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Donnerstag, 6. April 2023

Ansichten aus Wolkenkuckucksheim #24

Servus, Moin, Hälündölö und Grüß Gott, verehrte Leserschaft! Zum vierten Mal in Folge präsentiere ich mein Wochenbriefing am Donnerstagabend; das darf dann wohl als etabliert gelten. Das Symbol- und Vorschaubild für diesen Artikel habe ich schon vor knapp zwei Wochen im Baumhaus aufgenommen, aber ich finde, es passt auf bemerkenswert vielschichtige Weise zu den Themen des aktuellen Wochenbriefings. Mehr will ich dazu gar nicht sagen; assoziiert Euch ruhig selber was zurecht! 

Spandau oder Portugal

Na bitte, schon ist die zweimal ausgefallene Rubrik wieder da! Auch wenn es da diesmal hauptsächlich um Spandau gehen wird. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass es in diesem Jahr eine gemeinsame Fronleichnamsfeier der Spandauer Pfarreien geben soll; was mir bis kurz vor dem ersten Planungstreffen – am Donnerstag voriger Woche – jedoch nicht bewusst war, ist der kirchenhistorisch interessante Hintergrund dieser Veranstaltung: Schon ab den späten 1830er Jahren gab es in Spandau, das damals noch eine selbständige Stadt war, Fronleichnamsprozessionen, die schon damals stets Sonntag nach Fronleichnam stattfanden, da der Fronleichnamsdonnerstag im protestantischen Preußen ein Arbeitstag war, wie heute ja ooch; und diese entwickelten sich bis zu den 1870er Jahren zur größten katholischen Massenveranstaltung in der Umgebung der preußischen Hauptstadt mit mehr als 10.000 Teilnehmern. Katholiken aus den damaligen Nachbarstädten Berlin und Charlottenburg zogen in eigenen Prozessionen nach Spandau, um an der dortigen Fronleichnamsfeier teilzunehmen, im Laufe der 1850er Jahre kam der Brauch auf, dass die katholischen Vereine bei der Prozession ihre Banner mitführten. Im Vorfeld des "Kulturkampfs" kam es ab den 1860er Jahren mehr und mehr zu behördlichen Repressionen gegen die Spandauer Prozession und auch zu Ausschreitungen aus der Bevölkerung, ab 1875 wurde die Prozession nicht mehr genehmigt. – Einen ersten Versuch zur Wiederbelebung dieser Tradition gab es im Juni 2019, damals nahmen allerdings nicht alle Spandauer Pfarreien teil. Seit Anfang des laufenden Jahres gibt es infolge des Pastoralen Prozesses jedoch in ganz Spandau nur noch zwei Pfarreien, Heilige Familie und Johannes der Täufer – von denen die erstere übrigens nicht nur über die Bezirksgrenzen Spandaus, sondern auch über die Stadt- und Landesgrenze Berlins hinausreicht und auch Teile des brandenburgischen Landkreises Havelland umfasst, aber das mal nur nebenbei. Jedenfalls soll es dieses Jahr, und dann hoffentlich auch in Zukunft, eine gemeinsame Fronleichnamsfeier für ganz Spandau geben. Das erste Planungstreffen fand im Gemeindehaus von Maria, Hilfe der Christen statt – der größten katholischen Kirche Spandaus, die zudem im Zentrum des Bezirks liegt.




Neben den Pfarrern der beiden Spandauer Pfarreien – von denen einer übrigens ein Freund meiner Familie ist – nahmen an diesem Treffen nur drei weitere Personen teil, mich selbst bereits eingerechnet; das war aber gar nicht so schlecht, denn die kleine Runde ermöglichte eine zugleich lockere wie produktive Arbeitsatmosphäre. Was die Lockerheit angeht, sei nur ein kleines Detail erwähnt: Als der Pfarrer von Heilige Familie eine Anekdote über die Vorbereitung eines ökumenischen Gottesdienstes mit der örtlichen evangelischen Pfarrerin erzählte, fügte er mit einem Seitenblick auf mich hinzu: "Das können Sie gern in Ihrem Blog verwenden." Ein ziemlicher Kontrast zu der Erfahrung, in einer eigens anberaumten Pfarrgemeinderats-Sondersitzung zu einer Selbstverpflichtung gedrängt zu werden, nichts über die Sitzungen dieses erlauchten Gremiums zu bloggen. (Das gehört eigentlich nicht hierher, aber ich kann mich immer noch nicht so richtig darüber beruhigen.)

