zu haben; hingehen ließ er meine Geschwister und mich aber bemerkenswerterweise trotzdem), in gewisser Weise die Grundlage dafür gelegt haben, mich nachhaltig gegen Warnungen vor "sektenartigen" Strömungen oder Tendenzen innerhalb des Christentums zu immunisieren. Was bei mir ankam – anfangs sicherlich nicht in so reflektierter Form, aber als Ahnung –, war: Wenn es als "sektenartig" wahrgenommen wird, dass Leute ihren Glauben ernst nehmen und so überzeugt davon sind, dass sie auch andere für diesen Glauben interessieren, ja begeistern möchten, dann ist dieses "Sektenartige" wohl nicht unbedingt etwas Schlechtes.

Meine Erinnerungen an konkrete Inhalte des "Kinderhafen"-Programms sind indes – was nach rund 40 Jahren wohl verzeihlich sein mag – ausgesprochen bruchstückhaft. Vor Augen habe ich noch ein großes Pappschild, auf dem ein stilisiertes Wählscheibentelefon zu sehen war, kombiniert mit dem Satz "Rufe mich an in der Not"; das war zweifellos Bestandteil einer Katechese zum Thema Gebet. Und dann erinnere ich mich noch an eine Handpuppe mit einem Löwenkopf und einem grünen Sakko, die "Professor Bottich" hieß. Einem Tagebucheintrag von 1990, als ich aus der Zielgruppe des "Kinderhafens" schon 'rausgewachsen war, verdanke ich die Information, dass diese Handpuppe "früher" von einem "Dr. Cochlovius" gespielt worden war – offenbar Joachim Cochlovius, der von 1979-96 Studienleiter des GRZ Krelingen war. (Ob – und wenn ja, in welchem Grad – er mit dem evangelischen Pfarrer Gero Cochlovius verwandt ist, der anno 2015 in der "Panorama"-Reportage "Die Schwulenheiler 2" als Vorzeigebeispiel für "Homophobie" innerhalb evangelischen Landeskirchen vorgestellt wurde, habe ich nicht zweifelsfrei klären können, aber da der Familienname wohl doch eher selten ist und beide im theologisch konservativen "Gemeindenetzwerk" aktiv sind, das sich als "Gemeinschaft bibel- und bekenntnisorientierter Gemeinden, Gemeinschaften, Verbände und Gemeindeglieder aus den Gliedkirchen der EKD" bezeichnet, hat diese Annahme zumindest eine gewisse Plausibilität für sich.)

Was derweil die Anfänge der katholischen "Strandkorbkirche" in Butjadingen betrifft, bin ich in der glücklichen Lage, neben eigenen Erinnerungen auf das Buch "Wider das Vergessen!" zurückgreifen zu können, das die Geschichte der 2010 in der Pfarrei St. Willehad aufgegangenen katholischen Gemeinden in Nordenham-Einswarden, Burhave und Stollhamm sowie der OASE in Tossens nachzeichnet und dabei der Geschichte der "Strandkorbkirche" ein 14 Seiten langes Kapitel (mit vielen Fotos) widmet. Diese Quelle ist umso wertvoller, als der Herausgeber des Buches, der 2022 verstorbene Pfarrer Alfons Kordecki, von Anfang an sehr wesentlich in den Aufbau einer Urlauberseelsorge in Butjadingen involviert war. Pfarrer Kordecki war im Herbst 1985 Pfarrverwalter von Herz Jesu Einswarden geworden und hatte zugleich die Seelsorge für das Pfarrrektorat Herz Mariä Burhave übernommen. Im Buch "Wider das Vergessen!" heißt es:

In dieser Zeit gab es fast noch gar keine Animationsangebote für die Urlauber. Da wurde Pfarrer Kordecki von dem Beauftragten des Münsterschen Generalvikariates für Urlauberseelsorge, Herrn Norbert Engel, informiert, dass es so etwas wie Urlauber- und Campingseelsorge gäbe. Zwar war der Pfarrer erst kurze Zeit in Nordenham und in Butjadingen, hatte aber bereits davon gehört, dass die zukünftigen Aufgaben der Kirche in Butjadingen zu einem erheblichen Teil die Seelsorge und Betreuung der Urlauber und Kurgäste beinhalten würde. ("Wider das Vergessen!", S. 106)

Schon bald darauf wird's konkret:

Mit tatkräftiger Unterstützung durch Norbert Engel konnten bereits für die Saison 1986 zwei Teams zusammengestellt werden, so dass am 17.07.1986 die Arbeit der "Strandkorbkirche" in Butjadingen-Burhave begann. (ebd.)

