Ich bin schon wieder auf Achse, Freunde. Hatte ich nicht gerade erst angemerkt, ein Wochenende, an dem nichts Besonderes los ist, wäre zur Abwechslung auch mal ganz nett? Tja, die Vorsehung wollte es anders. Aktuell befinde ich mich, man höre und staune, auf dem Achorhof; und zwar, man höre und staune noch mehr, als Küchenhelfer bei einem Herbstlager von Wölflings-Mädchen der KPE. Wie es dazu gekommen ist, verrate ich weiter unten; jedenfalls ist dies auch der Grund für den etwas untypischen Veröffentlichungszeitpunkt dieses Wochenbriefings, denn ich muss mich hier natürlich nach dem Tagesablauf der Wölflinge richten. Aus demselben Grund ist im vorliegenden Wochenbriefing inhaltlich noch nicht viel von diesem Pfadfinderlager die Rede, da ich schlichtweg noch nicht die Zeit hatte, das dort Erlebte in der gebotenen Ausführlichkeit zu dokumentieren. Es gibt aber auch so genug Stoff für dieses Wochenbriefing; und gleich der erste thematische Abschnitt hat ebenfalls mit Pfadfindern zu tun...
Allzeit bereit für Jesus!
Am vorigen Samstag fand das erste Stammestreffen des Tegeler Stammes der Royal Rangers nach den Sommerferien statt, und ich hatte schon seit einiger Zeit ins Auge gefasst, da mit den Kindern hinzugehen. Dass die Große am Freitag nach der Schule eine Freundin besuchte und sehr spontan (aber natürlich beiderseits mit den Eltern abgesprochen) auch dort übernachtete, erwies sich nicht als zwingendes Hindernis, zumal die Freundin Interesse zeigte, zu den Pfadfindern mitzukommen. Ich holte die Mädchen also nach dem Frühstück ab und fuhr mit ihnen zum Versammlungsplatz der Rangers; wir waren sogar etwas früh dran, die Leiter waren noch bei ihrer Gebetsrunde. (Das ist etwas, was ich vom JAM, aber auch von der Eltern-Kind-Gruppe der Gemeinde auf dem Weg kenne: Unmittelbar vor Beginn der Veranstaltung beten die Mitarbeiter zusammen. Sollte man sich ein Beispiel dran nehmen.) Als diese beendet war, ergab sich ein unerwartetes Problem: Theoretisch gibt es bei den Royal Rangers sechs Altersstufen, angefangen bei den "Entdeckern" (4-5 Jahre); praktisch gibt es beim Tegeler Stamm aber derzeit keine Gruppen unterhalb der "Kundschafter"-Stufe (9-11 Jahre), weil dafür Leiter fehlen. Die Leiterin einer "Kundschafter"-Mädchengruppe, selbst erst vor kurzem 18 Jahre alt geworden, erklärte sich schließlich bereit, meine Tochter und ihre Freundin probeweise in ihrer Gruppe mitmachen zu lassen, unter der Voraussetzung, dass ich als zusätzliche Aufsichtsperson mit dabei blieb (was ich ohnehin vorgehabt hatte); und als meine Liebste mit dem Jüngsten zu uns stieß, durfte der Knabe sich ebenfalls dieser Gruppe anschließen. Zunächst gab es aber eine gemeinsame Eröffnung des Stammestreffens – mit Gesang.
Beim Durchblättern des Liederhefts fiel mir auf, dass es zwar einige klassische Pfadfinderlieder (z.B. "Roter Mond"), vor allem aber Lobpreislieder (z.B. "So bist nur Du", "Über alle Welt", "Alle Schöpfung staunt und preist"). Auch das Motto der Royal Rangers – die acht Eigenschaften, für die die acht blauen Zacken des Sterns im Ranger-Abzeichen stehen ("Wachsam, rein, ehrlich, tapfer, treu, höflich, gehorsam, geistlich") –, gibt es als Lied, und das wurde zur Eröffnung gesungen. Dann wurde noch eine Runde "Zombieball" gespielt, ehe die einzelnen Gruppen bzw. "Teams" mit ihrem jeweils eigenen Programm begannen. Was mir dabei noch auffiel, war, dass die Antwort auf die Frage "Seid ihr bereit?" bei den Royal Rangers nicht einfach "Allzeit bereit!" sondern "Allzeit bereit für Jesus!" lautet. Gefällt mir.
