Fantasy-Romane für Kinder und Jugendliche, oft in vielbändigen Serien, gibt es wie Sand am Meer; wie ich in einem Artikel für die Tagespost angemerkt habe, handelt es sich bei einem Großteil dieser massenhaft produzierten Literatur allerdings um "recht austauschbare 'Harry Potter'- oder 'Twilight'-Plagiate". Zu dieser Einschätzung halte ich mich für befugt, obwohl ich die Twilight-Saga nur vom Hörensagen kenne; hauptsächlich war die zitierte Äußerung aber wohl dadurch veranlasst, dass meine Kinder kurz zuvor die Romanreihe "Die geheime Drachenschule" von Emily Skye entdeckt hatten – und die ist nun wirklich sehr eindeutig nach dem Muster von "Harry Potter" gestrickt. Es scheint mir recht bezeichnend, dass der Autorenname "Emily Skye" – wie ich vor einigen Monaten schon mal in einem Wochenbriefing schrieb – "ein Sammelpseudonym einer Gruppe von Verlagslektoren" ist, "die irgendwann mal beschlossen haben, die Sorte von Fantasyromanen für Kinder, die sie ständig auf den Schreibtisch bekommen, könnten sie auch selbst schreiben."
Bei der titelgebenden geheimen Drachenschule handelt es sich um ein Internat auf einer Insel vor der schottischen Küste, dessen Existenz nur Eingeweihten bekannt ist und das vor Jahrhunderten von einem Bündnis von sieben Clans – dem Bündnis der Sieben Feuer – zu dem Zweck gegründet wurde, die letzten noch lebenden Drachen zu betreuen und vor der restlichen Welt zu verbergen; seither wird jedes Jahr ein Mitglied jedes dieser Clans ausgewählt, sieben Jahre lang der "Gefährte" eines bestimmten Drachen zu sein. Damit ist die Schülerzahl von Sieben Feuer erheblich überschaubarer als die von Hogwarts, es wird weniger gezaubert und Quidditch wird nicht auf Besen, sondern eben auf Drachen gespielt (und heißt folgerichtig "Drachenball"), aber ansonsten geht es an beiden Schulen recht ähnlich zu.
Aber Plagiat hin oder her: Schon dem ersten Band der Reihe attestierte ich, während ich ihn meinen Kindern als Gutenachtgeschichte vorlas, er habe "durchaus einen gewissen Charme" und mache "Spaß zu lesen". Den dritten Band habe ich dann als um Längen besser als die beiden ersten empfunden, und aktuell sind wir beim vierten. Da beginnt für den Protagonisten Henry und seine Freunde das zweite Schuljahr auf Sieben Feuer (bei Harry Potter deckt jeweils ein Band ein ganzes Schuljahr ab, "Emily Skye" hingegen hat für die Schilderung des ersten Schuljahrs ganze drei, allerdings erheblich schmalere, Bände gebraucht), und es gibt eine feierliche Begrüßungsansprache, die in dem Appell gipfelt: "Lasst uns darauf trinken, dass das Bündnis der Sieben Feuer noch ewig Bestand haben wird!" (S. 47). Im Anschluss daran heißt es:
"Henry bekam eine Gänsehaut. Denn wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er Teil von etwas sehr Großem war. Und er würde alles geben, um es zu beschützen." (S. 48)
An dieser Stelle dachte ich spontan: Ich würde mir wünschen, meinen Kindern vermitteln zu können, dass es genauso – oder, na ja, so ähnlich – auch mit dem Christsein ist. Dass auch sie durch die Taufe Teil von etwas sehr Großem sind: gesalbt zum heil'gen Streit, Christi Königreich geweiht. Und dass Christus nachzufolgen vielleicht äußerlich betrachtet nicht so spektakulär aussieht wie Drachenreiten, Schwertkampf und Unsichtbarkeitszauber, aber trotzdem ein Abenteuer ist – das größte Abenteuer, das dieses Leben zu bieten hat.
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