Ich war damals gerade mal zehn Jahre alt, und das bringt mich auf eine gewisse Diskrepanz zwischen der "offiziellen" Strandkorbkirchen-Geschichtsschreibung und meinen persönlichen Erinnerungen. Tatsächlich ist meine früheste präzise Erinnerung an die Strandkorbkirche in Burhave nämlich die, dass ich an einem Sommerferientag zusammen mit meiner Schwester zum Rat-Schinke-Haus lief, da wir gehört hatten, das neue Strandkorbkirchen-Team sei angekommen, und wir wollten uns ansehen, was das für Leute waren. Als wir beim Rat-Schinke-Haus ankamen, saß im Garten ein junger Mann mit Gitarre und war gerade dabei, ein Begrüßungslied für die Gutenachtgeschichte zu dichten und zu komponieren – ein Lied, das dann über Jahre hinweg zu diesem Zweck eingesetzt wurde. Erst unlängst, im Zusammenhang mit unserem ersten Besuch bei der Urlauberkirche im Rahmen unseres jüngsten Sommerurlaubs in Butjadingen, habe ich diese Erinnerung auf "so um 1990 herum" und "mithin just in meiner 'ersten Fundi-Phase'" datiert; dafür, dass diese Einordnung stimmt und es sich dabei folglich nicht um das allererste Strandkorbkirchen-Team gehandelt hat, spricht auch, dass das Rat-Schinke-Haus in den ersten Jahren noch gar nicht als Unterkunft für die Teams zur Verfügung stand: Bis 1985 waren in diesem Haus die Wohnräume des örtlichen Geistlichen und einiger Ordensschwestern untergebracht, erst ab 1987 wurde es "zu einem Gemeinde- und Bildungshaus umgebaut" und "[a]m 28. Februar 1988 [...] durch den Offizial, Weihbischof von Twickel, [...] eingesegnet. Dabei wurde das Haus in Erinnerung an den Gründer der Gemeinde 'Geistlicher Rat Schinke Haus' benannt" ("Wider das Vergessen", S. 72). – Gehen wir also davon aus, dass meine erste klare Erinnerung an die Strandkorbkirche aus dem Sommer 1988 datiert, als ich zwölf war, dann wäre daraus zu folgern, dass ich von den beiden ersten Saisons der Strandkorbkirche in Burhave praktisch nichts mitbekommen habe, jedenfalls nichts, was bei mir "hängengeblieben" wäre. Darauf, wie wahrscheinlich das mit Blick auf meine persönliche "Glaubensbiographie" ist, komme ich gegebenenfalls bei späterer Gelegenheit zurück, aber ausschließen kann ich es jedenfalls nicht. Halten wir uns also vorerst weiter an die Schilderung in "Wider das Vergessen!":

Das Gemeindehaus "Geistlicher Rat Augustin Schinke" wurde so hergerichtet, dass die Teamer dort untergebracht werden konnten. Außerdem wurde auf dem Campingplatz in Burhave am Strand ein Wohnwagen für die Urlauber-Seelsorge aufgestellt. Seitdem weht auch in Butjadingen eine Flagge, die in anderen Urlaubsorten bereits seit längerem bekannt war. Diese Flagge zeigt ein farbiges Kreuz auf weißem Grund als Symbol der katholischen Urlauberseelsorge. ("Wider das Vergessen!", S. 106f.)