Bei den "Kundschafter"-Mädchen, die ich zusammen mit meinen Kindern und der Freundin meiner Tochter begleiten durfte, gab es diesmal eine Schnitzeljagd im Wald: Es galt Wegmarkierungen zu finden, und an einigen Stellen waren Zettel mit Aufgaben versteckt, die die Gruppe erledigen musste.
Eine solche Aufgabe war es, auf einem Baumstamm stehend die oben schon erwähnten acht Eigenschaften der Royal Rangers aufzusagen – was die Mädchen lösten, indem sie kurzerhand das Lied von der Begrüßung noch einmal sangen, und zwar aus vollem Hals.
Die Wald-Schnitzeljagd endete damit, dass die "Kundschafter"-Mädchen einen auf einem Holzplatz versteckten "Schatz" (bestehend aus mehreren Mini-Packungen Gummibärchen) finden mussten; dann gab es eine kleine Pause und dann eine Katechese zum Thema "Wie wir mit anderen darüber sprechen können, was wir glauben", die darin gipfelte, dass die Leiterin Kärtchen mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis an die Kinder verteilte.
Über die kommenden Wochen, erklärte sie, solle dieses Glaubensbekenntnis abschnittsweise auswendig gelernt werden. (Meine Tochter teilte mir wenig später mit, die ersten zwei Absätze könne sie schon auswendig. So kenne ich sie...!) – Anschließend wanderte die Gruppe wieder zum Pfadfinderlager zurück, wo ein Feuer gemacht und Schokobananen zubereitet wurden.
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Dieses Rezept würde man sicherlich nicht im Komm-mit-Kalender finden... |
Zur Abschlussrunde versammelte sich wieder der ganze Stamm, zwei Mädchen erhielten Abzeichen, und es wurde ein "Segenslied" gesungen ("Gottes guter Segen sei mit euch"). – Insgesamt ist mein erster Eindruck von den Tegeler Royal Rangers ausgesprochen positiv, und ich glaube sagen zu können, dass es auch den Kindern sehr gut gefiel; wie mit uns und den Royal Rangers jetzt weitergeht, muss man sehen: Eine neue "Forscher"-Gruppe (für 6- bis 8-Jährige) soll im November starten, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass meine Tochter lieber weiter bei den "Kundschafter"-Mädchen mitmachen möchte, besonders wenn ihre Freundin, die nämlich schon im richtigen Alter für die "Kundschafter" ist, ebenfalls weitermachen möchte. Ich hatte auch eigentlich nicht den Eindruck, sie wäre irgendwie "zu klein" für diese Gruppe. – Festhalten möchte ich übrigens auch meinen Eindruck, dass es bei den Royal Rangers nicht ganz so diszipliniert und geordnet zugeht, wie ich es mir bei einer Pfadfindergruppe eigentlich vorgestellt hätte; aber das meine ich nicht als Kritik, es ist mir durchaus sympathisch – und zugleich ist es ja nur ein punktueller Eindruck. Bei der KPE hingegen... nun, darüber will ich vor dem Abschluss des Herbstlagers kein abschließendes Urteil abgeben. Nächste Woche wissen wir mehr!
Sonntag in Siemensstadt: Was die Vorsehung so alles zusammenfügt
Am Sonntag gingen wir, wie wir es uns vorgenommen hatten, in St. Joseph Siemensstadt in die Messe; beim Frühstückmachen war mir wieder eingefallen, dass ich gehört hatte, in dieser Messe würde sich der neue Erstkommunionkurs der Gemeinde vorstellen – was ich nicht zuletzt deshalb interessant fand, weil es mir schlagartig bewusst machte, dass nächstes Jahr schon unser Tochterkind "dran" ist: Zum Erstkommunionkurs werden in dieser Gemeinde Kinder ab dem 4. Schuljahr zugelassen bzw. eingeladen, Ministrant werden darf man hingegen schon ab dem 3. Schuljahr – ich persönlich fände es umgekehrt eigentlich sinnvoller, aber who am I to judge. Jedenfalls, als ich im Eingangsbereich der Kirche Flyer zum Thema "Willst du ein Ministrant werden?" ausliegen sah, drückte ich meiner Tochter einen in die Hand und sagte ihr, das solle sie sich mal ansehen; mit unerwartetem Erfolg: Nicht nur zeigte sie selbst Interesse am Ministrantendienst, sondern sie wollte noch drei weitere Flyer mitnehmen, um sie an ihre Schulfreundinnen weiterzugeben. Da bin ich ja mal gespannt auf die Reaktionen...