Ein Ergebnis des Planungstreffens war, dass ich mich freiwillig für die Position des Ansprechpartners für die Pfadfinder gemeldet habe (neben den Katholischen Pfadfindern Haselhorst gibt es in Spandau noch drei weitere katholische Pfadfinderstämme, die im Unterschied zu den Haselhorstern sämtlich zur DPSG gehören). Das nächste Vorbereitungstreffen steht in drei Wochen an.

So viel also erst mal zur Option Spandau; und wie sieht's derweil mit der Option Portugal aus? – In Portugal, präzise gesagt in Lissabon, ist heuer Weltjugendtag, in der ersten Augustwoche. Wäre theoretisch ein guter Anlass, Land und Leute kennenzulernen. Ich bezweifle allerdings irgendwie, dass wir es tatsächlich geregelt kriegen, da hinzufahren. (Interessant ist übrigens, dass sowohl die Pfarrei St. Willehad in Nordenham als auch der Diakon unserer Ex-Pfarrei in Tegel recht intensiv für die Teilnahme am Weltjugendtag wirbt. Ich will das gar nicht bewerten oder überhaupt irgendwie kommentieren, es fällt mir lediglich auf.)


Tagesreste

Freitag/Samstag: Der Tagesablauf ähnelte sich weitgehend; erst mal ausschlafen, dann kam eine Freundin mit ihrem Sohn (der vom Alter her ziemlich genau in der Mitte zwischen unseren Kindern liegt und mit beiden, vor allem aber mit unserer Großen, befreundet ist) zu Besuch und blieb bis etwa zum mittleren Nachmittag; danach passierte nichts sonderlich Spektakuläres mehr. Wie ich den Samstagvormittag theoretisch anders hätte gestalten können, wozu ich mich dann aber doch nicht aufraffen konnte, bitte ich der Rubrik "Währenddessen in Tegel" zu entnehmen. Am Samstagabend half mir die Große beim Kochen.

Palmsonntag: Vormittags ging's erst mal mit der ganzen Familie nach Siemensstadt zur Palmsonntagsprozession und -messe. "Wir sind die einzigen, die eine Prozession machen, zumindest in Spandau", sagte der Pfarrvikar. Traditionell hat die Palmsonntagsfeier in Siemensstadt einen ökumenischen Auftakt: Man versammelt sich vor der evangelischen Christophoruskirche, und nach Begrüßung, Evangelium vom Einzug in Jerusalem und Palmenweihe gehen die evangelischen Teilnehmer in ihre Kirche, während die Katholiken die Prozession zur nicht allzu weit entfernten Kirche St. Joseph antreten.


Die Begrüßungsworte der evangelischen Pfarrerin warfen bei mir die Frage auf, warum darin von "Jüngerinnen und Jüngern" die Rede war, nicht aber von "Pharisäerinnen und Pharisäern" oder "Schriftgelehrtinnen und Schriftgelehrten"; aber wahrscheinlich muss man schon froh sein, dass sie keine Genderstern-Klicklaute verwendete.



Die Prozession war schön und machte auch den Kindern Freude; nur dass beim Einzug in die Kirche partout "Laudato si'" gesungen werden musste, verdross mich. Nach allem, was ich über Winfried Pilz als Missbrauchstäter gelesen habe, weckt der eindringlich körperbetonte Rhythmus bei "wun-der-bar-Herr" ausgesprochen unangenehme Assoziationen bei mir. – Kaum dass wir in der Kirche angekommen waren, wurden die Kinder auch schon wieder 'rausgeschickt: Es gab im Pfarrsaal einen parallelen Kinderwortgottesdienst mit Bastelangebot. Was ich grundsätzlich von diesem Konzept eines separaten Kinderprogramms während der Messe halte, ist ja bekannt (und wem es nicht bekannt ist, der kann es gern hier nachlesen), aber das Angebot auszuschlagen und mit den Kindern in der Kirche auszuharren, war als Option offenbar nicht vorgesehen. Meine Liebste opferte sich, ging mit den Kindern zum Bastelprogramm und ließ mich in der Kirche zurück, "damit wenigstens einer von uns eine vernünftige Messe hört". Ich muss allerdings zu Protokoll geben, dass unsere Kinder, nachdem sie zur Gabenbereitung in die Kirche zurückgekehrt waren, bis zum Ende der Messe sehr ausgeglichen, gut gelaunt und pflegeleicht waren, und das ist ja auch viel wert.