Dieses Mosaikkreuz atmet natürlich eine Ästhetik, die seit den 70ern in sich als progressiv verstehenden Kirchenkreisen praktisch allgegenwärtig war, aber aus heutiger Sicht würde ich sagen, gegenüber dem 2016 (?) eingeführten Logo von "Willi's – Die Urlauberkirche" hatte es immerhin den Vorzug, dass es unschwer als christliches Symbol zu identifizieren war. – Zum Programmangebot der Strandkorbkirche liest man:

Von Anfang an stehen das allabendliche Sandmännchen (Singen, Spielen und die Gute-Nacht-Geschichte für Kleine und Große), der sonntägliche Gottesdienst mit anschließendem Klönsnack, das wöchentliche ökumenische Glaubensgespräch, das in den ersten Jahren noch abwechselnd im katholischen und evangelischen Gemeindehaus stattfand, und der einmal in der Saison stattfindende ökumenische Strandgottesdienst vor dem Rondell im Mittelpunkt der Strandkorbkirche. ("Wider das Vergessen!", S. 109)

Dazu ist zunächst einmal zum bekräftigen, dass von den hier genannten Programmschwerpunkten heute nichts mehr übrig ist; das "Sandmännchen" wurde irgendwann, vielleicht aus urheberrechtlichen Gründen, umbenannt, im Prinzip gab es diesen Programmpunkt aber noch, als ich das Thema Urlauberseelsorge im Sommer 2017 erstmals auf meinem Blog ansprach. Vor ein paar Jahren ist es dann jedoch, angeblich mangels Beteiligung, eingestellt worden. Was die anderen hier aufgeführten Programmpunkte angeht, kann ich zwar bezeugen, dass es sie gegeben hat, aber ich wäre weder damals noch in der Rückschau auf die Idee gekommen, sie als wesentlich dafür zu betrachten, was die Strandkorbkirche ist und tut; wie weiter oben schon festgehalten, hat sich bei mir eher der Eindruck festgesetzt, dass bei der Strandkorbkirche hauptsächlich gebastelt und gegrillt wurde. – Nun mag man es einigermaßen verständlich finden, dass die Chronik der Kirchengemeinde einen anderen Eindruck zu erwecken bestrebt ist; wenn es da aber kurz darauf heißt,

Selbstverständlich sind immer wieder Frühschichten, Andachten, Meditationen, die Vesper oder die Komplet und andere kirchliche Einladungen an die Urlauber äußerst wichtige Elemente der Strandkorbkirche ("Wider das Vergessen!", S. 110) ,

dann muss ich sagen, dass ich, solange ich in Butjadingen gewohnt habe (d.h. bis einschließlich zur Saison 1996), von diesen "äußerst wichtige[n] Elemente[n] der Strandkorbkirche" nichts, aber auch wirklich gar nichts mitbekommen habe. Nicht einmal auf dem Höhepunkt meiner "ersten Fundi-Phase" im Sommer '92 – darauf wird in einem Folgeartikel noch detaillierter einzugehen sein. Ich glaube mit Bestimmtheit sagen zu können, dass ich als Jugendlicher keinen Schimmer hatte, was Vesper und Komplet sind – was ich aus heutiger Sicht bedaure; und beinahe hätte ich gesagt, was "Frühschicht" im kirchlichen Kontext bedeutet, wisse ich bis heute nicht, aber das stimmt nicht ganz, denn ich habe Google gefragt. Dort habe ich erfahren, dass "Frühschicht" eine Bezeichnung für eine Gottesdienstform ist, die "auf moderne Inhalte, eine lockere Atmosphäre und die aktive Einbindung der Menschen" setzt. Ich persönlich finde ja, der Name klingt verdächtig nach einer Art "Bitterfelder Weg" der Pastoraltheologie – und hat entschiedene NGL-Vibes, man denke nur mal an die "Kleine Löterin". Dazu möchte ich anmerken, dass der Gesamtkomplex "Was die Generation NGL für 'modern' und 'zeitgemäß' hielt oder immer noch hält" durchaus gut zu dem Bild von "Strandkorbkirche" passt, das in meiner Erinnerung lebt; aber wann und wo diese "Frühschicht"-Gottesdienste stattgefunden haben sollen, wüsste ich nicht.

