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Samstag, 8. Februar 2025

Die 3 K der Woche (11): Kinder, Kirche, Küste

Entspannte Grüße aus dem Urlaub, Leser! Wenn man sowohl ein schulpflichtiges Kind als auch eine Lehrerin in der Familie hat, dann bieten sich Schulferien gleich doppelt dafür an, mal ein bisschen wegzufahren, und in der zurückliegenden Woche waren in Berlin und Brandenburg Winterferien. Dazu, wo wir waren und was wir gemacht haben, gibt's ein paar Sätze unter der Überschrift "Ein unbekannter Ort außerhalb der Zivilisation"; besonders viel Blogrelevantes unternommen oder erlebt haben wir in diesen Tagen allerdings nicht, weshalb die thematischen Schwerpunkte dieses Wochenbriefings eher woanders liegen. Aber seht selbst! 


Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst 

Wie geplant, standen wir am Sonntag eine Stunde früher auf als sonst, um zunächst in St. Stephanus Haselhorst die Messe zum Fest Darstellung des Herrn (a.k.a. Mariä Lichtmess) mitzufeiern und anschließend noch auf der anderen Straßenseite in der EFG The Rock Christuskirche zum freikirchlichen Gottesdienst zu gehen. Als wir die erstgenannte Kirche betraten, war Padre Ricardo aus Mexiko, noch nicht in Messkleidung, gerade dabei, mit der Gemeinde den Ablauf der Kerzenweihe im Rahmen der Messe zu besprechen; da wir noch mit dem Ankommen beschäftigt waren, bekam ich nicht genau mit, was er sagte, hatte aber den Eindruck, dass er innerhalb weniger Sätze mindestens dreimal seine Meinung darüber änderte, an welcher Stelle die Kerzenweihe in die Liturgie eingefügt werden sollte. Möglicherweise trug diese etwas übers Knie gebrochene Planung dazu bei, dass bei der Kerzenweihe – die dann tatsächlich vor dem Gloria stattfand – keine besonders feierliche oder würdevolle Atmosphäre aufkam; aber ich glaube, feierlich und würdevoll zu zelebrieren liegt ganz generell nicht in Padre Ricardos Naturell, dafür ist er insgesamt zu "fuzzy". (Ich denke, das kann man ruhig sagen, ohne es böse zu meinen; ich gehe auch davon aus, dass er das selber weiß.) 

Der Blasiussegen wird in den Kirchen dieser Pfarrei übrigens erst kommenden Sonntag (also morgen) gespendet; schade eigentlich, ich hätte ihn gut gebrauchen können, denn ich hatte seit Samstag Halsschmerzen. – In der EFG The Rock Christuskirche hatte der Gottesdienst bereits begonnen, als wir dort eintrafen; wir bekamen gerade noch ein paar Vermeldungen mit, bevor die Kinder zu ihren nach Altersgruppen gestaffelten Parallelveranstaltungen 'rausgeschickt wurden. An den Vermeldungen fand ich allerdings Verschiedenes interessant, d.h. bezeichnend für den Unterschied zwischen freikirchlichen und "post-volkskirchlichen" Gepflogenheiten. Zunächst einmal wurde mehreren Gemeindemitgliedern zum Geburtstag gratuliert; warum ich das bemerkenswert fand, magst du dir selbst zusammenreimen, Leser. Sodann wurde die Absicht kundgetan, einen neuen Gebetskreis für Männer zu etablieren – genauer gesagt, einen Online-Gebetskreis via Zoom. Mein erster Gedanke dazu war: Komisch, ich dachte, Corona ist vorbei. – Im Ernst: Mein Ding wäre so etwas ganz und gar nicht, aber es verlangt ja auch keiner, dass ich da mitmache. Interessant fand ich dieses Ansinnen einer Gebetskreisgründung aber doch, und zwar nicht zuletzt, weil angesagt wurde, der Gebetskreis solle alle zwei Wochen stattfinden – jeweils in den Wochen, in denen der Leitungskreis der Gemeinde sich nicht trifft. 