Am Abend wollten mir diesmal beide Kinder beim Kochen helfen, und ich fand tatsächlich auch für den Kleinen eine Aufgabe, mit der er weder überfordert noch akut verletzungsgefährdet war. Auf Wunsch der Liebsten kochen wir grünes Gemüsecurry, dazu sollte es Reis geben, aber mitten in der Zubereitung stellte ich fest, dass wir nicht mehr genug Reis für alle in der Vorratskammer hatten. War dann aber nicht so schlimm: Ich kochte so viel Reis, wie da war, und dann noch einmal die gleiche Menge Couscous.

Montag: "Oma-Tag" mit Ostereier-Anmalen.

Dienstag: Gegen Mittag erlebten die Kinder und ich mit, wie das Tegel Quartier evakuiert wurde; der Grund dafür blieb unklar, vielleicht war es einfach falscher Alarm. Am Nachmittag gingen wir in St. Joseph Siemensstadt zum Kinderkreuzweg. 





Zum Abendessen machten das Tochterkind und ich Torrada com Banana, nach einem Rezept aus dem Buch "5 Sterne für Lola" von Isabel Abedi. Gewissermaßen das brasilianische Pendant zu Toast Hawaii, aber echt lecker. 

Mittwoch: Am Vormittag wurde das – wie schon erwähnt – nicht so erfolgreiche Krabbelgruppenprojekt in Haselhorst offiziell zu Grabe getragen; nämlich dergestalt, dass ich zusammen mit dem Gemeindereferenten den Schrank mit dem Krabbelgruppenzubehör leer räumte, damit dieser zukünftig anderweitig genutzt werden kann. Anschließend gönnten wir uns einen Business-Lunch beim Inder in der Fußgängerzone von Alt-Tegel. Wollte ich schon lange mal ausprobieren. 

Gründonnerstag: Wie's aussieht, gibt es im gesamten Berliner Teil der Pfarrei Heilige Familie heuer nur eine einzige Messe vom Letzten Abendmahl, nämlich in der Kirche Maria, Hilfe der Christen. Dahin müssen wir dann auch schon ziemlich bald aufbrechen, nachdem dieser Artikel online gegangen ist. Ich wünsche allen Lesern ein besinnliches Triduum und ein frohes Osterfest! 


Währenddessen in Tegel

Den Vermeldungen unserer Ex-Pfarrei hatte ich entnommen, dass am Samstag ab 10 Uhr das Gemeindehaus von St. Joseph Tegel aufgeräumt werden sollte und dass dafür freiwillige Helfer gesucht wurden. Vorübergehend spielte ich durchaus mit dem Gedanken, da hinzugehen – vielleicht könnte man dabei ja irgendwelches Inventar abstauben, das ansonsten weggeschmissen würde, und möglicherweise ergäbe sich da auch die Gelegenheit, die "zukünftig ehemalige" Pastoralreferentin, die dort ihren Dienstsitz hat (oder hatte?), noch mal zu sehen – auf der Liste der Pastoralen Mitarbeiter, die im Schaukasten der Pfarrkirche Herz Jesu aushängt, ist sie schon nicht mehr aufgeführt... aber letztlich konnte ich mich dann doch nicht dazu entschließen, zumal meine Liebste wenig begeistert von der Idee war: Man kann sagen, sie ist, was das Stichwort "Staub von den Füßen schütteln" angeht, erheblich konsequenter als ich. – Am Mittwoch, während Frau und Kinder im Zoo waren, besuchte ich die Tegeler St.-Joseph-Kirche aber doch und hielt zur Non, also um 15 Uhr, wieder einmal eine Solo-Lobpreisandacht ab. Die Pastoralreferentin habe ich heute Vormittag einfach mal angerufen und ein Treffen für die Woche nach Ostern ins Auge gefasst; und im Anschluss an dieses Telefonat habe ich dann gleich noch eine Lobpreisandacht in St. Joseph gehalten, diesmal zur Sext. Ich muss sagen: Hätte ich die Möglichkeit dazu, würde ich so etwas am liebsten jeden Tag machen, womöglich sogar mehrmals am Tag. 