Zu Beginn der Messe gab es Probleme mit der Orgel, vielleicht fand auch der Organist – der zu Gast oder als Vertretung da war – auch nur den Schalter nicht, jedenfalls war keine Luft auf den Orgelpfeifen – mit Blasebalgtretern wie in alten Zeiten wäre das nicht passiert... Na, so ein Einzug in Stille ist durchaus auch nicht zu verachten, fand ich; hatte ein bisschen was von Karfreitag. Anschließend verkündete der Zelebrant – Padre Ricardo aus Mexiko –, die Gemeinde solle das erste Lied ohne Begleitung singen; allerdings meinte er, das eigentlich an dieser Stelle vorgesehene Lied "Herr Jesu Christ, dich zu uns wend" (GL 147) sei dafür zu unbekannt (tatsächlich?) und schlug stattdessen "Nun danket all und bringet Ehr" (GL 403) vor. Tja, Paul Gerhardt geht halt immer, das muss der Neid unseren evangelischen Glaubensgeschwistern lassen. – Bis zum Kyrie war das technische Problem an der Orgel jedenfalls behoben.
Im weiteren Verlauf der Messe stellten sich 19 angehende Erstkommunionkinder der Gemeinde vor; eins der Kinder trug die 1. Lesung vor, fünf weitere die Fürbitten. Bedeutender war allerdings, dass im Rahmen der Predigt dazu aufgerufen wurde, Mitglieder der Gemeinde sollten Gebetspatenschaften für die einzelnen Erstkommunionkinder übernehmen, also jeweils ein bestimmtes Kind auf dessen Weg zur Erstkommunion im Gebet begleiten. Zu den ersten, die sich für diese Aufgabe meldeten, gehörte meine Liebste. Sie hatte nämlich von der Gemeindefreizeit der EFG The Rock Christuskirche die Lehre mitgenommen, es sei wichtig, dass die Mitglieder einer Gemeinde füreinander beten, und hatte den Vorsatz gefasst, diesbezüglich mit gutem Beispiel voranzugehen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, nach der Messe aufs Geratewohl drei Gemeindemitglieder anzusprechen, um ihnen anzubieten, füf ihre Anliegen zu beten. Da wäre ich ja gespannt auf die Reaktionen gewesen, aber vielleicht kommt es ja noch an einem zukünftigen Sonntag dazu.
Im Anschluss an die Messe sprach mich dann vor dem Kirchenportal ein Bekannter aus der Gemeinde an: ob ich den Achorhof kenne. Ich bejahte heftig: Da sei ich schon mehrfach gewesen, ich hätte ihm doch schon mal davon erzählt und sogar angeregt, dort mal ein Exerzitienwochenende zu veranstalten. Ja, sagte er, so ungefähr habe er das in Erinnerung gehabt; jedenfalls hielten am langen Wochenende über den 3. Oktober dort die KPE-Pfadfinder ein Mädchen-Herbstlager ab, da könnte ich, wenn ich spontan genug wäre, als Küchenhelfer mitkommen und auch meine Tochter mitbringen. Ich fragte daraufhin meine Tochter, was sie davon hielte, und sie war sofort Feuer und Flamme.
Bemerkenswert, wie sich alles zusammenfügt, nicht? Wie erwähnt, hätten wir ja auch an diesem Sonntag zum Achorhof fahren können (zum "Kochen und Essen nach Hildegard von Bingen"), aber dann hätte ich diese Begegnung vor dem Kirchenportal nicht gehabt und wäre wohl nicht als Küchenhelfer fürs Pfadfinderlager angeheuert worden.
Vive la difference: Pro und Contra im Spandauer Pfarrbrief
Schon vor zwei Wochen hatte ich erwähnt, dass der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland erschienen sei und dass es da ein paar erwähnenswerte Beiträge gebe; und jetzt komme ich endlich mal dazu, näher darauf einzugehen; aber so sehr fällt diese Verzögerung wohl nicht ins Gewicht, wenn man bedenkt, dass der Pfarrbrief nur ungefähr alle drei Monate erscheint.