Halten wir das bitte mal fest: Der Leitungskreis der Gemeinde trifft sich alle zwei Wochen. Dabei handelt es sich, nach allem, was ich weiß, zum größten Teil um Leute, die im volkskirchlichen Verständnis als Ehrenamtliche bezeichnet werden würden. Vielleicht wird da mal in Umrissen deutlich, warum ich von dieser Begrifflichkeit und der damit einhergehenden Auffassung von Dienst in der Gemeinde gern mal wegkommen würde. In mir bekannten volkskirchlichen Gemeinden haben sogar die hauptamtlichen Mitarbeiter maximal einmal im Monat eine Dienstbesprechung, Pfarrgemeinderäte bzw. Pfarreiräte tagen vielleicht drei- bis viermal im Jahr. Da muss man sich wirklich nicht wundern, dass die Freikirchlicher mehr gebacken kriegen. (Obendrein steht zu vermuten, dass in so einem freikirchlichen Gemeinde-Leitungskreis erheblich mehr gebetet wird, als man es aus volkskirchlichen Gremien kennt; und das hat natürlich auch seine Auswirkungen.) 

Und übrigens, wo wir schon dabei sind: Das Stichwort "Leitungskreis" veranlasste mich auch, darüber nachzusinnen, wie in freikirchlichen Gemeinden eigentlich die Befugnis, Gottesdienste zu leiten, geregelt ist. Sowohl bei The Rock als auch in anderen freikirchlichen Gemeinden habe ich es schon oft, und so auch an diesem Sonntag, erlebt, dass ein Gemeindemitglied die Gottesdienstleitung, die eher eine Art Moderation war, innehatte und ein anderes predigte. Ich möchte mal annehmen, dass man, um im freikirchlichen Gottesdienst predigen zu dürfen, eine gewisse formale Qualifikation benötigen, also etwa einen von der jeweiligen Konfession bzw. dem jeweiligen Gemeindebund anerkannten Studienabschluss in Theologie; aber für die Leitung bzw. Moderation des Gottesdienstes gilt das wohl nicht unbedingt. Es liegt auf der Hand, dass das nicht so ohne Weiteres auf die katholische Kirche übertragbar ist, jedenfalls nicht soweit es die Heilige Messe betrifft, die von einem geweihten Priester geleitet werden muss und in der auch die Homilie Bestandteil des priesterlichen Dienstes ist. Und wer schon ein paar meiner Artikel gelesen hat, wird möglicherweise schon mal mitgekriegt haben, dass ich kein Freund davon bin, die Rolle des Weihepriestertums in der Kirche dadurch zu relativieren, dass man Messen durch "Wort-Gottes-Feiern" ersetzt. Aber denken wir doch mal an eine Gemeinde wie die von St. Marien Maternitas in Heiligensee. Da gibt es eine Sonntagsmesse und einmal in der Woche eine Werktagsmesse, und an fünf Tagen in der Woche ist die Kirche zugesperrt und da findet überhaupt nichts statt. Bei der einen Werktagsmesse in der Woche gibt es aber um die zehn Leute, die verlässlich jedesmal dort sind. Darüber hinaus gibt es natürlich noch einige, die mehr oder weniger regelmäßig kommen, aber reden wir mal nur von den zehn Verlässlichen. Würden die vielleicht auch noch an einem zweiten Wochentag in die Kirche kommen, wenn es da einen Gottesdienst gäbe? Und wenn das keine Heilige Messe sein kann, weil die Priester sagen, sie können keine zweite regelmäßige Werktagsmesse an diesem Standort gewährleisten, da sie schließlich noch sechs weitere Kirchenstandorte zu betreuen haben – könnte man dann nicht einmal in der Woche (oder alle zwei Wochen, oder einmal im Monat) ein gottesdienstliches Angebot in offener Form veranstalten, das man meinetwegen "Andacht" nennen könnte und das die zehn Verlässlichen idealerweise selbst leiten könnten, also reihum im Wechsel? Muss ja nichts Spektakuläres sein: die Lesungen vom Tag vortragen, ein paar Lieder singen, Fürbitten, Vaterunser, Tagesgebet, Segensbitte und Entlassung; oder derjenige, der jeweils gerade mit der Leitung "dran" ist, setzt seine eigenen Akzente, einer macht vielleicht eine Rosenkranzandacht, ein anderer zum Beispiel Bibelteilen. Das Problem dürfte sein, dass die Leut' so etwas nicht gewohnt sind und die meisten es sich wohl auch nicht zutrauen. Das heißt, man müsste sie erst einmal dazu motivieren, anleiten und befähigen, solche "Leitungsaufgaben im Kleinen" zu übernehmen. Und genau daran fehlt es im volkskirchlichen Normalbetrieb eklatant. 