Neues aus Synodalien 

Ich hatte ja bereits angekündigt, hier etwas über die dennoch.-Konferenz schreiben zu wollen, auch wenn die erst im September stattfindet. Auf dem Flyer, der mir in die Hände gefallen ist – und gleichlautend auch auf der Website – heißt es einleitend: 

dennoch. ist eine Konferenz für alle, die sich mit dem aktuellen Zustand der Kirche nicht zufrieden geben. Sie ist für Menschen, die Ideen haben, die heute Impulse suchen und setzen für die Kirche von Morgen.

Klingt erst mal nicht schlecht, oder? Mit dem "aktuellen Zustand der Kirche" ist ja wohl so ziemlich niemand "zufrieden", und Ideen, wie man an diesem Zustand etwas ändern könnte und sollte, habe ich, wie mein Blog wohl recht deutlich zu erkennen gibt, auch. Heißt das, ich wäre bei dieser Konferenz genau richtig? – Wohl eher nicht. Flyer und Website setzen eine Vielzahl mehr oder weniger subtile sprachliche Signale, die zu erkennen geben, dass die Konferenz entgegen der Behauptung im Einleitungssatz eben nicht für "alle", gedacht ist  die "sich mit dem aktuellen Zustand der Kirche nicht zufrieden geben", sondern nur für die, die es auf eine spezifische Art und aus spezifischen Gründen sind. Dass es auch noch andere geben könnte, wird absichtsvoll ignoriert – darauf komme ich noch zurück; erst mal zu den sprachlichen Signalen. So heißt es über den "Workshop-Tag" am Samstag, "alle Konferenzteilnehmer*innen" könnten sich "von ausgewiesenen Fachleuten zu bestimmten Themen fit machen lassen": 

"Dabei werden Tools vorgestellt und ausprobiert, die für das Entwickeln von Neuem praktisch hilfreich sind. Außerdem lassen die Teilnehmenden [!] selbst ihr eigenes Wissen und ihre Erfahrungen einfließen. Abends wird gefeiert: mit befreienden Stories vom gepflegten Scheitern und der Verleihung des zap:innovationspreises." 

Noch Fragen? Keine Bange, es kommt noch besser: 

"Der Sonntag dient der Stärkung und Krafterhaltung. Innovieren in Kirche ist persönlich sehr bereichernd, kostet aber auch Kraft. Daher fragen wir: Was trägt auf Dauer?

'Getragen und gesandt' endet die Konferenz mit einer Eucharistiefeier mit Preacher-Slam." 

Wenn nun jemand darauf hinweisen möchte, dass man diesen angestrengt über-hippen Werbeagentur-Sprech ("abends beim unkomplizierten Get-together") so ähnlich auch in manchen jung-urbanen, charismatischen Neuevangelisierungs-Initiativen finden kann, dann kann ich nur sagen: Ja, und da stört es mich auch. Aber ich denke, gewisse Unterschiede lassen sich doch feststellen.  Mir erscheint es jedenfalls recht eindeutig, dass die Vision der "Kirche von Morgen", der sich die Macher der dennoch.-Konferenz verpflichtet wissen, im Wesentlichen mit derjenigen übereinstimmt, die der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer schon vor Jahren im Magazin futur 2 ausbreitete: eine auf Hochglanz polierte, multispirituell-postchristliche Dienstleistungskirche für die Soja-Latte-Bourgeoisie. Da habe ich allerdings eine schlechte Nachricht für euch, Kollegen: Die Leute, die ihr auf diese Weise zu erreichen hofft, interessieren sich überhaupt nicht für euch. 