Also mal von vorne: Das Titelthema des aktuellen Pfarrbriefs heißt "Vorbilder", dazu sind auf dem Titelfoto zahlreiche Heiligenikonen zu sehen; einen kurzen Moment lang hatte ich die Vorstellung, dieses Schwerpunktthema habe womöglich mit der Heiligsprechung von Carlo Acutis zu tun, aber tatsächlich wird dieser – ebenso wie auch der andere frischgebackene Heilige, Pier Giorgio Frassati – im gesamten Pfarrbrief überhaupt nicht erwähnt; der Anlass für das Titelthema ist demnach wohl eher in dem Umstand zu suchen, dass das Hochfest Allerheiligen in den Gültigkeitszeitraum dieser Pfarrbrief-Ausgabe fällt. Jedenfalls gibt es zum Thema Heiligenverehrung einen Leitartikel von der Gemeindereferentin; darin nimmt sie Bezug auf ein Buch zweier evangelischer Theologen ("Gottescourage" von Klaus Reblin und Wolfgang Teichert), das ihr, wie sie betont, erst einen wirklichen Zugang zur Heiligenverehrung eröffnet habe, und beklagt, die Hl. Hedwig – die in einem darauffolgenden, der "Internerseite des Erzbistums" entnommenen Beitrag als "Brückenbauerin zwischen Deutschland und Polen" gewürdigt wird – sei "eine der wenigen verheirateten Frauen, die heiliggesprochen wurden".
Der Artikel über die Hl. Hedwig leitet über zur Debatte über die Neugestaltung der Berliner Kathedrale, die ihren Namen trägt: Unter der Überschrift "St.-Hedwigs-Kathedrale – Für und Wider" kommen zwei gegensätzliche Standpunkte zu Wort, wobei das "Plädoyer für die Umgestaltung" von meinem kritischen Stammleser Egidius stamnt. Was ich daran besonders interessant fand, ist, dass einige Passagen seines Plädoyers sich, wörtlich oder sinngemäß, bereits in seinen Kommentaren zu diesem meinem Blog finden, genauer gesagt in den Kommentaren zu meinem Wochenbriefing vom 19. Juli. Nun, ich nehme mal an, dass Egidius zu diesem Zeitpunkt bereits an seinem Pfarrbrief-Beitrag arbeitete, und wenn er die Diskussion mit anderen Lesern meines Blogs dazu nutzte, seine Argumente zu schärfen oder zu erproben, dann ist ihm das sicher nicht zu verdenken. Den Contra-Standpunkt im Pfarrbrief vertritt derweil der Spandauer Krankenhausseelsorger; und obwohl ich mit seiner Sicht auf die neu gestaltete Hedwigskathedrale tendenziell eher übereinstimme, muss ich sagen, dass ich seinen Beitrag weniger überzeugend und gelungen finde: Er umfasst drei Seiten – vier, wenn man das am Ende drangehängte Gedicht "Trost" von Manfred Hausmann mitzählt –; aber letztlich läuft alles immer wieder auf den Refrain "Ich find's halt einfach nicht schön" hinaus. Dass er das so empfindet, ist ihm natürlich nicht zu verübeln, aber für eine Debatte ist es eben ein bisschen wenig – nicht umsonst sagt der Lateiner de gustibus non est disputandum. Was er an Argumenten für seinen Standpunkt heranzieht, wirkt indes einigermaßen beliebig und zum Teil recht weit hergeholt; so fand ich die Bemerkung, dadurch, dass "sich bei einrr vollgefüllten Kathedrale zumindest ein Viertel der Gläubigen im Rücken des Hauptzelebranten" befinde, könne "man sich in die Zeit vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils zurückversetzt" fühlen, ausgesprochen unangemessen, und bei der Aussage, die nüchterne, betont schlichte Raumgestaltung sei ihm zu "dogmatisch" ("Das entspricht nicht meinem Leben"), ist mir unklar, was er in diesem Zusammenhang eigentlich unter dieser Bezeichnung versteht. Auch wenn man es grundsätzlich lobenswert finden mag, dass er darum bemüht scheint, die Debatte um die Neugestaltung der Hedwigskathedrale aus den Kategorien des üblichen Lagerdenkens (die Befürworter seien "progressiv", die Gegner "konservativ") herauszulösen.