Kommen wir nun zum nicht so erfreulichen Teil dieses Gottesdienstbesuchs: Als der Zeitpunkt gekommen war, die Kinder aus dem Hauptgottesdienst 'raus- und zu ihren altersgerechten Parallelangeboten zu schicken, ging meine Liebste mit dem Jüngsten nach oben in den "Mini-Raum" und ich wollte mit dem Tochterkind nach unten in den "Dino-Raum" zur "Kinderkirche" für die 6- bis 11-jährigen; allerdings wollte die junge Frau, die die Kinderkirche diesmal leitete, mich nicht 'reinlassen. Meine Tochter wäre doch wohl alt genug, auch ohne mich an der Kinderkirche teilzunehmen, meinte sie; worauf ich erwiderte, das habe sie nicht zu bestimmen und darum gehe es auch nicht. Ich erklärte, ich fände es inakzeptabel, wenn es Eltern verwehrt werde, bei der Kinderkirche dabei zu sein, und unter diesen Umständen würde ich auch meine Tochter nicht dort lassen. Die Mitarbeiterin blieb hart und meinte, dann müssten wir halt gehen

Da stand ich nun natürlich etwas doof da; nach kurzer Besinnung lieferte ich das Tochterkind erst einmal oben im "Mini-Raum" ab, berichtete meiner Liebsten in wenigen Worten, was vorgefallen war, und ging dann, um meine Wut im Bauch loszuwerden, eine Runde spazieren und trank an der Tanke einen Kaffee. Danach wusste ich immer noch nicht so richtig wohin mit mir; ich hätte mich vielleicht einfach ins Foyer der The Rock-Kirche gesetzt, bis der Gottesdienst vorbei war, aber da hätte ich mir die Predigt mitanhören müssen. Also landete ich schließlich wieder im Mini-Raum. Dort kam ich mit einer jungen Mutter (und Grundschullehrerin) ins Gespräch, die den Grund für meinen Ärger mitbekommen hatte und Verständnis für meine Position äußerte; auch sonst war das Gespräch sehr nett und besserte meine Laune ganz erheblich. 

Beim an den Gottesdienst anschließenden geselligen Teil traf ich am Büffet die Gemeindemitarbeiterin, die die Gesamtleitung für den Bereich Kinderkatechese (inklusive JAM) innehat und bei deren Hochzeit wir gewesen waren. Eigentlich hätte ich gern mit ihr über das Problem der Elternanwesenheit in der Kinderkirche gesprochen, und dass sie mich ausgesprochen freundlich begrüßte ("Hallo Tobias, schön dich zu sehen"), hätte mich vielleicht dazu ermutigen sollen, aber tatsächlich trug es nur dazu bei, dass ich schlicht keine Lust hatte, dieses Fass noch einmal aufzumachen. Letzteres blieb mir dann aber doch nicht erspart, denn etwas später kam die Mitarbeiterin, die mich bei der Kinderkirche quasi 'rausgeschmissen hatte, auf mich zu, um "noch einmal in Ruhe darüber zu reden". Darauf hätte ich nun wirklich gut verzichten können, denn ich empfand meine Gesprächspartnerin als sehr uneinsichtig – und habe keinen Zweifel, dass sie dasselbe über mich sagen würde. Sie ließ durchblicken, sie habe nicht nur Theologie, sondern auch Psychologie studiert und habe vor diesem Hintergrund ein ungutes Gefühl, wenn Eltern offenbar Probleme damit haben, ihre Kinder mal allein zu lassen. Gegen solche "Argumente" ist man natürlich machtlos: Hätte ich darauf hingewiesen, dass meine Tochter gut 30 Stunden pro Woche in der Schule verbringt, hätte es vermutlich geheißen "Na also, dann geht das hier doch wohl auch mal für 'ne halbe Stunde". Worauf ich dann ehrlicherweise hätte entgegnen müssen, natürlich würde es "gehen", aber das ist meine Entscheidung und die meiner Tochter – und nicht die der Mitarbeiterin. Worauf sie sich persönlich angegriffen fühlen würde und das ganze "Gespräch" nur dazu gedient hätte, den Graben zu vertiefen. 