Träger der Veranstaltung sind übrigens das Bistum Hildesheim (dessen Oberhirte, Heiner Wilmer SCJ, am Freitag die Begrüßungsansprache hält, am Samstag einen geistlichen Impuls beisteuert und am Sonntag den Abschlussgottesdienst zelebriert), das Bonifatiuswerk, das Zentrum für angewandte Pastoralforschung (zap) in  Bochum — und C&A. Also, nicht direkt die Firma C&A, aber indirekt irgendwie doch. Was, wie ich finde, ein ziemlich guter Witz wäre, wenn's nicht wahr wäre. – Die "Keynote" am Eröffnungstag hält Thomas Arnold, Leiter der Katholische Akademien des Bistums Dresden-Meißen, Berater Kommission für soziale und gesellschaftliche Frage der Deutschen Bischofskonferenz und Delegierter des "ZdK" beim "Synodalen Weg". Keine weiteren Fragen. 

Wobei: Auf drei Dinge, die mir an der Werbung für die dennoch.-Konferenz auffällig erscheinen, möchte ich noch eingehen. Das erste hatte ich bereits angedeutet: das konsequente Ausblenden unterschiedlicher Auffassungen von Kirchenreform. Das ist natürlich ein bekanntes und bewährtes Narrativ: Wer für die Zukunft der Kirche eine Vision hat, die sich fundamental von der Agenda des Schismatischen Weges unterscheidet, der wird als "konservativ" gelabelt, und ihm wird attestiert, er wolle "Reformen verhindern" und beharre engstirnig "auf Strukturen, auf Kirchenrecht und auf Althergebrachtem". Da er damit aus dem Diskurs der Gutgesinnten ausgeschlossen ist, bleibt ihm keine Möglichkeit, diesen Eindruck zu korrigieren. Den Verfechtern dieses Narrativs eröffnet das die Möglichkeit, sich selbst als wer weiß wie innovativ, mutig, progressiv usw. zu inszenieren, obwohl sie eigentlich total Mainstream sind

Der zweite Punkt hängt damit eng zusammen: die Haltung des Trotzes, die sich schon im Titel der Konferenz ausdrückt. "Dennoch", das scheint ja auszusagen: "Eigentlich wäre es viel naheliegender, aufzugeben; aber wir kämpfen weiter, auch wenn es aussichtslos sein mag." Mit anderen Worten: Die Verfechter der progressiven Agenda scheinen nach dem  Abschluss des SW nicht das Gefühl zu haben, sie hätten gewonnen. Auch das ist ein Narrativ  das mir in den letzten Wochen öfter begegnet ist: Man ist enttäuscht, frustriert, ja deprimiert darüber, dass beim SW nicht "mehr herausgekommen" ist, und braucht jetzt irgendwie Gruppentherapie. Schuld daran sind, neben ultra-dunkelkatholischen pressure groups wie Maria 1.0 (auf die man aber nicht zu sehr schimpfen kann, weil man ihnen ja sonst eine gewisse Relevanz zuerkennen würde) vor allem die ach so konservativen (lol) Bischöfe, die weitergehende Beschlüsse blockiert hätten. – Zum Teil mag das eine bloße Attitüde sein, die die "progressiven" Verbands- und Gremienkatholiken, wie so Vieles, von der 68er-Bewegung geerbt haben: Man geriert sich weiterhin als Opposition  obwohl man längst an der Macht ist. Diese Haltung kann dazu dienen, den Umstand, dass man an der Macht ist, zu verschleiern; sie kann aber auch daher rühren, das den Leuten die oppositionelle Pose so sehr in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass sie gar nicht merken, wie wenig realitätsadäquat sie ist. So oder so: das mit den Ergebnissen der letzten Synodalversammlung niemand so richtig glücklich und zufrieden zu sein scheint, hat ja auch was Ermutigendes. 

Ein letzter Punkt: Vielleicht gehört es ja einfach nur zum Werbeagentur-Sprech, aber ich finde, der Text der Programmübersicht weist eine bedenkliche Neigung zum Eigenlob auf. Das beginnt schon mit dem Vorprogramm vor der Eröffnungsansprache: Da gibt's nicht einfach nur Musik, sondern ausdrücklich "gute Musik von Luis Weiß", weiter geht's am Abend beim "Get-together mit viel Kennenlernen & guten Gesprächen", und kaum ist man am Samstag wieder wach, wird "[g]ut & geistlich in den Tag" gestartet. Die Strategie scheint mir hier dieselbe zu sein wie bei Produktnamen wie "Der gute Pott", "Die gute Schokolade" oder "Goodel – Die gute Nudel". Der Konsument soll denken: Muss ja gut sein, steht schließlich drauf, dass es gut ist. 