Dass es letztlich aber doch (auch) um den Konflikt zwischen traditioneller und moderner Ästhetik geht, unterstreichen zwei Beiträge, die in ähnlicher Weise miteinander korrespondieren wie dieses Pro und Contra zur Hedwigskathedrale und in denen es um Mariendarstellungen auf Hauswänden geht. In dem einen Artikel, der vom leitenden Pfarrer verfasst ist, geht es um das Marienbild an einem Wohnblock in der Siedlung Falkenhagener Feld, von dem hier vor ein paar Wochen schon mal die Rede war:
"Vor einigen Wochen wurde an einem Wohnkomplex im Falkenhagener Feld ein kolossales Wandgemälde enthüllt. Es stellt die Gottesmutter Maria dar. Die Immaculata (unbefleckt empfangene Jungfrau Maria) wir in einer sehr schönen und künstlerisch hochwertigen Art gezeigt. [...]
Natürlich waren die beiden Spandauer Gemeinden und ihre Seelsorger über diese sehr markante und bekenntnisstarke Darstellung sehr erstaunt. [...] Die Nachbarschaft ist wohl sehr angetan [.] Wir haben am 24. August im Rahmen einer kleinen Feier das Bild eingesegnet. Alle, die möchten, können das Wandbild in der Stadtrandstraße 460 bewundern bzw. auch ein Gebet sprechen."
Gekontert, wenn man das so sagen kann, wird dieser Beitrag wiederum von Egidius, der ihm die Würdigung eines im Street-Art-Stil gehaltenen Marienbildes gegenüberstellt, das seit 2017 das Gemeindehaus von Maria, Hilfe der Christen ziert. Oder richtiger gesagt: Ob diese Darstellung das Gebäude ziert, ist gerade die Frage. Denn dass die Street-Art-Madonna nicht unbedingt im klassischen Sinne "schön" genannt werden kann, setzt Egidius' Artikel sozusagen implizit voraus – und er merkt dazu an: "Mit 'schöne Frau' oder gar 'schönste Frau' betreten wir heutzutage vermintes Gelände. Was ist eine schöne Frau? [...] Diese Frage ist einfach nicht zu beantworten." Dass ihm zur Illustration dieser These vorrangig Politikerinnen einfallen – "Ist Sahra Wagenknecht eine schöne Frau oder Marie Agnes Strack-Zimmermanm oder Julia Klöckner?"–, scheint mir ein recht klares Indiz dafür zu sein, dass er mehr Politik im Fernsehen guckt, als gut für ihn ist, aber das mal nur nebenbei. Dass diese Street-Art-Madonna dem Marienbild vom Falkenhagener Feld, das der Pfarrer als schön und künstlerisch hochwertig gewürdigt hat, so demonstrativ gegenüberstellt wird, mit dem erkennbaren Subtext "Das hier ist aber zeitgemäßer und darum irgendwie auch authentischer", finde ich – bei aller Sympathie für Street-Art-Ästhetik, die ich durchaus habe – ein bisschen provokant; davon abgesehen habe ich als selbsternannter Beauftragter für Punkpastoral gewisse grundsätzliche Bedenken für die ja auch andernorts vorkommende Praxis, die Fassaden kirchlicher Gebäude von Street-Art-Künstlern gestalten zu lassen: Was nützt die hippe Außenseite, wenn der Geist, der im Innern dieser Gebäude herrscht, diesem Bild nicht entspricht? – Aber das wäre mal ein Thema für sich. Anerkennen muss ich jedenfalls, dass die von Egidius vorgeschlagene Bilddeutung, die in einzelnen Bildelementen des Wandgemäldes Visualisierungen von Marientiteln aus der Lauretanischen Litanei sieht, durchaus lesenswert und anregend ist.