Was ich indes sagte, war, dass ich selbst Kinderwortgottesdienste für diese Altersgruppe mache und dass ich da, wenn ich verlangen würde, dass Eltern nicht dabei sein dürfen, im hohen Bogen 'rausfliegen würde – und mit Recht. Das hat ja schließlich auch einen Präventionsaspekt, wobei ich in diesem speziellen Fall eher an Prävention geistlichen Missbrauchs denke. Ja, zugegeben, diesen Begriff empfinde ich im Grunde selbst als ein bisschen arg hoch gegriffen und habe ihn in dem besagten Gespräch daher bewusst vermieden; aber dass die religiöse Bildung der Kinder in besonderem Maße das Erziehungsprivileg der Eltern berührt und dass die Eltern daher das Recht haben müssen, da eine gewisse Kontrolle auszuüben – und wenn diese Kontrolle nur darin besteht, sich mit anzuhören, was den Kindern erzählt wird, damit man gegebenenfalls hinterher nochmal mit ihnen drüber reden kann –, das ist ein Hügel, auf dem ich zu sterben bereit bin. 

Meine Liebste ging dann übrigens – während die Kinder im Garten spielten – noch zu einem offenen Bibelkreis, in dem es um die Abrahams-Erzählungen aus dem Buch Genesis ging. War wohl ganz gut. 


Ein unbekannter Ort außerhalb der Zivilisation


Am Montag brachen wir in aller Früh, gefühlt quasi mitten in der Nacht, auf in den Urlaub – den wir, wie schon in den Winterferien 2020, '23 und '24, erneut in einer Ferienanlage in Butjadingen verbrachten – ungefähr 12 km entfernt von dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Diesmal waren wir wieder in einer Ferienwohnung statt in einem Hotelzimmer; das machen wir nächstes Mal wieder anders, schon allein wegen des Frühstücksbüffets und des Barfußgangs vom Hotel ins Schwimmbad. Schön war aber, dass – wie schon angekündigt – eine Schulfreundin unseres Tochterkindes mit ihrer Familie in derselben Ferienhaussiedlung, nur ein paar Häuser weiter, Urlaub machte. Und obwohl die ganze Gegend eigentlich hauptsächlich auf Sommerurlauber eingestellt ist und nicht nur viele Veranstaltungsangebote ausschließlich in den Sommermonaten stattfinden, sondern auch zahlreiche Lokale und Geschäfte von November bis April schlichtweg geschlossen sind, gab es buchstäblich mehr als genug zu tun und zu erleben: So waren wir einmal in der Spielscheune, einmal im Nationalparkhaus-Museum Fedderwardersiel (ein absolutes Highlight auch und gerade für die Kinder, ich kann das gar nicht warm genug empfehlen), einmal Ponyreiten auf Hof Seeverns (wie ich schon letztes Jahr schrieb: Wenn die Kinder nicht wenigstens einmal reiten gehen, ist es dann überhaupt Urlaub?), einmal Tiere füttern und streicheln auf Hof Iggewarden, zweimal Drachen steigen lassen, zweimal bei der Kinderdisco und auch nur zweimal im Schwimmbad, und dann war der Urlaub auch schon wieder rum. Wattwandern gehen wollten wir eigentlich auch, aber die bereits gebuchte Tour wurde wegen mangelnder Nachfrage abgesagt, woran wohl auch die recht strengen Temperaturen ihren Anteil hatten. – Na ja, im Sommer werden wir, so Gott will und wir noch leben, wieder hier in der Gegend sein, und dann haben wir mehr Zeit. 