Die Teilnahme an der ganzen Veranstaltung kostet übrigens 190 €, immerhin inklusive Verpflegung. Wenn mir das jemand sponsert – zuzüglich Reise- und Übernachtungskosten, versteht sich –, fahre ich vielleicht sogar hin... 

Was ich gerade lese 

Aus der Rubrik "Lektüre zu Studienzwecken" gibt es weiterhin nichts großartig Neues zu berichten, ich bin in letzter Zeit einfach zu sehr mit dem Bloggen beschäftigt. Aber Bettlektüre muss immer sein. Nachdem wir mit "5 Sterne für Lola" fertig waren, haben wir an nur zwei Abenden das Buch "Sturmwolkes Geheimnis" aus der Reihe "Silberwind, das weiße Einhorn" von Sandra Grimm durchgelesen. Die Handlung dieses Bandes ist nicht weiter der Rede wert, aber die Reihe als ganze finde ich irgendwie interessant. Unter den verschiedenen Buchreihen über magische Einhörner, die das Tochterkind in der Kinder- und Jugendbuchabteilung unserer örtlichen Stadtteilbibliothek entdeckt hat, zeichnet sich diese durch die schlichteste und knappste Erzählweise aus, wirkt zugleich aber auch düsterer als vergleichbare andere Buchreihen, und gerade die Kargheit des Stils erweckt zuweilen den vagen Eindruck, dass im Hintergrund, in der wirklichen Welt jenseits des magischen Waldes, eine ganz andere Geschichte abläuft, von der der Leser nur andeutungsweise etwas erfährt. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein, weil es mir sonst schlicht zu langweilig wäre, meiner Tochter diese Bücher vorzulesen. – Nachdem "Sturmwolkes Geheimnis" uns, wie gesagt, nur zwei Abende lang beschäftigt hat, ist jetzt 

an der Reihe. Aus dieser Buchreihe haben wir bestimmt schon sechs oder sieben Bände gelesen, und die zwei Filme, die es dazu gibt, haben wir auch gesehen, den neueren sogar im Kino. Die Handlungsprämisse der Serie ist, dass eine "Magische Zoohandlung"  den Schülern einer Schulklasse nach und nach sprechende Tiere zuweist, die den Charakter des jeweiligen Kindes widerspiegeln und ihm – pathetisch ausgedrückt – helfen, zu sich selbst zu finden. In jedem Band der Reihe bekommen zwei bis drei Kinder ihr magisches Tier, und diese Kinder sind in der Handlung des jeweiligen Bandes die Hauptfiguren; aber die Hauptfiguren der früheren Bände und deren Tiere spielen weiterhin mit, und man muss der Autorin schon ein Kompliment dafür machen, wie sie es hinkriegt, dass das nicht unübersichtlich wird. Insgesamt würde ich sagen, die "Schule der magischen Tiere" spielt zwar definitiv nicht in derselben Liga wie die "Lola"-Reihe, hat aber durchaus gewisse Stärken und einen gewissen Reiz; der Band "Voller Löcher!" überzeugt mich bisher noch nicht so recht. Die ersten Kapitel weisen übrigens kaum Ähnlichkeiten mit der Verfilmung auf, aber ich gehe mal davon aus, dass das nicht so bleibt. 


Aus dem Stundenbuch 

Denkmal, das uns mahnet 
an des Herrn Tod!
Du gibst uns das Leben, 
o lebendig Brot.
Werde gnädig Nahrung 
meinem Geiste du,
dass er deine Wonnen 
koste immerzu.

Gleich dem Pelikane
starbst du, Jesu mein;
wasch in deinem Blute 
mich von Sünden rein. 
Schon ein kleiner Tropfen 
sühnet alle Schuld,
bringt der ganzen Erde 
Gottes Heil und Huld.

Jesus, den verborgen 
jetzt mein Auge sieht,
stille mein Verlangen, 
das mich heiß durchglüht:
lass die Schleier fallen 
einst in deinem Licht,
dass ich selig schaue, 
Herr, dein Angesicht. 