-- Vielleicht ja im Zelt auf dem Campingplatz? Man liest in "Wider das Vergessen!" nämlich auch, in Tossens, wo "[w]egen der guten Resonanz in Burhave [...] am 27.06.1987" ein zweites Standbein (oder "Strandbein", höhö) der Strandkorbkirche eröffnet wurde, "um genau dort zu sein, wo die Urlauber sind", seien in einem Zelt auf dem Campingplatz "Gottesdienste gefeiert [worden], die teilweise so gut besucht wurden, dass die Kinder unter dem Altar sitzen mussten, damit alle Platz finden konnten. Die Atmosphäre bei diesen Gottesdiensten war meistens so dicht, dass der Heilige Geist in diesem Zeit spürbar wurde" (S. 110f.). – Klingt ja toll, könnte man meinen; ich bin allerdings immer recht skeptisch gegenüber solchen Aussagen, jedenfalls wenn sich mir dabei der Verdacht aufdrängt, dass liberalkatholische Akteure die Sprache der Charismatischen Bewegung appropriieren und/oder ihren eigenen Vogel mit dem Heiligen Geist verwechseln. – Unmittelbar im Anschluss an die Erwähnung dieser geisterfüllten Campingplatz-Gottesdienste wird übrigens berichtet, dass der Strandkorbkirchen-Wohnwagen auf dem Tossenser Campingplatz "[b]ei einer Sturmflut [...] so überschwemmt [wurde], dass er nicht mehr einsatzfähig war und ein neues Mobilheim gekauft werden musste" (S. 111). Darüber, ob sich damit auch der Heilige Geist verflüchtigt hatte, erfährt man in diesem Zusammenhang nichts.

Okay, Polemik beiseite: Was hier über die Zeltgottesdienste auf dem Tossenser Campingplatz gesagt wird, ist auch insofern bemerkenswert, als man an anderer Stelle im selben Buch erfährt, der "Versuch[,] ökumenische Strandgottesdienste auch in Tossens einzuführen" – nachdem diese nämlich in Burhave bereits "eine lange Tradition" hatten – sei "mangels Beteiligung schon beim zweiten Ansatz gescheitert" (S. 109). Was der Hinweis auf die "lange Tradition" der ökumenischen Strandgottesdienste in Burhave lediglich andeutet, ist, dass diese ursprünglich überhaupt nichts mit der Strandkorbkirche zu tun hatte, sondern bereits in der Amtszeit von Pater Alfred Kremer SJ (Pfarrrektor in Burhave von 1971-85) und seinem evangelischen Amtskollegen Horst Grotrian (der 1987 in den Ruhestand trat) begründet wurde. Ein Foto von einem solchen Strandgottesdienst (auf dem ich, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, als kleiner Bengel in kurzen Hosen auf dem Schoß meiner Oma zu sehen bin) ist in der 1983 erschienenen Dorfchronik "Burhave – Geschichte und Geschichten" zu bewundern. Nebenbei bemerkt stellt die Aussage, "[e]inige Jahre" hätten sich am ökumenischen Strandgottesdienst in Burhave "auch Mitglieder des evangelischen Rüstzentrums Krelingen" beteiligt, "das in Burhave eine Außenstelle hatte" ("Wider das Vergessen!", S. 109), die einzige Erwähnung der "Krelinger" in dieser Darstellung der Geschichte der Strandkorbkirche dar. Was mich ja wieder daran erinnert, wie ich in meinem schon eingangs zitierten Blogartikel von 2017 schrieb, dass

meine Schwester und ich in unseren Teenagerjahren ein paar Versuche unternahmen, Kontakte zwischen "Strandmission"  und "Strandkorbkirche" herzustellen und sie womöglich zu gemeinsamen Aktivitäten zu bewegen. Die Evangelikalen aus Krelingen waren da zum Teil gar nicht so abgeneigt, die BDKJ-Leute aus Münster und/oder Vechta hingegen zeigten deutliche Berührungsängste.