Währenddessen in St. Willehad 

In der Vorschau auf diese Urlaubswoche hatte ich bereits angemerkt, dass es unsicher sei, ob und in welchem Maße ich überhaupt Zeit finden würde, mich um die Situation in der notorischen Problempfarrei St. Willehad zu kümmern; aber für alle Fälle studierte ich schon vor unserer Abreise gründlich die aktuelle Ausgabe der Pfarrnachrichten. Abgesehen von den Terminen für die aktuelle Woche – auf die komme ich später zu sprechen – fand ich da vor allem zwei Beiträge interessant; der eine davon prangte direkt auf der Titelseite: "Neues aus der Prozessgruppe des Pastoralen Raums Wilhelmshaven". Darin geht es um eine zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser "Willehad aktuell"-Ausgabe gerade eine Woche zurückliegende Klausurtagung der in der Überschrift genannten "Prozessgruppe", die in Wilhelmshaven stattfand (wo die örtliche katholische Kirche, nebenbei bemerkt, ebenfalls St. Willehad heißt). Die Nordenhamer Pfarrei wird in dieser "Prozessgruppe" durch den Diakon Christoph Richter vertreten, der berichtet: "Bei diesem Treffen wurden aus einer Bestandsaufnahme, die alle Pfarreien des Pastoralen Raums eingereicht hatten, mögliche Themen, Projekte und Ideen für Kooperationen zwischen den Pfarreien entwickelt und gesichert. So können sich die Teilnehmer der Gruppe vorstellen, Teile der Firmvorbereitung im Pastoralen Raum gemeinsam anzugehen." Damit nicht genug: Zu den pastoralen Aktivitäten, die nach Auffassung der Prozessgruppe innerhalb des von der Insel Wangerooge bis an die Stadtgrenze Bremens reichenden Pastoralen Raums "gemeinsam gestaltet werden" könnten, werden auch "Glaubenskurse wie Alpha, Gruppenleiterausbildungen, Präventionsschulungen, die Urlauberseelsorge oder auch die 'Queerpastoral'" gezählt. Zu dem letzteren Stichwort wäre sicherlich noch etwas zu sagen, aber konzentrieren wir uns erst mal auf einen anderen Aspekt: Wie praktikabel kann eine Kooperation auf den genannten Gebieten in einem derart weitläufigen Pastoralen Raum überhaupt sein? Symptomatisch scheint es mir, dass am Ende des Artikels auf eine Informationsveranstaltung zum "Stand der Arbeit der Prozessgruppe" hingewiesen wird, die Ende März in Varel stattfinden soll. Wer fährt denn für sowas von Nordenham nach Varel? Das sind 34 Kilometer! Mal zum Vergleich: Von Siemensstadt nach Falkensee sind es "nur" 15 Kilometer, und das finde ich schon weit, obwohl man ab Spandau mit der Regionalbahn fahren kann. Von Nordenham nach Varel bräuchte man mit öffentlichen Verkehrsmitteln fast drei Stunden, inklusive zweimal umsteigen. Sehr viel schneller wäre man in Delmenhorst oder sogar in Oldenburg, aber diese Orte gehören schon zu einem anderen Pastoralen Raum. Das Beispiel zeigt, dass der Zuschnitt des Pastoralen Raums Wilhelmshaven – ebenso wie auch sonst so ziemlich die gesamte Infrastruktur in diesem Landstrich – auf der Erwartung aufbaut, dass sowieso jeder Haushalt mindestens ein Auto hat. Nachhaltig finde ich das nicht gerade – und das meine ich nicht nur im ökologischen Sinne, sondern auch und gerade unter dem Aspekt des Community Building. Gemeinschaft braucht räumliche Nähe, daran ändert auch die Allgegenwart digitaler Kommunikationsmittel nichts Grundlegendes. Wenn beispielsweise im Firmkurs Jugendliche zusammensitzen, die sich ansonsten nie sehen, nicht in der Schule, nicht auf dem Bolzplatz und nicht im Skate-Park, wird das nur dazu beitragen, dass der Firmkurs als etwas vom sonstigen Leben Abgetrenntes erlebt wird, und das ist nicht gut. – Natürlich könnte man die Pläne der "Prozessgruppe" auch dahingehend verstehen, dass lediglich die (haupt- wie ehrenamtlichen) Mitarbeiter der einzelnen Pfarreien miteinander kooperieren und gemeinsame Konzepte entwickeln sollen. Aber auch da sehe ich die Gefahr einer Standardisierung, die zu Lasten einer gesunden Vielfalt ginge