(Thomas von Aquin, "Adoro te devote", Str. 5-7; dt. Übertragung Petronia Steiner OSB) 


Ohrwurm der Woche 

Modern English: I Melt With You 

Mal wieder etwas aus der Rubrik "Sind wir nicht alle ein bisschen Postpunk?". Klingt erst mal wie ein süßes Liebeslied im Stil der New Romantic, aber wie mich eine Folge der YouTube-Reihe "One Hit Wonderland" belehrt hat, steckt doch mehr dahinter: Der Songtitel beschreibt die Vorstellung eines gemeinsamen Todes durch eine Atombombenexplosion. Ja, so waren sie, die frühen 80er. Aber ich denke, heute, im Zeichen der Angst vor der unausweichlich scheinenden Klimakatastrophe, gewinnt dieser Titel von Neuem an Aktualität. Und das meine ich noch nicht einmal ausschließlich ironisch; sondern eher postironisch. – Bemerkenswert finde ich übrigens auch die Textstelle "I made a pilgrimage to save this human race"


Blogvorschau 

Von den im letzten Wochenbriefing angekündigten Artikeln sind zwei, nämlich "Bloß keine Fragen stellen!" und "Weltgurkentag in Wien", bereits erschienen, ein weiterer, zum Thema "christliches Gärtnern", ist aktuell in Arbeit; dann steht noch der Artikel über die St.-Willehad-Kita aus, und dann können wir uns neuen Themen zuwenden. Wir schweben dabei folgende Themenvorschläge vor: 

  • wie schon lange geplant, etwas über die "Lola"-Buchreihe von Isabel Abedi (wobei ich nicht nach der chronologischen Reihenfolge der Bände vorgehen würde, sondern nach der Reihenfolge, in der ich die Bücher gelesen habe; da wäre also zuerst "Lola in geheimer Mission" dran); 
  • die wundersame Bekehrung des "Christlichen Medienmagazins Pro" zur Klimareligion – und warum ich andererseits auch mit denjenigen konservativ-christlichen Gruppierungen nicht einverstanden bin, die die Klimaschutzbewegung zu ihrem Lieblingsfeindbild erkoren haben. 

Die Abstimmung über die Reihenfolge, in der ich mir diese Themen vorknöpfen soll, gedenke ich an den Ostertagen bei Facebook und Twitter einzustellen. Wer mag, darf aber auch gern die Kommentarfunktion dieses Blogs Nutzen, um mir seine Wünsche mitzuteilen... 


5 Kommentare:

  1. Die Nonne ist doch fest als #1 gesetzt! Keine Widerrede!

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  2. Die erste Strophe des Aquinaten sangen wir vorhin im Gottesdienst. Wunderbar!
    Auch euch ein gesegnetes Triduum!

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  3. Was bin ich froh, dass Sie wieder da sind! Meine Tochter ist ebenfalls magische-Tiere-Fan, ich habe beide Filme durchlitten - ja, Handlung Buch =/= Handlung Film. Bei Letzterem müssen wir ja offensiv darüber belehrt werden, dass Frauen die besseren Räubervertreibetr sind oder so....ich bin gespannt aufdie Lola-Rezension, vielen Dank!

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  4. Diasporakatholik7. April 2023 um 17:49

    Bei den Beispielen für überschwängliches Eigenlob darf m.E. das "Gute-KiTa-Gesetz" der ehemaligen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey aus der vorletzten Bundesregierung nicht fehlen...
    Zu Recht hat die FDP seinerzeit solch unseriöse Eigenwerbung angeprangert - dann war auch erst mal Schluss mit solchen Bezeichnungen.

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  5. Was Sie über Ihren Verdruss über das Lied "Laudato si" von Winfried Pilz schreiben, kann ich gut verstehen.

    Mir geht's mit den meisten sogar ins Neue Gotteslob ( NGL) aufgenommenen Liedern von Huub Osterhuis ähnlich.

    Nach allem, was über diesen abgefallenen Jesuiten und ehem. Priester, der am Ostersonntag verstorben ist, gerade auch jüngst wieder allgemein bekannt wurde, ist die Aufnahme seiner Lieder ins NGL ein Skandal und Provokation von glaubenstreuen Katholiken erster Güte, den nicht zuletzt die hiesigen Bischöfe zu verantworten haben:

    https://katholisches.info/2023/04/18/huub-oosterhuis-1933-2023-der-papst-von-amsterdam/

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