Auch darauf wird in einem Folgeartikel noch näher einzugehen sein. – Halten wir jedenfalls mal fest, dass die Kirchenchronik "Wider das Vergessen!" bestrebt scheint, den religiösen Charakter des Strandkorbkirchen-Programms stärker zu betonen, als ich persönlich ihn in Erinnerung habe. Ein bisschen konterkariert werden diese Bemühungen, wie ich finde, durch die Aussage:

Die Teamer sind Schüler, Studenten und Familien, die sich bereit erklärt haben, ihren Urlaub nach dem Motto zu verbringen: Wir sind hier, um aktiv Urlaub zu machen und laden Euch ein, daran teilzuhaben. ("Wider das Vergessen!" S. 107)

Das deckt sich schon eher mit meinen Erinnerungen an die Strandkorbkirchen-Teams in meiner Kindheit und Jugend. "Meistens waren die Teams drei Wochen im Urlaubseinsatz und es wurden drei Teams in der Haupturlaubszeit zusammengestellt", heißt es in "Wider das Vergessen!" (S. 108); auch das deckt sich mit meiner Erinnerung, wobei ich auch hier den Unterschied zur heutigen "Willi's"-Urlauberkirche hervorheben möchte: Da ist jedes Team in der Regel nur eine Woche lang im Einsatz, und einen Zeitraum von neun Wochen bekommt man auf diese Weise auch nicht abgedeckt: Soweit man es anhand der Instagram-Seite der Pfarrei St. Willehad nachvollziehen kann, gab es im Sommer 2025 im Kirchenzelt auf dem Tossenser Campingplatz sieben Wochen Programm, in Burhave nur sechs.

Interessant ist derweil, dass in "Wider das Vergessen!" im direkten Anschluss an die zuletzt zitierte Passage auf die "Schwierigkeiten und Probleme innerhalb der Teams" hingewiesen wird, die offenbar zuweilen auftraten; allerdings wird sogleich beschwichtigend hinzugefügt:

Aber auch das Gegenteil konnte der Fall sein, dass Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen wurden, die weit über die Teamzeiten hinaus Bestand hatten und auch noch haben. (S. 108)

Weiterhin erfährt man, dass in der Zeit des Bestehens der Strandkorbkirche einige "Teamer oder Familienteams" nur je einen einzigen Einsatz absolvierten, andere jedoch in einem Zeitraum von bis zu 10 Jahren hinweg immer wieder dabei waren; ein "gewisser Erfolg" sei "darin zu sehen, dass einige Kinder später als junge Erwachsene ebenfalls die Teamarbeit gestaltet haben", und ebenso, "dass Urlauberfamilien so von unserer Tätigkeit überzeugt wurden, dass sie später selbst Teamzeiten mitgestaltet haben" (S. 108f.). Insgesamt, so heißt es, "zählten im Laufe der Jahre etwa 80 Frauen, 35 Männer und 30 Familien mit ihren fast 80 Kindern aus ganz Deutschland" zu den Teams der Strandkorbkirche:

Die Teamgrößen entsprachen von Ein-Frau / Ein-Mann Teams bis zu Familienteams mit bis zu 25 Personen, das heißt, dass die Teams für sich schon genug Aufmerksamkeit vor allem am Burhaver Strand erregt haben. So konnten sie für ihre Einladungen an die Urlauber mit ihrem Erscheinen genügend Werbung für die Strandkorbkirche machen. (S. 108)

Es wird hervorgehoben, "dass die Durchführung der Strandkorbkirche einiges an Planung und Organisation nötig machte" (ebd.); in diesem Zusammenhang erfährt man unter anderem, dass "in den ersten Jahren noch eine Vorbereitungswoche in Hopsten durchgeführt" wurde, "in der sich die Teamer kennenlernen konnten und bei der ihnen die Idee, was 'Strandkorbkirche' ist, näher gebracht wurde. Ferner wurden auch Spiel- und Bastelideen, die für den Einsatz interessant schienen, selbst ausprobiert" ("Wider das Vergessen!", S. 107). Später, nämlich in den Jahren 1992 bis 94, gab es statt der Vorbereitungswoche nur noch "ein Wochenende in Schillig" (ebd.); das hatte damit zu tun, dass die Stelle des Beauftragten für Urlauberseelsorge beim Generalvikariat in Münster auf eine halbe Stelle gekürzt worden war. "Als dann diese Stelle auch noch vom Generalvikariat aufgelöst wurde, gab es keine Vorbereitungstreffen in dieser Art mehr" (ebd.). Heutzutage finden, wie ich gehört habe, die Vorbereitungstreffen für die Urlauberkirche in Butjadingen in Form einer Zoom-Konferenz mit dem Diakon der Pfarrei St. Willehad statt.