Aber kommen wir mal zum zweiten interessanten Artikel in den Pfarrnachrichten: "Neue Jugendgruppe in der Pfarrei"! "Nach den Weihnachtsferien bildete sich aus eigenen Stücken der jungen Leute eine neue Jugendgruppe von 15- bis 18-jährigen Jugendlichen", liest man da. "Den Jugendlichen geht es vor allem um geistliche Inhalte, um Glaubensgespräche, um das Erlernen von Gebetsformen wie Kreuzweg oder Rosenkranz, aber auch um allgemein religiöse Themen wie der Jahreskreis der Kirche, Inhalte der Hochfeste und mehr. Das Ganze soll ergänzt werden um gemeinschaftsstiftende Inhalte wie Pizza backen, Filme gucken und gemeinsame Spielezeit im Jugendraum über der Sakristei." Ich finde, das klingt ausgesprochen vielversprechend – angefangen davon, dass die Initiative zur Gründung dieser Gruppe von den Jugendlichen selbst ausging, bis hin dazu, was über die Schwerpunktsetzung bei den Gruppenaktivitäten gesagt wird: Gemeinschaftsstiftende Veranstaltungen ja, gerne auch mit Pizza, Film- und Spieleabenden, aber vorrangig soll's um geistliche Inhalte gehen, einschließlich solcher Sachen wie Rosenkranzgebet. Find' ich prima. Aber hat die Sache auch einen Haken? Durchaus: "Begleitet wird diese Gruppe dabei von Diakon Christoph Richter." – Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich ursprünglich mal einen durchaus positiven Eindruck von Diakon Richter hatte, wenn auch hauptsächlich aufgrund der Beobachtung, dass er in der Krisensituation nach dem Rücktritt bzw. Rauswurf von Pfarrer Jortzick nahezu die einzige Person in St. Willehad schien, die von der ganzen Gemeinde einhellig geschätzt und gemocht wurde. Nun weiß ich nicht, wie es heute um sein Ansehen in der Gemeinde steht, aber bei mir hat er diesen Vertrauensvorschuss in den seither vergangenenen neun Jahren restlos aufgebraucht; sein Agieren in der Regenbogenflaggen-Affäre war da nur der letzte Tropfen, wenn auch ein ziemlich dicker. Kurzum, wenn dieser Typ die Leitung der Jugendgruppe übernimmt, dann steht zu befürchten, dass der hoffnungsvolle geistliche Aufbruch, der sich sozusagen im "Gründungsprogramm" der Gruppe niederschlägt, gleich wieder im Keim erstickt wird. Aber hoffen und beten wir mal, dass es dazu nicht kommt. 

Heiliger Aloysius von Gonzaga, bitte für uns! 
Heiliger Karl Lwanga und Gefährten, bittet für uns! 
Heiliger Johannes Bosco, bitte für uns! 
Heilige Maria Goretti, bitte für uns!