Adoratio Altötting: Fundi-Watch warnt
Na gut, könnte man sagen: Was sollte Fundi-Watch auch sonst machen? Bezeichnendist es trotzdem, was diese Initiative so zu dem eucharistischen Festival am Gnadenort Altötting zu sagen hat, das heuer schon zum sechsten Mal veranstaltet wurde. Von dem zentralen inhaltlichen Schwerpunkt der Veranstaltung – der Eucharistischen Anbetung – oder überhaupt von ihrem geistlichen Gehalt haben die Fundi-Watcher natürlich überhaupt keine Ahnung und interessieren sich offenkundig auch nicht sonderlich dafür; ihr Unmut entzündet sich vorrangig an einem Namen auf der Rednerliste, nämlich dem von Sophia Kuby. Diese junge Dame, die am Sonntagmorgen bei der Adoratio einen Vortrag zum Thema "Aus der Hoffnung leben – Gesellschaft verwandeln" gehalten hat, wird von Fundi-Watch als "Rechtskatholikin", "Kämpferin gegen Frauen- und queere Rechte" sowie als "Schlüsselfigur im christlich-extremistischen Netzwerk Agenda Europe" eingeordnet; konkret heißt es:
"Kuby tritt ein GEGEN sexuelle & reproduktive Selbstbestimmungsrechte, GEGEN Gleichstellung von LGBTQ*-Personen, GEGEN Fortschritte bei Geschlechtergleichheit, GEGEN Antidiskriminierungs- und Hassrede-Gesetze".
Wozu mir zunächst mal nur ein Loriot'sches "Ach" einfällt. Unter dem Vorbehalt, dass ich mich im Detail noch nicht mit Sophia Kubys Positionen zu diesen Fragen auseinandergesetzt habe, muss ich doch sagen, dass ich es ausgesprochen tragikomisch finde, wie unfähig die Fundi-Watcher zu der Einsicht sind, dass es ganz normal katholisch ist, Abtreibung abzulehnen, die lebenslange und auf Elternschaft ausgerichtete Ehe zwischen einem Mann und einer Frau als normatives Lebensmodell anzusehen und das Verhältnis der Geschlechter zueinander mehr unter dem Aspekt der Komplementarität als dem der Gleichheit zu betrachten. Natürlich gibt es in der Kirche, gerade auch auf der Funktionärsebene, Leute, die den Eindruck zu erwecken suchen, das sei nicht (mehr) so, aber im Grunde, das wage ich zu behaupten, weiß jeder – auch und gerade Leute, die sonst nichts über die katholische Kirche wissen –, dass es eben doch so ist. Von daher wirkt das Bemühen, einen Skandal daraus zu machen, dass Kardinal Marx – der doch "vermeintlich für Offenheit gegenüber queeren Menschen bekannt" sei – im direkten Anschluss an den Vortrag Sophia Kubys bei der Adoratio eine Messe feierte, einigermaßen angestrengt; aber die Strategie dahinter kennen wir schon: Es geht darum, Druck auf diejenigen Bischöfe auszuüben, die Wert darauf legen, als "liberal" wahrgenommen zu werden; diese sollen durch "public shaming" dazu gebracht werden, sich noch stärker von als "rechtskatholisch" gebrandmarkten Akteuren zu distanzieren, als sie es sowieso schon tun. Ob das den Aufwand wirklich wert ist, sei mal dahingestellt; aber zum Stichwort "Rechtskatholizismus" habe ich noch ein Bonbon: Im Eule-Magazin argumentierte mein alter Frenemy Philipp Greifenstein unlängst, "zutreffender" wäre es, von "katholisch codierte[m] Rechtsradikalismus" zu sprechen – "weil es eben nicht um eine (erz-)konservative Auslegung katholischer Lehrmeinungen geht, sondern um rechtsradikale politische Botschaften, die in fromme und reaktionär-katholische Verkleidungen gesteckt werden". Hammer, oder? Ich will nicht grundsätzlich ausschließen, dass es Akteure gibt, auf die diese Charakterisierung so mehr oder weniger zutrifft; aber wenn man spaßeshalber mal eine Liste anlegen würde, wer so alles in einschlägigen Kreisen als "rechtskatholisch" etikettiert wird, würde man sich doch sehr wundern über die Vorstellung, das seien alles rechtsradikale Wölfe im frommen Schafspelz, denen es in Wirklichkeit nicht um den Glauben geht, sondern um politische Macht. Nun ja, hier wie so oft gilt: Es ist keine Verschwörungstheorie, wenn es die Guten sagen.