Ebenso gab es in der Anfangszeit der Strandkorbkirche auch "Nachtreffen, die immer am Buß- und Bettag in der Nähe von Münster, da viele Teamer anfangs aus dieser Region stammten, stattfanden, bis dieser als freier Tag abgeschafft wurde" ("Wider das Vergessen!", S. 107f.). Es stellt sich die Frage, weshalb nach der Abschaffung dieses gesetzlichen Feiertags kein Ersatztermin gesucht wurde – es hätte ja auch ein Wochenende sein können –, denn der Sinn und Nutzen eines solchen Nachtreffens leuchtet schließlich unmittelbar ein: "Bei diesen Nachtreffen wurden Probleme, die innerhalb der Teams oder mit der Teamarbeit aufkamen, besprochen oder gut durchgeführte Aktionen vorgestellt, damit andere Teams davon profitieren konnten" (S. 108). Ich vermute mal, ähnlich wie im Fall der Vorbereitungswoche bzw. des Vorbereitungswochenendes hatte die Abschaffung des Nachtreffens letztlich weniger mit dem Wegfall eines Feiertags zu tun als mit Einsparungen bei hauptamtlichen Mitarbeitern, für die so ein Treffen schließlich Arbeitszeit ist bzw. wäre. Es mag manchem Leser kontraintuitiv erscheinen, aber für mich unterstreicht diese Beobachtung, dass die Großkirchen immer noch zu viel und in zu vielen Bereichen auf hauptamtliche Mitarbeiter setzen. Das Dumme ist, wenn ihnen dafür das Geld ausgeht, führt das nicht dazu, das vorherrschende Verständnis von Pastoral als Dienstleistung grundsätzlich zu überdenken, sondern bloß dazu, dass Angebote reduziert oder ganz gestrichen werden. Nun ja, das ist ein weites Feld. Für diesmal möchte ich zum Ende kommen – allerdings nicht ohne einen Vorausblick darauf zu werfen, was ich zu diesem Thema in halbwegs naher Zukunft noch so zu schreiben beabsichtige:

  • Nicht unbedingt in die Reihe "Glanz und Elend der Urlauberkirche", wohl aber in eine neulich schon angedachte Reihe "Dokumente meiner ersten Fundi-Phase" passt ein Beitrag über eine gemeinsame Veranstaltungsreihe des GRZ Krelingen und der Ostfriesischen Zeltmission unter dem Motto "Glauben im Kreuzfeuer der Zeit", die im Sommer 1990 in meinem Heimatdorf stattfand und über die ich damals so allerlei in mein Tagebuch gekritzelt habe.
  • Die Reihe "Glanz und Elend der Urlauberkirche" wäre dann fortzusetzen mit einem Artikel "Summer of '92", ebenfalls auf der Basis von Tagebucheinträgen; der besagte Sommer dürfte wohl den Höhepunkt meiner aktiven Beteiligung am Urlauberseelsorge-Programm von Strandkorbkirche und Krelinger-Strandmission sowie, wie weiter oben schon angedeutet, überhaupt einen Höhepunkt meiner "ersten Fundi-Phase" markieren.

Ob sich auch noch Originaldokumente aus anderen Jahren auftreiben lassen (interessant wäre ja v.a. 1991, als "Lückenschluss" sozusagen), ist derzeit ungewiss, aber hoffen wir mal das Beste. – Bleibt mir gewogen, Leser!


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