Was die in den Pfarrnachrichten angekündigten Termine in unserer Urlaubswoche anging, war an unserem Anreisetag, also am Montag, im Rat-Schinke-Haus in Burhave Gitarrenkreis; da hinzugehen war aber keine realistische Option, obwohl ich meine Gitarre in den Urlaub mitgenommen hatte. (Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass am Montagmorgen, während wir noch in der Regionalbahn von Bremen nach Nordenham saßen, am selben Ort ein morgens ökumenisches Friedensgebet stattfand.) Am Dienstag stand als einzige Veranstaltung Knobeln mit Kolping im Wochenplan, das reizte mich ja nun gar nicht. Spannender sah der Mittwoch aus, denn da war morgens Heilige Messe in Nordenham und abends Alpha-Kurs in Burhave. Mittwochs morgens zur Messe zu gehen, sind zumindest der Jüngste und ich ja eigentlich gewöhnt, allerdings hätten wir dafür eben auch so früh aufstehen und so kurz und schnell frühstücken müssen wie an einem Schultag, von daher war mir schon relativ klar, dass das nicht klappen würde. Mal auf gut Glück beim Alpha-Kurs 'reinschneien hätten wir hingegen eigentlich machen können, aber aufgrund innerfamiliärer Abstimmungsschwierigkeiten kam es dann doch nicht dazu, womit ich recht unzufrieden war. – Am Donnerstag war um 15 Uhr Heilige Messe in Burhave, anschließend traf sich die Gruppe 60+ im Rat-Schinke-Haus und Pfarrer Jasbinschek hielt einen Vortrag zum Thema "Schweizer Exerzitien mit Wandern in Gottes Natur". Demnach war wohl davon auszugehen, dass Pfarrer Jasbinschek auch die Messe hielt, und darauf hatte ich nun keine besondere Lust – zumal wir am Donnerstag schon mehr als genug anderes zu tun hatten. Am Freitag schließlich fand in St. Willehad Nordenham um 17 Uhr eine "Eucharistiefeier zum Fest der Dankbarkeit [sic]" statt, gefolgt von "gemütliche[m] Beisammensein im Pfarrheim mit Imbiss", aber da gingen wir dann doch lieber zur Kinderdisco mit anschließender Gutenachtgeschichte und aßen Burger mit Pommes. Unter dem Strich blieb also als einzige kirchenbezogene Aktivität während des Urlaubs, dass ich am Dienstag, während Frau und Kinder noch in der Spielscheune waren, der Kirche Herz Mariä Burhave einen Besuch abstattete und dort erst die Sext und dann mein selbstgestricktes "Gebet für die Pfarrei St. Willehad Nordenham/Butjadingen/Stadland" betete. Aber auch hier gilt, wie oben schon angemerkt: Wenn wir im Sommer wieder hier in der Gegend sind, haben wir mehr Zeit... 


Kurz notiert: Ein paar Themen "für später" 

  • Die Frankfurter Rundschau kriegt die KiTa-Krise: In einem von BuzzFeed übernommenen Artikel lässt die Frankfurter Rundschau einen Vater aus Bielefeld zu Wort kommen, der seine Tochter aus der KiTa genommen hat, "weil dort quasi dauerhaft Notbetrieb wegen Personalmangel war". Die Überschrift des Artikels bezeichnet dies als "drastischen Schritt", was mir recht bezeichnend für die "kitanormative" Einstellung ist, von der hier ausgegangen wird. So wird beklagt, "deutschlandweit" hätten "306.000 Dreijährige [...] keinen Kitaplatz" – das seien "13,6 Prozent der Kinder in diesem Alter". Derweil müssten "[d]ie Eltern, deren Kinder einen Betreuungsplatz haben, [...] immer wieder Schließungen und ungeschultes Personal in Kitas hinnehmen. Oder auch nicht, dachte sich Jannis Johannmeier aus Bielefeld" – der erklärt: "Wir konnten uns auf nichts einstellen, hatten null Planungssicherheit. Das ist doch kein Zustand". Und: "Dann lieber gar keine Betreuung!" – Ich könnte mir gut vorstellen, dieses Thema im Laufe der nächsten Woche noch genauer unter die Lupe zu nehmen. 
  • Schweizerischer Katholischer Frauenbund will nicht mehr "katholisch" heißen: Wie mehrere katholische Nachrichtenportale berichten, soll auf einer Ende Mai anstehenden Delegiertenkonferenz über eine Umbenennung des rd. 100.000 Mitglieder zählenden Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF) in "Frauenbund Schweiz" entschieden werden. Spitzenfunktionärinnen des Verbandes begründen den Änderungswunsch damit, dass der Namensbestandteil "katholisch" weithin "mit Klerikalismus, Homophobie und Frauenunterdrückung assoziiert" werde. "Mit dem K im Namen müssen wir erklären, was wir alles nicht sind", wird eine Vertreterin des Verbandes zitiert. Also, ich persönlich begrüße diesen Vorstoß und finde, er sollte auch in Deutschland Schule machen. Zum Beispiel beim BDKJ. Gleichzeitig stellt sich natürlich die Frage, ob die betreffenden Verbände trotzdem weiterhin aus Kirchensteuermitteln finanziert werden möchten. Ich schätze, auch das gäbe Stoff für einen eigenständigen Artikel ab... 