Weniger "over the top", aber gleichwohl ganz in den Bahnen des konventionellen Lagerdenkens verbleibend kommt die Kritik am Adoratio-Kongress daher, die Fabian Brand in der Herder-Korrespondenz übt; indes muss ich sagen, dass dieser Artikel trotz seines gemäßigteren Tonfalls (nebenbei bemerkt: Ist es nicht schon recht bezeichnend, wenn man einem Artikel mit der polemischem Überschrift "In frommer Soße ertränkt" einen vergleichsweise gemäßigten Tonfall attestieren muss?) auf mich kaum weniger peinlich, höchstens auf andere Art peinlich wirkt als die Einlassungen von Fundi-Watch, Eule etc.: Auch Fabian Brand scheint nämlich zu den Leuten zu gehören, die so sehr daran gewöhnt sind, dass es in der Kirche um alles Mögliche geht, aber nicht (oder höchstens oberflächlich) um Gott, dass sie die Kirche da, wo es ihr plötzlich doch mal zentral und vorrangig um Gott geht, gewissermaßen kaum wiedererkennen. Ich finde ja, auf die Idee, eine kirchliche Veranstaltung dafür zu tadeln, dass es dort allzu fromm zugehe, muss man erst mal kommen. Und wenn Braun bemängelt, "[k]ritische Themen oder Zukunftsperspektiven der Kirche" würden bei der Adoratio oder ähnlich ausgerichteten Veranstaltungen "bestenfalls in frommer Soße ertränkt, frei nach dem Motto: Jesus und Beten allein genügen", klingt er wie jemand, der mit einem Gott, der in der Kirche, in der Welt und im Leben der Menschen wirkt, gar nicht rechnet – und es darum auch Anderen nicht abkauft, dass sie es tun. Und wie schon erwähnt, erhebt natürlich auch wieder das gute alte böse alte Lagerdenken sein Haupt, wenn Braun mit Blick auf die Adoratio oder auch die MEHR in Augsburg beklagt:
"Liberalere Formate gibt es in dieser Größenordnung bisher nicht. Das ist nicht gut. Denn damit überlässt man die Federführung den eher konservativen Kreisen, während das liberalere Spektrum zunehmend zu verstummen droht."
Ach. Woran das wohl liegen mag? Womöglich gar daran, dass der liberale Katholizismus, oder überhaupt das liberale Christentum, schlichtweg nicht besonders viel zu bieten hat, was man nicht auch jenseits von Kirche und Religion – und dort ohne einen dünnen religiösen Anstrich, der in seiner annähernden Überflüssigkeit nur noch aufgesetzt und peinlich wirkt – finden kann?
Auf "Neuer Anfang" versucht sich Patricia Haun an einer Antwort auf Fabian Brand, die allerdings für mein Empfinden (wie es mir beim "Neuen Anfang", bei aller grundsätzlichen inhaltlichen Übereinstimmung, öfter geht) etwas zu wortreich geraten ist und dadurch unnötig defensiv wirkt. An einer inhaltlich zentralen Stelle ihres Beitrags ist Frau Haun aber unbedingt zuzustimmen, nämlich wenn sie Fabian Brands Kritik, bei Veranstaltungen wie der Adoratio kämen "die drängenden Fragen von Kirche und Welt" zu kurz, entgegenhält:
"Wer um Gottes Willen sollte denn bessere Antworten auf die Fragen unserer Zeit haben als der allmächtige Gott?"