Neues vom Schulkind 

(Diesmal nicht von unserem Schulkind, denn bei uns waren ja, wie gesagt, gerade Ferien

"Die Schule unserer Kinder hat eine Schulwährung eingeführt, die die Kinder durch gutes Benehmen und gute Leistungen verdienen können und für die sie dann z.B. T-Shirts oder Eiswaffeln kaufen können. Innerhalb von 24 Stunden gab es Diebstahl, Erpressung und die Organisation eines Fälscherrings – und das alles nur in der 1. und 2. Klasse. Im Endergebnis war es eine ziemlich gute Lektion darüber, wie Geld funktioniert." 

(Simcha Fisher auf Facebook; Übersetzung von mir) 


Geistlicher Impuls der Woche 

Weil Gott ein unbestechliches Gericht in uns hineingelegt hat, das nie und nimmer zerstört werden kann, verurteilen sogar die Bösen sich selbst. Bezeichnet jemand sie mit ihrem richtigen Namen, dann schämen sie sich und werden ärgerlich und nennen es Frechheit. So verdammen sie selbst, was sie tun, wenn auch nicht durch ihre Werke, so doch durch Worte, in ihrem Gewissen, oder vielmehr auch durch ihre Werke. Denn weil sie ihre Werke heimlich und im Verborgenen tun, erbringen sie den Beweis, was für eine Meinung sie davon haben. Das Laster ist ja so offenkundig, dass selbst jene es verdammen, die ihm frönen. Und die Tugend ist so, dass sie auch bei denen in Bewunderung steht, die sie verfolgen. Auch der Unzüchtige lobt die Keuschheit, der Habsüchtige verdammt die Ungerechtigkeit, der Zornmütige bewundert die Geduld und tadelt den Kleinmut und der Ausgelassene die Ausschweifung. So mächtig ist in uns das Zeugnis der Ehrbarkeit und Sitte. So ist also das Gute strahlender als die Sonne und das Gegenteil hässlicher als alles. 

(Johannes Chrysostomus, Homilien zum Hebräerbrief) 


Ohrwurm der Woche 

Bill Withers: Lovely Day 

Ein Song, der die Urlaubsstimmung hervorragend einfängt. Tatsächlich lief "Lovely Day" während unseres Aufenthalts auch mal im "Market Dome" unserer Ferienanlage, allerdings in einer eher verzichtbaren Coverversion. Wozu ich sagen möchte: Davon, einen derart perfekt arrangierten Song zu covern, kann ich nur abraten. Man kann dabei eigentlich nur verlieren. 


Vorschau / Ausblick 

Wenn dieser Artikel online geht, sind wir irgendwo zwischen Nordenham und Hannover unterwegs, da unsere Rückreise sich dank Streckenunterbrechungen mit Schienenersatzverkehr etwas komplizierter gestaltet als die Hinfahrt; erst spät in der Nacht werden wir zurück in Berlin sein, und dann steht zu erwarten, dass wir morgen erst mal gründlich ausschlafen müssen. Zur Erfüllung der Sonntagspflicht böte sich unter diesen Umständen die Abendmesse in Herz Jesu Tegel an, aber wenn sich irgendeine andere praktikable Option abzeichnet, würde ich die wohl vorziehen. Am Montag beginnen Schule und Arbeit wieder, am Mittwoch ist wieder JAM – da wird man sehen, wie es mit dem Thema "Elternanwesenheit in der Kinderkatechese" weitergeht –, und am Freitag gibt es eine Veranstaltung des Erzbistums Berlin für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter in der kirchlichen Jugendarbeit, da habe ich mich aufs Geratewohl einfach mal angemeldet. "Kickoff Jugendpastoral" nennt sich das Ganze, der Flyer verspricht Kennenlernen, Buffet, Austausch und Gebet. Schauen wir mal... 


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