Geistlicher Impuls der Woche
Ich leiste, was ich schuldig bin im Gehorsam gegen die Gebote Christi, der sagt: "Erforscht die Schriften!" (Joh 5,39) und: "Sucht, dann werdet ihr finden!" (Mt 7,7). Ich möchte nicht das Wort hören: "Ihr irrt euch; ihr kennt weder die Schrift noch die Macht Gottes." (Mt 22,29) Denn wenn Christus nach dem Wort des Apostels Paulus "Gottes Kraft und Gottes Weisheit" ist (1 Kor 1,24), dann kennt die Kraft und Weisheit Gottes nicht, wer die Schrift nicht kennt. Wenn die Kenntnis der Schrift fehlt, fehlt die Kenntnis Christi. Ich will darum handeln wie ein Hausvater, der aus seinem Vorrat Neues und Altes hervorholt (vgl. Mt 13,52), und wie die Braut im Hohenlied: "Köstliche Früchte, frische und solche vom Vorjahr, habe ich für dich aufgehoben, Geliebter" (Hld 7,14). So will ich Jesaja erklären: Ich will ihn nicht nur als Propheten aufzeigen, sondern auch als Evangelisten und Apostel. Denn er sagt von sich und den andern Kündern der Frohen Botschaft: "Wie willkommen sind die Füße derer, die eine frohe Botschaft bringen, die den Frieden verkünden" (vgl. Jes 52,7). Zu ihm sprach Gott wie zu einem Apostel: "Wen soll ich senden? Wer wird zu diesem Volk gehen?" Er antwortete: "Hier bin ich, sende mich!" (Jes 6,8). Niemand meine, ich wollte den Inhalt dieses Buches in einer kurzen Rede zusammenfassen, da die vorliegende Schrift doch alle Geheimnisse des Herrn enthält. Sowohl die Geburt des Immanuel aus der Jungfrau wird verkündet als auch die Botschaft von dem berühmten Mann, der Zeichen und Wunder tat, der starb und begraben wurde, der aus der Welt des Todes erstand und Heiland aller Völker genannt wird. Was soll ich über die Lehre von der Natur, über Ethik und Logik sprechen? Alles, was zur Heiligen Schrift gehört, was menschliche Zunge aussprechen und der Sinn der Sterblichen fassen kann, ist in diesem Buch enthalten.
(Hieronymus, Auslegung zum Buch Jesaja)
Ohrwurm der Woche
Canned Heat: Goin' Up the Country
Ja, das war vor Jahren Platz 11 meiner Hitliste "Der Sound der #BenOp"; aber trotzdem ist es mein Ohrwurm der Woche, da ist nichts dran zu ändern. Der Einfachheit halber zitiere ich hier daher auch mal, was ich seinerzeit zur Rolle dieses Songs als "inoffizielle Hymne des Woodstock-Festivals" schrieb:
"[E]r spielt auch eine prominente Rolle im Film zum Festival, wo im Anschluss an die Anmoderation von Bandmitglied Bob 'The Bear' Hite (in der dieser den Songtitel 'Goin’ Up the Country' scherzhaft darauf bezieht, sich zum Pinkeln in die Büsche zu schlagen) allerdings die Studioaufnahme des Songs eingespielt wird, und zwar zur Untermalung von Aufnahmen der Anreise von Festivalbesuchern. Und ich muss sagen: Ich find's entzückend, wie da die farbenprächtig gewandeten Hippies, einige mit Kindern, einige mit Wanderrucksäcken, einige mit bunt angemalten und mehr oder weniger klapprigen Autos, auf das Farmgelände strömen. Mir ist bewusst, dass manche konservativen Gemüter mein Wohlgefallen hieran wohl eher nicht teilen werden, aber die hätten bestimmt auch gemeckert, als König David nackt vor der Bundeslade tanzte. Hab ich Recht? -- Hervorzuheben ist übrigens, dass in dem Filmausschnitt auch drei Ordensschwestern zu sehen sind. Die Hintergrundgeschichte dazu gibt es hier."
Vorschau/Ausblick
Über das KPE-Herbstlager wird es im nächsten Wochenbriefing, oder vielleicht auch in einem separaten Beitrag, sicherlich noch allerlei zu berichten geben; wenn wir von dort zurück sind, steht von der Papierform her erst mal eine "ganz normale" Schul- und Arbeitswoche an, aber was heißt schon "normal"... Am Dienstag bin ich zur Teilnahme an einer Online-Veranstaltung der Evangelischen Akademie zum Thema "Multiple Elternschaft, Kindeswohl und Sorgerecht" angemeldet, um gegebenenfalls für die Tagespost darüber zu berichten. Am Mittwoch ist vormittags die letzte Sitzung des Eltern-Glaubenskurses in der Gemeinde auf dem Weg und nachmittags JAM – beides Themen, die ich im vorliegenden Wochenbriefing nicht berücksichtigt habe, aber ich denke, das, was da am zurückliegenden Mittwoch so los war, kann ich ruhig in die nächste Woche mit 'rübernehmen. Im Übrigen rückt der erste Kinderwortgottesdienst der Saison in St. Joseph Siemensstadt näher und wird wohl noch etwas Vorbereitung beanspruchen; außerdem sollte ich mich mal darum kümmern, wie denn nun die Perspektiven für meine Tochter bei den Royal Rangers aussehen, denn da ist kommenden Samstag schon wieder Stammestreffen. Es bleibt spannend...!
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